Clotz, N von; Fähnrich [1620 – 1689] Clotz stand 1643 als Fähnrich im Regiment Leittersam.
Marsberg[1] galt im Dreißigjährigen Krieg lange Zeit als uneinnehmbar. Die kaiserliche Garnison, die 1643 unter dem Befehl Papes stand, trieb rücksichtslos ihre Kontributionen in der Landgrafschaft Hessen-Kassel ein, so dass die Landgräfin Amalie Elisabeth mehrfach versuchte, Marsberg erobern zu lassen. Am 6.10.1643 schickte sie ihren General Geyso mit ca. 1.500 Reitern und 700 Fußsoldaten nach Marsberg, um die Stadt im Handstreich zu nehmen. In der Altenstadt lagen neben 100 Musketieren der Garnison noch ca. 700 Reiter des kaiserlichen Feldmarschalls Leittersam. Den Hessen gelang es, die Wachen zu überraschen und in die Altenstadt einzudringen. Die Kaiserlichen flüchteten sich in die stark befestigte Oberstadt, worauf die Hessen mit 70 Gefangenen, darunter auch Hermann Adolf von Lippe-Detmold, wieder abzogen. Nach diesem Vorfall ließ Pape eine Untersuchung anstellen, um zu klären, warum die Hessen unbehelligt in die Stadt eindringen konnten. In dem Protokoll vom 8.10.1643 machten die Bürger Marsbergs im Wesentlichen die fremde Reitertruppe hierfür verantwortlich, die die Wacht nicht versehen und keine Patrouillen ausgeschickt hatte.
Demnach vorgestrigeß tags, den 6. dießeß monatß, morgens früh umb vier uhren ein geyendtlicher einfall in die Altenstadt, woselbsten etliche Kayßerliche truppen zu vferdt logirt geweßen, vorgangen; und sothaner einfall dem feyendt gerahten, dabey aber praetentirt [ = vorgehalten] undt vorgewendet werden wöllen, alß ob diejenige officierer undt solthaten, welche von der hiegiger guarnisaum, auff empfangenen befelch, zu siecherheit undt wachte zue fuß beygegeben, ihre debi[tum] [= Pflicht] undt schuldigkeit der gebuhr nicht verrichtet undt deßwegen ihnen einige schuldt, daß [sie] an dießem einfall wegen versaumbnuß mit uhrsache sein solten, beygemeßen werden wöllen. So hat es die notwendigkeit erfordert, auch der hiegiger com mendant undt obrister leutenandt herr Ernest Weßeler von Papen daruber fleißige inquisition [= Untersuchung] vorzunehmen undt zeugnuß einzuziehen anbefohlen undt begeheret. Undt damit niemandt mit vielen captiosos [= verfänglichen] und verdechtigen fragstucken beschwer[t] werden muchte, alß hat man etliche burgere auß der Altenstadt, welche mit in dießen einfall geweßen undt davon, weiln sie alles gesehen undt gehöret, die richtige wahrheit woll außsagen könten, vorgefördert, dieselbe vermittelß guten gewißens, undt des eidts, womit sie dero Churfürstlicher Durchlaucht zu Coln etc. [= Kurfürst Ferdinand von Köln] alß gehorsambste underthanen verwant, ernstlich vermahnet, auch deß mey[n]eydts verwahrnet, daß sie summarie [= insgesamt], auffrichtig, ohne schew, auch ohn respect, niemandt zu lieb oder leidt, nicht auß furcht oder nachdencken, sondern auß ihrem eignen wißen, undt waß sie recht gesehen undt gehört, wie es mit dießem einfall vom anfang biß zum endt umbstendtlich abgelauffen, außsagen, undt zu bestettigung der wahrheit zeugen solten.
Nach welchem die hernach benente in praesentia [= in Gegenwart] hern drostens Rumpß zur Wenna, burgermeistern Christian Kleinsorgen undt Adami Rodderß alhier auffm rhadthauß auf der gewohntlichen rhatstuben an eydtstadt undt mit verpflichten, solches, wan es erfordert wurde, mit einem leiblichen aydt zu bestettigen, außgesagt undt bezeugt, wie folgtt:
1. Herr Jost Warburg pastor in der Altenstadt bezeugt, daß er 3 viertel stunde vor dem einfall bey dem leuttenant deß rittmeisters Reigels compagnin auff dem kirchhoff, woselbst auch die wacht von den musqwattirern geweßen, mit ihnnen geredet undt hernach widder in sein pfarrhauß gangen, nach drey viertel uhr der lermen angangen undt die kreigsleut freund undt feyendt durcheinander gerhaten, viel schuße durcheinander gefallen, von weme, wuste er eygentlich nicht; er hette sonst die musquetier auff dem kirchhoff in guter positur undt wacht befunden. Deß abendts aber bez[eugt] er, daß der Greße Thonieß, so von herrn obristleutnant Papen auff kundtschafft außgeschickt, bey ihme geweßen, er gefragt, waßen newes hette, welcher geandtwortet, daß der feyendt sich auff Warburg gezogen undt weheren etliche auff Germete zumarchiret, welche avisen [= Nachrichten] der pastor dem herrn Graffen von der Lippe etc. undt obristen wachtmeister Witten in Herman Förmerß hauße hinterbracht, welche dazu stillgeschwiegen. Im rechten einfall hatte sich herr pastor in seinem hauß endthalten undt wuste nicht meher hinnvon zu sagen.
2. Herman Förmer bezeugt, daß er dem obrist wachtmeister Witten, welcher bey ihme logirt, selbst angedeutet, daß der feyemdt auff 2 stunde wegs von dannen wehre, derwegen sie sich woll vorzusehen undt die straße woll zu parthiren [= einteilen], auch ihme an die handt gegeben, sie musten fleißige wacht nacher Helmingkhaußen[2] undt Westheimb[3] die Diemel hinab außschicken, wobey der fenderich von Clotz undt der feltwebell gestanden, den an solchen örten die gefahr undt daßelbst nötigh [!]. Darauff den obristwachtmeister die wachten commandiren wollen, w[o]bey sie sich gezancket, endtlich darumb spielen mußen, undt weheren diejenige, so auff die wacht commentirt, woll bey hundert zu pferdt undt fueß undt sein ungeduldig geweßen, sich der wacht geweichert. Aber er wiße nicht, daß ein eintziger man davon außerhalb der statt kom-men. Eß wehre auch jemandt umb 12 uhr in der nacht vor sein hauß kommen, angeklopfft, undt endtlich nach vielen klopffen, den obrist[wachtmeister] ermuntert; waß sie geredet, wiße er nicht. Anlangt die bestelte wachte zu fueß, hette er schießens meher alß zuviel gehort, undt wehren die feyendparthe[i]en so starck eingefallen, daß die wacht, so in deß burgermeisters Kleinsorgens hauß gestanden, sich uber kopff retoriren [= zurückziehen] undt auff die hauptwacht auff den kirchhoff sich ziehen mußen, woselbste sie sich uber eine viertel stundeß gewehret.
3. Swickert Bunßen deponirt [= legt dar], daß er den Ritmeister Abschlag in seinem qwattier gehapt undt ritmeister Schilder bey ihme geßen; hatte der obristwachtmeister ihme, Schilder, botten geschickt, undt daß er die wacht hette, ansagen laßen; darauff alßbalt gesagt, er wolt nicht wachen, wehre an ihme nicht, wolte es seinem fursten klagen; alß er aber hingangen undt widderkommen, bericht, er solte wachen, wehre er bey vorigem geplieben undt wolte nicht wachen; were auch in sein qwattier gangen, sich nidder gelecht undt seinen wirth Caspar Nolten auff schildtwache gesetzt. Wegen dero wacht den musquetierer wiße er nicht anders, alß daß sie sich wolgehalten; hetten auf dem Buhlberg sich alßo geweheret, daß sie auff den feyendt, so ihn gefangen gehapt, geschoßen, daß sie ihn verlaßen mußen. Sonsten bezeugt er an aydts stad, daß er von dem feyendt, alß er dem abgenommenem viehe gefolgt, selbst gehoret, daß der generall major Giese dem hern graffen von der Lippe zugeredet, sie musten schlechte wachte gehalten haben; auch den rittmeister Temens gefragt, er hette se keine patroll oder eußer wacht gesehen noch befunden, es were schlecht bestelt geweßen; auch ein leutenandt von Weißen regiemendt gefragt, wer deß wehere, der nider geschoßen, er hette sich nicht ergeben wollen, aber sie weren ihm zu sta[rk] auffs leib kommen, die musquetierer hetten sich redtlich undt woll gehalten.
4. Rab Fleckener bezeuget, daß er alzeit in seinem hauße geweßen unt alß der einfall geschehen, were eine courte guarde von mußqwetieren in bürgermeister Kleinsorgen hauß geweßen, worauff die feyendts-mußqwatierer mit gewalt getrungen undt den ersten einfall auff dieß hauß gethan, welch[e] musquatierer hinter dem hauß die schiltwache gehapt; die reuter weren die straß herunter kommen, undt hetten sich die musquetierer, wobey der corporall Veidt Dutz geweßen, alß er zuvor eine salva auß dem hauße gethan, auff den kirchhoff zu den andern reteriren mußen; dieser hette auch die anderen auffm kirchhoff umb Gottes willen gebetten standtzuhalten, wolten sie herauß schlagen; von dem kirchhoff haben sie fewr nach seinem hauß unter dem feyendt gegeben, der feyendt aber mit gwalt auff die musquatierer auff den kirchhoff getrungen, daß sie sich in das Leifflenderß hauß reterirt, an welchem hauß zu sehen im augenschein, wie der feyendt darauff fewr geben, und hetten sich die Marspergische solthaten dapffer gewehret, endtlich aber vor der großen machtauch auß dießem hauße weichen undt sich ferner reteriren mußen. Sonsten habe er dem obristwachtmeister vorher des abendts gesacht, sie solten sich woll vorsehen, der feyendt wolte ihrer haut haben, sie hetten lust zu fechten. Er geandtwortet, sie solten nur herkommen etc., daß aber jemandt von den reutern solte zur wacht außerhin geschickt sein, davon wiße er nicht. Er sagt auch, daß zweyspalt [= Zwiespalt] wegen der wacht unter den officierer-reuteren vorgefallen, habe aber nicht einen schuß von den reuteren gehort oder gesehen, alß von einem corporall von Stakenbregk, welcher die wacht gehapt.
5. Thonieß Tauschen sagt, daß er einen captein leutenandt, so vor einen graven genannet worden, im hauß gehapt, welcher eben auff die stadt gezogen, undt hette er den morgen einen schuß vor dem einfall gehort, darauff die seinigen loßgemacht undt auffgewecket, undt weiln sein hauß nahe bey dem kirchhoff stehet, habe [er] die musquatierer in vieller guter wacht gesehen, undt alß der feyendt auff die courtigwarde [= befestigter Wachtraum] in bürgermeister Kleinsorgen hauß zugetrunge undt selbige musquatierer loßgetrieben, hetten sich dieselbe auff den kirchhoff ziehen müßen, hetten zuvor ihre salve gethan. Darauff deß feyendts musquatierer so dick undt breit, alß der gantze wegk wie eine walcke auff den kirchhoff zugangen, welche sich mit gewalt geweheret, ein zu andern fewr geben, daß die Stadtbergische der macht weichen mußen. Er hette auch seine einqwartierte gewahrnet, sie solten sich woll vorsehen, der feyendt lege in der nähe uf 2 stunde, welches sie nichts geachtet. Nach dem einfall aber hette sie ihn wegen dießer warnung verdechtig gehalten, falsche actioneß vorgeben; sein hauß spoliirt [= geplündert], bey dem einfall hette er den cornet [= Fähnrich] in seinem hauß vor ein fenster gefhuret, undt wie der feyendt herein getrungen, undt schon […] gezeiget, hette er denselben nicht auff die bein bri[n]gen konnen, biß ihnnen die hohe noth herauß getrieben.
6. Lipß Iggell sagt, er habe einen leutenandt von rittmeister von der Stege im hauß gehapt, sey im hauß geplieben, habe vorm Ostern-thor 2 schuß den morgen umb vier uhr gehört, darauff sein leutenandt undt seine knecht, welche alle geschlaffen, gewecket; bezeugt, daß auff dem kirchhoff ein trefflich schießen vorgefallen.
7. Reinhart Lyßen bezeugt, daß ein schuß am Ostern-thor, alß deß feyendts trouppen gleich ankommen, von dem fuß-volck geschehen, sey darauß auch kein schuß meher gehort. Er habe gesehen, daß 10 reuter zu fuß zu den mußqwetieren an daß thor gangen, habe aber nicht einen menschen auff patroll oder außenwacht deß wegs vernommen noch gesehen.
8. Herman Lyßen sagt, habe keinen reuter auß dem thor reiten sehen, zur patroll oder buten-wacht, sondern bey zehen zu fuß, so bey die solthaten commentirt, welcvhe all[e] miteinander auff dem strohe gelegen undt geschlaffen. Die musquetier aber alert [= bereit] geweßen.
9. Henrich Bannenberg sagt, er were ein halb stund ungefeher vor dem einfall bey der wacht vor dem thor gewesßen, die solthaten weren alert gestanden undt zehen reuter dabey auff dem stroh gelegen; sobalt er in sein hauß kommen, were ein schuß von der wacht schehn undt der feyendt alßbalt darauff eingefallen, undt hette er keinen menschen zu dem thor hinauß meher reiten oder gehen sehen, der die außen-wacht oder patroll versehen.
Factum [= geschehen] Marspergk, den 8. Octobris anno 1643“.[4]
[1] Marsberg, Ober- und Nieder- [LK Brilon]; HHSD III, S. 494ff.
[2] Helminghausen, heute Ortsteil von Marsberg [Hochsauerlandkr.].
[3] Westheim, heute Ortsteil von Marsberg [Hochsauerlandkr.].
[4] CONRAD; TESKE, Sterbzeiten, S. 220ff.