Bilau [Bilaw], N; Obristleutnant [ – ] Bilau stand 1634/1635 als Obristleutnant unter dem Befehl Ramseys, des Kommandanten von Hanau.[1]
„Weit schlimmer war jedoch ein solcher Ueberfall für die Stadt und Burg Gelnhausen.[2] Anfangs Mai [1635; BW] hatte die Stadt, die an sich schon so viel gelitten, nochmals der kaiserliche Oberst Hasenbein vom [Philipp von; BW] Mansfeldischen Corps mit seinem Reiter-Regiment und 2 Komp. zu Fuß besetzt. Er ließ die Burg, die er mit seinem Stabe und Hauswesen bezog, noch besonders befestigen und vor der Stadt Verschanzungen anlegen.
Durch seine kühnen Streifereien war Hasenbein verschiedentlich der Hanauischen Festung bemerkbar geworden. Deren Gouverneur, Generalmajor Ramsey, plante daher schon lange einen auf Gelnhausen gerichteten Anschlag, den er wohl erwogen endlich in der Nacht vom 9./10.Juni zur Ausführung brachte. Das hierzu gebildete Detachement bestehend aus 600 Mann Infanterie und 60 Reitern nebst den dazu gehörigen Offizieren setzte sich am 9. Juni, abends um 7 Uhr, in Hanau in Marsch. Das Kommando führte der Graf Jakob Johann von Hanau, welchem Oberst Burckersdorff [Hans Christoph von Burgsdorff ?; BW] und Oberstleutnant Bilau zugeteilt waren. Auf großem Umweg durch die Wälder langte das Detachement mit anbrechendem Tag, morgens gegen 3 Uhr, vor Gelnhausen an, wo es auf einem verdeckten Weg bis dicht an das Tor zwischen Burg und Stadt heranrückte. Der Graf ließ das Tor durch eine Petarde sprengen, worauf seine Truppen eine dahinter befindliche Reiterabteilung Hasenbeins mit Gewalt in die Stadt zurücktrieben und nun in rasender Kampfeswut, alles was sich nicht verkrochen, niedermachte. Die Besatzung wurde fast gänzlich aufgerieben und lagen die Toten überall umher. Sogleich richtete der Graf auch einen Angriff gegen die Burg, ließ solche auch durch eine Petarde öffnen, worauf Oberst Hasenbein und sein Stab auf den Burgturm reterierten und sich dort zur Gegenwehr stellten. Als jedoch auch dieser Turm durch eine Petarde eröffnet wurde, ließ der Oberst um Quartier blasen und gab sich mit seiner ganzen Umgebung gefangen. Hierzu gehörten: seine Frau, 1 Oberstleutnant (Dauber), 1 Major, 3 Rittmeister, 2 Kapitaine 1 Kommissar sowie viele Unteroffiziere und Reiter. Hierauf befahl der Graf, die Tore in Brand zu stecken und alles, was der Oberst zu seiner Sicherung gebaut, zu demolieren. Mit den Gefangenen, 10 eroberten Standarten, vielen Gewehren, 600 Pferden, sowie vieler Beute an Geld, Kleidern, Geschmeid und Lebensmitteln ging das Detachement am 10. noch nach Hanau zurück“.[3]
„Als am 11. August 1635 neuen Stils aus Wien nicht ohne Genugtuung vermeldet wurde, daß ‚im Römischen Reich […] nun die Kays: fast alle Plätz, ausser wenigen so noch mit Schwedischen besetzt, erobert, massen sich dann auch Franckfurt am Main, Straßburg, Manheimb,[4] und andere Orth mehr mehr, mit Accordo an Ihr Kays: Mytt: lauth deß mit Churfürstl: Durchl: zu Saxen beschlossnen Friden ergeben haben’, standen den Frankfurtern bange Stunden erst noch bevor. In der Tat hatten sich die meisten Stände dem Prager Friedensabkommen angeschlossen, die Wiener Meldungen waren jedoch nach dem Gregorianischen Kalender datiert. Frankfurt mußte seine ungeliebten Besatzer zu diesem Zeitpunkt erst noch vertreiben. Die Situation in der untermainischen Reichsstadt spitzte sich zu. Vitzthum hatte in Sachsenhausen zum Ärger der Frankfurter Ratsherren ohne deren Erlaubnis schwedische Soldaten zur Verstärkung eingelassen. Laut Lersner stiegen Soldaten eines Obersts namen Rosa [Reinhold von Rosen; BW] mit Leitern über die Sachsenhäuser Mauern, gelangten also heimlich in die Stadt. In der Nacht zum 1. August hätten diese dann die Türme auf der Sachsenhäuser Mainseite eingenommen und die vom Rat eingesetzten Wachen vertrieben. Eine Abordnung der Hanauer Garnison sei durch das Affentor eingelassen worden, um Vitzthum beim Kampf um die Alte Brücke zu unterstützen. Am Sonntag, den 2. August 1635 begann das verheerende Gefecht zwischen der schwedischen Garnison und den Frankfurter Truppen. Zuerst erfolgte die gewaltsame Einnahme der Alten Brücke durch die Garnisonssoldaten, Frankfurt wurde überrumpelt und geplündert. Während sich die meisten Einwohner noch im morgendlichen Gottesdienst befanden[,] ließ Vitzthum ‚das Affenthor auffhawen, und 1000 Mußquetierer neben 500 Pferden einziehen.[’] Nachdem der Rat den Lärm gehört hatte, wurden eilends die Bürgerschaft und die Handwerksburschen zusammengerufen und diese ‚mit Eydt und Pflicht erinnert, gegen die Schweden sich zu wehren’. Die schwedischen Soldaten zogen sich zurück und die Frankfurter, ‚mit Doppelhacken und Mußqueten’ zur Gegenwehr gerüstet, schlugen indes ‚auff der Brücken pallisada’.
Ein im Reichsarchiv in Stockholm befindlicher Augenzeugenbericht bestätigt diese Vorfälle an jenem 2. August 1635. Es handelt sich hierbei um einen auf Französisch und mit rascher Hand abgefaßten Brief an Bernhard von Weimar, in dem jener Oberst Rosa, der eigentlich Reinholt von Rosen hieß, unmittelbar von den Frankfurter Ereignissen berichtet. Dieser Obrist war mit seinen aus Mainz und Gustavsburg[5] stammenden Reitern Vitzthum zu Hilfe geeilt und unterstützte dessen Garnisonssoldaten gemeinsam mit weiteren 500 Hanauer Musketieren beim Angriff auf Frankfurt. Im Verlauf des Gefechts verweigerte der Magistrat den Schweden jedoch die ‚Clefs de la Porte’ und ließ sie nicht in die Stadt. Daraufhin hatten sich die schwedischen Truppen zurückgezogen. Die Kommandanten beschlossen, Frankfurt zu stürmen und einzunehmen. Vom Rheingrafen Otto hatte der Oberst zuvor erfahren, daß Matthias Gallas mit seiner Armee anrückte. Um dem Feind den Zugang zu der Reichsstadt zu verwehren, verteilte Rosen seine eigene Kavallerie außerhalb der Stadt um die Mauer, damit diese die Zugangsstraßen sicherten. Frankfurt traf indes Vorkehrungen, um sich selbst zu verteidigen. Die Bürger hatten sich bewaffnet und mit der städtischen Garnison zusammengeschlossen. Überdies brachten sie zahlreiche Kanonen in Gefechtsstellung.
In den frühen Morgenstunden des 5. Augusts, einem Mittwoch, begann ein heftiger Kampf zwischen den städtischen Söldnern und Vitzthums Truppen. Die Frankfurter Einheiten feuerten auf die hinter Schanzkörben verborgenen schwedischen Soldaten, es kam zu Toten und Verletzten. Dennoch gelang es Vitzthums Männern, die Frankfurter Soldaten zurückzudrängen. Außerdem ließ der Garnisonskommandant noch am selben Abend die Brückenmühle anzünden, die ‚mit etliche Malter Früchte abgebrand’ ist. Durch die brennende Mühle wurden ‚beyde Städte von einander separiret, man canoniret noch immer, und sollen sie darinnen noch immer grossen Mangel an Medicamenten und anderer provision haben, und hat man ihnen alles mahlwerck genommen’.
Am 6. August baten die Stadtoberen den in der Nähe befindlichen kaiserlichen Generalleutnant Gallas um Unterstützung. Inzwischen wurde von Frankfurt aus die Schaumainpforte auf der Sachsenhäuser Seite beschossen, fast alle Fenster des Wachgebäudes gingen dabei zu Bruch. Am Abend des 7. Augusts rückten schließlich 5 000 Soldaten des Grafen Gallas unter dem Kommando des Generalwachtmeisters Wilhelm von Lamboy in Frankfurt ein. Einer Zeitungsmeldung zufolge waren ‚auff begehren des Magistrats allhier unter Commando des Obr. Wachtmeisters Lamboy und Obr. Kehrauß 13. Keyserl. Regim. uber 8000. starck und zum Succurß kommen, es wird starck uff Sachsenhausen zur Pressa geschossen, sonderlich auffs Wasserthor, und ist schon ein groß stück gefellet worden, man vernimbt es werde heut noch gestürmet werden, von dem Volck so in Gärten unter Stücken ligt’. Aber nicht nur Lamboy und sein Oberst Kehraus zogen in die Reichsstadt. Von Butzbach[6] rückten schwedische Regimenter unter Sperreuter[s] Kommando heran und Bernhard von Weimar marschierte vom Rheingau aus über Wiesbaden[7] und Mainz herauf. Vitzthum ließ sich deshalb vernehmen, ‚es wolle bald widerumb einen Succurß von 12.000 Mann von Hertzog Bernhards Armee bekommen’. Diese Zeitungsmeldung scheint zum Ausdruck zu bringen, daß der Korrespondent offenbar den baldigen Fall Frankfurts befürchtete. Es drohte immerhin der Zusammenprall von rund 20 000 Soldaten.
Am 8. und 9. August erfolgte der Beschuß Sachsenhausens vom Frankfurter Mainufer aus, man hatte ‚von allen Pastheyen und Thürnen auf die Schwedischen Schantzkörbe, so sie auff die Brücke gebracht’, gefeuert. Die Ironie des Schicksals zeigte sich hierbei in der Tatsache, daß all jene Mauern und Bollwerke nun zur Verteidigung gegen die Schweden dienten, die zuvor unter ihrer Regie mühsam errichtet worden waren. Beobachter wußten ztu berichten, daß ‚uber 1000. Schüsse aus Stücken’ an jenem 8. August auf Sachsenhausen abgefeuert worden waren. Gegenüber dem Fahrtor wurde eine Bresche geschlagen. Kaiserliche und Frankfurter Soldaten durchdrangen sie am 9. August und stürmten in Sachsenhausen ein. Sie gelangten bis zur Dreikönigskirche, stießen dort aber auf die gut verschanzten Schweden und wurden von diesen zurückgedrängt. Die einbrechende Nacht verhinderte einen weiteren Angriff auf die Garnisonstruppen. Im Verlauf dieses Gefechtes hatten die Schweden im übrigen auch den Brickegickel von der Brücke geschossen. Dieser goldene Hahn, das Wahrzeichen der Alten Brücke, war dabei jedoch nicht zum ersten Mal abhanden gekommen. Ein Frankfurter Zeitzeuge namens Flittner gedachte dem durch feindliche Hand Erlegten schließlich in einem ‚historisch-zoetischen’ Gedicht.
Einen Tag später beschossen kaiserliche und Frankfurter Truppen Sachsenhausen mit dreißig Kanonen, die von der Brücke bis zum Leonhardstor aufgestellt waren. An diesem Tag ließ sich Vitzthum endlich durch die Sachsenhäuser und ihren Pfarrherrn Christian Gerlach zum Nachgeben bewegen, nachdem dort 26 Häuser in Schutt und Asche gelegt worden waren. Zeitungsmeldungen zufolge hatte sich der auf diese Weise entstandene Schaden auf ‚in die drey Tonnen Goldes’ belaufen. Von ‚der unschuldigen Bürgerschafft [ist], so zu dreyen mahlen durch Pfarrer und andere fußfallende umb fernere verschonung gebeten’ worden. Auch die Soldaten auf der Frankfurter Seite waren an den Zerstörungen in Sachsenhausen beteiligt. An jenem 10. August hatten diese nicht nur einen Turm, sondern auch einige Wohnhäuser durch Beschuß in Brand gesetzt. ‚Und alleweil mit gantzen, dreyviertel und halben Carthaunen fewer hinuber geben worden, da auch das Fewer so groß worden, daß es bey 30. Häuser hinweg genommen […]’. Angesichts dieser Angaben wird deutlich, daß die beiden Seiten nicht nur aus beweglichen Feld-[,] sondern auch aus schweren Festungsgeschützen gefeuert haben. Als Vitzthum immer noch keinerlei Bereitschaft zum Einlenken zeigte, schossen die Frankfurter sogar ‚mit halben Carthaunen auff seine Arbeiter’. Sie richteten Feldgeschütze auf die schwedischen Soldaten, die gemeinsam mit der Fußartillerie aus Hanau zur Unterstützung in die Reichsstadt gekommen waren. Man war gegen Vitzthum ‚mit eysersten Ernst verfahren, was nun daraus werden wird, weiß Gott, man spielet mit Stücken biß dato nach starck inflammen’.
Der Sachsenhäuser Prediger Christian Gerlach unterstützte nicht nur die Petition seiner ‚Schäfchen’, er war darüber hinaus auch Vitzthum behilflich, wieder Verhandlungen mit den Frankfurter Räten aufzunehmen. Der Geistliche wurde mitsamt einem Trommler auf die Frankfurter Seite geschickt, um dort die Kapitulation der Schweden voranzutreiben, die dann am Abend des 10. Augusts endlich geschlossen werden konnte. Bis zu ihrer Unterzeichnung dauerte jedoch das Feuern der kaiserlichen Truppen an. Vitzthum hatte sich offenbar bis zuletzt geweigert, mit den Frankfurtern zu verhandeln. Er akzeptierte jedoch die Vermittlung des Generalwachtmeisters Lamboy, dem der Vergleich schließlich auch gelang. Über die darauf folgende Aufgabe Vitzthums verbreiteten sich indes unterschiedliche Interpretationen. Angeblich habe der Garnisonskommandant drei weiße Fahnen hissen lassen, Meldungen in den Zeitungen nennen hierfür verschiedene Gründe. Von katholischer Seite aus behauptete man, der Generalmajor sei nicht etwa verhandlungsbereit gewesen, vielmehr habe es ihm an Munition und Proviant gemangelt. Dies wäre so gesehen einer unfreiwilligen Aufgabe gleichgekommen. Folgt man hingegen Zeitungen aus protestantischen Hochburgen, so wollte der Garnisonskommandant einen Waffenstillstand nur aus Pietät, um ‚die Todten zu begraben’.
Am Dienstag, den 11. August 1635 verließ Hans Vitzthum von Eckstädt um sieben Uhr morgens mit seinem vierköpfigen Stab die Reichsstadt Frankfurt am Main in Richtung Gustavsburg, die Besatzung durch die Schweden war beendet. Noch vor dem Garnisonskommandanten zog ein Oberstleutnant namens Bilau mit dem Hanauischen Kriegsvolk ab, dann endlich verschwand Vitzthum mit Sack und Pack, vier Feldstücken und acht fliegenden Fahnen aus Sachsenhausen. Seine einstigen Garnisonssoldaten wurden vor die Wahl gestellt, in den Dienst der Reichsstadt oder zu den kaiserlichen Truppen überzutreten. 200 Mann entschieden sich angeblich für den Verbleib in Frankfurt. Der vertriebene Generalmajor konnte seinen Weg nach Gustavsburg allerdings nicht ungehindert fortsetzen. Übergriffe wurden auf ihn verübt und sein Gefolge in Höchst von den dort befindlichen kaiserlichen Soldaten gefangen genommen. Vitzthum selbst soll angeblich nur noch mit drei Pferden und zwei Dienern an seinem Ziel angekommen sein“.[8]
„Am 10. August [20.8.1635; BW] wurde der Oberst Joh. Geyso, der seit 12 Jahren dem Herzoge nahe stand […], entsandt. Ein größeres Reitergeschwader scheint ihm zunächst Schutz gewährt zu haben. Noch ehe er sein Ziel erreichte, ging am 14. August von Ramsay folgende Nachricht ein: Einige Regimenter der Bönninghausenschen Armee sind gestern, den 11., dicht an Hanau vorbei auf Frankfurt[9] marschiert. Sachsenhausen[10] ist heute mit Accord gefallen; [Johann; BW] Vitztum [von Eckstätt; BW] mit seinen Truppen auf Mainz[11] abgezogen. Meinem Oberstleutnant Bilaw, der mit seinen 600 Musketieren nach Hanau zurückwollte, haben die Feinde den Accord nicht gehalten; wer nicht gutwillig Dienste nehmen wollte, ist niedergeschossen“.[12]
[1] Hanau; HHSD IV, S. 199ff.
[2] Gelnhausen; HHSD IV, S. 164ff.
[3] KREUTER, Gelnhausen III, S. 71. Kreuter datiert nach dem alten Stil.
[4] Mannheim; HHSD VI, S. 501ff.
[5] Gustavsburg [Gem. Ginsheim-Gustavsburg, Kr. Groß-Gerau]; HHSD IV, S. 193.
[6] Butzbach [Kr. Friedberg]; HHSD IV, S. 73f.
[7] Wiesbaden; HHSD IV, S. 465ff.
[8] RIECK, Frankfurt, S. 170ff.
[9] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.
[10] Sachsenhausen, heute Stadtteil von Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.
[11] Mainz; HHSD V, S. 214ff.
[12] GEYSO, Beiträge III (1626), S. 52.