Kanne, Moritz; Hauptmann [ – ] Kanne „auf Bühel und Haidtehof“ stand als Rat, Hofmeister und Hauptmann zu Bayreuth[1] in den Diensten Christians von Brandenburg-Kulmbach/Bayreuth.
„Es war kein Geringerer als Herzog Christian von Braunschweig, der sich im März 1623, von Tilly durch Hessen nach Westfalen verfolgt, über den Herzog Ernst von Sachsen an den Markgrafen wandte. Er teilte mit, daß er sich von Mansfeld[2] getrennt habe und daß er gewillt sei, seine Armee, um der Errichtung des Friedens willen, auf eine Interposition der Kurfürsten und Stände dem Heiligen Römischen Reich ‚zu Dienst zu praesentiren‘, wenn man ihm eine Geldhilfe zum Unterhalt der Truppen gewähre. Des Markgrafen Aufgabe sollte es nun sein, im Sinne des bedeutungsvollen Entschlusses des Feldherrn, bei der Reichsstadt Nürnberg[3] die Geldhilfe und bei Kursachsen die erwünschte Interposition zu erwirken. Markgraf Christian kam dem Ersuchen des Herzogs bereitwillig nach. Er entsandte im April Dr. Georg Leuchsner nach Nürnberg, damit er der Reichsstadt die Bitte des Herzogs unterbreite, und Geheimratspräsident Heinrich Reuß von Plauen[4] sollte nach Dresden[5] gehen. Da sich letzterer entschuldigte, die Mission nicht übernehmen zu können, wurde schließlich Hofmeister Kanne dorthin abgeordnet. Bei beiden Gesandtschaften betonte der Markgraf, daß man nichts unterlassen dürfe, was der endlichen Wiedergewinnung des ersehnten Friedens diene. Aus dem gleichen Grund wandte sich der Markgraf auch durch ein persönliches Schreiben wegen des Braunschweigers an den Kurfürsten zu Brandenburg. Die Niederlage Herzog Christians von Braunschweig bei Stadtlohn[6] am 9. August 1623 machte schließlich allen Bemühungen um einen friedlichen Ausgleich ein Ende“.[7]
„Anfang Oktober [1631; BW] traf dann eine weitere Gesandtschaft [vorausgegangen war die Gesandtschaft Philipps v. Liebenstein; BW] des Königs, der Hofrat Martin Chemnitz, in Bayreuth ein, und bald folgte Oberstleutnant [Bernholf; BW] von Crailsheim, dessen bevorstehende Ankunft der schwedische König schon Ende September von Schleusingen[8] aus dem Markgrafen angekündigt hatte. Er kam am 11. Oktober zur Audienz.
Soweit waren die Verhandlungen also sehr einseitig geführt worden. Immer wieder hatte der König die Initiative ergriffen, der Markgraf aber hatte sich ausweichend und passiv verhalten. Er sah wohl die notwendige Entscheidung auf sich zukommen, aber er wollte auf alle Fälle keinen übereilten Schritt tun, auch mag ihn, mehr als die anderen evangelischen Stände Frankens, der Gedanke geleitet haben, daß unbedingt alle gemeinsam handeln müßten. So zögerte er, während andere handelten oder sich dazu anschickten. Ehe er irgendwelche bindenden Schlüsse faßte, wollte er sich erst durch fleißige Kommunikation mit allen anderen Ständen des Kreises, auch den katholischen, ein klares Bild der Lage machen, wollte Konsequenzen erwägen, und er wollte vor allem erkennen, was ihm der Schwede zu bieten habe und was er selbst ihm bieten müsse. Und in seinem tiefsten Herzen mußte er sich vor allem erst von seinem Herrn, dem Kaiser, losringen.
Dabei stand er während der entscheidenden Wochen unter einem ungeheueren politischen Druck, der nicht nur von außen, vom Kaiser und vom Schwedenkönig, auf ihn wirkte, sondern auch von innen aus dem Kreis seiner Räte und Vertrauten. Während nämlich sein Kanzler Urban Kaspar von Feilitzsch, ganz in den Fußstapfen seines Herrn und Meisters wandelnd, stets vorsichtig lavierte und jedes Risiko vermeiden wollte, war der Erbmarschall und Landschaftsdirektor [Hans Heinrich; BW] von Künßberg, ein entschlossener Schwedenfreund, für schnelles und entschiedenes Handeln. War Kanzler von Feilitzsch der Typ des Hofmanns und Diplomaten, den der Fürst immer dort brauchte, wo Ausgleich und ‚Moderation‘ nötig waren, so trat ihm in Erbmarschall von Künßberg der echte Sproß eines alten, trutzigen evangelischen Rittergeschlechts gegenüber, der, sicher gereizt durch verschiedene Maßnahmen des Bischofs von Bamberg gegen seine Verwandten, geneigt war, den gordischen Knoten mit dem Schwert durchzuschlagen. Beide Männer standen Christian nahe und machten ihren Einfluß auf seine Politik geltend. Aber was konnte von Feilitzsch schließlich noch an wichtigen Argumenten für eine fortdauernde Neutralität vorbringen. Alle Ereignisse dieses Jahres hatten doch von Künßberg rechtgegeben, und er konnte vor allem geltend machen, daß eine Allianz mit den Schweden eine ungeheuere Vereinfachung, wenn nicht die Lösung aller schwebenden Probleme sei. Auch mochte er darauf hinweisen, daß man bei versuchter Behauptung der Neutralität endgültig zwischen die Fronten geraten werde. Die große Zeit des Kanzlers von Feilitzsch ging nun zu Ende, und der Erbmarschall von Künßberg trat in den Vordergrund.
Wie leicht man sich bei weiterem Zögern den Zorn des Schwedenkönigs zuziehen konnte, wurde in Bayreuth erschreckend klar, als ein Bericht des von Ansbach[9] an Gustav Adolf abgesandten Claus Conrad Zorn von Bullach[10] aus Würzburg[11] einlief. Er teilte mit, daß der König sehr ungehalten über das lange Ausbleiben einiger evangelischer Stände Frankens sei, daß er darin ‚papistische Züge‘ sehe und gedroht habe, welcher Stand nicht zu ihm kommen wolle, dem müsse man den Kopf entzweischlagen. Als dann am 21. Oktober noch ein Schreiben Gustav Adolfs an den Markgrafen einlief, in welchem eine kategorische Entscheidung darüber, ob sich Brandenburg-Kulmbach als Freund oder Feind der Schweden erklären wolle, gefordert wurde, endlich zu handeln. Nachdem man sich schon vorher mit Nürnberg und Ansbach zu Heilsbronn[12] geeinigt hatte, daß nur gemeinsame Schritte unter der Führung des Markgrafen unternommen werden sollten, schickte sich der Markgraf an, letzte Anweisungen für eine allgemeine Gesandtschaft zu geben und dazu den anderen Ständen den Entwurf einer gemeinsamen Instruktion zuzuleiten. Gleichzeitig teilte er dem König die Ankunft einer Gesandtschaft der fränkischen Kreisstände mit und bat ihn, diese in freundlicher Audienz zu empfangen. Unter welcher Spannung der Fürst während dieser Tage gestanden haben muß, verraten die mit wilden Streichungen und Korrekturen versehenen Konzepte der Schreiben.
Die böse Überraschung für den Fürsten, der unbedingt ein geschlossenes Vorgehen der fränkischen evangelischen Stände für notwendig hielt, weil er offenbar annahm, daß man dann bei den Verhandlungen mit dem Schwedenkönig größere Zugeständnisse erzielen könne, blieb nicht aus. Sowohl Ansbach als auch Nürnberg hatten ihre Gesandtschaften schon abgehen lassen und hatten also einzeln gehandelt. Während sich Nürnberg dem Markgrafen gegenüber auf einen Irrtum berief und wenigstens die unterschriebene und gesiegelte Instruktion an die Gesandten nach Würzburg weiterzuleiten versprach, weigerte sich Ansbach, dessen Abgeordnete schon am 20. Oktober in Würzburg eingetroffen waren, die allgemeine Instruktion überhaupt noch anzunehmen und zu unterschreiben. Damit war der Fürst wieder um eine große Enttäuschung reicher, und es blieb ihm nichts anderes übrig als seine eigenen Gesandten, von Muffel und Kanne, schleunigst abzufertigen. Trotzdem trafen sie erst am 29. Oktober in Würzburg ein, als die anderen Gesandtschaften schon zur Audienz gewesen waren. Am 31. Oktober wurden dann auch sie ‚über den Hofbrauch mit sonderbaren Solemniteten zur Audienz gefürt, dabey beede Herzogen von Sachsen-Weymar gewesen‘.
Es ist sehr aufschlußreich, jene Instruktion, der die Gesandten folgten und die Ansbach nicht unterschreiben wollte, einmal näher zu betrachten. Sie beginnt mit der Feststellung, daß man sich durch diese Gesandtschaft nicht aus Devotion und Gehorsam gegen die Römische Kaiserliche Majestät als des gnädigsten Kaisers und Herrn und hochgeehrten Oberhaupts begeben wolle und daß man im König von Schweden vor allem den ‚heilsamen Vermittler und Friedstifter‘ erkennen möchte. Alle Unterhandlungen sollten also nur auf die Rettung der evangelischen Kirche und die Wiederbringung des Friedens gerichtet sein. Unter dieser Voraussetzung wolle man auf die ‚Angemuthete Confoeteration wie auch Contribution‘ eingehen. Nach dieser grundsätzlichen Feststellung wird dann in der Instruktion, offensichtlich nicht zuletzt wegen der zu leistenden Kontribution, immer wieder über den schlimmen Zustand des Reiches und den völligen Ruin der Stände gejammert. Schließlich faßte das Memoriale alle Ausführungen in 7 Bedingungen zusammen, unter deren Beachtung man sich einigen zu können glaubte: 1. Bündnis und Bewilligung sollten nicht als Afront gegen Kaiser und Reich verstanden werden. 2. Die von der Kontribution geworbenen Truppen sollten nur dem Schutz der fränkischen Stände dienen. 3. Die kontribuierenden Stände sollten mit anderen Auflagen, Einquartierungen, Durchzügen usw. möglichst verschont werden; Sonderleistungen sollten auf die Kontribution angerechnet werden. 4. Alle Gerechtsame, Privilegien usw. der Stände und die Deutsche Libertät müßten ungeschmälert erhalten bleiben. 5. Der König solle sich noch einmal um einen Frieden bemühen. 6. Der König dürfe aber ohne Einwilligung oder Einbeziehung der Stände keinen Sonderfrieden schließen. 7. Der König habe den Ständen eine wirksame salva guardia, an welche alle seine Truppen gebunden seien, zu erteilen. Abschließend wird gebeten, auch alle anderen evangelischen Stände Frankens, die man wegen der Kürze der Zeit nicht mehr anschreiben konnte, in diesen Akkord mit einzuschließen.
Zusätzlich zu diesem Schriftstück brachten Kanne und Muffel aber auch noch ein Nebenmemoriale mit nach Würzburg. Hier wurden vom Markgrafen persönlich 7 weitere Punkte genannt, über die sich der König erklären sollte. An ihrer Spitze steht die Frage der preußischen Belehnung, was beweist, daß dieses ganz persönliche Problem des Markgrafen nach wie vor bei all seinen Entscheidungen eine wesentliche Rolle spielte. Es folgen einige Fragen von minderer Bedeutung, und schließlich wird die Versicherung einer vollen Erhaltung des Markgrafen in der Autorität des Kreisobersten gefordert.
Diese Memorialien konnten nur in Bayreuth entstanden sein. Atmen sie nicht ganz den Geist der markgräflichen Politik, einen Geist, der sich neuen Begebenheiten nur schwer anzugleichen vermochte, einen Geist der Beharrung in alten Schemen, trotz völlig veränderter Umstände ? Man fragt sich unwillkürlich, ob man am Hofe zu Bayreuth überhaupt alle Vorgänge im Reich während des vergangenen Jahre[s] zur Kenntnis genommen hatte. Waren der Markgraf und seine Regierung denn nicht selbst durch alle Ereignisse des verflossenen Kriegsjahres unumgänglich auf den Weg eines Anschlusses an die Schweden und einer Preisgabe der Neutralität gedrängt worden ? Und doch versuchten sie sich selbst unter dem Zwang einer neuen, völlig veränderten Situation auch hier noch die Fortführung einer reinen Defensivpolitik zu ermöglichen, im Sinne eines Ausgleichs zwischen unüberbrückbaren gewordenen Gegensätzen zu wirken oder wenigstens eine Herübernahme herkömmlicher Verpflichtungen und Ordnungen in die neuen Gegebenheiten zu erreichen.
Diese Memorialien erlangten freilich nie eine praktische Bedeutung, denn wie sich bald zeigte, stand Bayreuth ganz allein damit da, und zudem kamen die Abgeordneten der Markgrafschaft in Würzburg an, als die anderen schon weitgehend alle Fragen ausgehandelt hatten. So waren vollendete Tatsachen geschaffen, ehe Bayreuth in die Verhandlungen eintrat, und Muffel und Kanne konnten nach ihrer ersten Audienz beim König nur noch an ihren Fürsten berichten: ‚Es leßet sich fat ansehen, ob man hir nitt allerdinges zum rechten Schluß kommen möchte, in den realibus ist man fast einig, der formalien halber aber stehet man noch etwas an‘. Schließlich kam es dann auch schon am 2. November neuer Zeitrechnung zu einem Interimsrezeß der Krone Schwedens mit den fränkischen evangelischen Kreisständen. Bayreuth mußte sich ihm fügen. Seine wesentlichen Bestimmungen waren: 1. Der König von Schweden übernahm den Schutz der Territorien. 2. Die Stände leisteten dafür eine Kontribution von 72 Monaten einfachen Römerzugs, wovon 1/3 innerhalb von 14 Tagen, 1/3 in drei Monaten hernach und das letzte Drittel nach weiteren vier Monaten erlegt werden sollten. 3. Sollte ein Stand selbst Volk werben und dem König überlassen, so konnten die Auslagen von der Quota abgezogen werden. 4. Da die Gesandten erst ihren Fürsten und Herren Bericht erstatten mußten, sollte der Abschluß einer Spezialallianz erst erfolgen, wenn alle Stände zu einem Konvent zusammengetreten seien, zu welchem sich auch die Abgeordneten des Königs einfinden würden. Im Hinblick auf diesen Konvent wurde es Markgraf Christian als Kreisoberstem zur Pflicht gemacht, für einen Zusammentritt aller evangelischen Stände des Fränkischen Kreises innerhalb von 14 Tagen Sorge zu tragen. Die Stände, die diesen Konvent nicht besuchten und die sich nicht innerhalb einer Frist von 2 Monaten zur Allianz bekennen wollten, sollten als Feinde behandelt werden.
Noch war der endgültige Bündnisvertrag nicht abgeschlossen und doch lagen seine Bedingungen schon fest. Nach ihnen mußte er, wie Christian wohl befürchtet hatte, als recht einseitig angesehen werden. Für einen fragwürdigen Schutz des Landes bürdete er allen Untertanen des Fürsten wieder neue ungeheuere finanzielle Lasten auf. 25 000 Taler Kontribution waren von Brandenburg-Kulmbach an die Schweden zu zahlen. Außerdem mußte ihnen ein Teil der ausgehobenen Mannschaft und die Festung Plassenburg,[13] die wegen der wachsenden Gefahr wieder den Fürsten und seine Hofhaltung aufnahm, überlassen werden.
Noch einmal, zum letzten Mal, ehe das ganze Landschaftswerk und jede geordnete Steuererhebung im Strudel des Krieges zusammenbrachen, berief der Fürst den Engeren Ausschuß der Landstände zur Beratung auf die Plassenburg. So schwer alle Belastungen waren, die Abgeordneten sahen ein, daß man diese neue[n] nicht umgehen könne und daß man nun ‚in erster Linie auf das jetzt mächtig gewordene Schweden Rücksicht nehmen‘ müsse. So beschlossen sie im Rezeß vom 10. November 1631 die Aufbringung der nötigen Summen durch 2 Steuern, eine monatliche 10-kr.-Steuer und eine Lebensmittelabgabe auf Fleisch und Wein. Fürst und Abgeordnete erklärten zur Begründung der neuen Steuer, man müsse ‚sich accomodiren, um dadurch … die obangezogen und vermittelst habender mächtigen Armee leichtlich effectuirender Betrohungen von diesem Land und Fürstenthumb abzuhalten‘.
Dem Markgrafen blieb ein letzter Schritt zu tun. Er mußte den zu Würzburg vereinbarten Konvent der fränkischen Stände evangelischer Konfession, der die Spezialallianz mit der Krone Schwedens endgültig zu vollziehen hatte, nach Nürnberg einberufen. Sein Ausschreiben mit der Ladung erging zum 8./18. November. Die Direktiven, die er seinen eigenen Gesandten, dem Erbmarschall und Landschaftsdirektor Hans Heinrich von Künßberg, dem Kanzler Urban Kaspar von Felitzsch und dem Hofmeister Moritz Kanne, mitgab, zeigen, daß er sich nun dem Gang der Entwicklung gefügt hatte. Sein ganzes Sinnen und Trachten war nur noch darauf gerichtet, vom König möglichst große Sichherheiten geboten zu bekommen, die drohendes Unheil verhüten sollten“.[14]
„Als Tilly dem aus dem Rheinland herbeieilenden König Gustav Adolf weichen mußte und sich nach Altbayern zurückzog, konnte man in der Markgrafschaft wieder etwas aufatmen. Aber noch hing die Drohung, die von der starken Festung Kronach-Rosenberg[15] ausging, über den westlichen Teilen des Oberlandes. Zum einen blieb Kronach der Rückhalt für alle auf das Gebiet der Markgrafschaft durchzuführenden Aktionen, und zum anderen unterband des die direkte Verbindung der Markgrafschaft mit dem befreundeten Territorium des Herzogtums Sachsen-Coburg und gewann damit eine überörtliche, der gesamten evangelischen Partei nachteilige Bedeutung. Wiederholt wandte sich deswegen Fürst Christian in dringenden Schreiben an den Statthalter von Kronach und bat um Abstellung aller Übergriffe und zum Verzicht auf Kontributionsforderungen gegenüber markgräflichen Untertanen. Aber die Schreiben blieben ohne Wirkung. So wurde ‚dem Herzog von Coburg und dem Markgrafen von Kulmbach, als den benachbarten Fürsten, schließlich vom König die Aufgabe gestellt, das bambergische Gebiet zu unterwerfen‘.
Diese Aufgabe konnte dem Markgrafen in keiner Weise willkommen sein, mußte sie ihm doch wider seinen eigenen Wunsch und Willen zwingen, zum erstenmal in persona eine feindliche Aktion gegen das Hochstift und somit einen Kreisstand zu führen. So versuchte er auch hier, noch einmal nach allen Seiten vermittelnd, eine bewaffnete Auseinandersetzung zu vermeiden. Der Befehlshaber der zum Angriff auf Kronach bereitgestellten schwedischen Truppen war Oberst Claus Hastver. Zu ihm entsandte der Markgraf zunächst seine Vermittler von Muffel und Moritz Kanne, daß sie ihn ’nach aller Möglichkeit dahin bearbeiten sollen, ob es zu einem gütlichen verträglichen Vergleich oder Accord gelangen könne, denn da man auf den bishero geführten und behaupten Extremitäten wolle beharren, und es alles auf die Spitzen sezen, so würde es gegen Gott, dem Römischen Reich, auch den Stifft und deßen armen unschuldigen Unterthanen nicht zu verantworten seyn, daß man dieses uralte Stifft gleichsam vorsezlich in Grund verderben und einäschern laßen thäte‘. Hastver berief sich natürlich auf die vom König gegebenen bindenden Befehle, daher mußte es die Aufgabe der nunmehr nach Kronach entsandten Vermittler sein, dort Kompromißbereitschaft zu suchen. Der Ton des markgräflichen Schreibens, das sie mit sich führten, war eher bittend und beschwörend als ultimativ fordernd: ‚Demnach aber und weil wir der Unschuldigen, auch eurer Weib und Kinder, wie ingleichen der ganzen Stadt Unheil und Ruin nicht gerne gönnen, sondern solches aus guter mit dem Stifft jederzeit gehaltenen Nachbarschafft so viel möglich abwenden helfen wolten; so wedet ihr dasselbige verhoffentlichen mit unterthänigen Danck erkennen und euch gegen unsern Obristen Muffel und Moritz Kanne, unsere Räthe, Hofmeister und Hauptmann zu Bayreuth,[16] denen wir aufgetragen, ehe und zuvor es zu einem Ernst kommen solte, zwischen der Königl. Mayst. zu Schweden abgefertigten Commandanten und Obristen und euch zeitlichen zu tractiren, ob es zu einem erträglichen Accord gebracht und vermittelt werden könte, der Gebühr nach erweisen und accomodiren‘.
Man merkt aus diesem Schreiben, wie schwer es Christian fiel, sich, wie er wiederholt betonte ‚auf Ordonnanz des Königs‘, in offene Feindseligleiten mit dem Hochstift einzulassen. Wurde er denn nicht mit einem Angriff auf das Hochstift zu einem Zerstörer jener Ordnungen, deren Schutz und Sicherung er stets als seine erste Aufgabe betrachtet hatte ? So hoffte er immer noch auf einen Erfolg der Vermittlung. Aber die Zeit für Vermittlung und Vergleich war nun dahin. Seine Abgesandten kehrten ergebnislos aus Kronach zurück und er mußte an ihrer Stelle, im Bunde mit Coburg und den Schweden, seine Truppen zur Belagerung vor die Mauern der Stadt und Festung senden“.[17]
[1] Bayreuth; HHSD VII, S. 77f.
[2] Vgl. KRÜSSMANN, Ernst von Mansfeld.
[3] Nürnberg; HHSD VII, S. 530ff.
[4] Vgl. die Erwähnungen bei KLUGE, Hofer Chronik.
[5] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[6] Stadtlohn [LK Ahaus]; HHSD III, S. 699f. 6.8.1623: Niederlage Christians von Braunschweig-Wolfenbüttel gegen Tilly. Zwei Drittel von den 15.000 Mann Christians fielen oder gerieten in Gefangenschaft. HAPPES Zahlen [I 42 r: 8.000 Tote; mdsz.thulb.uni-jena.de] sind zu hoch. Im weitverbreiteten Kupferstich „Warhafft vnd eigentlicher Bericht / was massen Hertzog Christian von Braunschweig Armada den 6. Augusti 1623. im Stifft Münster auffs Häupt erlegt“ (1623) [Germanisches Nationalmuseum Nürnberg HB 1780], ist allerdings von etlichen 1000 Toten und über 9.000 die Rede. Nach Tillys Bericht jedoch fielen an die 6.000 Mann oder waren geflohen, viele wurden aus Rache von den Kroaten abgeschlachtet: „300 [Dragoner] von der Art hat, wie ich glaube, unsere Truppe bei Stadtlohn wie Schweine abgeschlachtet, denn sie brauchen nicht so sehr geschont zu werden“, hieß es in Tillys Protokoll über die Schlacht bei Altenoythe. 4.000 wurden gefangen genommen, darunter fünfzig höhere Offiziere Christians und sein Verbündeter, Herzog Wilhelm IV. von Sachsen-Weimar, dessen Allianz der Patrioten aller Stände die „deutsche Libertät“ vor dem Dominat des Hauses Habsburg hatte retten sollen. Der kaiserliche Obristleutnant Ilow hatte Wilhelm einem Leutnant abgekauft und dem Kaiser übergeben lassen, die kaiserliche Belohnung betrug 1.200 Rt. Militärhistorisch muss der Hauptanteil am Sieg Gallas zugeschrieben werden. Die ligistischen Truppen hatten etwa 1.700 Mann verloren, während sechzehn Kanonen, darunter neue, von Moritz von Oranien entwickelte Modelle, und fast alle Munitionsvorräte, 85 Fahnen und zwei Silberwagen erbeutet werden konnten. Während der Flucht der Braunschweigischen war zudem einer der Pulverwagen explodiert, was das allgemeine Durcheinander nur noch verstärkt hatte. FLIEGER, Schlacht bei Stadtlohn; OER, Schlacht bei Stadtlohn.
[7] STICHT, Markgraf Christian, S. 55f.
[8] Schleusingen [Kr. Suhl]; HHSD IX, S. 382ff.
[9] Ansbach; HHSD VII, S. 26ff.
[10] Vgl. die Erwähnungen bei ENGERISSER, Von Kronach (die derzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung).
[11] Würzburg; HHSD VII, S. 837ff.
[12] Heilsbronn [LK Ansbach]; HHSD VII, S. 279f.
[13] Plassenburg, Die [Stadt Kulmbach]; HHSD VII, S. 587.
[14] STICHT, Markgraf Christian, S. 125ff.
[15] Kronach [LK Kronach]; HHSD VII, S. 375f. Die Festung Rosenberg ist wohl das bedeutendste Geschichtsdenkmal des südlichen Frankenwalds. Der Grundfläche nach ist sie das ausgedehnteste Festungsbauwerk Deutschlands. Sie gilt als ein herausragendes Beispiel deutscher Wehrbaukunst und steht seit Jahrhunderten beschützend über der Stadt Kronach. Die Festung wurde in einer Höhe von 378 Metern über Normalnull auf dem Rosenberg in einer strategisch hervorragenden Lage erbaut. Die drei zu ihren Füßen zusammenlaufenden Täler, der Haßlach, der Kronach und der Rodach wurden von ihr beherrscht und sie konnte dadurch wichtige Übergänge nach Thüringen und in den Frankenwald sperren oder kontrollieren. Vom Steinernen Haus über die gotische Burg und das Schloss der Renaissance wurde die Festung Rosenberg von berühmten Baumeistern der Kriegsbaukunst des Barocks zu einer der stärksten mittelalterlichen Festungsanlagen Deutschlands ausgebaut. Im Laufe ihrer langen Geschichte wurde die Festung Rosenberg nie von feindlichen Angreifern eingenommen. [wikipedia]
[16] Bayreuth; HHSD VII, S. 77f.
[17] STICHT, Markgraf Christian, S. 143ff.