Aescher [Ascher, Escher] von Binningen auf Umkirch und Offenheim, Johann [Hans] Werner
Aescher [Ascher, Escher] von Binningen auf Umkirch und Offenheim, Johann [Hans] Werner; Obrist [1582 Breisach-26.12.1653 Waldkirch im Breisgau] Aescher[1] von Binningen[2] war 1616 vorderösterreichischer Hauptmann, 1622 Obristleutnant Erzherzog Leopolds, Obrist eines Reiterregiments unter Erzherzogin Claudia von Tirol und Rat, Ritter des Goldenen Sporns,[3] Burgvogt von Breisach[4] und Kommandant von Kenzingen,[5] später als Obrist in kaiserlichen Diensten, 1646 Vogt von Bregenz[6] und Hohenegg.[7]
1622 stand er als Major im ligistischen Fußregiment Levin von Mortaigne und nahm am Kampf gegen die pfälzischen Truppen unter Ernst von Mansfeld[8] bei Mingolsheim[9] teil. Ende des Monats Juni 1622 zog der ligistische Obrist des salzburgischen Regiments Levin von Mortaigne mit den meisten Soldaten aus der Reichsstadt Wimpfen[10] wieder ab; 250 Mann Besatzung unter Obristleutnant Johann Werner Aescher blieben zurück und marodierten ohne Recht und Gesetz wie eh und je. Im August 1622 zog Aescher aus Wimpfen ab, dafür kam Hauptmann von Heberstein mit 160 Mann, die seither vor der Stadt kampierten; am 24.8. stieß noch ein Fähnlein Fußvolk dazu. Im September zog Heberstein wieder ab; es blieb wie früher eine Besatzung von 80 Mann unter Hauptmann von Croneck, die sich nahmen, was sie wollten.[11]
Aescher war ab dem 7.11.1632 während der ersten Belagerung Kommandant von Villingen.[12] Die Clarissin Juliana Ernst nennt ihn in ihren Jahrbüchern einen „gewaltigen Kriegsheld“.[13] „Nachdem im November 1632 auf Anweisung der vorderösterreichischen Verwaltung eine über 500 Soldaten zählende Schutztruppe unter Führung des kaiserlichen Kommandanten Aescher in Villingen erschienen war, mußte die Stadt zu Beginn des folgenden Jahres eine erste Belagerung durch württembergische Militäreinheiten über sich ergehen lassen, während der zwar [i]gnitae sphaerae [Feuerkugeln] auf den Ort abgeschossen, ansonsten aber so schlechte Resultate erzielt wurden, daß die Unternehmung nach nur knapp zwei Wochen maximo […] ludibrio atque damno [begleitet von sehr großer Schadenfreude] beendet werden mußte. Wenige Monate später probierte eine herzogliche Belagerungsarmee im Verein mit schwedischen Soldaten erneut, die Widerstandskraft der österreichischen Besatzung und der im Rahmen der städtischen Wehrverfassung zu bewaffnetem Verteidigungsdienst verpflichteten Bürger zu brechen, was aber trotz intensiver Beschießung und eines finalen Sturmlaufs wieder nicht gelingen wollte und von Gaisser[14] primär auf außerordentlichen Mut, Einsatz und Zusammenhalt der urbanen Bevölkerung zurückgeführt wird“.[15]
Am 3.5.1633 verließ Aescher Villingen wieder.
Dem aufrechten Benediktiner-Abt Gaisser von Sankt Georgen hatte er 1638 „bäuerisches Übelwollen attestiert“.[16] „Die dritte für den Prälaten [Gaisser] problematische Gruppe waren die höheren Dienstgrade der kaiserlichen Armee, die den grundsätzlich um Einvernehmen mit ihnen bemühten und sich über ein [c]olloquium perhumanum [sehr freundliches Gespräch] freuenden Gaisser mit ihrer Forderung nach materieller Unterstützung behelligten und durch den dabei angeschlagenen Ton so in Angst versetzen konnten, daß er zum Beispiel eines Nachts alle möglichen Vorkehrungen zur Verhinderung eines befürchteten militärischen Übergriffs auf das Konventsgebäude traf, nur weil er zuvor den Oberstleutnant Aescher, früher als Mann bewundert, der in obsidione anno 1633 inchoata globorum ignivomorum violentiam irritam esse facerat [bei der im Jahre 1633 begonnenen Belagerung die Gewalt der Feuerkugeln unwirksam gemacht hatte], dessen Bitte um zeitweilige Versorgung seiner Pferde abgeschlagen hatte“.[17]
Am 29.10.1634 forderte er das von schwedischen Soldaten besetzte Schloss Hochburg [Hachberg] [18] bei Emmendingen[19] zur Übergabe auf.[20]
1646/47 versuchte Aescher nicht besonders erfolgreich, Stadt und Schloss Bregenz[21] gegen Wrangels Truppen zu verteidigen.
Der Historiograph und Habsburg-Anhänger Wassenberg[22] hat in seinem 1647 erneut aufgelegten „Florus“ die Vorgänge um die Bregenzer Klause und Bregenz so dargestellt: […] „hernach als Herr Feldmarschall Wrangel in seinem Hauptquartier Leutkirchen[23] Kundschafft erhalten / daß die Bregentzer Bawren hinder der Stadt Isne[24] / in ihren daselbst im Wald gemachten Schantzen sich gegen die seinen starck versambleten / vnnd allerhand Widerwertigkeiten zufügeten / ist er am 22. Decemb. mit 2000. Knechten / vnnd 100. Reutern mit etlichen Stücken gegen diese Bawren angangen / welche aber bald ihre retirada ins Gebürge gegen die Bregentzer Clauß zugenommen / welchen die Schwedischen auffm Fuß gefolget. Den 25. Decemb. auff dem heiligen Christtag ist wolgedachter Herr mit seinen Völckern gegen die Clause angangen / vnnd weil solche zur lincken Hand die hohen Alpes oder das grosse Gebirg / worauff sich die Bawren wider presentiret / vnnd sich starck verschantzt / als hat er etliche 100. Mann hinansteigen lassen / welche auch / ohne erachtet der Bawren gethaner starcken Gegenwehr / die Höhe erreicht / vnnd dieselben davon glücklich ab- vnd hinunter getrieben / weilen sie aber auch vnden am Felsen / bey einem oberhalb der Clausen gelegenen Dorff / sich sehr verschantzt / vnnd längst biß an den Felsen hinan ein veste Brustwehr vor sich gehabt / woselbst die darhinder gelegene Bawren sich noch tapffer gewehrt / seynd aber bald in die Flucht gebracht / vnnd dieser Paß eröffnet / vnd der Bawren allenthalben viel nidergemacht worden / den fliehenden Bawren / welche sich vber ein tieffe Klufft in eine am Felsen gelegene vnnd mit einer Zugbrücken verwahrte Schantzen zu retiriren getrachtet / seynd die Schwedischen auff dem Fuß so geschwind gefolget / also daß sie nicht allein gedachte Schantz / sondern auch in solchem Schrecken die Stadt Bregentz erobert / in welcher sie den Obristen Ascher bekommen / dieser hat auff deß H. Gen. Wrangels Begehren jemand zu dem Haupt Aufseher deß Bregantzer Schlosses (so oben auff einem spitzigen Felsen gelegen / vnd von Natur allein vberauß vest ist / Pfannenberg genannt) hinanschicken / vnd ihr zur Vbergab anmahnen muste / welches auch so glücklich gelungen / daß der darauff gelegene Hauptmann sich ohn einigen Widerstand ergeben / vnd selbiges den Schweden eingeraumt / vnd ist also dieser gleichsam vnvberwindlich Paß vnnd Schloß den Schweden in die Hände kommen / vnd dardurch der Paß in Italien / Tyrol oder die Schweitz eröffnet worden / welches zeithero dieses gewehrten Teutschen-Kriegs vorhie noch nicht geschehen / vnd also die Schweden an Baarschafft / Kleinodien / Geist- vnd Weltlicher Leute / Gold vnd Silber / an Fahrnüß vnd Haußrath / an Wein vnnd Getreyd / an Kriegs vnnd andern Schiffen / an allerhand Vortheil ein grösser Beut vnd solche Sachen erlangt / alß man nit beschrieben kann“.[25]
„Wie gewöhnlich waren Versorgungsgründe maßgebend: Das Gebiet war noch nicht abgegrast und konnte den Truppen gute Winterquartiere bieten. Die Bewohner dieser Gegend flohen, aber ein Teil der Bauern setzte sich zur Wehr, indem sie sich in einer Schanze eingruben. Am 22. Dezember rückten die schwedischen Truppen gegen sie vor, und die Bauern flohen in der Nacht brav nach Süden, in Richtung Bregenz am östlichen Ufer des Bodensees. Wrangel gab Befehl, ihnen durch die bergige Landschaft zu folgen. Er witterte Beute. Die Truppen standen an der Grenze zur blühenden Schweiz, einem Land im deutschen Reich, das von allen Kriegshandlungen verschont geblieben war. […] Am Weihnachtsmorgen rückten schwedisches Fußvolk und Reiterei zu dem Paß vor, der im Norden der Stadt lag. Es ging nur zäh voran, denn die Bauern hatten Befestigungen gegraben und diese mit Kanonen bestückt, und das steile und felsige Terrain begünstigte sie. Schließlich gelang es jedoch den erfahrenen Söldnern, den Widerstand der verzweifelten Bauern zu brechen. Von den 6 000 Mann, die sich gegen die Schweden zu wehren versuchten, wurde ein großer Teil getötet; viele wurden von den Angreifern niedergemacht, die es ablehnten, Gefangene zu machen, andere ertranken bei dem Versuch, sich auf Booten über den Bodensee in Sicherheit zu bringen. Nach einem fürchterlichen Chaos, bei dem Angreifer und Fliehende nebeneinander hergelaufen waren, wurden die Stadt und das Schloß [am 4.1.1647] eingenommen.[26] Dorthin hatten der Adel und die Abteien aus ganz Oberschwaben ihre gesamten Reichtümer gebracht, und die Beute war unvorstellbar: Wrangels Männer erbeuteten »Kostbarkeiten, Kanonen, Munition, Schiffe, Lebensmittel und Schätze in einem Wert von rund vier Millionen Gulden«. (Mit 13 der eroberten Schiffe inszenierte Wrangel bald etwas, das man am besten als eine Mischung aus strategischem Seekrieg und reiner Seeräuberei bezeichnen kann. Die einmastigen Schiffe, die eine Besatzung von ein paar hundert Finnen bekamen, blockierten kaiserliche Stützpunkte, zwangen die auf dem See verkehrenden Schiffe zur Zahlung sogenannter »Lizenzen« , griffen die Insel Mainau an und nahmen sie ein.) Wrangel selbst stellte es so dar, als habe er die wichtigen Pässe nach Italien erobert, was nicht stimmte. – „Es sei dem Höchsten für diese verliehene Gnade höchlich zu danken, weil ‚ … hierdurch nunmehr der Paß in Italia, Tyroll oder die Schweiz Gott lob eröffnet … ist‘, was bisher während des ‚Teutschen Krieges‘ noch nicht geschehen sei, schrieb Wrangel aus seinem neuen Hauptquartier Bregenz“.[27] – Statt dessen war er gefährlich nahe daran, den Neutralitätsvertrag mit der Schweiz, den Gustav Adolf vor vielen Jahren geschlossen hatte, zu brechen, während gleichzeitig seine Armee durch diesen Marsch nach Süden gefährlich aufgesplittert wurde. Militärisch gesehen war dieser Ausflug an den Bodensee wertlos, und man kann sich des Eindrucks kaum erwehren, daß er von Anfang an durch Wrangels Gier nach Beute für sein Heer und sich selbst motiviert war“.[28]
[1] Vgl. die Erwähnungen bei ENGERISSER, Von Kronach (die zurzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung).
[2] Baienfurt [LK Ravensburg].
[3] Die Ritter vom güldenen Sporn, lat. (Einzahl) eques auratus, seltener miles auratus (wörtlich: „vergoldeter“ oder „Gold geschmückter Ritter“, vollständig: eques auratus Sancti Romani Imperii), Mehrzahl equites oder milites aurati waren eine Amtsträgerelite des Heiligen Römischen Reiches, die überwiegend aus Angehörigen des niederen Adels, aber auch aus Angehörigen des Bürgertums und des Hochadels bestand. [wikipedia]
[4] Breisach am Rhein [LK Breisgau-Hochschwarzwald]; HHSD VI, S. 110ff. Vgl. LEUPOLD, Journal, S. 312f.
[5] Kenzingen [LK Emmendingen]; HHSD VI, S. 397f.
[6] Bregenz; HHSÖ II, S. 446ff.
[7] Hohenegg bei Schüttentobel [Gem. Grünenbach im Allgäu] ?
[8] Vgl. KRÜSSMANN, Ernst von Mansfeld.
[9] Bad Mingolsheim [LK Karlsruhe]; HHSD VI, S. 43f. 27.4.1622: Ernst von Mansfeld schlägt die Vorhut der ligistischen Armee Tillys in der Nähe von Mingolsheim.
[10] Bad Wimpfen [LK Heilbronn]; HHSD VI, S. 51f.
[11] nach: michls.de/mauern-von-wimpfen/30jaehrigerkrieg.html: Dreißigjähriger Krieg: Kriegsverlauf in der Freien Reichsstadt Wimpfen.
[12] Villingen im Schwarzwald [Villingen-Schwenningen, Schwarzwald-Baar-Kr.]; HHSD VI, S. 834ff. Vgl. dazu das Tagebuch des Benediktiners Theoger Gästlin [1613 – 1654], in: RODER, Beiträge, S. 82ff.
[13] BOEWE-KOOB, Juliana Ernstin, ERNSTIN, Eine Chronik, S. 43: https://regionalia.blb-karlsruhe.de/frontdoor/deliver/index/docId/16676/file/BLB_Boewe-Koob_Juliana_Ernstin_Chronik.pdf.; PECHMANN, Johann Dietrich von, Jahrbücher der Clarissin Juliana Ernst von 1631 bis 1642 [in Bearbeitung].
[14] Vgl. KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 93f.
[15] SCHULZ, Strafgericht, S. 249.
[16] SCHULZ, Strafgericht, S. 244, Anm. 90.
[17] SCHULZ, Strafgericht, S. 254f.
[18] Hochburg [Hachberg; LK Emmendingen].
[19] Emmendingen [LK Emmendingen]; HHSD VI, S. 178f.
[20] SCHREIBER, Freiburg, S. 47ff.
[21] Bregenz; HHSÖ II, S. 446ff.
[22] Vgl. LAHRKAMP, Everhard Wassenberg.
[23] Leutkirch im Allgäu [LK Ravensburg]; HHSD VI, S. 466ff.
[24] Isny im Allgäu [LK Ravensburg]; HHSD VI, S. 377ff.
[25] WASSENBERG, Florus, S. 710f.
[26] Vgl. Toegel; Kocí, Der Kampf, Nr. 953: Erzherzog Ferdinand Karl an Gallas, Innsbruck, 1647 I 06.
[27] HÖFER, Ende, S. 54.
[28] ENGLUND, Verwüstung, S. 490f.
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