Dilucet de Piccardi [de Luce Piccardi, Piccardij, Dilucet von Picarda], Michael; Rittmeister [ – 1.10.1635] Dilucet de Piccardi – wahrscheinlich als Herkunftsbezeichnung „aus der Picardie“[1] zu verstehen – stand als Rittmeister im Dragonerregiment Taupadel in schwedischen Diensten.[2]
„Bernhard von Weimar[3] selbst war, nachdem er die Besatzung Augsburgs[4] gegen einen Angriff Aldringens[5] mit 700 Mann verstärkt hatte, mit 10.000 Mann und 30 Geschützen von Donauwörth[6] aufgebrochen und über Ulm,[7] Erbach[8] und Ehingen[9] nach Stockach[10] marschiert. Dort vereinigte er am 5. Oktober 1633 seine Armee mit der des Feldmarschalls Horn und des Pfalzgrafen Christian von Birkenfeld. Nach einigen Scharmützeln[11] entschloß man sich bei Balingen[12] wieder zu trennen. Herzog Bernhard eilte am 16. Oktober nach Frankfurt[13] zum Reichskanzler,[14] wo er sich die Zustimmung zu seinem geplanten Zug gegen Regensburg holte und kehrte daraufhin zu seinem Heer nach Balingen zurück. Während Horn und Birkenfeld sich ‚zur Versicherung des elsassischen und breisgauischen Staats‘ zum Rhein hin wandten, zog Bernhard, nachdem er den Generalmajor Beckermond (richtig Eberhard Beckermann) mit seinen Reitern zur Verteidigung des schwäbischen Kreises und Württembergs hinterlassen hatte, donauwärts über Ulm (24. Oktober) und Donauwörth nach Neuburg.[15] Er sah es nun für notwendig an, dem bayerischen Reiterführer Johann von Werth[16] mit Entschlossenheit entgegenzutreten. (Heilmann II, S. 241). Dieser hatte am 15. Oktober damit begonnen, die Festung von Eichstätt,[17] die Willibaldsburg, zu belagern, welche, wie wir bereits erfahren haben, Herzog Bernhard erst im Frühjahr dieses Jahres (13. Mai) erobert und mit einer Besatzung versehen hatte. Bernhard zog sofort sämtliche verfügbare[n] Truppen zusammen um die Übergabe der Festung zu verhindern. Aus dem Ansbachischen kommandierte er die stark geschädigten Kavallerieregimenter Sattler und Rosen wie auch die beiden Fußregimenter Schenck und Tiesenhausen herbei und stellte sie wieder unter den Oberbefehl Georg Christophs von Taupadel, der mit seinen Dragonern aus dem Bambergischen herbeizog. Gleichzeitig gab er dem bisher im niedersächsischen Kreis operierenden Generalmajor Lars Kagg den Befehl, über Franken der Donau zuzuziehen. (Chemnitz II, S. 256). Kagg, der uns im Folgenden noch öfter begegnen wird, hatte zu diesem Zeitpunkt einen Titel als Generalwachtmeister (Generalmajor) unter Herzog Georg von Lüneburg. Er kam Mitte Oktober 1633 mit 38 Kompanien zu Roß und 34 Kompanien zu Fuß in Franken an und lagerte zunächst in der Gegend um Schweinfurt.[18]
Nach anderen Quellen verfügte Kagg über 3 Regimenter zu Roß und 2 zu Fuß. Kagg selbst kommandierte das aus 1100 Mann in 16 Kompanien bestehende Gelbe oder Hofregiment zu Fuß (ehemals Leibregiment Gustav Adolfs). Ein weiteres Fußregiment führte der Oberst Friedrich von Rosen aus dem Hause Hoch-Rosen, ein Bruder des Obristleutnants Reinhold von Rosen und Vetter des Obersten (ebenfalls Reinhold) von Rosen. Unter den berittenen Regimentern befanden sich das Carberg’sche (unter Oberst Carl Joachim Carberg) und das Livländische Regiment (unter Oberst Karl von Tiesenhausen). Die Soldaten Kaggs hielten überaus schlechte Disziplin und tyrannisierten die Bevölkerung aufs Schlimmste. Aufgrund ihrer schlechten Verpflegung standen sie kurz vor einer Meuterei und waren so schwierig, daß sie sich auch von ihrem General selbst nicht mehr kommandieren lassen wollten. Im Stift Fulda hatten sie etliche Dörfer in Brand gesteckt und verwüsteten vollends die ohnehin ruinierte Landschaft. Am 20.10. traten die Regimenter Kaggs ihren Marsch über Haßfurt,[19] Windsheim,[20] Ansbach[21] nach Gunzenhausen[22] an, wo ‚Generalrendezvous‘ und die Vereinigung mit den Truppen Taupadels geplant war.
Ein Teil der Taupadel’schen Dragoner unter Rittmeister Piccardi hatte in Spalt[23] südlich von Schwabach[24] Quartier bezogen. Johann von Werth, nach wie vor mit der Belagerung der Festung Eichstätt beschäftigt, hatte dies in Erfahrung gebracht und war in der Nacht vom 21. zum 22. Oktober mit 2000 Soldaten zu Roß und Fuß nach Spalt aufgebrochen, hatte die Taupadel’schen Kompanien größtenteils niedergemacht, 14 Standarten erbeutet und war eilig nach Eichstätt zurückgekehrt. Rittmeister ‚Piccardij‘ konnte sich mit Mühe bei Spalt durch das Wasser retten, und erschien am 22. früh gegen 8 Uhr ohne Degen mit nur 4 Begleitern vor den Toren Schwabachs. In Nürnberg[25] konnte er 50 Mann seiner versprengten Truppen wieder sammeln. (Soden II, 286, 303ff.). Die um Ansbach logierenden Taupadel’schen Truppen drangsalierten die Bevölkerung gleichermaßen. So fielen am 24. Oktober 100 Reiter vom Sattler’schen Regiment in mehrere ansbachische Dörfer ein, erschossen einen Bauern und droschen das Getreide aus. In Lehrberg[26] hatten sie zuvor schon die Kirche aufgebrochen, alles ausgeplündert und selbst den Kelch mitgenommen.
Jan von Werth hatte mittlerweile die Belagerung und Beschießung der Festung Eichstätt mit ganzen und halben Kartaunen fortgesetzt und diese am 26. Oktober zur Übergabe gezwungen. Obwohl Lars Kagg von Norden und Herzog Bernhard von Neuburg her kommend ihren Anmarsch beschleunigten, konnten sie die Festung nicht mehr retten. Zwischen Donauwörth und Eichstätt kam dem Herzog die Besatzung entgegen. Der Kommandant der Willibaldsburg, der Sperreuter’sche[27] Oberstleutnant zu Fuß Antoni Claes de Rascha wurde beschuldigt, die Festung leichtfertig und voreilig übergeben zu haben. Er wurde vor ein Kriegsgericht gestellt und am 9. Dezember 1633 (n. St.) in Regensburg[28] auf dem Kornmarkt enthauptet. (Chemnitz II, S. 257; Barthold/Werth, S. 16)„.[29]
1634 scheint Dilucet de Piccardi im Regiment Brossard gedient zu haben.
In der Chronik der Stadt Beelitz[30] heißt es: „Ohne bedeutende Opfer Seitens der Einwohnerschaft fanden die dabei nothwendigen Einquartierungen nicht statt. So kostete Beelitz das Verbleiben einer Reiterschaar des Rittmeisters Picardi in der Stadt vom 17. Januar bis 14. März 1634 die Summe von 4000 Thalern“.[31]
Der schwarzburg-sondershausische Hofrat Volkmar Happe hält in seiner „Thüringischen Chronik“ fest: „Den 5. Mai [15.5.1634; BW] ist von des Weimarischen Obersten Prosart [Brossard; BW] Regiment eine Compagnie Tragoner in das Dorf Keula[32] und zwo Compagnie in das arme abgebrante Dorf Holzthaleben[33] geleget worden. Eodem die sind 12 Heßlerische Reuter in Clingen[34] geleget worden, gehen hart mit dem armen Volck umb. Den 6. Juni [16.6.; BW] sind des Obersten Peter Prosarts Reuter zu Keula und Thaleben[35] den armen Leuthen auf dem Halse liegend blieben. Der zu Keula liegende Rittmeister heißet Michael Dilucet von Picarda. Eodem die etzliche Diebe dem Herren von Werther aus seinem Guthe zu Wasserthaleben[36] bey Nacht 6 Pferde aus dem Stalle genommen. Den 7. Juni [17.6.; BW] sind Gottlob die weimarischen Soldaten aus Keula und Thaleben und die Heßlerischen von Clingen hinweg gezogen“.[37]
[1] Region und historische Provinz Frankreichs im Norden des Landes. Sie setzt sich heute aus den Départements Aisne, Oise und Somme zusammen. Der Hauptort der Region ist Amiens.
[2] LAHRKAMP, Werth, S. 28; nach BAUER, Personalschriften, Nr. 905, dagegen in kursächsischen Diensten.
[3] Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst.
[4] Augsburg; HHSD VII, S. 44ff.
[5] Vgl. HALLWICH, Gestalten aus Wallenstein’s Lager II. Johann Aldringen.
[6] Donauwörth [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 147ff.
[7] Ulm; HHSD VI, S. 808ff.
[8] Erbach [Alb-Donau-Kr.]; HHSD VI, S. 185f.
[9] Ehingen (Donau) [Donau-Alb-Kr.]; HHSD VI, S. 167ff.
[10] Stockach [LK Konstanz]; HHSD VI, S. 763.
[11] Unter Scharmützel (ital. „scaramuccia“, auch Treffen) verstand man eines der vielen kleineren Gefecht oder Handgemenge, aus denen dieser Krieg bestand. Kleinere Armeeeinheiten oder Streifkorps, z. T. auch größere Verbände von bewaffneten Bauern (vgl. Harzschützen), traten hier in einen zeitlich wie örtlich begrenzten Kampf ein; Schlachten wurden zumeist mit Scharmützeln oder Plänkeleien eröffnet. Scharmützel waren in der Regel gekennzeichnet durch äußerste Brutalität. Allerdings konnten Scharmützel auch Auslöser eines größeren Treffens, einer Schlacht oder eines Krieges werden. Oft wurden Vor- oder Nachhut von Heeren durch Kroaten angegriffen, die sich in diesem kleinen Krieg hervortaten. Zum Teil kam es auch wegen der fehlenden Uniformierung zu verlustreichen Kämpfen mit eigenen Einheiten.
[12] Balingen [Zollernalbkr.]; HHSD VI, S. 61ff.
[13] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.
[14] Vgl. BRENDLE, Reichserzkanzler.
[15] Neuburg a. d. Donau [LK Neuburg-Schrobenhausen]; HHSD VII, S. 497ff.
[16] Vgl. LAHRKAMP, Jan von Werth.
[17] Eichstätt [LK Eichstätt]; HHSD VII, S. 160ff.
[18] Schweinfurt; HHSD VII, S. 686ff.
[19] Haßfurt [LK Hassberge]; HHSD VII, S. 273f.
[20] Bad Windsheim [LK Neustadt/Aisch-Bad Windsheim]; HHSD VII, S. 63f.
[21] Ansbach; HHSD VII, S. 26ff.
[22] Gunzenhausen [LK Gunzenhausen-Weißenburg]; HHSD VII, S. 260f.
[23] Spalt [LK Roth], HHSD VII, S. 704ff.
[24] Schwabach; HHSD VII, S. 681f.
[25] Nürnberg; HHSD VII, S. 530ff.
[26] Lehrberg [LK Ansbach]; HHSD VII, S. 400f.
[27] Vgl. LEISTIKOW, Sperreuter.
[28] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.
[29] ENGERISSER, Von Kronach, S. 198ff. (die derzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung).
[30] Beelitz [LK Potsdam-Mittelmark].
[31] SCHNEIDER, Chronik der Stadt Beelitz, S. 30.
[32] Keula [Kyffhäuserkreis]; HHSD IX, S. 233.
[33] Holzthaleben [Kyffhäuserkreis].
[34] Clingen [Kyffhäuserkreis]; HHSD IX, S. 69f.
[35] Thalebra [Kyffhäuserkreis].
[36] Wasserthaleben [Kyffhäuserkreis].
[37] HAPPE I 312 v – 313 r; msdz.thulb.uni-jena.de.