„Merode-Brüder“

„Merode-Brüder“, Marodeure werden Diebesbanden, Nachzügler, Feldstreicher, aber auch streifende Soldaten genannt. Der Marodeur bezeichnet jemanden, der am Rande von Kampfhandlungen brandschatzt, plündert, erpresst, raubt, stiehlt, vergewaltigt und mordet. Zumeist handelt es sich dabei um durch Krankheit oder Verwundung untauglich gewordene und ausgemusterte oder wegen Verfehlungen aus der Truppe ausgestoßene Kombattanten oder um Deserteure. Der Begriff ist abgeleitet vom französischen „maraude“ oder „maraudage“, was „Felddiebstahl“ – besonders durch Soldaten – bedeutet. Verwandt ist das deutsche Eigenschaftswort „marode“, welches synonym zu „heruntergekommen“, „verfallen“ oder „verkommen“ verwendet wird. Marodeure schließen sich häufig in Banden zusammen. Je länger ein Konflikt andauert, desto größer wird naturgemäß das Marodeursunwesen, weil die Zahl der Menschen wächst, die keine andere Überlebensmöglichkeit mehr haben oder sehen. Aus diesem Grund war eine große Zahl von Marodeuren auch eine der Begleiterscheinungen des Dreißigjährigen Krieges. Das Phänomen ist jedoch keineswegs auf die Frühe Neuzeit beschränkt. [wikipedia]. Der Ausdruck Merode-Brüder wird in der germanistischen Forschung meist auf Truppen des braunschweig-lüneburgischen, dann schwedischen Obristen Werner v. Merode[1] bezogen, die 1635 an der Elbe meuterten[2] und auseinander liefen, während Grimmelshausen die Verbände des kaiserlichen Obristen Johann II. v. Mérode[3] meinte, die vorwiegend aus Franzosen und Wallonen[4] bestanden. Das geht auch einem konzentrierten harten Vorgehen Hatzfeldts[5] 1637 gegen kaiserliche Marodeure hervor, wie das THEATRUM EUROPAEUM[6] berichtet: „Wenig Tag vor gedachtem Anzug der Käys. und Chur-Sächsischen Armeen gegen Eulenburg[7] und Torgaw[8] hat der Käyserl. General Leutenant[9] / Graff von Hatzfeld zu Riesen[10] in Meissen 112. Mann / der Käys. Armee gehörig / (darumb daß sie neben noch andern / in die 400. starck / über 15. Meyl-Wegs[11] von der Armee sich begeben / und in der Laußnitz Stätte und Dörffer gebrändtschätzet[12] / geplündert[13] / die Underthanen und andere Leuth erschrecklich tractirt / ermordet / und soderlich mit den Weibsbildern und schwangern Frawen unchristlich procedirt hatten[14]) theils hencken / verbrennen[15] / rädern[16] / viertheilen[17] / theils aber auch gar spiessen[18] und in die Hecken hencken lassen. Diese Gesellen und Freybeuter / meistentheils Franzosen und Wallonen hatten sich Merode Brüder genandt / und eines vesten Hauses[19] impatronirt[20] / welches sie auch mit Proviandt ziemblich versehen. Dieweil sie aber den Hatzfeldischen Rumor-Meister[21] / welcher sie von so bösem Vornehmen gütlich abmahnen wollen / spöttlich tractirt / und sich nicht abschrecken lassen wollen / seynd etliche Regimenter[22] wider sie außcommandirt / und sie von denselben zur Ubergab bezwungen worden. Worauff man den Rädelsführern vorgesetzten Proceß gemacht / die übrigen / so sie nicht also tyranniret / haben in den Eysen gehen / und an den gefährlichsten Orthen gegen dem Feind schantzen[23] müssen“.[24] Vgl. die Forderung LAVATERS: „Alle Nachtvögel / so die Strassen unsicher machen / und keinen Herren haben / sol man henken lassen“.[25]

[1] Werner [Wennemar] Freiherr v. Merode [Meroda, Marode] zu Schloßberg [ -1648], schwedischer Obrist.

[2] Meuterei, meutination, meutation: Meuterei. Meutereien waren schon kurz vor dem eigentlichen Dreißigjährigen Krieg eine ständige Begleiterscheinung innerhalb der Heere. Der hessen-kasselische Obrist Widmarckter schildert die z. T. drakonische Niederschlagung mehrerer Meutereien (1617) in Frankreich; GRÄF, Söldnerleben, S. 116f.: „20. Hatt Brearts Compagnia im Furüberzihen für Grand [ bei Sauvigny; BW] meinem Quartir meutiniren wollen, aber durch meine Gegenwart abgeschreckt worden. 21. Montaults Compagnia so auß Anregung Brearts Soldaten meutiniren wollen. Darzu ich kommen und zum Theill mitt harten, zum Theill mitt gutten Worten zu Frieden gesprochen. Darauf ihn Brearts und Effern Quartir geritten, die Soldaten fur mich gefordert, ihnen Fehler verwiesen und nach vorhergangener Demütigung, verzihen und also an dem Ort diese beyden Mutinationen gestillet. Alß ich aber von dannen in mein Quartir nach Andelot reitten wollen, treffe ich hart fur Brearts Quartir im freien Földe deß Obristen Fendlein in Schlachtordnung ahn, so gleichfallß meutiniren wollen. [fol. 204v] Auf welche ich so balde mitt bloßem Degen geeilet, in die Schlachtordnung geritten und manchen gutten Streich fließen laaßen und die Anfänger dieser Meutination begehret, deren sie mir auch endlich 2 volgen lassen. Hab solche dem Provos gelieffert und befohlen, mitt ihnen nach dem Quartir Andelot zu eylen, dahin ich mich gleichfalß verfüget. Beyde arme Sünder von dem Flecken führen lassen und, weill damals mein Scharfrichter entlauffen, dem einen dass Leben geschenkt, wofern er den andern erwürgete. So er acceptiret, sich an seinen Gesellen gemacht und nach großem Wiederstand sein Meister worden, auf der Erde erwürget und volgents stranguliret. Den toden Cörper hab ich ahn einen Hügell setzen und einen Brieff Meutinirer an die Brust hefften lassen, damit er von den Soldaten und Regiment gesehen wurde“. Der Stadtarzt Gabriel Furttenbach [1640-1716] von Leutkirch (unter 1619); GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel Bd. 3, S. 106f.: „Den 25. Dito [1619]. Donnerstag Morgens sein abermahlen alle Fahnen auff bemeltes Feld Commandiert und Gemustert worden. Alß nun ein Soldat von Erazheimb Gebürtig / ein armer Tropff und Baursmann / umb fl. 7. deß Monats nicht Dienen / sondern fl. 8. haben wollte / hat sich der Herr Obriste [Johann Fuchs; BW] über ihn so hefftig Erzürnt / daß Er andern zu einem Exempel solchen den Scharpffrichter (nicht daß er ihne ohne weitern Befelch Hinrichten solle) in seinen Handen zugeben Befohlen: Demnach aber der Profos Caspar Tenger von Rothweil mit dem armen Tropffen zugeschwind fortgefahren / ihne zwar nochmalen erinnert die benannte Besoldung ohne widerred anzunemmen / oder ihme für einen Steckenknecht Zudienen / Er aber solches nicht thun / sondern ehender Sterben wolte / hat der Profos denselbigen / ohne weitere Ordre deß Obristen / welcher schon Perdon zugesagt hat / an einen Baum am Heggelbacher Weg Auffhencken lassen. Warüber aber der Obriste und Soldaten übel zufriden gewesen / und deßwegen diser Profos sich mit Leib und Leben dem Regiment Verschreiben miessen“. LAHRKAMP, Werth, S. 71f.: „Aber auch Werths Reiterregimenter litten Not und wurden schwierig; ein Symptom war, daß am 8. März [1637; BW] im Regiment Gayling [von Altheim] eine ernsthafte Meuterei ausbrach. Die Reiter lagen in Quartieren im Amte Ahrweiler, in Bodendorf und um Breisig. Der Tumult entstand in der Kompanie des Rittmeisters Ley, der einen Plünderer hatte verhaften lassen. Seine Kameraden rotteten sich zusammen und suchten ihn mit Gewalt zu befreien. Als der Regimentsführer, der Obristleutnant von Cronenburg, der für den verwundeten Gayling das Kommando führte, energisch einschritt und einen Reiter insultierte, wurde er mit etlichen Schüssen niedergestreckt. Seine Leibkompanie geriet mit den Meuterern ins Feuergefecht, wobei es auf beiden Seiten Tote und Verwundete gab. Am 12. März umstellten Reiter der Regimenter Werth und Lothringen, die eiligst aufgeboten waren, mit 600 Musketieren das meuternde Regiment. Mit Strenge wurde durchgegriffen: sechs Reiter wurden im Angesicht ihrer entwaffneten Kameraden gehenkt; einer sprang aus Verzweiflung in den Rhein und ertrank, sechs wurden arretiert. Vorher waren bereits fünf Mann gefallen, drei weitere desertiert“. Vgl. auch die Schilderung einer Meuterei und ihrer Niederschlagung (Mai 1642) unter dem Regiment Wolf von der Lippe; NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 222f.  Vgl. WASSENBERG, Florus, S. 563ff., über die Meuterei französischer Truppen in Breisach (März 1644) wegen des seit 8 Monaten ausgebliebenen Solds. Johann Heinrich (Freiherr) von Bartels ist bekannt geworden durch den hart bestraften Aufruhr in seinem Regiment im Winter 1648/49 in Hilpoltstein. Nach Grimmelshausens Darstellung, der 19 Hinrichtungen erwähnt, waren La Pierre und Elter, unter dem Grimmelshausen Regimentsschreiber war, mit der Niederschlagung der Meuterei beauftragt; KELLETAT, Grimmelshausen. Simplicianische Schriften, S. 212. Einer der Meuterer ging als „Oliver“ durch Grimmelshausen in die Literatur ein. Das Dragonerregiment Bartels hatte 1647 übrigens nur einen Ausländeranteil von 9, 6 %; KAPSER, Militärorganisation, S. 67; bzw. S. 64ff. Das THEATRUM EUROPAEUM Bd. 6, S. 778, berichtet: „Bey vorhabender Exauctoration / hat sich unterdeß Herrn Obristen Barthels Tragoner-Regiment (so vor diesem Herr Obrister Creutz gehabt / und in der Abdanckung nicht begriffen) als welches mit der 3. Monatlichen Bezahlung nicht zu frieden seyn wollen / ein unvermutheter Auffstand ereygnet / daß der Obrist und Obrister Lieutenant von ihnen entreitten müssen; darauff die Rebellen sich in das Schloß Hilpoldstein retiriret: Weilen nun des Herrn Generals und Feldmarschallen von Enckefort [Adrian v. Enckevort (1603-1663); BW] Excell. in continenti etliche hundert Mann zu Roß und Fuß auff sie außcommandirt / diese auch das Schloß umbsetzt / und Stücke auffgeführt, haben sich die Empörte Mittwochs den .. April gutwillig ergeben. Darauff hat man das Regiment im freyen Feld zusammen geführt / disarmirt / von newem schweren / etliche Rädelsführer gefangen nehmen und aufhencken lassen. Als solches geschehen / ist mehrgedachtes Tragoner-Regiment / biß auff weitere Ordre / hinwiederumb auß einander gelegt / und folgenden Freytags das commandirte Volck nach Amberg / auch in andere dero Quartiere zurück gezogen. Sonsten ist unterm Dato 22. Aprilis st: vet. Nachricht eingelangt / daß / nach dem die Rebellen von mehrbenanntem Barthlischen Tragoner-Regiment durch Gewalt wiederumb zum Gehorsamb gebracht / geviertheilt / 14. Reuter / theils gehenckt und enthauptet / viel unredlich gemacht / und ohne Abschied fortweg gejagt worden“. Im „Springinsfeld“ (KELLETAT, Grimmelshausen. Simplicianische Schriften, S. 212f.), heißt es: „Unter währendem Stillstand wurde unser Regiment nach Hilpoldstein, Heideck und selbiger Orten herum gelegt, da sich ein artliches Spiel unter uns zugetragen. Denn es fand sich ein Korporal, der wollte Obrister sein, nicht weiß ich, was ihn für eine Narrheit dazu angetrieben; ein Musterschreiber, so allererst aus der Schul entlaufen, war sein Secretarius, und also hatten auch andere von seinen Kreaturen andere Officia und Ämter; viel neigten sich zu ihm, sonderlich junge ohnerfahrne Leut, und jagten die höchsten Offizier zum Teil von sich, oder nahmen ihnen sonst ihr Kommando und billige Gewalt; meinesgleichen aber von Unteroffizieren ließen sie gleichwohl gleichsam wie neutrale Leut in ihren Quartieren noch passieren; und sie hätten auch ein Großes ausgerichtet, wenn ihr Vorhaben zu einer anderen Zeit, nämlich in Kriegsnöten, wenn der Feind in der Nähe, und man unserer beiseits nötig gewesen, ins Werk gesetzt worden wäre; denn unser Regiment war damals eins von den stärksten und vermochte eitel geübte, wohlmontierte Soldaten, die entweder alt und erfahren, oder junge Wagehälse waren, welche alle gleichsam im Krieg auferzogen worden; als dieser von seiner Torheit auf gütlichs Ermahnen nicht abstehen wollte, kam Lapier und der Obriste Elter mit kommandierten Völkern, welche zu Hilpoldstein ohne alle Mühe und Blutvergießen Meister wurden, den neuen Obristen vierteilen, oder besser zu sagen, fünfteilen (denn der Kopf kam auch sonder) und an vier Straßen auf Räder legen, 18 ansehnliche Kerl aber von seinen Prinzipal-Anhängern zum Teil köpfen, und zum Teil an ihre allerbesten Hälse aufhängen, dem Regiment aber die Musketen abnehmen, und uns alle auf ein neues dem Feldherrn wieder schwören ließen“. Vgl. auch die Meuterei im Regiment Steinecker in Schweinfurt (1649); BECK, Geschichte der Verschwörung; => Christoph v. Steinaecker [Steinecker] [1612-1671]. „Das blutigste Schauspiel dieser Art aber, welches 14 Tage lang die Umgebung mit neuen Kriegsunruhen ängstigte, spielte sich im Juli 1650 in Anhalt ab. Durch unklare Nachrichten über die Absichten der Schweden aufgebracht, nahmen die unter dem Befehle des Oberst-Lieutenants Israel Isaaksohn, welcher als ein habsüchtiger und roher Mensch bekannt war, hier einquartierten Reiter ihre Offiziere plötzlich gefangen und forderten stürmisch Sold und Abschied. Nur mit genauer Not entging Isaaksohn dem Tode; da er nachwies, dass der das nötige Geld zur Ablöhnung noch nicht zur Hand habe, wurde er entlassen unter der Bedingung, dass er ihnen dasselbe in Erfurt verschaffe. Er begab sich aber sofort zu den Truppen, welche mittlerweile von Süden zur Unterdrückung der Rebellion in Bewegung gesetzt waren, liess die Aufrührer, deren Anzahl noch etwa 450 Mann betrug, umzingeln und an 33 Rädelsführern trotz seines gegebenen Wortes und trotz des Wehegeschreis der Soldatenweiber erbarmungslos das Todesurteil vollstrecken“. LORENTZEN, Schwedische Armee, S. 188f. William Crowne [1617 – 1682], Lordsekretär, Offizier, Mitglied des Parlaments und 1636 Reisebegleiter des Thomas Lord Howard, Earl of Arundel and Surrey, berichtet über die Kämpfe Gustav II. Adolfs an der Alten Veste bei Zirndorf: „Der König von Schweden hatte hier drei seiner Soldaten für den Mord an zweien seiner Kommandanten und das Überlaufen zum Feind pfählen [im Original „set upon poles alive“] lassen. Nachdem die Schlacht ausgefochten war, hatte man die Soldaten gefangen genommen und hingerichtet“. RITTER; KEIL (Hgg.), William Crowne, S. 36.

[3] Johann II. Graf v. Mérode-Waroux [Meroda, Merodi] [1584 oder um 1589-10.7.1633 Nienburg], kaiserlicher Generalfeldzeugmeister. Vgl. HALLWICH, Merode.

[4] Wallonen: Französischsprachige Bevölkerung in den Niederlanden (Artois, Hennegau, Namur, Luxemburg, Limburg, Teile Flanderns und Brabants), z. T. im Fürstbistum Lüttich. Die Regimenter mit hohem Anteil an Wallonen (z. B. das Regiment Johanns II. von Mérode) waren bei Freund und Feind wegen ihrer Erbarmungslosigkeit seit Anfang des Krieges allgemein gefürchtet. REISNER, Aber auch wie voriges tags, S. 459 (1619): „Die Wallonen und Ungern reissen sehr vom Spannischen Lager auß, weiln sie keine bezahlung haben können, die thun auff den Strassen deß Landts grossen schaden, greiffen die Leut auch gar in theil Vorstätten an, ziehen sie auß und hauens darnieder, wie sie dann den 26. diß drey Dörffer abgebrandt, daß man solches am Kalnberg selbsten zu Wien gesehen“. Zur Einschätzung bei den eigenen Verbündeten (10.1.1632): Man „weiß wohl, wie die Wallonen beschaffen, nur auf Plackherey und rauberey, doch zum fechten seyn sy wenig nuz, es heißt wol dem gemeinen Sprichwort nach: vill geschrey und wenig wohl. Thuet doch den armen undertanen wol soviel plagen als ein ganzes volles Regiment“. HELML, Oberpfalz, S. 121. Nach Ansicht des Grafen Albig von Sulz sei bei ihnen „gantz kein Rgt. zu halten“. HELML, Oberpfalz, S. 87; ENGELBERT, Wallonen. Vgl. auch MITHOFF, Chronik von Rodenberg, S. 235ff. (1629).

[5] Melchior Reichsgraf Hatzfeldt v. Gleichen [20.10.1593 Crottorf-9.11.1658 Schloss Powitzko bei Trachenberg/Schlesien], kaiserlicher Feldmarschall.

[6] Vgl. BINGEL, Das Theatrum Europaeum; SCHOCK; ROßBACH; BAUM, Das Theatrum Europaeum.

[7] Eilenburg [LK Nordsachsen]; HHSD XI, S. 100ff.

[8] Torgau [LK Nordsachsen]; HHSD XI, S. 467ff.

[9] Generalleutnant [schwed. Generalleutnant]: Der Generalleutnant vertrat den General bzw. Feldherrn und war in der kaiserlichen, kurbayerischen, dänischen und schwedischen Armee der höchste Befehlshaber und Stellvertreter des Kaisers und des Königs/der Königin, mit weitgehenden politischen und militärischen Vollmachten. Über ihm stand nur noch der „Generalissimus“ mit absoluter Vollmacht. Als Rekompens erhielt er für seine Leistungen Landzuweisungen (zumeist aus eroberten Gebieten oder den sogenannten „Rebellengütern“) sowie die Erhebung etwa in den Grafen- oder Herzogsstand. Als Stellvertreter seines Dienstherrn führte er Verhandlungen mit den Ständen, erzwang die Depossedierung von Adligen und Absetzung von Territorialherrn in den besetzten Gebieten und lenkte durch seine Abgesandten auch Friedensverhandlungen. Wichtige Träger der gesamten Organisation des Kriegswesens waren dabei die Generalkriegskommissare und die Obristen, die in der Regel nach ihm oder nach seinen Vorschlägen bestallt wurden.

[10] Riesa [LK Meißen]; HHSD VIII, S. 301f.

[11] Meile: 1 Meile = ca. 7,420 km, eine schwedische (auch große) wie auch westfälische große Meile wurde mit 10 km bzw. 10, 044 km gerechnet. In der Regel kein bestimmtes Maß, sondern eine Strecke, „die ein Fußgänger ohne Anstrengung in zwei Stunden zurücklegen“ konnte. HIRSCHFELDER, Herrschaftsordnung, S. 192

[12] Brandschatzung: von der jeweiligen Armee festgelegte Summe, die die Einwohner aufzubringen hatten, um das in Brand Stecken ihrer Stadt, Gemeinde etc. zu verhindern. Bei den Armeen gab es seit dem Mittelalter sogenannte Brandmeister, Spezialisten im Schätzen und bei Nichtbezahlung der Brandschatzung im Feuerlegen. Erzherzog „Leopold Wilhelm musste bereits zwei Monate [20.11.1645; BW] nach seiner ersten Weisung mit einem neuerlichen Befehl die Einhaltung der Disziplin und Abstellung der Exzesse energisch einfordern: Er verhängte ein komplettes Ausgangsverbot in seiner Armee, um Delikte wie Kirchenplünderung, Mord, Brandschatzung und die schendung der weibsbilder zu verhinden“. REBITSCH, Gallas, S. 218.

[13] Plünderung: I. Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kann nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich, S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, dass wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, dass wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt’ “. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: „Von Gottes gnaden“ (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus Not verübt, da die Versorgung der Soldaten bereits vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. II. zum Teil aber auch bei Ausschreitungen der Bevölkerung, die sich an den Gütern der Flüchtlinge bereicherte, so z. B. 1629 in Havelberg: „Im Tempel war viel Gut in Kasten und Kisten, wovon die rechtmäßigen Besitzer das Wenigste wiederbekamen. Das meiste wurde den königlichen [Dänen], die während des Brandes darüber hergefallen waren, die Kirche zu plündern, und später den kaiserlichen Soldaten zuteil. Auch einigen Einwohnern und Benachtbarten, die keine Rechte daran hatten. Summa: Ihrer viele wurden arm; etliche mit unrechtem Gut reich“. VELTEN, Kirchliche Aufzeichnungen, S. 76-79, bzw. BRAUN, Marktredwitz, S. 84f., über die auch anderweitig übliche Plünderungsökonomie: „Hingegen ihre Herbergsleute, die sich vor diesem als Tagelöhner bei ihnen erhalten, die haben sich jetzt sehr wohl befunden; denn diese hatten keine Güter, daher gaben sie auch keine Kontribution. Und ein solcher Gesell hat allezeit so viel gestohlen, daß er sich [hat] erhalten können. Wie er ein paar Taler zusammengebracht, hat er gesehen, daß er von den Soldaten eine Kuh [hat] erkaufen können. Oder aber, er hat den Soldaten etwas verraten, do er dann von ihnen eine geschenkt und umsonst bekommen. Do [hat] er dann solche an einen anderen Ort getrieben und soviel daraus erlöst, daß er hernach 3 oder 4 von den Soldaten hat (er)kaufen können. Denn es ward so ein Handel daraus, daß man auch aller christlichen Liebe vergaß; vielweniger fragte man auch mehr nach Ehrbarkeit und Redlichkeit. Wie es dann auch soweit gekommen [ist], daß die Soldaten in einem Dorf das Vieh genommen und hinweg getrieben, und die Bauern als ihre Nach(t)barn in dem nächsten Dorf haben solches Vieh von den Soldaten erkauft und alsbald bei Nacht weiter getrieben und wieder verkauft. Und war schon fast ein allgemeines Gewerbe daraus. Ihrer viel[e] hatten sich auf diesen ehrbaren Handel gelegt, denn wenn ein Soldat eine Kuh gestohlen, wußte er schon seinen gewissen Kaufmann. Und wenn an manchem Ort eine Partei Soldaten mit einer geraubten Herd[e] Vieh ankam, da war bei etlichen gottlosen Menschen ein freudenreiches Zulaufen und Abkaufen, nit anders(t) als wenn zu Amsterdam in Holland eine indianische Flotte anlangte. Ein jeder wollte der nächste sein und die schönste Kuh er(kaufen); ungeachtet der armen Leute, denen das Vieh abgenommen worden, [die] allernächst auf der Seite mit jämmerlichen Gebärden standen und sich wegen der Soldaten nichts (ver)merken lassen durften“. Zum Teil plünderten auch Nachbarn die Hinterlassenschaft ihrer geflüchteten oder abgebrannten Mitbürger; KRAH, Südthüringen, S. 95.: „So berichtete Suhl, daß ‚sich noch etliche volks- und ehrvergessene Leute allhier und anderswo gelüsten lassen, sich an der armen verbrannten Sachen, so nach der Plünderung und Brand in Kellern, Gewölben und sonderlich im Feld und in den Wäldern geflüchtet und übrig geblieben, zu vergreifen und dieblich zu entwenden. Wie dann etliche – auf frischer Tat allzu grob begriffen und darum zu gefänglicher Verhaftung gebracht‘ seien. Auch Benshausen erhielt seine Salvaguardia, um dem täglichen Plündern, nicht nur durch streifende Soldaten zu wehren !“

[14] Schändung: Auf Vergewaltigung stand schon in den Kriegsartikeln Gustav II. Adolfs von 1621 die Todesstrafe. THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 617: „So ist auch ein Polnischer Edelmann / welcher sampt seinem Knecht / ein Weibsbild geschändet / und deßwegen bey seinem Obristen angeklagt gewesen / zur Rede gestellt / unangesehen er eine grosse Summa Gelts für sein Leben geboten / gleichwol anfangs der Knecht in Gegenwart und Ansehen deß Edelmanns / enthauptet / und hernach er folgenden Tags auch mit dem Schwerd hingerichtet worden“. Vgl. auch MAHR, Monro, S. 56f.; Denkschrift über den Ruin der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt infolge des Durchzugs, besonders durch die Kaiserlichen, aus dem Dezember 1634; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 108ff.: „Das kaiserliche, hispanische und ligistische volk ist alles auf unsern gnädigen fürsten und herren gezogen, liegt auch dessen noch ein namhafter anteil im land; jetzo ziehen wieder 4 regimenter hindurch, brauchen einen wunderlichen weg, nicht nach der straßen, sondern gar umschweifig nach einem circumflexu. Wollen viel geld haben, dessen doch bei so vielfältigen, ganz grundverderblichen durchplünderungen keines vorhanden. Vieh, frucht ist alles weg; der wein, den man nicht austrinken können, in die erde gelassen. Die besten flecken und dörfer liegen in der asch. Etlich tausend weibspersonen seind geschändet, – ja gar auch junge knaben, quod horrendum – in der schändung gar getötet. Dem herrn kammerpräsidenten Karspach ist bei seiner lieben alten mutter begräbnis in unversehener behendigkeit eine trupp auf den hals kommen, haben 16 adeliche weibspersonen in der trauer an der mahlzeit befunden, deren 8 sobald genotzüchtigt, eine adeliche jungfrau, so eine Schelmin von Bergen (eine einige tochter ihrer eltern) gar auf den offenen markt gelegt und publice geschändet; 8 derselben adelichen damen seind entloffen, haben sich in ein hühnerhaus verkrochen, bis daß der sturm vorüber gewesen. Zween tag vor unsers gnädigen fürsten und herrn wiederanlangung in dero landen ist ein jählicher einfall in dero flecken Oberrosbach [Ober-Rosbach/Kr. Friedberg; HHSD IV, S. 356f.; BW] geschehen, seind alle und jede sich darin befindende weibsbilder (nur 4 ausgenommen) violento stupro vitiiert worden. Hin und wieder im land seind noch sehr viel weibspersonen verloren, von denen man nicht weiß, wohin sie kommen“. Sogar Reiterjungen waren an solchen Vorgängen beteiligt; BLUME; RUNZHEIMER, Gladenbach, S. 323: „2 Jungen / Reiterjungen / habenn Cuntzen heintzgenn Hansenn metgen notzüchtigen wollen, habens uff die Erde geworffen undt das Maul zu gehalten. Sey ohngefehr 13 Jahr alt. Der Hoffmeister aber hab diese Jungen der maßen gezüchtigt, das sies nit wohl leugnen können“. Das Kriegstagebuch des Rüthener Bürgermeisters Christoph Brandis (ca. 1578-1658) über die hessische Einquartierung 1636 hält fest; CONRAD; TESKE, Sterbzeiten, S. 309f.: „Den 7ten April geschah eine schaendliche That. Ein Soldat Namens Mathes quartirte in D-s Hause (c. Da der Name dieses Buergers noch wirklich in Ruethen existirt, so fand ich vor gut ihn hinweg zu lassen.). Dieser Mathes hatte ihn schon vorher durch Einschlagung der Fenster, Thueren und Tischen, ja selbst durch schwere Pruegelsuppen viel molestiert [= belästigt], nun fehlte pro coronide ceterarum crudelitatum [= als Krönung weiterer Gefühllosigkeiten] noch das schlimmste. Am 7ten Morgens, als mehrbesagter Mathes noch auf der Buehne [= dem Lagerboden] lag, rief er herunter, man sollte ihm einen Pott voll Milch bringen oder er wollte alles zusammenhauen. D. schickt seine Tochter ein wackeres 17 Jahr altes Maedchen, ins Nachbarshaus, um welche zu bekommen. Weil nun das Maedchen ein wenig lange ausgeblieben, hat der Mathes destomehr gelermt, bis sie endlich gekommen und ihr Vater ihr gesagt: Sie sollte es dem Soldaten hinauftragen. Sie war iussu Patris [= auf Geheiß des Vaters] kaum heraufgekommen, als sie der Mathes zu seinem Willen haben wollte, sie wehrte sich, so gut sie konnte, und rief nach Huelfe, der Soldat aber stak ihr die geknueffte (geballte) Faust ins Maul. Indeß hatte der Vater doch etwas davon gehoert, er eilte mit seiner Hausfrauen herauf, Mathes aber hatte die Thuer schon zugeschallert [= zugeriegelt], und die armen Eltern mußten durch ein Loch, das Mathes schon einige Zeit zuvor in die Thuer gehauen hatte, ihr eignes Kind schaenden sehen ohne ihr helfen zu koennen. Der Kerl hatte ihr benebens [= dabei] die rechte Brust (d. Im Original steht eine andere bloß in Westfalen uebliche Benennung.) weil es sich vermuthlich zu stark gewehrt hatte, ganz und gar aufgerissen, so daß ein ganzes Stueck nachhero herausgefallen, und das Maegdlein ganz unmenschlich zugerichtet, unter unaufhoerlichen Schmerzen 14 Tage darauf verstorben. Der Vater gieng heute mit mir zu dem Hauptmann, um sich wegen des mehr besagten Mathes zu beklagen; aber er gab uns trozig zur Antwort, wenn es einmal todt seye, koenne er nicht mehr helfen. Er bestrafte auch den Mathes keinesweges, sondern ließ ihn, wie andere frei herumgehen. Der Vater ist untröstlich, und jedem dauert das arme Maegdlein, requiescat in pace [= Möge es in Frieden ruhen !]“. Die Einfügungen in eckigen Klammern stammen von den Herausgebern, in runden Klammern von dem 1. Hg. Cosmann (1789). Die Bestrafung wurde in der Tat sehr unterschiedlich gehandhabt, vgl. etwa die Aufzeichnungen des Schmalkaldener Chronisten Pforr; WAGNER, Pforr, S. 141: „Den 22. 9br: [1636; BW] sollte ein [schwedischer; BW] cornet gerichtet werden, weil er eine magd genotzüchtiget. Weil aber sein knegt die magd geehligt, dem er 2 pferd geben und 20 thlr in die kirchen gebüst, ist ihme das leben geschenckt worden“. WAGNER, Pforr, S. 133: „Den 27. Jan: [1635; BW] hat [ist] ein corporal von Mersinisch[en; Mercy, BW] regiment vollerweiße ins siechenhauß kommen, die arme leuht darin ubell geschlagen und ein sichen magd genotzüchtigt. Deßwegen der cornet von hießiger compagnia hinaußgeschickt worden, den corporal dieser thatt wegen in arest zu nehmen. Weil sich aber der corporal zur wehr gestellet, hat ihn der cornet todtgeschoßen“. Vgl. auch THEIBAULT, Landfrauen, S. 32, über einen einzigen derartigen Fall in der Werra-Region. Auf Klagen bei Kommandierenden hieß es z. T.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 122: „es sei aus unterschiedenen regimentern kommandiert volk und unter denselben Spanier, Neapolitaner, Burgunder, Italiener etc., die man nicht also in zaum halten könnte“.Vergewaltigung gehörte auch zur üblichen Topik in zeitgenössischen Berichten oder bei Geburt unehelicher Kindern; vgl. GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 52. Im Taufregister der Kirche zu Wiesa wird als Vater eines am 7.8.1633 getauften Kindes eingetragen: „drey Soldaten“, für den am folgenden Tag getauften Sohn einer Witwe werden „zwene Soldaten“ aufgeführt. Uhlig, Leidenszeiten, S. 11. SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, S. 58, die Schwängerung der Elschen Stovener, Amt Ravensberg (1631), die trotz Eides den Verdacht nicht unbedingt ausräumt, dass der eigene Vater die Tochter geschwängert hatte: „Anno 1631, den 3ten Junij Johan Stovener mit seiner Tochter Elschen, so geschwengert, gefenglich angenommen, und obwoll im gemeinen geschrey, alß sollte der vatter dieselbe geschwengert haben, so hatt doch die Tochter eidtlich beteuret, das ein soldate, so einen blauwen rock angehabt, sie ubergeweltiget und sie also geschwengert. Weil dieselbige nun grob schwanger, alß ist sie biß dahin, der banden entbunden, erlaißen und hat Aloff Varenbruck und was er an gelde alhie im lande hatt (38, 5 Rtl. bei 6 Schuldnern), zu burgen gestellett, diesergestaldt, das, wan sie ihrer weiblichen burde entbunden, sich jeder zeit widder einstellen soll. Zeugen. Und ist g(enante)r Johan Stovener, eine urpheide zue thuen, aufferlagt, welche auch in gegenwart Jorgen Kraecks prestiert“. Bei der Nonne Maria Anna Junius aus Bamberg, HÜMMER, Bamberg, S. 222, heißt es ausdrücklich, dass sich die Schweden in der ganzen Zeit „züchtig und ehrerbittig“ verhalten hätten. Vgl. JANSSON, Soldaten und Vergewaltigung, S. 197; THEIBAULT, Landfrauen; BERG, Administering justice; die Beschwerden der Pommern’schen Gesandten (1630); THEATRUM EUropaeum Bd. 2, S. 190, CONRAD; TESKE, Sterbzeiten, S. 309f.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 108ff. Der Schweriner Dompropst und Ratzeburger Domherr, Otto von Estorf [1566 – 29.7.1637], berichtet zu 1632; DUVE, DIARIUM BELLI BOHEMICI ET ALIARUM MEMORABILIUM 3, S. 22: „Im Dorff Kienblad [Kühnblatt; BW] im Stift Wirtzburgk, wie ein Kais. Soldat mitt eines bauern Tochter zue grob scherzen wollen, ist Er von ihr vnd andern Weibern vbermeistert, castriret vnd in ein Teich erseufft worden“.

[15] Verbrennung: Die Verbrennung war üblich hauptsächlich bei Hexerei, Brandstiftung, aber auch bei damals als sexuelle Abartigkeit bezeichnetem devianten Verhalten wie etwa Homosexualität oder sexuelle Handlungen mit Tieren.

[16] rädern: Der Generalprofossleutnant unterstand dem Generalprofoss und übte einen nicht ungefährlichen Beruf aus. So schrieb Wallenstein am 12.1.1626 aus Aschersleben an den zuständigen Leutnant des Generalprofosses; KOLLMANN, Der Dänisch-Niederdeutsche Krieg, Nr. 150, S. 88: Der Leutnant sei nach Halle geschickt worden, um die Straße zwischen Halle und Leipzig frei und sicher zu halten. Nun müsse er erfahren, dass dort Menschen überfallen und beraubt werden. Darum befehle er ihm, die Sicherheit gerzustellen und die Schuldigen hinrichten zu lassen. Wer Untertanen des sächsischen Kurfürsten Schaden zufügen oder dessen Land betreten wolle, solle nicht durch Erhängen, sondern dadurch hingerichtet werden, dass er bei lebendigem Leib aufs Rad geflochten werde. Sollte der Leutnant nicht gehorchen, würde diese Strafe ihn selbst treffen. Wenn es zu weiteren Überfällen auf den Straßen kommen sollte, müßte er annehmen, dass der Leutnant selbst an solchen interessiert sei. BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 56: „Der Schleizer Chronist Grünler berichtet im Einzelnen. ‚Ein Bauer aus Pöllwitz hat einen Soldaten von Adel im Holze erschossen. Der Bauer ist aber zu Schleiz unterm Galgen gerädert und ihm Arme und Beine zerstoßen worden, welcher hernach noch zwei Tage gelebet und immer Essen und Trinken begehrt; am dritten Tage … als am Charfreytage hat ihn der Scharfrichter auf vieler Leute Fürbitte im Beysein des Obersten von Haugwitz erschossen. Er hat fünf Schuß gegeben, der arme Sünder aber allezeit gesaget, er habe ihn nicht recht getroffen. Den 6ten Schuß aber hat er ihm mit vier Kugeln gegeben, davon er verschieden’ “. HAHN; MÜHLICH, Chronik 3. Bd., S. 422f. [Schweinfurt 1633]: „Drey Mörder, sämmtlich von Hesselbach, Hanns Werner Haas, Peter Schütz, Wind-Peter genannt, der daselbst Wirth war, so wie auch der Gemeinde Schmidt, wurden am 28. Junius hier folgender Maaßen gerichtet: Hass, der als der vornehmste, der 20 begangene Mordthaten eingestanden hatte, wurde vor dem Rathhause, nach verlesenem Urtheile, auf eine Schleife gesezt und zweimal mit glühenden Zangen gerissen, dann durch die Stadt vor das Oberthor geschleift, und wieder zweymal gezwickt, von da führte man ihn, mit seinen 2 andern Mitgesellen, auf die Haardt, wo ihn der Nachrichter wieder zwey Griffe gegeben hatte. Jetzt wurde er auf die Brechen gelegt und von unten hinauf gerädert. Der 2. welcher 9. Todschläge begangen, und eingestanden hatte, wurde auch von unten hinauf geradbrecht; den 3. aber, von welchem 7 Menschen umgebracht worden waren; hatte man aus Gnade von oben herein zu Todte mit dem Rade gestossen. Ihre drei Leichname wurden auf 3 verschiedenen Strassen, nämlich Haas auf dem Wege nach Hesselbach, der Wirth auf dem Wege nach Maibach und der Schmied auf der Strasse nach Würzburg unterhalb des Dorfes Berg auf das Rad geflochten“.

[17] Vierteilung (Dismembration): Dabei erfolgte die Hinrichtung durch Zerren und Auseinanderreißen der Arme und Beine des Verurteilten, so dass drei der vier Gliedmaßen vom Rumpf abgetrennt wurden. Aufgrund des dann fehlenden Widerstandes verblieb die letzte Extremität am Körper; der Delinquent wurde in die namensgebenden vier Teile zerrissen. In den meisten Fällen wurde die Vierteilung nach vorheriger Tötung des Verurteilten vollzogen. Teilweise zogen die Henker selbst an den Stricken, an welche die Hand- und Fußgelenke des Verurteilten gefesselt waren. Manchmal übernahmen auch Pferde oder Ochsen diese Aufgabe; mitunter reichte diese Zugkraft jedoch nicht aus, und erst nach längerer Qual wurde der Verurteilte dadurch erlöst, dass die Henker mit Messerschnitten nachhalfen. Bei einer anderen Variante wurden die Arme und Beine (vier Gliedmaßen und Rumpf) des Verurteilten abgesägt oder abgeschnitten (Zerstückelung). Beim Vierteilen wurden die Haut, die Muskeln und die inneren Organe außerordentlich stark gezerrt. Nach einiger Zeit rissen die Sehnen, die Haut und die Muskeln entzwei, die Arme und Beine wurden gezerrt und die Gelenke ausgekugelt. Das Opfer wurde buchstäblich in Stücke gerissen und starb qualvoll an seinen schweren Verletzungen. Beim Abschneiden oder Absägen der Gliedmaßen starb das Opfer innerhalb kurzer Zeit durch Verbluten [wikipedia]. Teilweise wurden wie etwa in Olmütz Spione gevierteilt; DUDIK, Sammel-Chronik, S. 49. PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 101 (1632): „Mense Martio kam der Landbetrieger (sonst Kauser genannt) nacher Windsheim / in Veit Ströbels Wirths-Haus / dingete eine gute Mahlzeit an / und entlehnete 20. fl. zu Einkauffung Habern / dann sein Herr würde auf den Abend mit etlich 100. Säuen ankommen / er machte sich aber mit dem Gelde aus der Stadt / wurde hernach von denen Kayserlichen Soldaten als ein Spion geviertelt“. Angeblich von kursächsischen Soldaten (1635) an Bürgern v. Staßfurt verübt; GEIß, Chronik, S. 109; MEHRING; REISCHERT, Zur Geschichte der Stadt Köln, 3. Bd., S. 335f. Vgl. DREYHAUPT, Pagus Nelectici Et Nvdzici, 1. Bd., S. 261 (Halle 1639): „Hier waren zwey seiner Soldaten zu Scherben [Seeben, heute Stadtteil v. Halle ?; BW] zurück geblieben, hatten einem Bauer in der Schule Hände und Füsse auf den Rücken gebunden, und einen Knebel in den Mund gelegt, ihre Nothdurft s. v. in einen Topf verrichtet, den Unflath dünne gequerlet, und dem Bauer eingeflösset, um von ihm Geld zu erpressen. Unter diesen verabscheuungswürdigen Handlungen kam Banner an, und gieng in das Schulhaus, sein Wasser abzuschlagen. Da er nun die Soldaten über dieser Arbeit fand: ließ er sie gleich in Ketten schlagen, an seinen Wagen anschliessen, und mit nach Halle führen. In Halle ließ er gleich Standrecht über sie halten, sie enthaupten, auf einer Waschbank viertheilen, und diese vier Theile vor dem obersten Galgthore an eingestossene Pfähle mit der Ueberschrift: der unerhörte Trunk, annageln“.

[18] Spießruten laufen: Der Spießrutenlauf wurde angeblich von Gustav Adolf eingeführt und geht vermutlich auf das „Recht der langen Spieße“ oder das Lanzengericht der Landsknechte zurück. Kam es zu unehrenhaften oder besonders schweren Straftaten, die die Ehre des gesamten Landsknechts-Fähnleins oder -Regiments befleckten, so traten der Profos als öffentlicher Ankläger und die Landsknechtsgemeinde als Richter auf. Die Landsknechtsgemeinde bestimmte drei Gruppen, die unabhängig voneinander ein Urteil empfahlen: Freispruch, Gnadenspruch oder Todesurteil. Während der Profos das Todesurteil begründete, konnte der Angeklagte seine Unschuld beteuern oder um Gnade flehen. Traten die Landsknechte für das Todesurteil ein, so begaben sie sich an die Hinrichtungsstätte und bildeten dort in Ost-West-Richtung eine Gasse, an deren Seiten die Spießträger sich in zwei fest geschlossenen Dreierreihen aufstellten. Ließ ein Spießträger eine Lücke, um den Todeskandidaten entrinnen zu lassen, so drohte jenem, an dessen Stelle durch die Gasse laufen zu müssen. Am Ende der Gasse standen die Fähnriche mit den gesenkten, in Unehre gefallenen Fahnen. Der Verurteilte musste vor seinen Kameraden bekennen, dass er ihnen deren Urteil verzeihe. Dreimal durchschritt der „arme Mann“ begleitet vom Provos nun die Gasse, um von seinen Kameraden Abschied zu nehmen und sie um Verzeihung für seine Schandtat zu bitten, dann rollten die Fähnriche die Fahnen ein und stießen sie umgekehrt in den Boden, der Profos schlug dem Sünder dreimal auf die Schulter, der Todgeweihte betrat die Gasse und marschierte auf die Fahnen zu. Richter und Henker waren in diesem Fall die Landsknechte selbst, die mit den zustoßenden Spießen die Schandtat straften und damit die Ehre der Fahne wieder herstellen konnten. Im Zeitalter des Absolutismus wurde der Spießrutenlauf zum festen Bestandteil der Disziplinargewalt. Unter Aufsicht von Offizieren bildeten ein oder mehrere hundert Soldaten mit vorgestelltem Gewehr eine etwa zwei Meter breite Gasse, die der bis zum Gürtel entblößte Verurteilte mit auf der Brust zusammengebundenen Händen mehrmals langsam bei Trommelschlag durchschreiten musste. Hierbei erhielt er von jedem Soldaten mit einer Hasel- oder Weidenrute (Spieß- oder Spitzrute) einen Schlag auf den Rücken. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 336: „Denn 18. Junii [1635; BW] ist ein soldat in unser stad offentlich auf dem Marckt vorgestelt, der sich seiner obrigkeit widersetzt. Man hat ihm auf den Großen Freythoff gefuhrt, seinen ruck und gantzn brust gebloßet und was durch die spitzen gejaget und einn jeder soldat hat mit einer spitz ruthen auf seinen bloßen corper zugeschlagen, das er blutig gewordem“. Vgl. auch WINTER, Möser’s Aufzeichnungen (1635), S. 59. Aus Zwickau wird 1641 berichtet; SCHMIDT, Chronica Cygnea, S. 647f.: „Den 29. [April, 9.5.1641; BW] ließ der Obriste Schliebe [Hans Heinrich v. Schlieben; BW] einen Mußqvetirer / darumb daß er einẽ Hauptman hatte bestohlen / aufhängen. Dieser war nur für 14. Tagen durch die Spießruthen gejaget worden : Er hat etliche mal zuvor gesagt, er möchte es machen wie er nur wolt / so wurde er nicht gehänget / biß auff Ostern / da wär seine Zeit umb / und dieses erging auch in der That also. Denn in Oster-Feyertagen kam er ein / und den dem andern Tag nach dem Fest wurde er gehänget“.

[19] Festes Haus: „Am Übergang vom Spätmittelalter in die Frühe Neuzeit verbreitete sich ein neuer Typus des Festen Hauses, der in der Funktion eines leicht bewehrten Adelssitzes im 16. und 17. Jahrhundert noch einmal eine neue Blüte erlebte. Man begann, die ältere vielgliedrige Burg zu reduzieren, verschiedene Gebäude zusammenzufassen und die unterschiedlichen Gebäudefunktionen wieder unter einem Dach zu konzentrieren. Diese Festen Häuser wurden beispielsweise als Ansitz genutzt und erfüllten oft für Landadlige bei geringem Bauaufwand die damaligen Anforderungen an Verteidigung und Repräsentation. Die Steinbauweise ist in dieser Zeit natürlich – anders als im Frühmittelalter – kein Alleinstellungsmerkmal mehr. Die Befestigung erfolgte oft durch Schießscharten für Handfeuerwaffen im Erdgeschoss, einen Wassergraben sowie Wehrerker und Ecktürmchen (Tourellen oder Scharwachttürme) im Dachbereich. Für die Erschließung der Obergeschosse wurde in vielen Fällen ein Treppenturm errichtet. Die Hauptgeschosse waren mit größeren Fenstern ausgestattet und für die standesgemäßen Wohnansprüche des adligen Besitzers ausgelegt. Damit erfüllten die frühneuzeitlichen Festen Häuser freilich nicht die Funktion einer militärischen Befestigung, konnten aber gegen kleinere Überfälle verteidigt werden und entsprachen mit den manchmal auch eher symbolischen Wehrelementen der adligen Repräsentation. Oft erreichen die Festen Häuser durch mehrere Geschosse auch turmartige Proportionen“ [Wikipedia].

[20] impatroniert: bemächtigt.

[21] Rumormeister: Befehlshaber der entsprechenden Rumor-Kompanie mit Pfaffen, Profossen, Henkern und dergleichen Gesinde, z. T. an die 60 Pferde stark, zur Verfolgung flüchtiger und straffällig gewordener Soldaten eingesetzt, ein von den Soldaten allgemein verachtetes Amt. Vgl. BERG, Administering justice, S. 9, 17.

[22] Regiment: Größte Einheit im Heer, aber mit höchst unterschiedlicher Stärke: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl. eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[23] Schanze: geschlossenes, auf dem Feld angelegtes Erdwerk, zur Belagerung und zur Verteidigung. Schanzgräber waren für die Anlage von Belagerungs- und Verteidigungswerken zuständige Arbeiter (Schanzbauern), die im Tross des Heeres mitzogen und dem Schanzmeister unterstanden. Sie waren weitgehend verachtete Menschen, die in der sozialen Hierarchie der Heere nur wenig über den Prostituierten standen und schlecht bezahlt wurden. Auch verurteilte Straftäter wurden zu Schanzarbeiten herangezogen. Diese „Condemnatio ad opera publica“, die Verurteilung zu Schanzarbeiten, war als Todesstrafe in absehbarer Zeit gedacht. Bürger und Geistliche der besetzten Städte sowie Klosteruntertanen, die zu diesen Arbeiten verpflichtet bzw. dafür ausgelost wurden, empfanden diese schwere Arbeit als ehrenrührig und entzogen sich ihr durch die Flucht. Zum Teil wurden Kinder ab 12 Jahren zu dieser harten Arbeit eingesetzt, ganze Schulklassen dazu getrieben. Vgl. auch die Beschreibung der Drangsalierung der Bürger Iglaus 1647 bei STERLY, Drangsale, S. 64f.. Um seine eigenen Truppen zu schonen, zwang Johann von Götz bei der Belagerung der Feste Marienberg (Würzburg) eine große Anzahl von Bauern der Umgebung, Schanzarbeiten zu verrichten, ‚vnd die Stücke, die Er mit Pferden nicht dahin bringen konnte, hinauffzuziehen: Worüber dan viele todt geblieben, vnd daher die Bauren aller orten sich häuffig absentiret vnd verlauffen‘ (CHEMNITZ, Königlich Schwedichen […] II, S. 581). Auch eingeflüchtete Bauern wurden zu diesen schweren Arbeiten gezwungen. Im schwedischen Heer wurden dazu bevorzugt die ohnehin sozial deklassierten Finnen eingesetzt (vgl. auch TOEPPEN, Hoppes Chronik, S. 77). Reichskanzler Oxenstierna hatte auch den Frankfurtern die Verpflichtung der Bettler zum Festungs- bzw. Schanzenbau empfohlen. Im 17. Jahrhundert wurden zunehmend auch Soldaten durch die Aufnahme der Schanzpflicht in die Artikelbriefe für Schanzarbeiten herangezogen; ein Versuch der Fürsten, ein bisher ungenutztes Reservoir an billigen Arbeitskräften zu erschließen, eine Reaktion auf die neuen militärischen Erfordernisse (Belagerungs- und Grabenkrieg, Ausbreitung der Festungen) und Ausdruck des fürstlichen Willens, die Soldaten körperlich, geistig und sittlich zu disziplinieren (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 138, 255). Bei den Schweden wurden bevorzugt die Finnen zu diesen schweren Arbeiten herangezogen. Aus Iglau wird unter 1647 berichtet, wie der schwedische Kommandant Österling die nur noch 299 [von ehemals 13.000) Einwohner fassende Stadt während der Belagerung durch die Kaiserlichen zur Schanzarbeit trieb; STERLY, Drangsale, S. 64f.: „In das kaiserliche Lager langte immer mehr und mehr schweres Geschütz an; als dieses der Kommandant erfuhr; ließ er er voll Grimm die Einwohner wie das mit aller Gewalt auf die Schanzarbeit treiben, und erließ das strengste Verboth, daß außer dieser Arbeit sich keine Manns- noch Weibsperson sehen lasse. Was war dieses für ein Trübsal unter den armen Bürgern ! dieselben hatten ihren geringen Vorrath an den nothwendigsten Lebensmitteln bereits aufgezehrt, und konnten sich bei dem bestehenden strengsten Verbothe, nicht auszugehen, keine andere beischaffen; vom Hunger und Durst gequält, und daher ganz erschöpft, mussten sie sich dennoch den schwersten Arbeiten unterziehen. Der Kommandant war taub gegen alles Bitten und Flehen; verlangten einige die Erlaubniß, sich aus der Stadt zu entfernen, so ließ er sie in den Zwinger einschließen, ihnen des Tags ein bischen Brot und ein wenig Wasser reichen, dafür aber unter Schlägen zur Arbeit anhalten. Als der Kommandant die Deserzion zweier seiner Leute am vorhergehenden Tage erfuhr, und besorgte, daß Mehrere diesem Beispiele folgen dürften, so ließ er den Arbeitenden Fußeisen anlegen“. Augsburg 1632; STETTEN, Geschichte 2. Bd., S. 211: „Den 14. Septembris ließ der Gouverneur Oxenstirn [Bengt Bengtson Freiherr v. Oxenstierna; BW] etliche Bischöfliche, Capitlische und Fuggerische Beamte und Vögte, so ihre Unterthanen bey der Schantz-Arbeit zu erscheinen nicht angehalten hatten, zur Straffe durch den Profosen etliche mal um das höltzerne Roß oder Esel herumführen“. Fehlte es auf Grund von grassierender Pest an zwangsverpflichteten Bürgern, mussten auch Soldatenfrauen Schanzarbeiten leisten. Zur Schanze vgl. auch STUHR, Die Schanze.

[24] THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 796.

[25] LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 87.

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