Ellrichshausen [Oellerichshausen, Elringshausen], Johann Friedrich von

Ellrichshausen [Oellerichshausen, Elringshausen], Johann Friedrich von; Kapitän [1608-1656]

Johann Friedrich von Ellrichshausen[1] [Oellerichshausen, Elringshausen], in 1. Ehe verheiratet mit Sophia Magdalena von Wollmershausen, in 2. Ehe mit Anna Dorothea von Adelsheim, war 1632 noch Leutnant[2] im Regiment[3] Wildenstein[4] gewesen.

Er  stand 1635 als Kapitän[5] des Regiments Hans VI. Vitzthum von Eckstädt[6] in schwedischen Diensten[7] und war Kommandant von Babenhausen.[8] Er verteidigte sich mit nur 60 Mann erfolgreich gegen eine kaiserliche Übermacht.[9]

Der Schweriner[10] Dompropst und Ratzeburger[11] Domherr, Otto von Estorf [1566 – 29.7.1637], berichtet in seinem „Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium“: „Bebenhusen ist den 15. Febr. vom Mansfelder[12] belagert vnd den 18. Martii quitiret worden; hatt dafür gehabt 6 regimenter zue ross vnd fuß, 2 fewermörser[13] von 120 Pfund, 4 halbe Carthaunen[14] von 24 Pfund, 6 Canonen von vngefehr 12 Pfd.[15] An fewerkugeln[16] zu 120 Pfd. sind siebenzig hineingeschossen, davon 17 doch ohn schaden abgangen; an Carthaunen vnd Canonenschuss sind 398 hineingegangen, habens entlich gesturmet, aber 2 mal ritterlich abgeschlagen worden; darvf sie davon gezogen, hinterlassend bei 350 todte. Der belagerten sindt nicht mehr dan 4 man, 1 weib vnd 1 Junge geblieben. In der Stadt hatt commandirt ein Vitztumbscher Capitan, nahmens Johan Fridrich von Elringshausen“.[17] In der älteren Literatur wird unter 1635 berichtet: „Durch den Abzug der Weymarischen Armee haben die Manßfeldischen bey Franckfurt[18] wiederumb Lufft bekommen / vnd sich in der Wetteraw einquartirt / auch die Belägerung für Bobenhausen ins Werck gestellet. Weiter haben sie Limburg[19] auff dem Westerwalt eingenommen / vnd alle Frantzosen darinnen todtgeschlagen. Für Bobenhausen[20] haben sie grossen Gewalt gewalt gethan / vnnd zwischen dem Mühlen vnd Kühethor eine grosse Bresse[21] geschossen / für welcher sie im Sturm vber die 200. Mann haben sitzen lassen: Diese Belägerung nun hat biß auff das Ende deß Martii gewehret / vnd seynd die Manßfeldische den 28. deß Abends zwischen 5. vnd 6. Vhren wiederumb darvon abgezogen / nach dem sie etliche Stürm darfür verlohren / vnd nicht wenig Volck haben eingebüst. Johann Friederich von Elrichhausen Capiteyn unter dem Vicedomischē Regiment hat die Belägerung mit 60. Pferden / vnd einer Compahny zu Fuß außgestanden“.[22]

„Bald darauf, vielleicht nach Mitte Februar 1635, hielt eine Kompanie Schweden zu Fuß mit noch 60 Reitern hier ihren Einzug. Die Schweden machten einen günstigen Eindruck. Sie hatten den leichten Harnisch an und waren mit Muskete und Degen bewaffnet. Sie trugen die Schweinsfeder, einen Schaft mit langer Eisenspitze, der gegen Reiterangriffe schräge in die Erde gesteckt wurde. Im Bandelier um die Schultern trugen sie zehn Schuß in Kapseln, an dem Bandelier hing die Pulvertasche und ein lederner Kugelbeutel. Ihr Kommandant hieß Johann Friedrich von Oellerichshausen. Welcher Nationalität die Soldaten der schwedischen Besatzung angehörten, läßt sich nicht genau feststellen. Jedenfalls waren nicht alle Leute Schweden. In dem Heere Bernhards waren auch viele deutsche Truppen, und deshalb ist es leicht möglich, daß die Besatzung Babenhausens sich auch zum Teil aus Deutschen zusammensetzte. Sie fand eine durch die Kriegsnöte hart mitgenommene Stadt. Verschwunden war der vordem so lebhafte Verkehr, die Bewohner waren verarmt und verelendet.

Die Verteidigungsmittel der Festung waren in sehr schlechtem Zustand, die Mauern waren ohne Geschütze – der Graf Philipp Wolfgang[23] hatte ja, wie schon früher berichtet, die Geschütze, um seine Neutralität zu offenbaren, nach Hanau[24] bringen lassen. Es fehlte an Munition und an Lebensmitteln. Der Schwedenkommandant vertraute jedoch den eigentlichen Festungswerken des Städtchens. Diese waren trotz des langen Krieges noch sehr gut erhalten. Die doppelte Stadtmauer war mit Türmen bewehrt, und ein Graben umgab schützend die Stadt. Südlich von ihr war das hanau-lichtenbergische Residenzschloß, ein ringsum geschlossener 4eckiger Bau, zur Verteidigung vortrefflich angelegt, umgeben von einer hohen Mauer mit Bastionen, zwei Wällen und drei Wassergräben. Ein Vorteil für die schwedische Besatzung war noch, daß die weite Ebene, in der unsere Festung lag, die Beschießung von einer Anhöhe aus unmöglich machte.

Am 25. Februar 1635 erschien vor Babenhausen Graf von Mansfeld mit seiner gesamten Infanterie ! Er führte mit sich sechs Regimenter kaiserlicher Truppen, zwei Mörser, 4 halbe Kartaunen (24 Pfünder) und sechs Kanonen, deren kleinste 12pfündig war. Kommandant Oellerichshausen verlor jedoch den Mut nicht. Die Aufforderung Mansfelds, sich zu ergeben, wies er trotzig zurück. […] Das kaiserliche Heer umschloß die Stadt von allen Seiten, schnitt jede Zufuhr ab und brachte die Geschütze in Stellung. Die Spuren aufgeworfener Schanzen sieht man um 1930 noch in der Nähe der Konfurter Mühle. Die ‚Schweden Schanzen‘ werden sie genannt. Die kaiserliche Artillerie versuchte, an der West- und Nordseite eine Bresche zu legen, während sie gleichzeitig Stadt und Schloß mit Feuerkugeln und den 120 Pfund schweren Geschossen der Mörser bewarf. Mehrere Wochen wurde die Beschießung fortgesetzt.

Den Befehl zu einem allgemeinen Sturmangriff[25] gab Graf Mansfeld noch nicht. Die starke Festung, die in der Frühzeit diesen erheblichen Widerstand bot, sollte erst sturmreif gemacht werden. Von 70 auf die Stadt geworfenen Feuerkugeln entzündeten sich nur 17, und diese 17 Kugeln richteten nur einen unbedeutenden Schaden an. Tapfer wehrten sich die Belagerten. Sie setzten den Belagerern durch Kleingewehrfeuer heftig zu. Als ihnen das Pulver auszugehen begann, verfielen sie auf ein originelles Mittel, um ihren Vorrat zu ergänzen. Der Babenhäuser Kommandant gab Befehl, die nicht entzündeten Brandkugeln in der Stadt aufzulesen und zu sammeln. Die Soldaten verwandten das darin enthaltene Pulver gegen die Belagerer und sandten die neu hergestellten Feuerkugeln mit größerem Erfolg dahin, woher sie gekommen waren.

Es kam jedoch endlich so weit, daß die Babenhäuser Besatzung nur noch vier Pfund Pulver hatte. Was tun ? Schon hatten die Kaiserlichen aus ihren Kartaunen und Kanonen 398 Schüsse abgegeben. Soviel hatte man genau gezählt. Und noch immer hörte die Kanonade nicht auf. Pulver mußte herbeigeschafft werden. Koste es, was es wolle ! Die Babenhäuser Bürger befürchteten das Schlimmste, wenn sie in die Hände der Kaiserlichen gerieten. Schultheiß,[26] Gericht und Rat der Stadt berieten, was zu tun sei. Sie beschlossen die Absendung eines Boten, eines kühnen, wagemutigen Mannes, der sich des Nachts heimlich durch die feindliche Postenkette schleichen und ein gewichtiges Schreiben nach Frankfurt bringen sollte. Das geschah. In einem Schreiben wandten sich Schultheiß und Gericht am 24. März 1635 an den Bürgermeister und Rat der Stadt Frankfurt/M. und baten dieselben, der Bürgerschaft zu Babenhausen etwas Pulver und Lunten zu überlassen, wobei auf den namhaften Widerstand bei der andauernden Belagerung hingewiesen wird. Ob es dem tapferen Babenhäuser gelang, nach Frankfurt durchzukommen, darüber findet sich keine Bemerkung in den alten Akten.

Die Belagerung nahm unteressen immer härtere Formen an, sie neigte sich ihrem Höhepunkt zu. Ein noch schlimmerer Feind als der draußen vor der Stadt hielt seinen Einzug in Babenhausen: Ein Tyrann war es, der sich zu einem furchtbaren Regiment anschickte: der Hunger ![27] Im Sommer und Herbst des vergangenen Jahres war die Ernte ausgeblieben, das gesamte Feld rings um Babenhausen war im Frühjahr 1635 unbestellt. Die Vorräte, die die in die Stadt geflüchteten Bauern aus der Umgebung mitgebracht hatten, gingen bald ihrem Ende zu. Trotz der dafür verlangen Preise nahmen sie von Tag zu Tag ab. Und was für ungewöhnliche Preise wurden von den Besitzern der letzten kostbaren Vorräte doch verlangt ! Zeitgenossen schreiben darüber: ‚1 Pfd. Käse 2 Gulden, 1 Pfd. Zucker 4 Gulden, 1 Ei 12 Albus, auch einen halben Gulden, 1 Kumpf[28] Salz 4 Reichstaler, 1 Huhn 6 Gulden, 1 Maß Butter 7-8 Gulden, für eine halbe Metze Mehl 60 Gulden, 1 Achtel Kleie 100 Gulden, 1 Malter[29] Korn 18 Gulden‘, gegenüber 2 Gulden vor der Hungersnot. Dies ist nur eine Auslese. Salz war bald überhaupt nicht mehr aufzutreiben. Die ekelhafteste Kost wurde mit Geld aufgewogen. Für eine Ratte bezahlte man 4 Gulden ! Ein Preis, für den man 50 Jahre früher eine Kuh kaufen konnte. […] Belagerung, Hungersnot, Pest ![30] An dieser dreifachen Bedrängnis mußte ja der Widerstand der Belagerten zerschellen. Schon fünf Wochen hatte die Belagerung der Feste Babenhausen gewährt. Die Katastrophe nahte. Keine Munition mehr, keine Lebensmittel, keine Hoffnung auf Entsatz, auf Truppen von befreundeter Seite. Die Stadt hatte naturgemäß durch die Beschießung schwer gelitten. In dem einen Turm, an der Nordwestseite, klaffte ein großes Loch, eine Bresche, die von einem Volltreffer herrührte. In der Nähe des Hanauer Tores war eine weitere breite Bresche. Ein großer Teil der Stadtmauer war durch die Beschießung beschädigt. Durfte man hoffen, mit der kleinen schwedischen Besatzungstruppe und den paar von dem Würgengel verschont gebliebenen Babenhäuser Bürgern einen kraftvollen Sturm der Belagerer aushalten zu können ?

Am 28. März 1635 ordnete Graf Mansfeld seine Scharen zum entscheidenden Sturm. Erbittert durch die seitherige hartnäckige Gegenwehr stürzen die Kaiserlichen gegen die Bresche und das Hanauer Tor vor. Der Sturm muß ja gelingen. Doch was geschieht ? Noch tapferer als die Belagerer sind die Verteidiger. Mit stark gelichteten Reihen müssen die Angreifer zurückweichen. Ein zweiter Sturm mißlingt wie der erste. Nun befiehlt Mansfeld, der seine militärische Ehre durch eine Handvoll Schweden bedroht sieht, einen letzten wütenden Angriff. Seine Truppen, von ihren Führern angefeuert, dringen durch die erste Mauer, sie gewinnen auch die Öffnung in der zweiten Mauer, aber weiter kommen sie nicht. Denn am Eingang zur Stadt stehen die Verteidiger, Schweden und ihre Babenhäuser Helfer. Sie fechten mit dem Mute der Verzweiflung. Keinem Kaiserlichen gelingt es, in das Innere des Städtchens hineinzukommen. Hunderte von Toten und Verwundeten bleiben auf der Walstatt zurück. Ein heißer und zugleich denkwürdiger Tag war der 28. März 1635. Noch heute führt der von einer Kanonenkugel beschädigte Turm, der Zeuge des erbitterten Ringens war, den Namen ‚Breschturm‘.

Die schwere Niederlage der Menfeldschen Truppen entscheidet das Schicksal der Belagerung. Der kaiserliche General suchte zunächst um einen Waffenstillstand nach, um seine Toten zu begraben. Nach Ablauf der gewährten Ruhezeit beeilt er seinen Abzug. Den Abmarschierenden geben die Schweden das Geleit und nehmen in dem Rückzugsgefecht den Obersten von Hagnenberg[31] mit wichtigen Depeschen und einen Rittmeister[32] vom württembergischen Regiment gefangen, die sie als Gefangene nach Babenhausen schleppen. Mansfeld hat die Belagerung nach Aussage von zurückgebliebenen verwundeten Soldaten 250 Mann an Toten und Verwundeten gekostet. Die Verluste der Belagerten waren dagegen ganz geringfügig. Es sind [durch direkte Kriegseinwirkung angeblich] nicht mehr als vier Mann, eine Frau und ein Knabe während der Belagerung umgekommen“.[33]

[1] Vgl. CAST, Historisches und genealogisches Adelsbuch, S. 184. Vgl. ferner Staatsarchiv Ludwigsburg B 87 II Bü 271, B 87 II Bü 210; https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=16972&klassi=008&anzeigeKlassi=008.003.

[2] Leutnant: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-60 fl.

[3] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[4] Georg Wolf [Wulf] v. Wildenstein [ -16.11.1632 bei Lützen], schwedischer Obrist.

[5] Kapitän (schwed. Kapten): Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden so genannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste.  Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein.

[6] Hans (VI.) (Johann) Vitzthum v. Eckstädt [1595-11.1.1648 Sommerschenburg], schwedischer Obrist.

[7] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“.

Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.

[8] Babenhausen [LK Darmstadt-Dieburg]; HHSD IV, S. 19f.

[9] HAMMANN, Dietzenbach, S. 37 (hier Oellerichshausen).

[10] Schwerin; HHSD XII, S. 114ff.

[11] Ratzeburg [Kr. Herzogtum Lauenburg]; HHSD I, S. 216f.

[12] Philipp (V.) Graf v. Mansfeld-Vorderort zu Bornstedt [1589-8.4.1657 Raab], kaiserlicher Feldmarschall. Vgl. die Erwähnungen bei SEIDEL, Die Grafen von Mansfeld.

[13] Feuermörser, Mortier: Steilfeuergeschütz, dessen Rohre aus geschmiedeten Schienen bestanden, die, wie bei einem hölzernen Fass, durch eiserne Reifen zusammen galten wurden. Bei einem Kaliber von bis zu einem Meter Durchmesser waren die Feuermörser bis zu 2, 50 m lang und wurden vor dem Abschuss in die Erde eingegraben. Ihre Stahlkugeln hatten eine sehr steile Flugbahn, man konnte mit ihnen also hinter Mauern schießen. Sie dienten auch zum Werfen von Brand- oder Sprengkugeln (Bomben) mit einem Kugelgewicht zwischen 25 Pfund (1/16 Mörser) und mehreren Zentnern (ganzer Mörser, Kaliber 5-15 Zoll). Nach Pflummerns Aufzeichnungen konnte man mit ihnen Kugeln von 100 Pfund und mehr werfen; SEMLER, Tagebücher, S. 68. Vgl. auch die Abbildung bei FREYTAG, Der Dreißigjährige Krieg Bd. 1, S. 89.

[14] Kartaune, halbe: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81. Sie hatte eine max. Schussweite von 720 Meter; DAMBOER, Krise, S. 211.

[15] Viertelkartaune: „ein stück, welches 12 pfund eisen treibt, 36 zentner wiegt, und 24 kaliber lang ist. man hält diese stücke in den vestungen für die allerbequemste“ [DWB].

[16] Feuerkugel: mit Brandsatz versehenes, aus Mörsern abgefeuertes Geschoss mit Spreng-, Brand- und Leuchtwirkung, das von Mörsern im Steilfeuer über die Stadtmauer geschossen werden konnte. Teilweise entzündete sich nur ein Viertel dieser Feuerkugeln.

[17] DUVE, DIARIUM BELLI BOHEMICI ET ALIARUM MEMORABILIUM 3, S. 50.

[18] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.

[19] Limburg a. d. Lahn [LK Limburg-Weilburg]; HHSD IV, S. 292ff.

[20] Babenhausen [LK Darmstadt-Dieburg]; HHSD IV, S. 19f.

[21] Bresche, Breche, brescia, bresica: durch Geschützfeuer erreichte Sturmlücke in der Stadtmauer oder auch in einer Verschanzung. Die damals angewandte Methode, eine Mauerbresche zu schießen, sah so aus, daß man eine Geschützbatterie frontal auf die zu brechende Mauer richtete und zwei kleinere Batterien im Winkel von ca. 30-45 Grad zu beiden Seiten anlegte, durch welche die gelockerte Mauersubstanz zusätzlich herausgehebelt wurde. [ENGERISSER]

[22] [METEREN], Meterani Novi 4. Bd., S. 404.

[23] Philipp Wolfgang Graf v. Hanau-Lichtenberg [31.7.1595 Buchsweiler-24.2.1641 Buchsweiler] Graf 1625-1641.

[24] Hanau [Main-Kinzig-Kr.]; HHSD IV, S. 199ff.

[25] Sturmlauf: heftiger, schnell vorgetragener Angriff mit dem Ziel, den [völlig unvorbereiteten] Gegner zu überraschen, seine Verteidigung zu durchbrechen. Zum Teil wurden für die Erstersteigung der Mauern oder des ersten Eindringens in die Stadt, Festung etc. Geldprämien bis zu 1000 Rt., die „erste Beute“ oder Rangerhöhungen (so etwa bei der Erstürmung Frankfurts a. d. Oder 1631), von den Offizieren ausgesetzt worden. Die Sturmkolonnen sollten Wälle oder Festungen auf Sturmleitern ersteigen, sich dort festsetzen und das Tor von innen öffnen, um den nachrückenden Soldaten den Weg frei zu machen. Teilweise wurde allerdings auch Branntwein ausgeschenkt, um die Angst zu betäuben, oder es wurden Gefangene bei allen Armeen als Schutzschilder vor der ersten Sturmreihe vorangetrieben; vgl. die Aussagen eines Untergesteckten (1634) => Gottmann, Peter in den „Miniaturen“; GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel Bd. 3, S. 80.

[26] Schultheiß: 1. Vom Landesherrn eingesetzte Ortsobrigkeit mit vorwiegend richterlicher Gewalt, seit dem 9. Jahrhundert auch als militärischer Titel und Dienstgrad. Der Schultheiß war Vorsitzender des Gerichts und als solcher öffentlicher Ankläger, insbes. bei Friedensbruch und Verletzungen des Eigentumsrechts. Die Kandidaten für das Amt des Schultheißen mussten einen unbescholtenen Lebenswandel und Grundbesitz nachweisen. Widrigenfalls konnten sie von den Gerichtsschöffen abgelehnt werden.

2. militärischer Dienstgrad: Vorsitzender des sogenannten Schultheißengerichts, einer genossenschaftlichen und von den Kriegsherren weitgehend unabhängigen Rechtsinstanz in den Landsknechtsheeren, die im Laufe des Dreißigjährigen Krieges von den Unter[kriegs]gerichten abgelöst wurde.

[27] Hunger: Hungerkrisen traten durch Missernten, Wettereinflüsse, Truppendurchzüge, Einquartierungen, Erntezerstörungen, Pferde- und Viehdiebstahl immer wieder auf. Oftmals blieb nur die Flucht ins Heer oder der Anschluss an den Tross. So hatten sich 2.000 hungernde Eichsfelder Pappenheims Soldaten angeschlossen. Ein Berittener oder Knecht in der Musterung hatte immerhin noch zwei Pfd. Fleisch, drei Pfd. Brot, eine Maß Wein und drei Maß Bier pro Tag zu fordern – drei bis fünf Maß Bier je nach Geschlecht pro Tag galten auch sonst als üblich – , was zur raschen Auszehrung einer Landschaft führte, zumal die eingeforderten Naturalabgaben im Laufe der Zeit noch weiter anstiegen und von Jahr zu Jahr neue Verpflegungssätze erfordern. Vom Verpflegungsansatz her war dies eine gewaltige Kalorienmenge, entsprachen doch drei Pfd. (gutes) Brot allein bereits etwa 3.750 kcal. Rechnet man noch über 2.000 kcal für das Fleisch hinzu, ohne Bier und Wein, so wird eine Kalorienzahl zwischen 6.000-7.000 kcal erreicht, was dem Zweieinhalb- bis Dreifachen eines durchschnittlichen Tagesbedarfs entsprochen hätte. Das war wohl Anfang des 17. Jahrhunderts nur Privilegierten vorbehalten, während die Gemeinen nur unzureichend verpflegt wurden. HIPPEL, Bevölkerung, S. 422, schätzt den täglichen Nahrungsbedarf in Württemberg auf knapp 2.400 kcal pro Tag. Vgl. BEHRENDS, Chronik, S. 145f. (1636): „Man gab den Armen von jedem Backvorgang ein Brot, […] welches damals als Krieg, Pest und Hunger hieselbst gar übel hauseten, von armen Leuten nicht für eine geringe Gabe gehalten ward, sintemal man damals oft weder Brot noch Bier und Geld haben konnte, und viele, meistenteils aber die Soldaten Hunde und Katzen, Pferde- und Menschenfleisch fraßen und nicht einmal bekommen konnten“. 1641 heißt es über die Prignitz: „So sind auch alle Dörfer so gar verwüstet, verödet, universaliter et particulariter in Brand gesteckt, die Untertanen Hungers und des milites immanitet [Unmenschlichkeit, Rohheit] halber gestorben und ins Elend [Ausland] verlaufen, dass man in dem ganzen Kreise nach angestellter fleißiger Inquisition bloß 373 Bauersleute, die doch etliche gar wenig ausgenommen, weder Hunde noch Katzen, weniger etliche Lebensmittel haben, besonderen sich vom Obste und wohl ganz unnatürlichen Speisen aufhalten müssen, gefunden worden“. HERRMANN, Ländliche Bevölkerung, S. 86. Der Bieberauer Pfarrer Minck (1635); KUNZ; LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 261: „Durch diesen Hunger verschmachteten viele Leut dermaßen, daß nichts als Haut und Bein an ihnen war, die Haut hing ihnen am Leib wie ein Sack, waren ganz schwarz-gelb, mit weiten Augen, gepläcketen Zähnen, grindicht, krätzig, gelbsichtig, dick geschwollen, febricht [= fiebrig], daß einem grauete, sie anzusehen“. ZILLHARDT, Dreißigjähriger Krieg, S. 161f. (1635): „Dan auß diser teürung und hungersnot ist entstanden noch ein jamer uber alle jamer, nemlich ein sterbet und pestelentz, das vüll taußendt menschen sind zu grundt gangen durch hunger, krieg und pestelenz. Dan durch den hunger ist von denen armen menschen vüll greüwlich und abscheüliches dings auffgefressen worden. Alls nemlich allerley ungereimbten dings: hundt und katzen, meüß und abgangen vüch, roßfleisch, das der schinder und meister uff dem vassen sein fleisch von dem abgangne vüch, als roß, hundt und andere thier, ist hingenomen worden, und haben dannoch einander drumb gerißen und für köstlich gut gehalten. Es ist auch für gut gehalten worden allerley kraut uff dem feld: die distel, die nesle, schersich, hanefüeß, schmerbel, schertele. In suma allerley kraut ist gut gewessen, dan der hunger ist ein guter koch, wie man im sprichwort sagt“. Vgl. auch  die Lebensbeschreibung des Gottfried Andreae (1637); DOLLINGER, Schwarzbuch, S. 321: „Doch im Jahr 1637 stieg das Elend auf’s höchste, nachdem kaum 200 Bauern in der untern Pfalz mehr übrig waren, da die übrigen teils an Hunger und Pest bereits gestorben, teils von den Kaiserlichen erwürgt oder als Soldaten weggeschleppt worden waren … Der Hunger aber zwang die Leute zu den unnatürlichsten Nahrungsmitteln: Gras, Kräuter, dürre und grüne Baumblätter, Felle von Tieren; Hunde, Katzen, Ratzen, Mäuse, Frösche und faulendes Aas waren gesuchte Bissen. Die Hungernden erschlugen einander selbst, verzehrten sie, durchwühlten Gottesäcker, erstiegen Galgen und Rad und nahmen die Toten zur Speise weg“. Notiz aus dem Pfarrbuch von Mauern (LK Neuburg/Donau) für 1648: „Viele haben aus Hunger Roßmist gegessen, der Feind hat alles fort; es ist nichts angebaut worden. Viele sind Hungers gestorben, die Überlebenden nähren sich von Wurzeln und Baumblättern und sind froh um die Häute der gefallenen Pferde“. [frdl. Mitteilung von Herrn Fahmüller, Pfeffenhausen]. Der Kitzinger Pfarrer Bartholomäus Dietwar [1592-1670] über 1649; DIETWAR, Chronik, S. 91: „Etliche tausend bayerische Bauern bettelten mit Weib und Kind durchs Land. Darunter waren auch Mörder. Sie stahlen und raubten was sie konnten. Das war Gottes sichtbare Strafe dafür, dass der Kurfürst von Bayern im 30jährigen Kriege viele Tausend armer Leute gemacht hatte. Darum war sein Land im vorigen Jahre durch die Schweden und Franzosen wieder verdorben worden, also dass seine Leute von München und Landshut her das Frankenland durchliefen, das gebettelte Brot dörrten und heim nach Bayern trugen“. Aus Nördlingen wird anlässlich der Belagerung 1634 berichtet; KESSLER, Belagerung, S. 38: „Um diese Zeit sind die Rosse wegen Mangels an Futter so erkrankt und so matt geworden, daß sie häufig einfach hingefallen und verendet sind. Von dem S. H. Schinder Jörg Schmid sind hinter dem Feilturm 2 große Gruben gegraben und die Pferde darin verscharrt worden. Die Armen und Bettelleute aber haben sich auch dabei befunden und haben, wenn man die Pferde hat vergraben wollen, aus großem Hunger ziemlich große Stücke davon herausgeschnitten, das Selbige gekocht und von solchem ihren Hunger gestillt, und gebüßt. Die armen Leute sind zur Nacht, um 12 Uhr, über solches Aas gekommen und haben es davon getragen“. KESSLER, Belagerung, S. 63: „Die kaiserlichen, spanischen, welschen, französischen und deutschen Soldaten sind gleichsam aus dem ausgebrannten Turm herundergefallen und jämmerlich aufeinander gelegen. Die armen Tagelöhner haben die gebratenen Schulterblätter von den Achseln abgenommen und für gutes Schweinefleisch gefressen“. Auch Regimenter wie das des kurkölnischen Obristen Hugo v. Tyrell[i] lösten sich wegen Hunger auf. Der Salemer Mönch Bürster (1644); WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 196: „Dan ehe muoß der burger sterben zehen mal, ehe der soldat verderben ainmahl“.

[28] Kumpf: regional unterschiedliches Maß zwischen 6,8 und 10 Liter. Als Frucht- und Getreidemaß: 1 Malter = 4 Simmer = 16 Kumpf = 64 Gescheid = 256 Mäschen = 64 Liter. Nach: http://www.regionalgeschichte.net/hauptportal/bibliothek/glossar/alphabet/m/muenzen-masse-und-gewichte.htm.

[29] 1 Malter = 4 Simmern = 8 Maß = 16 Sechter = 120-130 Liter (Hanau, jede nach Getreideart).

[30] Pest: Eine während des gesamten Krieges immer wieder auftretende Seuche war die Pest (die „zur frühen Neuzeit wie das Amen in der Kirche“ gehörte, ULBRICHT, Seuche, S. 10) als demographische Katastrophe für einzelne Landstriche, von HAPPE [mdsz.thulb.uni-jena.de: I 87r] und seinen Zeitgenossen neben Krieg und Hunger zu den drei Hauptstrafen Gottes gerechnet; vgl. dazu auch LANG, Pestilentz, S. 133 f. Truppenbewegungen, Zerstörungen, Hungerkrisen bzw. chronische Unterernährung, mangelnde Hygiene etc. trugen zur Verbreitung der Pest bei, die in vier Formen auftrat: 1. die abortive Pest als „leichte“ Variante: Symptome waren leichtes Fieber sowie Anschwellen der Lymphdrüsen. War die Infektion überstanden, wurden Antikörper gebildet, die eine etwa 10 Jahre anhaltende Immunisierung gegen die drei anderen Formen bildete. MARX mdsz.thulb.uni-jena.de] starb 10 Jahre nach der Pest von 1625 an der Pest von 1635. 2. die Beulenpest (Bubonenpest nach griech. bubo = Beule), die nach ca. 9 Tagen zum Tod führen konnte, wenn der Erreger ins Blut eintrat, die Letalität konnte zwischen 60-80 % liegen). Die Ansteckungszeit lag zwischen wenigen Stunden und etwa einer Woche, Symptome waren Kopf- und Gliederschmerzen, Fieber, Benommenheit, Schlaflosigkeit, später treten Bewusstseinsstörungen und Ohnmachtsanfälle auf. Im Bereich des Flohbisses bildeten sich stark anschwellende und äußerst schmerzhafte Beulen am Hals, an den Leisten und Achselhöhlen. Diese Beulen erreichten eine Größe von ca. 10 cm und waren durch die die Blutungen in den Lymphknoten dunkelblau bis schwarz eingefärbt. Sie fielen nach Vereiterung in sich zusammen. Die Beulenpest an sich war nicht tödlich, da die Beulen von selbst abheilen konnten. Das Aufschneiden der Beulen war insofern gefährlich, da die Bakterien über das Blut in andere Organe gelangen konnten. Bei den unbehandelten Patienten kam es wohl bei 30-50 %r zur gefährlichen Lungenpest. Die Beulenpest verbreitete sich im Winter kältebedingt langsamer als im Sommer und erreichte ihren Höhepunkt im Herbst. 3. die Pestsepsis (Pestseptikämie), wenn die Bakterien in die Blutbahn eintraten, entweder über offene Wunden oder beim Platzen der Pestbeulen nach innen. Symptome waren hier hohes Fieber, Kopfschmerzen, Anfälle von Schüttelfrost, danach kam es zu größeren Haut- und Organblutungen. Der Tod trat bei Nichtbehandelten wohl spätestens nach 36 Stunden auf. 4. die Lungenpest, bei der die Erreger durch die Pestsepsis in die Lunge kamen oder von Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen wurde, bei der der Tod angeblich in 24 Stunden, zumeist aber unbehandelt in 2 bis 5 Tagen eintrat und die eine Letalität von 95 % hatte. Angeblich konnte man sich in nur 1 bis 2 Tagen anstecken. Symptome waren eine starke Atemnot, Husten, blaue Lippen und blutiger Auswurf. Das führt zu einem Lungenödem, verbunden mit dem Zusammenbruch des Kreislaufs. MARX’ Angaben [mdsz.thulb.uni-jena.de]  lassen vermuten, dass es sich bei der Pest von 1625 um die Beulenpest gehandelt haben muss. Geschlecht, sozialer Status und Ernährung waren Determinanten, die über Ansteckung und Abwehrkräfte entschieden. Der Pestbazillus wurde durch Rattenflöhe, Wanzen, Läuse und andere Parasiten übertragen. Das Bakterium blieb z. B. in Flohkot, Staub, Kleidung, Pelzen, Wasser und Erde wochenlang virulent. Zumindest scheint man in Erfurt 1625 recht sorglos mit der Ansteckungsgefahr umgegangen zu sein, wie HEUBEL, S. 42 [mdsz.thulb.uni-jena.de] festhält. Möglicherweise hatte der Rat jedoch durch eine strenge Quarantäne von vierzig Tagen Versorgungsengpässe befürchtet und wollte die Handelsbeziehungen nicht gefährden. Aus Schweinfurt wird 1628 berichtet; HAHN, Chronik 2. Theil, S. 377 (Datierung nach dem a. St.): „Der Rath ließ am 27. December bekannt machen: Daß diejenigen, welche mit der jetzt grassirenden Pest entweder persönlich angesteckt, oder nur aus angesteckten Häusern und Orten wären; sich der gemeinen Badstuben und anderer gemeinen Versammlungen äussern und enthalten sollten“. Auf die seltsamste Weise versuchte man sich übrigens damals vor Ansteckung zu schützen: So legte man frisches, warmes Brot auf die Toten und im Sterbezimmer wurden Zwiebeln aufgehängt, da man glaubte, beides ziehe das Pestgift aus der Luft“ [http://www.schweinfurtfuehrer.de/geschichte/1600-1700]. Allerdings scheint die in der Forschung vertretene Meinung, dass gerade die unteren Schichten die Angst vor der Pest beiseite geschoben hätten (ULBRICHT, Seuche, S. 44), so nicht stimmig. Mehr als 50 Pestheilige, angeführt von den Heiligen Sebastian und Rochus, wurden angerufen. Gebet, Frömmigkeit, Sittenreinheit und Liebe zu Gott galten aus theologischer Sicht als wirksamer Schutz vor der Pest. Man glaubte sich durch die Umwicklung mit Stroh auch der Leichen vor der Ansteckung mit der Pest schützen zu können. HAHN, Chronik 2. Teil, S. 375 (Schweinfurt 1627): „Von dem Rathe dahier wurde am 4. December beschlossen, dass alle an der Pest Gestorbene bey Nacht und ohne Procession begraben werden sollten“. Pestzeiten boten einen durchaus lukrativen Erwerb für die verachteten Totengräber, der von „ehrlichen“ Berufsgruppen ausgeübt wurde, da z. T. pro Begräbnis bis zu 20 Rt. (BRAUN, Marktredwitz, S. 52f.) verlangt wurde,  aber auch von Angehörigen der ärmeren Bevölkerungsschicht. RUTHMANN, „Was damals fruchtbar und gebauet“, S. 78f. II. Zum Teil wurden ansteckende Krankheiten seit dem Mittelalter als „peste“ (z. B. die „Ungarische Krankheit“) bezeichnet.

[31] Christoph v. ? Hegnenberg [Heyneberg, Hagnenberg ?] [ – ], kaiserlicher Obrist.

[32] Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte,  bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.

[33] LÖTZSCH; WITTENBERGER, Beiträge, S. 60ff.

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