Gadow [Gado], Kaspar von

Gadow [Gado], Kaspar von; Obrist [ – ] Kaspar von Gadow [Gado] stand 1636 als Obristleutnant[1] oder Obrist[2] in schwedischen Diensten.[3]

Aus Staßfurt[4] wird berichtet: „Den 15. Januar [25.1.1636; BW] nahm ein Schwedisches Regiment[5] zu Roß, aus Süd- und Ostgothländern bestehend, das des Oberst-Lieutenant Gado, hierselbst Quartier. Sie nahmen an achtzig Pferde, theils fremden Leuten vom Gespanne und andern die hieher geflüchtet waren, theils den Unsrigen weg und verschonten selbst 2 der beßten Kunstpferde, die zum Sooletreiben gebraucht wurden, nicht – deßgleichen noch nie geschehen war. Unter anderm war der Major[6] Klinckspor[7] ein gräulicher Mensch. Dieser hat dem Bürgermeister Bernh. von Werdensleben unters Gesicht gesagt: Er wollte ihn gebunden neben dem Pferde mit sich führen, wenn er in der gesetzten Zeit die 500 Rtlr. nicht aufbrächte, welche die Stadt für die Verschonung von der Plünderung[8] geben mußte. Es wäre unmöglich gewesen, diese Summe aufzubringen, wenn man nicht das Lth. Silber für ggl. u. überguldetes für 15 Gl. angenommen hätte. Die geraubten Pferde wurden auf 2000 Thl. geschätzt. Es waren unter diesem Regimente auch 4 oder 5 Feldprediger,[9] aber recht schlechte Menschen. Sie haben dem Pfarrer Möser 4 und dem Diaconus Wunder 2 Rtlt. abgenommen. Möser führt an: dieser Klinckspor sey bald darauf im Sommer, als Banner[10] seinen Namenstag gefeyert und eine blinde Charge[11] habe anstellen lassen, von einem, der ihm nicht gut gewesen und scharf geladen hatte, durch den Hals geschossen: er habe nicht essen können, habe große Schmerzen ausstehen müssen und sei endlich in der Schanze[12] zu Werben[13] gestorben. Dies sei sein schon längst verdienter Lohn gewesen“.[14]

Am 23.2.1636 [a. St.] schrieb der Amtmann Heinrich Signitz aus Nienburg[15] an den Amtsrat Weiß: „Der Herr Obristleutenandt Gado ist verschienen Sonabendt auch von hinnen marchirt vndt in etzliche Neunzigk Kranken[16] hinterlassen, welcher morbus so contagiosus[17] das viele Heuser inficiret worden, gestaldt dan auch des Amptschreibers meiste familie kranck liegen, Gott weiß wie lange Ich frist habe, weil Ich mich seiner vndt seinigen gantz nicht eußern kann vnd meine lebensmittel daher haben muß, inmaßen Ich dan Zum Zweytenmahl anstoß gehabt, Ich bin übel daran vnd von den Meinigen gantz verlaßen, Gott beßere es vnd helffe vns allen auß dem labyrinth“.[18] In einem weiteren Bericht des Amtmanns Signitz aus Nienburg vom 21.2.1636 [12.3.; BW] heißt es: „Die Gadoischen Krancken, deren in die 94 gewesen, liegen alhiero noch den Armen Leuthen, welche doch das tegliche brodt nicht mehr haben über den halß, werden derer täglich darvon begraben vndt seindt der Bürger heuser dardurch gewaltigk angestecket“.[19]

Er führte in der Schlacht bei Wittstock[20] am 24.9./4.10.1636 das schwedische Uppland-Regiment.

„Am 12. September [a. St.; BW] trifft Generalleutnant[21] von Vitzthum[22] im schwedischen Lager bei Parchim[23] mit etwa 2000 Mann ein. Nun beläuft die schwedische Armee sich auf ungefähr 16 000 Mann, und Baner[24] fühlt sich stark genug, den Feind anzugreifen.

Während der folgenden elf Tage entrollt sich ein spannendes strategisches Spiel. Baner sucht unter ständigem Hin- und Hermarschieren einen günstigen Ausgangspunkt für eine Schlacht zu finden, während die Gegner seine Operationen parieren und ihn sich vom Leibe zu halten versuchen. In einem Augenblick hängt Baner wie eine Bulldogge am Feinde fest und sucht Händel mit ihm, im anderen Augenblick weicht er aus und verführt den Feind zu einer Unvorsichtigkeit. Aber das hilft alles nichts. Die Verbündeten – die Kaiserlichen und die Sachsen – entziehen sich stets und lassen sich auf keinen Kampf ein. Baner wird kühner, auf herausfordernde Weise führt er direkt vor der Nase des Gegners Scheinbewegungen aus; er bringt den Feind in stille Wut, aber trotzdem stellt dieser sich so, als merke er nichts. Trotz ihrer Überlegenheit fühlen sich die Verbündeten sich diesem Draufgänger gegenüber unsicher. Er scheint unternehmender Stimmung zu sein, und sie wissen, daß er in seiner Unberechenbarkeit stets gefährlich ist. Sie weichen aus und suchen Fühlung mit ihren in der Nähe operierenden Hilfskorps. Aber Baner ist auf seiner Hut und manövriert die ganze Zeit so, daß er den feindlichen Verstärkungen den Weg versperrt. Bei diesem hetzenden Hin und Her ist er außerordentlich geschickt, in langen Märschen holt er aus seinen Truppen das Äußerste heraus, sein Stabspersonal ist fieberhaft tätig. Die Quellen berichten nichts von den Gedanken und Gefühlen, die Baner in diesen Tagen beherrschen; aber man kann sich vorstellen, daß ihm Hoffnungen und Enttäuschungen durch den Sinn jagen, daß Pläne wachsen und sterben und daß er auf jede Weise sein Bestes hergibt.

Am 19. September steht Baner bei Werben. Hier bekommt er die beunruhigende Meldung, daß die Verbündeten durch Einkreisungsbewegungen nach Osten zu Fühlung mit ihren im Süden operierenden Kräften zu erhalten suchen. Baner bricht unmittelbar auf, treibt seine Soldaten noch einmal zu einem Gewaltmarsch an, wirft sich zwischen die feinlichen Streitkräfte und zwingt die Verbündeten, ihr Manöver einzustellen. Dann weicht er schnell nach Norden ab und macht einen Sprung gegen die Hauptnacht der Verbündeten, die unschlüssig eine befestigte Stellung bei Wittstock bezieht. Die Verbündeten vermeiden auch weiterhin einen Zusammenstoß; aber sie denken nicht daran, daß mit dem, der im Krieg immer Schleichwege gehen will, eines Tages vom unbarmherzigen Kriegsgott doch kurzer Prozeß gemacht wird. Baner, in Unruhe, daß der Feind ihm noch einmal entkommen könnte, rückt in beschleunigtem Tempo weiter vor und erreicht  nach einem anstrengenden Nachtmarsch am Sonnabend, den 24. September, morgens das Dorf Fretzdorf,[25] sieben Kilometer südöstlich der feindlichen Stellung. Die Armee ist in den letzten vierundzwanzig Stunden beinahe unterbrochen in Bewegung gewesen und hat kaum Zeit zur Ruhe gefunden.

Baner ist entschlossen, es an diesem Tage zur Schlacht kommen zu lassen, er trifft alle Maßnahmen, die in dieser ernsten Stunde erforderlich sind. Der Spähdienst für die nächste Umgebung wird sorgfältig organisiert und der Plan für den Marsch auf das Schlachtfeld ausgearbeitet, die Truppenverbände werden aufgestellt und die Soldaten ermuntert. Vom Feldmarschall bis zum gemeinen Mann bereiten sich alle auf den Kampf vor; die Waffen werden nachgesehen, die Musketen geladen, ein letztes Mahl wird eingenommen, und die Pferde bekommen ihre Extraration Futter. ‚Gott mit uns’, ist der hoffnungsvolle Feldruf, der sie schon so manchesmal vorher zum Siege geführt hat. Bevor das Heer zum Vormarsch antritt, wird vor den gesammelten Schlachtlinien ein Feldgottesdienst abgehalten. Der Feldprediger mahnt die Soldaten zur Tapferkeit, und ein Kirchenlied steigt zum Himmel auf.

Während all dies geschieht, laufen von den vorgeschobenen Spähtrupps schnell aufeinanderfolgende Meldungen über die Gruppierung der feindlichen Streitkräfte und die Beschaffenheit des Geländes ein. Die Verbündeten haben auf dem sogenannten Scharfenberg, einer Höhe, die südwestlich von Wittstock die Gegend beherrscht, Stellung genommen. Der langgestreckte Höhenzug besteht aus fünf Hügeln, von denen die am weitesten nach Süden liegenden mit Wald bewachsen sind. Am westlichen Teil der Front ist man mit Feldbefestigungsarbeiten beschäftigt, zwischen den hakenförmigen Schanzen werden Troßwagen zu einer zusammenhängenden Wagenburg mit Öffnungen für die Artillerie aneinandergekoppelt. Der Feind hat zweifellos eine starke Verteidigungsstellung vorbereitet.

Um zwölf Uhr mittags setzt Baners Armee sich in Marsch, die Reserve bleibt unter dem Befehl von Vitzthums bis auf weiteres in Fretzdorf zurück. Nach einer halben Stunde Marschierens, das im Schutz des Waldes vor sich geht, macht Baner auf einem offenen Felde, zwei Kilometer südlich der feindlichen Stellung, halt. Von hier aus kann er den Gegner beobachten. Er kundschaftet selbst die Gruppierung des Feindes aus und stellt fest, daß die eingegangenen Rapporte über Gelände und Lage recht berichtet haben. Zur Rechten fließt die Dosse, von sumpfigen Ufern und Wiesen umgeben. Zur Linken, in Richtung des Papenbruchs, liegt ein großes, schwer zu überschreitendes Moor. Der ganze im Vordergrunde liegende Höhenzug wie die Ebene nördlich des Moores sind mit Truppen besetzt und mit blinkenden Kanonenmündungen gespickt, an den Flügeln stehen die aufgesessenen Schwadronen, in der Mitte sind die dichten Massen der Infanterie sichtbar. An der Front entlang flattert eine fast unübersehbare Menge von Fahnen und Standarten, Symbole der bedeutenden hier aufgestellten Streitkräfte.

Baner steht vor einer äußerst schweren Aufgabe. Angestrengt nachdenkend, sucht er eine Lösung des Problems zu finden. Nach der allgemein üblichen Auffassung müßte er zu einem Frontalangriff auf die ganze feindliche Linie vorgehen und versuchen, den Gegner zu zerschmettern. Aber er ist sich klar, daß dafür seine Kräfte nicht ausreichen und daß sich auch das Gelände nicht eignet. Er muß ein anderes Mittel finden, um den Gegner zu bezwingen. Die militärischen Theorien preisgebend, baut er seinen eigenen Schlachtplan auf. Er beschließt, die Armee in zwei selbständige Kampfgruppen aufzuteilen, von denen die eine zur rechten Hand vorgehen und die Hauptstreitkräfte des Feindes binden soll, während die andere durch eine einkreisende Operation zur Linken den rechten Flügel des Gegners überraschend umfassen und die ganze feindliche Front aufrollen soll. Von der taktischen Lage und den technischen Hilfsmitteln aus beurteilt, ist der Plan genial, aber unerhört kühn. Die damaligen Schlachten waren nämlich hauptsächlich Reitergefechte, die im Laufe von drei oder vier Stunden abgemacht wurden. Das detachierte Korps mußte innerhalb dieses kurzen Zeitraumes auf dem Schlachtfeld eintreffen, sonst war das Gefecht verloren. Das Wagnis war so groß, daß andere Heerführer des sechzehnten und siebenzehnten Jahrhunderts derartige Einkreisungsbewegungen nicht vornahmen. Baner war eine Ausnahme. Sein Plan kann zur totalen Niederlage des Feindes führen, aber er kann auch der schwedischen Hauptarmee, die in Gefahr steht, in die Dosse geworfen zu werden, eine tödliche Falle stellen. Der Plan setzt voraus, daß die beiden Gruppen zur rechten Zeit und am rechten Ort zusammenarbeiten. Aber wie soll das ermöglicht werden, da sie weit voneinander entfernt sind und die Verständigung nur durch reitende Ordonnanzen geschehen kann ? Welche Garantie hat Baner, daß seine Unterbefehlshaber einmal selbständig und im Sinne der Führung handeln werden ?

Baner kennt die Gefahren, aber er nimmt sie auf sich. ‚Vincere aut mori’ (Siegen oder Sterben) steht als Devise auf einer der Fahnen seines Leibregiments, und er folgt dieser Parole. Er hat ein großes Ziel in Sicht, und er hofft, daß das Glück ihm beistehen wird und daß auch seine Soldaten ihn nicht enttäuschen werden. Die schwedische Armee beläuft sich auf ungefähr 15 000 Mann, von denen etwa ein Drittel Schweden und Finnen[26] und die übrigen Deutsche, Schotten[27] und Engländer[28] sind. Baner ist seinem Gegner durchaus unterlegen. Die Verbündeten verfügen über etwa 20 000 Mann und sind außerdem durch eine starke Stellung begünstigt. Aber Baner weiß, daß die Mehrheit nicht immer entscheidend ist und daß manchmal auch frisch zugreifende Entschlußkraft und schöpferischer Geist die Stärkeren sein können. Es ist eine Besonderheit großer Feldherren, die gewohnten Formen zu durchbrechen und mit etwas überraschend Neuem zu kommen, um so den Gegner zu verwirren und ihn aus der Fassung zu bringen. So handelten Alexander, Hannibal, Gustaf II. Adolf, Karl XII., Friedrich der Große und Napoleon. So geht auch Johan Baner vor. Neuschöpfungen dieser Art setzen eigentlich immer eine bestimmte Situation vor, nämlich die, daß ein stärkerer, mit gewohnter Routine operierender Feind von einer schwächeren Streitmacht besiegt werden muß. Auch hier ist die Not die Mutter der Erfindung.

Der Chef des schwedischen linken Flügels, Generalleutnant King,[29] erhält nun Befehl, im Schutz des Waldes weit nach links vorzugehen, um den Feind über Karstädterkrug,[30] Natte Heide[31] und Papenbruch[32] von Westen her überraschend anzugreifen. Mit Generalmajor Torsten Staalhandske[33] an der Spitze, setzt diese Kampfgruppe sich in Marsch und ist bald im Dunkel des Waldes verschwunden. Darauf wird der rechte Flügel zum Angriff aufgestellt. Er besteht zum größten Teil aus Kavallerie; Baner selbst übernimmt die Führung, Lennart Torstensson ist sein Stellvertreter. Hier hat Baner seine besten Regimenter eingesetzt, denn dieser Flügel wird die schwerste Last tragen. Er soll den linken Flügel des Feindes und das Zentrum angreifen und so den Feind zwingen, seine Front umzukehren und für Kings Angriff seine Flanke bloßzustellen. Das schwedische Zentrum unter  soll einstweilen auf dem Aufmarschplatz bleiben, und Vitzthum erhält Befehl, die Reserve heranzuführen. Es ist jetzt ungefähr zwei Uhr nachmittags.

Während Baner seine letzten Vorbereitungen trifft, läßt er durch seine Artillerie eine größere Abteilung kaiserliche Kürassiere beschießen, die sich vor der feindlichen Front aufhalten und Baners Vormarsch bedrohen. Die Artilleriebeschießung hat offenbar einen doppelten Zweck, sie soll die Bedrohung der Flanke ausschließen und gleichzeitig den Feind über die Richtung des Angriffsstoßes täuschen. ‚Die Schweden machen meistens den größten Radau dort, wo sie nicht angreifen wollen’, äußerte Hatzfeldt einige Zeit später mit Bitterkeit. Nachdem die Artillerie eine Weile gefeuert hat, hält Baner den Augenblick des Handelns für gekommen. Ein Trompetensignal ertönt, und die Schlacht bei Wittstock nimmt ihren Anfang.

Der rechte Flügel geht unter Baners persönlicher Führung zum Angriff vor. Siebzehn schwedische Schwadronen[34] und fünfhundert Musketiere[35] brechen aus dem Walde hervor und rücken in langer Reihe gegen den linken Flügel des Feindes vor, wo die Sachsen stehen. Die Schwadronen folgen einander in kurzem Abstand. Jeder Schwadron voraus reiten junge Kornetts mit wehenden Standarten, dicht hinter ihnen schaukeln die Reiter heran, Seite an Seite, Knie an Knie. Es ist ein grimmig imponierendes Bild, wie die lange Reiterkolonne so über das offene Sumpfgelände dahintrabt und dann auf die feindlichen Linien zuschwenkt. Jetzt sieht Baner, daß die sächsische Reiterei sich zum Gegenangriff zu ordnen beginnt. Er läßt vier Schwadronen auf die Weinbergshöhe zu, die eine Schlüsselstellung in der Front der Verbündeten bildet, zur Attacke vorgehen. Jetzt hat Baner den Feind an der Kehle gepackt.

Die verbündeten Armeen unter dem Befehl Johann Georgs,[36] Hatzfelds[37] und Marazinis[38] halten sich zum Kampf bereit. Am liebsten wären sie ausgewichen; aber vor den Augen des Gegners, der sich um jeden Preis schlagen will, wagen sie keinen Rückzug. Übrigens fühlen sie sich in ihrer starken Stellung auch ziemlich sicher. Da sie selber nicht zum Sturm auf ein befestigtes Lager vorgehen würden, trauen sie auch Baner eine solche Absicht nicht zu. Sollte es jedoch zum Kampf kommen, so stehen sie bereit, es hart auf hart gehen zu lassen. ‚Ob Gott will’, lautet der Feldruf der Verbündeten, der gleichsam die Unschlüssigkeit und Verzagtheit offenbart, die trotz allem bei ihnen herrschen. Es fehlt der Optimismus und der unbeugsame Vorwärtsdrang, der bei der schwedischen Führung zu spüren ist.

Auf seiten der Verbündeten führt Johann Georg den Befehl über den linken Flügel, Marazini über das Zentrum und Hatzfeldt über den rechten Flügel. Einen gemeinsamen Oberbefehlshaber gibt es nicht, da die kaiserlichen Generale sich dem militärisch unkundigen Johann Georg nicht unterordnen wollen und dieser seinerseits sich keinem General unterstellen will. Die Leitung ist also zersplittert, was im Gang der Schlacht fortwährend Anlaß zu Unternehmungen gibt, die aus dem Augenblick entstehen und denen es deshalb an Konsequenz und Einheitlichkeit fehlt. Nach und nach tritt jedoch Hatzfeld in der Leistung immer mehr hervor, während Johann Georg eine passive Rolle im verborgenen spielt.

Vom frühen Morgen an haben die Verbündeten ihre Stellungen befestigt und nach Süden hin Wache gehalten, weil von dorther Baners Angriff zu erwarten steht. Stunde um Stunde vorgeht, ohne daß etwas geschieht. Wohl berichten die Späher, daß Baner sich in dem vorgelagerten Waldgebiet aufhalte; aber die Bäume machen es unmöglich, etwas von den Absichten der Schweden zu erraten. Plötzlich erscheint eine schwedische Reiterkolonne, sie kommt aus dem Waldesdickicht hervor und schwenkt auf den linken Flügel zu. Das müssen die Minuten vor dem Sturm sein. Die kaiserlichen und sächsischen Soldaten fassen ihre Degen, Musketen[39] und Piken[40] fester, mit wachsamen Augen folgen sie der schwedischen Schar und erwarten den Befehl ihrer Leitung. Immer näher kommen die Schweden, bald sind sie nur noch hundert Meter vom linken Flügel entfernt, wo die Sachsen wie gelähmt vor der heranrollenden Lawine stehen.

Johann Georg, Hatzfeld und Marazini sind zuerst sehr erstaunt über den schwedischen Vormarsch. Sie haben nicht erwartet, daß Baner ‚wider alles Vermuten und Meinen der Kriegserfahrenen’ von dieser Seite, wo das Gelände beschwerlich ist und viele Gefahren dem Angreifer drohen, attackieren werde. Man hatte damit gerechnet, daß er gegen den rechten Flügel der Verbündeten, aber nicht gehen den linken vorgehen werde. Und nun hat er genau das Gegenteil getan. Aber Baners Absicht ist immerhin deutlich genug. Er will den linken Flügel aus dem Felde schlagen und dann die Linien der Verbündeten aufrollen. Von Kings[41] Umfassungsmanöver ahnen die Verbündeten nichts. Hatzfeld ist der erste, der die Situation erfaßt. Ihm ist sofort klar, daß der den nachgiebigen Sachsen helfen muß, wenn sie nicht zurückgehen und die Flucht ergreifen sollen. Die Schwadronen des rechten Flügels erhalten Order, schleunigst nach links abzuschwenken und in Richtung des Zentrums zu marschieren. Hatzfeld selbst gibt seinem Pferde die Sporen und reitet vorweg, um sich über die Lage zu orientieren.

Gerade als Hatzfeld die Weinbergshöhe erreicht, beginnt der Kampf. Die vier schwedischen Schwadronen feuern zuerst eine Salve ab und werfen sich dann auf die zunächst stehenden sächsischen Verbände, die dem schwedischen Stoß nachgeben und die Flucht ergreifen. Dadurch erschreckt, springen die Artilleristen bei den in der Nähe aufgestellten Kanonen von den Geschützen fort und fliehen auf den Vorspannpferden. Aber nun greift Hatzfeld mit ein paar Schwadronen, die er hat sammeln können, ein und geht zum Gegenangriff über. Ein heftiges Ringen entsteht, und die Schweden kommen nicht weiter. Da wirft Baner ein paar frische Schwadronen in den Kampf, sie reiten die Kavallerie des Gegners über den Haufen und nehmen die Weinbergshöhe in Besitz; zum Glück ist der Südabhang nicht so steil. Gleichzeitig breitet der schwedische Angriff sich nach rechts aus. Es ist inzwischen etwa drei Uhr geworden. Baner hat einen deutlich erkennbaren Erfolg zu verzeichnen. Er hat einen Keil in die feindliche Front geschoben und Hatzfeld gezwungen, mitten im heißesten Kampf seine Truppen umzugruppieren und in einem anderen Gelände als dem beabsichtigten zu fechten. Auf der Seite der Kaiserlichen herrscht Verwirrung und Unordnung. Hatzfeld hat den Zusammenhang mit seinem Flügel verloren und befindet sich nun mitten im Schlachtgetümmel, bei der Umgruppierung im waldigen Gelände verlieren die Führer die Übersicht über ihre Verbände, und die Streitkräfte zersplittern sich. Die Schwadronen des kaiserlichen rechten Flügels kommen tropfenweise auf dem Kampfplatz an und werden aufs Geratewohl eingesetzt. Baner dagegen hält seine Verbände fest in der Hand und dirigiert sie methodisch an die gewünschten Stellen. Mit Befriedigung stellt er fest, daß die Schlacht sich planmäßig entwickelt und daß der Feind seine rechte Flanke immer mehr entblößt. Noch hat Baner die Initiative in der Hand; Es gilt nun, die gewonnene Stellung zu halten, bis Kings Streitkräfte eingreifen können. Die erste Phase der Schlacht ist zu Ende, eine neue steht bevor.

Baner hält zu Pferde auf der Weinbergshöhe. Hier kann er das ganze Gelände übersehen und alles beobachten, was geschieht. Er sieht, wie der Feind neue Kräfte in den Kampf führt und sich von rechts und links auf die schwedischen Abteilungen wirft, die die Weinbergshöhe und das Gelände östlich davon halten. Der Kampf wird heftiger. Hatzfeld ist sich im klaren, daß die Weinbergshöhe um jeden Preis wiedergewonnen werden muß, weil die Schweden sonst die Front der Verbündeten sprengen werden. Und nun entspinnt sich eins der schärfsten und langwierigsten Reitergefechte des Dreißigjährigen Krieges überhaupt. Der Kampf wogt hin und her, auf beiden Seiten wird mit großer Tapferkeit gefochten, einmal hat der eine, dann der andere Teil die Oberhand. Die Schweden versuchen, weiter vorzudringen und die feindliche Linie zu durchbrechen, während Hatzfeld rasende Gegenangriffe macht, um das verlorene Gelände wiederzugewinnen. Baner steht im Brennpunkt der Schlacht, im Mittelpunkt des Kampfplatzes, wo der Druck am stärksten ist und wo auch die Entscheidung liegt. Weit drüben am rechten Flügel führt Torstensson den Befehl. Es ist ihm gelungen, die Dosse als Stütze zu benutzen, seine äußersten Schwadronen stehen etwas zurückgewandt wie eine stark beanspruchte Bogenspitze.

Auf der ganzen anderthalb Kilometer langen Front tobt ein heftiger Nahkampf. Linien werden durchbrochen, Kampfgruppen gebildet, Mann kämpft gegen Mann. Pistolen knallen, Schwerter zischen, und Reiter fallen aus den Sätteln. Unaufhörlich ruft Hatzfeld neue Verstärkungen herzu; endlich verfügt er über eine Streitmacht von nicht weniger als fünfzig Schwadronen, die mit gewaltsamer Kraft gegen die siebzehn schwedischen Schwadronen gepreßt werden. Der Boden zittert unter den Hufen von 14 000 Pferden. Zum Glück für Baner ist der Raum auf der Weinbergshöhe so begrenzt und der Nordabhang so steil, daß der Feind auf diesem Kampfabschnitt nicht seine volle Kraft entfalten kann. Aber es ist doch furchtbar, sich gegen eine solche Übermacht zu schlagen.

Der Kampf nimmt an Heftigkeit zu, die Verluste werden immer größer. Die schwedischen Reiter werden von allen Seiten mit eisernem Griff umspannt; aber von Baner und Torstensson[42] ermuntert, gehen sie unablässig zum Angriff über, um den Ring zu erweitern und den Druck aufzuheben. Die Feinde antworten mit Gegenangriffen, sie rücken den Schweden immer mehr auf den Leib und können ihnen keine Atempause. Die schwedischen Schwadronen schmelzen in dem mörderischen Nahkampf zusammen und halten ihre Stellung nur mit größter Mühe. Baner äußerte später, daß er einen grimmigeren Kampf nicht erlebt hätte. Je Schwadron hat ihre Geschichte zu erzählen. Kaspar Gadows Uppländer, Gustav Klingsors[43] Ostgötländer, Herzog Frans Hendriks[44] Deutsche, sie alle kämpfen und fallen mit unvergleichlichem Heldenmut. Die angeworbenen Soldaten, die eben noch aufsässig den schwedischen Kriegsdienst zu verlassen drohten, zeigen dieselbe Tapferkeit und Pflichttreue wie in Gustav Adolfs Tagen und erledigen ihre Gegner mit berufsmäßiger Tüchtigkeit.

Baner beobachtet wachsam alle Schwankungen des Kampfes. Anfangs beunruhigt es ihn nicht weiter, daß der Feind an Gelände gewinnt, weil er Leslie[45] und Vitzthum rechtzeitig Befehl gegeben hat, vorzurücken und den rechten Flügel zu stützen. Aber die Minuten gehen hin, eine Stunde verrinnt, und keine Verstärkungen sind zu erblicken. Es fängt an, bedrohlich auszusehen. Baners Reiter sind todmüde, und ihre Pferde stolpern, so überanstrengt sind sie. Baners Unruhe und Ungeduld wächst, die Lage des rechten Flügels wird immer kritischer, in Todesangst sieht Baner, daß die linke Flanke schon ganz entblößt ist. Vergebens sieht er um sich. Die Zeit geht hin, und von Verstärkungen ist nichts zu sehen. Nun geschieht, was er befürchtet hat. Es ist Hatzfeld endlich gelungen, etwas Ordnung in seine Truppen zu bringen, er schickt zehn Infanteriebrigaden vor, die den schwedischen Schwadronen in die Seite fallen und ihnen den Gnadenstoß geben sollen. Es hängt von Minuten ab, ob die Schlacht sich jetzt entscheiden wird. Da kommt endlich Leslie mit dem schwedischen Zentrum. Er hat einen beschwerlichen Weg zurückzulegen gehabt und hat nicht eher kommen können. Schleunigst schwenkt er nach links um den rechten Flügel und geht unmittelbar zum Angriff auf das

feindliche Fußvolk über. Das Musketenfeuer gibt ein donnerndes Echo zwischen den Bergen, die scharfen Spitzen der Piken sind nach vorn gerichtet, Leslies Brigaden[46] stehen im Nahkampf, der feindliche Vormarsch wird aufgehalten. Leslies Stoß kommt im rechten Augenblick. Der rechte Flügel erhält die ihm dringend nötige Atempause, die Lücke in der schwedischen Front ist gedeckt und das Gleichgewicht wiederhergestellt.

Aber wie eine Flutwelle schieben sich nun die kaiserlichen Elitetruppen, die Kürassiere,[47] gegen Leslies Frontabschnitt heran. Diese schwergewappneten Reiter auf ihren mächtigen Pferden hauen wie ein Donnerkeil auf die schwedischen Infanteriebrigaden ein, die nach dem anstrengenden Vormarsch müde und atemlos sind und sich von dem ersten heftigen Nachkampf noch nicht erholt haben. Die schwedische und die schottische[48] Brigade stehen im ersten Glied. Beide wehren sich tapfer, aber sie werden von den Reitern im Harnisch auseinandergesprengt und übel zugerichtet. Von den 892 Mann der schwedischen Brigade, die aus Kronobergern, Jönköpingern und Finnen[49] bestand, sind nach kurzer Zeit nur noch 308 Mann vorhanden, das heißt, etwa sechzig von Hundert sind nicht mehr in der Verfassung, kämpfen zu können. Von den 800 Schotten fallen 350 Mann. Auch Baners Leibregiment zu Fuß – das berühmte ‚Alte Blaue’ – , das sich links von den Schotten schlägt, verliert viel Blut. Alte Soldaten erzählen später, daß sie niemals ein so furchtbares Blutbad erlebt hätten. ‚Das greuliche Schießen’, schreibt ein Augenzeuge später, ‚das Geklapper der Harnische, das Krachen der Piken, das Geschrei der Verwundeten und die Kampfrufe der Angreifer machten im Verein mit den Trompeten und Trommeln eine erschreckliche Musik. Man sah nichts als eine dichte Rauch- und Staubwolke, die aussah, als wolle sie den grauenhaften Anblick der Verwundeten und Toten verhüllen’.

Der Kampf geht weiter. Auf seiten der Verbündeten werden ständig frische Truppen eingesetzt, unaufhörlich strömen neue Brigaden und Schwadronen den Abhang hinab, bald ist der größte Teil der Streitkräfte der Verbündeten im Kampf. Nichts scheint den Hammerschlägen dieser immer wieder einsetzenden Attacken widerstehen zu können. Die Initiative ist auf die Verbündeten übergegangen, Baner ist zur Defensive verdammt. Die Wirkung von Leslies Eingreifen  fängt an, sich zu verflüchtigen. Leslies schwedische Bauernjungen, schottische Veteranen und deutsche Landsknechte machen übermenschliche Anstrengungen; aber vor dem Druck der doppelten Übermacht müssen sie Zoll für Zoll zurückweichen. Leslie schickt Baners und Torstenssons Leibregimenter[50] zu Pferde vor, um den Angriff des Feindes aufzuhalten; aber sie können die Flutwelle nicht auffangen. Das schwedische Zentrum wird zurückgedrängt. Dazu beginnt der rechte Flügel der Schweden zu weichen, auch Tapferkeit hat eine Grenze. Noch hält der Bogen, aber er wankt. Die schwedischen Soldaten kämpfen mit dem Mut der Verzweiflung, aber ihre Hoffnung auf einen Sieg wird immer geringer. In den Reihen der Gegner dagegen kämpft man mit frischem Mut; denn man ist überzeugt, daß die Niederlage der Schweden nahe bevorsteht. Schon hört man die Trompeter der Sachsen zur Feier des Sieges Viktoria blasen, und von Mann zu Mann geht die freudige Botschaft, daß Baner gefallen oder gefangengenommen sei.

Aber Johan Baner ist noch am Leben, und gefangengenommen ist er auch nicht, doch macht er eine schwere Krise durch. Eine Niederlage scheint unabwendbar. Wo ist King mit dem linken Flügel, wo Vitzthum mit den Reserven ? Vom linken Flügel ist noch keine einzige Nachricht gekommen, hat er sich vielleicht verirrt ? Auch Vitzthum zögert trotz wiederholter Befehle, und die Ordonnanzen berichten, daß er widerspenstig geantwortet und außerdem umständliche Manöver vorgehabt habe. Baner quält sich, seine Nervosität steigt. Soll er alles verloren geben und sich für besiegt erklären ? Aber nun zeigt sich seine innere Kraft in ihrer ganzen Größe. Er beschließt, noch eine Weile auszuhalten; vielleicht kommt doch noch rechtzeitig Hilfe, vielleicht kann er die Niederlage wenigstens begrenzen. Es ist schon spät am Abend, und die Dämmerung bricht an. Gelänge es ihm doch, sich nur noch eine kurze Zeit zu halten, damit er sich im Schutz des Dunkels zurückziehen kann und so den bitteren Kelch der nicht bis zur Neige leeren muß ! Man kann sich Baner vorstellen, wie er finster und verschlossen zwischen seinen Adjutanten zu Pferde hält und beschließt, alles zu wagen. Die Machtposition Schwedens in Deutschland ruht in seinen Händen.

Noch einmal ermahnt Baner seine Truppen, standzuhalten, noch einmal versuchen die Offiziere, ihre Soldaten zum Angriff zu ordnen, noch einmal sammeln sich die gelichteten Scharen. Aber ihre Kraft ist gebrochen, ihre Schwerter sind stumpf geworden. Als die Sonne hinter den Hügeln des Scharfenbergs versinkt, weichen die Schweden in ungeordneten Trupps die Abhänge der Weinbergshöhe hinab; die Feldzeichen, die sich vom Abendhimmel abheben, verlassen eins nach dem andern die Kampflinie; einzelne Reiter sprengen schon an Baner vorüber, und im linken Flügel der Kampflinie werden Leslies Truppen unerbittlich zurückgetrieben. Die Abendschatten werden länger und dunkler. Baner kann sehen, wie die Verbände sich zu einem letzten Angriff sammeln. Das Ende ist nahe. Mit Bitterkeit muß er feststellen, daß er vor einer neuen Katastrophe steht, vor einem neuen Nördlingen.

Da hört er weit nach links, hinter der feindlichen Linie, eine Kanone die ‚schwedische Losung’ schießen. Der schwedische linke Flügel ist endlich eingetroffen. ‚Es war Staalhandske,[51] der in elfter Stunde Hilfe brachte’. Die wohlbekannten beiden Kanonenschüsse klingen den Schweden wie Musik in den Ohren. Im selben Augenblick brechen auch Vitzthums Reserven hervor und eilen dem schwedischen rechten Flügel zu Hilfe. Im Dämmerlicht können Freunde und Feinde sehen, wie Vitzthums Truppen in beschleunigtem Tempo über die Ebene heranmarschieren. In der letzten Stunde vor dem völligen Einbruch der Dunkelheit beginnt der Kampf von neuem. Baners Reiter und Leslies Soldaten haben plötzlich wieder Kraft gefunden. Die schwedischen Linien weichen nicht länger, sie rücken vor. Die Schweden treiben die Verbündeten unaufhaltsam zurück und nehmen die Weinbergshöhe wieder ein. Die kaiserlichen Soldaten werden verwirrt und unschlüssig. Jesus Maria, was geschieht denn dort im Westen, weshalb dieses heftige Kampfgetöse in der eigenen Stellung ? Sind die Schweden plötzlich im Rücken, ist alles verloren ? Das Musketenfeuer[52] auf dem Flügel nimmt zu, rot flammen die Salven durch die Dämmerung. Staalhandske mit den Smaalands- und Nylandsreitern dringt tief in die feindliche Stellung ein. Es ist, als ritten nächtliche Dämonen zur Attacke. Das Dunkel, die Ungewißheit und die wilden Schlachtrufe der Schweden jagen die Kaiserlichen in  schaudernden Schrecken.

Auf schäumenden Pferden bringen die Ordonannzen Hatzfeld die Nachricht, daß in Flanke und Rücken der Kaiserlichen plötzlich eine starke schwedische Kampfgruppe aufgetaucht sei, die nun mit aller Kraft vorwärts dränge. Jetzt endlich wird Hatzfeld die eigentliche Absicht des schwedischen Schlachtplanes und damit der bittere Ernst der Lage klar. Gezwungen, seinen rechten Flügel Baner zugewandt zu halten, hat er nun im Westen keinen Schutz mehr; wehrlos ist er der Umfassung Kings preisgegeben. In der Front und von der Seite angegriffen, sieht er sich mit einem Schlage der Früchte des Sieges beraubt und zum Rückzug gezwungen. Schon beginnt die kaiserliche Reiterei auf dem rechten Flügel zu fliehen und die Infanterie mit sich zu reißen. Hatzfeld muß das Spiel aufgeben. Er läßt seine Linien langsam zurückgehen, die Verwirrung unter seinen Soldaten steigt. Immer härter wird der Zugriff der Schweden.

Wie ein rettender Engel bricht die Dunkelheit herein. Die Schlacht kommt zum Stehen, das Musketenfeuer verstummt, der Kampflärm legt sich. Nur noch einzelne Schüsse sind aus dem Waldesdickicht zu hören; dort haben die Marodeure sich an ihr grausiges Handwerk, die Gefallenen und Verwundeten auszuplündern, gemacht. Die schwedischen Soldaten der vordersten Linie lagern sich todmüde neben ihren Biwakfeuern, sehen nach ihren Wunden, trinken einen Schluck Wein und schlafen über ihren Waffen ein. Baner dagegen gönnt sich keine Ruhe. Noch ein paar Stunden lang ist er im unklaren darüber, wie die Lage sich gestaltet hat. Aber nachdem King ihm Rapport erstattet hat, begreift er, daß er gesiegt hat und daß der Feind sich zurückziehen muß und den Kampf nur unter ungünstigen Umständen wiederaufnehmen kann. King erhält Befehl, den Feind sofort bei Tagesanbruch mit aller Kraft zu verfolgen. Auch die sonst noch verfügbaren Truppen sollen sich zum Kampf bereit halten und sich an den Gegner hängen. Baner will das Äußerste aus dem Sieg herausholen.

Die Verbündeten haben sich nach Einbruch der Dunkelheit ein Stück hinter das Schlachtfeld zurückgezogen, um ihre Verbände zu ordnen. Anfangs ist man geneigt, den Kampf am folgenden Tag wiederaufzunehmen. Als aber die Rapporte eingehen und die Gefangenen berichtet haben, hält man es für hoffnungslos, sich auf eine neue Schlacht einzulassen. Mit eigenen Augen können die Generale der Verbündeten ein paar hundert Meter weit entfernt die schwedischen Lagerfeuer im Dunkeln flackern und im Süden und Westen wie einen glühenden eisernen Bogen glimmen sehen. Ausgeruhte schwedische Reserven stehen zum Eingreifen bereit, und was hat man selbst an Widerstand zu bieten ? Die eigenen Verluste sind groß, und die Truppen sind sehr mutlos. Im Dunkel der Nacht schleichen sich Soldaten, ja ganze Abteilungen davon und fliehen nach allen Himmelsrichtungen. In einem zeitgenössischen Schmähgedicht jener Zeit heißt es:

,Kommt der Feind dann angezogen

Und die Kugeln hergeflogen,

ja, das ist der beste Mann,

der am ersten laufen kann’.

Nach einem verzweifelten Kriegsrat wird beschlossen, sofort den Rückzug anzutreten. Er geht in stock-finsterer Nacht vor sich; eine unglaubliche Verwirrung entsteht, alle Ordnung hat sich aufgelöst, jeder denkt nur an seine eigene Sicherheit. Mit Kurfürst Johann Georg an der Spitze, zieht eine ungeordnete Schar westlich auf Perleberg[53] und Werben zu. Die Reiterei sprengt an Tete voran, mühsam folgt die Infanterie. Kommandorufe ertönen, Soldaten fluchen, Pferde wiehern, und Troßwagen rumpeln durch die höllische Nacht. An Sieg und Ehre denkt niemand mehr, nur noch daran, das Leben zu retten. Die Verbündeten sind völlig zusammengebrochen.

Als Baner am anderen Morgen bei Sonnenaufgang auf die Stellungen der Verbündeten losmarschieren will, trifft er nur noch einen Haufen verlassener Kanonen und Munitionswagen. Sonntäglich feierliche Stille liegt über dem Ort, an dem tags zuvor die furchtbare Schlacht getobt hat. Tausende gefallener Soldaten zeugen von dem mörderischen Blutbad. Der kalte Septembermorgen entblößt die brutalen Einzelheiten des Kampfes. Aber die Lebenden marschieren weiter und stellen triumphierend fest, daß der Feind verschwunden und sein Lager geräumt ist. Wie Baner erwartet hat, sind auch King und Staalhandske fort. Der nächtliche Rück-zug der Verbündeten erfolgte direkt vor ihrem Lager, und der Lärm der marschierenden Truppen ließ sie rechtzeitig wissen, was beabsichtigt war. So standen Kings Soldaten im Tagesgrauen bereit, die Jagd aufzunehmen. Fortgeworfene Waffen und Monturen, verwundete Soldaten am Wege und zerbrochene Troßwagen in den Gräben zeigten, wohin der Feind gezogen war. Bei dem Dorf Glienecke,[54] eine halbe Meile von Wittstock, findet King den ganzen feindlichen Troß,[55] darunter die vergoldete Karosse des Kurfürsten, sein kostbares silbernes Tafelgeschirr und andere Kleinodien. Ein Augenblick, und der Troß hat seinen Besitzer gewechselt. Die Jagd geht weiter. Nachdem noch eine halbe Meile zurückgelegt ist, hat King das kaiserliche und sächsische Fußvolk erreicht, das vollständig zersprengt wird. Was nicht flieht, wird niedergehauen oder gefangengenommen. Noch ein Stück weiter trifft man auf die letzten Abteilungen der feindlichen Reiterei. Auch hier wird kurzer Prozeß gemacht. Bis nach Werben verfolgen die Schweden ihre fliehenden Gegner, der zu Tode erschrocken Schutz hinter der Elbe sucht. Von dem ganzen glänzenden Heer, das am 24. September bei Wittstock stand, findet sich kaum mehr die Hälfte; die Armee der Verbündeten ist in der Mitte auseinandergebrochen, und nur ein zerschundener Rest hat sich retten können.

Die Wege zwischen Wittstock und Werben liegen voller Beute, dem Lohn des Siegers. Ein herrlicher, ungewohnter Anblick für die armen schwedischen Soldaten, die sich die Taschen voller Schätze stopfen und Tausende von hochbepackten Wagen im Triumph nach Wittstock zurückfahren. Immer mehr Gefangene und Beute kommen im Laufe des Sonntags in das schwedische Lager. Jetzt erst kann der Sieg in seinem ganzen Ausmaß überblickt werden. Der Feind ist geschlagen und auf der Flucht, 151 Fahnen und Standarten sowie 33 Kanonen sind erobert, 2000 Gefangene eingebracht und große Vorräte beschlagnahmt worden. Viktoria !

Aber der Sieg ist teuer erkauft. Die Schweden haben 3133 Tote und an Verwundeten sechsundzwanzig vom Hundert der gesamten Streitmacht. Die höchsten Verluste haben die rein schwedischen Verbände, die auf den am meisten ausgesetzten Punkten kämpften. Die Toten des Feindes werden auf 5000 Mann geschätzt. Das ganze Schlachtfeld ist mit Leichen bedeckt, und besonders auf den Weinbergshöhen liegen ganze Haufen toter Soldaten. Auch die Soldaten, die viele Feldzüge mitgemacht haben, erklären, etwas Ähnliches noch nicht gesehen zu haben. ‚Sonst ist es so, daß die Erde sich über die Toten breitet’, schreibt ein zeitgenössischer Beobachter, ‚aber hier ist es umgekehrt, die Toten decken die Erde’ “.[56] Gadow selbst wurde in der Schlacht verwundet.[57] Der schwedische Hofhistoriograph Bogislaw Philipp von Chemnitz [9.5.1605 Stettin-19.5.1678 Hallsta, Gem. Västerås] berichtet über seinen Tod: „Wobey der Hertzog von Mechelburg[58] vnd dessen Leute vnd vnterthanen ihre wiedrige affection abermahl blicken lassen: In deme man diesen armen, krancken, gequetschten menschen [in der Schlacht bei Wittstock; BW] an manchern ort im Lande die thore vor der nase versperret, vnd sie in der kälte vnterm blawen himmel sich dergestalt zu behelffen gedrungen, das deren viele, die sonst noch wol genesen können, verdorben vnd vmbkommen. Insonderheit hatte der Hertzog zu Schwerin[59] dergleichen anordnung gemachet, das denen an solchen ort angewiesenen nicht nur frey quartier, sondern sogar losament vnd herberge vor ihr geld versaget worden: Worüber derer dreyzehn in einer nacht vorm thore erfroren, vnd, vnter andern, der Obr. Lieutenant Gadow, welcher viel jahr der Cron Schweden getrewe dienste geleistet, auch mit ritterlichem fechten bey der Schlacht ein bessers verdienet, da Ihm sonst noch wol zu helffen gewesen were, sein leben jämmerlich beschliessen müssen“.[60]



[1] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann einer Kompanie, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.

[2] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 504. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.

[3] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“.

Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen/ den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.

[4] Staßfurt [Salzlandkr.]; HHSD XI, S. 443ff.

[5] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.

[6] Major: Der Major war im Dreißigjährigen Krieg der Oberwachtmeister des Regiments (zunächst nur in der Infanterie). Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten, sorgte für die Instandhaltung ihrer Waffen, hatte die Aufsicht über die Munition und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte der Major für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht.

[7] N Klinckspor [ – ], schwedisches Major.

[8] Plünderung: I. Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kann nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich,  S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, dass wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, dass wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt’ “. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: „Von Gottes gnaden“ (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus Not verübt, da die Versorgung der Soldaten bereits vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. II. zum Teil aber auch bei Ausschreitungen der Bevölkerung, die sich an den Gütern der Flüchtlinge bereicherte, so z. B. 1629 in Havelberg: „Im Tempel war viel Gut in Kasten und Kisten, wovon die rechtmäßigen Besitzer das Wenigste wiederbekamen. Das meiste wurde den königlichen [Dänen], die während des Brandes darüber hergefallen waren, die Kirche zu plündern, und später den kaiserlichen Soldaten zuteil. Auch einigen Einwohnern und Benachtbarten, die keine Rechte daran hatten. Summa: Ihrer viele wurden arm; etliche mit unrechtem Gut reich“. VELTEN, Kirchliche Aufzeichnungen, S. 76-79, bzw. BRAUN, Marktredwitz, S. 84f., über die auch anderweitig übliche Plünderungsökonomie: „Hingegen ihre Herbergsleute, die sich vor diesem als Tagelöhner bei ihnen erhalten, die haben sich jetzt sehr wohl befunden; denn diese hatten keine Güter, daher gaben sie auch keine Kontribution. Und ein solcher Gesell hat allezeit so viel gestohlen, daß er sich [hat] erhalten können. Wie er ein paar Taler zusammengebracht, hat er gesehen, daß er von den Soldaten eine Kuh [hat] erkaufen können. Oder aber, er hat den Soldaten etwas verraten, do er dann von ihnen eine geschenkt und umsonst bekommen. Do [hat] er dann solche an einen anderen Ort getrieben und soviel daraus erlöst, daß er hernach 3 oder 4 von den Soldaten hat (er)kaufen können. Denn es ward so ein Handel daraus, daß man auch aller christlichen Liebe vergaß; vielweniger fragte man auch mehr nach Ehrbarkeit und Redlichkeit. Wie es dann auch soweit gekommen [ist], daß die Soldaten in einem Dorf das Vieh genommen und hinweg getrieben, und die Bauern als ihre Nach(t)barn in dem nächsten Dorf haben solches Vieh von den Soldaten erkauft und alsbald bei Nacht weiter getrieben und wieder verkauft. Und war schon fast ein allgemeines Gewerbe daraus. Ihrer viel[e] hatten sich auf diesen ehrbaren Handel gelegt, denn wenn ein Soldat eine Kuh gestohlen, wußte er schon seinen gewissen Kaufmann. Und wenn an manchem Ort eine Partei Soldaten mit einer geraubten Herd[e] Vieh ankam, da war bei etlichen gottlosen Menschen ein freudenreiches Zulaufen und Abkaufen, nit anders(t) als wenn zu Amsterdam in Holland eine indianische Flotte anlangte. Ein jeder wollte der nächste sein und die schönste Kuh er(kaufen); ungeachtet der armen Leute, denen das Vieh abgenommen worden, [die] allernächst auf der Seite mit jämmerlichen Gebärden standen und sich wegen der Soldaten nichts (ver)merken lassen durften“.

[9] Feldprediger, Feldkaplan: Im Codex Iuris Canonici (c. 564–572 CIC) bezeichnet der Begriff Kaplan einen Geistlichen mit einem extraterritorialen Seelsorgebereich für einen Sonderbereich, hier der Armee. Maximilian I. von Bayern hat für seinen Generalvikar Benedikt Rauh am 5.4.1642 eine ausführliche Instruktion erlassen; FRISCH, Rauh, S. 156f.: „Insbesondere sorge der von uns bestellte Generalvicar, dass die Feldcapellane, sowohl bei Infanterie als Reiterei, ein exemplarisches Leben führen. Wenn sie scandalös sich aufführen oder zur Verwaltung der Sacramente weniger tauglich erfunden werden, soll er sie verbessern, strafen, oder nach Fund der Sache vom Heere entfernen. Er soll drei oder vier Verkündiger des Wortes Gottes mit sich zum Heere bringen; sorgen, dass morgens und abends die Gebetsstunden eingehalten werden, zu welchen mit Trompeten etc. ein Zeichen gegeben wird; dan an Sonn- und Feiertagen bei jeder Legion öffentlich Messe gelesen und von den Capellanen Predigten gehalten werden, namentlich dass zur österlichen Zeit die Soldaten ihre Sünden bekennen, und zur heil. Communion gehen, wenn auch ihre Officiere andersgläubig sein sollten. Anstalten soll er treffen, dass kein Soldat, der tödtlich verwundet oder sonst gefährlich darniederliegt, der heil. Wegzehrung beraubt werde. Hauptsächlich soll er darauf sehen, dass die Officiere und Soldaten der Legionen die Concubinen und gemeinen Dirnen von sich entfernen oder zur Ehe nehmen; wenn sie mit guten Worten nicht gehen wollen, soll er sie öffentlich hinauswerfen lassen. Dann soll er dafür sorgen, dass er die schrecklichen Gotteslästerungen und Schwüre sowohl bei Officieren als Soldaten ausrotte, sowie die lasciven Worte. Zu diesem Zwecke soll er durch seine Feldcapellane alle und jeden in Glaubenssachen unterrichten und ihre Kinder im Katechismus belehren lassen. Wenn hierin der Capellan nichts ausrichte, soll er es dem Führer der Legion berichten, wenn dieser nichts zu Stande bringe, soll der Generalvicar es dem Obersten melden und wenn auch dieses nichts fruchte, die Hilfe des Generals in Anspruch nehmen. Nicht weniger bemühe er sich, dass die Feindschaften sowohl unter Hohen als Gemeinen auf jede Art und Weise beigelegt werden. Er selbst soll an Sonn- und Feiertagen vor dem Generalstab predigen. Damit dieses Alles besser vollzogen werde, soll er alle 8 oder wenigstens 14 Tage seine Capellane berufen und einem nach dem andern ausfragen und hören, was für Laster in dieser oder jener Legion grassieren, damit sie in Zukunft geheilt werden können. Endlich soll der General-Vicar so viel als möglich darauf sehen, dass die Kranken und tödtlich Verwundeten zur Reue, Beichte, Communion und wenn es nothwendig zur letzten Oelung disponirt werden; sollten Viele oder Wenige dem Heer nicht folgen können, soll er Geistliche zurücklassen, welche ihnen in ihren letzten Nöthen beistehen“. Eine ähnliche Funktion dürften auch die Feldprediger in den anderen Armeen gehabt haben, die die einzelnen Regimenter begleiteten. Vgl. dazu auch BRENDLE; SCHINDLING, Geistlichkeit.

[10] Johan Banér [Bannier, Panier, Panner] [23.6./3.7.1596 Djursholm-20.5.1641 Halberstadt], schwedischer Feldmarschall.

[11] blinde Charge: Schaukampf mit Platzpatronen.

[12] Schanze: geschlossenes, auf dem Feld angelegtes Erdwerk, zur Belagerung und zur Verteidigung. Schanzgräber waren für die Anlage von Belagerungs- und Verteidigungswerken zuständige Arbeiter (Schanzbauern), die im Tross des Heeres mitzogen und dem Schanzmeister unterstanden. Sie waren weitgehend verachtete Menschen, die in der sozialen Hierarchie der Heere nur wenig über den Prostituierten standen und schlecht bezahlt wurden. Auch verurteilte Straftäter wurden zu Schanzarbeiten herangezogen. Diese „Condemnatio ad opera publica“, die Verurteilung zu Schanzarbeiten, war als Todesstrafe in absehbarer Zeit gedacht. Bürger und Geistliche der besetzten Städte sowie Klosteruntertanen, die zu diesen Arbeiten verpflichtet bzw. dafür ausgelost wurden, empfanden diese schwere Arbeit als ehrenrührig und entzogen sich ihr durch die Flucht. Zum Teil wurden Kinder ab 12 Jahren zu dieser schweren Arbeit eingesetzt, ganze Schulklassen dazu getrieben. Vgl. auch die Beschreibung der Drangsalierung der Bürger Iglaus 1647 bei STERLY, Drangsale. Um seine eigenen Truppen zu schonen, zwang Johann von Götz bei der Belagerung der Feste Marienberg (Würzburg) eine große Anzahl von Bauern der Umgebung, Schanzarbeiten zu verrichten, ‚vnd die Stücke, die Er mit Pferden nicht dahin bringen konnte, hinauffzuziehen: Worüber dan viele todt geblieben, vnd daher die Bauren aller orten sich häuffig absentiret vnd verlauffen‘ (CHEMNITZ, Königlich Schwedichen […] II, S. 581). Auch eingeflüchtete Bauern wurden zu diesen schweren Arbeiten gezwungen. Im schwedischen Heer wurden dazu bevorzugt die ohnehin sozial deklassierten Finnen eingesetzt (vgl. auch TOEPPEN, Hoppes Chronik, S. 77). Reichskanzler Oxenstierna hatte auch den Frankfurtern die Verpflichtung der Bettler zum Festungs- bzw. Schanzenbau empfohlen. Im 17. Jahrhundert wurden zunehmend auch Soldaten durch die Aufnahme der Schanzpflicht in die Artikelbriefe für Schanzarbeiten herangezogen; ein Versuch der Fürsten, ein bisher ungenutztes Reservoir an billigen Arbeitskräften zu erschließen, eine Reaktion auf die neuen militärischen Erfordernisse (Belagerungs- und Grabenkrieg, Ausbreitung der Festungen) und Ausdruck des fürstlichen Willens, die Soldaten körperlich, geistig und sittlich zu disziplinieren (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 138, 255).

[13] Werben (Elbe) [LK Stendal].

[14] GEIß, Chronik, S. 102.

[15] Nienburg (Saale) [Salzlandkreis]; HHSD XI, S. 350f.

[16] Krankenversorgung: Kranke und verwundete Soldaten blieben zumeist in Städten und Orten zurück und fielen diesen zur Last – sofern sie keine Familie als Schutzgemeinschaft im Lager besaßen – , obgleich man dort zum Teil die Aufnahme der Kranken aus Furcht vor der Ausbreitung von Seuchen und vor den Kosten verweigerte. Johann Ernst von Sachsen-Weimar war einiger der wenigen, denen das Wohl der Soldaten am Herzen lag. LANGER, Heeresfinanzierung, S. 296: „Derselbe Fürst [Johann Ernst v. Sachsen-Weimar] und Heerführer sandte im Herbst des Jahres 1625 an seinen Kriegsherrn, König Christian IV. von Dänemark, ein Memorial, das die Unterbringung und Versorgung von 4.000 kranken Soldaten betraf. Die Finanzierung oblag der Kriegskasse. Johann Ernst schlug vor, je zehn Kranke einer Pflegerin gegen einen Wochenlohn von einem Gulden anzuvertrauen. Es mußten also vierhundert ‚Weiber‘ gewonnen werden, dazu noch drei bis vier Ärzte, ein Apotheker und ‚etliche Prediger‘, letztere für ein Monatsentgelt von 25 Gulden. Die Verpflegung sollten umherfahrende Marketender liefern gegen Barzahlung, die aus dem Pflegegeld abgezweigt wurde. Nach diesen Angaben war bei gleichbleibender Krankenzahl eine wöchentliche Ausgabe von weit über 400 Gulden nötig. Es scheint allerdings, daß ein solcher Aufwand mit untauglichen Söldnern eher selten war“. Verwundete erhielten z. B. im Neumarkter (Oberpfalz) Lazarett 1647: ein gemeiner Soldat wöchentlich 1 fl. 30 kr.: ein Feldwebel oder Korporal täglich 18 kr.; RIED, Neumarkt, S. 106. Finanziert wurden die Spitalkosten über die erhobenen Kontributionen. Daher liegen die Kosten für die medizinische Notversorgung, für das Feldspital (ein studierter Arzt erhielt etwa 260 fl., der „Chirurgus“ 60 fl. monatlich), in der Hauptkostenrechnung nur bei 1 %. Allerdings sorgten die kranken Soldaten in den Städten auch für Unruhe; Aus dem Memorial der Paderborner Regierungskanzlei, 26.9.1636, für den kaiserlichen Obristen Wilhelm v. Westphalen; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 175: „Alhie verbliebene krancke soldaten und sonderlich von Rabischen [kaiserlicher Obrist Johann Raab; BW] regiment stellen sich fast mutwillig an, in deme dieselbe nicht allein ihr logament ruiniren, alles darin verbrennen, und [solchen fast groß = gestrichen] solche feur anlegen, daz auch die benachbarte [Nachbarn; BW] ja die gantze stadt daruber in gefahr kommen sollte, sondern sich auch so weit verkünnen, daz sie nicht schewen den burger die schweine abzunehmen und zu schlachten“. MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Theil, S. 615: „Der Erzherzog [Leopold Wilhelm; BW] hatte, weil Zaradecky bey ihm anhielte, ein Schreiben an Lodron und Beierlein ausfertigen laßen, daß die Stadt über 500 kranke Soldaten einnehmen, verpflegen und mit Arzneyen versehen solle. Auf inständiges flehentliches Bitten D. Höfels versprach der Erzherzog die Stadt zu verschonen und die Kranken auf die Dörfer zu legen. Nichts destoweniger kam den 21. Mai ein Schreiben, daß die Stadt gedachte Soldaten in ihre Dörfer nehmen und sie 14 Tage lang obgedachter Maßen verpflegen sollte. Es blieb aber auch nicht bey den zu der Stadt gehörigen Dörfern, sondern täglich kamen welche in die Stadt, die man in das Waisenhaus und in die Bürgerscheune legte“.

[17] contagios: ansteckend. Die meisten Opfer des Krieges forderten Krankheiten und Epidemien wie Pest, Pocken, Blattern, Ruhr, Ungarische Krankheit etc., die von den Soldaten eingeschleppt wurden oder durch Unternährung, Frost etc. begünstigt wurden. In einem zeitgenössischen Bericht heißt es: „Imgleichen wahr unleugbars das etzliche und viele todte Corper in den heußeren gefunden so eins theils thodt geschlagen, andertheils vonn Kranckheit und Armodt gestorben, die denoch vonn den Kriegsleutten durch arme und beine gestochen, uhme zuersehen, ob sie den doet fingirten, sonder ob es auß Kranckeit oder anderer Gestalt beschehe“. SÖNNERT, Lembeck, S. 167. Der Rat von Osnabrück lehnte 1642 die Aufnahme ruhrkranker schwedischer Soldaten des in schwedischen Diensten stehenden schottischen Stadtkommandanten J. Lumbsdain ab; STEINWASCHER; RÖTRIGE, Krieg, S. 79.

[18] KRAUSE, Urkunden Bd. 3, S. 522.

[19] KRAUSE, Urkunden Bd. 3, S. 530.

[20] 24.9./4.10.1636: Schwedische Truppen (9150 Berittene und 7228 Infanteristen) unter Johan Banér schlagen die kaiserlich-sächsischen Truppen (9000 Berittene und 9000 zu Fuß) unter Melchior von Hatzfeldt. Dadurch konnten die schwedischen Kontributionsgebiete wieder ausgeweitet werden; Banér hatte bewiesen, dass mit Schweden als Militärmacht in dieser Kriegsphase wieder zu rechnen war. Vgl. Eigentlicher Verlauff Des Treffens bey Wittstock / etc. vorgangen den 4. October / 24. September 1636 [VD17 23.313240S]. Vgl. die hervorragende Edition von EICKHOFF; SCHOPPER, 1636; MURDOCH; ZICKERMANN; MARKS, Battle of Wittstock; ferner HÖBELT, Wittstock; HEßELMANN, Simpliciana XXXIII.Wittstock [Kr. Ostprignitz/Wittstock]; HHSD X, S. 394ff.

[21] Generalleutnant: Der Generalleutnant vertrat den General bzw. Feldherrn und war in der kaiserlichen, kurbayerischen, dänischen und schwedischen Armee der höchste Befehlshaber und Stellvertreter des Kaisers und des Königs/der Königin, mit weitgehenden politischen und militärischen Vollmachten. Über ihm stand nur noch der „Generalissimus“ mit absoluter Vollmacht. Als Rekompens erhielt er für seine Leistungen Landzuweisungen (zumeist aus eroberten Gebieten oder den sogenannten „Rebellengütern“) sowie die Erhebung etwa in den Grafen- oder Herzogsstand. Als Stellvertreter seines Dienstherrn führte er Verhandlungen mit den Ständen, erzwang die Depossedierung von Adligen und Absetzung von Territorialherrn in den besetzten Gebieten und lenkte durch seine Abgesandten auch Friedensverhandlungen. Wichtige Träger der gesamten Organisation des Kriegswesens waren dabei die Generalkriegskommissare und die Obristen, die in der Regel nach ihm oder nach seinen Vorschlägen bestallt wurden.

[22] Hans (VI.) (Johann) Vitzthum v. Eckstädt [1595-11.1.1648 Sommerschenburg], schwedischer Obrist.

[23] Parchim; HHSD XII, S. 77f.

[24] Johan Banér [Bannier, Panier, Panner] [23.6./3.7.1596 Djursholm-20.5.1641 Halberstadt], schwedischer Feldmarschall.

[25] Fretzdorf [Kr. Ostprignitz/Wittstock]; HHSD X, S. 185f.

[26] Finnen, auch hagapells, hakkapeller genannt: [nach hakkaa päälle: hau drauf] Sammelbegriff für Finnen, Lappen und Finnlanddeutsche im schwedischen Heer. Bei den finnischen Verbänden wäre zu differenzieren zwischen Finnländern und Finnlandschweden (Soumen Ruotsalaiset), Deutschen in Finnland. Vgl. die zahlreichen Arbeiten von PLEISS. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. In der schwedischen Propaganda wurden die Finnländer – als „Truppe des Schreckens“ – als Pendant zu den in kaiserlichen Diensten stehenden Kroaten aufgebaut, die Gustav Adolf als des „Teufels neuen Adel“ bezeichnete. Die Wirklichkeit jedoch sah anders aus, auch wenn sie von Zeitgenossen als wild und brutal beschrieben wurden. Zudem standen sie im Verdacht, Wetter machen zu können und den Teufel anzubeten. Vgl. WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 241 (1647): „So ist aber ein solches ungewüdter, luft, saußen und braußen eben zur selben zeit, wol 2 oder 3 tag und nacht lang, angestanden, daß vermaint, eß werde alle heyßer und palest zue haufen werfen, also und daß sich kain schüff von dannen sich möchte bewögen; hat man auch gänzlich dafürgehalten, haben solches (weilen diese Lapp- und Seeländer in dißer und dergleichen hexen- und unholden künsten wol erfahren und bey ihnen für ain freye kunst gehalten und paßirt) ungewidter selbsten gemacht und verzoberet. Dan man für gewiß gesagt, dass ain ganzes regiment under ihnen dem schwarzen Caspar ergeben und verschriben seye, welcher ihnen den weg naher dem Haagen als vorher geloffen und paßiert. Wie dan auch von Eyßne oder Kämpten wird bericht, daß sie ihnen den M. Hämmerlein in ainem glaß gezaiget: diß seye ihr obrister, deme seyen sie verlobt und geschworen, deßen seyen sie mit leib und seel versprochen, dere ihnen trewlich halt und sie ihme redlich dienen“. Auch in Zeitzeugnissen wurden sie als „gottlose, schändliche Menschen, Saumagen“ bezeichnet (so WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 46).

Die Finnländer – „von Natur aus gesetzlose Viehdiebe“ (BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 56), die anfangs noch unzureichend montiert zum Teil mit Pfeil und Bogen in den Kampf zogen – standen sozial auf der untersten Stufe des schwedischen Heeres, wurden bei Angriffen als erste aufgeopfert und zu Arbeiten herangezogen, die der gewöhnliche Soldat ablehnte oder nur unter Zwang verrichtete. Sofern eine Entlöhnung überhaupt erfolgte, wurden sie regelmäßig vergessen, oder es wurden ihnen nie eingelöste Verschreibungen ausgestellt. Obwohl die Finnländer nur geringe Chancen hatten, sich in Deutschland in Sicherheit zu bringen, war ihre Desertionsquote mindestens doppelt so hoch wie diejenige der schwedischen Soldaten. Jeder 5. Finne desertierte. Finnische Reiterregimenter wurden z. B. schlechter besoldet als nationalschwedische. Vgl. die Äußerungen Axel Oxenstiernas über die in Königshofen im Grabfeld liegenden Finnen gegenüber dem schwedischen Statthalter in Franken, Krafft von Hohenlohe, Schleusingen, 1632 XI 27; PLEISS; HAMM, Dreißigjähriger Krieg, S. 49: „Wie ich vorgestrigen dages nahe Königshofen offen, befinde ich die wenige Finnen, so daselbst in Guarnison ligen, zimblich nackhendt und unbeklaidt, auch etwas verdrossen daß sie so gar übel accomodiret, dannenhero sie auch umb dimission, inn ihr vatterlandt widerumb zu ziehen, mir instendig nachgeruffen. Weil dann ich sie zur verdrossenheit ohnedem geneigt weiß, zumahlen sie eine so geraume zeit hero stets an selbigem ort inn guarnison gelegen, unnd nicht wie andere knechte, so zu felde gebrauchet werden, ihnen etwas profit machen oder unnterhalt verschaffen können … bitte, die anordnung zu machen, daß von der regierung daselbst zu einem kleidigen ausgetheilet werde, damit sie gleichwol inn etwas contentement und ergetzlichkeit wider haben mögen“. Vgl. auch BECK, Chronik, S. 26 [Schweinfurt 1631]: „Mit dem König war auch ein Regiment Finnen zu Pferde eingezogen, und hatte auf dem Markte Halt gemacht. Ihr schwaches und mattes Aussehen, ihre geringe, wetterfarbene Bekleidung, ihre kleinen und unansehnlichen Pferde ließen eben nicht viel erwarten, und hätte nicht die Welt von ihren Thaten zu Leipzig gehört gehabt, hätte man wohl fast zweifeln mögen, ob sie auch einen Marsch bis Würzburg auszuhalten im Stande seien. Aber die Bewunderung abnöthigende Schnelligkeit ihrer Bewegungen und die prompte Ausführung jedes Commando’s, ja jedes Winkes der Offiziere erweckte bald bessere Begriffe, die sich, da man noch nicht so ganz wußte, wie die Sache ablaufen werde, allmählig beinahe in Furcht verwandelten“. Vgl. auch die zeitgenössische Einschätzung; GOTTFRIED, ARMA SVEVICA, S. 72: „An den Finnen und Schweden hette der König diese Vortheil: 1. Könnten sie Frost vnd Kälte besser als Hitze vertragen. 2. Lieffen eher nicht / biß sie gleichsam mit der Natur fechten müsten. 3. Behülffen sie sich kläglich. 4. Ohne alle Meutenacion. 5. Weren vnverdrossen / vnd mit devallisiren fest nit zu erschöpffen / so weit es nicht leicht ein ander Herr mit seinen Vnterhanen gebracht“.

Zum Teil waren sie noch aus Mangel an Ausrüstung noch mit Bogen bewaffnet. Kommandierender der 1. Finnen-Schwadron war Torsten Stålhandske. Vgl. LANGER, Formen der Begegnung, S. 84f. Zum zeitgenössischen Bild der Lappländer (auch sarkastisch „Lippenländer“, etwa „gefräßige Personen“ genannt) vgl. OPEL; COHN, Dreißigjähriger Krieg, S. 242ff. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. Nach dem Krieg wurden zerstörte Orte wie z. B. Torgelow [LK Uecker-Randow/Mecklenburg-Vorpommern] auf Befehl Christinas von Schweden mit Finnen und Livländern neu besiedelt. Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; 1625 soll Banérs Armee bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) meist als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Eine Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die von Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, und den von den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten bastanten Armeen erscheint jedoch überflüssig. Nach ENGLUND, Die Verwüstung Deutschlands S. 76, waren 1630 bereits jeder 10. Schwede und jeder 5. Finne desertiert. Nach LUNDKVIST, Schwedische Kriegsfinanzierung S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. Zu den Verlusten LINDEGREN, Frauenland, S. 145: „Grob gerechnet kann man behaupten, daß in der ganzen Periode von 1620 bis 1720 ca. 75 % aller Todesfälle auf Krankheiten und andere Entbehrungen zurückzuführen sind. Ca. zehn Prozent starben in Kriegsgefangenschaft. Die restlichen 15 Prozent fielen bei Kampfhandlungen. Ungefähr ein Drittel dieser direkt kampfbezogenen Todesfälle geschah im übrigen im Zusammenhang mit Belagerungen. Große Feldschlachten und kleinere Gefechte forderten im allgemeinen nicht besonders viele Todesopfer, vergleicht man sie mit dem Alltag des Krieges. […] Die Zahl der toten Soldaten kann total auf 1,7 Millionen geschätzt werden. Von diesen starben gut eine Viertel Million im Feld oder infolge von Kampfhandlungen; gut eineinviertel Millionen fielen dem ‚Alltag des Krieges‘ zum Opfer“. => Mortalität.

[27] Schotten: Von 1626-1632 dienten 25.000 Schotten unter Christian IV. u. Gustav Adolf, was etwa 10 % der Gesamtbevölkerung Schottlands entsprach; PARKER, Military Revolution, S. 200, Anm.17. 1630 hatte Gustav Adolf 13 Schottenregimentern mit fast 1.000 Offizieren unter seinem Kommando; MINHA, Walter Graf Leslie, S. 139, Anm. 23: Damit „wurde das Schwedenheer zur großen Kriegsschule des anglo-schottischen Adels für den späteren Machtkampf zwischen König und Parlament in der Heimat“. Zur Motivation schottischer Söldner MAHR, Oberst Robert Monro, S. 54: „Hier ist auch zu sehen, dass der Baron von Foulis edlen Andenkens es nicht für eine Beeinträchtigung seines Ansehens hielt, zuerst meinem Lord Reay und seinem Regiment als Freiwilliger zu folgen, bis er einige Gefechte gesehen und einige Erfahrung gesammelt hatte. Dann begann er mit einer Kompanie und wurde zuletzt mit Ansehen Obrist eines Regiments zu Fuß und zu Pferd. So ermunterte er andere seines Namens und seiner Verwandtschaft, seinem Beispiel zu folgen und ehrenvoll im Ausland zu leben, anstatt ihren Freunden zu Hause, wie es viele tun, zur Last zu fallen. Dabei müssen sie, wie wir in Schottland sagen, für einen halben Laib Brot springen, während andere aufgrund ihrer Tapferkeit nobel im Ausland leben, sich Diener leisten können und von silbernen Tellern speisen“. In erster Linie heranziehen ist die große Datenbank von Steve MURDOCH, SSNE; dort auch jeweils die neueste Literatur, bzw. dessen Veröffentlichungen => Literaturregister. Bei der Zusammensetzung der schwedischen Armee Gustavs II. Adolf bis Ende 1632 werden folgende Zahlen angenommen: Schweden 8.000 (5, 5 %), Finnen 3.000 (2, 0 %), Deutsche Söldner: Alte Regimenter (vor Juli 1630 aufgestellt) 15.000 (10, 5 %) Neue Regimenter 65.000 (44, 5 %) Britische Söldner 7.000 (5, 0 %) Verbündete: Sachsen 17.000 (11, 5 %) Brandenburg 6.000 (4, 0 %) Hessen-Kassel 6.000 (4, 0 %) Mecklenburg 4.000 (2, 5 %) Stadtmilizen ca. 15.000 (10, 5 %) Gesamtzahl 146.000. Von diesen ca. 150.000 Mann war etwa die Hälfte im Garnisonsdienst eingesetzt, der Rest war auf die verschiedenen Armeekorps aufgeteilt, deren Größe zwischen 3.000 und 20.000 Mann lag. Im Falle einer möglichen Schlacht wurden diese dann vorübergehend zusammengezogen. Angaben nach BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 69; ENGERISSER, Von Kronach. Je nach Kriegslage schieden nach Gustav II. Adolfs Tod Verbündete wieder aus, der Anteil der Deutschen unter schwedischer Fahne stieg jedoch weiter an. Vgl. MILLER, Swords for hire.

[28] Engländer: Unter den englischen Truppen befand sich ein hoher Anteil an von den Lord Lieutenants zwangsrekrutierten, aus dem Königreich ausgewiesenen Kriminellen und Asozialen, den „masterless men,“ [BEIER, Masterless Man; allgem. auch GEREMEK, Geschichte der Armut; z. B. auch die Chronik des Heinrich v. Weseken aus Wesel (1614); BAMBAUER; KLEINHOLZ, Geusen und Spanier, S. 354: „28. Novembr[is] ist hier auff dem Marckt ein Schott auffgehenckt, der Tags zuvor begangenen Einbruchs und Diebstals halber gefangen, die anderen sind weg kommen“] die unter der Bedingung amnestiert worden waren, z. T. unter Androhung der Todesstrafe, nie wieder nach England zurückzukehren [MASSON, Register of the Privy Council of Scotland. Second Series 1: 1625-1627, S. 385, 542f.; BRUCE, Calendar of State Papers. Domestic Series 1628-1629, S. 395, 568; OGLE; BLISS, Calendar of the Clarendon State Papers Preserved in the Bodleian Library I: Domestic 1628/29, S. 395, 568; FISHER, The Scots in Germany, S. 91]. Schon bei der Aushebung der Truppen für Mansfeld hatten die Lord Lieutenants befehlsgemäß die für die Landesdefension benötigten „trained bands“ geschont und Gesindel rekrutiert [LOCKYER, Buckingham, S. 207f. Das galt auch für die Rüstungen 1625-1627; FORTESCUE, A History of the British Army Bd. 1, S. 191-194; allgem. auch COGSWELL, The Blessed Revolution, für die Zeit 1621-24, zu den englischen Zwangsabgaben CUST, The Forced Loan. Vgl. die Nachrichten über englischen Truppen für Christian IV., die zuerst in den Generalstaaten unterhalten wurden; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kasten schwarz 51, fol. 155′ (Konzept): Maximilian I. an Ferdinand II., München, 1626 XI 04]. Das war eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, mit Randgruppen fertig zu werden [Nach HAY, War, S. 117ff., eine Möglichkeit der Verringerung der Kriminalität (so auch BEHRINGER, Mörder), was SHARPE, Crime, S. 62-63, 119ff., allerdings in Frage stellt] und gleichzeitig seine Verpflichtungen gegenüber seinen Verbündeten zu erfüllen.

[29] James [Jakob] King of Birness and Dudwick, Baron Eythin und Baron Sandshult [Kieg, Kinge, Kyng, Kingy, Kink, Kurden] [1589- 9.6.1652], schwedischer Generalleutnant. MURDOCH, SSNE ID: 2814; BLACKER, Brief Sketches, S. 364f.

[30] Nicht identifiziert.

[31] Natteheide, heute Ortsteil von Heiligengrabe [LK Ostprignitz-Ruppin].

[32] Papenbruch, heute Ortsteil von Heiligengrabe [LK Ostprignitz-Ruppin].

[33] Torsten Stålhandske [Stolhanscha, Stahlhandschuh, Stahlhanndtschuch, Stalhans, Stallhans, Stalhansch, Stallhuschl, Stalhanß, Stallhaus] [1594 Porvoo/Borgå (Finnland)-21.4./1.5.1644 Haderslev/Nordschleswig], schwedischer Generalmajor.

[34] Schwadron: Im 16. Jahrhundert bezeichnete Escadre (von lateinisch exquadra Gevierthaufen, Geschwader) eine Stellungsform des Fußvolks und der Reiterei, aus welcher im 17. Jahrhundert für letztere die Eskadron, für ersteres das Bataillon hervorging. Ca. 210 Pikeniere sollten eine Schwadron bilden, 3 eine Brigade. Die Schwadron der Reiterei entsprach der Kompanie der Fußtruppen. Die schwedische Kompanie (Fußtruppen) bestand nach Lorenz TROUPITZ, Kriegs-Kunst / nach Königlich Schwedischer Manier eine Compagny zu richten, Franckfurt 1638, aus drei Schwadronen (zu Korporalschaften, eine Schwadron entsprach daher dem späteren Zug).

[35] Musketier: Fußsoldat, der die Muskete führte. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. MAHR, Monro, S. 15: „Der Musketier schoß mit der Luntenschloßmuskete, die wegen ihres Gewichtes [etwa 5 kg] auf eine Gewehrgabel gelegt werden mußte. Die Waffe wurde im Stehen geladen, indem man den Inhalt der am Bandelier hängenden hölzernen Pulverkapseln, der sog. Apostel, in den Lauf schüttete und dann das Geschoß mit dem Ladestock hineinstieß. Verschossen wurden Bleikugeln, sog. Rollkugeln, die einen geringeren Durchmesser als das Kaliber des Laufes hatten, damit man sie auch bei Verschmutzung des Laufes durch die Rückstände der Pulvergase noch einführen und mit Stoff oder Papier verdämmen konnte. Da die Treffgenauigkeit dieser Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Die Verbände waren dabei in sog. Treffen aufgestellt. Dies waren Linien zu drei Gliedern, wobei das zweite Treffen etwa 50 Schritt, das dritte 100 Schritt hinter der Bataille, d. h. der Schlachtlinie des ersten Treffens, zu stehen kamen, so daß sie diese bei Bedarf rasch verstärken konnten. Gefeuert wurde gliedweise mit zeitlichem Abstand, damit für die einzelnen Glieder Zeit zum Laden bestand. Ein gut geübter Musketier konnte in drei Minuten zwei Schuß abgeben. Die Bleigeschosse bis zu 2 cm Kaliber verformten sich beim Aufprall auf den Körper leicht, und es entstanden schwere Fleischwunden. In den Kämpfen leisteten Feldscherer erste Hilfe; doch insgesamt blieb die medizinische Versorgung der Verwundeten mangelhaft. Selbst Streifschüsse führten oft aufgrund der Infektion mit Tetanus zum Tode, erst recht dann schwere Verletzungen“. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet den einzigen bisher bekannten Fall (1634), dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe. SCHLOTTER; SCHNEIDER; UBBELOHDE, Acta, S. 194. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics;  EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.

[36] Johann Georg I. Kurfürst v. Sachsen [5.3.1585 Dresden-18.10.1656 Dresden].

[37] Melchior Reichsgraf Hatzfeldt v. Gleichen [20.10.1593 Crottorf-9.11.1658 Schloss Powitzko bei Trachenberg/Schlesien], kaiserlicher Feldmarschall.

[38] Rudolf Freiherr auf Hohenelbe, Eglitz u. Platten, Graf (1636) v. Morzin [Marazin, Marazini, Marrazino, Marzin, Marotzin, Morazin, Moritzin] [um 1585 – 1646 Prag], kaiserlicher Feldmarschall.

[39] Muskete: I. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I.

II. Es gab auch Jagdmusketen mit kleinem Kaliber und langem Lauf, die von Scharfschützen verwendet wurden.

[40] Pike: Landsknechtspieß von 3 bis 5 m Länge, die entscheidende Waffe des in geschlossenen Haufen kämpfenden Fußvolkes. Die Pikeniere bildeten die unterste Klasse des Fußvolks. Bei einem Reiterangriff richteten die ersten beiden Reihen des Fußvolkes die Piken gegen die Angreifer. Die Pike war eher eine Defensivwaffe, da die Pikeniere den Rückhalt für die beweglicheren Musketiere bildeten (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, S. 89 f.). Hochrangige Offiziere wie Piccolomini behaupteten gern von sich, sie hätten das Kriegshandwerk „von der Pike auf“ („con una picca“) gelernt.

[41] James [Jakob] King of Birness and Dudwick, Baron Eythin u. Baron Sandshult [Kieg, Kinge, Kyng, Kingy, Kink, Kurden] [1589-9.6.1652 Stockholm], schwedischer Generalleutnant. MURDOCH, SSNE ID 2814.

[42] Lennart Torstensson [Torstensohn, Torsten-Sohn], Graf zu Ortala u. Freiherr v. Virestad [17.8.1603 Forstena im Kirchspiel Västra Tunhem (Västergötland)-7.4.1651 Stockholm], schwedischer Feldmarschall.

[43] Gustav Klingsor [ – ], schwedischer Obrist.

[44] Franz Heinrich v. Sachsen-Lauenburg [9.4.1604-26.11.1658], schwedischer Obrist.

[45] Alexander Leslie [Lesley, Lesle, Lessle, Lassle, Letzle, Lasle, Lesly], 1st earl of Leven [um 1580-4.4.1661 Balgonie, Fife], schwedischer Feldmarschall. MURDOCH, SSNE ID: 1; dort auch weiterführende Literatur; McANDREW, Scotland’s Historical Heraldry, S. 513ff.

[46] Brigade: Anfangs bestand die schwedische Brigade aus 4 Schwadronen (Squadrons) oder Halbregimentern, also 2016 Mann und 256 Offizieren, ab 1631 nur noch aus 3 Schwadronen Fußvolk zu je 504 Mann und 64 Offizieren. Die insgesamt 1512 Mann waren in 648 Pikeniere und 864 Musketiere eingeteilt, die in Rotten zu je 6 Mann aufgestellt waren.

[47] Kürassier: Kürisser, Kyrisser, Corazzen (franz. Cuirasse für Lederpanzer (cuir = Leder). Die Kürassiere waren die älteste, vornehmste – ein gerade daher unter Adligen bevorzugtes Regiment –  und am besten besoldete Waffengattung. Sie gehörten zu den Eliteregimentern, der schweren Reiterei, deren Aufgabe im Gefecht es war, die feindlichen Linien zu durchbrechen, die Feinde zur Flucht zu nötigen und damit die Schlacht zu entscheiden. Sie trugen einen geschwärzten Trabharnisch (Brust- und Rückenharnisch, den „Kürass“), Ober- und Unterarmzeug, eiserne Stulphandschuhe, Beinschienen und Stulpstiefel mit Sporen, Schwert oder Säbel und zwei lange Reiterpistolen, die vor dem Aufsitzen gespannt wurden. Im späten 16. Jahrhundert wurde es in der schweren Reiterei üblich, einen knielangen Küriss ohne Unterbeinzeug zu tragen. Der Kürass wurde mit 15 Rt. veranschlagt. SKALA, Kürassiere; WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd. Nach LICHTENSTEIN, Schlacht, S. 42f., musste ein dänischer Kürassier mit einem mindestens16 „Palmen“ [1 Palme = 8, 86 cm] hohen Pferd, Degen u. Pistolen antreten. Der Kürass kostete ihn 15 Rt. Er durfte ein kleineres Gepäckpferd u. einen Jungen mitbringen. Der Arkebusier hatte ebenfalls Pferd, Degen u. Pistolen mitzubringen, durfte aber ein 2. Pferd nur halten, wenn er v. Adel war. Für Brust- u. Rückenschild musste er 11 Rt. zahlen. Der Infanterist brachte den Degen mit u. ließ sich für das gelieferte Gewehr einen Monatssold im ersten halben Jahr seines Dienstes abziehen. Bei der Auflösung des Regiments erhielten die Soldaten sämtl. Waffen mit einem Drittel des Ankaufspreises vergütet, falls der Infanterist noch nicht 6 Monate, der Kavallerist noch nicht 10 Monate gedient hatte; andernfalls mussten sie die Waffen ohne jede Vergütung abliefern. Der Kürassier erhielt für sich u. seinen Jungen täglich 2 Pfd. Fleisch, 2 Pfd. Brot, 1/8 Pfd. Butter oder Käse u. 3 „Pott“ [1 Pott = 4 Glas = 0, 96 Liter] Bier. Arkebusier u. Infanterist bekamen die Hälfte. Die tägliche Ration betrug 12 Pfd. Heu, Gerste oder Hafer je nach den Vorräten. An das Kommissariat musste der Kürassier für Portion u. Ration monatlich 7 Rt., an den Wirt im eigenen oder kontribuierenden Land musste der Kürassier 5, der Unteroffizier 4, der Sergeant 3, Arkebusier u. Infanterist 2 1/2 Rt. zahlen. Im besetzten Land, das keine Kontributionen aufbrachte, wurde ohne Bezahlung requiriert. Ein Teil des Handgeldes wurde bis zum Abschied zurückbehalten, um Desertionen zu verhüten, beim Tode wurde der Teil an die Erben ausbezahlt. Kinder u. Witwen bezogen einen sechsmonatlichen Sold.  Zu den schwedischen Kürassierregimentern vgl. die Bestimmungen in der Kapitulation für Efferen, Adolf Theodor [Dietrich], genannt Hall => „Miniaturen“. Des Öfteren wurden Arkebusierregimenter in Kürassierregimenter umgewandelt, falls die notwendigen Mittel vorhanden waren.

[48] Schotten: Von 1626-1632 dienten 25.000 Schotten unter Christian IV. u. Gustav Adolf, was etwa 10 % der Gesamtbevölkerung Schottlands entsprach; PARKER, Military Revolution, S. 200, Anm.17. 1630 hatte Gustav Adolf 13 Schottenregimentern mit fast 1.000 Offizieren unter seinem Kommando; MINHA, Walter Graf Leslie, S. 139, Anm. 23: Damit „wurde das Schwedenheer zur großen Kriegsschule des anglo-schottischen Adels für den späteren Machtkampf zwischen König und Parlament in der Heimat“. Zur Motivation schottischer Söldner MAHR, Oberst Robert Monro, S. 54: „Hier ist auch zu sehen, dass der Baron von Foulis edlen Andenkens es nicht für eine Beeinträchtigung seines Ansehens hielt, zuerst meinem Lord Reay und seinem Regiment als Freiwilliger zu folgen, bis er einige Gefechte gesehen und einige Erfahrung gesammelt hatte. Dann begann er mit einer Kompanie und wurde zuletzt mit Ansehen Obrist eines Regiments zu Fuß und zu Pferd. So ermunterte er andere seines Namens und seiner Verwandtschaft, seinem Beispiel zu folgen und ehrenvoll im Ausland zu leben, anstatt ihren Freunden zu Hause, wie es viele tun, zur Last zu fallen. Dabei müssen sie, wie wir in Schottland sagen, für einen halben Laib Brot springen, während andere aufgrund ihrer Tapferkeit nobel im Ausland leben, sich Diener leisten können und von silbernen Tellern speisen“. In erster Linie heranziehen ist die große Datenbank von Steve MURDOCH, SSNE; dort auch jeweils die neueste Literatur, bzw. dessen Veröffentlichungen => Literaturregister. Bei der Zusammensetzung der schwedischen Armee Gustavs II. Adolf bis Ende 1632 werden folgende Zahlen angenommen: Schweden 8.000 (5, 5 %), Finnen 3.000 (2, 0 %), Deutsche Söldner: Alte Regimenter (vor Juli 1630 aufgestellt) 15.000 (10, 5 %) Neue Regimenter 65.000 (44, 5 %) Britische Söldner 7.000 (5, 0 %) Verbündete: Sachsen 17.000 (11, 5 %) Brandenburg 6.000 (4, 0 %) Hessen-Kassel 6.000 (4, 0 %) Mecklenburg 4.000 (2, 5 %) Stadtmilizen ca. 15.000 (10, 5 %) Gesamtzahl 146.000. Von diesen ca. 150.000 Mann war etwa die Hälfte im Garnisonsdienst eingesetzt, der Rest war auf die verschiedenen Armeekorps aufgeteilt, deren Größe zwischen 3.000 und 20.000 Mann lag. Im Falle einer möglichen Schlacht wurden diese dann vorübergehend zusammengezogen. Angaben nach BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 69; ENGERISSER, Von Kronach. Je nach Kriegslage schieden nach Gustav II. Adolfs Tod Verbündete wieder aus, der Anteil der Deutschen unter schwedischer Fahne stieg jedoch weiter an. Vgl. MILLER, Swords for hire.

[49] Finnen, auch hagapells, hakkapeller genannt [nach hakkaa päälle: hau drauf]: Sammelbegriff für Finnen, Lappen und Finnlanddeutsche im schwedischen Heer. Bei den finnischen Verbänden wäre zu differenzieren zwischen Finnländern und Finnlandschweden (Soumen Ruotsalaiset), Deutschen in Finnland. Vgl. die zahlreichen Arbeiten von PLEISS. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. In der schwedischen Propaganda wurden die Finnländer – als „Truppe des Schreckens“ – als Pendant zu den in kaiserlichen Diensten stehenden Kroaten aufgebaut, die Gustav Adolf als des „Teufels neuen Adel“ bezeichnete. Die Wirklichkeit jedoch sah anders aus, auch wenn sie von Zeitgenossen als wild und brutal beschrieben wurden. Zudem standen sie im Verdacht, Wetter machen zu können und den Teufel anzubeten. Vgl. WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 241 (1647): „So ist aber ein solches ungewüdter, luft, saußen und braußen eben zur selben zeit, wol 2 oder 3 tag und nacht lang, angestanden, daß vermaint, eß werde alle heyßer und palest zue haufen werfen, also und daß sich kain schüff von dannen sich möchte bewögen; hat man auch gänzlich dafürgehalten, haben solches (weilen diese Lapp- und Seeländer in dißer und dergleichen hexen- und unholden künsten wol erfahren und bey ihnen für ain freye kunst gehalten und paßirt) ungewidter selbsten gemacht und verzoberet. Dan man für gewiß gesagt, dass ain ganzes regiment under ihnen dem schwarzen Caspar ergeben und verschriben seye, welcher ihnen den weg naher dem Haagen als vorher geloffen und paßiert. Wie dan auch von Eyßne oder Kämpten wird bericht, daß sie ihnen den M. Hämmerlein in ainem glaß gezaiget: diß seye ihr obrister, deme seyen sie verlobt und geschworen, deßen seyen sie mit leib und seel versprochen, dere ihnen trewlich halt und sie ihme redlich dienen“. Auch in Zeitzeugnissen wurden sie als „gottlose, schändliche Menschen, Saumagen“ bezeichnet (so WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 46). Aus Staßfurt wird unter 1639 berichtet; GEIß, Chronik, S. 136: „Es war muthwilliges Gesindel, das sich nicht commandiren lassen wollte. Den 9. [19.; BW] zogen diese Finnen wieder nach Quedlinburg, weil der Fähndrich sich beklagt hatte, daß er sie weder mit Worten noch mit Prügeln zwingen könnte“.

Die Finnländer – „von Natur aus gesetzlose Viehdiebe“ (BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 56), die anfangs noch unzureichend montiert zum Teil mit Pfeil und Bogen in den Kampf zogen – standen sozial auf der untersten Stufe des schwedischen Heeres, wurden bei Angriffen als erste aufgeopfert und zu Arbeiten herangezogen, die der gewöhnliche Soldat ablehnte oder nur unter Zwang verrichtete. Sofern eine Entlöhnung überhaupt erfolgte, wurden sie regelmäßig vergessen, oder es wurden ihnen nie eingelöste Verschreibungen ausgestellt. Obwohl die Finnländer nur geringe Chancen hatten, sich in Deutschland in Sicherheit zu bringen, war ihre Desertionsquote mindestens doppelt so hoch wie diejenige der schwedischen Soldaten. Jeder 5. Finne desertierte. Finnische Reiterregimenter wurden z. B. schlechter besoldet als nationalschwedische. Vgl. die Äußerungen Axel Oxenstiernas über die in Königshofen im Grabfeld liegenden Finnen gegenüber dem schwedischen Statthalter in Franken, Krafft von Hohenlohe, Schleusingen, 1632 XI 27; PLEISS; HAMM, Dreißigjähriger Krieg, S. 49: „Wie ich vorgestrigen dages nahe Königshofen offen, befinde ich die wenige Finnen, so daselbst in Guarnison ligen, zimblich nackhendt und unbeklaidt, auch etwas verdrossen daß sie so gar übel accomodiret, dannenhero sie auch umb dimission, inn ihr vatterlandt widerumb zu ziehen, mir instendig nachgeruffen. Weil dann ich sie zur verdrossenheit ohnedem geneigt weiß, zumahlen sie eine so geraume zeit hero stets an selbigem ort inn guarnison gelegen, unnd nicht wie andere knechte, so zu felde gebrauchet werden, ihnen etwas profit machen oder unnterhalt verschaffen können … bitte, die anordnung zu machen, daß von der regierung daselbst zu einem kleidigen ausgetheilet werde, damit sie gleichwol inn etwas contentement und ergetzlichkeit wider haben mögen“. Vgl. auch BECK, Chronik, S. 26 [Schweinfurt 1631]: „Mit dem König war auch ein Regiment Finnen zu Pferde eingezogen, und hatte auf dem Markte Halt gemacht. Ihr schwaches und mattes Aussehen, ihre geringe, wetterfarbene Bekleidung, ihre kleinen und unansehnlichen Pferde ließen eben nicht viel erwarten, und hätte nicht die Welt von ihren Thaten zu Leipzig gehört gehabt, hätte man wohl fast zweifeln mögen, ob sie auch einen Marsch bis Würzburg auszuhalten im Stande seien. Aber die Bewunderung abnöthigende Schnelligkeit ihrer Bewegungen und die prompte Ausführung jedes Commando’s, ja jedes Winkes der Offiziere erweckte bald bessere Begriffe, die sich, da man noch nicht so ganz wußte, wie die Sache ablaufen werde, allmählig beinahe in Furcht verwandelten“. Vgl. auch die zeitgenössische Einschätzung; GOTTFRIED, ARMA SVEVICA, S. 72: „An den Finnen und Schweden hette der König diese Vortheil: 1. Könnten sie Frost vnd Kälte besser als Hitze vertragen. 2. Lieffen eher nicht / biß sie gleichsam mit der Natur fechten müsten. 3. Behülffen sie sich kläglich. 4. Ohne alle Meutenacion. 5. Weren vnverdrossen / vnd mit devallisiren fest nit zu erschöpffen / so weit es nicht leicht ein ander Herr mit seinen Vnterhanen gebracht“.

Zum Teil waren sie noch aus Mangel an Ausrüstung noch mit Bogen bewaffnet. Kommandierender der 1. Finnen-Schwadron war Torsten Stålhandske. Vgl. LANGER, Formen der Begegnung, S. 84f. Zum zeitgenössischen Bild der Lappländer (auch sarkastisch „Lippenländer“, etwa „gefräßige Personen“ genannt) vgl. OPEL; COHN, Dreißigjähriger Krieg, S. 242ff. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. Nach dem Krieg wurden zerstörte Orte wie z. B. Torgelow [LK Uecker-Randow/Mecklenburg-Vorpommern] auf Befehl Christinas von Schweden mit Finnen und Livländern neu besiedelt. Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; 1625 soll Banérs Armee bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) meist als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Eine Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die von Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, und den von den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten bastanten Armeen erscheint jedoch überflüssig. Nach ENGLUND, Die Verwüstung Deutschlands S. 76, waren 1630 bereits jeder 10. Schwede und jeder 5. Finne desertiert. Nach LUNDKVIST, Schwedische Kriegsfinanzierung S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. Nach GUTHRIE, The Later Thirty Years War, S. 59, soll Banérs Armee im Juli 1638 um 9.000 Schweden und 5.000 Finnen verstärkt worden sein, was wohl zu hochgegriffen erscheint. Zu den Verlusten LINDEGREN, Frauenland, S. 145: „Grob gerechnet kann man behaupten, daß in der ganzen Periode von 1620 bis 1720 ca. 75 % aller Todesfälle auf Krankheiten und andere Entbehrungen zurückzuführen sind. Ca. zehn Prozent starben in Kriegsgefangenschaft. Die restlichen 15 Prozent fielen bei Kampfhandlungen. Ungefähr ein Drittel dieser direkt kampfbezogenen Todesfälle geschah im übrigen im Zusammenhang mit Belagerungen. Große Feldschlachten und kleinere Gefechte forderten im allgemeinen nicht besonders viele Todesopfer, vergleicht man sie mit dem Alltag des Krieges. […] Die Zahl der toten Soldaten kann total auf 1,7 Millionen geschätzt werden. Von diesen starben gut eine Viertel Million im Feld oder infolge von Kampfhandlungen; gut eineinviertel Millionen fielen dem ‚Alltag des Krieges‘ zum Opfer“. => Mortalität.

[50] Leibregiment: Als Leibregiment wurde im 17.Jahrhundert im Heiligen Römischen Reich, in Dänemark und in Schweden diejenigen Regimenter bezeichnet, deren Inhaber der regierende Landesherr war. Ihm standen zudem die sich daraus im Rahmen der Regiments- bzw. Kompaniewirtschaft ergebenden Einnahmen zu. Ein Leibregiment hatte daher eine grundsätzlich andere Funktion als die Leibkompanie eines Obristen.

[51] Torsten Stålhandske [Stolhanscha, Stahlhandschuh, Stahlhanndtschuch, Stalhans, Stallhans, Stalhansch, Stallhuschl, Stalhanß, Stallhaus] [1594 Porvoo/Borgå (Finnland)-21.4./1.5.1644 Haderslev/Nordschleswig], schwedischer Generalmajor.

[52] Muskete: I. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I.

II. Es gab auch Jagdmusketen mit kleinem Kaliber und langem Lauf, die von Scharfschützen verwendet wurden.

Musketier: Fußsoldat, der die Muskete führte. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. MAHR, Monro, S. 15: „Der Musketier schoß mit der Luntenschloßmuskete, die wegen ihres Gewichtes [etwa 5 kg] auf eine Gewehrgabel gelegt werden mußte. Die Waffe wurde im Stehen geladen, indem man den Inhalt der am Bandelier hängenden hölzernen Pulverkapseln, der sog. Apostel, in den Lauf schüttete und dann das Geschoß mit dem Ladestock hineinstieß. Verschossen wurden Bleikugeln, sog. Rollkugeln, die einen geringeren Durchmesser als das Kaliber des Laufes hatten, damit man sie auch bei Verschmutzung des Laufes durch die Rückstände der Pulvergase noch einführen und mit Stoff oder Papier verdämmen konnte. Da die Treffgenauigkeit dieser Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Die Verbände waren dabei in sog. Treffen aufgestellt. Dies waren Linien zu drei Gliedern, wobei das zweite Treffen etwa 50 Schritt, das dritte 100 Schritt hinter der Bataille, d. h. der Schlachtlinie des ersten Treffens, zu stehen kamen, so daß sie diese bei Bedarf rasch verstärken konnten. Gefeuert wurde gliedweise mit zeitlichem Abstand, damit für die einzelnen Glieder Zeit zum Laden bestand. Ein gut geübter Musketier konnte in drei Minuten zwei Schuß abgeben. Die Bleigeschosse bis zu 2 cm Kaliber verformten sich beim Aufprall auf den Körper leicht, und es entstanden schwere Fleischwunden. In den Kämpfen leisteten Feldscherer erste Hilfe; doch insgesamt blieb die medizinische Versorgung der Verwundeten mangelhaft. Selbst Streifschüsse führten oft aufgrund der Infektion mit Tetanus zum Tode, erst recht dann schwere Verletzungen“. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet den einzigen bisher bekannten Fall (1634), dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe. SCHLOTTER; SCHNEIDER; UBBELOHDE, Acta, S. 194. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics;  EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.

[53] Perleberg [Kr. Westprignitz/Perleberg]; HHSD X, S. 308ff.

[54] Glienecke, heute Ortsteil von Neustrelitz [LK Mecklenburg-Strelitz]. ?

[55] Tross: Der Tross war der gesamte Begleitzug eines Heeres (ohne Anspruch auf Verpflegungsrationen) und bildete sich, neben den Offiziers- und Soldatenfamilien, aus Dienstpersonal, Feldpredigern, Feldchirurgen, Feldschern (vgl. s. v.), „Zigeunern“ als Kundschaftern und Heilkundigen, Köchen und Handwerkern, Händler/innen und Marketender/innen, Invaliden und Entwurzelten, Glaubensflüchtlingen, Soldatenwitwen und Kriegswaisen, Hunger leidenden Zivilisten und Bauern, Gefangenen, behördlicher Strafverfolgung Entflohenen und zum Dienst bei der Artillerie verurteilten Straftätern sowie Gauklern, Wahrsagern und in 4 Klassen eingeteilte Prostituierten („Mätressen“, „Concubinen“, „Metzen“ und „Huren“). Der schwer bewegliche Tross („Geschlaif und Geschlepp“: Bezeichnung aus Württemberg; SIEBER, Oberamt Besigheim, S. 43) und die ambulante Lagergesellschaft waren z. T. doppelt bis viermal so groß wie das Heer, dem er folgte, und war somit zahlenmäßig größer als eine Großstadt wie etwa Köln. Der Aufwand für die eigenen Bedürfnisse Erzherzog Leopold Wilhelms und seinen Hofstaat scheint ziemlich groß gewesen zu sein. HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 230: „Bei dem Durchzug durch Heilbronn am 10. Oktober [1645; BW] hatte das Heer Leopolds so viel Troß bei sich, daß ‚2 Tage lang eine Kutsche ein Wagen, ein Troß auf den anderen folgte, und das Gesindel so zahlreich war, wie man es noch bei keinem Heere gesehen hatte‘ „. Während zu Anfang des Krieges der Tross etwa 30 % größer war als die kämpfende Truppe, war er am Kriegsende nach Aussage des bayerischen Feldmarschalls Gronsfeld unkontrollierbar angewachsen. Er erinnerte daran, dass man „in disen beiden armaden sicherlich über 180 000 seelen hat, welche, es sein gleich jungen, fuhrknecht, weiber und künder, doch alle sowoll alß soldaten leben müssen. Nun werden die beeden armaden ungefähr uf 40 000 mann proviantirt, und mehrer nicht, alß ein mensch in 24 stundt nöthig hat. Wie nun die übrige 140 000 menschen leben können, wan sie nicht hin und her ein stuckh brott suchen thun, solches ist über meinen verstandt“. Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kasten Äußeres Archiv 2961, fol. 29 (Ausfertigung): Gronsfeld an Maximilian I. von Bayern, Thierhaupten, 1648 III 31. In der Werbeinstruktion (1639 VII 04; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kasten Äußeres Archiv 2624, fol. 4-5) war bestimmt worden, dass „taugliche knecht und nit solche, wie zum theil bei vorigen werbungen geschehen, geworben werden, die mit zu villen kindern beladen und sich allein wegen der quartier underhalten lassen, khonfftig aber wanns zum veldzug khombt, wider dauongehn, also werb: und lifergelt umb sonst angewendt wirdet“. Zum Teil wurden sogar Schiffsbrücken im Tross mitgeführt. Zudem unterlag der gesamte Tross der Militärjustiz, vgl. GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 35 (1633): „Haben 4 von dem Troß ins Feuer geworfen, wie man denn nach geschehenem Brand 2 Köpf, etliche Finger und einen halben gebratenen Menschen noch übrig gefunden“.Zur „Lagergesellschaft“ vgl. KROENER,  „ … und ist der jammer nit zu beschreiben“, S. 279-296; LANGER, Hortus, S. 96ff.; WAGNER, Ars Belli Gerendi. In Notsituationen wurden Trossangehörige, wenn auch erfolglos, als Kombatanten eingesetzt; BRNARDIC, Imperial Armies 1, S.19.

[56] STECKZÉN, Banér, S. 185ff.

[57] SCHMIDT, Schlacht, S. 80; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 710; CHEMNITZ, Geschichte, 1. Buch, 15. Kap., S. 41.

[58] Adolf Friedrich I. Herzog v. Mecklenburg-Schwerin [15.12.1588 Schwerin-27.2.1658 Schwerin].

[59] Schwerin; HHSD XII, S. 114ff.

[60] CHEMNITZ, Geschichte, 1. Buch, 23. Kap., S. 64. (Datierung nach dem a. St.).


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