Glaubitz auf Kasel, Wolf von; Obrist [ – ] Wolf von Glaubitz auf Kasel[1] stand 1635/36 als Obrist der Kavallerie unter Banérs, 1637 unter Leslies Befehl in schwedischen Diensten. Oxenstierna hatte Sperreuter Verstärkung durch 2 Regimenter unter Glaubitz zugesagt.[2] Sein Regiment hatte im September 1635 noch 8 Kompanien.[3] Nach dem hessischen Offizier und Historiker Geyso führte er „ein minderwertiges deutsch-schwedisches Söldner-Regiment“.[4]
Er nahm an der Schlacht bei Wittstock[5] teil.
In schwieriger Lage besiegte Báner am 4.10.1636 bei Wittstock überraschend die siegessicheren Sachsen und Brandenburger. „Einen solchen unerwarteten Gegenstoß arrangierte er jetzt im nördlichen Brandenburg. Elf Tage lang spielte sich dort ein merkwürdiges Schauspiel ab. Wie zwei Boxer umkreisten die zwei Heere einander; die schwedische Armee wie ein verbissener und selbstbewußter Fliegengewichtler, der immer wieder den Schlagabtausch sucht, während der großgewachsene Widersacher – verwirrt und nicht wenig verängstigt durch seinen aggressiven Gegner – immer wieder ausweicht. Aber am Samstag, dem 24. September, stellte Banérs Heer seinen Gegner in dem hügeligen, bewaldeten Terrain unmittelbar südlich der kleinen Stadt Wittstock. Die Kaiserlichen und die Sachsen hatten beschlossen, ihre Gegner auf einigen sandigen Höhen, dem Scharfenberg, zu empfangen; der Sicherheit halber hatten sie einen Teil der Front mit sechs in aller Hast gegrabenen Schanzen und einer Mauer zusammengeketteter Troßwagen gedeckt. Ihre Befehlshaber warteten lange darauf, daß sich die schwedischen Truppen auf den offenen, sumpfigen Feldern vor ihrer Front offenbarten, um sich wie bei Nördlingen in geordneten Formationen von der zahlreichen Artillerie niedermähen zu lassen. Aber statt dessen kam die Meldung, daß die schwedischen Truppen völlig unvermutet und gegen herkömmlichen Brauch durch einen Wald aufmarschiert waren, an den sich der linke Flügel der vereinigten Armeen anschloß, und daß sie schon gut geordnet bereitstanden, um die kaiserlichen und sächsischen Truppen zu überflügeln ! Letztere waren daher gezwungen, ihre schönen Schanzen und ihre feine Wagenburg zu verlassen und gegen die angreifenden Schweden umzuschwenken. Dann begann die Schlacht.[6]
Sie dauerte Stunde um Stunde. Wie gewöhnlich war es kein richtig geordneter Kampf, sondern eher nur ein rhapsodischer Wirrwarr von Schwadronen und Brigaden, die ein ums andere Mal im Rauch aufeinanderprallten. Beide Seiten verfügten über große Kavallerieverbände, und diese waren bald in eins der blutigsten und ausgedehntesten Reitergefechte des ganzen Krieges verbissen – Schwadronen prallten für einige kurze, verwirrte Augenblicke aufeinander, während die wogenden Reiter (die Gesichter schwarz von Pulverstaub und weiß vor Schrecken) wild mit den Degen in die Luft hieben und ihre schweren Pistolen aufeinander abfeuerten: dann kämpften sie sich frei, wie Ringer, ordneten ihr Glied und ritten aufs neue an. Oft entschieden die Pferde über die Dauer der Schlacht. Sie hielten in der Regel nicht länger als vier, fünf Stunden Kampf durch, dann mußte der Verband aus dem Feuer genommen werden. Über dem Ganzen waren das Dröhnen der Schüsse, das Klappern der Harnische, das Splittern von Piken, das Wirbeln von Trommeln und die Silbertöne von Trompeten und Pfeifen zu hören, gemischt mit den Schreien der Verwundeten und Rufen der Kämpfenden. […] Banér selbst schrieb später in einem Brief, einen so »grausamen« Kampf habe er bis dahin noch nie gesehen.
Es fehlte nicht viel, und es wäre für die Schweden schlecht ausgegangen. Nicht genug damit, daß sie zahlenmäßig unterlegen waren: Banér hatte auch noch kurz vor der Schlacht seinen gesamten linken Flügel unter King auf einen langen und unerhört gewagten Flankenmarsch durch morastiges und waldiges Gelände geschickt; er sollte nach einiger Zeit im Rücken der Vereinigten auftauchen. Nur selten hatte ein General die Nerven, im Kampf ein so riskantes Manöver zu versuchen, aber Banér wagte es. Das Problem war nur, daß der linke Flügel ausblieb. Währenddessen wurden Banérs Verbände langsam von dem überlegenen Feind zermürbt. Die aus Nationalschweden bestehende Schwedische Brigade wurde schwer in Mitleidenschaft gezogen und »fast ganz ruiniert«; von den 892 Männern des Verbands wurden fast zwei Drittel getötet oder verwundet. Die schwedischen Streitkräfte standen kurz vor dem Zusammenbruch, als ferner Kampflärm verkündete, daß King und die Männer des linken Flügels schließlich wieder zum Schlachtfeld gefunden hatten. Der Druck ließ sogleich nach, die Kaiserlichen wichen zurück, doch der einbrechende Abend setzte weiteren Kämpfen ein Ende.
Die beiden Heere biwakierten auf dem Schlachtfeld und entzündeten nur wenige hundert Meter voneinander entfernt ihre Lagerfeuer. Die Nacht wurde ruhig – nur vereinzelte Schüsse waren aus dem Dickicht zu hören; das waren die ständigen Begleiter der Schlachten, die Marodeure, die umherstreiften und die Toten und Verwundeten ausplünderten. Die anderen warteten auf den Tag und den Tod. In der Frühe des kalten Sonntagmorgens nahmen die schwer mitgenommenen schwedischen Verbände Aufstellung und rückten – sicher mit einem inneren Beben – aufs neue gegen die Höhen vor, die sie am vorhergehenden Tag vergebens zu erstürmen versucht hatten. Zu ihrer Verwunderung begegnete ihnen Schweigen. Die Sachsen und die Kaiserlichen hatten während der Nacht das Schlachtfeld verlassen. Sie fanden nur Reihen von verlassenen Kanonen (alles in allem 33 Geschütze; eins davon ein Dreipfünder, den Gustav Adolf 1631 seinen damaligen Verbündeten geschenkt hatte, der aber nun gegen die Schweden verwendet worden war; 24 der anderen waren schön gegossene Stücke mit Abbildungen von Wilden auf den Rohren), 180 Munitionswagen (ein Teil davon in tausend Stücke gesprengt, andere unbeschädigt und vollbeladen mit hochwillkommenem Pulver) sowie natürlich unglaubliche Mengen von Toten und Verwundeten. Ein Augenzeuge beschreibt das Grauen des Schlachtfeldes wie folgt: Die Erde, deren Gewohnheit ist, die Toten zu bedecken, war damals am selbigen Ort selbst mit Toten überstreut, welche auf unterschiedliche Manier gezeichnet waren, Köpf lagen dorten welche ihre natürlichen Herren verloren hatten, und hingegen Leiber, die ihrer Köpf mangleten; etliche hatten grausam- und jämmerlicher Weis das Ingeweid herauß, und andern war der Kopf zerschmettert und das Hirn zerspritzt; da sah man, wie die entseelten Leiber ihres eigenen Geblüts beraubet und hingegen die lebendigen mit fremdem Blut beflossen waren, da lagen abgeschossene Arm, an welchen sich die Finger noch regten, gleichsam als ob sie wieder mit in das Gedräng wollten, hingegen rissen Kerles aus, die noch keinen Tropfen Blut vergossen hatten, dort lagen abgelöste Schenkel, welche ob sie wohl der Bürde ihres Körpers entladen, dennoch viel schwerer worden waren, als sie zuvor gewesen; da sah man zerstümmelte Soldaten um Beförderung ihres Tods, hingegen andere um Quartier und Verschonung ihres Lebens bitten. Summa summarum: da war nichts anders als ein elender jämmerlicher Anblick !
Die nachsetzende schwedische Reiterei brauchte nur der Spur von verwundeten Soldaten, fortgeworfenen Kleidern, liegengelassenen Waffen und zu Bruch gefahrenen Troßwagen zu folgen, die nach Südwesten führte. Innerhalb weniger Stunden wurden große Teile des fliehenden Heeres zersprengt und auf den schmalen Wegen, die von Wittstock wegführten, niedergeritten; als man später die Beute zusammenzählte, waren unter anderem 151 Fahnen und Feldzeichen – die Ablieferung eines eroberten Feldzeichens wurde mit zwischen 10 und 30 Reichstalern belohnt, die Kanzlei des Kurfürsten, seine vergoldete Karosse sowie sein gesamtes Tafelsilber darunter“.[7]
[1] Kasel, heute Teil von Kasel-Golzig [LK Dahme-Spreewald].
[2] KODRITZKI, Seitenwechsel, S. 30.
[3] KODRITZKI, Seitenwechsel, S. 36.
[4] GEYSO, Beiträge III, S. 81.
[5] Wittstock [Kr. Ostprignitz/Wittstock]; HHSD X, S. 394ff.
[6] Bogislav Philipp v. Chemnitz beschrieb die Schlacht; JESSEN, Dreißigjähriger Krieg, S. 373ff.: „Der Feldmarschall [Banér] mußte durch einen Wald eine halbe Meile lang marschieren, ehe er ein so geraumes Feld angetroffen, da er sich recht in Schlachtordnung stellen können. Diesen Wald, wie er auf den Rücken bekam, ward er des Feindes Bataille erst ansichtig: Welcher hinter einem andern Walde auf einem hohen Berge, der solchen Wald kommandiert, sich gesetzt, mit Reduiten und Ravelinen vorn verwahrt, zwischen denselben seine Wagen vorgeschränkt und seine Stücke gar bequem gepflanzt gehabt. In so trefflichem Vorteil den Feind anzugreifen, […] sandte der Feldmarschall den linken Flügel um den Wald und Berg herum, zur linken Hand auf den Feind, mit dem rechten Flügel aber schwenkte er sich zur rechten Seite des Waldes gegen die Stadt zu, an das Ende eines des Feindes Bataille berührenden Berges, in Meinung den Feind aus seinem Vorteil dadurch zu ziehen, welches auch geschehen und der Feind seinen ersten Stand verändern müssen. Da er dann durch den Wald, welcher etwas weitläuftig mit hohen Eichen bewachsen, also leicht dadurch zu kommen war, dem Feldmarschall anfangs seine ganze Reiterei auf den Hals geworfen, dem das Fußvolk gefolgt und dergestalt die ganze feindliche Macht auf der Königl. Schwedischen rechten Flügel allein gefallen. Worüber es zu einem so hitzigen scharfen grausamen Gefecht gediehen, das der Feldmarschall seinem eignen Bekenntnis nach dergleichen die Zeit seines Lebens nicht beigewohnt. Unangesehen auch die Officiere und Reiter das Ihrige, jeder seines Orts, nach äußerster Möglichkeit getan, wurden sie doch in solche Bedrängnis gesetzt, daß sie schier zu wanken angefangen […]. Ja, sie wären endlich wegen großer Macht des Feindes in gänzliche Unordnung gekommen, wenn nicht Feldmarschall Leslé mit 5 Brigaden zu Fuß eben zur rechten Zeit ange-langt und 4 Brigaden von des Feindes Fußvolk mit männlichem Angriff zurückgetrieben und von ihm abgekehrt, daß er etlicher maßen zur Respiration gelangen können. Gleichwohl ward solches des Feindes Fußvolk von dessen Cürassieren entsetzt und darüber diesseits zwo Brigaden als die Schwedische, so aus Magdeburg abgezogen, und die Karrische fast ganz zernichtet, die Schwedischen aber am meisten, als welche auch etliche Fähnlein eingebüßt, so jedoch von denen in der Bataille gestandenen Reitern wieder erobert worden. Diese Extremitäten und Gefahr nun hätte der rechte Flügel und das im ersten Treffen stehende Fußvolk nicht unterworfen sein dürfen, wann der linke Flügel sich etwas ehe an den Feind hängen können und die Reserve nicht so gar langsam nachgefolgt, sondern, da sie die ersten also mit dem Feind verwickelt zu sein vermerkt, eiliger fortgerückt wäre. Allein, wie jener einen gar weiten Umschweif nehmen müssen, so war bei dieser dem Generalleutnant Vitztum, der sie geführt, von unterhabenden Obristen schuld gegeben, daß er ihnen nicht zulassen wollen, geschwinder fortzurücken. […] Dieweil aber endlich bei hereinbrechender Nacht der linke Flügel auf des Feinds erst verlassene vorteilhaftige Post gerückt, derselbe aus die königl. schwedische Reserve, die doch zum Fechten allzu spät angelangt und wegen der eingefallenen dunklen Nacht nicht gebraucht werden können, ungefähr erblickt und ihre Annäherung gewahr worden, so ward er dadurch irre gemacht und ließ den Mut fallen, also daß er eilig in Confusion geraten, die völlige Flucht ergriffen und das Feld mit Hinterlassung aller Stücke geräumt. Von demselben sind auf der Walstatt zwischen vier und fünftausend tot gefunden, ohne die, so im Verfolgen niedergemacht, unter denen von tausend bis elfhundert Reiter, das übrige Fußvolk gewesen, welches dann zum meisten eingebüßt und zumal die Kaiserliche Infanterie fast allerdings darauf gegangen […] Fähnlein verlor der Feind 127 nebst 19 Standarten und 5 Dragoner-Fahnen […] Auf königl. schwedischer Seite war es ebener maßen hart daher gegangen und hatte der Feind gegen die Schläge, so er bekommen, auch hinwieder etwas ausgegeben. Geblieben waren an Reitern 748, an Fußknechten 376, gequetscht 746 zu Roß, 1481 zu Fuß. Die Schwedische Brigade zu Fuß, so in Magdeburg gelegen und vor dem Treffen über 1200 Mann stark gewesen, stellte itz etwa 150 ins Feld, die Karrische Brigade war nicht weniger über die Maßen geschwächt. Die Regimenter zu Pferde, so auf dem rechten Flügel gestanden und nebst dem Fußvolk von der Bataille dieses warme Bad allein aushalten müssen, waren insgemein übel zugerichtet […], daß also dieser Sieg von den königl. Schwedischen ziemlich teuer bezahlt worden. Unter denen gab der Feldmarschall selbst dem Reichszeugmeister H. Leonhard Torstensson das Zeugnis, daß er neben ihm die Armee aufrecht erhalten und durch seine Courage und Tapferkeit, auch mitwaltender Direktion, die Victori dem Feinde abdringen helfen“.
[7] ENGLUND, Verwüstung, S. 157ff.