Grave, Anton von; Hauptmann [ – ] Grave stand 1643 als Hauptmann unter dem Befehl von Spreewitz in hessen-kasselischen Diensten und war in Kempen[1] stationiert.
Der katholische Chronist Wilmius aus Kempen berichtet aus dem Alltagsleben einer von andersgläubigen Soldaten besetzten Stadt: „Am 12. Januar des Jahres 1644 reizten die frechen Söhne einiger Hauptleute den hochwürdigen Herrn Jacob Schutten aus St. Tönis,[2] der sich in Kempen aufhielt und hier eine Schule leitete, mit unverschämten Redensarten. Sie verhöhnten ihn mit herausfordernden Worten im Hause der St. Michaelsvikarie und nahmen sich heraus, die ihm anvertrauten Jungen zu schlagen. Ihr ungehöriges Benehmen brachte ihn derart in Zorn, daß er dem Sohn des Antonius von Grave, dem frechsten von ihnen, eine Ohrfeige gab. Der lief heulend, so schnell er konnte, zu seinem Vater und beklagte sich bei ihm, ohne Ursache von einem Geistlichen geschlagen worden zu sein. Der Vater, welcher blind auf seinen Sohn war, schickte gegen Abend einen seiner Soldaten mit der Laterne zum Herrn Jacob und ließ fragen, warum sein Sohn geschlagen worden sei. Als der Soldat über den Sachverhalt ins Bild gesetzt war, zog er sein Schwert, ging in der Tür des St. Michaelshauses auf den Herrn Jacob zu und schlug ihn damit. Durch den plötzlichen Überfall zum sofortigen Handeln gezwungen, ging Herr Jacob, ohne auf das Schwert zu achten, auf den Schläger zu und warf ihn zu Boden. Hätte die Tür, durch die man hinaufsteigt, offengestanden, dann wäre der Soldat wohl die steilen Stufen hinabgestürzt. Die Feststellung, daß er wie Dares einen Entellus herausgefordert hatte, machte ihm flinke Beine. Er steckte sein Schwert in die Scheide, lief zu seinem aufgeregten Herrn und brachte ihn mit seinem Bericht über den blamablen Ausgang seines Auftrags noch mehr in Zorn. Van Grave begab sich am folgenden Tag zum Kommandanten und brachte schwere Klage gegen den Herrn Jacob vor. Der Kommandant schickte Soldaten zu dessen Haus mit der Aufforderung, Herr Jacob müsse sofort zu ihm auf den Markt kommen. Kaum hatte er den Herrn Jacob erblickt, da nannte er ihn schon einen Schurken und Lumpen, der zu jeder Schandtat fähig sei. Auf seine Frage, warum er den Sohn des Hauptmanns geschlagen habe, gab Herr Jacob einen wahrheitsgetreuen Bericht über den genauen Hergang. Doch er wurde nicht angehört, sondern auf Befehl des Kommandanten von Soldaten zum Hause Honneken, wo der Hauptmann im Quartier lag, geführt und sogleich mit Schlägen empfangen. Auch der Soldat, dem Herr Jacob, wie schon geschildert, in der Tat eine gründliche Lektion erteilt hatte, griff wieder zu seinem Schwert und versetzte ihm Schläge. Die übrigen folgten seinem Beispiel. Dem Herrn Jacob wäre es dabei übel ergangen, hätte nicht einer der Soldaten Mitleid gehabt und sich gegen die Wüteriche gewendet. Um das Maß voll zu machen, kam noch die Frau des Anton van Grave, die Mutter des geschlagenen Jungen, ein sehr freches Weib hinzu und gab dem Priester einen harten Schlag ins Gesicht. Den sollte er als Denkzettel in Empfang nehmen, damit er nie wieder andere Leute schlüge, die ihn nichts angingen. Nach dieser schmählichen Behandlung sollte Herr Jacob zur Hauptwache geführt werden. Dank des Einspruchs mitfühlender Soldaten wurde er aber freigelassen und konnte nach Hause gehen. Solche Demütigungen glaubten sie dem Klerus zufügen zu müssen, den sie mehr hassen als Hund und Schlange und beim geringsten Anlaß in gemeinster Weise verfolgen. Doch nach wenigen Monaten wurde Anton (van Grave) mit seinen Leuten abberufen und bei Frankfurt[3] schwer geschlagen“.[4]
[1] Kempen [LK Kempen-Krefeld]; HHSD III, S. 384ff.
[2] Tönisvorst [LK Viersen].
[3] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.
[4] WILMIUS, Chronicon, S. 142f.