Haslang zu Haslangkreit und Großhausen, Georg Rudolf Freiherr von
Haslang zu Haslangkreit und Großhausen, Georg Rudolf Freiherr von; Obrist [ – 17.10.1676] Haslang, der aus einem alteingesessenen bayerischen Geschlecht aus Abensberg[1] stammte, ein Sohn des Generalwachtmeisters und Defensionsratsdirektor Alexander von Haslang, war seit 1619 Truchsess, 1622 wurde er Mundschenk, am 20.6.1622 Freiherr im Land, 1623 Hofrat, Erbhofmeister von Ober- und Niederbayern und Hauptpfleger von Abensberg von 1636 bis zum 17.10.1676.[2]
Er hatte als Obristleutnant unter Geleen gedient.
„Im Frühjahr 1633 wendete sich Bernhard von Weimar, der inzwischen mit dem ‚Herzogtum Franken‘ belohnt und belehnt worden war, im Auftrag des schwedischen Kanzlers wieder gegen Bayern. Bald überschritt er auch die Grenzen des Fürstbistums Eichstätt. Der Rebdorfer[3] Propst Gabriel Reb schreibt in sein ‚Calendarium‘ zum 26. April: ‚Abends ist ein Trometer vom Herzog Weimar von Neuburg[4] für (vor) Eichstätt[5] mit einem Absageschreiben gekommen, und (hat) Contribution begehret‘. Und zum 28. April: ‚Seyend Schreiben nacher Neuburg geschickt worden einen Accord zu treffen‘. Im sogenannten ‚Kriegsregister‘ […] heißt es zum 1. Mai weiter: ‚Herzog Bernhard (ist) Abends zwischen 5 und 6 Uhr auf dem Petersberg gekommen mit seiner Armee, (hat) das Schloß (Willibaldsburg) belagert bis auf den 11. May, an welchem Tag es zwischen 11 und 12 Uhr aufgegeben worden. Man mußte aber ihnen dazumal an baaren Geld, und Silbergeschänken 1800 fl. geben‘.
Gabriel Reb trägt zum 4. Mai weiterhin ein: ‚Seyend die Herren nacher Neuburg zu Herzog Weimar, haben accordirt pro 1200 Taler; ist er mit ihnen, und seinem Volk abends zu E i c h s t ä t t angekommen; andern Tags das Schloß anfangen zu beschiesen. Ist ein gar ernstliche Belagerung gewesen, und harten Widerstand, weil aber wider alles Verhoffen, und Versprechen kein Entsatz, so doch um Ingolstadt[6] gewesen, erfolget, haben sie aufgegeben, und seyend mit Sack und Pack abgezogen. Der Feind hat etlich 100 Mann verloren, darunter ein Oberster Leutnant, der Erste Constabel, und etliche andere Officier. Entzwischen seyend unsere beiden Klöster (Rebdorf und Mariastein) von Grund aus geplündert worden; alle Altäre (und) Sepulchra (Gräber) eröffnet; alles verruiniert, zerschlagen, alles Viehe Getraidt, Bier, Zinn, Kupfer usw. hinweg. Die Unsern (die Rebdorfer Chorherren) seyend im Schloß bis auf den 20. May aufgehalten (worden); hernach nach Erlegung 300 Taler Ranzion (Lösegeld) ins Prediger (Dominikaner) Klöster mit ihrem Sack und Pack gelassen worden; dergleichen die von Mariastein ohn Ranzion nach St. Walburg‘.
Am 13. Mai ließ Bernhard von Weimar die f ü r s t b i s c h ö f l i c h e R e s i d e n z von Oberst Klaus von Rasch besetzen. Dieser Westfale diente im Regiment des Obersten Klaus Dietrich von Sperreut [Sperreuter; BW]. Der eichstättische Burgkommandant Kaspar von Blarer von Wartensee konnte nach vorläufigen Verhandlungen ungehindert abziehen. Der ‚accord‘ wird vierzehn Tage später ratifiziert. Den Vertrag unterzeichnen für die Schweden Klaus Dietrich von Sperreut und zwei weitere Offiziere. Für den Fürstbischof von Eichstätt [Johann Christoph von Westerstetten; BW] unterfertigen der Statthalter Georg von Riedheim, der Hofmeister Hans Jakob von Sirgenstein, der Kommandant Kaspar von Blarer, sowie zwei Hofräte. Der Wortlaut dieses Vertragswerkes findet sich in der historisch-topographischen Beschreibung Eichstätts von Andreas Kraus.
Priorin Klara berichtet sehr ausführlich über die Einnahme Eichstätts durch die Schweden. Die Mariasteinerinnen, die auf die Burg geflohen waren, können von dort aus die Geschehnisse gut beobachten und verfolgen. So müssen sie auch am 4. Mai voller Entsetzen der P l ü n d e r u n g i h r e s K l o s t e r s zusehen. Sir Patrick Ruthwen, ein schottischer Generalmajor, soll Anführer der plündernden Soldaten gewesen sein. Wunibald Hueber, Augustiner-Chorherr zu Rebdorf, notiert in seinem kurzen Bericht ‚Wer dises lesen wirt‘ […], daß auch die Rebdorfer 400 Gulden Lösegeld an diesen ‚General maior Rüthwen‘ zahlen mußten. Am 22. Mai dürfen die Mariasteiner Schwestern die Burg wieder verlassen[7] und werden in der Abtei St. Walburg freundlich aufgenommen. Die folgenden Monate bleiben verhältnismäßig ruhig.
Am 30. August stattet Klaus Dietrich von Sperreut, ‚von herczog wein mayr (Weimar !) (als) General obrist über das gantze stifft‘ eingesetzt, der W a l b u r g e r A b t e i einen Besuch ab. Die drei dort weilenden Konvente von St. Walburg, Mariastein und Mariaburg bitten ihn um seinen Schutz. Doch nicht lange kann sich der Feind auf der Burg wie in der Stadt Eichstätt behaupten. In der Nacht vom 10. zum 11. Oktober überfällt der bayerische Reiteroberst Johann von Werth die ‚Schweden‘ in Eichstätt. Zehn Tage später vernichtet er auch ihre Einsatztruppe bei Spalt.[8] Nach einer weiteren Attacke Werths, gemeinsam mit den Obersten [Georg Rudolf; von BW] Haslang und Schnetter am 28. Oktober, überläßt Oberst Rasch Burg und Stadt schließlich wieder den ‚kayßerischen‘. Er muß allerdings für seine ‚liederlichen und feigen‘ Abzug am 3. Dezember in Regensburg[9] seinen Kopf lassen“.[10]
Im November 1633 versuchte Haslang Straubing[11] gegen das Schwarze Regiment Thurns und Bernhard von Weimar zu verteidigen.
„Straubing hatte eine Besatzung von 600 Mann regulärer Truppen unter dem Befehl des Obersten Georg Rudolf von Haslang, eines gebürtigen Abensbergers. Seine Besatzung wurde verstärkt durch das Aufgebot der Bürgerschaft und einige ‚Fähnlein’, Volkssturm sozusagen, wie das Teisbacher[12] Fähnl und die drei Kompanien Hengersberger,[13] die am 17. November über Oberaltaich[14] nach Straubing marschierten, wie Höser [der Abt von Oberaltaich;[15]] am 17. November berichtet. Besonders zeichnete sich bei der Verteidigung der Apotheker Simon Höller aus, von dem die Sage geht, daß er in diesen Tagen 36 Schweden erschossen habe.
Am Abend des dritten Tages erkannte Haslang, daß ein weiterer Widerstand nutzlos sei und das Unglück der Stadt nur vergrößern würde. Die Feinde hatten bereits Bresche geschossen und alles für den Sturm am folgenden Tage vorbereitet. Die Verhandlungen, die der Kapuzinerpater Thomas im Alburger[16] Pfarrhof mit dem Herzog von Weimar führte, hatten Erfolg. Der Übergabevertrag ‚im feldtläger vor Straubingen’ ist mit dem 12. November alten Stils, also 22. November, datiert, wurde jedoch erst um 2 Uhr nachts am 23. November vom Grafen Thurn und Vallesassina, dem Kommandeur des Schwarzen Regiments, schwedischerseits und durch Oberst Haslang für Bayern unterzeichnet, der nach fünf Stunden, ‚frue umb 7 uhre’ mit seiner Garnison, ‚mit ober und untergewehr, sagk und pack’ nach Braunau[17] abziehen sollte. Nach diesem ‚accordo’ (Solleder, S. 794) wurden die Regierung, Geistliche und Bürger der Stadt ‚zue ihr furstl. Gnaden discretion gestellet’. Der Vertrag bezog sich nur auf das Militär.[18] Was mit der Stadt akkordiert worden, nämlich, daß sie 75000 Gulden Brandschatzung oder Ranzion als Lösegeld zahlen mußte, geht aus der Quittung über die Zahlung des Lösegeldes hervor (Solleder, S. 795f.). Am 23. November zog Herzog Bernhard in Straubing ein.
Die Besatzung ereilte aber ihr Schicksal noch beim Auszug. Der schwedische Kanzler Oxenstierna teilte dem Herzog mit, daß der kaiserliche Generalissimus Wallenstein in letzter Zeit an verschiedenen Orten Schlesiens und der Lausitz den schwedischen Besatzungen der von ihm eroberten Städte zwar freien Abzug zugesichert, jedoch sein Wort hinterher nicht gehalten, sondern Offiziere und Mannschaften gefangen mitgeführt oder ins eigene Heer eingereiht, ja sogar niedergemacht habe. Man solle daher dem Feind bei Gelegenheit mit gleicher Münze heimzahlen (Oxenstiernas Skrifter Nr. 83; L. Fink S. 30).[19] So wurden auch die Offiziere der Straubinger Besatzung gefangen gesetzt und gelegentlich gegen gefangene Schweden ausgetauscht. So auch Oberst Haslang. Was mit der Mannschaft geschah, geht aus den Berichten nicht hervor. Wahrscheinlich wurden sie kurzerhand in die schwedischen Regimenter gesteckt; denn bei der Rückeroberung Straubings am 1. April 1634 durch die Bayern und Kaiserlichen, befanden sich unter der 800 Mann starken schwedischen Besatzung der Stadt nicht weniger als 300 ‚gepreßte’, also ehedem bayerische oder kaiserliche Soldaten (L. Fink, 31)“.[20]
1636 war er in der Unteren Pfalz eingesetzt, wo er durch sein unverschämtes, selbstherrliches Verhalten auffiel, dass er von Maximilian I. des Dienstes enthoben wurde.
„Auch die Musterung des Regiments [Heinrich von; BW] Metternich wurde nun endlich vom 4. bis zum 12.2. durch die Kommissare Pelkofer und Beck in Heidelberg,[21] Mosbach,[22] Boxberg[23] und Sinsheim[24] vorgenommen. Die acht Kompanien wurden in der Stärke von insgesamt 1.217 Mann gemustert, dazu kam noch die Reiterkompanie mit 67 Mann unter dem Kommando des Kapitänleutnants Christoph Schütz. Doch die Mannschaft des Regiments wurde allgemein als nicht sehr schlagkräftig eingeschätzt. Es waren viele ‚kleine Jungen‘ darunter, die zuvor unter anderen Regimentern bei der Bagage gedient hatten. Die Mehrzahl der Soldaten hatte vorher in der schwedischen Armee gedient, viele waren von anderen bayerischen Regimentern entlaufen, um der bei der Armee in Lothringen herrschenden Hungersnot zu entgehen. Diese wurden vorerst trotzdem angenommen, weil man sie leicht durch neugeworbene Soldaten ersetzen konnte, falls sie zu ihren Regimentern zurückgefordert werden sollten. Viele junge Pfälzer sahen angesichts der zusammengebrochenen Wirtschaft ihres Landes keine andere Unterhaltsmöglichkeit mehr, als sich für den Kriegsdienst anwerben zu lassen. Dies führte dazu, daß ungefähr zwei Drittel der Soldaten des Regiments Metternich aus der bayerischen Unterpfalz stammten, weswegen hinsichtlich der Zuverlässigkeit des Regiments Bedenken laut wurden. Man befürchtete, daß die pfälzischen Soldaten bei einem feindlichen Einfall überlaufen würden.
Für besonders wenig tauglich wurden die Kompanien der vier Beamten [Diemer, Schrofner, Weisser und Schrott] befunden. Diesen hatte die Heidelberger Regierung auf kurfürstlichen Befehl bereits am 5.12.1635 auferlegt, sich für Kompanie oder Amt zu entscheiden. Zwar hatten daraufhin alle vier Beamten in Supplikationen an die Regierung darum gebeten, sowohl ihre Kompanien als auch ihre Ämter behalten zu dürfen, doch lehnte Maximilian dieses Ansinnen am 14.2.1636 ab. Er wollte nun auch nicht mehr die Entscheidung der vier Hauptleute und Beamten abwarten, sondern wies die Regierung an, diese zur Resignierung ihrer Kompanien aufzufordern und dafür andere Hauptleute, die zu diesem Zweck von der Armee kommen würden, einzusetzen.
Nach der Musterung traf sich Pelkofer am 16.2. mit der Heidelberger Regierung, um die Austeilung der Quartiere und Kontributionen für das Regiment Metternich vorzunehmen. Hierbei kam es zu Differenzen mit dem Oberstleutnant Pienzenau, der in der Tatsache, daß ausgerechnet die Kompanien der vier Beamten in den Ämtern ihrer Hauptleute liegenbleiben sollten, während die anderen Kompanien teilweise verstreut außerhalb der Pfalz logiert werden sollten, eine ungerechtfertigte Begünstigung der Beamten sah. Als Pelkofer und die Regierung am 18.2. trotzdem bei ihrer Quartierausteilung blieben (um unnötiges Hin- und Hermarschieren zu vermeiden), weigerte sich Pienzenau, weiter an den Beratungen teilzunehmen; dafür erschienen Oberstwachtmeister Fabritius und Hauptmann Wambach, um sich ebenfalls über die Austeilung zu beschweren, wobei Wambach sogar wutentbrannt seinen Abschied begehrte.
Bei dieser Gelegenheit kam es auch noch zu einem persönlichen Streit zwischen Haslang und Pienzenau. Haslang bestand darauf, daß er als Kommandant der Unterpfalz berechtigt sei, auch das Regiment Metternich direkt, ohne Zwischenschaltung Pienzenaus, zu kommandieren und die Militärgerichtsbarkeit auszuüben, andernfalls wollte er nicht Kommandant sein. Pienzenau hingegen war der Ansicht, daß Haslang alle das Regiment betreffenden Anordnungen an ihn als den Kommandeur des Regiments und nicht direkt an seine Untergebenen richten solle, andernfalls wollte er nicht beim Regiment verbleiben. Obwohl Pelkofer den beiden bayerischen Adeligen zusprach, sie sollten sich als ‚verständige Herren‘ und nahe Verwandte ‚besser zusammentun‘, kam es zu keiner Einigung. Deshalb baten die beiden zusammen mit Pelkofer, Isselbach und Reichmaier den Kurfürsten um eine genaue Abgrenzung der beiden Kommandos und schlugen vor, auf Mittel zur Befreiung Metternichs zu gedenken, zu dem alle Offiziere und Untertanen ‚ihr höchstes Vertrauen‘ hätten.
Maximilian erteilte am 26.2. Pienzenau zwar einen Verweis, weil er die Quartierausteilung nicht akzeptieren wollte, bestätigte aber dafür dessen Standpunkt hinsichtlich der Kommandostruktur in der Unterpfalz und befahl zugleich, daß Haslang und Pienzenau ihn mit ihren Differenzen verschonen und sich ‚comportieren‘ sollten. Die Quartierausteilung, die vorsah, daß vom Regiment Metternich 600 Mann in der Unterpfalz verbleiben, die übrigen in den benachbarten Gebieten einquartiert werden sollten, wurde vom Kurfürsten mit der Einschränkung ratifiziert, daß die Grafschaft Erbach und der Ritterkanton Odenwald den Kaiserlichen überlassen werden mußten. In den übrigen Gebieten (Ämter Pforzheim und Graben, Markgrafschaft Durlach, Stift Speyer, Kraichgau) bezogen die metternichschen Truppen am 27.3. die ihnen zugeteilten Quartiere.
Inzwischen waren aber diese Gebiete vom Kurfürsten anderen, bei der Armee befindlichen bayerischen Regimentern als Kontributionsgebiete eingeräumt worden, so daß eine neue Quartierausteilung erforderlich wurde. Diese wurde am 16.4. in Speyer von den Kommissaren Starzhausen und Ungelter zusammen mit Haslang und Reichmaier vorgenommen. Ergebnis davon war, daß das Regiment Metternich nun doch wieder im wesentlichen auf die bayerische Unterpfalz mit den Ämtern Pforzheim[25] und Graben[26] beschränkt wurde.
Als einzige Zugeständnisse erreichten Haslang und Reichmaier, daß die metternichsche Reiterkompanie vorläufig noch im Ritterkanton Kraichgau belassen wurde und 50 Soldaten ins Stift Speyer und in die Markgrafschaft Durlach verlegt werden sollten. Dabei erreichte die Krise in der Unterpfalz im Frühjahr 1636 einen Höhepunkt. Die andauernden Durchzüge kaiserlicher Truppen sowie der Unterhalt für die fast 1.300 Soldaten des Regiments Metternich überstiegen die Kräfte der dramatisch geschrumpften Bevölkerung bei weitem. Viele Einwohner wurden vom Hungertod hinweggerafft, andere mußten, um den Kontributionsforderungen nachzukommen, mangels irgendwelcher Einkünfte nach und nach ihren gesamten Hausrat verkaufen und dann doch als Flüchtlinge außer Landes gehen, wodurch der Druck auf die Zurückbleibenden nur noch größer wurde. An vielen Orten verlangten die Soldaten mehr, als ihnen laut Verpflegungsordnung zustand. Als die Regierung deshalb an den seit Ende Februar in München in Urlaub befindlichen Pienzenau schrieb, antwortete dieser nur, daß er seine Soldaten nicht hungern lassen könne. Dazu kam noch, daß nach der Rückkehr Pienzenaus aus dem Urlaub am 19.5. sein Streit mit Haslang wieder aufflammte, weil er nicht das ihm zugeteilte Quartier in Bretten[27] beziehen wollte, sondern sich statt dessen in Heidelberg einquartieren wollte.
Die Zustände in der Unterpfalz konnten auf die Dauer in München nicht verborgen bleiben. Am 27.5. schrieb der Kurfürst an die Heidelberger Regierung, ihm werde berichtet, daß dort ‚alles in verderblicher und unverantwortlicher Confusion und Disorder hergehe. Er erteilte Isselbach und Reichmaier einen Verweis, weil sie deswegen nicht berichtet hatten, und befahl ihnen, alle Unordnungen und Ausschreitungen abzustellen, damit er nicht zu anderen Maßnahmen gegen sie und den Kommandanten greifen müsse. Auch dem Oberstleutnant Pienzenau befahl der Kurfürst am 12.6., alle Exorbitanzien seiner Soldaten abzustellen.
Am 23.6. schickte Kurfürst Maximilian den Hofkammerrat Claudius Belchamps und den Hofratssekretär Lukas Schott als Kommissare nach Heidelberg, um den Mißständen in der Unterpfalz abzuhelfen, soweit dies möglich war. Haslang hatte am 16.6. die Erlaubnis erhalten, für drei oder vier Wochen zu einer Badekur nach Schwalbach[28] zu verreisen, doch blieb er vorerst noch in Heidelberg, weil am 24.6. Landgraf Wilhelm von Hessen-Kassel die von einer kaiserlichen Armee unter General Lamboy belagerte Stadt Hanau[29] entsetzte und ein weiteres Vordringen der Hessen und Schweden in der Unterpfalz befürchtet wurde.
Während jedoch der erwartete feindliche Einfall ausblieb, waren es wieder einmal ‚befreundete‘ Truppen, die alle Ansätze zu einer wirtschaftlichen Erholung des Landes zunichte machten. Als die kaiserliche Armee unter Gallas im Juni 1636 bei Speyer[30]
zusammengezogen wurde, um gegen die Franzosen im Elsaß vorzugehen, weigerten sich wegen mangelnder Bezahlung die um Worms[31] liegenden 6.000 polnischen Soldaten, am Feldzug teilzunehmen. Als ihr General sie ermahnte, dem Kaiser treu zu dienen, wurde er niedergeschossen. Um sie am Rheinübergang zu hindern, wurde die Wormser Schiffbrücke halb abgebrochen, doch die Polen setzten am 9.7. bei Oppenheim[32] auf Flößen, zu deren Bau sie zahlreiche Häuser abgerissen hatten, über den Rhein und durchstreiften plündernd und mordend die Bergstraße. Aus Weinheim[33] flohen am 12.7. über 1.000 Menschen in Panik nach Heidelberg. Der König von Ungarn, der sich gerade auf der Reise zu Gallas‘ Armee befand, schickte von Leonberg[34] aus Kommissare zu den Polen, um sie durch gütliche Verhandlungen zum Einlenken zu bewegen.
Die Kommissare hatten nur bei zwei Kompanien Erfolg, während die übrigen 35 polnischen Kompanien in Richtung Hessen und Thüringen abzogen und dabei auch den Odenwald bis dahin nach Mosbach, Boxberg und an die Tauber durchstreiften. Die zwei Kompanien, die in kaiserliche Dienste zurückgekehrt waren, marschierten am 19.7. durch Heidelberg, um bei Speyer wieder über den Rhein zu gehen; zuvor blieben sie aber noch ungefähr drei Wochen in Hockenheim[35] und Lußheim[36] liegen, von wo aus sie die benachbarten Gebiete derartig heimsuchten, daß die Landbevölkerung die ganze Zeit über in den Wäldern oder Städten Schutz suchen mußte. Haslang hatte Bedenken, ohne ausdrücklichen Befehl des Kurfürsten gegen die Polen vorzugehen. Nur der auf Dilsberg[37] kommandierende Hauptmann Kraft schickte am 4.8. eine kleine Abteilung Soldaten gegen sie aus, als sie sich gerade im Dorf Waldwimmersbach[38] aufhielten, welche aber zu schwach war und deshalb zurückgetrieben wurde.
Die Folgen dieses polnischen Einfalls waren durch eklatantes Fehlverhalten Haslangs verschlimmert worden. Nachdem der König von Ungarn ihm am 12.7. von Stuttgart[39] aus befohlen hatte, die Straßburger Brücke vom Regiment Metternich schützen zu lassen, begab sich Haslang selbst auf dem Höhepunkt der polnischen Gefahr zum König, ohne in Heidelberg irgendwelche besonderen Vorkehrungen zu treffen. Pienzenau blieb untätig mit der Entschuldigung, daß er nicht das völlige Kommando habe. Erst am 25.7. kehrte Haslang wieder nach Heidelberg zurück.
Maximilian erteilte deshalb am 29.7. Haslang einen Verweis und forderte Verantwortung von ihm. Haslang entschuldigte sich damit, daß er mit Einverständnis Isselbachs und Pienzenaus zum König geritten sei und allen Hauptleuten Order hinterlassen hatte, gegen die streifenden Polen vorzugehen. Zugleich kündigte er an, daß er innerhalb der nächsten Tage nach Schwalbach abreisen wolle, weil die für die Badekur günstige Jahreszeit bald zu Ende gehe.
Damit war das Maß für Maximilian voll. Mit der Begründung, daß ihm Haslangs Dienste in der Unterpfalz ‚weitter nit annemblich‘ seien, verbot er diesem am 13.8., noch einmal nach Heidelberg zurückzukehren, sondern befahl ihm, sich vom Bad aus zu seinem Regiment bei der Armee zu verfügen und seine noch in der Unterpfalz vorhandenen ‚übermäßigen Leute und bagage‘ schnellstmöglich zu sich zu erfordern. Maximilian unterrichtete auch die Heidelberger Regierung und die Kommissare Belchamps und Schott von der Entlassung Haslangs und befahl ihnen, dessen Leute, Bagage und ‚Blunder‘ fortzutreiben, falls sich deren Abzug in die Länge ziehen sollte. Das militärische Kommando in der Unterpfalz erhielt Oberstleutnant Pienzenau; im Unterschied zu Hartenberg und Haslang war Pienzenaus Kommando allerdings ausdrücklich auf den militärischen Bereich beschränkt und ohne jede Zuständigkeit in ‚politischen Sachen‘ „.[40]
„Metternich hatte zwar vor dem Verlust von Heidelberg 1633 die Registratur in Sicherheit gebracht, doch das dortige Kanzleiarchiv war den Schweden zum größten Teil in die Hände gefallen. Nach der Schlacht von Nördlingen 1634[41] war die pfälzische Regierung unter dem Administrator Pfalzgraf Ludwig Philipp aus Heidelberg über den Rhein nach Frankenthal[42] geflohen und hatte die wichtigsten Archivalien mitgenommen, so daß der wiedereingesetzten bayerischen Regierung in Heidelberg kaum brauchbares Material zur Verfügung stand. Aus diesem Grund befahl der Kurfürst am 15.9.1635 dem Heidelberger Kommandanten Hartenberg, bei der bevorstehenden Eroberung von Frankenthal darauf zu achten, daß die dortigen heidelbergischen Kanzlei- und Rechnungskammerakten und Beamten geliefert würden. Als sich Frankenthal am 19.10.1635 den Kaiserlichen ergab, wurde den dortigen pfälzischen Beamten im Übergabeakkord auferlegt, so lange dort zu verbleiben, bis sie die aus Heidelberg entführten Dokumente gebührend ausgeliefert hätten. Den zur Abholung der Akten abgeordneten Heidelberger Rentamtskommissar Reichmaier wies der Kommandant zu Frankenthal zwar mit der Begründung ab, daß hierzu ein Befehl des Königs von Ungarn vorliegen müsse, aber immerhin bekam der Mannheimer Zollschreiber Gebhard Mayr am 28.10.1635 Gelegenheit zur Inventur der dort vorhandenen Dokumente und Mobilien. Am 23.1.1636 erschien im Auftrag des bayerischen Generalkriegskommissariats der Kommissar Otto Forstenhäuser in Frankenthal, wo am 7.11.1635 wieder eine spanische Garnison eingezogen war, um die Kanzleiakten und andere Dokumente nach Heidelberg zu bringen; der Frankenthaler Gubernator Oberst Andrés de Contreras und der dortige spanische Kommissar César Chamblay wollten jedoch ohne Wissen und Einwilligung ihres Vorgesetzten, des spanischen Botschafters in Wien Oñate, nicht herausgeben. Daran änderte sich auch nichts, als der Heidelberger Kommandant Haslang[43] nach Frankenthal kam und gemeinsam mit Forstenhäuser noch einmal die Auslieferung der Akten begehrte.
Erst nachdem Maximilian wegen dieser Angelegenheit an den Kaiser und an Oñate geschrieben hatte, konnte sich Isselbach Anfang Mai 1636 aus Heidelberg nach Frankenthal begeben, um die Akten abzuholen. Er fand die Heidelberger Akten dort aber so zerstreut und mit anderen vermischt vor, daß Sortierarbeiten von ungefähr zwei Wochen nötig waren. Isselbach kehrte deshalb wieder nach Heidelberg zurück und überließ diese Aufgabe dem Landschreiber Bürse, der sie am 6.6.1636 zum Abschluß brachte und alle Akten, die die vier rechtsrheinischen Ämter der Unterpfalz betrafen, zu Schiff nach Heidelberg brachte. Allerdings hatte Contreras sich geweigert, die Lehensakten, die Akten der Heidelberger Universität und des Stifts Sinsheim sowie die Archivalien, die die Kurpfalz im ganzen betrafen, herauszugeben. Maximilian wies deshalb am 7.10.1636 seinen Vizekanzler Richel an, bei Oñate einen diesbezüglichen Befehl an Contreras zu erwirken“.[44]
„Vom 26.6. bis zum 14.9.1636 hielten sich die kurfürstlichen Kommissare Claudius Belchamps und Lukas Schott in der Unterpfalz auf, um in Heidelberg und in den anderen Orten des Landes die Klagen und Beschwerden der Bürger und Untertanen gegen Regierung, Beamte und Militär aufzunehmen und nach Möglichkeit gleich an Ort und Stelle für Besserung zu sorgen. Der Kommissionsbericht, den sie kurz vor ihrer Abreise am 11.9. aus Bretten nach München schickten, offenbarte zum Teil haarsträubende Zustände in der bayerischen Unterpfalz. […]
Die von der Kommission gegen den Kommandanten Haslang vorgebrachten Punkte füllten allein schon sechsunddreißig Folioseiten des Berichts. Die gegen ihn geführte Untersuchung zeigte, daß er sich in der Unterpfalz wie ein selbstherrlicher Potentat gebärdet hatte. Bemerkenswerten Einfallsreichtum hatte er entwickelt, wenn es um die Versorgung seines aufgeblähten Hofstaats und die Vermehrung seines Privatvermögens ging. Damit in dem ausgehungerten Land seine Küche nie Mangel an Fleisch litt, mußte jeder Vieh- oder Ochsentreiber, der eine Herde nach oder durch Heidelberg führte, ein oder mehrere Stück Vieh oder den Gegenwert in Geld (für jedes Stück Vieh der Herde einen Reichstaler) an Haslang abliefern.
Auch aus dem Frachtverkehr auf dem Neckar zog Haslang erheblichen Profit. Jedes Schiff, das auf dem Neckar Heidelberg passierte, mußte seit jeher dort am Kran anlanden, um bei der ‚Kranenmeisterei‘ den Zoll zu entrichten. Haslang hatte nun eine Neuerung eingeführt, daß die Schiffsleute sich nach Bezahlung des herrschaftlichen Zolls sich bei seinem Privatsekretär Sebastian Krieg anmelden und gegen eine Gebühr, die ausschließlich in seine eigene Tasche floß, einen Paßzettel lösen mußten. Zu diesem Zweck hatte Haslang einen eigenen ‚Visitator‘ (Kaspar Wild, einen ausgedienten Soldaten vom Regiment Metternich) eingestellt, der alle ankommenden Schiffe visitieren und dem Sekretär ansagen mußte. Ohne Wissen, Einwilligung und Befehl dieses Visitators durfte kein Schiff ablegen. Die Regierung versuchte zwar, durch Befehl an den Kranenmeister diese Praktiken zu unterbinden, war jedoch machtlos. Die Visitation der Schiffe geschah unter dem Vorwand, daß damit das Durchschleichen von verbotenen Sachen verhindert werden sollte. Sie war bei den Schiffsleuten sehr gefürchtet, weil Haslangs Visitator alle Kisten, Fässer und Truhen aufschlug, wegnahm, was ihm gefiel, und trotzdem noch Geld dazu forderte. Bezeichnenderweise konnten die Schiffsleute durch Bezahlung der von Haslang festgesetzten Gebühr die Visitation vermeiden. Ergebnis dieser Praktiken war, daß die Kaufleute, wo immer dies möglich war, Heidelberg umgingen, wodurch das wirtschaftliche Leben in der Stadt schwere Einbußen erlitt.
Die Kommission untersagte zwar nach ihrer Ankunft in Heidelberg dem Visitator die weitere Ausübung seiner Tätigkeit, doch kümmerte sich dieser nicht darum, woraufhin die Kommissare ihn gefangennehmen ließen und als ‚herrenlosen Vaganten‘ aus der Stadt auswiesen. Bevor Wild die Stadt verließ, beklagte er sich bei Haslang, wodurch dieser erst von der gegen ihn laufenden Untersuchung erfuhr. Er zeigte sich den Kommissaren gegenüber ’sehr offendiert und disgustiert‘ und ließ auch nichts von Einsicht verspüren, da er sofort einen anderen Soldaten als Visitator einstellte.
Auch sonst hatte Haslang zugegriffen, wo immer sich eine Gelegenheit dazu geboten hatte. Den Heidelberger Metzgern hatte er gewaltsam achtzig Pfund Fleisch wegnehmen lassen, und auch aus dem in Bretten liegenden Proviantvorrat der bayerischen Armee hatte er sich bedient. Die Fischer zu Heidelberg, Neckargemünd[45] und Neckarsteinach[46] mußten jede Woche insgesamt 34 Pfund Fisch für Haslangs Haushaltung gratis liefern.
Weil durch diese Praktiken Haslangs der offene Markt in Heidelberg weitgehend zum Erliegen kam und die Lebensmittel unter der Hand an die Wirte verkauft wurden, ließ Haslang am 15.5.1636 den Verkäufern und Wirten in Heidelberg befehlen, alle Lebensmittel zuerst ihm zum Verkauf anzubieten, andernfalls sollte alles beschlagnahmt und sogar aus den Wirtshäusern (die Haslang deshalb eigens durchsuchen ließ) genommen und den Soldaten zugeeignet werden.
Zur Vermehrung seines Privatvermögens hatte Haslang [-wie übrigens auch Piccolomini in dem besetzten Württemberg, der geradezu Hunderttausende von Litern beschlagnahmt und veräußert hatte; BW] den Weinhandel als gewinnträchtiges Geschäft ausgemacht. In Heilbronn kaufte er an die 100 Fuder Wein auf, zu dessen Transport er den Bürgern von Heidelberg, Weinheim und Mosbach viele leere Fässer abnehmen ließ, welche die Küfer ohne Lohn ausbrennen, binden und zurichten, die Bürger selbst an den Neckar und die Fischer in der Fron weiter nach Heilbronn bringen mußten. Als Agenten bei diesem Weinhandel gebrauchte Haslang zunächst den Juden Veit Spur, der als Hofmeister Hartenbergs mit diesem aus Austerlitz[47] in Mähren nach Heidelberg gekommen und dort Anfang September 1635 als Postmeister eingesetzt worden war (obwohl bekannt war, daß Kurfürst Maximilian in seinen Landen keine Juden duldete).
Spur erfüllte allerdings nicht die von Haslang ihn ihn gesetzten Erwartungen, als er die erste Ladung Wein aus Heilbronn in Frankfurt[48] gegen Stiefel eintauschte, wobei das Paar zu 5, 5 Reichstalern angeschlagen wurde. Da Haslang die Stiefel zu diesem überhöhten Preis nicht loswurde, steckte er Spur zunächst ins Gefängnis, ließ ihn dann jedoch wieder frei, um ihm Gelegenheit zu geben, bei der Judenschaft zu Worms und Frankfurt Geld aufzubringen und damit die Stiefel wieder auszulösen. Der in Sinsheim[49] wohnende Jude Seligmann wurde von Haslang gezwungen, vierzig Paar dieser Stiefel um je 5, 5 Reichstaler zu kaufen; als er sich weigern wollte, wurde er in den Turm geworfen, woraufhin er das Geld von der Sinsheimer Bürgerschaft zu leihen nehmen mußte und dadurch in den Ruin getrieben wurde. – Am 6.6.1636 befahl Maximilian der Heidelberger Regierung, den Postmeister Spur wegzuschaffen und die Postsachen künftig wieder zur kaiserlichen Poststation nach Rheinhausen[50] zu bestellen.[51] –
Um seinen Wein doch noch loszuwerden, ließ Haslang an der Heidelberger Neckarbrücke, in der Vorstadt und in Weinheim an die nach Hanau durchziehenden kaiserlichen Truppen Wein ausschenken und zu diesem Zweck den Wirten die Kannen mit Gewalt aus den Häusern nehmen. Gleichzeitig ließ er den Wirten verbieten, ihrerseits Wein an die kaiserlichen Reiter auszuschenken, was diese aber nicht beachteten. Für seinen ganzen Weinhandel zahlte Haslang weder Lagergeld noch Umgeld oder andere herrschaftliche Steuern oder Gebühren. Seine Diener ließen sich sogar bei ihren Reisen von und nach Heilbronn von den Gemeinden kostenlos verpflegen.
Zur Fütterung seiner Pferde ließ Haslang bei den Untertanen Heu beschlagnahmen und mit der Fron nach Heidelberg führen, weswegen diese nichts mehr mähten, weil sie befürchteten, daß es ihnen wieder abgenommen werden könnte. Bei Jagden, die Haslang um Schwetzingen[52] und Mannheim[53] veranstaltete, mußten die Untertanen ohne Reichung des üblichen ‚Fronbrotes‘ Frondienste leisten. Die Mannheimer wurden auch sonst wie andere Untertanen zu Frondiensten herangezogen, obwohl ihnen Haslang selbst bei der Huldigung Ende Januar 1636 versprochen hatte, sie bei ihren Privilegien (wozu auch die Freiheit von Frondiensten gehörte) handzuhaben und zu beschützen.
Waren Haslangs Praktiken schon für sich allein angetan, eine wirtschaftliche Erholung der Unterpfalz zu behindern, so wirkte
sich das Verhalten der einquartierten Soldaten des Regiments Metternich noch in größerem Maßstab dahingehend aus. Die Verpflegungsordonnanz der Armeeführung wurde in der Unterpfalz in keinem Fall einhalten, sondern teilweise um fast das Doppelte überschritten. Nach der Ankunft der Kommissare Belchamps und Schott in Heidelberg befahl Oberstleutnant Pienzenau zwar am 28.6.1636, die Ordonnanz einzuhalten, doch wurde dieser Befehl nirgendwo beachtet, zumal sich auch Pienzenau selbst nicht daran hielt. Sein Fähnrich und sein Feldwebel verboten den Soldaten sogar öffentlich, sich an die Ordonnanz zu halten. Wegen der Quartierausteilung in den einzelnen Städten und Orten, die ohne Beteiligung kurfürstlicher Beamter von den öffentlichen Selbstverwaltungsorganen (Stadtrat, Gemeinde) vorgenommen wurde, kamen Klagen ein, daß dabei die Armen belegt und die Reichen verschont würden. Um solche Ungleichheiten zu vermeiden, übertrug die Kommission den örtlichen kurfürstlichen Beamten die Inspektion über die Quartier- und Kontributionsausteilungen in den Kommunen mit dem Auftrag, bei offensichtlicher Ungleichbehandlung von Bürgern oder Untertanen von kurfürstlicher Obrigkeit wegen einzugreifen. Auch der Kurfürst selbst schickte am 24.9.1636 einen dahingehenden Befehl an die Heidelberger Regierung.
Zur Eintreibung von ausstehenden Kontributionen fielen die Soldaten gleich in die Dorfschaften ein, wo sie den Schultheiß, Bürgermeister oder sonst eine offizielle Person, die sie gerade antrafen, fortschleppten, arrestierten, manchmal sogar in den Turm sperrten, oder auch Pferde, Vieh und Hausrat auspfändeten. Die Offiziere und Unteroffiziere, die in den Städten kommandierten, bestraften die Bürger und Untertanen, wie es ihnen gefiel, und entzogen dadurch der kurfürstlichen und bürgerlichen Obrigkeit ihre Jurisdiktion. Die Kommission sprach zwar Verbote gegen derartige Praktiken aus, bezweifelte aber selbst, daß diese nach ihrer Abreise weiter beachtet würden, zumal die Offiziere ganz offen verlauten ließen, daß sie hierzu nicht die Absicht hätten.
Die Soldaten wurden von den Offizieren immer wieder verlegt und bald hierhin, bald dorthin geschickt, was große Probleme bei der Bemessung des Unterhalts verursachte. Vor allem durch die monatliche Auswechslung der Mannheimer Garnison, zu der immer aus allen Orten und Kompanien in der Unterpfalz, sogar aus dem über 100 km entfernten Amt Boxberg, Soldaten abkommandiert wurden, ging jeder Überblick über den tatsächlichen Mannschaftsstand der einzelnen Kompanien verloren. Der Verdacht, daß unter diesen Umständen die Offiziere den Unterhalt für viele sogenannte ‚blinde‘, d. h. nicht wirklich beim Regiment anwesende Soldaten in die eigene Tasche steckten, wurde dadurch bestärkt, daß Pienzenau ‚bei Leib- und Lebensstrafe‘ verboten hatte, Namenslisten der vorhandenen Mannschaft an die Behörden oder sonst jemand herauszugeben.
Die Kommission schlug deshalb vor, Mannheim künftig von einer bleibenden Garnison besetzen zu lassen, auch weil die hin- und herziehenden Truppen die Straßen unsicher machten und die Leute in Dorf und Feld ausraubten. In einem Fall hatten sogar die aus Mannheim nach Boxberg zurückmarschierenden Soldaten Schefflenz angegriffen und ausgeplündert. Bei diesen Märschen schleppte jeder Soldat einen eigenen Untertanen mit, der ihm den Ranzen und anderes, sogar das Gewehr nachtragen mußte und gelegentlich auch mit Schlägen angetrieben wurde. Überhaupt zeigten die Soldaten des Regiments Metternich kaum Anzeichen von Disziplin. Sie liefen mit ihren Frauen und Jungen in die Wein-, Obst- und Krautgärten aus, wo sie alles abrissen und wegnahmen, eigneten sich auf den Märkten die zum Verkauf angebotenen Waren gewaltsam an und verübten in der Nacht Einbrüche. An den Stadttoren wurden die Passierenden von den Wachen ranzioniert und durchsucht, wobei ihnen oft das Brot, das sie zur Feldarbeit für den ganzen Tag dabei hatten, abgenommen wurde. Auf vorgebrachte Klagen hin wurden die Übeltäter von ihren Offizieren entweder gar nicht bestraft oder im schlimmsten Fall auf die Esel gesetzt; wie ernst die Delinquenten diese Strafe nahmen, erkennt man daran, daß von den darauf Sitzenden manchmal ‚auch etliche Maß Wein gesoffen‘ wurden. Die Kommission ließ zwar überall, wo sie hinkam, derartige Ausschreitungen verbieten, doch hielten solche Verbote normalerweise nur während ihrer Anwesenheit vor.
Als wichtigstes Mittel zur Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Unterpfalz schlugen Belschamps und Schott dem Kurfürsten am 29.7.1636 vor, einen Teil des Regiments Metternich abführen und nur so viele Truppen zurückbleiben zu lassen, wie zur Besetzung von Heidelberg, Mannheim, Dilsberg und anderer Schlösser bei einem feindlichen Einfall vonnöten wären. [Georg Rudolph von; BW] Haslang verlegte zwar gerade um diese Zeit 320 Soldaten des Regiments (40 von jeder Kompanie) aus der Unterpfalz nach Lichtenau,[54] Rheinbischofsheim[55] und Oberkirch,[56] wie sie zusammen mit den Soldaten des Regiments Epp die Deckung des Königs von Ungarn, der mit seiner Armee um Stollhofen[57] lag, gegen die Straßburger Rheinbrücke übernahmen. Doch nach Haslangs Vorstellungen sollten diese 320 Soldaten ihren Unterhalt auch weiterhin aus den unterpfälzischen Quartieren, und zwar jeweils für vierzehn Tage im voraus, erhalten. Belchamps und Schott berichteten dem Kurfürsten jedoch, daß dies unmöglich sei, weil die Untertanen normalerweise nie Geld im Haus hatten, sondern solches erst von einem Tag auf den anderen ‚durch allerhand Mittel, Mühe und Arbeit hertiglich‘ zusammenbringen mußten, um die Soldaten zu befriedigen. Mancher Soldat hatte sich auch mit seinem ‚Hausvater‘ auf andere Weise verglichen, z. B. daß er mit dem Essen seines ‚Hausvaters‘ vorliebnahm, wenn dieser sonst nichts mehr geben konnte. Maximilian befahl daraufhin am 9.8.1636 dem Kriegskommissar zu Pforzheim[58] Pelkofer, zur Verschonung der unterpfälzischen Untertanen den zur Sicherung der Straßburger Brücke abkommandierten metternichschen Soldaten die Kontribution aus ihren neuen Quartieren anzuweisen.
Nachdem am 15.8.1636 die kaiserliche Armee von Drusenheim[59] in Richtung Breisach[60] abmarschiert war, wurden insgesamt 400 Mann des Regiments Metternich Ende August dort stationiert, um gemeinsam mit dem Regiment Epp die Drusenheimer Schiffsbrücke zu schützen. Die metternichsche Reiterkompanie wurde gegen Ende September 1636 aus dem Kraichgau[61] zur bayerischen Armee nach Koblenz[62] abgeführt.
Am 23.9.1636 beschloß Maximilian, die noch in Württemberg und am Oberrhein liegenden Soldaten des Regiments Epp ebenfalls zur Armee zu schicken und durch das Regiment Metternich ablösen zu lassen, vom dem nur 500 Mann in der Unterpfalz verbleiben sollten. Auf kurfürstlichen Befehl begab sich der Kommissar Pelkofer am 25.10. von Tübingen[63] aus nach Heidelberg, um dort mit Pienzenau, Isselbach und Bürse eine neue Quartierausteilung für diese 500 Mann vorzunehmen. Dabei wurden den vier unterpfälzischen Ämtern 375, dem Amt Pforzheim 50, dem Amt Graben 25 und der Stadt Gochsheim[64] (die dem Grafen von Gronsfeld gehörte) 50 Mann zugeteilt. Der Unterhalt für die 375 Mann in den vier Ämtern belief sich auf wöchentlich 1.349 Gulden und wurde folgendermaßen aufgeteilt:
Amt Heidelberg 300 fl
Amt Mosbach (mit Adelsheim[65]) 350 fl
Amt Boxberg (mit Schüpf[66] 150 fl
Amt Bretten 280 fl
Stadt Heidelberg 269 fl
Der Abzug des Regiments Epp verzögerte sich zwar noch bis zum 21.11.1636, doch dann konnte der unterpfälzischen Bevölkerung durch die Verlegung von 900 metternichschen Soldaten nach Württemberg und an den Oberrhein endlich Erleichterung verschafft werden“.[67]
[1] Abensberg [LK Kelheim]; HHSD VII, S. 2.
[2] HEYDENREUTER, Landesherrlicher Hofrat, S. 334f.
[3] Rebdorf [LK Eichstätt]; HHSD VII, S. 604.
[4] Neuburg a. d. Donau [LK Neuburg-Schrobenhausen]; HHSD VII, S. 497ff.
[5] Eichstätt [LK Eichstätt]; HHSD VII, S. 160ff.
[6] Ingolstadt; HHSD VII, S. 326ff.
[7] Die Äbtissin Klara Staiger schreibt über Rasch; FINA, Klara Staigers Tagebuch, S. 84f.: „haben noch nit gewist was man uns zuelassen oder auffhalten wirt / zu dem sein uns unsere pferdt und wegen schon entnomen gewest / deswegen mir herren Commendanten einen vergulten böcher sambt 2 dopelduggaten per 12 fl. verehrt / und gebetten / das ehr uns / mit unserer armuet (Arm-, Habseligkeit) herablaß / und hilff thue wegen unserer pferdt . schaff traid / und melb. welches er uns versprochen / aber laider nit aller dings gehalten / dan mir kain pferdt mer bekomen / und unsere gar schön tragente schaff auch müessen bei hoff lassen / sein im closter und schloss umb etlich 1000 fl. Gulden werth komen“.
[8] Spalt [LK Roth], HHSD VII, S. 704ff.
[9] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.
[10] FINA, Klara Staigers Tagebuch, S. 52ff.
[11] Straubing; HHSD VII, S. 723ff.
[12] Teisbach, heute Ortsteil von Dingolfing [LK Dingolfing-Landau].
[13] Hengersberg [LK Deggendorf].
[14] Oberaltaich, Benediktiner-Kloster in Bogen [LK Straubing-Bogen].
[15] Vgl. KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 123f.
[16] Alburg, heute Stadtteil von Straubing [LK Straubing-Bogen].
[17] Braunau a. Inn; HHSÖ I, S. 24ff.
[18] Laut Höser war Haslang bei den Übergabeverhandlungen mehr um seine Besatzung besorgt als auf das Wohl der Stadt bedacht gewesen; SIGL, Wallensteins Rache, S. 158.
[19] Vgl. THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 141.
[20] SIGL, Wallensteins Rache, S. 57f.
[21] Heidelberg; HHSD VI, S. 302ff.
[22] Mosbach [Neckar-Oldenwald-Kr.]; HHSD VI, S. 533f.
[23] Boxberg [Main-Tauber-Kreis]; HHSD VI, S. 106f.
[24] Sinsheim [Rhein-Neckar-Kr.]; HHSD VI, S. 745ff.
[25] Pforzheim [Stadtkreis]; HHSD VI, S. 627ff.
[26] Graben [Gem. Graben-Neudorf, LK Karlsruhe]; HHSD VI, S. 262.
[27] Bretten [LK Karlsruhe]; HHSD VI, S. 116.
[28] Bad Schwalbach [Untertaunuskr.]; HHSD IV, S. 30f.
[29] Hanau; HHSD IV, S. 199ff.
[30] Speyer; HHSD V, S. 350ff.
[31] Worms; HHSD V, S. 410ff.
[32] Oppenheim [Kr. Mainz]; HHSD V, S. 279ff.
[33] Weinheim [Rhein-Neckar-Kr.]; HHSD VI, S. 870f.
[34] Leonberg [Kr. Böblingen]; HHSD VI, S. 463f.
[35] Hockenheim [Rhein-Neckar-Kr.].
[36] Altlußheim [Rhein-Neckar-Kreis].
[37] Dilsberg [Neckargemünd, Rhein-Neckar-Kreis]; HHSD VI, S. 147f.
[38] Waldwimmersbach, heute Ortsteil von Lobbach [Rhein-Neckar-Kr.].
[39] Stuttgart; HHSD VI, S. 768ff.
[40] MAIER, Unterpfalz, S. 302ff.
[41] Vgl. dazu ENGERISSER; HRNČIŘĺK, Nördlingen 1634.
[42] Frankenthal; HHSD V, S. 100ff.
[43] Am 19.12.1635 war er zum Nachfolger Hartenbergs ernannt worden; NIESS; CAROLI, Geschichte Bd. 1, S. 137.
[44] MAIER, Unterpfalz, S. 311f.
[45] Neckargemünd [Rhein-Neckar-Kr.]; HHSD VI, S. 548f.
[46] Neckarsteinach [Kreis Bergstraße].
[47] Austerlitz [Slavkov u Brna; Bez. Wischau]; HHSBöhm, S. 17ff.
[48] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.
[49] Sinsheim [Rhein-Neckar-Kr.]; HHSD VI, S. 745ff.
[50] Rheinhausen [LK Moers]; HHSD III, S. 638f.
[51] MAIER, Unterpfalz, S. 541, Anm. 193.
[52] Schwetzingen [Rhein-Neckar-Kreis].
[53] Mannheim; HHSD VI, S. 501ff.
[54] Lichtenau [LK Rastatt]; HHSD VI, S. 469f.
[55] Rheinbischofsheim, heute Stadtteil von Rheinau [Ortenaukreis].
[56] Oberkirch [Ortenaukr.]; HHSD VI, S. 587f.
[57] Stollhofen [Gem. Rheinmünster, LK Rastatt]; HHSD VI, S. 764.
[58] Pforzheim [Stadtkreis]; HHSD VI, S. 627ff.
[59] Drusenheim [Dép. Bas-Rhin; Frankreich].
[60] Breisach am Rhein [LK Breisgau-Hochschwarzwald]; HHSD VI, S. 110ff.
[61] Kraichgau; HHSD VI, S. 427f.
[62] Koblenz; HHSD V, S. 178ff.
[63] Tübingen [LK Tübingen]; HHSD VI, S. 801ff.
[64] Gochsheim [Kraichtal, LK Karlsruhe]; HHSD VI, S. 257f.
[65] Adelsheim [Neckar-Odenwald-Kreis].
[66] Unterschüpf, heute Ortsteil von Boxberg [Main-Tauber-Kreis].
[67] MAIER, Unterpfalz, S. 317ff.
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