Hegel, Martin; Bettelvogt ( – 31.10.1627] Der Bettelvogt[1] Martin Hegel fiel am 21.10.1627 in Memmingen[2] der Lynchjustiz zum Opfer. Der Memminger Arzt Christoph Schorer [2.12.1618 Memmingen-12.2.1671 Memmingen] schreibt in seiner „Chronick“: „Den 31. October [1627; BW] hat man Martin Hegel einen Bettelvogt mit einem Becken hinauß geklopfft / da lieff ihme die Handwercks Burst hinach / wurffen ihne mit Steinen vnd Schollen biß er Tod blieb: Dardurch hernacher vielen die Stadt verwiesen[3] worden. Den Anfänger konnte man nicht erfahren“.[4]
[1] Bettelvogt oder Armenvogt: Titel der Beamten im 16. und 17. Jahrhundert, die für die Überprüfung von Bettlern und Armen zuständig waren. Andere Bezeichnungen waren Prachervogt (als „Pracher“ wurden besonders hartnäckige Bettler bezeichnet) oder Gassenvogt. Der Armenvogt war ein von der Obrigkeit angestellter niederer Beamter, der vielfältige Kontrollfunktionen, jedoch keine helfende Funktion inne hatte. Armenvögte überprüften die Einhaltung der strengen Auflagen des Almosengesetzes. Reproduktionsfähige Bettler und Arme wurden strenger überprüft als Witwen, Waisen oder Krüppel.
[2] Memmingen; HHSD VII, S. 439ff.
[3] Verweisung: „Verweisungsstrafen waren in der Frühen Neuzeit regional übergreifend lange Zeit „die zentrale Sanktionierung peinlicher Vergehen“; LUDWIG, Strafverfolgung, S. 205. Die Verweisung aus der Stadt und den Stadtdörfern war zumeist verbunden mit körperlicher Züchtigung. Sie konnte auf zeitlich begrenzte Dauer oder aber auf Lebensdauer ausgesprochen werden. Für die Ausgewiesenen bedeutete sie den Verlust der Heimat und zumeist auch ihrer Existenz, im Winter möglicherweise den Tod oder Betroffene begingen Suizid. Einen hohen Anteil an dieser quantitativ wohl bedeutendsten strafrechtlichen Sanktion hatten Angehörige der Unterschicht und der Randgruppen.
[4] SCHORER, Memminger Chronick, S. 132.