Jizbický z Jizbice [ltzwitzky, Iltzwitzky, Jeswitzky, Jesuwitzky, Jesuitzky, Jewitzky, Jetzwitzky, Iruschwitz, Jeßvitzky, Jißwitzky, Jitzwitzki, Jeschwitzki, Jetzwiki, Gizbisky, Gesewitzky, Zeswotzky, Jenitzsch], Matiáš [Matthias]
Jizbický z Jizbice [ltzwitzky, Iltzwitzky, Jeswitzky, Jesuwitzky, Jesuitzky, Jewitzky, Jetzwitzky, Iruschwitz, Jeßvitzky, Jißwitzky, Jitzwitzki, Jeschwitzki, Jetzwiki, Gizbisky, Gesewitzky, Zeswotzky, Jenitzsch], Matiáš [Matthias] [um 1585-9.11.1639 Bautzen][1] führte 1631-1635 eine Kompanie[2] im schwedischen[3] Regiment[4] Hans Vitzthum von Eckstädt.[5]
„Für das letzte Besatzungsjahr findet sich für die schwedischen Soldaten sogar ein Rechnungsbuch, das einmal mehr die Vermutung bestätigt, daß es für die Frankfurter[6] nicht bei den von Gustav Adolf verlangten 100 000 Reichstalern geblieben ist. Seit der Niederlage von Nördlingen,[7] genauer ab dem 26. September 1634, wurde Vitzthums Corps nicht mehr von den Schweden, sondern von der Reichsstadt besoldet und ernährt.
In diesem Rechnungsbuch wurden nicht nur die Einnahmen und Ausgaben hinsichtlich der Besoldung[8] für die Regimenter Vitzthums, sondern auch die eines gewissen Obristen[9] Arfüdo Forbusch aufgeführt. Dieser war am 26. September 1634 offiziell in die Reichsstadt gekommen. Es handelte sich hierbei um Arvid Forbus.[10] Er war zu dieser Zeit Oberst eines geworbenen Infanterie-Regiments und stand ab 1635 unter Herzog Bernhards[11] Oberbefehl. Die Frankfurter Ratsherren hatten sich über diese doppelte Belastung bei Oxenstierna[12] beschwert, der diese Unannehmlichkeit zwar bedauerte, letztlich jedoch auf den Verbleib dieses Regiments bei Vitzthum beharrte. Erst am 29. Januar 1635 wurde das Forbussche Regiment aus Frankfurt abgeführt.
Im Dezember 1634 und am 6. Januar 1635 hatte der schwedische Garnisonskommandant[13] insgesamt 86 005 Reichstaler erhalten und diese als Einnahmen verbucht. Die dokumentierten Regimentsausgaben beliefen sich für den Zeitraum auf exakt diese von der Rechnei ausgezahlten Summe. Aufgeführt werden hauptsächlich Beträge beider Regimenter, die für die sogenannte ‚15tägige Lohnung’[14] der Soldaten gedacht waren. Einmal findet sich eine Summe, die jeweils für die Stabsbesoldung[15] bzw. für die Auszahlung eines gesamten Monatssoldes verwendet wurde. Der Buchhalter hatte die Beträge und Summen stets in Gulden und ‚ad 1 ½ fl’. umgerechnet in Reichstalern notiert.
Ein weiteres Dokument beziffert die Soldzahlungen und Kosten der Garnison[16] etwas detaillierter. Für das Regiment des Kommandanten wurden zur Unterhaltung monatlich 4 700 ¾ Reichstaler veranschlagt, den ‚Stück Capitain,[17] Fendrichen,[18] Fewr Werckher[19] und Constabeln[20] monatich zum wenigsten geben 372 ¼ Reichstaler’. Für ein weiteres 1 000 Mann[21] starkes Regiment waren 4.000 Reichstaler pro Monat vorgesehen. Bei dem dort aufgeführten ‚Pfortischen Regiment’ dürfte es, zieht man die Angaben aus dem zuvor genannten Rechnungsbuch heran, sich wohl um die Soldaten von Arvid Forbus handeln. Für nicht näher genannte ‚gemeine Ausgaben’ sah die Aufstellung weitere 235 Reichstaler vor. Alles in allem belief sich die in diesem Dokument errechnete Gesamtsumme auf 9 300 Reichstaler. Diesen Betrag sollten [sollte; BW] die Stadt Frankfurt monatlich für die Regimenter von Vitzthum und Forbus aufbringen. Die Person, die diese Rechnung aufgestellt hatte, war sich offensichtlich der Tatsache sehr wohl bewußt, daß es nicht bei diesen Ausgaben bleiben würde. Sie ergänzte: ‚NB. Was alles [auf]gerechnet soll werden alß allerhandt Außgaben und Munition, wirdt eß auch uff dausent Reichsdallern Monatlich laufen’.
Anhand dieser Quelle ist im übrigen zu ersehen, daß sich Vitzthums Garnisonstruppe zumindest am 1. Oktober 1634 aus insgesamt neun Kompanien und dem Stab zusammensetzte. Geführt wurden diese Einheiten jeweils von Major[22] Krescher,[23] den Kapitänen Michael Wolff,[24] Schlieben,[25] Wormser,[26] Osten,[27] Furch,[28] Buttler[29] und Nohr.[30] In der Auflistung findet sich auch das alte ‚Blaue Regiment’,[31] das einst zu Gustav Adolfs Royalarmee gehörte. So waren wohl doch nicht alle Garnisonssoldaten ehemals in Frankfurter Diensten gewesen und es befanden sich doch noch einige wenige ‚alte Schweden’ unter ihnen. Forbus’ Truppe hingegen umfaßte zehn Kompanien, im Gegensatz zu Vitzthums Garnisonsverzeichnis wird hier der Stab aber nicht als einzelner Posten aufgeführt.
Im Zuge der Übertrittsverhandlungen hatte man sich mit Gustav Adolf geeinigt, die Soldaten auf ‚holländische Weise’ unterzubringen. Über die genaue Verteilung der schwedischen Söldner bei den einzelnen Gastleuten ist allerdings nichts genaueres überliefert. Eine Aufstellung verzeichnet aber die Zusammensetzung der Kompanien des Vitzthumschen Regimentes im letzten Besatzungsjahr. Die Bezeichnung ‚Quartierliste’, unter der diese Aufstellung im Frankfurter Institut für Stadtgeschichte geführt wird, erscheint allerdings etwas zu hoch gegriffen. Es wird in diesem Schrift lediglich unterschieden, ob die jeweilige Kompanie ‚hibbdebach oder dribbdebach’ untergebracht wurde. Von den insgesamt acht Kompanien der schwedischen Garnison waren je vier in der Reichsstadt selbst und vier im gegenüberliegenden Sachsenhausen,[32] wo auch der Kommandant im Cleeischen Hof residierte, einquartiert. Die Kompanien von Vitzthum, Schlieben, Iruschwitz und Forch lagen im Frankfurter Stadtgebiet. Sie wurden im August 1635 kurz vor Beginn des Gefechtes um die Alte Brücke nach Sachsenhausen beordert. Die Soldaten Major Krechers und die der Kapitäne Osten, Buttler und Nohr hingegen waren unmittelbar in Sachsenhausen stationiert“.[33]
Im November 1635 amtierte Jizbický als Kommandant in Dömitz.[34]
„Die Kaiserlichen waren noch fern, aber der Kurfürst Johann Georg von Sachsen[35] bewährte sich als neuer treuer Bundesgenosse und überschritt mit einem stattlichen Heere Mecklenburgs Grenzen. Sein General Baudissin[36] lagerte sich mit 7000 Mann Infanterie Ende November 1635 vor Dömitz, der schwedische Festungskommandant Jeßvitzky ließ zu besserer Vertheidigung die Stadt in Brand stecken. Banèr[37] [Abb. links] aber sandte seinen General Ruthven,[38] einen Schotten,[39] mit 4000 Reitern und 800 Musketieren,[40] die sich auf die Sachsen warfen, während gleichzeitig Jeßvitzky aus der Festung einen Ausfall machte; die Hälfte wurde getödtet, der Rest gefangen und den Schweden eingereihet;[41] Baudissin selbst konnte sich nur schwimmend über die Elbe retten. Merkwürdiger Weise schreibt Herzog Adolph Friedrich[42] schon 4 Wochen früher, Ende Oktober, in seinem Tagebuche von einem schwedischen Siege bei Dömitz, der damals nicht stattgefunden hat und nur auf einem bloßen Gerücht beruhen konnte“.[43]
Der Pfarrer Jacob Möser [um 1570-1644][44] in Staßfurt[45] erinnert sich unter 1636 an Jizbickýs Einquartierung: „Den 20. Januar bricht unser Regiment, so etwan ein Paar hundert Pferde in allem stark war, nebst den Officiern, Abends späte um 6 Uhr auf, und folget auch die Bagage,[46] kommt aber in ein 3 Stunden nebst den meisten Soldaten wieder. Den 21. Aber gehen sie alle fort zu Mittage um 9 Uhr. Nach Mittage schicken sie die Bagage wieder hierher zurück, das Regiment aber gehet zu Bernburg[47] über die Saale, wie den 20. vorher auch etliche Regimenter daselbst, etliche aber zu Calbe[48] u. Nienburg[49] übergangen auf Halle[50] zu. Zehn Regimenter zu Fuß liegen in den Vorstädten, die Officier in der Stadt, die Reiterei auf den Dörfern, der General liegt auch in der Stadt.
Den 22. nach Mittage zeucht die Bagage von hier auch nach, u. schicket der Oberste Mathias von Jeschwitzki einen Scharsanten[51] mit 18 Soldaten zu Fuß herein, als ihm zum Recreir-Quartier[52] gegeben, fordert alle zehn Tage fünf hundert Thlr“.[53]
„Den 31. Januar marschirt das Cracoische[54] Regiment hier durch den Paß zu Roß nach der Armee, und zeucht der General-Commissarius[55] Heusener[56] wieder ab, hergegen wird auf des Obersten Jeschwitzki Regiments Bagage Quartier gemacht, ohngeachtet daß die Stadt mehr als 8000 Pfund Brot muß ins Lager nach Halle schicken“.[57]
„Den 3. Febr. kommt der Oberste Jeßwitzki mit seiner Frauen, nebenst des Majors Frauen und ihrer Bagage, auch Hauptmann[58] Copy[59] hier an, und bleiben ein Tag oder 5, die Weiber aber gar hier. Es marschiret auch das Döpische[60] Regiment zu Roß hier durch nach der Armee“.[61]
„Den 5. Febr. Nachmittags marschiret des Obersten Bago[62] und des Obersten Cruens[63] Regiment zu Fuß hier durch, bleiben die Nacht zu Güsten.[64] Abend späte kommen der Obersten, nebenst Herrn Gustavi Gustavi,[65] des Königs in Schweden unächtem Sohne, Gesinde, etliche 20 Pferde nach, bleiben im Gasthofe über Nacht. Des Obersten Cruens Feldprediger ein Schwede nimmt bei mir mit einem Pferde Quartier. Diesen Tag kommen auch 15 kranke[66] Knechte von des Jetzwitzki wieder aufs neue hinein zu unterhalten“.[67]
„Den 8. [Februar; BW] marschiren des Obersten Forbuß,[68] so ein Finne,[69] und des Obersten Krichbaum,[70] so ein Oestreicher, Regiment zu Fuß hier durch, sind 340 Mann in beiden gezählet worden. Forbuß hat mit Gewalt hier Quartier nehmen wollen, aber der Krichbaum hats gewehret, weil es des Obersten Jetzwitzki Recreir-Quartier gewesen, und hat auch dazu geholfen, daß eben 4 Pferde von des Obersten Golzen[71] Regimente aus Calbe kommen, so die Proviant dahin abholen wollen, u. deswegen hier nicht viel Brot geblieben. Die Quartiermeister[72] waren herein, Quartier zu machen, Gott aber, dem sei Dank, wendete es der Gestalt noch also gnädig ab, logirten die Nacht zu Güsten“.[73]
Jizbický nahm 1636 an der Schlacht bei Wittstock[74] [Abb. rechts] teil.[75]
„Am Neujahrstage des J. 1637 kam der schwedische Obrist Jißwinsky Nachmittags nach Halle, und belagerte mit seinem Corps die Moritzburg, worin damals Sachsen lagen, die sich sieben Tage lang tapfer vertheidigten. Bei einer grimmigen Kälte hatte die Besatzung auf einem großen Estrichsaal Feuer angemacht, wodurch sich aber die darunter befindlichen Balken entzündet hatten. Da nun unter dem Saale ein Vorrath von Heu und Stroh lag: so entzündete sich das alles; und ungeachtet die Mannschaft das Feuer in der Eil mit Bier und Wein zu löschen suchte, schlugen die Flammen dennoch am 7. Jan. aus allen Fenstern, und ein großer Theil dieses schönen Schlosses ward samt der Magdalenenkapelle ein Raub des Feuers. Hierauf erreichten die Schweden wieder ihre Absicht und besetzten dem ungeachtet das Schloß“.[76] „Am Neujahrstage 1637 kehrten die Schweden unter dem Obersten Jißwitzky wieder nach Halle zurück, und begannen sofort die Berennung der Moritzburg, deren Commandant Oettinger[77] sich jedoch bis zum 7. Januar tapfer wehrte. Nun herrschte aber diese Tage über eine so grimmige Kälte, daß Einige von der Besatzung auf den Gedanken fielen, auf dem Estrichboden eines der größeren Säle der Burg Wachtfeuer anzuzünden, nachdem der Koch des Hauptmanns, als Sachverständiger, sich dahin ausgesprochen hatte, es sei damit keine Gefahr verbunden. Allein sehr bald entzündete sich das Gebälk des Fußbodens, und weil in den Räumen darunter sehr viel Heu und Stroh lag, so griff die Flamme mit einer solchen Schnelligkeit um sich, daß sie am andern Morgen, am 7. Januar früh 7 Uhr, hinten nach der Saale zu, zu allen Fenstern hinausschlug. Trotz des mehr und mehr überhandnehmenden Brandes schlug der tapfere Commandant die ihm von den Schweden angebotene Capitulation mit der Erklärung aus, daß er mit seinen Soldaten lieber verbrennen wolle, als aber das Feuer den Pulverthurm zu ergreifen drohte, gab sich die Besatzung zu Gefangenen, und mit Erlaubniß der Schweden eilten nun die Halloren[78] zum Löschen herbei. Allein es war zu spät; das ganze Innere des Schlosses war nebst der Kapelle vollständig ausgebrannt“.[79]
1639 lag Jizbický mit seinen Truppen zunächst als Besatzung im eroberten Pirna.[80] „Den Schweden mochte es in der zweiten Hälfte des Mai recht unbehaglich in Pirna sein. Der Kommandant[81] schickte zum Feldmarschall und ließ ihm vorstellen, daß die Besatzung zu schwach sei, worauf ihm Zuzug verheißen wurde. Am 30. Mai wurde denn auch die Besatzung durch 2 Regimenter zu Fuß verstärkt, und so war die Zeit verstrichen, die für die sächsischen Truppen zum Angriff günstig gewesen wäre. Die beiden Regimenter waren die der Obersten Österling[82] und Jitzwitzky, zusammen höchstens 800 Mann stark. Am 29. Mai waren sie auf 16 Floßkähnen, von denen je 2 verbunden waren, unter der Festung Königstein auf der Elbe vorübergefahren. Obwohl der Mond gerade durch vorüberziehendes Gewölk verdunkelt war, hatte man doch stark auf sie gefeuert, aber mit geringem Erfolg. Am 30. Mai mit Tagesanbruch landeten sie in Pirna und rückten sie in die Stadt ein, Jitzwitzkys Regiment mit 10 (oder 12) grünen, Österlings Regiment mit 8 weißen Fahnen. Zwei Tage und Nächte lang lagen sie auf dem Markte. Dann erst wurden sie in Häuser einquartiert, die Befehlshaber in bewohnte, die Soldaten, welche theils barfuß, teils nur in Strümpfen ohne Schuhe gingen und überhaupt sehr heruntergekommen aussahen, in wüst liegende“.[83]
„Baners Hauptaugenmerk richtete sich nun wieder auf Pirna und die Einnahme des Sonnensteins. Dazu ließ er die Vorstädte abbrennen. Um die Wasserversorgung zu unterbinden, beschossen die Schweden von Copitz[84] aus immer wieder den einzigen Brunnen der Festung. Die Zerstörung seines oberen Teils verursachte lediglich einige Tage Wassernot. Bald konnte aus einem zweiten Brunnen, der zu Beginn der Belagerung gegraben worden war, die Versorgung gesichert werden. Liebenau[85] gelang es auch immer wieder, die Schweden vom Sonnenstein zurückzuschlagen. Das einzige Mittel, der Festung beizukommen sah Patrick Kyninmonth – ein gebürtiger Schotte,[86] den die meisten Künemund schrieben – in der Unterminierung. Allerdings flüchteten die dazu aus Berggießhübel[87] angeforderten vier Bergleute in die Umgebung. Proviant und Schießbedarf brachten sächsische Truppen unter Oberst Hans Heinrich von Schlieben aus Dresden.[88] Nachdem die Festung am 30. Mai versorgt war, kehrten sie noch am gleichen Tag zurück. […] Dagegen bereitete Baner die Versorgung seiner eigenen Armee zunehmend Probleme. Zur Abhilfe wies er den Kommandanten an, aus allen um Pirna liegenden Herrschaften, Städten, Schlössern, Flecken und Dörfern Unterhalt für die Besatzung einzutreiben. Als Sammelstelle wurde das Stadtkloster eingerichtet. Ausziehende Reiterscharen plünderten in allen erreichbaren Dörfern und führten deren Vieh weg. Manchmal gelang es, wie in Rathen[89] und Umgebung, die Tiere noch rechtzeitig in Felsformationen des Elbsandsteingebirges zu bringen. Als Geising,[90] Neustadt,[91] Sebnitz[92] und Schandau[93] Kontributionen[94] verweigerten, wurden sie überfallen und nahezu ausgeraubt. Die Landbevölkerung sah sich gezwungen, Gras und Kräuter zu kochen[95] und mit ein wenig Milch beigegeben zu essen. Diese Fehlerernährung forderte zusätzliche Todesopfer.
Nunmehr zog Baner mit der ganzen Armee nach Leitmeritz,[96] um das Verhalten der Kaiserlichen zu beobachten. In Pirna ließ er zur weiteren Belagerung des Schlosses eine Besatzung unter Oberst Matthias Jitzwitzki zurück. Den Oberbefehl in der Stadt erhielt Kyninmonth. Für die Verpflegung der Besatzung hatten die Bürger aufzukommen, die sich trotz eines Schutzbriefes[97] weiterhin Plünderungen und Ausschreitungen gefallen lassen mussten“.[98]
Bei der Einnahme Bautzens[99] wurde er schwer verletzt und starb an dieser Verwundung. In der „Relationis Historicae Semestralis Continuatio“ von 1640“ wird unter dem November 1639 über die Einnahme durch schwedische Truppen vermeldet: „Vorgehends haben wir vernommen / das die Schwedischen / nach Vertreibung auß der Statt Bautzen in der Obern Lausitz[100] / sich in das Schloß[101] begeben / selbiges ziemlich verbawt vnnd sich darauß wol gehalten. Nicht weniger haben auch die Churfürstliche sich Mannlich erzeiget / denen es doch an Meel ermanglen wollen / vnnd deßwegen das Korn sieden müssen / deren vom Churfürsten Leib-Regiment[102] zu Fuß / in 8. Comp. vnder dem Obristen Wachtmeister[103] Wedelbusch[104] darinn gelegen. Am 9. / 19. diß ist von denen auß dem Schloß der erste Sturm[105] in die Statt beschehen / weil ihnen aber die Schloßbrücken eingangen / seynd ihrer viel in den Graben zu todt gefallen vnnd nicht wenig gequetscht worden. Bey jetztgedachtem ersten Sturm seynd in die 50. Mann todt geblieben / vnnd bey 60. harte Quetschuren bekommen / davon die Todten im Schloßgraben liegend verbliebē.[106] Ob nun wol die Sächsische selbige heraußnehmen vnd begraben lassen / doch aber hergegen ihr Gewehr[107] haben / hat doch ein solches der Schwedische Commendant auff dem Schloß nicht zugeben wollen. Auff Schwedischer Seitten ist der Obr.[108] Jitzwitzky durch einen Arm geschossen / dessen Obrister Leutenant vnd 1. Maior / nebens andern Officirern beschädiget / ein Maior aber / neben etlich andern Befohlten vnd zimlichen Knechten[109] todt geblieben / wie dann etliche von 300. todten vnnd gequetschten sagen wollen. Die Schwedischen davor waren in 3000. Pferd vnd 2000. zu Fuß starck / davon die Cavallerie der Obriste Wittenberg[110] / die Infanterie aber der Obriste Erichthausen[111] commandirt / vnnd weilen / wie oben angeregt / beym ersten Sturm die Schloßbrücken zerbrochen / als waren die Schwedischen daran / den Graben mit Fascinen[112] außzufüllen. Wie sie dann ferner im Werck / abermals einen Sturm zu thun / wobey etliche Minen[113] / so sie bereits fertig hatten / gesprengt werden sollen / nur daß man deß Winds erwartet / vmb den Rauch gegen der Statt zu treiben.
Als man nun in solchen Verfassungen gestanden / haben zwar die Schwedischen am 27. Novembris 2. Minen springen lassen / die aber zu rück geschlagen vnnd wenig effectuirt. Ob nun zwar die Schweden deß Nachts vmb 11. Vhren auß dem Schloß in die Statt gestürmet / auch bereits biß auff den Fleischmarck kommen waren / haben sie doch / wegen deß gewaltigen Widerstands / zu rücke weichen / vnnd ihrer bey 2. oder 300. in stich bleiben müssen / welcher ernstliche Scharmützel[114] biß Morgens frühe vmb 3. Vhren gewehret. Vnter dessen ist der Obriste Schlang[115] sampt dem Obristen Peltzig[116] mit 40. Fahnen[117] Fußvolck vnnd 6. groben Stücken[118] / auff Banerische Ordre / auch vor Bautzen ankommen / da sie dann alsobalden zu ernster Angreiffung der Stadt Anstalt gemacht / massen Schlange selbsten an den Schloßberg geritten / vom Pferd abgestiegen / vnd den Berg hinan ins Schloß gangen ist. Freytags den 29. diß hat der Schwedische General von der Artillerie Torstensohn[119] auff die Statt mit Canonen angefangen zu spielen[120] / worauff dann / vnd nach wenig gethanen Canonschüssen die Belägerte vmb Accord[121] gebetten / vnnd der consequentz nicht abwarten wollen: Weil ihnen aber von wolgedachtem Generalen der Accord abgeschlagen worden / haben sie sich auff discretion[122] ergeben / da man dann den Commendanten Obr. Wachtmeister Wedelbuschen / Obr. Wachtmeister von der Artillerie / Joachim Fridrichen von Dölaw[123] / Obr. Wachtmeister / David Tauben[124] / zusampt den Hauptleuten / vnd vbrigen Officirern im Arrest behalten / selbige mit den gemeinen Soldaten zu Roß vnd Fuß (so sich sämptlich vnderstellen[125] müssen: ) nach Sittaw[126] / vnnd vorders in Böheimb geführt. Seynd auch 2. Standarten[127] erobert / vnd darauff die Thürne / Thor / auch theils Statt vnd Schloß Mauren zu Bautzen vnnd Sittaw demolirt, wie dann endlich von der Statt Bautzen vnd dem Land 24000. Reichsthaler Brandschatz-[128] vnd vor die Plünderung[129] begehrt worden / dergleichen man auch der Statt Görlitz[130] / beneben vieler Proviant vnd andern Sachen / abgefordert“.[131]
Das „Theatrum Europaeum“[132] berichtet dagegen: „Der von Hatzfeld[133] hatte die 5. Chur-Sächsischen Regimenter / die sich vorm Banner zu S. Excel. salviret / wiederum von sich gelassen / die waren um den 13. 23. Octobris zu Zeitz[134] / Börnau[135] und Pegau[136] wiederum ankommen / und wurden um den 20. 30. diß bald nach der Laußnitz in Bautzen commandiret / in welcher Stadt bey 110. Tragoner[137] Bannerischen Leib-Regiments lagen / die der Obr. Lieutenant Jacob Wancke[138] / ein Liffländer / so vor 3. Jahren auff der Moritzburg zu Hall gelegen / commandirte. Es hatten die Churfürstl. Völcker die Stadt Bautzen ersten Abends erstiegen / von den Wanckischen 4 nidergemacht / 6. gefangen[139] / die übrigen hundert aber retirirten sich in die vor diesem abgebrannte Burg hinder das Gemäuer / welches sie in kurtzer Zeit zur Defension verbaueten / und sich noch lang hernach vest darinnen gehalten haben. Solcher Einfall hat Herrn Banner so hart entrüstet / daß S. Exc. noch vor Außgang deß Octobris, den Obr. Schlangen / als Gen. Majorn[140] mit 5. Regim. zu Pferd / vielen Fahnen Fußvolck / und 6. Stücken / in allem ungefehr 3000. zu Pferd und 2000. zu Fuß / dahin geschickt / welche den 29. besagten Monats diß Orths ankamen / und zum Ernst alsbalden Anstellung machten: Es commandirte der Obr. Wittenberg die Reuterey / und der von Erichthausen das Fußvolck / die in der Burg hatten ein Loch durch die Mauer gemacht / auß und einzukommen / durch welches Obr. Schlang zu obernannten Wancken hinein kõmen / und der inligenden Gelegenheit recognosciret hat. In der Stadt lagen die Chur-Sächsischen von 6. Compagnien / auff ungefehr 500. starck / unterm Obr Wachtmeister Dietloff Wedelbuschen / uñ hatten bey grossem Mahlwerck so starcken Mangel am Meel / daß sie ihr Korn theils sieden müssen. Aber zu ihrer Defensions Hülffe leisteten ihnen die eingeflehente vom Adel / die Bürgerschaft und Landvolck sehr getreue uñ dapffere Assistentz. Die in der Burg verstärckten sich von den ankommenden Schwedischen auff 300. starck und thaten in die Stadt einen Sturm / welcher ihnen abgeschlagen wurde / mit denen aber von der Burg brach die Burgbrücken / daß bey 100. in den Graben und ihrer viel zu todt fielen / die Außgefallene meist erschlagen wurden : von den Stürmenden bey 50. todt / in 60. qequetscht / der Obr. Iltzwitzky in Arm verwundet / sein Obr. Lieut. benebens einem Major ebenmässig beschädiget / uñ noch ein Major todt blieben. Die Todsten im Graben wolten die Chur-Sächs. begraben / auff Condition, daß ihnen derselben Gewehr und habendes beste verbleibẽ solte / welches der Commendant in der Burg nit eingehen wolte: Worauff die Schwedische den Burggraben mit Fascinen oder Büschlein außfülleten / und rüsteten sich noch einmahl zu fernerem Sturm / machten auch unterschiedliche Minen / die in der Stadt aber beflissen sich um so viel desto mehr ihrer Gegenwehr. Der Feld-Marschall Banner schickte den Seinigen noch mehr Volck zu / und um den 24. Novemb. noch ein Sturm gethan / die Stadt / wo möglich an 3. Orten / zumal beym Reichenbacher Thor angestecket / auch Feuerkugeln[141] hineingeworffen werden. Es wurde aber den Schwedischen auch dieser Sturm / mit Verlust der Ihrigen von 2. biß in 300. abgeschlagen / und thäten ihre 2. Minen zurück springen : doch war auch mehr Volcks für sie im Anzug / sammt mehrerm Geschütz. Auff voriges Sturmen thaten die Schwedische den 27. Novembr. deß Nachts um 11. Uhr noch einen starcken Außfall auß der Burg / und währete dieser Scharmützel biß Morgens 3. Uhr / sie kamen auch biß auff den Fleischmarck / wurden aber eben so wol noch einmal zurück geschlagen / und hatten darüber auffs wenigste von 3. biß 400. Mann eingebüsset / ihre Verstärckung war aber noch nit ankommen / sondern noch unter Weges : daß sie also in zweyen Stürmen / vnd einem Außfall bey 600. Mann verlohren hatten. So kame nun den 6. December erwehnter dieser Succurs unterm Commando deß General Feld-Zeugmeisters[142] Torstensohn / deß Morgens frühe vor Bautzen an / der von 2. Regimentern Fußvolcks bestunde / welche 12. Stücke Geschützes mit sich brachten / unter denen 4. halbe Carthaunen[143] waren. Es gedachten aber die inligende Chur-Sächsische / unangesehen sie genug geänstiget wurden / opiniatrischer Weise[144] / dannoch nicht ergeben / sondern vielmehr auff oberwehnte ihre getreue Assistentz vom Adel / Bürgern und Bauern sich zu verlassen / inmassen sie um den 24. Novembr. noch die Resolution gefasset hatten / den Orth biß auffs neue Jahr zu manuteniren / hatten auch die Hoffnung / alldieweilen auß empfangener Kundschafft das Taubische Regiment nach Dreßden[145] aufgebrochen war / die andern würden sich auch moviren / und sie entsetzet werden. Es bedorffte aber dieser Hoffnung gantz nicht : gestalt dann General Torstensohn die Stadt mit solchem Ernst alsbalden angegriffen / daß nach wenig gethanen Schüssen / sie sich eines andern bedacht / der gefährlichen Consequentz nicht erwarten wollen / sondern um Accord gebetten : welcher ihnen doch abgeschlagen worden / darum sie sich auff Discretion ergeben müssen / und seynd die Officirer alle gefänglich angenommen / von ihnen zwo Standarten bekommen / die gemeine Reuter und Fußknecht alle untergestellet worden : deren man in allem von 700. noch 200 übrig gezehlet / so sehr hatten diese Regimenter Zeit dieser ihrer Belagerung / an ihrer in Bautzen gebrachter Mannschafft abgenommen / und seynd die gefangene hohe Officirer gewesen / der Commandant und Obriste-Wachtmeister Wedelbusch / der Obriste-Wachtmeister von der Artillerie Joachim Friederich von Dölau / der Obriste-Wachtmeister David Daube / sammt den Hauptleuthen und andern ihrern Officirern / die alle gefangen / erstlich nach der Sitta / und fürters nacher Böhmen geführet / darauff die Stadt Bautzen und umligendes Land zwar auff vier und zwantzig tausend Thaler geschätzet / diese Summa aber auff siebenzehen tausend / diese innerhalb zween Tagen bey Straff Feuer und Schwerdt zu erlegen / moderiret / hergegen die Thor verbrennet / etwas von der Stadt- und Schloß-Mauer eingerissen / und alles Volck abgeführet worden“.[146]
Der schwedische Hofhistoriograph Bogislaw Philipp von Chemnitz [9.5.1605 Stettin-19.5.1678 Hallsta, Gem. Västerås] behauptete, diese Einquartierung von 600 Kursächsischen in Bautzen sei erst durch den Verrat der Bürger möglich geworden.[147]
Der Mittagsprediger[148] Heinrich Basilius Zeidler [1640-1703] hat eine sehr detailreiche tagebuchartige „Kürtzliche und Wahrhafftige Beschreibung“ der sechswöchigen Kämpfe um Bautzen hinterlassen, die Datierung folgt dem alten Stil: „Daß GOtt der Allmächtige / wann Er ein Land oder Stadt straffen will / noch allezeit für Schaden warnet / bezeugen nicht allein die Exempel / sondern auch die Prodomi,[149] welche allhier zu Budußin / ehe sie diese harte Blocquade[150] und Belägerung erlitten / geschehen / und sich begeben haben. Nemlichen:
Es sind von vornehmen und unterschiedenen Leuten an etlichen Orten zuvor gesehen worden wunderliche und zur ungewöhnlichen Zeit allerhand Phasmata[151] und Feuer-Zeichen[152] / als wann etliche Krieges-Heere zusammen gezogen / und mit einander gestritten / darauff sich gemeiniglich sonderbare Veränderungen pflegen zuzutragen.
Auf dem Schlosse ist gehöret worden[153] zu unzehlich mahlen ein schreckliches Knallen und Fallen von Steinen / als wann Thürme und Mauren über einen Hauffen fielen.
Item:[154] Als wann etliche 100. Personen starcke Last- und Wagen-Ketten auf dem Pflaster mit erschrecklichen Gethönen heran schlepten.
Item: Es ist gehöret worden / als wann viel Last-Wagen und Reuterey auf der Schloß-Brücke mit sonderlichen Getümmel ab- und niederführen.
Item: Es sind in der Gassen vor dem Schloss abscheuliche Phantasmata,[155] Gespenster und Wehklagen erschienen / welche abscheulich geschryen / gewinselt und wehgeklaget.
Item: Es sind unter dem Schlosse vorn Gerber-Thor drey Männer mit wunderlicher Kleidung gesehen worden / deren einer einen Schiebe-Karn[156] geführet / der ander / der ihm gefolget / eine Schauffel in der Hand getragen / der dritte soll etliche Bäsen auf den Rücken gebunden haben / und also herein gegangen.
Item / Man hörte täglich inner- und ausserhalb der Stadt das jämmerliche und erschreckliche Winseln der Hunde – die sich absonderlich den 17. Oct. hor. 8. antem.[157] bey dem Schul-Graben zusammen rottirten / Tag und Nacht ohn Unterlaß winselten und wehklagten / und ob sie schon den Leuten verjaget und mit Steinen vertrieben wurden / haben sie sich doch alsbald wieder funden / und noch viel abscheulicher hören lassen.
Darauff ist den 18. October Styl. nov.[158] Dienstags zu Mittage um 1: Uhr / war Lucæ des Evangelisten / Jacob Wancke / Obr. Leutenant unter General Banners Leib-Regiment Trajoner / unverhoffter weise vor die Stadt kommen / welchen die Herren Kriegs-Commissarien[159] herein begleitet: da dann die Völcker zum Taucher[160] so lange (weil man gründlichen Bericht wegen des Orders[161] gerne haben und wissen wollen) stille liegen blieben / und Abends um 6. Uhr einquartiret[162] worden: Er aber / Oberster Leutenant Wancke / als nunmehro Commendant, ist rings um die Stadt herum geritten / alle Posten fleißig besichtiget / und besetzen lassen;
Folgender Tage / als den 19/20/21/22/23/ und 24. Oct. hat er alle Thoren und Pforten fleißig besichtiget / mit Kasten (so voller Stein und Schutt) versetzt / und in allen Zwingern[163] starcke Pallisaten setzen lassen / und sich aufs beste / so viel in solcher Zeit ihme möglich gewesen / in der Stadt verwahret / biß endlich Donnerstags den 27. Octobr. des Abends um 9. Uhr ohn alles Verhoffen das Churfürstl. Sächsische Volck ankommen / nemlich 8. Compagnien zu Roß / welche Oberster Wachtmeister zu Pferde / David Taube / und 7. Compagnien zu Fuß / und etliche Wagen mit Sturm-Leitern[164] und Munition, welche Oberst-Wachtmeister Dettloff von Wedelbusch commandirte: Darauff ist alsobald etlichen anbefohlen worden / Sturm-Leitern anzuwerffen / und des Schlosses[165] / wie auch der Stadt sich in der Eil und Stille zu bemächtigen: Inmassen sie dann an unterschiedlichen Orten / als unter dem Schlosse / bey der Wasser-Kunst[166] / Mühl- und Fischer-Pforte ihr Heil tentirten / sind aber alsobald von den Schwedischen observiret und abgetrieben worden / die äusserste Stadt aber / nachdem der Chur-Fürstl. Sächsischen Ankunft vernommen worden / ward quittiret / weil man sich wegen der Weitläufftigkeit darinne zu halten nicht vermeinte.
Den 18. Octobr. Freytags / hielten die Chur-Fürstl. Sächsischen in der äussersten Stadt ihren Kriegs-Rath / wie und wo die Stadt anzugreiffen und am besten zu gewinnen wäre / darauff foderte Hauptmann Siegelfischer[167] die Stadt auf im Namen Ihr. Chur-Fürstl. Durchl. zu Sachsen / ward aber von dem Schwedischen Commendanten mit schlechter Resolution abgefertiget.
Des Abends um 9. Uhr gieng das Lermen / nemlich Hauptmann Wotcka (Wotka)[168] und Hauptmann Kyscher[169] erstiegen die Mauren bey der Mahl-Pforten / Hauptmann Kirchstein[170] und Siegelfischer fielen die Reichen-Pforte an / hieben die Pallisaten nieder / und erstiegen ingleichen die Mauren. Unter währenden Stürmen / welches sonderlich am Lauen-Thore vorgieng / sind 25. Reuter an das Reichen-Thor commendirt worden / welche dasselbe angezündet / auffgehauen / und mit grossen Geschrey in die Stadt gefallen; Nicht ohne sonderbaren Eyfer und Ernst satzte Hauptmann Höel an das Lauen-Thor / welcher 2. Petarden[171] anschrauben lassen / das Thor zersprenget / und darauff alsobald zu Sturme gelauffen / das Rundel[172] erstiegen / das Thor eröffnet / und mit völliger Macht in die Stadt gedrungen / gieng beyderseits nicht ohne blutige Köpffe abe / weil sich die Schwedischen mit Stein-Werffen und Musqueten-Schüssen[173] ritterlich wehreten / da verliessen die Schweden alle Posten / steckten die Fischer-Pastey in Brand / darinne die Stadt in grosser Gefahr des Feuers stund / aber Gott wand es ohne fernern Schaden in Gnaden abe. Der Commendant / Oberst-Leutnant Wancke / nahm seine Retirada mit seinen Soldaten auffs Schloß / satzte auf demselben sich zur Gegen-Wehre / ließ auch mit Arbeiten darinnen fortfahren / weil er Zimmerleute und Mäurer schon vor etlichen Tägen mit sich hinauff genommen / und keinen wieder herunter gelassen. Unterdessen feyerte der Churfürstl. Sächsische Commendant / Oberster Wachtmeister Wedelbusch / in der Stadt auch nicht; sondern ließ Tag und Nacht / nachdem er alle Posten auffs beste bewahret / und starck besetzt / mit Graben / Schantzen[174] und Bauen starck fortfahren. Da denn hiesige Bürgerschafft alle Mauren um die Stadt alsbald eingenommen / sich von selbigen tapffer gewehret / und dem Feinde dadurch mercklichen Abbruch gethan. Sonderlich aber ließ er vor dem Schloß seinem Feind entgegen durch seine Soldaten alle Gassen verschantzen / Bier-Fässer mit Steinen und Schutte ausfüllen und vorsetzen / tieffe Lauff-Graben[175] machen / starcke Zimmer mit Woll-Säcken und Spanischen Reutern[176] in 3. und 4.fach / so mit starcken Ketten und Klammern zusammen geschmiedet / auff richten / zu dem manch schönes Haus / in Ermangelung des Bau-Holtzes / eingerissen und verbauet worden / die Hauptleute / deren einem iedem eine absonderlich Post samt etlichen benachbarten Thürmen anvertrawet / thaten das Ihrige mit Bauen Tag und Nacht unverdrossen / biß sie dieselben / wo es nöthig / in bessere Verwahrung bachten.
Den 1. Novembr. Dienstags / war der Tag Aller Heiligen / musten die Schul-Collegen ingesamt mit denen Inquilinis[177] und Alumnis[178] von der Schulen weichen / die Information der lieben Jugend gantz einstellen und dem Martio[179] einräumen.
Eodem die marchirte das Churf-Fürstl. Sächsische Volck zu Pferde wiederum nach Dresden[180] / und bleiben zwey Compagnien zu Pferde allhier / nemlich Oberst-Wachtmeister David Taube / und Rittmeister[181] Riß.[182]
Den 2. Novembr. Mittwoch um 6. Uhr Vormittage schickte Ihr. Chur-Fürstl. Durchl. zu Sachsen Obr. Wachtmeister von der Attollerie,[183] Joachim Friedrich von Dölau / mit etlichen Munition-Wägen herein / welche / so sie um etwas länger aussenblieben / wären sie von den Schweden ertappet worden / denn eben desselbigen Tages / nach wenigen Stunden / sich schon Schwedische Trouppen sehen liessen / welche den Ihrigen auf dem Schlosse alsobald zurieffen: Gedulde dich / Cammerad / gedulde dich / es soll bald besser werden. Darauff haben sich auf den Abend um 6. Uhr vor der Stadt 3. Regimenter zu Roß praesentiret / und ungefehr mit 2000. Musquetirern[184] / nemlich Obrister Wittenberger / Obrister Schlange / und Obrister Eberstein[185] / blocquirten die Stadt rings umher / daß auch nicht ein Hund vermochte heraus zu kommen / die Mußquetirer nahmen ein die äussersten Thore / als Reichen- Lauen- und Ziegel-Thor und die Taschen-Pforte.
Den 4. Novembr. Freytags / weil man denn nicht eigentlich wuste / wie die Wache von den Schwedischen unter den äussersten Thoren besetzet / resolvirte sich Rittmeister Riß / that einen Ausfall zu recognosciren / darüber ihm sein Cornet[186] erschossen / darauff wand er sich ferner an das Lauen-Thor / hätte wohl auch etwas præstiret[187] / wenn nicht das Pferd unter ihm wäre hart verwundet und geschossen worden.
Den 5. Novembr. Sonnabends / brandte die Mühl-Pforte abe / welche durch Unvorsichtigkeit / weil die Wache einen Schweinen-Braten über dem Feuer gehabt / angezündet worden.
Eodem die, Nachmittage um 3. Uhr / fielen etliche Musquetirer aus auf die Gerber-Gassen / ertappten etliche über den Schwein- und Kühe-Schlachten / so vom Schloß herab gestiegen / und gerne Fleisch / nach ihrer Aussage / fressen wollen / und brachten davon 7. Gefangene[188] herein / unter andern deß Commendanten auf dem Schlosse Feldscherer.[189] Mitlerweile denen auf dem Schlosse Munition mangelte / als wurffen sie continuè mit grossen Ziegelsteinen herunter / brauchten sich auch der Schleudern[190] und anderer Instrumenten zur Wehre / welche den umliegenden Gebäuden grossen Schaden zufügten.
Eodem die, zu Nacht / fiel Rittmeister Rieß wieder aus / ließ vor sich her das Pflaster mit Stroh bedecken / damit die Huff-Eisen von den Schwedischen nicht gehöret werden konten / überfiel auf der Schloß-Bleiche[191] die Schwedische Wache / und brachte etliche Gefangene herein.
Den 8. Novembr. Dienstags zwischen 10. und 11. Uhr zu Mittage seynd 3. Brigaden[192] auscommendirte Fuß-Völcker ankommen / unter Erich Hans Sohn / als Commendanten / Obr. L. Jesuwitzky / Obr. L. Zabelitz[193] / Obr. L. Zwieberg[194] / ward für 1200. Mann complet gehalten / hatten bey sich 40. Fahnen / so theils roth / weiß und grün gewesen / ingleichen 6. Regiments-Stücken[195] / und etliche Wagen mit Munition, die haben sich alsbald auf die Stadt-Felder gestellet / und einen Trommel-Schläger[196] an die Stadt geschicket / man wollte aber seine Bona Nova[197] nicht anhören. Nach diesen marchirten sie alsobald nach dem Schloß; des Nachts aber stiegen sie mit Leitern durch das heimliche Gemach[198] auf das Schloß hinauff; Es seynd auch von ieder Compagnie zu Pferde / so zu Fuß mitgehen müssen / commandirt worden / die obgedachten 6. Stücken zogen sie auch zu ihnen hinauff; Hierauff ist alsobald geschlossen worden / mit Gewalt und stürmender Hand[199] vom Schloß herab an die Stadt zu setzen / und ist Erich Hans Sohn zum Commendanten verordnet worden.
Den 9. Novembr. Mittwoche frühe zwischen 6. und 7. Uhr ist zum erstenmal aus obgedachten Stücken flanckiert worden / und sind etliche 100. Mann zugleich aus dem Schloß-Thor heraus gefallen / und zu Sturm gelauffen / worauff sich denn die die Chur-Fürst. Sächs. ihnen ritterlich entgegen setzten; sonderlich aber brauchten die Sächsischen Sturm-Fässer[200] / darin bey 20. Pfund Pulver / auch mit Sand gefüllet / die Hand-Granaten[201] / welche der Schwedischen nicht wenig erschlugen / Obr. Jesuwitzky und Copii[202] seynd hart geschossen worden / auch viel Hauptleute und andere Officirerer / ohne die gemeine Knechte; unter währenden Ausfall und Stürmen / da die Piquenirer[203] heraus gewesen / ist die Schloß-Brücke / welche zu unterschiedlichen mahlen von Chur-Fürstl. Sächs. angezündet worden / aber niemals recht brennen wollen / entzwey gebrochen / die Pikenirer samt den Musquetirern sind Hauffen-weise herunter in den Schloß-Graben gefallen / und in eine solche Confusion bracht worden / daß derer / so heraus gefallen / wenig davon kommen seyn / biß endlich der Schloß-Graben mit Todten und ihren Gewehr / welche man auf etliche 100. Musqueten und Piquen[204] schätzte / gäntzlich erfüllet worden / und haben in die 80. Gefangene / welche meistentheils hart gequetschet[205] und verwundet gewesen / herein bracht / dieses hat gewähret bis in die andere Stunde / biß endlichen die Sächsischen mit Gott obsiegeten / und ihnen den bösen intentionirten Sturm mit gewaltiger Hand abschlugen und erhielten.
Nach diesen hat sich in continent ein solches Winseln und Wehklagen in- und ausserhalb des Grabens von den halb todt-Liegenden angefangen / daß es einem Stein in der Erde hätte erbarmen mögen / da sahe man mit Verwunderung desselben und andern Tages / wie die Todten und Verwandten / welche inwendig im Schloß wegen der Enge nicht haben können begraben werden / hinden vom Schloß abgeworffen wurden: Theils Weiber trugen ihre Männer auf den Rücken hinweg / theils führeten sie auf Schiebe-Karren und Wagen hinweg / theils / so Officirer waren / auf Sänfften und verdeckten Wägen / theils hinckten kranck und lahm über Feld / in die nechst liegenden Dörffer: Der Churfürstl. Sächs. aber sollen über 18. Personen nicht umkommen seyn.
Den 10. Novembr. Donnerstags hierauff konnte man allenthalben ersehen / wie die Schwedischen von den Dörffern die Leitern zusammen trugen und führeten: Ingleichen begab sich alles Fuß-Volck vom Schloß / logirten sich in alle Vorstädte / dahero besorgete man sich / es möchte etwas bald / nach verlohrnen Sturm / an der Stadt vorgehen / ward aber nichts tentiret / und war auf beyden Seiten mit Schiessen fast gantz stille.
Eodem die schickte der Churf-Fürstl. Sächs. Commendant Wedelbusch einen Trommel-Schläger vor das Schloß / ob ihm vergünstiget seyn möchte / die todten Schwedischen und das Gewehr / welches die Schwedischen hinter sich verlassen müssen / aus dem Schloß-Graben herein zu nehmen / kunnte aber nichts erhalten / da sie dann also über einander liegen blieben / und verfaulen musten / welches ein groß Gestäncke verursachte / und abscheulich zu sehen war.
Denn 11. hujus, Freytags / verwahreten sich die Schweden auf das beste in den Gassen der Vorstädte / als es seyn kunte / richteten Blenden[206] auf / und machten allerhand Defensen[207] / damit sie desto sicher hin und wieder auf den Gassen gehen kunnten.
Eodem die ward des Nachts ein Wachtmeister[208] samt 2. Reutern zu Ihrer Chur-Fürstlichen Durchl. zu Sachsen nacher Dreßden / den Zustand allhier zu berichten / hinausgelassen. Weil dann / wie obgedacht / die Schloß-Brücke zerbrochen / und sie nicht mehr durchs Thor herausfallen konnten /als machten sie den 12. hujus, Sonnabends / einen Ausfall durch die Schloß-Mauer / und auf dem Schloß-Berge eine Schantze und Battery[209] in etliche 20. Ellen[210] lang / und 3. Ellen breit / fiengen auch an unter dem Berge herab gegen den Solschwitzschen und Gotischen Hause zu miniren / welches der Commendant Wedelbusch inne ward / und ließ alsbald Tag und Nacht durch obgedachte Häuser und Keller denen Schwedischen entgegen miniren.
Den 13. Novembri Sonntags / des Abends um 8. Uhr fielen etliche Bauern aus dem Schloß / derer viel 100. auf dem Schloß zu steter Arbeit angehalten worden / die Todten und das Gewehr / wie immer möglichen / herein zu holen / so den 9. hujus rückständig verbleiben müssen; aber weil die Sächsischen gute Wache hielten / und ihnen starck zusatzten / musten sie wiederum zurücke hinein kriechen.
Den 14. hujus, Montags / als Commendant Wedelbusch vermerckte / daß ein langes Spiel daraus werden / und Mangel an Proviant vorfallen möchte / weil um diese Zeit schon grosser Mangel an Brod war / verbothe er den gantzen Bier-Schanck / und ließ das Bier häuffig ins Proviant-Haus fuhren / damit er und seine Soldaten zu leben hätten. Weil auch die Mühlen von den Schwedischen alle benommen / befleißigte man sich Hand-Mühlen zu verfertigen / dazu dann die Grabsteine aus der Kirche zu S. Petri ausgegraben wurden: Die unter der Bürgerschafft (welche mit den Ihrigen nicht gar erhungern wollte) gruben hin und wieder breite Steine aus der Erden / und zerrieben also zwischen zwey Steine das Korn, etliche stampten es in Mörseln / wie man dergleichen Mittel haben mochte. Es war auch wenig Weins mehr zu bekommen.
Den 17. hujus, Donnerstags / ist viel Stroh auf das Schloß von hinten auffgetragen und geführet worden / welches sie hernach die Menge herab geworffen / mit Feuer-Wercken anzündeten / damit den Dächern Schaden zuzufügen / ward aber von den Sächsischen allenthalben verhindert und abgewehret.
Den 18. hujus, Freytags zur Nacht / machten die Schwedischen einen Anfang / die ohne diß geängstigte Stadt mit Feuer anzugreiffen / und schiene Extrema zu tentiren[211] / als wenn man die Feuer / so hin und wieder auf dem Lande / in den Dörffern / entstanden / wollte verschweigen / inmassen an M. Schallers Scheune / so hoch und von vielen Bau-Holtz / auch voller Geträide / ist ein Anfang gemacht worden / und weil damals der Wind auf die Stadt mit Macht zustieß / stund die armselige Stadt in grosser Gefahr / denn die anliegenden Gassen / Häuser / Dächer / und der gantze Marckt von lauter fliegenden Feuer und Funcken erfüllet worden: Aber Gott wendete es gnädiglich ohne fernen Schaden abe. Nachdem auch eben diese Nacht die Schwedischen vor dem Wendischen Thore ihre Vortheil ersehen / haben sie eine Tonne voller Pech und Stroh an dasselbige Thor mit sonderbarem Stratagemate[212] anbracht / dieselbe angezündet / in Meinung / das Thor zu ihren Besten in Brand zu bringen / ist aber alsbald von den Sächsischen mit starcken Wassergiessen wiederum ausgeleschet worden.
Eodem die ward gesehen / daß wieder neu Fuß-Volck anmarchirte.
Den 19. hujus, Sonnabends früh um 6. Uhr / spielten[213] sie starck vom Schloß aus den Stücken mit den glüenden Kugeln[214] in die Stadt / worüber wir abermahls in grosser Feuers-Gefahr schwebeten.
Eodem die, des Nachts / ward das Vorwerck / so dem Hospital zum H. Geist gehörig / mit samt der Scheuren / dannenhero viel 100. Schock[215] Geträidig / angezündet und in die Aschen geleget. Dieselbe Nacht ward die arme Stadt wiederum / als niemals / in grosse Gefahr gesetzt / weil die Schwedischen mit Pech-Kräntzen,[216] Schwefel-Poltzen[217] / Speck[218]- und Fewer-Kugeln schiessen ohn unterlaß continuirten. Man machte aber / auf Befehl des Herrn Commendanten Wedelbuschs / auf der Feuer-Wache (welche Tag und Nacht starck besetzet) solche Præparatoria zu leschen / daß es ohne Gottes Verhängniß denen in der Stadt keinen Schaden zufügen konnte: Es wurden die Häuser / so nahe am Schloß / abgetragen / mit rohen Küh-Häuten[219] bedeckt / auch sonderliche Personen verordnet / so nur Achtung auffs Feuer geben müssen.
Den 20. hujus, Sonntags / ist ein Corporal,[220] zur Straffe, daß er seine Post verlassen / samt etlichen Musquetirern in die Schwedische Schantze / auf den Schloß-Berge / zu fallen / (mit bey sich habenden Morgensternen[221] / derer über 500. verfertiget / und den Soldaten auf den Mauern zur Defension ausgegeben) commendirt worden / welchem aber die Musquetirer nicht nachfolgen wollen / gieng damals genau ohne Hängen abe) weil die Hand-Granaten vom Schloß zu dicke herab fielen.
Den 23. und 24. hujus, Mittwochs und Donnerstags / war es fast gar stille / ohne daß die Schwedischen viel Faginen[222] oder grüne Reiß-Gebünder[223] auf das Schloß führeten / welche sie zu ihrem Vortheil und Approchiren gebrauchten. In der Nacht brandte ein schönes Gut / so einem Bürger zuständig / und angesteckt worden / abe / darinne nicht ein schlechter Zuwachs und Vorrath an Geträide umkommen. Diese Nacht ist ein Lieutenant[224] mit etlichen zu Pferden hinaus gelassen / und nacher Dreßden in nothwendiger Verrichtung verschicket worden / unter andern ward ihm auch des Amts Strassen-Bereiter[225] / welcher ihm Weg und Steige zeigen sollte / zugegeben / weil die Schwedischen aber diesen Ausfall inne worden / und mit starcken Musqueten-Schüssen verhindern wollten / ist obgedachter Strassen-Bereiter / weil er dasselbe zu verrichten nicht vermocht / zurücke blieben / darauff er alsobald / auf Befehl des Commendanten / sollte auffgehenckt werden / ward aber endlich erbeten / doch daß ihm der Scharffrichter Nasen und Ohren abschneiden sollte[226] / welches auch geschehen / wenn der Scharffrichter nicht so lang über den Messer geknauffelt[227] hätte / biß daß er endlich auf Intercession[228] gäntzlich perdoniret[229] worden.
Den 25. hujus, Freytags / ist es fast auf beyden Theilen gantz stille gewesen / ausserhalb aber ist Hauptmann Casimirus Carl Wottka / als er durch ein Fenster sehen wollen / tödtlich von dem Schloß herab geschossen worden / welcher auch hernach mit sonderbaren Solennitäten und Leich-Ceremonien den 27. hujus auf Befehl des Herrn Commendanten zur Erde ist bestattet worden.
Den 26. hujus konnte man von allen Thürmen ersehen / wie abermals viele grüne Reiß-Gebünder auf das Schloß gebracht worden / welches die Nacht herunter gegen die Sächs. Posten zugeworffen / und ihnen zum Vortheil / den Sächsischen aber zum äussersten Verderben dienen sollte.
Den 27. hujus, Sonntags / haben die auf dem Schlosse diesen Tag und gantze Nacht mit Pech-Kräntzen / Feuer-Kugeln / Schwefel-Poltzen und Speck-Schüssen dermassen continuiret / daß auch / wo Gott nicht die Stadt selbst bewahret hätte / unmöglich gewesen / daß sie nicht in einer Viertel-Stunde in Feuer gestanden / aber Gott wandte es alles so gnädig ab / daß auch nicht eine eintzige Schindel auf den Dächern angezündet worden / und sind die Pech-Kräntze / Schwefel-Poltzen gleichsam wie zurücke geschlagen / auf die Erden gefallen / und ausgelescht / worüber sich die Schwedischen selbst verwundert und gesaget: Es müssen die in der Stadt etwas anders können / oder betteln es ja Gott mit ihrem Gebet abe.
Item: Sie legten vor alle Thore eine ziemliche Anzahl von Sturm-Leitern zur Hand / daß allenthalben daraus erschiene / was ihr Intent seyn möchte / darauff der Herr Commendant ein wachendes Auge haben muste. Gleich aber / wie sie solche Præparatoria zum Stürmen machten / hat Erich Hans-Sohn / als Commendant auf dem Schloß / dem Commendanten in der Stadt durch einen abgefertigten Trommel-Schläger sagen lassen : Er sollte die Stadt auffgeben / wo nicht / so hätte er Order / des Kindes im Mutterleibe nicht zu verschonen / wo er die Stadt mit stürmender Hand eroberte /; darauff sich der von Wedelbusch resolviret: Er hätte keinen Befehl die Stadt auffzugeben / er wollte seiner warten. Diese Nacht haben sich die Schwedischen zum Stürmen gefast gemacht.
Den 28. hujus, Montags / frühe zwischen 9. und 10. Uhr haben sie eine Mine bey dem Gothischen Hause springen lassen / doch denen in der Stadt ohne allen Schaden / weil sie mehrentheils zurück gespielet / und ihren Approchen[230] grossen Schaden gethan / dieselben über den Hauffen geworffen / darunter dann ihre eigne Soldaten eine ziemliche Anzahl ersticken und umkommen müssen; Diesemnach sind alsobald bey die 1000. Musquetirer / ingleichen auch von der Reuterey / so absteigen und zu Fuß mit zu Sturm lauffen müssen / commandiret worden / und über die 500. noch in der Reserva auffgewartet / insonderheit haben sich zu solchem Sturm viel hohe Officirer brauchen lassen / welche meistentheils samt den bey sich habenden Völckern geblieben / und die wenigsten gequetschet worden. Als aber der Schwedische Commendant vermercket / daß die Mine unrecht und zurücke gespielet / die herausgefallene Officirer und Soldaten die Köpffe zulauffen / und die Victoria von den Sächsischen nochmal erhalten / seynd die andern Völcker wiederum zurücke getrieben worden / damit sie nicht / gleichwie die andern / auch das Leben lassen müssen; die Völcker / welche in die Stadt fallen wollen / und nach ihren Willen handeln sollten / seynd in die 1200. geschätzet worden / zogen wie finstere dicke Wolcken / nach verlohrnen Sturm / bey der Stadt weg wieder in ihre Quartire in die Dörffer. Sonst war ihre Liberey[231] Stroh-Bänder um den lincken Arm gebunden / der Sächsischen war allezeit ein weiß Tüchlein um den Hut gebunden. Sind also 2. hart intentionirte Stürme mit Gottes Hülffe von dem Herrn Commendanten / seinen Officirern und Soldaten erhalten worden. Die Schwedischen haben auch ein kleines Minlein vor dem Reichen-Thore bey Kaulfusses Gast-Hofe an durch den Keller quer über den Weg verfertigen lassen / aber weil sie zu feuchte gerathen / und zwischen dem Reichenthor und Schul-Pastey in den Graben von oben hinein kommen / haben sie solch Miniren in Zeiten einstellen müssen.
Eodem momento, und unter währenden Sturm hatten die Schwedischen eine Diversion[232] zu machen entschlossen / daß die Musquetirer von der Schloß-Post ab und zun andern Rondelen und Posten sich begeben müssen / indem sie nicht allein bey der Nicels-Pforten[233] / sondern auch bey dem Schul-Graben angefallen / seynd aber / weil die Posten alle wohl besetzt / alsobald abgetrieben worden / haben die Leitern am Schul-Graben liegen lassen / und zurück weichen müssen. Seynd also in diesen beyden gefährlichen Stürmen bey 700. Mann auf der Schwedischen Seiten blieben / wie man gewiß dafür hält / so todt und sonst gequetschet worden. Notorium, daß alles Unglück und Verderben über die arme unschuldige Bürgerschafft / Frauen / Jungfrauen / Alten und Jungen / und allem Volck in Bautzen ist geschlossen worden / von welchen diejenigen / so ausser der Stadt / am besten wissen zu sagen / und die Gefangenen / derer in beyden Stürmen über 100. eingebracht / sattsamen Bericht geben und bezeugen. Und weil den Tag zuvor / als den 27. Octobr. ehe die Churfl. Sächs. ankamen / etliche Abgesandte von Land und Städten / als 4. vom Lande / Christoph von Temritz / Ernst von Metzrad / N. von Leibnitz / und dann Siegfried von Metzrad; Von dem Rathe aber Herr Caspar Stoye / als damaliger wohlverordneter Syndicus,[234] (so noch am Leben / welchen der grosse Lebens-Fürst bey seinem viel-erfahrnen hohen Alter noch ferner mit Gnad und Barmhertzigkeit krönen und thrönen wolle.) Herr Joachim Westphall / Ober-Kämmerer / Herr Matthæus Petzschke[235] / und Herr Andreas Kießling / Stadt-Schreiber / in Verrichtung etlicher nothwendiger der Stadt und Land betreffenden Sachen halber / auffs Schloß abgefertiget worden / seynd sie vom dato an / die gantze Belägerung durchaus / auf dem Schloß in Arrest behalten worden / da niemand gewust / ob sie todt oder lebendig / biß den Tag nach dem andern Sturm / war frühe um 10. Uhr.
Den 29. Novembr. Dienstags / sind sie insgesamt / ausserhalb der Ober-Amts-Secretarius, in gefängliche Hafft nacher Görlitz abgeführet / auch allda behalten worden / aber den 17. Decembr. dimittiret[236] / und den 18. insgesamt frisch und gesund anhero gelanget. Nachmittage um 2. Uhr ist auf beyden Theilen Stillstand ausgeruffen und gehalten worden / damit das Gewehr / Piquen und Musqueten / welche die Schwedischen hinter sich verlassen musten / und für etliche 100. gehalten worden / ingleichen die Schwedischen / so in Graben drunten / und auf der Schloß-Brücken konnten weggetragen und begraben werden / weil sie alle auf einander erstuncken / daß man einen Abscheu darob getragen / denn sie von den 9. hujus biß dato also haben müssen liegen bleiben / weil die Churfl. Sächs. sie nicht in das Schloß / und hinwiederum die Schwedischen nicht denen Sächs. haben folgen lassen. Ein Capitain-Lieutenant[237] / welcher ein gebohrner Graf[238] aus Schottland gewesen / und dann ein Fendrich[239] / so den 28. hujus blieben / sind auf Befehl Obr. L. Erich Hans Sohn / als Commendanten auf dem Schloß / den Schwedischen in schwartzen Särgen überliefert worden / dafür sie auch danckbar gewesen / und den Sächs. Soldaten / welche sie den Schloß-Berg hinauff getragen / etliche Stücke Goldes sollen verehret haben. Und weil die Schwedischen wegen der 2. abgeschlagenen Stürme hefftig erzürnet und perturbiret[240] gewesen / als haben sie sich an die Vorstädte gemacht / viel Häuser und Scheunen darinnen angezündet / und in die Asche geleget / massen denn von dato an biß auf den 5. Decembr. allezeit Morgens um 3. Uhr / und des Abends um 7. Uhr (die Stunden haben sie allezeit gehalten und observiret) unterschiedliche Feuer auffgangen / und sind ohngefehr bey 22. Häuser / ohne die Scheunen / angestecket und jämmerlich in die Asche geleget worden.
Den 30. Novembr. Mittwochs / ist den gantzen Tag und Nacht mit Feuer-Kugeln / Schwefel-Poltzen und Speck-Schüssen denen in der Stadt hart zugesetzt / auch continuiret worden biß auf den 1. Decembr. Donnerstags / da ist durch stetiges Feuerwerffen und Schiessen das Land-Haus angezündet / aber mit Gottes Hülffe und fleissiger Feuer-Wache alsobald wiederum gedämpffet und ausgeleschet worden. Nachdem auch der Commendant in der Minen / so er denen auf dem Schloß entgegen machen lassen / vermerckte / daß die Schwedischen mit Miniren noch nicht inne hielten / ließ er durch die gantze Stadt alle Bauren / die anzutreffen waren / zusammen treiben / welche auf seinen Befehl einen sehr tieffen Graben bey dem Solschwitzer Hause die quer führen müssen / damit also dem Schwedischen Miniren möchte gewehret und abgehalten werden.
Den 2. Decembr. Freytags früh um 2. Uhr entstund eine grosse Feuers-Brunst bey ihnen auf dem Schlosse / welches bey denen in der Stadt wunderliche Gedancken verursachte. Es musten auch durch die Stadt eine grosse Menge Rinnen colligiret[241] und zusammen getragen werden / darauff der Wasser-Kunst-Meister die Ständer der Wasser-Röhren auffschlagen / das Wasser durch die Rinnen mit Macht in Schloß-Graben zu führen / damit dem Schwedischen Miniren mit Ersäuffen möchte gewehret werden / welches denn auch seinen erwünschten Effect erreichet.
Den 3. Decembr. Sonnabends / ist nichts sonderliches vergangen / als daß etliche Sächs. Musquetirer zum Lauen-Thor hinaus fielen / viel Sturm-Leitern / so die Schwedischen hinter sich verlassen / hereinbrachten / welche sie hernach zu guten Feuer-Holtz nutzeten.
Den 4. und 5. Decembr. Sonn- und Monntags / ists an beyden Theilen mit Schiessen fast gantz stille gewesen / weil Herr General-Feld-Zeugmeister / Torsten-Sohn / des Abends um 4. Uhr mit etlichen frischen Völckern auf das Schloß ankommen.
Den 6. hujus, Dienstags / begab sichs / daß Matthes Michael / ein Leinweber / sonst ein sehr alter und frommer Mann / bey den Wendischen Thor von der Stadt-Mauer herunter fiel / welcher hernach nur etliche Stunden gelebet hat. Man konte auch auf den Thürmen sehen / wie die Schwedischen desselbigen Tages die Bauren von den umliegenden Dörffern hin und wieder Hauffen-weise zusammen trieben / und auf das Schloß führeten / welche auch dieselbe Nacht in Graben und Approchiren auf dem Schloß-Berge eine solche Arbeit verrichteten / darüber sich männiglich verwunderte / ingleichen hatten sie eine schöne und starcke Battery dem Götzischen und Gotischen-Hause gegen über / und zwar denen Sächs. sehr nahe und zu künfftigen grossen Schaden / auffgeworffen / welches Approchiren und Miniren dann nicht von geringer Arbeit und Importanz ist / welches der Augeschein bezeuget. Die Churfl. Sächs. observirten auch / wie die Schwedischen dieselbige Nacht inwendig an dem Schloß-Thore starck arbeiteten / zu welchem Ende aber sie nicht wusten / biß man endlich sahe / daß sie ein groß Loch durch den einen Flügel brachen / inskünfftige mit grossen Stücken heraus zu spielen / darauff die Sächs. starck Feuer gaben / die Arbeit zu verhindern / konnten aber wenig damit ausrichten.
Den 7. Decembr. Mittwochs / frühe um 8. Uhr / sind 6. Stück von der Görlitzschen Strasse bey der Stadt ankommen / darunter 2. halbe Carthaunen zu 24. Pfund an Geschoß / und 4.[242] und 12. Pfund[243] / und hatten also in allen 12. Stücke. Als aber die Sächs. vermercket / daß sie dieselben Stücke des Nachts über die Seydauer-Brücke führen wollen / haben sie solches mit starcken Schüssen von der Nicols-Pforten etlicher massen verhindert / aber die Schwedischen haben lange starcke Seile zur Hand genommen / dieselben an die obgedachten Stücke geleget / und durch Hülffe etlicher 100. Mann den Berg hinauff gezogen / und also auf das Schloß gebracht.
Den 9. Decembr. Freytags / und weil bißhero die Soldaten / auch die gantze Bürgerschafft / nicht allein von steten Wachen / so gantzer 6. Wochen Tag und Nacht continuiret und gewähret; sondern auch der meiste Theil / sonderlich aber die armen Handwercks-Leute und Vorstädter / für Hunger / Durst und Erschreckniß dermassen abgemattet und ausgesogen / daß ihrer viel nicht mehr einen Menschen / sondern nur einem Schatten eines Menschen ähnlich gewesen; Als haben solches die von Adel / des Raths / und der Bürgerschafft Abgeordnete dem Herrn Commendanten Wedelbusch vorgetragen ! Ob nicht etwan Mittel vorhanden wären / wie man leidlich zum Accord gelangen könnte / damit der nunmehr abgematteten Bürgerschafft noch in Zeiten könnte gerathen und geholffen werden ? Da ist es endlich durch Unterhandlung derer Herren auf beyden Theilen zum Accord gelanget / doch mit solcher Condition, daß sich die Churfl. Sächs. 7. Compagnien zu Fuß und 2. zu Roß / samt der Commendant Wedelbusch / welcher sich damals in ziemlicher Leibes-Schwachheit befand / auf Discretion ergeben müssen / mit denen von Adel und Bürgerschafft aber sollte es bey der Salva Gvardi, so Herr Feld-Zeugmeister Torsten-Sohn im May 1639. dieser Stadt ertheilet hat / verbleiben / und dürffte man sich im übrigen keiner thätigen Hostilität mehr besorgen. Inmassen denn alsobald / als man accordiret hatte / den Schwedischen Commendanten / Obr. L. Erich Hans-Sohn auf den Marckt-Platz kommen lassen / 10. Trommel-Schlägern anbefohlen ihr Spiel zu rühren / und auszuruffen: daß die Soldaten aller Feindseligkeit / Raub und Plünderung etc. bey Leib- und Lebens-Straffe sich enthalten sollten / welches die Schwedischen doch nicht alles so strictè observirten. Hingegen sind ihnen zur Ranzion[244] 17000 Rthl. zu erlegen versprochen worden. Diesemnach stellten sich die Churfl. Sächs. Soldaten auf den Marckt-Platz / die Officirer zu Roß und Fuß sind biß auf fernern Bescheid in den Gast-Höfen in Arrest behalten / die gemeine Reuter sind alsbald untergestecket / das Fuß-Volck aber ist biß auf den andern Tag in der Kirchen zu S. Petri (da sie denn allzugleich unter die Schwedischen Regimenter sint untergestecket) bewachet und behalten worden / darinnen sie denn Stühle und Bäncke / aus Mangel des Holtzes verbrennet haben. Die damalige Einquartirung anlangende / verblieb die gantze cavallerie auff den Dörffern in den alten Qvartiren / ingleichen alles Fuß-Volck in den Vorstädten (ausserhalb wenig Musquetirer / mit welchen die Thore besetzet.) Die Officirer aber machten in der Stadt auch 3. Tage ihr Quartier / was auf diese Einquartirung gelauffen / ist nicht nöthig zu erzehlen / man lasse die liebe Bürgerschafft reden / welche es hart und schwer genug betroffen hat. Es sind auch alle Pferde denen von Adel / Bürgerschafft und Bauren durch etliche Musquetirer in der gantzen Stadt / in allen Häusern / Kellern und Gewölbern / ja in allen verborgenen Winkeln gesuchet und zusammen getrieben worden / so die Schwedischen auch mit sich genommen / sind auf etliche 1000. Rthr. geschätzet worden.
Den 11. Decembr. Sonntags / nachdeme zweene Bürger / Namens Matthäus Häuffelt[245] und N. Mustag wider ihre Pflicht und Gewissen / die armen Handwercks-Pursche bey denen Schweden verrathen / weil sie sich in währender Belägerung stattlich gebrauchen lassen / und für etliche Bürger auf die Wache gezogen / sind die Bürger angehalten worden / dieselbe in continent darzustellen / welche alsdann gezwungene Soldaten abgeben müssen. Diesen zum Hauptmann hat sich vorstellen lassen Matthäus Häuffelt / der sie verrathen.
Desselbigen Tages ward der Reichen-Wendisch-Schüler und Nicols-Thurm / ausser dem schönen Lauen-Thurm / (als welchen Tit. Herr Andreas Cnöffel / Medicinæ Doctor, wie auch nachmals Ihrer Königl. Majestät in Pohlen Rath und Leib-Medicus, von denen Schweden / als Feinden / erbeten / und in salvo[246] erhalten) ingleichen alle Flügel in Thoren mit Feuer angeleget / eingeäschert und ruiniret / nicht weniger auch alle Rondele abgetragen / und alle Batteryen / so die Sächsischen mit grosser Müh und Arbeit verfertiget / sind eingerissen und demoliret worden. Insonderheit das herrliche / kostbare und nutzbare Gebäude der neuen Schule / darinnen viel 1000. Vater Unser etc. zu Gott im Himmel aus dem Munde der jungen Kinder gebetet / viel tausenden den rechten Weg zur ewigen Seligkeit geweiset worden / viel 100. wohlgelehrte Leute erzogen und daraus ersprossen / und in Warheit hat man in diesen Schul-Gebäude über etliche 20. Feuer an unterschiedlichen Orten angestecket / welche aber niemals zum rechten und lichten lohen Brand können gebracht werden.
Den 12. Hujus, Montags / ist / ertheilten Order nach / der Schwedische Commendant mit dem gantzen Corpo auffgebrochen / und die Churfl. Sächs. Officirer / als Obr. Wachtmeister / der von Wedelbusch / Obr. Wachtmeister von der Artollerie, Joachim Friedrich von Dölau / und Obr. Wachtmeister zu Pferde / David Taube / zusamt denen Hauptleuten mit sich hinweg genommen / und in Arrest behalten: Rittmeister Rieß / Hauptmann Höel / und Siegelfischer sind auf Parol auf Dreßden frey gelassen worden / Obr. L. Wancke aber ist in wenig Stunden mit seinen Völckern zurück kommen / und dieselbe Nacht in der Vorstadt logiret. Weil auch / wie oben gedacht / die neue Schule nicht hat brennen wollen / als sind 2. Reuter-Officirer samt 8. Zimmerleuthen dahin commendiret / weilche in Eil / was noch übrig gestanden / mit gewaltiger Hand herunterstürtzen und einreissen müssen / welches Spectacul vielen vornehmen Leuten die heissen Zähren aus ihren Augen gezwungen.
Den 13. hujus, Dienstags / 12. Uhr ward die Königl. Burg und Schloß Ortenburg (sonsten Dorotheenburg) samt allen Thürmen / die alte und neue Cantzley / die herrliche und feste wohlerbaute Pastey jämmerlich in die Asche geleget / und in Grund verderbet. Darauff alsobald Obr. L. Wancke mit seinen Völckern auffgebrochen / und sich nacher Görlitz gewendet. Hiermit ist also die Blocquirung / Belägerung und völlige Eroberung dieser Stadt aufgehaben und vollbracht worden.
Nun sollte zwar auch etwas vermeldet werden von den herumliegenden Flecken / Dörffern / Budißinischen Vorstädten / was sie ausgestanden / wie sie in Grund ruiniret und verderbet / wie viel 1000. Schock an Geträyde in der Vorstadt muthwillig und unnützlich umbracht / und verderbet / viel herrliche und schöne Gärten verdorben / die schönen Obst-Bäume abgehauen und verwüstet / ingleichen / wie viel arme Leute / Bürger und Bauer / insonderheit ein vornehmer von Adel unter währender Belägerung erschossen und umkommen / gequetschet / mit Hunger / Durst und steter Wache / Furcht und großer Erschreckniß gemartert / geängstiget und gequälet worden; Aber weil die Angst auszusprechen unmöglich / den Schaden zu erzehlen unaussprechlich / so wollen wir es dem allwissenden und gerechten Richter Jesu anheimstellen.
Allhier ist auch zu gedencken / so der armseligen Stadt Budißin noch erfreulich / daß sie in solchen ihren Schmertzen und Trübsal noch getreuer und mitleidender Benachbarten sich rühmen können / (ob schon hingegen viel Unglücks-Vögel gewesen /) welche in solcher ihrer harten Bloquade und Belägerung ein hertzliches Mitleiden getragen / unter andern aber ist es hochrühmlichen nachzusaagen und nachzuschreiben / daß die liebe Stadt Görlitz nicht allein sie allezeit in ihr Gebet / damit es mit der geängstigten Stadt Budißin zu einem guten Ausschlag kommen und gelangen möchte / mit eingeschlossen; sondern auch die Ehrliebenden Frauen Jungfrauen daselbst eine sonderliche Intercession-Schrifft[247] an die Frau Bannerin[248] ergehen lassen / und um Remis[249] solches langwierigen Drangsals sie anlangen lassen; Gott wolle hinführo das gantze Land / alle fromme Christen / und die armselige Stadt Budißin / für solchen und dergleichen Unglück und Hertzeleid bewahren / uns wiederum / nachdem wir so offt sind geplaget worden / erfreuen / und uns wieder mit dem hoch- und langgewünschten Frieden einsmals beschencken / damit wir und das gantze Deutschland unter unser Obrigkeit ein geruhig und stilles Leben führen mögen / Amen.
Der Namen des Herrn ist ein festes Schloß / der Gerechte läfft dahin / und wird beschirmet / Prov. 18. 10“.[250]
In einer etwas späteren Darstellung der Ereignisse heißt es in den „Laußitzischen Merckwürdigkeiten“: „Dem Churfürsten gieng es demnach sehr nahe, daß man in seinem Eigenhum so wirthschafftete: deswegen konte er nicht länger stille sitzen, sondern muste seine Städte von dieser gewaltthätigen Einqvartierung zu befreyen suchen. In solcher Absicht schickte er den 27. Octobr. nach Budißin 8. Compagnien zu Roß und 7. Compagnien zu Fuß: jene unter dem Obristen Wachtmeister David Taube, diese aber unter dem Major Dethleff von Wedelbusch. Beyde kamen des Abends um 9. Uhr unvermuthet an, und begonnten mit ihren Sturm-Leitern unterhalb dem Schlosse, bey der Wasser-Kunst, ingleichen bey der Mühle und dem Fischer-Pförtlein zu versuchen, ob sie die Stadt in aller Stille ersteigen könten. Allein die Schweden, die sich vorlängst eines solchen Zuspruchs versehen, und zu aller Gegenwehre Anstalt gemacht hatten, wurden ihrer inne: daher zogen sie sich in die Stadt zusammen, um daselbst in der Enge desto bessern Widerstand zu thun. Endlich aber wurde die Stadt doch an der Mühl- und Niclas-Pforte erstiegen, das Lauen-Thor mit 2. Petarden gesprengt, das Reichen-Thor angesteckt und aufgehauen, und also die Stadt gewonnen. Hierauf gaben die Schweden die Stadt verlohren, steckten die Fischer-Pastey in Brand, und retirirten sich aufs Schloß: wohin der Obriste-Lieutenant Wancke schon etliche Tage vorher Maurer und Zimmerleute geschickt, und keinen wieder heraus gelassen, damit sie ihm nun in seiner benöthigten Verbauung an der Hand stehen konten. Also wolten die Schweden im Schlosse den Einfällen, der Sächsische Obriste-Lieutenant Wedelbusch hingegen den Ausfällen steuren.
Zu dem Ende ließ er die dem Schloß entgegen liegenden Gassen mit Gräben, ausgefüllten Fässern, Woll-Säcken und hohen Bau-Hölzern verbauen, daß die Schweden keinen Ausfall aus dem Schlosse unternehmen solten.
Den 1. Novembr. marchirten die Sächsischen Völcker bis auf 2. Compagnien wieder nach Dreßden: hingegen aber kam den 6. Ejusd. der Major von der Artillerie Joachim Friedrich von Dölau an. Eben diesen Abend kam ein Schwedischer Entsatz von 3. Regimentern zu Roß und 2000. Fuß-Knechten, unter denen Obristen, Wittenberg, Schlange und Eberstein, und besetzte die Stadt von aussen so enge, daß kein Hund geschweige denn ein Mensch ein- oder auskommen konte. Jedoch resolvirte Rittmeister Rieß einen Ausfall zu wagen, und dabey die feindliche Postirung zu recognosciren: allein, da ihm nicht nur sein Cornet an der Seite, sondern auch sein Pferd unter dem Leibe weggeschossen ward: muste er sich diese Curiosität[251] vergehen lassen. Der 7. Novembr. aber war vor die Sachsen glücklicher: denn da ertappten sie etliche aus dem Schlosse gestiegene und über Schlachtung etlicher Schweine beschäfftigte Schweden, und brachten sie gefangen ein; ebener maßen hatte Rittmeister Rieß selbigen Abend das Pflaster in der Vorstadt mit Stroh bedecken lassen, daß man den Huffschlag nicht hören solte: überfiel hernach die Schweden bey Nacht auf der Schieß-Bleiche, und brachte gleichfalls etliche Gefangene ein. Den 11. kamen 3. Brigaden auscommendirte Fuß-Knechte unter dem Obristen Erich Hanßsohn, wie auch denen 3. Obristen Lieutenanten Jesuitzky, Zöbeltitz und Zwieberg: hatten 6. Stücke bey sich, und forderten die Stadt auf. Wiewol nun Rittmeister Rieß dem abgeschickten Tambour kein Gehöre gab: so spielten doch sich doch die Schweden, theils durch Leitern, theils durch heimliche Gemächer, in das Schloß, und zogen die Stücke nach sich hinauff. Solcher Gestalt übernahm der Obriste Erich Hanßsohn die Commendantschafft, und ließ folgends auff die Stadt mit Stücken spielen. Der erste Anfang hierzu geschahe den 9. Novembr. denn da thaten bey 200. Mann aus dem Schlosse einen Ausfall: allein die ChurSächsischen wurffen nicht nur nicht nur ihre Hand-Granaten unter sie, sondern liessen auch die mit Pulver, Granaten und Steinen angefüllte Sturm-Fäßer lossbrennen, also, daß viele von dem Feinde dadurch beschädiget wurden; der Obriste-Lieutenant Jesuitzky aber gar ums Leben kam. Anbey hatten auch die Schweden das Unglück, daß die Schloß-Brücke einbrach, und die darauf stehenden Picquenierer und Musquetaires hauffenweise in den Graben stürtzten. Bey dieser Action blieben von den Schweden über 100. Todte, viele waren sehr blessirt, und der Sachsen blieben gleichfalls 18. auff dem Platze. Hierauff zog sich das Schwedische Fuß-Volck von dem Schlosse meistens in die Vorstädte, damit sich geraumer aus einander legen konte, und versorgte daselbst nach Möglichkeit mit Blenden, damit es sicher ab- und zugehen konte. Auf dem Schlosse arbeiteten sie, wegen der gebrochenen Brücke an einem Außfall durch die Schloß-Mauer, wie auch an einer Mine: ja sie wurffen an dem Schloß-Berge auch eine Schantze und Batterie auff: der Stadt-Commendant Wedelbusch hingegen hatte auf alles ein wachsames Auge: daher ward er dieser Mine zeitlich inne, und ließ daher unter denen Häusern, die sie zu sprengen suchten, eine Gegen-Mine graben. Den 13. Nov. zwungen die Schweden einen Theil der Bauren, die sie auff dem Schlosse bey sich hatten, und zur Arbeit brauchten, zu versuchen, ob sie des bey dem neulichen Ausfall zurück gelassenen Gewehrs mächtig werden, und solches ins Schloß bringen könten: allein die Sachsen in der Stadt machten ihnen gar bald Füsse, also, daß sie unverrichteter Sachen zurück eilten. Gleichwohl aber begonnte der Proviant in der Stadt sehr abnehmen: darum ließ der Commendant Wedelbusch den Bierschanck verbieten, und hingegen das meiste Bier vor sich und seine Soldaten ins Proviant-Hauß führen: überdies ließ er Hand-Mühlen machen, und die Steine dazu von dem Kirch-Hofe zu St. Petri ausgraben. Weil auch die Schweden nunmehr die Stadt auf alle Weise mit Feuer anzugreiffen suchten, bevor ab, da sie auffs neue verstärckt worden waren: ordnete der Major Wedelbusch eine starcke Feuer-Wache, so Tag und Nacht mit ihrem Lösch-Zeuge parat seyn muste, wenn ein Brand auffgieng: nicht minder ließ er auch die nähesten Häuser an dem Schlosse abbrechen, und mit nassen Küh-Häuten bedecken. Die Schweden hingegen versahen sich mit Fachinen, Pech-Kräntzen, Feuer-Kugeln, Schwefel-Poltzen oder Pfeilen, liessen auch an etlichen Orten Minen verfertigen, und so dann die Stadt durch einen Drommelschläger nochmals auffordern: Allein der Commendant schützte vor: er habe noch zur Zeit zur Ubergabe keine Ordre. Hierauff ließen die Schweden auff die Stadt loß feuren, wie auch ihre grosse Mine springen: aber diese schlug zurücke, und damit hatten die Schweden bey 2. unternommenen Ausfällen abermal die grösseste Einbuße. Hierdurch wurden sie so erbittert, daß sie aus Rachgier an unterschiedenen Orten in der Vorstadt Feuer anlegten, also daß bey 22. Häuser jämmerlich im Rauche aufgiengen. Indem sich also diese Bloquade und vom Schlosse herab angehende Beschiessung bis in den Monat December extendirte, wurden endlich auch die Bürger nebst der Sächsischen Besatzung selbst, bey denen unauffhörlichen Travaillen so krafftloß, daß sie weitere solche Beschwerlichkeiten auszustehen incapable wurden. Darum wagten sich den 9. Decembr. einige aus dem Adel, dem Rath und der Bürgerschafft an den Commendanten Wedelbusch, und vernahmen: ob nicht ein Mittel ausgesonnen werden könte, vermittelst dessen ein leidlicher Accord zu erhalten, und der abgematteten Bürgerschafft zugleich zu rathen wäre ? Nun befand sich der Commendant selbst gar unpäßlich, also, daß er nicht so vigilant seyn konte, als er solte: darum consentirte in den gethanen Vortrag, und brachte des dahin, daß sich die sieben Compagnien zu Roß und zwey zu Fuß, nebst dem Commendanten Wedelbusch als Kriegs-Gefangene ergeben musten. Die von Adel wurden bey ihren hiebevor schon bewilligten Salve-Garden gelassen, die Stadt aber muste die Plünderung mit 17000. Rthln. erkauffen. Hierauff wurden die Gefangenen untergesteckt: die Schwedischen Reuter auff die Dörffer, die Fuß-Knechte aber in die Vorstädte verlegt. Weil aber die Schweden nicht gesonnen waren die Stadt zu behaupten, bemüheten sie sich selbige zu ruiniren. Sie liessen die Thürme und Bastionen abtragen, die gemachten Batterien niederreissen, die Thor-Flügel mit Feuer zernichten, und sonderlich auch die neue Schule in Brand stecken, und was die Feuers-Gluth nicht verzehrte, durch 8. commendirte Zimmerleute niederreissen. Eben so verfuhren sie auch mit dem Schlosse, dessen Thürme alt- und neue Cantzelley, ingleichen auch Pastey in Grund verderbet wurden. Und der Obriste-Lieutenant Wancke blieb mit allem Fleiß so lange zurücke, bis diese ihm ertheilte Ordre exequiret worden war: so dann aber nahm er den 13. Decembr. seinen March nach Görlitz, wo sich seine Untergebene ohne dem schon seit dem 18. Octobr. einqvartieret hatten“.[252]
Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !
[1] Vgl. Slg. 15: Autographensammlung des Königlichen Hausarchivs der Niederlande. Online verfügbar unter: sachsen-anhalt.de/fileadmin/Elementbibliothek/Bibliothek_LHA/FB/Slg_15_00_Findbuch.pdf, Nr. 150: Matthias von Jewitzky, schwedischer Militär, an einen ungenannten, möglicherweise anhaltischen Fürsten, Zerbst 1634.
[2] Kompanie [schwed. kompani, dän. kompany]: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, doch wurden Kranke und Tote noch 6 Monate in den Listen weiter geführt, so dass ihre Ist-Stärke bei etwa 70-80 Mann lag. Eine Kompanie zu Pferd hatte bei den Bayerischen 200, den Kaiserlichen 60, den Schwedischen 80, manchmal bei 100-150, zum Teil allerdings auch nur ca. 30. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[3] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 9/10 der Armee Banérs stellten deutsche Söldner; GONZENBACH, Der General Hans Ludwig von Erlach von Castelen II, S. 130. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“. Vgl. auch das Streitgespräch zwischen einem kaiserlich und einem schwedisch Gesinnten „Colloquium Politicum“ (1632). Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.
[4] Regiment: Größte Einheit im Heer, aber mit höchst unterschiedlicher Stärke: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl. eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[5] Hans (VI.) (Johann) Vitzthum v. Eckstädt [1595-11.1.1648 Sommerschenburg], schwedischer Obrist.
[6] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.
[7] Nördlingen [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 525ff. Schlacht bei Nördlingen am 5./6.9.1634 zwischen den kaiserlich-ligistischen Truppen unter Ferdinand (III.) von Ungarn und spanischen Kontingenten unter dem Kardinal-Infanten Fernando auf der einen Seite und dem schwedischen Heer unter Feldmarschall Gustav Horn, der in eine 7 Jahre dauernde Gefangenschaft geriet, und Bernhard von Weimar auf der anderen. Die Schwedisch-Weimarischen verloren nicht allein die Schlacht, etwa 8.000-10.000 Tote und 3.000-4.000 Verwundete – auf kaiserlicher Seite waren es 1.200 Tote und 1.200 Verwundete – , sondern mit ihr auch den Einfluss in ganz Süddeutschland, während der französische Einfluss zunahm. Vgl. die ausführliche Darstellung bei ENGERISSER; HRNČIŘĺK, Nördlingen 1634 (die detaillierteste Darstellung der Schlacht); STRUCK, Schlacht, WENG, Schlacht. Vgl. den lat. Bericht »Pugna et victoria ad Nordlingam«, der den protestantischen Ständen zuging; Staatsarchiv Bamberg B 48/145, fol. 74 (Abschrift). Zur französischen Sicht vgl. den Avis Richelieus, 1634 IX 11; HARTMANN, Papiers de Richelieu, Nr. 288.
[8] Sold: Um 1630 erhielt (theoretisch] ein kaiserlicher Obrist monatl. 500-800 fl. je nach Truppengattung, Hauptmann 160 fl., Leutnant 60 fl.; Fähnrich 50 fl., Feldwebel 21 fl., Korporal 12 fl., Gefreiter 7 fl. 30 Kr., Fußknecht 6 fl. 40 Kr. Eine Kuh kostete ca. 10 fl., 1 einfaches Pferd 30 fl. Der Monatssold der einzelnen Chargen in einer schwedischen Kompanie zu Fuß betrug 1639 für einen Hauptmann 150 fl., Leutnant 35 fl., Feldscher 16 fl., gemeiner Soldat 6 fl.; in einer Kompanie Kürassiere für einen Rittmeister 150 fl., Leutnant 60 fl., Kornett 50 fl., gemeinen Reiter 15 fl.; bei der Artillerie für einen Obristen 800 fl., Oberhauptmann 200 fl., Adjutanten 100 fl., Quartiermeister 60 fl., Feldschergesellen 25 fl., Kommissbäcker 12 fl., gemeinen Kroaten 9 fl., Artilleristen 7 fl. Zur brandenburgischen Armee heißt es; OELSNITZ, Geschichte, S. 63: „Von der Löhnung wurde 1/3 bis 1/5 immer zurückbehalten, um die von den Leuten in den Quartieren verübten Schäden zu decken. So bekamen die Soldaten auch für den ersten Monat gewöhnlich keinen Sold um damit die Kosten für das Gewehr bezahlen zu können. Es scheint also, als wenn mann dasselbe zu einem Eigenthume des Mannes machen wollte, wiewohl andere Nacrichten dagegen streiten“.Schon in den Anfangsjahren war der Sold nur ein- oder zweimal im Jahr ausgezahlt worden, so dass die Kontributionsforderungen ständig stiegen bzw. der Sold in den besetzten Gebieten in noch höherem Umfang aus den besetzen Gebieten herausgepresst wurde; vgl. HEIMATMUSEUM SCHWEDT, S. 15.. SCHMIDT, Herzogtum Sachsen – Weimar, S. 54f. „Eine Beschwerde über seine Notlage war für den Soldaten gefährlich, wie das Beispiel von neun Soldaten der Schweinitzschen Kompanie zeigt, die am 30. April 1645 zum Tode verurteilt wurden (einer von ihnen wurde tatsächlich in Freiberg gehenkt), weil ‚sie sich ihrer hinderstelligen wöchentlichen Lehnungen halber beklaget’“. GENTSCH, Dreißigjähriger Krieg, S. 209. 1624 hatte man den Offizieren der nach den Kämpfen gegen Bethlen Gábor abgedankten Regimenter während der Verhandlungen in Freistadt vorgehalten, kein Kriegsherr habe je alle Außenstände beglichen, ein Nachlass sei doch üblich; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2345, fol. 69f. (Abschrift): »Fürhalt« an die Offiziere der Liga-Regimenter u. Freikompanien, Freistadt, 1624 V 15. Die sogenannten „freien u. einschichtigen“ Kompanien (1619-1648) schlugen immerhin mit 5.042.840 fl. 58 kr. in der Hauptkriegskostenrechnung zu Buch; GOETZ, Kriegskosten, S. 123; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 282. Der Historiograph Wassenberg schildert ausführlich die Meuterei der Besatzung von Breisach im März 1644 wegen ihres seit acht Monaten ausstehenden Soldes; WASSENBERG, Florus, S. 563ff.: „Nahe bey außgang aber gegenwärtigen Monats hat sich in der Vestung Brisach ein gefährlicher Aufstand angesponnen / in dem alle Frantzösische Compp mit doppeltem Fewer sich auf den Platz gestellet / vnnd eine Ordnung geschlossen / daß man ihnen so leichtlich nicht zukommen können; aber keinen Officirer / als allein die Corporalen bey sich gelitten / auch als die Teutschen auf die Abendwacht ziehen wollen / haben sich die Frantzosen betrohlich gegen sie vernehmen lassen / woferrn nur ein einiger sich vnterstehen würde auß dem hauffen zu gehen / sie denselben auf der ställe niederschiessen wollen; daher sie alle / vnnd einer wie der ander / stehen bleiben müssen.
Nach dem derhalben die Frantzösische Kriegesbeampten gesehen / daß ihre Völcker schwürig; haben sie mit vngestümmen Worten gefraget / warumb sie nit auff die Wacht ziehen wolten / damit von Leder gezucket / vnnd einen oder vier gestochen; aber damit anders nichts auß gericht / dann daß die Mußquetierer Fewer geben / 5. Leutenante vnd Fändriche geschossen / die übrigen aber dahin gebracht / daß sie das Hasenpanihr aufwerffen müssen.
Hierauf haben sie in gegenwart Herrn General Majors von Erlach / vnnd Freyhern von Oisonville [Oysonville; BW] mit grosser vngestümm geruffen: dem König / vnnd Herrn General Majoren / wolten sie vmbs Geld dienen; welchem sie auch Lebensfrist versprochen; dem Freyherrn aber keines / sondern ihn beym Kopff genommen / mit den hahren übel gerauffet übel gerauffet / vnnd mit schändlichen Worten angegriffen / wäre auch / im fall Herr General Major nicht so hoch gebeten / wol nicht lebendig auß jhren Händen kommen / also daß er mit mercklicher gefahr seines lebens noch errettet worden. Wie sie nun der von Erlach gefragt / was dann jhr Begehren / haben sie jhren in acht Monat außständigen Sold gefordert: weßwegen er sie mit freundlichem zusprechen versichert / sie solten nur wider abziehen / er wolle verschaffen / daß sie bezahlet werden solten; Sie aber zur antwort gegeben / wann das Geld da vor jhnen augenscheinlich lege / als dann vnnd nit eher wolten sie sich zur Ruhe stellen: deßwegen man nothwendig dahin geschlossen / daß man jhnen auf nechstfolgenden Morgen (weil die Nacht albereit vorhanden) drey Monat / vnnd innerhalb vier Wochen das übrige abführen wolle. Mit welcher Erklärung Herr General Major abermals zu jhnen gangen / sie sehr freundlich besprochen / ja Kinder vnnd Brüder heissen müssen; biß er es endlich / wiewol mit gar harter mühe / dahin gebracht / daß sie endlich darein verwilleget; worauff er sie hoch gebeten / daß sie doch die Nacht über ruhig seyn / auch niemand einigen Gewalt thun / noch etwas plündern wolten: welches sie Ihm zwar versprochen; als er aber kaum in seiner Behausung gewesen / haben sie mit geschwinder Behändigkeit die Wippe / Esel / Stock vnd Galgen / sampt der Leiter abgehawen / vnnd über einen hauffen geworffen vnd verbrennet; alle Wirtshäuser geöffnet; was sie an Wein nicht gesoffen / auff die Erde lauffen lassen / viel Becker vnnd Krämer nicht verschonet / die Fleischbäncke / darinnen viel Vorrath gewesen / rein gemacht / vnd also die ganze nacht über mit plundern vnnd rauben einen solchen Gewalt verübet / daß dergleichen (wie man schreibt) in geschichten nicht zu lesen. Deß andern Tages ist Herr Erlach frühe wider zu jhnen kommen / da sie dann alle ganz toll vnd voll gewesen / daher er jhnen auch viel bessere Worte / als vorigen Tages / geben müssen: dann sie sich ohne schew verlauten lassen / woferrn jhre acht Monaten vmb zehen Vhren nicht da legen / wolten sie die ganze Statt außplündern / selbige in Brand stecken / vnd den Johan de Weerd zu ziehen / darbey sie dann weiters dem Herrn General Major vnverschämt ins Gesicht sagen dürffen / daß jetzund sie / nicht aber er / Meister seyen / haben darauff die Schlüssel begehret / vnn gesaget / daß, vngeachtet sie die Schlüssel nicht hetten / dennoch wol hinauß kommen wolten / weßwegen dann Herr General Major wiederum vnverichter sachen abweichen müssen. Als er nun den vnauffhörlichen Ernst vnnd Tollheit dieser Leute gesehen / hat er sich nebens Herrn Freyherrn de Oisonville entschlossen / fünf Monat zu bezahlen; hierauf abermaln zu jhnen getretten / vnnd sie dermassen / wie man Got im Himmel selbst anflehen möchte / gebeten / biß sie endlich diese fünff Monat angenommen / hat jhnen aber die übrigen drey Monat jnner vierzehen Tagen vnfehlbar abzutragen benebenst vollem Perdon solcher jhrer schönen thaten / versprechen müssen / oder sie wolten es noch zehen mal ärger machen. Hat sich also vor Mittag vmb halb zehen Vhr die Vnruhe widerumb gestillt / vnd ein jeder nach seinem Quartier gezogen. Die Teutschen seynd / als wie sie kommen / auff jhrem Platz stehende verblieben vnnd ruhig gewesen; ehe aber die Franzosen abgezogen / haben sie sich nicht zu Friede geben wollen / man habe jhnen dann auch fünf Monat bezahlet / da sie sich auch sonsten mit drey Monaten hetten abweisen lassen“. Der Benediktiner-Abt von St. Georgen im Schwarzwald, Georg Gaisser [1595-1655], berichtet noch zum März 1648: „Ein Soldat mit dem Übernamen Reißteufel, Schuster von Beruf, aus Gmünd gebürtig, der in erster Linie unter denen gewesen sein soll, die neulich Sold gefordert (oder Lebensmittel erpressten ? stipendia exegerant) hatten, wird vom Generalkommissariat zum Galgen verurteilt und heute [27.3.1648; BW] hingerichtet, vom weiblichen Geschlecht aufs höchste beklagt. Drei Jungfrauen, die ihn aus den Händen der Henker zu befreien suchten, erfuhren eine Ablehnung“. STEMMLER, Tagebuch Bd. 2, S. 1138. Zum Teil wurde der Sold wenn überhaupt auch in Geld und Tuch ausgezahlt. Das Auskommen bei den Schweden beruhte auf der von den Städten verlangten Lehnung.
[9] Obrist [schwed. överste, dän. oberst]: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung, 500 fl. zu Fuß, 600 fl. zu Roß [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] in der kurbrandenburgischen Armee 1.000 fl. „Leibesbesoldung“ nebst 400 fl. Tafelgeld und 400 fl. für Aufwärter. In besetzten Städten (1626) wurden z. T. 920 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15). Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm als Obrist und Hauptmann der Infanterie 800 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus der Beute – hier standen ihm 27 Rt. 39 Albus pro 1.000 Rt. Beute zu; HOFMANN, Peter Melander, S. 156 – und aus Ranzionsgeldern, Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ, im Schnitt für 5 Rt., – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen – Obristen belieferten ihr Regiment mit Kleidung, Waffen und Munition – , gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischenn handlung, S. 277 (1634) zur schwedischen Garnison: „Am gemelten dingstage sein 2 Soldaten bey mir hergangen bey r[atsherr] Joh[ann] Fischers hause. Der ein sagt zum andern: In 3 Wochen habe ich nur 12 ß [Schilling = 6 Heller = 12 Pfennig; das entsprach insgesamt dem Tageslohn eines Maurers; BW]. Ich wol, das der donner und der blytz inn der statt schlüge, das es bränte und kein hauß stehen bliebe. Muß das nicht Gott erbarmen. Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Zur brandenburgischen Armee heißt es; OELSNITZ, Geschichte, S. 64: „Fälle, daß die Obersten mit ihren Werbegeldern durchgingen, gehörten nicht zu den größten Seltenheiten; auch stimmte bei den Musterungen die Anzahl der anwesenden Mannschaften außerordentlich selten mit den in der Kapitulation bedingten. So sollte das Kehrberg’sche [Carl Joachim v. Karberg; BW] Regiment 1638 auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Es wurde dem Obersten der Proceß gemacht, derselbe verhaftet und kassirt. Aehnlich machte es der Oberst Rüdiger v. Waldow [Rüdiger [Rötcher] v. Waldow; BW] und es ließen sich noch viele ähnliche Beispiele aufführen“. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nichts anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. OELSNITZ, Geschichte, S. 64f.: Der kurbrandenburgische Geheime Rat Adam Graf zu „Schwarzenberg spricht sich in einem eigenhändigen Briefe (22. August 1638) an den Geheimen Rath etc. v. Blumenthal [Joachim Friedrich Freiherr v. Blumenthal; BW] sehr nachtheilig über mehrere Obersten aus und sagt: ‚weil die officierer insgemein zu geitzig sein und zuviel prosperiren wollen, so haben noch auf die heutige stunde sehr viele Soldaten kein qvartier Aber vnter dem schein als ob Sie salvaguardien sein oder aber alte reste einfodern sollen im landt herumb vagiren vnd schaffen ihren Obristen nur etwas in den beutel vnd in die küch, Es gehöret zu solchen dantz mehr als ein paar weißer schue, das man dem General Klitzingk [Hans Kaspar [Caspar] v. Klitzing; BW] die dispositiones vom Gelde und vonn proviant laßen sollte, würde, wan Churt borxtorff [Konrad [Kurt] Alexander Magnus v. Burgsdorff; BW] Pfennigmeister vnd darvber custos wehre der katzen die kehle befohlen sein, wir haben vnd wissen das allbereit 23 Stäbe in Sr. Churf. Drchl. Dienst vnd doch ist kein einsiger ohne der alte Obrister Kracht [Hildebrand [Hillebrandt] v. Kracht; BW] der nit auß vollem halse klaget als ob Man Ihme ungerecht wehre, ob Sie In schaden gerieten, Man sol sie vornemen Insonderheit die, welche 2000 zu lievern versprochen vnd sich nit 300 befinden vndt sol also exempel statuiren – aber wer sol Recht sprechen, die höchste Im kriegsrath sein selber intressirt vnd mit einer suppen begossen“. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 504. Die z. T. für den gesamten Dreißigjährigen Krieg angenommene Anzahl von rund 1.500 Kriegsunternehmern, von denen ca. 100 bis 300 gleichzeitig agiert hätten, ist nicht haltbar, fast alle Regimentsinhaber waren zugleich auch Kriegs- bzw. Heeresunternehmer. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; BOCKHORST, Westfälische Adelige, S. 15ff., REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte 1. Bd., S. 413ff.
[10] Arvid (Alexander) Freiherr v. Forbes [Fin-Forbes, Finnesse-Forbes, Forbes den Aldre, Forbus, Forbusch, Vohrbuß, Vohrbris, Vorbusch, „Sorbus“] [15.1.1598 Borgå, Finnland-20.1.1665 Stettin], schwedischer Generalmajor.
[11] Bernhard Herzog v. Sachsen-Weimar [16.8.1604 Weimar-18.7.1639 Neuenburg am Rhein], schwedischer, dann französischer General. Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst; RÖSE, Herzog Bernhard der Große.
[12] Axel Gustafsson Oxenstierna Greve af Södermore [16.6.1583 Fanö bei Uppsala-28.1.1654 Stockholm], schwedischer Reichskanzler. Vgl. WETTERBERG, Axel Oxenstierna; FINDEISEN, Axel Oxenstierna; BACKHAUS (Hg.), Brev 1-2.
[13] Erhard [Eric, Erich, Johann] v. Deibitz [Daubitz, Debitz, Debizer, Döbitz, Dewitz, Trebiß, Trebis, Tebitz, Teubing] [um 1594-14.3.1658], schwedischer Obrist. Vgl. STOLCH, Erhard Deibitz.
[14] Lehnung: alle zehn Tage zu entrichtender Sold für die schwedischen Truppen, z. B. Kapitän 12 Rt., Leutnant und Fähnrich 10 Rt., Sergeanten, Fourier, Führer, Musterschreiber und Rüstmeister zusammen 12 Rt., Trommelschläger, Pfeifer zusammen 6 Rt., Korporal 2 Rt., sowie den unteren Dienstchargen gestaffelte Beträge in Groschen. BURSCHEL, Sozialgeschichte, S. 975f.
[15] Stab: die Gesamtheit der höheren Offiziere eines Heeres (Generalstab) oder Heeresteils (Regimentsstab). Dazu gehörte auch der Feldgeistliche des Regiments. Die Bedeutung ergibt sich metonymisch: Der Stab war das Zeichen der Amts- und insbesondere der militärischen Obergewalt. Der „Unterstab“ umfasste dagegen die rangniedrigeren Dienstränge. Je nach Rang wuchs auch der Umfang des Stabes Stab: die Gesamtheit der höheren Offiziere eines Heeres (Generalstab) oder Heeresteils (Regimentsstab). Dazu gehörte auch der Feldgeistliche des Regiments. Der „Unterstab“ umfasste dagegen die rangniedrigeren Dienstränge. Je nach Rang wuchs auch der Umfang des Stabes und damit die Belastung bei Einquartierungen.
[16] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[17] Stückhauptmann: Hauptmann der Artillerie.
[18] Fähnrich [schwed. fänrik, dän. fændrik]: Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie und Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen von Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) und die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann und Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Zum Teil begannen junge Adelige ihre militärische Karriere als Fähnrich. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f. In der brandenburgischen Armee erhielt er monatlich 40 fl., nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 50 fl. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 48 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Als Fähnrich einer Streifschar aus einer Garnison erhielt er quasi als Gefahrenzuschlag pro 1.000 Rt. Beute und Ranzion 17 Rt. 60 Alb. 2 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156.
[19] Feuerwerker: Die Funktion des Feuerwerkers findet erstmals im Jahre 1406 in Nürnberg urkundliche Erwähnung. Seine Hauptaufgabe bestand zunächst in der Bedienung der damaligen artilleristischen Feuerwaffen und der Herstellung von Geschossen. In der älteren Artillerie waren die Feuerwerker zur Bedienung der Wurfgeschütze (Böller, Mörser) bestimmt und bildeten mit den Büchsenmeistern (die für die Schusswaffen vor allem der Infanterie verantwortlich waren), die erste Rangklasse der Artilleristen. Die Feuerwerker entstammten zumeist dem Büchsenmacherhandwerk. Auf Grund der für ihre Tätigkeit erforderlichen speziellen Kenntnisse und Fähigkeiten gehörten die Feuerwerker bis Mitte des 17. Jahrhundert, berufsmäßig organisiert, zu den privilegierten Schichten des Soldatenstandes [wikipedia].
[20] Konstabel [schwed. konstapel, dän. konstabel]: Geschützmeister (Schütze), Kriegshandwerker, der auch für schwere Festungs- und Belagerungsartillerie Rohre und Geschosse herstellte. Er musste Richten und Laden, Instandhaltung und Reparatur beherrschen. Stückgießer und Büchsenschmiede wie Pulvermacher arbeiteten unter seiner Anleitung. Gut bezahlte Büchsenmeister nahmen an Kriegszügen teil und genossen eine bessere Verpflegung als Soldaten. Der Büchsenmeister unterstand dem Zeugmeister, der sie auch anwarb, im Gefecht hatte der (General)Feldzeugmeister den Befehl. => Büchsenmeister..
[21] Kaum anzunehmen, dass das Regiment 1.000 Mann gehabt hat; an der Differenz zwischen der Soll- und Ist-Stärke verdiente doch der Regimentskommandeur.
[22] Major [schwed. major, dän. major]: Der Major war im Dreißigjährigen Krieg der Oberwachtmeister des Regiments (zunächst nur in der Infanterie). Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten, sorgte für die Instandhaltung ihrer Waffen, hatte die Aufsicht über die Munition und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte der Major für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht. Er erhielt 1633 monatlich 200 Rt. bei der Infanterie und 300 fl. bei der Kavallerie, 200 fl. bei der dänischen Armee.
[23] Robert v. Crichton [Grichton, Krichton, Krüchten, Kröcher, Krecher, Krescher, Kriegen] [ – ], kaiserlicher Obrist. Vgl. MURDOCH, SSNE ID 203.
[24] Michael Wolff [ – ], schwedischer Kapitän.
[25] Hans Heinrich v. Schlieben [ – ], schwedischer Obrist.
[26] N Wormser [ – ], schwedischer Kapitän.
[27] N [David v. ?] Osten [Oisten ?] [ – ], schwedischer Kapitän.
[28] N Furch [Forch] [ – ], schwedischer Kapitän.
[29] N Buttler [ – ], schwedischer Kapitän, später Obrist.
[30] Michael Nohr [ – ], schwedischer Kapitän.
[31] Geführt von Johann Georg aus dem Winkel [Winckel] [1596-18.2.1639 Hildesheim], schwedischer Obrist.
[32] Sachsenhausen, heute Ortsteil von Frankfurt/M., HSSD IV, S. 126ff.
[33] RIECK, Frankfurt, S. 185ff.
[34] Dömitz [LK Ludwigslust-Parchim]; HHSD XII, S. 21ff.
[35] Johann Georg I. Kurfürst v. Sachsen [5.3.1585 Dresden-8.10.1656 Dresden].
[36] Wolf Heinrich v. Baudissin [Bauditz, Baudis, Baudish] [1579 (1597 ?) Schloss Lupa (Niederlausitz)-4.7.1646 Elbing (Belschwitz)], schwedischer, dann kursächsischer Generalleutnant. Vgl. http://sok.riksarkivet.se/sbl/Presentation.aspx?id=19088.
[37] Johan Banér [Bannier, Panier, Panner] [23.6./3.7.1596 Djursholm-20.5.1641 Halberstadt], schwedischer Feldmarschall.
[38] Patrick [Patricius, Peter, Padruig, Patkell] Ruthven [Ruthwen, Rutwen, Ruthuen, Rudtwein, Redwen, Retwin, Rittwein, Rudven, Rödwijn, Rödven, Rödwen, Rutwein, Rüttwein, „Rotwein“] of Forth and Brentfort [ca. 1572 Ballindean -24.1.1652 in oder bei Buxtehude], schwedischer Feldmarschall.
[39] Schotten: Von 1626-1632 dienten 25.000 Schotten unter Christian IV. u. Gustav Adolf, was etwa 10 % der Gesamtbevölkerung Schottlands entsprach; PARKER, Military Revolution, S. 200, Anm.17. 1630 hatte Gustav Adolf 13 Schottenregimentern mit fast 1.000 Offizieren unter seinem Kommando; MINHA, Walter Graf Leslie, S. 139, Anm. 23: Damit „wurde das Schwedenheer zur großen Kriegsschule des anglo-schottischen Adels für den späteren Machtkampf zwischen König und Parlament in der Heimat“. Zur Motivation schottischer Söldner MAHR, Oberst Robert Monro, S. 54: „Hier ist auch zu sehen, dass der Baron von Foulis edlen Andenkens es nicht für eine Beeinträchtigung seines Ansehens hielt, zuerst meinem Lord Reay und seinem Regiment als Freiwilliger zu folgen, bis er einige Gefechte gesehen und einige Erfahrung gesammelt hatte. Dann begann er mit einer Kompanie und wurde zuletzt mit Ansehen Obrist eines Regiments zu Fuß und zu Pferd. So ermunterte er andere seines Namens und seiner Verwandtschaft, seinem Beispiel zu folgen und ehrenvoll im Ausland zu leben, anstatt ihren Freunden zu Hause, wie es viele tun, zur Last zu fallen. Dabei müssen sie, wie wir in Schottland sagen, für einen halben Laib Brot springen, während andere aufgrund ihrer Tapferkeit nobel im Ausland leben, sich Diener leisten können und von silbernen Tellern speisen“. In erster Linie heranziehen ist die große Datenbank von Steve MURDOCH, SSNE; dort auch jeweils die neueste Literatur, bzw. dessen Veröffentlichungen => Literaturregister. Bei der Zusammensetzung der schwedischen Armee Gustavs II. Adolf bis Ende 1632 werden folgende Zahlen angenommen: Schweden 8.000 (5, 5 %), Finnen 3.000 (2, 0 %), Deutsche Söldner: Alte Regimenter (vor Juli 1630 aufgestellt) 15.000 (10, 5 %) Neue Regimenter 65.000 (44, 5 %) Britische Söldner 7.000 (5, 0 %) Verbündete: Sachsen 17.000 (11, 5 %) Brandenburg 6.000 (4, 0 %) Hessen-Kassel 6.000 (4, 0 %) Mecklenburg 4.000 (2, 5 %) Stadtmilizen ca. 15.000 (10, 5 %) Gesamtzahl 146.000. Von diesen ca. 150.000 Mann war etwa die Hälfte im Garnisonsdienst eingesetzt, der Rest war auf die verschiedenen Armeekorps aufgeteilt, deren Größe zwischen 3.000 und 20.000 Mann lag. Im Falle einer möglichen Schlacht wurden diese dann vorübergehend zusammengezogen. Angaben nach BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 69; ENGERISSER, Von Kronach. Je nach Kriegslage schieden nach Gustav II. Adolfs Tod Verbündete wieder aus, der Anteil der Deutschen unter schwedischer Fahne stieg jedoch weiter an. Vgl. MILLER, Swords for hire.
[40] Musketier: Fußsoldat, der die Muskete führte. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. MAHR, Monro, S. 15: „Der Musketier schoß mit der Luntenschloßmuskete, die wegen ihres Gewichtes [etwa 5 kg] auf eine Gewehrgabel gelegt werden mußte. Die Waffe wurde im Stehen geladen, indem man den Inhalt der am Bandelier hängenden hölzernen Pulverkapseln, der sog. Apostel, in den Lauf schüttete und dann das Geschoß mit dem Ladestock hineinstieß. Verschossen wurden Bleikugeln, sog. Rollkugeln, die einen geringeren Durchmesser als das Kaliber des Laufes hatten, damit man sie auch bei Verschmutzung des Laufes durch die Rückstände der Pulvergase noch einführen und mit Stoff oder Papier verdämmen konnte. Da die Treffgenauigkeit dieser Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Die Verbände waren dabei in sog. Treffen aufgestellt. Dies waren Linien zu drei Gliedern, wobei das zweite Treffen etwa 50 Schritt, das dritte 100 Schritt hinter der Bataille, d. h. der Schlachtlinie des ersten Treffens, zu stehen kamen, so daß sie diese bei Bedarf rasch verstärken konnten. Gefeuert wurde gliedweise mit zeitlichem Abstand, damit für die einzelnen Glieder Zeit zum Laden bestand. Ein gut geübter Musketier konnte in drei Minuten zwei Schuß abgeben. Die Bleigeschosse bis zu 2 cm Kaliber verformten sich beim Aufprall auf den Körper leicht, und es entstanden schwere Fleischwunden. In den Kämpfen leisteten Feldscherer erste Hilfe; doch insgesamt blieb die medizinische Versorgung der Verwundeten mangelhaft. Selbst Streifschüsse führten oft aufgrund der Infektion mit Tetanus zum Tode, erst recht dann schwere Verletzungen“. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet den einzigen bisher bekannten Fall (1634), dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe. SCHLOTTER; SCHNEIDER; UBBELOHDE, Acta, S. 194. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics; EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[41] Untersteckung, Unterstoßung, „Unterstellung“, „Unterhaltung“: (zwangsweise) Eingliederung von (insbesondere gefangen genommenen) Soldaten in bestehende unvollständige Verbände. „Die ‚Untersteckung‘ von gefangenen Soldaten des Kriegsgegners war in der frühen Neuzeit allgemein üblich, wurde für gewöhnlich von den Betroffenen ohne Widerstände akzeptiert und scheint gar nicht selten die Zusammensetzung eines Heeres erheblich verändert zu haben“ (BURSCHEL, Söldner, S. 158). Die „Relation deren Geschichten / Ritterlichen Thaten und Kriegßhandlung“, S. 12, berichtet, wie Bucquoy mansfeldische Söldner zur Unterstellung zwang: „Dann als mann sie (in der Zahl ohngefehr 1200.) gen Crumaw bracht / hat man sie Rotten vnd Hauffen weiß in Kammern so eng zusammen gesperrt / daß sie weder sitzen noch niderligen können / auch neben dem wenig Essen / das man ihn vorgestellt / ihnen gar nichts zu tricken geben / vnd es also etliche Tag vber / mit inen getrieben / Sie dardurch zu nötigen / daß sie dem Keyser ihre Dienst versprechen müsten / als auch geschehen. Dann nach dem sie auffs eusserst allerhand Ungemach außgestanden / vnnd etliche Tag kein tropffen zu trincken vberkommen / haben sie fast alle vnder solchem erschröcklichen Joch vnd Zwang sich schmücken vnd biegen / vnd dem Feind ihre Dienst zusagen müssen“. In der kurbayerischen Armee – Maximilian I. von Bayern war grundsätzlich gegen die Untersteckung wegen der Unzuverlässigkeit in Schlachten – wurden sie als Kugelfang beim Angriff oder Sturm auf eine Stadt vorausgeschickt; SEMLER, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 67. Franz von Mercy hatte nach seinem Sieg bei Tuttlingen (24.11.1643) an die 2000 Franzosen untergesteckt. HEILMANN, Kriegsgeschichte, S. 69f. Doch wurden schon seit dem Böhmischen Krieg Gefangene, die die Untersteckung verweigerten, oft hingerichtet. HELLER, Rothenburg, S. 158: (1645): „Die [bayr.] Furir aber haben alle Häußer, wo Franz. oder Weimar. gelegen, außgesucht und was sie hinterlaßen, alles weggenommen. Wie sie denn im güldenen Greifen einen Weimarischen Feldscherer sampt seiner Feldtruhen, welcher allhie geblieben und hernach wollen nach Hauß ziehen in Holstein, ertapt, übel gemartert und geschlagen, endlich mit sich hinweggefürt und, wie man gesagt, weilen er ihnen nit wollen dienen, auf dem Feld erschoßen“. MAHR, Monro, S. S. 157, bei der Einnahme der Schanze bei Oppenheim: „Als unsere anderen Leute sahen, daß das Schloß gefallen war, rannten sie los, die vorgelagerte Schanze zu erstürmen, in der sich neun Kompanien Italiener mit ihren Fahnen befanden. Ihre Offiziere sahen nun, daß das Schloß hinter ihnen überrumpelt war und daß der Angriff vor ihnen losbrach, da warfen sie ihre Waffen weg und riefen nach Quartier, die ihnen auch gewährt wurde. Ihre Fahnen wurden ihnen abgenommen. Da sie alle bereit waren, in unsere Dienste zu treten, wurden sie vom König Sir John Hepburn zugewiesen, der nicht nur ihr Oberst wurde, sondern auch ein guter Schutzherr, der sie in guten Quartieren unterbrachte, bis sie neu eingekleidet und bewaffnet waren. Aber sie zeigten sich undankbar und blieben nicht, sondern liefen in Bayern alle davon. Nachdem sie einmal die warme Sommerluft verspürt hatten, waren sie vor dem nächsten Winter alle verschwunden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70f. (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, daß die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. => Kriegsgefangene.
[42] Adolf Friedrich I. Herzog v. Mecklenburg-Schwerin [15.12.1588 Schwerin-27.2.1658 Schwerin].
[43] BALCK, Mecklenburg, S. 96.
[44] Vgl. KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 170f.
[45] Staßfurt [Salzlandkreis]; HHSD XI, S. 443ff.
[46] Bagage: Gepäck; Tross. „Bagage“ war die Bezeichnung für den Gepäcktrain des Heeres, mit dem die Soldaten wie Offiziere neben dem Hausrat auch ihre gesamte Beute abtransportierten, so dass die Bagage während oder nach der Schlacht gern vom Feind oder von der eigenen Mannschaft geplündert wurde. Auch war man deshalb darauf aus, dass in den Bedingungen bei der freiwilligen Übergabe einer Stadt oder Festung die gesamte Bagage ungehindert abziehen durfte. Manchmal wurde „Bagage“ jedoch auch abwertend für den Tross überhaupt verwendet, die Begleitmannschaft des Heeres oder Heeresteils, die allerdings keinen Anspruch auf Verpflegungsrationen hatte; etwa 1, 5 mal (im Anfang des Krieges) bis 3-4mal (am Ende des Krieges) so stark wie die kämpfende Truppe: Soldatenfrauen, Kinder, Prostituierte 1.-4. Klasse („Mätresse“, „Concubine“, „Metze“, „Hure“), Trossjungen, Gefangene, zum Dienst bei der Artillerie verurteilte Straftäter, Feldprediger, Zigeuner als Kundschafter und Heilkundige, Feldchirurg, Feldscherer, Handwerker, Sudelköche, Krämer, Marketender, -innen, Juden als Marketender, Soldatenwitwen, invalide Soldaten, mitlaufende Zivilisten aus den Hungergebieten, ehemalige Studenten, Bauern und Bauernknechte („Wintersoldaten“), die während der schlechten Jahreszeit zum Heer gingen, im Frühjahr aber wieder entliefen, Glücksspieler, vor der Strafverfolgung durch Behörden Davongelaufene, Kriegswaisen etc. KROENER, „ … und ist der jammer nit zu beschreiben“; LANGER, Hortus, S. 96ff.
[47] Bernburg [Salzlandkreis]; HHSD XI, S. 37ff.
[48] Calbe/Saale [Salzlandkreis]; HHSD XI, S. 65ff. Vgl. HERTEL, Geschichte der Stadt Calbe.
[49] Nienburg (Saale) [Salzlandkreis]; HHSD XI, S. 350f.
[50] Halle a. d. Saale; HHSD XI, S. 177ff.
[51] Sergeant [schwed. sergeant, dän. sergent]: Der Sergeant war Unteroffiziersdienstgrad. Der Feldwebel war ein vom Obristen oder Hauptmann eingesetzter Gehilfe in der Infanterie. Er wirkte zunächst an der Einteilung und Aufstellung der Schlachtordnung des Fähnleins mit. Im 17. und 18. Jahrhundert übernahm diese Funktion der Major/Obristwachtmeister, und im Zuge dessen beschränkten sich die Aufgaben des Feldwebels auf den inneren Dienst: auf Empfang und Ausführung der Kommandos der höheren Offiziere, die Abholung und Weitergabe der Losung an die Korporale und Gefreiten, die Aufsicht über die Disziplin der Compagnie und die Erfüllung der herrschaftlichen Dienstverpflichtungen, auf das Schreib- und Rechnungswesen. Der Feldwebel wurde teilweise auch Sergeant genannt, bei Artillerie und Kavallerie hieß er Wachtmeister. Im Schultheißengericht, der genossenschaftlichen und von den Kriegsherren weitgehend unabhängigen Rechtsinstanz in den Landsknechtsheeren (die im Laufe des Dreißigjährigen Krieges von den Unter[kriegs]gerichten abgelöst wurde) dienten Feldwebel als Gerichtsoffiziere. 1620 erhielt er in der kurbrandenburgischen Armee monatlich 15 fl. , der tägliche Unterhalt war 1631 mit 9 Groschen angesetzt.
[52] Recreir-Quartier: Erholungsquartier.
[53] WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 166.
[54] Joachim Ernst v. Krockow [Crakaw, Cracau, Crocko, Crockow, Crockaw, Cracou, Krackau, Krackaw] [1601-Sommer 1645 Danzig], schwedischer, dann kaiserlicher Generalwachtmeister.
[55] General(kriegs)kommissar [schwed. allmänt krig kommissionär, dän. generalt war kommissær]: Der General(kriegs)kommissar war das oberste Aufsichts- und Kontrollorgan für das gesamte Kriegswesen, Bevollmächtigter des Kriegsherrn zur Eintreibung von Kriegssteuern (Kontributionen), zur Kontrolle der Kriegskommissare und übernahm auch militärische Aufgaben. Nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) erhielt er monatlich 600 fl., bei der dänischen Kavallerie sogar 908 Rt.; OPEL, Der niedersächsisch-dänische Krieg 2. Bd., S. 171. Als Quartierkommissarius legte er darüber hinaus die Einquartierungen der Soldaten fest. (Der Quartiermeister bzw. Fourier sorgte dann für deren praktische Umsetzung). Der Generalkommissar, der entweder erfahrener Heeresverwaltungsbeamter oder selbst Obrist war, war der Dienstvorgesetzte aller dieser Kommissare, der wiederum seinen Anteil bei seinen untergebenen Kommissaren einforderte. Zudem waren die oft korrupten Generalkriegskommissare verpflichtet, alle Vorkommnisse im Feld und in der Garnison an den obersten Kriegsherrn einzuberichten, weshalb sie nicht zu Unrecht als die „Augen und Ohren“ etwa Maximilians I. bei der Truppe bezeichnet wurden. Sie besuchten bzw. kontrollierten die vom Hauptquartier entfernt operierenden oder liegenden Regimenter. Bei der Truppe waren sie aufgrund ihrer umfangreichen Kontrollfunktionen im Allgemeinen verhasst. Zudem hatten sie die Weisung, die Kosten der Kriegs- und Truppenfinanzierung zu senken und Reduktionen durchzuführen, was zu ständigen, teilweise handfesten Konflikten mit den Obristen als Kriegsunternehmern führen mussten, da die Generalkriegskommissare auch für den Transport und die Auszahlung des Soldes zuständig waren. Bei besonders unruhigen Truppenteilen waren sie auch für die Ausgabe der Munition zuständig. Der Generalkriegskommissar hatte zudem die Aufgabe, in den besetzten Gebieten nach lohnender Beutekunst (Altäre, Gemälde, Bücher etc.) Ausschau zu halten und gemäß seinen Weisungen zu beschlagnahmen. Der Generalkriegskommissar trat als Militärsachverständiger bei Liga-, Kurfürsten- und Reichstagen auf und war bei Friedensverhandlungen (z. B. beim Abschluss des Lübecker Friedens 1629) und Gesandtschaften beteiligt. Zum Teil kam er durch seine vielfältigen Aufgaben, Einnahmen (Sold etwa 5000 fl., Anteil an Kontributionen ca. 1800 fl. pro Jahr ohne diverse andere Einnahmen) und Belohnungen zu einem beträchtlichen Vermögen. Der Anteil der Kontributionsgelder an den Einkünften der Generalkriegskommissare und Kriegskommissare betrug bis zu 30 %. So erhielt z. B. der kurbayerische Kriegskommissar Christoph von Ruepp vom 18.1.1621 bis 30.4.1633 95.341 fl., davon 30.347 fl. Kontributionsgelder. DAMBOER, Krise, S. 51. Da die Generalkriegskommissare den Schriftverkehr mit der Kriegskanzlei bzw. dem obersten Kriegsherrn führten, gaben sie oft anders lautende, kritische oder auch gefälschte Berichte weiter. DAMBOER, Krise, S. 27: „Im Schreiben des Generalkommissars Schäfer an Maximilian vom 13. Dezember 1644 schrieb dieser, die Generalkommissare suchten nichts als des Kurfürsten und der Armada Interesse und würden trotzdem immer verfolgt, gehasst und beneidet“. Vgl. auch KAPSER, Die bayerische Kriegsorganisation, S. 101ff.; SAITOM, Das Kriegskommissariat der bayerisch-ligistischen Armee.
[56] Sigismund [Sigmund] Heusner [Heussner, Heußner, Häussner, Heysener, Heisener, Heißler, Heißner, S. v. Wandersleben] v, Wandersleben [17.4.1592 Coburg-12.4.1645 Wittenberg], schwedischer, dann kaiserlicher Generalkriegskommissar.
[57] WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 167.
[58] Hauptmann [schwed. Kapten, dän. kaptajn]: Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet. Ein halbes Jahr Militärdienst galt als ausreichend für die Übernahme einer Hauptmannsstelle. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner bzw. Anwärter auf eine Stelle, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl., was dem Gehalt des Zahlmeisters in der spanischen Botschaft in Wien entsprach, nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630), in der brandenburgischen Armee soll er dagegen 300 fl. erhalten haben. In besetzten Territorien wurde nach der Verpflegungsordnung Wallensteins (1629) 200 Rt. monatlich verlangt; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Ein kommandierender Hauptmann einer Streifschar aus einer Garnison erhielt quasi als Gefahrenzuschlag 59 Rt. 18 Alb. 4 Heller, sein Leutnant 28 Rt. 54 Alb. 6 Heller, jeder Soldat oder Reiter 5 Rt. 72 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156. Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.
[59] Johann [Johan, Hans Franciscus] v. Koppey [Koppen, Koppy, Coppy, Copy, Copi, Copie, Copey] [ -nach 1663], schwedischer Obristleutnant, Obrist.
[60] Erhard [Eric, Erich, Johann] v. Deibitz [Daubitz, Debitz, Debizer, Döbitz, Dewitz, Trebiß, Trebis, Tebitz, Teubing] [um 1594-14.3.1658], schwedischer Obrist. Vgl. STOLCH, Erhard Deibitz.
[61] WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 167.
[62] Kaspar Gadow [Gado] [ -Oktober 1636], schwedischer Obristleutnant, Obrist.
[63] Johann Christoph Reichsfreiherr v. der [van der] Grün [Green, Cruen] [18.3.1603 Pressath-1666], schwedisch-weimarischer Generaladjutant, Obrist. Vgl. GRÜN, Christoph von der, Des durchlauchtigsten Fürsten und Herrn Bernharden des Grafen Hertzogen zu Sachßen, Jülich, Cleve und Bergk höchst preißwürdigste Helden Thaten, welche Derselbe nach tödtlichen Abgang des Ehrwürdigsten Königs der Schweden, Gustavi Adolphi, biß an sein Seel. Ende, von Ao: 1632 biß 1639, verübet, wie solche von H. Johann Christoph von der Grün, Seel:; bey Höchstgedacht Sr. Fürstl. Durchl: gewesenen General Adjudanten, mit allen Fleiß auffgezeichnet, und auß dessen Annotatis in dieß Compendium verfaßet worden. Unveröffentlichtes Manuskript, Forschungsbibliothek Gotha, Handschrift Chart. B 67. Eine vollständige Internet-Edition wäre ein Gewinn.
[64] Güsten [Salzlandkreis].
[65] Gustaf Gustafsson af Vasaborg [24.4.1616 Stockholm-25.10.1653 Wildeshausen], 1637 greve af Vasaborg), ab 1647 greve af Nystad, unehelicher Sohn Gustavs II. Adolf, schwedischer Heerführer, Reichsrat, 1633 bis 1648 Administrator des Hochstifts Osnabrück.
[66] Krankenversorgung: Kranke und verwundete Soldaten blieben zumeist in Städten und Orten zurück und fielen diesen zur Last – sofern sie keine Familie als Schutzgemeinschaft im Lager besaßen – , obgleich man dort zum Teil die Aufnahme der Kranken aus Furcht vor der Ausbreitung von Seuchen und vor den Kosten verweigerte. Johann Ernst von Sachsen-Weimar war einiger der wenigen, denen das Wohl der Soldaten am Herzen lag. LANGER, Heeresfinanzierung, S. 296: „Derselbe Fürst [Johann Ernst v. Sachsen-Weimar] und Heerführer sandte im Herbst des Jahres 1625 an seinen Kriegsherrn, König Christian IV. von Dänemark, ein Memorial, das die Unterbringung und Versorgung von 4.000 kranken Soldaten betraf. Die Finanzierung oblag der Kriegskasse. Johann Ernst schlug vor, je zehn Kranke einer Pflegerin gegen einen Wochenlohn von einem Gulden anzuvertrauen. Es mußten also vierhundert ‚Weiber‘ gewonnen werden, dazu noch drei bis vier Ärzte, ein Apotheker und ‚etliche Prediger‘, letztere für ein Monatsentgelt von 25 Gulden. Die Verpflegung sollten umherfahrende Marketender liefern gegen Barzahlung, die aus dem Pflegegeld abgezweigt wurde. Nach diesen Angaben war bei gleichbleibender Krankenzahl eine wöchentliche Ausgabe von weit über 400 Gulden nötig. Es scheint allerdings, daß ein solcher Aufwand mit untauglichen Söldnern eher selten war“. Verwundete erhielten z. B. im Neumarkter (Oberpfalz) Lazarett 1647: ein gemeiner Soldat wöchentlich 1 fl. 30 kr.: ein Feldwebel oder Korporal täglich 18 kr.; RIED, Neumarkt, S. 106. Finanziert wurden die Spitalkosten über die erhobenen Kontributionen. Daher liegen die Kosten für die medizinische Notversorgung, für das Feldspital (ein studierter Arzt erhielt etwa 260 fl., der „Chirurgus“ 60 fl. monatlich), in der Hauptkostenrechnung nur bei 1 %. Allerdings sorgten die kranken Soldaten in den Städten auch für Unruhe; Aus dem Memorial der Paderborner Regierungskanzlei, 26.9.1636, für den kaiserlichen Obristen Wilhelm v. Westphalen; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 175: „Alhie verbliebene krancke soldaten und sonderlich von Rabischen [kaiserlicher Obrist Johann Raab; BW] regiment stellen sich fast mutwillig an, in deme dieselbe nicht allein ihr logament ruiniren, alles darin verbrennen, und [solchen fast groß = gestrichen] solche feur anlegen, daz auch die benachbarte [Nachbarn; BW] ja die gantze stadt daruber in gefahr kommen sollte, sondern sich auch so weit verkünnen, daz sie nicht schewen den burger die schweine abzunehmen und zu schlachten“. MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Teil, S. 615: „Der Erzherzog [Leopold Wilhelm; BW] hatte, weil Zaradecky bey ihm anhielte, ein Schreiben an Lodron und Beierlein ausfertigen laßen, daß die Stadt über 500 kranke Soldaten einnehmen, verpflegen und mit Arzneyen versehen solle. Auf inständiges flehentliches Bitten D. Höfels versprach der Erzherzog die Stadt zu verschonen und die Kranken auf die Dörfer zu legen. Nichts destoweniger kam den 21. Mai ein Schreiben, daß die Stadt gedachte Soldaten in ihre Dörfer nehmen und sie 14 Tage lang obgedachter Maßen verpflegen sollte. Es blieb aber auch nicht bey den zu der Stadt gehörigen Dörfern, sondern täglich kamen welche in die Stadt, die man in das Waisenhaus und in die Bürgerscheune legte“. Aus Heilbronn wird anlässlich der Belagerung im Dezember 1631 über die einquartierten Lothringer berichtet; JÄGER, Geschichte der Stadt Heilbronn, 2. Bd., S. 206: „Die Bürger der Stadt verweigern dem General Oßa nicht nur die Hülfe, sondern schleppen auch in der höchsten Erbitterung die mit der ungar’schen Krankheit behafteten Soldaten der Besazung aus den Häusern, und werfen sie auf den Mist“. Der Jesuit Jeremias Drexel, der Maximilian I. auf dessen böhmischen Feldzug 1620 begleitete, nannte die Spitäler bezeichnenderweise „Krankenställe; RIEZLER, Kriegstagebücher, S. 88.
[67] WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 167.
[68] Arvid (Alexander, Artweh) Freiherr v. Forbes [Fin-Forbes, Finnesse-Forbes, Forbes den Aldre, Forbus, Forbusch, Vohrbuß, Vohrbris, Vorbusch, Forburg, „Sorbus“] [15.1.1598 Borgå, Finnland-20.1.1665 Stettin], schwedischer Generalmajor. MURDOCH, SSNE ID: 2227.
[69] Finnen [auch hagapells, hakkapeller genannt, nach hakkaa päälle: hau drauf]: Sammelbegriff für Finnen, Lappen und Finnlanddeutsche im schwedischen Heer. Bei den finnischen Verbänden wäre zu differenzieren zwischen Finnländern und Finnlandschweden (Soumen Ruotsalaiset), Deutschen in Finnland. Es gab drei Kavallerieregimenter aus dem finnischen Landesteil Schwedens: Nylands och Tavastehus läns kavalleriregemente, Åbo och Björneborgs läns kavalleriregemente sowie Viborgs och Nyslotts läns kavalleriregemente. Vgl. die zahlreichen Arbeiten von PLEISS. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. In der schwedischen Propaganda wurden die Finnländer – als „Truppe des Schreckens“ – als Pendant zu den in kaiserlichen Diensten stehenden Kroaten aufgebaut, die Gustav Adolf als des „Teufels neuen Adel“ bezeichnete. Die Wirklichkeit jedoch sah anders aus, auch wenn sie von Zeitgenossen als wild und brutal beschrieben wurden. Zudem standen sie im Verdacht, Wetter machen zu können und den Teufel anzubeten. Vgl. WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 241 (1647): „So ist aber ein solches ungewüdter, luft, saußen und braußen eben zur selben zeit, wol 2 oder 3 tag und nacht lang, angestanden, daß vermaint, eß werde alle heyßer und palest zue haufen werfen, also und daß sich kain schüff von dannen sich möchte bewögen; hat man auch gänzlich dafürgehalten, haben solches (weilen diese Lapp- und Seeländer in dißer und dergleichen hexen- und unholden künsten wol erfahren und bey ihnen für ain freye kunst gehalten und paßirt) ungewidter selbsten gemacht und verzoberet. Dan man für gewiß gesagt, dass ain ganzes regiment under ihnen dem schwarzen Caspar ergeben und verschriben seye, welcher ihnen den weg naher dem Haagen als vorher geloffen und paßiert. Wie dan auch von Eyßne oder Kämpten wird bericht, daß sie ihnen den M. Hämmerlein in ainem glaß gezaiget: diß seye ihr obrister, deme seyen sie verlobt und geschworen, deßen seyen sie mit leib und seel versprochen, dere ihnen trewlich halt und sie ihme redlich dienen“. Auch in Zeitzeugnissen wurden sie als „gottlose, schändliche Menschen, Saumagen“ bezeichnet (so WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 46). Aus Staßfurt wird unter 1639 berichtet; GEISS, Chronik von Staßfurt, S. 135: „Den 20. Octobr. wurde unser Lieutenant mit seinen Soldaten abgefordert. Die folgenden Tage mußten wir einen Fähnrich mit ungefähr 50 Finnen und Teutschen, Reiter, denen theils die Pferde gestorben, theils vom Feinde abgenommen waren, und die sich hier wieder beritten machen sollten, ins Quartier nehmen. Es war muthwilliges Gesindel, das sich nicht commandiren lassen wollte. Den 9. November zogen diese Finnen wieder nach Quedlinburg, weil der Fähndrich sich beklagt hatte, daß er sie weder mit Worten noch mit Prügeln zwingen könnte“. Die Finnländer – „von Natur aus gesetzlose Viehdiebe“ (BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 56), die anfangs noch unzureichend montiert zum Teil mit Pfeil und Bogen in den Kampf zogen – standen sozial auf der untersten Stufe des schwedischen Heeres, wurden bei Angriffen als erste aufgeopfert und zu Arbeiten herangezogen, die der gewöhnliche Soldat ablehnte oder nur unter Zwang verrichtete. Sofern eine Entlöhnung überhaupt erfolgte, wurden sie regelmäßig vergessen, oder es wurden ihnen nie eingelöste Verschreibungen ausgestellt. Obwohl die Finnländer nur geringe Chancen hatten, sich in Deutschland in Sicherheit zu bringen, war ihre Desertionsquote mindestens doppelt so hoch wie diejenige der schwedischen Soldaten. Jeder 5. Finne desertierte. Zwischen 1638-1649 waren 15.933 regulär Eingezogene nach Deutschland gebracht worden, daneben Geworbene und Gezwungene. Finnische Reiterregimenter wurden z. B. schlechter besoldet als nationalschwedische. Vgl. die Äußerungen Axel Oxenstiernas über die in Königshofen im Grabfeld liegenden Finnen gegenüber dem schwedischen Statthalter in Franken, Krafft von Hohenlohe, Schleusingen, 1632 XI 27; PLEISS; HAMM, Dreißigjähriger Krieg, S. 49: „Wie ich vorgestrigen dages nahe Königshofen offen, befinde ich die wenige Finnen, so daselbst in Guarnison ligen, zimblich nackhendt und unbeklaidt, auch etwas verdrossen daß sie so gar übel accomodiret, dannenhero sie auch umb dimission, inn ihr vatterlandt widerumb zu ziehen, mir instendig nachgeruffen. Weil dann ich sie zur verdrossenheit ohnedem geneigt weiß, zumahlen sie eine so geraume zeit hero stets an selbigem ort inn guarnison gelegen, unnd nicht wie andere knechte, so zu felde gebrauchet werden, ihnen etwas profit machen oder unnterhalt verschaffen können … bitte, die anordnung zu machen, daß von der regierung daselbst zu einem kleidigen ausgetheilet werde, damit sie gleichwol inn etwas contentement und ergetzlichkeit wider haben mögen“. Vgl. auch BECK, Chronik, S. 26 [Schweinfurt 1631]: „Mit dem König war auch ein Regiment Finnen zu Pferde eingezogen, und hatte auf dem Markte Halt gemacht. Ihr schwaches und mattes Aussehen, ihre geringe, wetterfarbene Bekleidung, ihre kleinen und unansehnlichen Pferde ließen eben nicht viel erwarten, und hätte nicht die Welt von ihren Thaten zu Leipzig gehört gehabt, hätte man wohl fast zweifeln mögen, ob sie auch einen Marsch bis Würzburg auszuhalten im Stande seien. Aber die Bewunderung abnöthigende Schnelligkeit ihrer Bewegungen und die prompte Ausführung jedes Commando’s, ja jedes Winkes der Offiziere erweckte bald bessere Begriffe, die sich, da man noch nicht so ganz wußte, wie die Sache ablaufen werde, allmählig beinahe in Furcht verwandelten“. Vgl. auch die zeitgenössische Einschätzung; GOTTFRIED, ARMA SVEVICA, S. 72: „An den Finnen und Schweden hette der König diese Vortheil: 1. Könnten sie Frost vnd Kälte besser als Hitze vertragen. 2. Lieffen eher nicht / biß sie gleichsam mit der Natur fechten müsten. 3. Behülffen sie sich kläglich. 4. Ohne alle Meutenacion. 5. Weren vnverdrossen / vnd mit devallisiren fest nit zu erschöpffen / so weit es nicht leicht ein ander Herr mit seinen Vnterhanen gebracht“. Bei dem Rothenburger Chronisten Dehner heißt es unter 1632; HELLER, Rothenburg, S. 94f.: „lauter Schweden und Finnen, darunter auch Lappländer und Irrländer gewest, die hat man den Burgern einquartiert bey 8. 9. 10. u. mehr, haben mit den Burgern für gut genommen, mit ihnen gebetet und gesungen fast in allen Quartieren“. In den Generalstaaten hieß es im August 1633; PLEISS, Der Zug, S. 27: „Ist wacker Volk, die allezeit unter des Königs Batalien gewest seyn … Solche Macht und wacker Volk hat man niemalen in diesen Landen gesehen“. Das „Theatrum Europaeum“, 3. Bd., S. 108f., unter 1633: „Die Schwedische vnd Finnen allesampt ansehenliche starcke starcke Männer / machten die andern Niderländer in dreyen Dingē schamrot / nemlich 1. in Gehorsam / 2. in Ordnung / vnd 3. in Gottesforcht / dann alle Morgen / wann sie auffbrachen / schlossen sie einen Ring / vnnd auff den Knien rufften sie Gott an / beteten vnd sungen / etc“. Ein zeitgenössischer Beobachter schreibt in einem Flugblatt „Schreiben Auß Dem Königklichen Schwedischen Läger. o. O. 1631, S. 43“: „Muß man derhalben rund bekennen daß dem König seine Schweden und Finnen trewlich dienen: Die Finnen sind der mehrtheils kortze Leut ihrer statur halben / aber darbey hertzhafft vnd der Arbeit gewonnet / leben mit wenigem / behelffen sich karglich: wüssen von Wollüsten vberal nichts: den Teütschen Lufft auch mitten im Winter finden sie gar zam / gegen dem ihrigen gehalten. Es sind rechte Eisenbeisser / die niemahlē von hinden sind verwundet worden. Welcher vnder ihnen dem Feind wurde den rucken kehren / der wirdt nie für ihren Landtsman gehalten. Vnnd ist freilich lächerlich / wer die sicht aufziehen. Sie haben Schleiffstein an der seiten hangend / vnnd so bald man anhebt zum Lermen vnnd träffen die Trommel rühren / so wetzen sie ihre dägen / von weitem meint einer nichts ander alsdann es were eine schaar Metzger / oder in hauffen der beysammen / da ein stuck matten solten abmeyen: Aber es laßt sich nicht mit ihnen schimpfen weil es ernst gilt. Der inneren Finlenderen spraach ist gantz von der Schwedischen Nortwegischen / Gottischen vnd Dennenmärckischen / die da vberein stimmen / gescheiden / vnnd ist allein den Finlenderen gemein vñ den Mitternächtigen Völckeren / welche man Lappen nennet“. Zum Teil waren sie noch aus Mangel an Ausrüstung noch mit Bogen bewaffnet. Kommandierender der 1. Finnen-Schwadron war Torsten Stålhandske. Vgl. LANGER, Formen der Begegnung, S. 84f. Zum zeitgenössischen Bild der Lappländer (auch sarkastisch „Lippenländer“, etwa „gefräßige Personen“ genannt) vgl. OPEL; COHN, Dreißigjähriger Krieg, S. 242ff. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. Nach dem Krieg wurden zerstörte Orte wie z. B. Torgelow [LK Uecker-Randow/Mecklenburg-Vorpommern] auf Befehl Christinas von Schweden mit Finnen und Livländern neu besiedelt. Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; 1625 soll Banérs Armee bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) meist als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Eine Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die von Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, und den von den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten bastanten Armeen erscheint jedoch überflüssig. Nach ENGLUND, Die Verwüstung Deutschlands S. 76, waren 1630 bereits jeder 10. Schwede und jeder 5. Finne desertiert. Nach LUNDKVIST, Schwedische Kriegsfinanzierung S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 1651 wurde festgestellt, dass 50 % der Kavallerie und 41 % der Infanterie aus Finnen bestand; PLEISS; HAMM, Der Dreißigjährige Krieg, S. 41. Nach GUTHRIE, The Later Thirty Years War, S. 59, soll Banérs Armee im Juli 1638 um 9.000 Schweden und 5.000 Finnen verstärkt worden sein, was wohl zu hochgegriffen erscheint. Zu den Verlusten LINDEGREN, Frauenland, S. 145: „Grob gerechnet kann man behaupten, daß in der ganzen Periode von 1620 bis 1720 ca. 75 % aller Todesfälle auf Krankheiten und andere Entbehrungen zurückzuführen sind. Ca. zehn Prozent starben in Kriegsgefangenschaft. Die restlichen 15 Prozent fielen bei Kampfhandlungen. Ungefähr ein Drittel dieser direkt kampfbezogenen Todesfälle geschah im übrigen im Zusammenhang mit Belagerungen. Große Feldschlachten und kleinere Gefechte forderten im allgemeinen nicht besonders viele Todesopfer, vergleicht man sie mit dem Alltag des Krieges. […] Die Zahl der toten Soldaten kann total auf 1,7 Millionen geschätzt werden. Von diesen starben gut eine Viertel Million im Feld oder infolge von Kampfhandlungen; gut eineinviertel Millionen fielen dem ‚Alltag des Krieges‘ zum Opfer“. => Mortalität.
[70] Melchior [Jacob ?] v. Kriechbaum [Kriegbaum, Krigbaum, Krichbaum, Kirchbaum, Krockerum] [ -15.3.1639 in Wien enthauptet], schwedischer Obrist.
[71] Christoph Heinrich v. der Goltz [1.1.1600 Klein Mellen-9.9.1643 Damitz], schwedischer Obrist. Vgl. die Erwähnungen bei mdsz.thulb.uni-jena.de/anhang/person_gesamt.php; SCHWARTZ, Neumark; BERG, Regulating war, S. 60f.
[72] Quartiermeister [schwed. kvartermästare, dän. kvartermester]: Bei Einquartierungen in Dörfern und Städten besorgte der Quartiermeister, in Abstimmung mit den lokalen Obrigkeiten, von den Bewohnern Unterkunft und Verpflegung für die Kompanie. Zunächst wurde der Stab einlogiert, dann wurden die Quartiere für die Hauptleute bestimmt. Die Kompanie des Obristen hatte die weitere Wahl, dann die des Obristleutnants, darauf die des Obristwachtmeisters. Die restlichen Kompanien spielten die übrig gebliebenen Quartiere unter sich aus. Das führte bei engen Quartieren teils zur Überbelegung bei den einzelnen „Wirten“, teils zum Kampieren unter freiem Himmel auf dem Markt, was zu Unruhen führen konnte. Dem Quartiermeister, der je nach Truppengattung zwischen 40 und 60 fl. Monatssold erhielt – In besetzten Städten (1626) wurden z. T. 80 Rt. monatlich erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15) – , war die Kriegskasse anvertraut. Dazu kamen allerdings erhebliche Nebeneinkünfte der meist korrupten Quartiermeister, die dieser mit dem Obristquartiermeister teilte. Von 1.000 Rt. Beute und Ranzionsgeldern standen ihm 26 Rt. 51 Alb. 3 Heller zu. Die Quartiermeister operierten sehr oft mit gefälschten Listen der einzuquartierenden Soldaten, um die Differenzbeträge in die eigenen Taschen zu stecken. Der Regimentsquartiermeister Bartelme Vogel schrieb am 4.7.1648 aus Landshut an den Abt der Benediktinerabtei Prüfening, Matthias von Trauner ?; SOLMS-LAUBACH; MATTHAEI, Wetterfelder Chronik, S. 67, Anm. 1: „weil ihn der Abt nicht so viel gewürdigt, daß er ihm sein jüngstes Schreiben mit einem einzigen Wort beantwortet noch viel weniger einen einzigen Heller oder dergleichen zur Zehrung geschickt hatte, ‚da doch’, fährt der Schreiber fort, ‚alle meine Kammeraten von ihren Ortern zu 2 : 3 : 4 : Im die 500 Rthr. neben ihrer Zehrung Schon auf rechnung hieher bekommen haben vnd darf Sich der Herr (nämlich Abt) gar nicht einbilten, das er So sehr werde aufgehen, oder aber ich Seinetwegen alhier mein eigenes Gelt verzehren will, Stellt sich der Herr (Abt) mit diessem Botten nicht ein, So Soll er versichert Sein, daß nicht allein sein Gloster vnd Dörffer, Sondern alles da herumb ligente Getreit Am lengsten soll gestanden haben, den alhier vber 400 Pfert vorhanten, die auff Anders nichts warten, alls das Sie die vngehorsamen darunter der herr der furnehmsten einer ist mit feuer vnd Schwert Strafen Sollen, welches ich dem Herrn mit wenigen zur Nachricht vermelten vnd vor Schaden gewarnt haben will, hab Jüngstens für meinen herrn Obristen eines hantpferdes vnd f ü r m i c h e i n e s guten Glöpers (Kleppers, Gauls) gedacht, aber derowegen kein Antwort bekom, allem vermerckhen nach mus der herr nicht wissen was die Regiments Quartirmeisters Scharschy (Charge) auf Sich hat, den Sonst würt er mir mit anderer Disgrezion begegnen, hat aber nichts auf Sich Soll ihm schon in einem andern vergolten werden Sonst für dißmahl ein mehrers nicht alls Gott bevohlen“. Zudem führten Quartiermeister auch kleine Streifkorps an.
[73] WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 168.
[74] Schlacht bei Wittstock am 24.9./4.10.1636: Schwedische Truppen (9150 Berittene und 7228 Infanteristen) unter Johan Banér schlagen die kaiserlich-sächsischen Truppen (9000 Berittene und 9000 zu Fuß) unter Melchior von Hatzfeldt. Dadurch konnten die schwedischen Kontributionsgebiete wieder ausgeweitet werden; Banér hatte bewiesen, dass mit Schweden als Militärmacht in dieser Kriegsphase wieder zu rechnen war. Vgl. Eigentlicher Verlauff Des Treffens bey Wittstock / etc. vorgangen den 4. October / 24. September 1636 [VD17 23.313240S]. Vgl. die hervorragende Edition von EICKHOFF; SCHOPPER, 1636; MURDOCH; ZICKERMANN; MARKS, Battle of Wittstock; ferner HÖBELT, Wittstock; HEßELMANN, Simpliciana XXXIII. – Wittstock [LK Ostprignitz/Wittstock]; HHSD X, S. 394ff.
[75] RUDERT, Kämpfe, S. 144ff.
[76] […], Chronik von Gibichenstein, S. 197.
[77] N Oettinger [ – ], kaiserlicher Hauptmann.
[78] Halloren: Halloren waren die Salzarbeiter, die ursprünglich im „Thale zu Halle“, dem heutigen Hallmarkt, lebten und in der Saline das „weiße Gold“ gewannen. Als Hallenser hingegen wurden die Händler und Bürger bezeichnet, die um den höher gelegenen Alten Markt, den heutigen Marktplatz, gelebt und mit Salz gehandelt haben. Hallunken schließlich mussten sich die Bewohner der heruntergekommenen Vorstadt Glaucha nennen lassen.
Heutzutage werden Halloren jene genannt, die Mitglieder der Bruderschaft der Salzwirker im Thale zu Halle sind. Hallenser bezeichnet die in Halle geborenen Menschen, während die Zugezogenen scherzhaft „Hallunken“ genannt werden. Ein Hallunke kann niemals ein Hallore werden, ein männlicher Hallenser aber schon, wenn er nachweisen kann, dass ein Mitglied seiner Familie einmal in der Salzgewinnung tätig war [wikipedia].
[79] KNAUTH, St. Noritzburg, S. 39f.
[80] Pirna [LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge]; HHSD VIII, S. 276ff.
[81] Patrick Kyninmonth [Kynninmonth, Kinnemond, „Künemund“, Kinninmonth, Kinninmond, Kinimund, Kyninmont, Künemund, Kynemund] [Calensk/Schottland -Oktober 1647 Prag], schwedischer Obrist.
[82] Samuel [v. ?] Österling [Osterling] [1604-30.11.1647], schwedischer Obrist.
[83] SPECK, Zur Geschichte, S. 83f.
[84] Copitz, heute Stadtteil von Pirna.
[85] Johann Siegmund v. Liebenau [1607-14.9.1671], kursächsischer Obristleutnant. Vgl. UHLMANN, Johann Siegmund v. Liebenau.
[86] Schotten: Von 1626-1632 dienten 25.000 Schotten unter Christian IV. u. Gustav Adolf, was etwa 10 % der Gesamtbevölkerung Schottlands entsprach; PARKER, Military Revolution, S. 200, Anm. 17. 1630 hatte Gustav Adolf 13 Schottenregimentern mit fast 1.000 Offizieren unter seinem Kommando; MINHA, Walter Graf Leslie, S. 139, Anm. 23: Damit „wurde das Schwedenheer zur großen Kriegsschule des anglo-schottischen Adels für den späteren Machtkampf zwischen König und Parlament in der Heimat“. Zur Motivation schottischer Söldner MAHR, Oberst Robert Monro, S. 54: „Hier ist auch zu sehen, dass der Baron von Foulis edlen Andenkens es nicht für eine Beeinträchtigung seines Ansehens hielt, zuerst meinem Lord Reay und seinem Regiment als Freiwilliger zu folgen, bis er einige Gefechte gesehen und einige Erfahrung gesammelt hatte. Dann begann er mit einer Kompanie und wurde zuletzt mit Ansehen Obrist eines Regiments zu Fuß und zu Pferd. So ermunterte er andere seines Namens und seiner Verwandtschaft, seinem Beispiel zu folgen und ehrenvoll im Ausland zu leben, anstatt ihren Freunden zu Hause, wie es viele tun, zur Last zu fallen. Dabei müssen sie, wie wir in Schottland sagen, für einen halben Laib Brot springen, während andere aufgrund ihrer Tapferkeit nobel im Ausland leben, sich Diener leisten können und von silbernen Tellern speisen“. In erster Linie heranziehen ist die große Datenbank von Steve MURDOCH, SSNE; dort auch jeweils die neueste Literatur, bzw. dessen Veröffentlichungen => Literaturregister. Bei der Zusammensetzung der schwedischen Armee Gustavs II. Adolf bis Ende 1632 werden folgende Zahlen angenommen: Schweden 8.000 (5, 5 %), Finnen 3.000 (2, 0 %), Deutsche Söldner: Alte Regimenter (vor Juli 1630 aufgestellt) 15.000 (10, 5 %) Neue Regimenter 65.000 (44, 5 %) Britische Söldner 7.000 (5, 0 %) Verbündete: Sachsen 17.000 (11, 5 %) Brandenburg 6.000 (4, 0 %) Hessen-Kassel 6.000 (4, 0 %) Mecklenburg 4.000 (2, 5 %) Stadtmilizen ca. 15.000 (10, 5 %) Gesamtzahl 146.000. Von diesen ca. 150.000 Mann war etwa die Hälfte im Garnisonsdienst eingesetzt, der Rest war auf die verschiedenen Armeekorps aufgeteilt, deren Größe zwischen 3.000 und 20.000 Mann lag. Im Falle einer möglichen Schlacht wurden diese dann vorübergehend zusammengezogen. Angaben nach BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 69; ENGERISSER, Von Kronach. Je nach Kriegslage schieden nach Gustav II. Adolfs Tod Verbündete wieder aus, der Anteil der Deutschen unter schwedischer Fahne stieg jedoch weiter an. Vgl. MILLER, Swords for hire. Vgl. das Beschwerdeschreiben Wernigerodes über Hamiltons Schotten (1632); NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 108: „die hier liegenden Schottischen Soldaten wollten mit ihren Wirthen und deren Lägern nicht zufrieden sein, trieben die Leute aus ihren Ehebetten, brächten Gesellschaft mit, gingen mit Sporen und Stiefeln zu Bett, aus denen sie dreitätige Kindbetterinnen jagten. Würde ihnen etwas gesagt, prügelten sie die Leute; sie vernichteten ihrer Wirthe Handwerkszeug. Kein Quartier sei ihnen gut genug, sie wollten stattliche Palatia haben. Wären die Wirthe nicht zu Hause, schlügen sie die Thüren ein. Der Oberste perturbire den Magistrat in seinen Rechten, indem er die Preise der Dinge vorschreibe, unter den Vorgeben, der Rath setze sie ihm zum Tort so hoch. Wollte man diese Waren für diese Preise nicht hingeben, so drohte er, sie gerade wegzunehmen“. Der Osnabrücker Schuhmacher, Amtsbote und Chronist Rudolf von Bellinckhausen [1567-19.3.1645] unter dem 24.4.1637; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischenn handlung, S. 354: „Am gemelten tage sein widerumb uber 300 zu fuß von unteutschen volck als Ihrländer, Schotten und Engels[chen] in unser stad kommen, arm, nackt und viel jungs volcks“. HÄVECKER, Chronica und Beschreibung, S. 96 (Calbe 1642): „Uber dieses ist dieser Ort auch mit Theurung und Hungersnoth nicht verschonet geblieben. Denn Ao. 1642. hat ein Scheffel Rocken 3. Thl. und mehr gegolten / und man das Getreyde allhier nicht einmal darum erlangen können / sondern es hat dasselbe von andern Orten müssen geholet werden; Die nun kein Geld gehabt / es so theur zu bezahlen / haben sich mit geschroteten Bohnen / Erbsen- und Gersten-Brod behelffen müssen / so aber auch beynöthig gewesen. Dahero viel arme Leute statt des Korns / mit Knoten-Kafft / Wurtzeln aus der Erden sich sättigen / und das Kraut auf dem Felde kochen und essen müssen. Und weil eben in derselben Zeit die Engel- und Schottländer in der Stadt gelegen / sind derer viel wegen Mangel des Brods gestorben / und haben einige den Hunger mit Pferdefleisch zu stillen gesuchet / und das Fleisch des verreckten Viehes gegessen“.
[87] Bad Gottleuba-Berggießhübel [LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge].
[88] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[89] Rathen [LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge].
[90] Geising, heute Stadtteil von Altenberg [LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge].
[91] Neustadt in Sachsen [LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge].
[92] Sebnitz [LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge].
[93] Bad Schandau [LK Sächsische Schweiz-Osterzgebirge].
[94] Kontribution: Kriegssteuer, die ein breites Spektrum an Sach- oder Geldleistungen umfasste, wurden im Westfälischen als „Raffgelder“ bezeichnet; SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, Nr. 45, S. 127; LEHMANN, Kriegschronik, S. 34, Anm. (1632): „Contribution eine große straffe, Sie erzwingt alles, was sonst nicht möglich ist“. Sie wurde auf Grundlage einer Abmachung zwischen Lokalbehörden (zumeist Städten) und Militärverwaltung erhoben. Teilweise wurde den Juden eine Sondersteuer auferlegt (HOCK, Kitzingen, S. 92), um sich selbst einer zusätzlichen Belastung zu entziehen. Die Kontribution wurde durch speziell geschultes, z. T. korruptes Personal (vgl. WAGNER; WÜNSCH, Staffel, S. 122ff.) zumeist unter Androhung militärischer Gewalt oder unter Androhung des Verlusts des Bürgerrechts (das in Erfurt seit 1510 ab dem 16. Lebensjahr erworben werden konnte), des Braurechts, der Benutzung der Allmende, den säumigen Bürgern „das Handwerk zu legen“ etc. (vgl. NÜCHTERLEIN, Wernigerode), und der Zunagelung der Haustüren (JORDAN, Mühlhausen, S. 76 (1633)) eingetrieben. Den Zahlenden wurde als Gegenleistung Schutz gegen die Übergriffe des Gegners in Aussicht gestellt. Nicht selten mussten an die beiden kriegführenden Parteien Kontributionen abgeführt werden, was die Finanzkraft der Städte, Dörfer und Herrschaften sehr schnell erschöpfen konnte. Auch weigerte sich z. T. die Ritterschaft wie im Amt Grimma erfolgreich, einen Beitrag zu leisten; LORENZ, Grimma, S. 667. Vgl. REDLICH, Contributions; ORTEL, Blut Angst Threnen Geld, der diese Euphemismen für Erpressungen, erwartete oder erzwungene „Verehrungen“ etc. auflistet. Der Anteil der Kontributionsgelder an den Einkünften der Generalkriegskommissare und Kriegskommissare betrug bis zu 30 %. So erhielt z. B. der kurbayerische Kriegskommissar Christoph von Ruepp vom 18.1.1621 bis 30.4.1633 95.341 fl., davon 30.347 fl. Kontributionsgelder. DAMBOER, Krise, S. 51. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 268, über die schwedische Einquartierung Dezember 1633 in Osnabrück: Die Soldaten „sagen und klagen, sie bekommen kein geld, da doch stets alle wochen die burger ihr contribution ausgeben mußen, dan das kriegsvolck sagt, das ihr obristen und befehlhaber das geldt zu sich nehmmen und sie mußenn hunger und kummer haben, werden zum stehlen verursacht“. Der Flussmeister und Advokat Johann Georg Maul [? – nach 1656)] (1638), WAGNER; WÜNSCH, Staffel, S. 121: „Weil ich nun zu dieser Contribut[ion] wöchentlich 7 f geben müssen und nicht allemahl sogleich bezahlet habe, bin ich und die Meinigen zu verschiedenen mahlen ohngewarneter Weisse überfallen worden, und man hat mich dermaasen gequälet und gemartert, dass es einen Steine in der Erdte erbarmen möchte, sonderlich in der Heilgen Zeit, am 5. Jan[uar] 1638, da ich eines kleinen Resto wegen von 6 vollgesoffenen Soldaten, der einer, der Berth genannt unter dem Obristen [Heinrich; BW] von Schleiniz, den Degen über mich gezogen, mein Weib, so dazwischen gelaufen, am Arme verwundet, den Gürtel von Leibe in drey Stücken gerissen und solche Grausamkeit verübet, dass es nicht zu beschreiben, vielweniger von Christlichen Menschen geglaubet werden kann, mitler weile, als dieser Berth also mit mir chargierte, haben die andern 5 Bösewichter gemauset, was sie angetroffen, unter andern mir einen Fisch Otter, so man an die Arme stecket, mein Kamm Futter mit aller Zugehör vor 5 f, allerhand Geräthe ohngefähr 8 f, so ich nicht wieder bekommen können“. Aus der Stausenbacher Chronik des Caspar Preis für 1648, ECKHARDT; KLINGELHÖFER, Bauernleben, S. 69: „Im Jahr 1649 in dem Monadt October seind wir einmal der Hessischen Conterbutzion erleitigt worden. Dem allmächtigen, ewigen, barmhertzigen, liben, trewen Gott, dem Vatter aller Gnaden, sey ewigen Lob, Ehr und Preiß gesagt in alle ewigkeit. Amen. In dem schweren Joch der hesischen Conterbutzion seind wir gemartert, gepeinigt und gequället worden zwantzig gantzer Jahr. Ach du mein Gott und mein Herr, wie mancher armer redtlicher ehrlicher Man hatt doch das Seinige musen verlasen und mit dem Rück ansehen und sich in die Fremde begeben musen wegen der Conterbutzion und des gemarterten Bludtgelts. Es ist doch in Wharheit nichts anders dan der armen Leuth Schweiß und Blutt“. Der Anteil der Kontributionsgelder an den Einkünften der Generalkriegskommissare und Kriegskommissare betrug bis zu 30 %. So erhielt z. B. der kurbayerische Kriegskommissar Christoph von Ruepp vom 18.1.1621 bis 30.4.1633 95.341 fl., davon 30.347 fl. Kontributionsgelder. DAMBOER, Krise, S. 51. Die Kontribution wurde oft auch zweckentfremdet; vgl. SEMLER, Tagebücher, S. 23 (1633): „Man sagt, daß die von Bodman ohngefahr 30 thaler für ihre contribution dem obrist leüttenant [Edlinstetten; BW] alhie, alß ihrem vettern, zu hannden gestellt, darmit sie ihme genůgsambe satisfaction geben, er aber diß gellt dem apotegger zutragen laßen mit begeren, solle ihme darumb confect schickhen. Da man vnß aber bereden wollen, auß disem contribution gellt werde man die soldaten beklaiden vnd in daß veld ausstaffieren“. Die ausführlichste Darstellung der Erpressung von Kontributionen durch Besatzungstruppen findet sich bei NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 73ff. => Hrastowacky in den „Miniaturen“.
[95] „unnatürliche Speisen“: GÜTHEN; SCHAUBACH, Poligraphia Meiningensis, S. 257f. (1637) „In diesem vorhergehend- und nachfolgenden beyden Jahren ist so eine elende und erbärmliche Zeit gewesen, daß es fast nicht zu beschreiben, und die Nachkommene kaum glauben werden. Krieg, Pestilentz und Hunger haben über alle massen überhand genommen, wie denn zumal in diesem und vorhergehendem Jahr es so theuer worden, daß das Maaß Korn biß auff acht und zwantzig Patzen gestiegen und ein Pfund Brod siebenzehen Pfennig gegolten. Und weil wegen des leidigen Kriegs-Wesen kein Geld mehr unter den Leuten war, musten die meisten sich mit Kleyen, Wicken, gemahlenen Eicheln, aus welchen sie Kuchen und Brey machten, It. gesottenem Graß, so weder gesaltzt noch geschmeltzt war, so wol von verstorbenen Pferd und Ochsen behelffen, wie denn die armen Leut, weil sie es in die Stadt nicht wol tragen durfften, draußen auff dem Obern-Rasen grosse Feuer gemacht, dasselbe gesotten und gebraten. Und hat man damals offt die Leute hinter den Zäunen, daß ihnen das Schind-Fleisch oder gekochtes Graß noch im Maul, tod gefunden, welches denn jämmerlich und elendiglich anzusehen war. Ja man hat erfahren, daß auff einer Seiten eines toden Aaß die Menschen, an den andern aber die Hunde genaget“. Notiz aus dem Pfarrbuch von Mauern (LK Neuburg/Donau) für 1648: „Viele haben aus Hunger Roßmist gegessen, der Feind hat alles fort; es ist nichts angebaut worden. Viele sind Hungers gestorben, die Überlebenden nähren sich von Wurzeln und Baumblättern und sind froh um die Häute der gefallenen Pferde“. [frdl. Mitteilung von Herrn Fahmüller, Pfeffenhausen]. Der Stadtarzt Gabriel Furttenbach von Leutkirch hält zu 1635 fest; Ober-Ländische Jammer- Und Straff-Chronic, S. 98f.: „Es war noch darzu eine grosse Teyrung / und Hungers noht / das die guete Leuth allerhand unnatürliche Speisen als Hund / Katzen / Meuß / und Kuchen von Leinöl (darvon sie dann nach ihrem Todt gantz gelb / ob sie an der gelbsucht gestorben wehren / außgeschlagen) essen musten“. Aus dem belagerten Weißenburg (1634) wird berichtet, dass außer Kleie auch Taubenkot zu Kommiss vermahlen wurde; CHEMNITZ, Königlichen Schwedischen […] Kriegs Ander Theil, S. 582f. Der Chronist Georg Friedrich Dhein berichtet über die Zustände in der Festung Hanau (1636); KURZ, Das Leben, S. 132: „Und da unter denen Scharmützel von Freund und Feind ein wohl gehaltenes Pferd erlegt wurde, gingen viele des armen Volks hinaus, rissen sich um das Aas, brachten von dem stinkenden Fleisch so viel als möglich war zu ihrem Unterhalt herein, wie denn auch sonsten Pferde-, Esel- und Hundefleisch gekochet wurde auf dem Markt verkaufet. Katzen estimirte man vor Wildbret und etliche allzu Fleisch begierige Leut handelten dem Scharfrichter gedörrtes Schindfleisch ab zu ihrer Speis“. Als Ersatz nahm man auch Gras oder Kräuter, „da viele hundert Menschen schwere Krankheit, Lähmung, Scharbock und die Mundfaulung bekamen, auch etliche Menschen sind auf der Gassen verschmachtet und niedergefallen, auf welches vielfältige Elend so mancher sehr zu Herzen genommen, sehr viele public und privat Almosen gereichet worden, wiwohl dem Elend nicht zu steuern gewesen“. => Hungersnot.
[96] Leitmeritz [Litoměřice; Tschechien]; HHSBöhm, S. 324ff.
[97] Salvaguardia: Ursprünglich kaiserlicher Schutzbrief, durch den der Empfänger mit seiner Familie und seiner ganzen Habe in des Kaisers und des Reichs besonderen Schutz und Schirm genommen wurde; zur öffentlichen Bekräftigung dieses Schutzes wurde dem Empfänger das Recht verliehen, den kaiserlichen Adler und die Wappen der kaiserlichen Königreiche und Fürstentümer an seinen Besitzungen anzuschlagen. Der Schutzbrief bedrohte jeden Angreifer mit Ungnade und Strafe. Im 30jährigen Krieg militärische Schutzwache; Schutzbrief (Urkunde, die, indem sie geleistete Kontributionen und Sonderzahlungen bestätigte, gegen weitere Forderungen schützen sollte, ggf. durch militärische Gewalt des Ausstellers); auch: sicheres Geleit; eine oft recht wirkungslose Schutzwache durch abgestellte Soldaten, in schriftlicher oder gedruckter Form auch Salvaguardia-Brief genannt, die meist teuer erkauft werden musste, und ein einträgliches Geschäft für die zuständigen Kommandeure darstellten. Teilweise wurden entsprechende Tafeln an Ortseingängen aufgestellt, „Salvaguardia“ an die Türen der Kirchen (HERRMANN, Aus tiefster Not, S. 55) geschrieben oder für die ausländischen Söldner ein Galgen angemalt. Die 1626 von Tilly erlassene Schultheißen-Ordnung hatte festgelegt: „Wer salua Guardia mit wortten oder that violirt, den solle niemandt zu verthädigen understehen, sonder welcher hoch oder nider Officir ein dergleichen erfahren mag, der solle den muthwilligen verbrecher sobalden zu dem Provosen schaffen, dem Schultheysen neben einandtwortung bey sich unrecht befundenen sachen und guetter hiervon berichten ohn einred, die Restitution und was bey der sachen underlauffen möcht dass Gericht entscheiden lassen, und welcher einem andern sein gewonnen beuth abnimbt oder an seinem freyen verkauff nachtheilig verhindert, den solle Schultheyss zur Restitution anhalten und noch darzu mit straffen hart belegen“. ZIEGLER, Dokumente II, S. 986. Der Abt Veit Höser (1577 – 1634) von Oberaltaich bei Straubing; SIGL, Wallensteins Rache, S. 140f.: „Da die Schweden so grausam wüteten und sich wie eine Seuche immer weiter ausbreiteten, alle Dörfer mit Taub, Mord und Jammer heimsuchten, erbaten die Bürger ab und zu von den Kapitänen der Weimaraner eine Schutzwache, die bei ihnen meist Salva Guardia heißt. Erhielten sie diesen Schutz zugesagt, so wurde jeweils ein Musketierer zu Fuß oder zu Pferd in das betreffende Dorf, die Ortschaft, den Markt abgestellt. Dieser sollte die herumstreifenden Soldatenhorden, kraft eines vom Kapitän ausgehändigten schriftlichen Mandats, im Zaume halten, ihre Willkür beim Rauben und Plündern einschränken. […] Es ist aber nicht zu bestreiten, dass eine solche Schutzwache unseren Leuten oder den Bewohnern anderer Orte, denen auf ihre Anforderung eine Salva Guardia zugestanden wurde, keinen Vorteil brachte. Im Gegenteil, sie schlugen ihnen vielmehr zum Schaden aus und waren eine Belastung. Offensichtlichen Nutzen dagegen hatten nur die Kapitäne, denn ihnen mussten die Leute gleich anfangs die ausgehandelte Geldsumme vorlegen oder wenigstens wöchentlich die entsprechende Rate (pensio) entrichten. Kurz, wie Leibeigene oder Sklaven mussten sie blechen, was die Kapitäne verlangten. Ich habe nur einen Unterschied zwischen den Orten mit und denen ohne Salva Guardia festgestellt: Die Dörfer ohne Schutzgeleit wurden früher, jene mit einer Salva Guardia erst später ausgeplündert. Da nämlich die Schweden vom Plündern nicht ablassen konnten, solange sie nicht alles geraubt hatten, so raubten und plünderten sie entweder alles auf einmal (sodaß sie nicht mehr zurückkommen mußten) oder sie ließen allmählich und langsam bei ihren Raubzügen alles mitgehen, bis nichts mehr zu holen war. Obendrein haben diese eigentlich zum Schutze abkommandierten Musketiere und Dragoner gewöhnlich die Ortschaften, ihre Bewohner und deren Habseligkeiten – als Beschützer – ausspioniert und dann verraten. Wurde nämlich der bisherige Beschützer – und Spion – unvermutet abberufen, dann brachen seine Kameraden, Raubgesellen und Gaunerbrüder ein und raubten alles, was bislang durch den Schutz der Salva guardia verschont geblieben war, was sie in Wirklichkeit aber für sich selbst hinterlistig und heimtückisch aufbewahrt hatten, und wüteten um so verwegener (pro auso suo) gegen die jämmerlich betrogenen und enttäuschten Menschen, beraubten sie nicht menschlicher und marterten sie“. Auch war das Leben als Salvaguardist nicht ungefährlich. Der Ratsherr Dr. Plummern berichtet (1633); SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Eodem alß die von Pfullendorff avisirt, daß ein schwedischer reütter bei ihnen sich befinnde, hatt vnser rittmaister Gintfeld fünf seiner reütter dahin geschickht sollen reütter abzuholen, welliche ihne biß nach Menßlißhausen gebracht, allda in dem wald spolirt vnd hernach zu todt geschoßen, auch den bauren daselbst befohlen in den wald zu vergraben, wie beschehen. Zu gleicher zeit haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd naher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächts sein sollen, dahero weiln rittmaister Gintfeld ein gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen wird“. BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 49f. (1629): „Eine Eingabe des Bauern Jacob Löffler aus Langenwetzendorf [LK Greiz] wegen der bei ihm einquartierten »Schutzgarde« schildert die Heldentaten der derselben ungemein plastisch: »Was ich armer Mann wegen anhero zweijähriger hiesigen Einquartierung für groß Ungemach ausstehen müssen, gebe ich in Unterthänigkeit zu vernehmen: Denn erstlichen habe berührte Zeit über 42 ganze 42 Wochen Tag und Nacht bei den Soldaten ich aufwarten, nicht allein viel Mühe und Wege haben, sondern auch welches zum Erbarmen gewesen, Schläge gewärtig zu sein und geprügelt werden zu müssen, 2. habe ich meine geringe Haushaltung wegen jetziger Unsicherheit beiseits setzen, meine Felderlein wüst, öd und unbesamt liegen lassen, daß seither ich im geringsten nichts erbauen, davon samt den Meinigen ich mich hätte alimentieren mögen, 3. haben die Soldaten mir die Gerste, so zu einem Gebräulein Bier ich eingeschüttet, aus den Bottichen genommen, zum Teil mutwilligerweise zerstreut, zum Teil mit sich hinweggenommen, verfüttert und verkauft, 4. haben sie mir das wenige Getreidig, so noch unausgedroschen vorhanden gewesen, mit dem Geströhde aus der Scheune in andere Quartiere getragen, ausgeklopft und ihres Gefallens gebraucht, 5. weil sie an meiner geringen Person sich nicht allzeit rächen können, haben sie mir die Bienen und derselben Stöcke beraubet, umgestoßen und zu Grund und Tode gerichtet, 6. sind von ihnen mir alle Hühner, Gänse und ander Federvieh erschossen, genommen und gefressen worden, meine Wiesen, Raine und Jagen mir dermaßen verödet, daß ich nicht eine einzige Bürde Heu und Grummet von denselben genießen kann, 7. endlich ist von ihnen mir eine Kuh aus dem Stalle, so meinen Geschwistern zuständig gewesen, gezogen, in ein anderes Losament getrieben, geschlachtet und gefressen worden.«
[98] KUNATH, Kursachsen, S. 241f.
[99] Bautzen [obersorbisch Budyšin; LK Lausitz], HHSD VIII, S. 19ff.; vgl. SCHULZ, Bautzen im Krieg. Die Abbildung zeigt zum Vergleich die Beschießung Bautzens 1620.
[100] Oberlausitz: Region, die größtenteils zu Sachsen, sowie zu kleineren Teilen zu Polen und Brandenburg gehört. Vgl. KÖBLER, Historisches Lexikon, S. 442f. Im Unterschied zur späteren Niederlausitz, dem alten Land der Lusitzi, fehlte der späteren Oberlausitz, dem Land der Milzener, ein einheitlicher Landschaftsname.Für das Gebiet zwischen der Pulsnitz im Westen und dem Queis im Osten waren bis ins 16. Jahrhundert verschiedene Bezeichnungen gebräuchlich: „das ganze Land Budissin“ oder „die Länder Budissin und Görlitz“. Dass die Gründung des Sechsstädtebundes im Jahr 1346 schon bald zu einem neuen Landesnamen führte, hing damit zusammen, dass ihm nicht nur die königlichen Städte Bautzen, Görlitz, Lauban, Löbau und Kamenz angehörten, sondern auch das bis dahin böhmische Zittau, das erst infolge dieses Bundes in das Bautzener Markgraftum eingegliedert wurde. In dieser Zeit setzte sich auch für das Markgraftum die Bezeichnung „Land der Sechsstädte“ oder kurz „Sechsstädte“ durch, in der griechischen Form „Hexapolis“ oder „terra hexapolitana“. Die Herausbildung des heutigen Landesnamens vollzog sich nicht aus einer Bekundung der Städte und Stände als Träger einer regionalen Identität, sondern von außen. Seit dem 15. Jahrhundert wurde der Name Lusatia von der heutigen Niederlausitz immer öfter auf die heutige Oberlausitz ausgedehnt. Erstmals wurde der Name Lusatia in der Matrikel der 1409 gegründeten Universität Leipzig für gesamte heutige Lausitz verwendet. 1474 untertitelte man erstmals in der Kanzlei des Ungarnkönigs Matthias Corvinus das Sechsstädteland als Lusatia superior, also Oberlausitz. Erst in der Mitte des folgenden Jahrhunderts wurde nach und nach der Landesname von den Einwohnern, den regionalen Identitätsträgern, selbst gebraucht. Als die Unruhen in Böhmen begannen, verhielten sich die Oberlausitzer Stände zunächst passiv. Sie ignorierten die dringenden Aufforderungen der Böhmen, sie im Krieg gegen die Habsburger zu unterstützen. Erst nach dem Tod Kaiser Matthias im März 1619 änderten sie ihre Politik. Sie traten der Böhmischen Konföderation bei und waren an der Absetzung Ferdinands II. und der Wahl Friedrich V. von der Pfalz zum König von Böhmen beteiligt. Ziel der protestantischen Stände des Markgraftums war es, die Oberlausitz zu einem vollständig protestantischen Land zu machen. Sie wollten das katholische Bautzener Domstift beseitigen, in den wenigen noch katholischen Orten protestantische Pfarrer einführen und endlich eine eigene Landeskirche gründen. Das militärische Risiko und die damit verbundenen Kosten für die Aufstellung von Truppen für den durch die katholische Liga bedrängten Winterkönig trugen sie allerdings nur ungern und als der Krieg auf die Oberlausitz übergriff, waren sie nicht in der Lage, wirksamen Widerstand zu leisten. Ohne größere Kampfhandlungen konnte der mit Ferdinand II. verbündete Kurfürst Johann Georg von Sachsen zwischen September 1619 und Januar 1620 die Oberlausitz besetzten. Für seine militärische Hilfe gegen die aufständischen böhmischen Länder war dem sächsischen Kurfürsten vom Kaiser finanzielle Entschädigung zugesagt worden. Wenn nicht bezahlt wurde, sollten die Lausitzen als Pfand an den Wettiner übergeben werden. Ferdinand II. konnte nicht zahlen und musste 1623 die Pfandschaft über beide Markgrafentümer einräumen. Die Übergabe wurde im so genannten Immissionsrezess geregelt. Dadurch entging die Oberlausitz der kaiserlichen Gegenreformation, die in den zwanziger Jahren des 17. Jahrhunderts in Böhmen und Mähren zum Verbot der protestantischen Bekenntnisse und Kirchen führte. In der Folgezeit kamen viele Glaubensflüchtlinge aus Böhmen in die Oberlausitz. Sie siedelten sich vor allem in Zittau und den benachbarten Weberdörfern im Lausitzer Bergland an und sorgten dort durch ihren Gewerbefleiß für einen wirtschaftlichen Aufschwung. [wikipedia] Vgl. BURKHARDT, Der Dreißigjährige Krieg und die sächsische Politik.
[101] Ortenburg in Bautzen: „Die Ortenburg liegt in der Bautzener Altstadt auf einem Felsplateau über der Spree. Sie war jahrhundertelang die Stammesburg der Milzener und die Hauptveste der Oberlausitz und befand sich im Besitz der jeweiligen Landesherren. Markantestes Gebäude des Burgkomplexes ist der spätgotische Matthiasturm. Vor den Toren der Festung schloss sich in östlicher Richtung das Burglehn an. In dieser Siedlung wohnten ursprünglich die Adligen, die der Burgbesatzung angehörten. Das Burglehn lag außerhalb des Bautzener Stadtrechts. Die dortigen Häuser oder Grundstücke wurden vom Landesherren als Lehen vergeben. […] Während des Dreißigjährigen Krieges wurde die Ortenburg während zweier schwedischer Belagerungen (ab 1620 und ab 1634) in den Jahren 1621 und 1639 in Brand geschossen und schwer zerstört.
[102] Leibregiment: Als Leibregiment wurde im 17. Jahrhundert im Heiligen Römischen Reich, in Dänemark und in Schweden diejenigen Regimenter bezeichnet, deren Inhaber der regierende Landesherr war. Ihm standen zudem die sich daraus im Rahmen der Regiments- bzw. Kompaniewirtschaft ergebenden Einnahmen zu. Ein Leibregiment hatte daher eine grundsätzlich andere Funktion als die Leibkompanie eines Obristen. Zudem waren in der Regel die Ausstattung und Verpflegung besser als in anderen Regimentern bzw. wurden von den Neugeworbenen eingefordert.
[103] Obristwachtmeister [schwed. major, dän. oberst sergent]: Der Obristwachtmeister mit einem monatlichen Sold von 40 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] oder 50 fl. – nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 240 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460, in besetzten Städten (1626) wurden z. T. 320 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15 – , also 600 fl. (900 R.) jährlich, was 1634 dem Monatssold eines Obristen entsprach oder dem Jahresgehalt eines bayerischen Hofrats – entsprach vom Rang her dem Major in der schwedischen Armee. Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte er für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht. Daneben war er zum Teil auch Rittmeister, um seinen Sold aufzubessern.
[104] Detlev [Dietloff] v. Wedelbusch [1604-24.12.1670], kursächsischer Obristleutnant, Obrist.
[105] Sturmlauf: heftiger, schnell vorgetragener Angriff mit dem Ziel, den [völlig unvorbereiteten] Gegner zu überraschen, seine Verteidigung zu durchbrechen. Zum Teil wurden für die Erstersteigung der Mauern oder des ersten Eindringens in die Stadt, Festung etc. Geldprämien bis zu 1000 Rt., die „erste Beute“ oder Rangerhöhungen (so etwa bei der Erstürmung Frankfurts a. d. Oder 1631), von den Offizieren ausgesetzt worden. Die Sturmkolonnen sollten Wälle oder Festungen auf Sturmleitern ersteigen, sich dort festsetzen und das Tor von innen öffnen, um den nachrückenden Soldaten den Weg frei zu machen. Teilweise wurde allerdings auch Branntwein ausgeschenkt, um die Angst zu betäuben, oder es wurden Gefangene bei allen Armeen als Schutzschilder vor der ersten Sturmreihe vorangetrieben; vgl. die Aussagen eines Untergesteckten (1634) => Gottmann, Peter in den „Miniaturen“; GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel Bd. 3, S. 80. Zum Teil wurden die zögernden Soldaten, wenn einer ihrer Anführer fiel, von anderen Offizieren geschlagen oder gar getötet (Freiberg 1639); BENSELER, Geschichte Freibergs, S. 968: „Als dieß nun die Andern, welche nachdrangen und sich gleichfalls zum Sturme anschickten, sahen, wollten sie nicht weiter, ob sie schon von ihren Offizieren mit bloßen Degen heftig angetrieben und einige sogar erstochen wurden, sondern warfen die Musketen und andere Gewehre weg und flohen, wobei die in der Stadt gar manchen noch erreichten und mit ihren kurzen Wehren, Schlachtschwertern und Morgensternen tödteten“.
[106] Kriegsverluste: LINDEGREN, Frauenland, S. 145: „Grob gerechnet kann man behaupten, daß in der ganzen Periode von 1620 bis 1720 ca. 75 % aller Todesfälle auf Krankheiten und andere Entbehrungen zurückzuführen sind. Ca. zehn Prozent starben in Kriegsgefangenschaft. Die restlichen 15 Prozent fielen bei Kampfhandlungen. Ungefähr ein Drittel dieser direkt kampfbezogenen Todesfälle geschah im übrigen im Zusammenhang mit Belagerungen. Große Feldschlachten und kleinere Gefechte forderten im allgemeinen nicht besonders viele Todesopfer, vergleicht man sie mit dem Alltag des Krieges“. Nach Scharmützeln, Gefechten etc. fielen viele Verwundete Bauern zum Opfer; LATOMUS, Relationis Historiæ Semestralis Continuatio (1641), S. 19: „Alles / was nicht gefangen / muste fast Haar lassen / dann was sonsten auß der Schwedischen Hände entronnen / vnd vnter die Bawren kam / wurde von denselben vollends von Brod gethan“.
[107] Obergewehr, Oberwehr: zum Obergewehr gehörten Karabiner, Flinten, Musketen, Hellebarten, Partisanen, Piken, Spontons, Kurzgewehre. – Untergewehr, Unterwehr: Degen oder Rapier.
[108] Obrist [schwed. överste, dän. oberst]: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung, 500 fl. zu Fuß, 600 fl. zu Roß [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] in der kurbrandenburgischen Armee 1.000 fl. „Leibesbesoldung“ nebst 400 fl. Tafelgeld und 400 fl. für Aufwärter. In besetzten Städten (1626) wurden z. T. 920 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15). Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm als Obrist und Hauptmann der Infanterie 800 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus der Beute – hier standen ihm 27 Rt. 39 Albus pro 1.000 Rt. Beute zu; HOFMANN, Peter Melander, S. 156 – und aus Ranzionsgeldern, Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ, im Schnitt für 5 Rt., – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen – Obristen belieferten ihr Regiment mit Kleidung, Waffen und Munition – , gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischenn handlung, S. 277 (1634) zur schwedischen Garnison: „Am gemelten dingstage sein 2 Soldaten bey mir hergangen bey r[atsherr] Joh[ann] Fischers hause. Der ein sagt zum andern: In 3 Wochen habe ich nur 12 ß [Schilling = 6 Heller = 12 Pfennig; das entsprach insgesamt dem Tageslohn eines Maurers; BW]. Ich wol, das der donner und der blytz inn der statt schlüge, das es bränte und kein hauß stehen bliebe. Muß das nicht Gott erbarmen. Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“.
Zur brandenburgischen Armee heißt es; OELSNITZ, Geschichte, S. 64: „Fälle, daß die Obersten mit ihren Werbegeldern durchgingen, gehörten nicht zu den größten Seltenheiten; auch stimmte bei den Musterungen die Anzahl der anwesenden Mannschaften außerordentlich selten mit den in der Kapitulation bedingten. So sollte das Kehrberg’sche [Carl Joachim v. Karberg; BW] Regiment 1638 auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Es wurde dem Obersten der Proceß gemacht, derselbe verhaftet und kassirt. Aehnlich machte es der Oberst Rüdiger v. Waldow [Rüdiger [Rötcher] v. Waldow; BW] und es ließen sich noch viele ähnliche Beispiele aufführen“. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nichts anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. OELSNITZ, Geschichte, S. 64f.: Der kurbrandenburgische Geheime Rat Adam Graf zu „Schwarzenberg spricht sich in einem eigenhändigen Briefe (22. August 1638) an den Geheimen Rath etc. v. Blumenthal [Joachim Friedrich Freiherr v. Blumenthal; BW] sehr nachtheilig über mehrere Obersten aus und sagt: ‚weil die officierer insgemein zu geitzig sein und zuviel prosperiren wollen, so haben noch auf die heutige stunde sehr viele Soldaten kein qvartier Aber vnter dem schein als ob Sie salvaguardien sein oder aber alte reste einfodern sollen im landt herumb vagiren vnd schaffen ihren Obristen nur etwas in den beutel vnd in die küch, Es gehöret zu solchen dantz mehr als ein paar weißer schue, das man dem General Klitzingk [Hans Kaspar [Caspar] v. Klitzing; BW] die dispositiones vom Gelde und vonn proviant laßen sollte, würde, wan Churt borxtorff [Konrad [Kurt] Alexander Magnus v. Burgsdorff; BW] Pfennigmeister vnd darvber custos wehre der katzen die kehle befohlen sein, wir haben vnd wissen das allbereit 23 Stäbe in Sr. Churf. Drchl. Dienst vnd doch ist kein einsiger ohne der alte Obrister Kracht [Hildebrand [Hillebrandt] v. Kracht; BW] der nit auß vollem halse klaget als ob Man Ihme ungerecht wehre, ob Sie In schaden gerieten, Man sol sie vornemen Insonderheit die, welche 2000 zu lievern versprochen vnd sich nit 300 befinden vndt sol also exempel statuiren – aber wer sol Recht sprechen, die höchste Im kriegsrath sein selber intressirt vnd mit einer suppen begossen“. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 504. Die z. T. für den gesamten Dreißigjährigen Krieg angenommene Anzahl von rund 1.500 Kriegsunternehmern, von denen ca. 100 bis 300 gleichzeitig agiert hätten, ist nicht haltbar, fast alle Regimentsinhaber waren zugleich auch Kriegs- bzw. Heeresunternehmer. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; BOCKHORST, Westfälische Adelige, S. 15ff., REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte 1. Bd., S. 413ff.
[109] Knecht, gemeiner [schwed. knektar, finn. nihti] : dienstgradloser einfacher Soldat. Er hatte 1630 monatlich Anspruch auf 6 fl. 40 kr., in der brandenburgischen Armee auf 8 fl. 10 gr. = 7 Rtl. 2 Gr; nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 6 fl. 40 kr., schwedische u. finnische Knechte erhielten 1632 nur 1 ½ Rt., deutsche in der Royal-Armee dagegen das Dreifache. Ein Soldat oder Reiter einer Streifschar aus einer Garnison erhielt von 1.000 Rt. Beute quasi als Gefahrenzuschlag 5 Rt. 72 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156. Ein Bauernknecht im bayerischen Raum wurde mit etwa 12 fl. pro Jahr (bei Arbeitskräftemangel, etwa 1645, wurden auch 18 bis 24 fl. verlangt) entlohnt. Schon 1625 wurde festgehalten; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 92: „Ihme folgete der obrist Blanckhardt, welcher mit seinem gantzen regiment von 3000 fueßknechte sechß wochen lang still gelegen, da dann die stath demselben reichlich besolden muste, wovon aber der gemeine knecht nicht einen pfennig bekommen hatt“. In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar von Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt gefrorn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaider und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. Gallas selbst schrieb am 25.1.1638 dem Kaiser; ELLERBACH; SCHERLEN, Der Dreißigjährige Krieg Bd. 3, S. 222: „Mochte wohl den Stein der erd erbarmen zuzuschauen, wie die arme knecht kein kleid am leib, keine schuh am fuße, die reiter keine stiefel oder sattel haben, auch den mehrerteil sich freuen, wenn sie nur die notdurft an eichelbrot bekommen können“. => Verpflegung. In den Feldlagern (über)lebte er unter den schwierigsten Bedingungen bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 3, 4 Jahren. Bei Gefangennahme oder Stürmen auf eine Stadt lief er immer Gefahr, getötet zu werden, da für ihn keine Ranzion (Lösegeld) zu erwarten war, oder wenn eine Untersteckung unter die eigenen Truppen nicht notwendig erschien. Generell wurden jedoch „teutsche Knechte“ gegenüber etwa den „Welschen“ bevorzugt übernommen und bei den Schweden besser besoldet.
[110] Arvid [Arwid, Ernst, Arfulch] Wittenberg [Wittenbergk, Wirtenberg, Wirtenburg, Württemberg(er), Württenberg, Wütenberg, Wüttenberg] v. Döbern u. Nyborg [1606 Porvoo-7.9.1657 Zamość], schwedischer Generalmajor.
[111] N v. Erichshausen [Erichhausen, Erichthausen, Erich Hans Sohn] [ – ], schwedischer Obrist. Die Schreibweise Erich Hans Sohn wurde wahrscheinlich von GOTTFRIED, Historische Chronik [ …] 2. Teil, 4. Buch, S. 736, übernommen.
[112] Faschinen: Schanzkörbe, Reisig, Bündel, Holzwälle, Rutenbündel.
[113] Mine, minieren: graben, untergraben: Anlegen von Untergrabungsgängen unter dem Mauerfuß einer belagerten Festung. Diese Minengänge zielten entweder auf den Einsturz der Mauer oder auf ein Eindringen in die Festung. Über die Unterhöhlung hinaus konnten sie mit einer Pulverladung versehen und zum Sprengen der Mauer benutzt werden. Da man die Arbeitsgeräusche bald hören konnte, wurden Gegenminen gelegt und zur Explosion gebracht. Teilweise wurden die Minen auch dem Gegner gezeigt, um ihn zum Aufgeben zu bewegen. => Kontramine.
[114] Scharmützel [schwed. skärmytsling, dän. Skirmish]: Unter Scharmützel (ital. „scaramuccia“: Geplänkel, Plänkelei, Treffen) verstand man eines der vielen kleineren Gefechte oder Handgemenge, aus denen dieser Krieg bestand. Kleinere Armeeeinheiten oder Streifkorps, z. T. auch größere Verbände von bewaffneten Bauern (vgl. Harzschützen), traten hier in einen zeitlich wie örtlich begrenzten Kampf ein. Auch Schlachten wurden zumeist mit Scharmützeln oder Plänkeleien eröffnet. Scharmützel waren in der Regel gekennzeichnet durch äußerste Brutalität. Allerdings konnten sie auch Auslöser eines größeren Treffens, einer Schlacht oder eines Krieges werden. Oft wurden Vor- oder Nachhut von Heeren durch Kroaten angegriffen, die in diesem kleinen Krieg bevorzugt eingesetzt wurden. Zum Teil kam es auch wegen der fehlenden Uniformierung zu verlustreichen Kämpfen mit eigenen Einheiten. oder „neutralen“ Einheiten. Am 15.1.1648 traf die kursächsische Besatzung Annabergs auf eine kaiserliche Streifschar, die man für Schweden hielt: „Beym Stillstand im Lande und instehenden Frieden ist doch im Gebürge beym Städtlein Thum ein seltzamer Scharmützel vorgegangen / indem dem 15. Jan. der in Annaberg liegende Obrist-Wachtmeister / Rudolph von Neitschütz / mit seinen zwo Compagnien auff den so genannten blinden Valentin / einen Kayserl. Rittmeister / welcher eine Raub-Parthie geführet / getroffen / daß bey diesem verwegenen Unternehmen unterderschiedliche geblieben und viel blessiret worden / auch in dieser scharffen Rencontre noch mehr auffgerieben werden sollen / wo nicht angeregter blinder Valten und Rittmeister Hanß Ernst einander erkennet und darauff beyderseits Partheyen von einander abgeführet hätten […]. Und dieser Thumische Scharmützel heisset catachrestice [seit der antiken Rhetorik unlogischer Gebrauch eines verwandten statt des nicht vorhandenen Ausdrucks] die Thumer Schlacht / wie Ihn weyland der gemeine Mann genennet hat“. MELTZER, Historia, S. 1363; ARNOLD, Annaberg, S. 283f.; GROHMANN, Obererzgebirge, S. 208. Der Erzgebirgschronist LEHMANN, Kriegschronik, S. 169f., datiert diesen Vorgang allerdings auf 1647: „Bey dem armistitio zwischen Chur-Saxen und denen Schwedischen wahr auch außbedinget worden, daß der Churfürst die streiffende rotten einfangen und sie verfolgen solte; das befahle der Churfürst allen Seinen regiementern in lande, und musten auch die 2 Compagnien, so auf den Annenberg, die Straßen bereiten und denen Mausparthien wehren. Nun wahr der keyßerliche leutenandt, insgemein der blinde Valtin [Valten Hanke; BW] genandt, mit 80 Pferden, meist Freyreutern auß Lignitz nach Erfurt und Eisenach gegangen den 12. Januarii, hatte bey Eckersberg die leipziger Fuhrleute, welche eine wagenburg gemacht und sich gewehret, theils uberwaltiget, 10 Personen todt geschoßen und 20 beschedigt, dargegen 2 tode gelaßen und ezliche beschedigte mitgenommen, darmit kam er biß nach Burckersdorf ins gebirg, griff do wieder die Leipziger fuhr an auß den gebirg. Alß solches die 2 Compagnien uff den Annenberg untter den Obrist-Wachmeister Rudolph von Neidschiz gehöret, sindt sie Churfürstlichen Befehl zue folge ihm entgegengezogen, derselben auf freyen felde bey den Städtlein Thum auf einer höhe angetroffen. Rittmeister Landtmann [Langmann] nimmt einen Cornet mit 20 Pferden zu sich, jagt voran und fragt, warumb er als freundt in Meißen so raube und streiffe, und weil der Valten kein gut word giebet, greyffen Sie beyde zum gewehr, Landtmann trift den Valten in arm, Valten aber schießt Landtmann auch wundt und den Cornet todt, seine reuter schneiden die beuten und Säcke voll sammet und seiden von Pferden und schoßen Sich mit den Churfürstlichen eine Virtelstunde herumb, daß von Churfürstlichen der Ritmeister (bekam 3 schöße), 1 leutenandt, 1 Cornet und 5 reuter tödtlich, 7 beschedigt. Der blinde Valten hatte 16 beschedigte, ließ 5 reuter und seine beute hinder sich und ging eilendt in Böhmen. Das ist geschehen den 15. Januar Freytag nach den 1. Sontag Epiphanias. Die keyßerlichen waren meist feste [durch magische Praktiken kugelfest, BW] sonst würden sie mehr eingebüst haben. Der Cornet wurde den 3. Februar zum Annenberg in die kirche begraben“.
[115] Erik [Erich] Klarson Slang [Slange, Schlange, Schlang, Schlangk, Schleng, Schläge] [1600-2.11.1642 Breitenfeld], schwedischer Generalmajor.
[116] N Peltzig [ – ], schwedischer Obrist.
[117] Fähnlein, Fahne [schwed. fänika]: I. militärische Einheit; die kleinste Gliederungseinheit beim Fußvolk, im 17. Jahrhundert allmählich durch die Bezeichnung „Kompanie“ verdrängt. In der kursächsischen Armee bestand ein Regiment zu Fuß aus 10 „Fendl“: ein Fähnlein umfasste 200 bis ca. 300 Mann (100 Pikeniere, 160 Musketiere, 20 Hellebardiere und 20 Rundschildner), bei den Schweden z. T. bis 500 Mann. Es gliederte sich wiederum in Rotten von 10-15 Mann, die von einem Rottmeister angeführt wurden. II. In den Städten wurden wehrfähige Bürger ebenfalls in Fähnlein bzw. Rotten eingeteilt.
[118] Grobe Stücke: große Geschütze, meist: Kartaune [Belagerungsgeschütz mit einer Rohrlänge des 18-19-fachen Rohrkalibers [17, 5 – 19 cm], verschoss 40 oder 48 Pfund Eisen, Rohrgewicht: 60-70 Zentner, Gesamtgewicht: 95-105 Zentner, zum Vorspann nötig waren bis zu 32 Pferde nötig: 20-24 Pferde zogen auf einem Rüstwagen das Rohr, 4-8 Pferde die Lafette]; halbe Kartaunen [langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge des Kalibers (15 cm), schoss 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-75 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt.
[119] Lennart Torstensson [Torstensohn, Torsten-Sohn], Graf zu Ortala u. Freiherr v. Virestad [17.8.1603 Forstena im Kirchspiel Västra Tunhem (Västergötland)-7.4.1651 Stockholm], schwedischer Feldmarschall.
[120] spielen [mit den Stücken]: Einsatz, Abfeuern (der Feldgeschütze) als Terminus technicus: „mit den Geschützen spielen“, um die Moral des Gegners zu schwächen.
[121] Akkord: Übergabe, Vergleich, Vertrag: Vergleichsvereinbarungen über die Übergabebedingungen bei Aufgabe einer Stadt oder Festung sowie bei Festsetzung der Kontributionen und Einquartierungen durch die Besatzungsmacht. Angesichts der Schwierigkeiten, eine Stadt oder Festung mit militärischer Gewalt einzunehmen, versuchte die militärische Führung zunächst, über die Androhung von Gewalt zum Erfolg zu gelangen. Ergab sich eine Stadt oder Festung daraufhin ‚freiwillig‘, so wurden ihr gemilderte Bedingungen (wie die Verschonung von Plünderungen) zugebilligt. Garnisonen erwarteten je nach Lage der Dinge meist einen ehrenvollen Abzug und zogen in der Regel gegen die Verpflichtung ab, die nächsten sechs Monate keine Kriegsdienste beim Gegner zu leisten. Auch wurde festgelegt, z. B. 1634 Landsberg/Warthe beim Abzug der kaiserlichen Garnison; THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 196: „Ingleichen sollen sie vor- vnd bey dem Abzug einigen Einwohner / Bürger vnnd Schutzverwandten / er sey Geist- oder Weltlich / im geringsten nicht beleydigen / vielmehr aber / was jedweder Officierer vnnd Soldat der Burgerschafft schuldig / so entlehnet / oder mit Gewalt abgenommen / vorm Abzug richtig bezahlen“. Vgl. auch die genauen Festlegungen im Akkord von Dömitz (26.12.1631; THEATRUM EUROPAEUM 2. Bd., S. 497ff.). Zumeist wurden diese Akkorde vom Gegner unter den verschiedensten Vorwänden, z. B.. wegen der Undiszipliniertheit ihrer Truppen oder weil die Abziehenden gegen den Akkord verstießen, nicht eingehalten. CHEMNITZ über durch Wallenstein gewährten Akkord für die Besatzung von Glogau (1633), Königlichen Schwedischen [ …] Krieg, 1. Buch, 60. Kap., S. 273: „Schrieten also die / darin gelegene / hohe Officirer zum accord / Den der Hertzog von Friedland / mit sack vnd pack / brennenden lunten / fliegenden Fähnlein auszumachiren / vnd gerade auf Landsberg begleitet zu werden / bewilliget / doch schlecht gehalten, in deme Er sie bald vor / bald hinter sich zurücke geführet / dadurch den Soldaten abgemattet / vnd dergestalt schwierig gemacht / das letztlich erst im WinterMonat fast weinig vnd ohngefehr dreyhundert mann davon in Pommern überkommen“. Der Markgröninger Dekan Wendel Bilfinger unter dem 3.12.1634; BILFINGER, Wahrhaffte Beschreibung, S. 233: „Und seind disen tag uf dem Asperg ankommen 3. Stuckh Officiers, ein Leutenant, Fendrich und Corporal, welche von dem Tubadelischen [Georg Christoph v. Taupadel; BW] Volckh, so von Schorndorff außgezogen [25.11. war Schorndorf gefallen; BW], entrunnen, dann ihnen die kaiserische den accord nit gehalten, Sie betrüglicher weiß 6. Tag umbgefüert, hernacher erst gezwungen sich underzustellen, oder sollten nidergemacht werden: Und seind alle Officier dabey gefangen genommen worden“.
[122] Discretion: Gnade oder Ungnade.
[123] Joachim Friedrich v. Dölau [24.2.1612 Dresden-4.2.1654 Ziegra], kursächsischer Obristwachtmeister.
[124] David Daube [Taube] [ – ], kursächsischer Obristwachtmeister.
[125] Untersteckung, Unterstoßung, „Unterstellung“, „Unterhaltung“: (zwangsweise) Eingliederung von (insbesondere gefangen genommenen) Soldaten in bestehende unvollständige Verbände. „Die ‚Untersteckung‘ von gefangenen Soldaten des Kriegsgegners war in der frühen Neuzeit allgemein üblich, wurde für gewöhnlich von den Betroffenen ohne Widerstände akzeptiert und scheint gar nicht selten die Zusammensetzung eines Heeres erheblich verändert zu haben“ (BURSCHEL, Söldner, S. 158). Die „Relation deren Geschichten / Ritterlichen Thaten und Kriegßhandlung“, S. 12, berichtet, wie Bucquoy mansfeldische Söldner zur Unterstellung zwang: „Dann als mann sie (in der Zahl ohngefehr 1200.) gen Crumaw bracht / hat man sie Rotten vnd Hauffen weiß in Kammern so eng zusammen gesperrt / daß sie weder sitzen noch niderligen können / auch neben dem wenig Essen / das man ihn vorgestellt / ihnen gar nichts zu tricken geben / vnd es also etliche Tag vber / mit inen getrieben / Sie dardurch zu nötigen / daß sie dem Keyser ihre Dienst versprechen müsten / als auch geschehen. Dann nach dem sie auffs eusserst allerhand Ungemach außgestanden / vnnd etliche Tag kein tropffen zu trincken vberkommen / haben sie fast alle vnder solchem erschröcklichen Joch vnd Zwang sich schmücken vnd biegen / vnd dem Feind ihre Dienst zusagen müssen“. In der kurbayerischen Armee – Maximilian I. von Bayern war grundsätzlich gegen die Untersteckung wegen der Unzuverlässigkeit in Schlachten – wurden sie als Kugelfang beim Angriff oder Sturm auf eine Stadt vorausgeschickt; SEMLER, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 67. Franz von Mercy hatte nach seinem Sieg bei Tuttlingen (24.11.1643) an die 2000 Franzosen untergesteckt. HEILMANN, Kriegsgeschichte, S. 69f. Doch wurden schon seit dem Böhmischen Krieg Gefangene, die die Untersteckung verweigerten, oft hingerichtet. HELLER, Rothenburg, S. 158: (1645): „Die [bayr.] Furir aber haben alle Häußer, wo Franz. oder Weimar. gelegen, außgesucht und was sie hinterlaßen, alles weggenommen. Wie sie denn im güldenen Greifen einen Weimarischen Feldscherer sampt seiner Feldtruhen, welcher allhie geblieben und hernach wollen nach Hauß ziehen in Holstein, ertapt, übel gemartert und geschlagen, endlich mit sich hinweggefürt und, wie man gesagt, weilen er ihnen nit wollen dienen, auf dem Feld erschoßen“. MAHR, Monro, S. S. 157, bei der Einnahme der Schanze bei Oppenheim: „Als unsere anderen Leute sahen, daß das Schloß gefallen war, rannten sie los, die vorgelagerte Schanze zu erstürmen, in der sich neun Kompanien Italiener mit ihren Fahnen befanden. Ihre Offiziere sahen nun, daß das Schloß hinter ihnen überrumpelt war und daß der Angriff vor ihnen losbrach, da warfen sie ihre Waffen weg und riefen nach Quartier, die ihnen auch gewährt wurde. Ihre Fahnen wurden ihnen abgenommen. Da sie alle bereit waren, in unsere Dienste zu treten, wurden sie vom König Sir John Hepburn zugewiesen, der nicht nur ihr Oberst wurde, sondern auch ein guter Schutzherr, der sie in guten Quartieren unterbrachte, bis sie neu eingekleidet und bewaffnet waren. Aber sie zeigten sich undankbar und blieben nicht, sondern liefen in Bayern alle davon. Nachdem sie einmal die warme Sommerluft verspürt hatten, waren sie vor dem nächsten Winter alle verschwunden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70f. (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, daß die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. => Kriegsgefangene.
[126] Zittau [LK Görlitz]; HHSD VIII, S. 371ff.
[127] Standarte: Bezeichnung für die auch bei der Reiterei üblichen Fähnlein: die kleinste Gliederungseinheit beim Fußvolk, im 17. Jahrhundert allmählich durch die Bezeichnung „Kompanie“ verdrängt. In der kursächsischen Armee bestand ein Regiment zu Fuß aus 10 „Fendl“: ein Fähnlein umfasste ca. 300 Mann (100 Pikeniere, 160 Musketiere, 20 Hellebardiere und 20 Rundschildner). Es gliederte sich wiederum in Rotten von 10–15 Mann, die von einem Rottmeister angeführt wurden.
[128] Brandschatzung: von der jeweiligen Armee bzw. den Kommandeuren willkürlich festgelegte Summe, die die Einwohner aufzubringen hatten, um das Abbrennen ihrer Stadt, Gemeinde etc. zu verhindern, die von den Offizieren möglichst hoch festgelegt wurde, um sich dann auf die von ihnen beabsichtigte Summe herunter handeln zu lassen. Bei den Armeen gab es seit dem Mittelalter sogenannte Brandmeister, Spezialisten im Schätzen und bei Nichtbezahlung der Brandschatzung im Feuerlegen. Erzherzog „Leopold Wilhelm musste bereits zwei Monate [20.11.1645; BW] nach seiner ersten Weisung mit einem neuerlichen Befehl die Einhaltung der Disziplin und Abstellung der Exzesse energisch einfordern: Er verhängte ein komplettes Ausgangsverbot in seiner Armee, um Delikte wie Kirchenplünderung, Mord, Brandschatzung und die schendung der weibsbilder zu verhinden“. REBITSCH, Gallas, S. 218.
[129] Plünderung: I. Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kann nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich, S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, dass wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, dass wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt’ “. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: „Von Gottes gnaden“ (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM 4. Bd., S. 101f. Vielfach wurden die Plünderungen aber auch aus Not verübt, da die Versorgung der Soldaten bereits vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. II. zum Teil bei Ausschreitungen der Bevölkerung, die sich an den Gütern der Flüchtlinge bereicherte, so z. B. 1629 in Havelberg: „Im Tempel war viel Gut in Kasten und Kisten, wovon die rechtmäßigen Besitzer das Wenigste wiederbekamen. Das meiste wurde den königlichen [Dänen], die während des Brandes darüber hergefallen waren, die Kirche zu plündern, und später den kaiserlichen Soldaten zuteil. Auch einigen Einwohnern und Benachtbarten, die keine Rechte daran hatten. Summa: Ihrer viele wurden arm; etliche mit unrechtem Gut reich“. VELTEN, Kirchliche Aufzeichnungen, S. 76-79, bzw. BRAUN, Marktredwitz, S. 84f., über die auch anderweitig übliche Plünderungsökonomie: „Hingegen ihre Herbergsleute, die sich vor diesem als Tagelöhner bei ihnen erhalten, die haben sich jetzt sehr wohl befunden; denn diese hatten keine Güter, daher gaben sie auch keine Kontribution. Und ein solcher Gesell hat allezeit so viel gestohlen, daß er sich [hat] erhalten können. Wie er ein paar Taler zusammengebracht, hat er gesehen, daß er von den Soldaten eine Kuh [hat] erkaufen können. Oder aber, er hat den Soldaten etwas verraten, do er dann von ihnen eine geschenkt und umsonst bekommen. Do [hat] er dann solche an einen anderen Ort getrieben und soviel daraus erlöst, daß er hernach 3 oder 4 von den Soldaten hat (er)kaufen können. Denn es ward so ein Handel daraus, daß man auch aller christlichen Liebe vergaß; vielweniger fragte man auch mehr nach Ehrbarkeit und Redlichkeit. Wie es dann auch soweit gekommen [ist], daß die Soldaten in einem Dorf das Vieh genommen und hinweg getrieben, und die Bauern als ihre Nach(t)barn in dem nächsten Dorf haben solches Vieh von den Soldaten erkauft und alsbald bei Nacht weiter getrieben und wieder verkauft. Und war schon fast ein allgemeines Gewerbe daraus. Ihrer viel[e] hatten sich auf diesen ehrbaren Handel gelegt, denn wenn ein Soldat eine Kuh gestohlen, wußte er schon seinen gewissen Kaufmann. Und wenn an manchem Ort eine Partei Soldaten mit einer geraubten Herd[e] Vieh ankam, da war bei etlichen gottlosen Menschen ein freudenreiches Zulaufen und Abkaufen, nit anders(t) als wenn zu Amsterdam in Holland eine indianische Flotte anlangte. Ein jeder wollte der nächste sein und die schönste Kuh er(kaufen); ungeachtet der armen Leute, denen das Vieh abgenommen worden, [die] allernächst auf der Seite mit jämmerlichen Gebärden standen und sich wegen der Soldaten nichts (ver)merken lassen durften“. Zum Teil plünderten Nachbarn die Hinterlassenschaft ihrer geflüchteten oder abgebrannten Mitbürger; KRAH, Südthüringen, S. 95: „So berichtete Suhl, daß ‚sich noch etliche volks- und ehrvergessene Leute allhier und anderswo gelüsten lassen, sich an der armen verbrannten Sachen, so nach der Plünderung und Brand in Kellern, Gewölben und sonderlich im Feld und in den Wäldern geflüchtet und übrig geblieben, zu vergreifen und dieblich zu entwenden. Wie dann etliche – auf frischer Tat allzu grob begriffen und darum zu gefänglicher Verhaftung gebracht‘ seien. Auch Benshausen erhielt seine Salvaguardia, um dem täglichen Plündern, nicht nur durch streifende Soldaten zu wehren !“
[130] Görlitz; HHSD VIII, S. 119ff.
[131] LATOMUS, Relationis Historicae Semestralis Continatio (1640), S. 58f.
[132] Vgl. BINGEL, Das Theatrum Europaeum; SCHOCK; ROßBACH; BAUM, Das Theatrum Europaeum.
[133] Melchior Friedrich Gottfried Reichsgraf Hatzfeldt [Hartzefeld] v. Gleichen [20.10.1593 Crottorf-9.11.1658 Schloss Powitzko bei Trachenberg/Schlesien], kaiserlicher Feldmarschall.
[134] Zeitz [Burgenlandkreis]; HHSD XI, S. 519ff.
[135] Bernau [LK Barnim]; HHSD X, S. 125f.
[136] Pegau [LK Leipzig]; HHSD VIII, S. 272ff.
[137] Dragoner [schwed. dragon, dän. dragoon, frz. dragon]: leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Der Dragoner war im Prinzip ein berittener Musketier (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. So sprechen auch Zeitgenossen in der Regel von Reitern und Dragonern. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen und zu sichern. Teilweise machte man auch Unberittene zu Dragonern, indem man ihnen ein Pferd und eine Muskete gab; SCHWARZ, Die Neumark, S. 52. Des Öfteren führten Dragoner am Sattelknopf kleine Äxte mit, um Hindernisse entfernen oder sich auch zeitweise selbst verteidigen zu können. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten im Kampf auch als Musketiere eingesetzt. Zu ihren Aufgaben gehörte auch Sicherung und Deckung von Konvois, Patrouillen, Angriffe aus dem Hinterhalt, Bildung der Vor- und Nachhut. Ausführlich dargestellt bei ENGERISSER, Von Kronach, S. 468ff., FLIEGER, Die Schlacht, S. 123ff. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 Gulden 55 Kreuzer in Rechnung. Ein schwedisches Dragonerregiment soll zu einem Drittel aus Zigeunern bestanden haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd. Zu den Waffen vgl. http://www.engerisser.de/Bewaffnung/Bewaffnung.html.
[138] Jacob Wancke [Wanke, Wank, Weerke, Weynecke, Wanek] [ – ], schwedischer Dragoner-Obristleutnant, Obrist.
[139] Kriegsgefangene: Zur Gefangennahme vgl. die Reflexionen bei MAHR, Monro, S. 46: „Es ist für einen Mann besser, tüchtig zu kämpfen und sich rechtzeitig zurückzuziehen, als sich gefangennehmen zu lassen, wie es am Morgen nach unserem Rückzug vielen geschah. Und im Kampf möchte ich lieber ehrenvoll sterben als leben und Gefangener eines hartherzigen Burschen sein, der mich vielleicht in dauernder Haft hält, so wie viele tapfere Männer gehalten werden. Noch viel schlimmer ist es, bei Gefangennahme, wie es in gemeiner Weise immer wieder geübt wird, von einem Schurken nackt ausgezogen zu werden, um dann, wenn ich kein Geld bei mir habe, niedergeschlagen und zerhauen, ja am Ende jämmerlich getötet zu werden: und dann bin ich nackt und ohne Waffen und kann mich nicht verteidigen. Mein Rat für den, der sich nicht entschließen kann, gut zu kämpfen, geht dahin, daß er sich dann wenigstens je nach seinem Rang gut mit Geld versehen soll, nicht nur um stets selbst etwas bei sich zu haben, sondern um es an einem sicheren Ort in sicheren Händen zu hinterlegen, damit man ihm, wenn er gefangen ist, beistehen und sein Lösegeld zahlen kann. Sonst bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich zu entschließen, in dauernder Gefangenschaft zu bleiben, es sei denn, einige edle Freunde oder andere haben mit ihm Mitleid“. Nach Lavater, Kriegs-Büchlein, S. 65, hatten folgende Soldaten bei Gefangennahme keinerlei Anspruch auf Quartier (Pardon): „wann ein Soldat ein eysen, zinne, in speck gegossen, gekäuete, gehauene oder gevierte Kugel schiesset, alle die gezogene Rohr und französische Füse [Steinschloßflinten] führen, haben das Quartier verwirkt. Item alle die jenigen, die von eysen geschrotete, viereckige und andere Geschröt vnd Stahel schiessen, oder geflammte Dägen, sollt du todt schlagen“. Leider reduziert die Forschung die Problematik der de facto rechtlosen Kriegsgefangenen noch immer zu einseitig auf die Alternative „unterstecken“ oder „ranzionieren“. Der Ratsherr Dr. Plummern berichtet (1633); SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Eodem alß die von Pfullendorff avisirt, daß ein schwedischer reütter bei ihnen sich befinnde, hatt vnser rittmaister Gintfeld fünf seiner reütter dahin geschickht sollen reütter abzuholen, welliche ihne biß nach Menßlißhausen gebracht, allda in dem wald spolirt vnd hernach zu todt geschoßen, auch den bauren daselbst befohlen in den wald zu vergraben, wie beschehen. Zu gleicher zeit haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd naher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächts sein sollen, dahero weiln rittmaister Gintfeld ein gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen wird“. Der Benediktiner-Abt Gaisser berichtet zu 1633; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 415: „Der Bürger August Diem sei sein Mitgefangener gewesen, für den er, falls er nicht auch in dieser Nacht entkommen sei, fürchte, daß er heute durch Aufhängen umkomme. Dieser sei, schon vorher verwundet, von den Franzosen an den Füßen in einem Kamin aufgehängt und so lange durch Hängen und Rauch gequält worden, bis das Seil wieder abgeschnitten worden sei und er gerade auf den Kopf habe herabfallen dürfen“. Soldaten mussten sich mit einem Monatssold freikaufen, für Offiziere gab es je nach Rang besondere Vereinbarungen zwischen den Kriegsparteien. Das Einsperren in besondere Käfige, die Massenhinrichtungen, das Vorantreiben als Kugelfang in der ersten Schlachtreihe, die Folterungen, um Auskünfte über Stärke und Bewegung des Gegners zu erfahren, die Hungerkuren, um die „Untersteckung“ zu erzwingen etc., werden nicht berücksichtigt. Frauen, deren Männer in Gefangenschaft gerieten, erhielten, wenn sie Glück hatten, einen halben Monatssold bis zwei Monatssolde ausgezahlt und wurden samt ihren Kindern fortgeschickt. KAISER, Kriegsgefangene; KROENER, Soldat als Ware. Die Auslösung konnte das eigene Leben retten; SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Zu gleicher zeitt [August 1630] haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd nacher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächte sein sollen, dahero weiln rittmeister Gintfeld eine gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen worden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70 (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, dass die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. Auf Gefangenenbefreiung standen harte Strafen. Pflummern hält in seinem Tagebuch fest: „Martij 24 [1638; BW] ist duca Federico di Savelli, so in dem letzsten vnglückhseeligen treffen von Rheinfelden den 3 Martij neben dem General von Wert, Enckefort vnd andern obristen vnd officiern gefangen vnd bis dahin zu Lauffenburg enthallten worden, durch hilff eines weibs auß: vnd den bemellten 24 Martij zu Baden [Kanton Aargau] ankommen, volgenden morgen nach Lucern geritten vnd von dannen nach Costantz vnd seinem vermellden nach fürter zu dem general Götzen ihne zu fürderlichem fortzug gegen den feind zu animirn passirt. Nach seinem außkommen seyn ein officier sambt noch einem soldaten wegen vnfleißiger wacht vnd der pfarherr zu Laufenburg neben seinem capellan auß verdacht, daß sie von deß duca vorhabender flucht waß gewüßt, gefänglich eingezogen, die gaistliche, wie verlautt, hart torquirt [gefoltert; BW], vnd obwoln sie vnschuldig geweßt, offentlich enthauptet; die ihenige fraw aber, durch deren hauß der duca sambt seinem camerdiener außkommen, vnd noch zwo personen mit růthen hart gestrichen worden“. Der Benediktoner-Abt Gaisser berichtet über die Verschiffung schwedischer Gefangener des Obristen John Forbes de Corse von Villingen nach Lindau (1633); STEMMLER, Tagebücher Bd. 1, S. 319: „Abschreckend war das Aussehen der meisten gemeinen Soldaten, da sie von Wunden entkräftet, mit eigenem oder fremdem Blute besudelt, von Schlägen geschwächt, der Kleider und Hüte beraubt, viele auch ohne Schuhe, mit zerrissenen Decken behängt, zu den Schiffen mehr getragen als geführt wurden, mit harter, aber ihren Taten angemessener Strafe belegt“. Gefangene waren je nach Vermögen darauf angewiesen, in den Städten ihren Unterhalt durch Betteln zu bestreiten. Sie wurden auch unter Offizieren als Geschenk gebraucht; KAISER, Wohin mit den Gefangenen ?, in: http://dkblog.hypotheses.org/108: „Im Frühsommer 1623 hatte Christian von Braunschweig, bekannt vor allem als ‚toller Halberstädter’, mit seinen Truppen in der Nähe Göttingens, also im Territorium seines älteren Bruders Herzog Friedrich Ulrich, Quartier genommen. In Scharmützeln mit Einheiten der Armee der Liga, die damals im Hessischen operierte, hatte er einige Gefangene gemacht. Was sollte nun mit diesen geschehen? Am 1. Juli a. St. wies er die Stadt Göttingen an, die gefangenen Kriegsknechte nicht freizulassen; vielmehr sollte die Stadt sie weiterhin ‚mit nottürfftigem vnterhalt’ versorgen, bis andere Anweisungen kämen. Genau das geschah wenige Tage später: Am 7. Juli a. St. erteilte Christian seinem Generalgewaltiger (d. h. der frühmodernen Militärpolizei) den Befehl, daß er ‚noch heutt vor der Sonnen vntergangk, viertzig dero zu Göttingen entthaltenen gefangenen Soldaten vom feinde, den Lieutenantt vnd Officiers außsgenommen, Laße auffhencken’. Um den Ernst der Anweisung zu unterstreichen, fügte er hinzu, daß dies ‚bei vermeidung vnser hochsten vngnad’ geschehen solle. Der Generalgewaltiger präsentierte daraufhin der Stadt Göttingen diesen Befehl; bei der dort überlieferten Abschrift findet sich auf der Rückseite die Notiz vom Folgetag: ‚Vff diesen Schein seindt dem Gewalthiger 20 Gefangene vff sein darneben mundtlich andeuten ausgevolgtt worden’. Der Vollzug fand also offenbar doch nicht mehr am 7. Juli, am Tag der Ausfertigung des Befehls, statt. Aber es besteht kaum ein Zweifel, daß zwanzig Kriegsgefangene mit dem Strang hingerichtet wurden. (StA Göttingen, Altes Aktenarchiv, Nr. 5774 fol. 2 Kopie; der Befehl an die Stadt Göttingen vom 1.7.1623 a.St. ebd. fol. 32 Ausf.)“. Bericht aus Stettin vom 8.4.1631; Relation Oder Bericht Auß Pommern. o. O. 1631: „Den 27. Martii sind alhier 108 gefangene eingebracht deren nach mehr folgen sollen / die werden alle in Schweden ins bergwerck gesand / das sie etwas redliches arbeiten lernen“. Teilweise wurden Gefangene auch unter den Offizieren verkauft; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 607 (Schweinfurt 1645). Zur Problematik vgl. KAISER, Kriegsgefangene in der Frühen Neuzeit, S. 11-14. 1633 kostete die Auslösung bei der Kavallerie: Obrist 600 Rt. aufwärts, Obristleutnant 400 Rt., Obristwachtmeister 300 Rt., Rittmeister 200 Rt., Kapitänleutnant 70 Rt., Leutnant 60 Rt. bis 10 Rt. für einen Marketender, nach der Schlacht bei Jankau (1645) Obrist 1000 Rt., Obristleutnant 500 Rt., Obristwachtmeister 300 Rt., Hauptmann 75 Rt., Kapitänleutnant und Leutnant 50 Rt.; GANTZER, Archivalien, S. 40f.
[140] Generalmajor [schwed. generalmajor, dän. generalmajor]: Der Generalmajor nahm die Aufgaben eines Generalwachtmeisters in der kaiserlichen oder bayerischen Armee war. Er stand rangmäßig bei den Schweden zwischen dem Obristen und dem General der Kavallerie, bei den Kaiserlichen zwischen dem Obristen und dem Feldmarschallleutnant.
[141] Feuerkugeln. CHEMNITZ, Königl. Schwedischer […], S. 407, stellt anlässlich der Belagerung Regensburgs 1634 fest: „fewr-Kugeln / die sehr gros / von schwefel / pech / pulver / zundstricken vnd dergleichen brennenden materien gemachet / vnd vielen schlägen angefüllet waren / gleicher gestalt nicht gefeyret / doch weinig ausgerichtet: Dan deren viele in der lufft zersprungen / etliche in die Donaw gefallen / etliche / so gantz verstopffet gewesen das die zunder nicht zünden können / gefunden worden; Vnd zwar an gefährlichen örtern / ja aufm hew liegend / da sonst die geringste flamme leichtlich ein fewr hette verursachen mögen“.
[142] Generalfeldzeugmeister [schwed. general för artilleriet, dän. generelt feldzeugmeister]: Der Generalfeldzeugmeister war Befehlshaber der dritten, wenn auch teilweise gering geschätzten Truppengattung, der Artillerie; bei Beförderungen wurden die vergleichbaren Ränge bei der Kavallerie, dann der Infanterie bevorzugt. Der Rang umfasste das Kommando über Artillerie. Er erhielt nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) monatlich 1.200 fl.Ihrem Befehlshaber fielen die sogenannten „Glockengelder“ [Geld, womit eine eroberte Stadt, die sich vom groben Geschütze hat beschießen lassen, ihre Glocken und ihr Kupfergeschirr, welches alles herkömmlich der Artillerie des Eroberers heimfällt, wieder erkaufen oder einlösen muß. KRÜNITZ, Enzyklopädie Bd. 19, S. 192], zu, wenn man während der Belagerung etwa bei Sturmläufen hatte die Glocken läuten lassen, was nach dem „Recht“ des Siegers 12.000 fl. [zum Vergleich: 1634 wurde ein Bauernhof mit 8.-1.000 fl., ein kleines Schloss mit 4000 fl. veranschlagt; MATHÄSER, Friesenegger, S. 51] und mehr sein konnte. Vgl. auch HOCHEDLINGER, Des Kaisers Generäle. Ihm unterstanden die Schanzmeister und die Brückenmeister, zuständig für Wege-, Brücken-, Lager- und Schanzenbau sowie die Anlage von Laufgraben vor Festungen.
[143] Kartaune, halbe: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81. Sie hatte eine max. Schussweite von 720 Meter; DAMBOER, Krise, S. 211.
[144] opiniatrischer weise: wie erwartet.
[145] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[146] THEATRUM EUROPAEUM 4. Bd., S. 116f. Vgl. auch ROTHENBURG, Schlachten, S. 607ff.
[147] CHEMNITZ, Sechs und Zwantzig Bücher, S. 492.
[148] Mittagsprediger: nur für die Mittagspredigt angestellter Prediger, nächster Aufstieg war dann Frühprediger.
[149] Prodomus: Vorzeichen.
[150] Blockade (blocquade, plocquade): Absperrung, Einschließung, Besetzung, Belagerung. Blockade und Einschließung einer Festung zielten auf Aushungerung der Bevölkerung. Der Salemer Mönch Bürster berichtet über die Blockade Überlingens 1644; WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 196: „Den 19. Februarii hat der commendant [Courval; BW] wol uff zway oder anderthalb hundert personen außgelaßen, welche herr obriste Wolff widerum haißen zuerugg hineinzuetreiben oder niderzueschießen und nit paßieren laßen, uff welches ain solches geschray, jamer, heylen und wainen, insonders klainer kindern und schwangeren weiber, daß doch ainen harten stain und letstlichen auch ihn hat mießen bewegen; hat er solche laßen verwahren biß er befelch vom obristen Merzi [Franz v. Mercy; BW] bekomen, wie er sich mit ihnen solle verhalten, welche also lange zeit im veld in großer kelte, regen und wind, tag und nacht uffgehalten, und letstlich befelch komen, solche alle widerumb zuemahlen zuerugg hineinzuejagen oder aber niderzueschießen. Allain welche gelt gehabt, weil nun deß beschaids von Merzi erwartet, haben sich interim ihre ettliche redimirt oder außkauft, da0 man sie hat laßen laufen, entreunen und darvon komen, welche außgeben, daß man kain kazen noch hund nit mehr darinnen thue sehen und ain solches schwarzes brod thue backen, daß manß nit oder kümmerlich kendte glauben und allberait an schmalz schon großen mangel. Und sollen die gemaine soldaten, deren über 600 nit, deren maßen also elend und der mehrer thail so kraftloß herumber gehen, daß sie die muggen oder fliegen schier möchten umbstoßen. Lassen auch schon kuglen biß in die schanzen, unangesehen sie so weit vorhußen, heraußlaufen, wie sie dann voriger tagen in ainem schuz ihr drey getroffen, 2 gebliben, der drüdte ob er möchte curiert werden, ist ungewiß“. Dagegen wurden Ausfälle aus der Festung unternommen, um Nahrung zu beschaffen, den Belagerungsring zu sprengen, die Belagerer aus den Gräben zu werfen und diese zuzuschütten. Doch es gelangten immer wieder Güter hinein, weil der Ring wie z. B. um Eger 1647 nicht lückenlos geschlossen werden konnte. Holzappel erließ daher einen Aufruf an die Nachbarorte, mit dem er jedem für das Einschleusen von Lebensmitteln die übliche drakonische Strafe des Abschneidens von Nasen und Ohren androhte. Dass der Befehl auch vollstreckt wurde, zeigen die Erinnerungen Leopolds aus Marktredwitz: „In dieser Woche(n) sind 3 Männer, die etwas auf dem Rücken nach Eger tragen wollten, von den bayer. Reitern gefangen genommen worden. Dem einen davon ist der Bart samt der Haut, dem anderen die Nase(n) und dem dritten sind die Ohren abgeschnitten worden. Dann hat man sie wieder laufen lassen“. BRAUN, Marktredwitz, S. 318. Ein ähnliches Mandat hatte Ferdinand III. auch Nürnberg zugehen lassen, das ebenfalls Transporte nach Eger hatte abgehen lassen. Österreichisches Staatsarchiv Wien Kriegsakten 168, fol. 271: Kaiserliches Mandat an Nürnberg, Pilsen, 1647 VIII 26.
[151] Phasmata: Gespenster.
[152] Feuerzeichen: Sternschnuppe, Nordlicht, Komet.
[153] „1639 wurde die Stadt Bautzen von den Schweden belagert und besetzt. Einer Sage nach sollen kurz vor der Belagerung auf der Ortenburg wunderliche Dinge geschehen sein. Insbesondere sollen sich die Hunde am Schulgraben zusammengeschart und dort ein jämmerliches Geheul angestimmt haben, das am 17. Oktober 1639 seinen Höhepunkt erreichte. Am nächsten Tag sollen die Schweden unter der Führung von Manke [muss natürlich Wancke heißen; BW] gekommen sein und die Stadt besetzt haben. Die Überlieferung des jämmerlichen Geheuls könnte darin begründet sein, dass in der Altstadt von Bautzen bis heute aufgrund der baulichen Gegebenheiten bei stärkerem Wind ein stetiges Geräusch erzeugt wird, dass einem Geheule gleicht“ [Wikipedia].
[154] Item: ebenso, desgleichen.
[155] Phantasmata: Vorstellung; Trugbild, Luftgebilde, Hirngespinst.
[156] Schiebebock: „Schiebkarren, Schubkarren, ein mit einem kleinen Rade versehenes Gerüst, welches aus zwei langen Hölzern, mit Quersprossen versehen, besteht, und gegen das vordere Ende zu etwas geschweifte Sprossen hat, unter welchen das kleine Rad mit den Zapfen seiner Welle in den Büchsen der Enden der langen Seitenhölzer läuft. Man kann darauf eine Last laden, die ein Mensch, welcher mit einem Trageriemen die beiden Vorderenden der langen Seitenhölzer, zwischen welchen er geht, umschlungen hat, fortschieben kann, welches durch das Umlaufen des Rades erleichtert wird. Verschieden von diesem Karren, ist der Schubkarren, die Radeberge, der Kastenkarren. Hat dieses Werkzeug statt des Kastens ein Gestell, so heißt es ein Schiebebock“.[KRÜNITZ]
[157] hor. 8. antem.: die 8. Stunde vormittags.
[158] Styl. nov.: neuer Stil (neue Zeitrechnung),
[159] Kriegskommissar [schwed. war kommissionär, dän. war-kommissær]: Bevollmächtigter des Kriegsherrn zur Eintreibung von Kriegssteuern (Kontribution). Als Quartierkommissar legte er darüber hinaus die Einquartierungen der Soldaten fest. (Der Quartiermeister bzw. Fourier sorgte dann für deren praktische Umsetzung; vgl. s. v. „Fourier“.) Der „Musterkommissarius“ führte in landesherrlichem Auftrag die Musterungen durch und überwachte die Zusammensetzung des Heeres. Musterkommissare waren bei gemeinen Soldaten wie Offizieren gleichermaßen verhasst, da sie Manipulationen und Betrügereien auf den Musterplätzen zu unterbinden suchten: Söldner erschlichen sich vielfach Sold, indem sie sich unter verändertem Namen mehrfach mustern ließen, Offiziere führten zuweilen mehr Männer in den Soldlisten, als tatsächlich vorhanden waren, um die eigene Tasche mit den überschüssigen Löhnungen zu füllen (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 120ff.). Auch hatten sie die Abdankungen und die Zusammenlegung und Neuformierung kleiner Einheiten zu überwachen. Dänische Kriegskommissare erhielten monatlich ab 1625 zwischen 200 und 400 Rt. je nach Aufgabenbereich; OPEL, Der niedersächsisch-dänische Krieg 2. Bd., S. 171. Der Anteil der Kontributionsgelder an den Einkünften der Generalkriegskommissare und Kriegskommissare betrug bis zu 30 %. So erhielt z. B. der kurbayerische Kriegskommissar Christoph von Ruepp vom 18.1.1621 bis 30.4.1633 95.341 fl., davon 30.347 fl. Kontributionsgelder. DAMBOER, Krise, S. 51; vgl. auch PFEILSTICKER, Lang. In einer Landtagsbeschwerde des Gerichtes Hörtenberg wird geklagt, daß bei Durchzügen „auch tails beglaitcommissari den unntertonnen mehr sched- als nutzlich sein, in deme sy mer dem soldaten beifallen, unnd in ansuechenden unerzeuglichen sachen recht geben, als den unnderthonnen obhabennden gebierennden schutz erweisen“. SCHENNAT, Tiroler Landesverteidigung, S. 63. Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. „Im Dreißigjährigen Krieg machten sich jüdische Kommissare unersetzlich. Ein schwedischer Diplomat sagte: ‚Alle Juden sind Kommissarii, und alle Kommissarii sind Juden‘ “ [MÜHLAUER, Des Kaisers Kommissar]. Teilweise wird in zeitgenössischen Chroniken auch festgehalten, dass Kriegskommissare ihr Amt aufgaben, um sich nicht länger an der Ausbeutung der kriegsverarmten Leute zu beteiligen; Chronik des Sweder von Schele, Teil 3, fol. 877 (Juli 1634); Saitom, Das Kriegskommissariat der bayerisch-ligistischen Armee.
[160] Taucher, Wald im LK Bautzen in der Nähe des Ortes Uhyst am Taucher, heute Ortsteil von Burkau [LK Bautzen].
[161] der Ordre: des Befehls.
[162] Einquartierung: Die kostenaufwendige Einquartierung von Truppen versuchten die Betroffenen oder ihre Vertreter nach Möglichkeit durch „Verehrungen“ bei den zuständigen Kommandierenden, Kriegskommissaren und Quartiermeistern abzuwenden. Gelang das nicht, so wurden je nach Rang, Vermögen und Steueraufkommen und auch der Religionszugehörigkeit der Betroffenen Mannschaften und Pferde in die Häuser eingelegt, wobei die Soldaten die besten Räume für sich in Anspruch nahmen. Billette (Einquartierungszettel) sollten zwar Unterkunft, Verpflegung (oder ersatzweise Geldleistungen) der Soldaten und Abgabe von Viehfutter durch ihre „Wirte“ regeln, was aber nicht nur zu Streitigkeiten in der Bürgerschaft selbst, sondern auch unter den Soldaten führen musste. Ausgenommen von der Einquartierung waren in der Regel bei eigenen Truppeneinlagerungen Kleriker (aber nicht deren Klöster), Universitätsangehörige, Bürgermeister, Ratsherrn, Apotheker, Ärzte und Gastwirte. Auf die Beschwerden der Bürgerschaft wurde die Einquartierung durch den Rat der Stadt „als eine gerechte und für eure vielfältigen Sünden wohl verdiente Strafe Gottes“ bezeichnet; BORKOWSKY, Schweden, S. 20. Nach dem Überlinger Dr. Pflummern; SEMLER, Tagebücher, S. 393 (1642); sind „dise völckher zu roß vnd fůß nicht darumb zu vnß kommen, vnß oder daß land vor dem feind zu sichern, oder gegen denselbigen sich im veld sehen zu lassen, sonder allein hinder den mauren oder vnderm tach den bauch vnd seckhel zu füllen vnd alßdan den weeg weitter zu nemmen vnd vnß dem feind zum raub zu hinderlassen“. In den Quartieren gab es zudem Mord und Totschlag unter den Mannschaften, gewalttätige Übergriffe gegen Bürger und Bauern waren trotz errichteter Quartiergalgen und hölzerner Esel alltäglich. Teilweise wurde sogar Quartiergeld für die von Offizieren mitgeführten Hunde verlangt; SODEN, Gustaph Adolph III, S. 359. Teilweise wurde auch der Abzug vorgetäuscht, um Abzugsgelder zu erpressen; TRÄGER, Magister Adrian Beiers Jehnische Chronika, S. 60. Der protestantische Schuhmacher Bellinckhausen über die kaiserlichen Truppen in Osnabrück (1630); BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 36: „Was denn inquartirten soldaten bey uns thut anlangen, ist ein gottlos diebisch und mordrisch volck, stehlenn jeymlich und rauben offenbar, saufen und fressen, dominirn tag und nacht, spielen und doblen, parten und beuten, ruffen und jautzen, schießen und morden sich unter andern, schlagen sich mit den burgern, verfuhrn der burger weiber und kinder und haben manig magd zur hurn gemacht. Die burger konnen bey abendts oder nacht zeyt nicht uber die straßen gehen. Sie schlagen dieselben, habe auch solchs zweymall von dem gesind leyden m mußen“. Beschwerdeschreiben Wernigerodes über Hamiltons Schotten (1632); NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 108.: „die hier liegenden Schottischen Soldaten wollten mit ihren Wirthen und deren Lägern nicht zufrieden sein, trieben die Leute aus ihren Ehebetten, brächten Gesellschaft mit, gingen mit Sporen und Stiefeln zu Bett, aus denen sie dreitätige Kindbetterinnen jagten. Würde ihnen etwas gesagt, prügelten sie die Leute; sie vernichteten ihrer Wirthe Handwerkszeug. Kein Quartier sei ihnen gut genug, sie wollten stattliche Palatia haben. Wären die Wirthe nicht zu Hause, schlügen sie die Thüren ein. Der Oberste perturbire den Magistrat in seinen, indem er die Preise der Dinge vorschreibe, unter den Vorgeben, der Rath setze sie ihm zum Tort so hoch. Wollte man diese Waren für diese Preise nicht hingeben, so drohte er, sie gerade wegzunehmen“. Eine längere Einquartierung konnte den Ruin ganzer Gemeinden und Städte bedeuten. Zudem wurden die Quartiere verwüstet. So der Abt Friesenegger von Andechs über die einquartierten katholischen „welschen“ Truppen Ferias (Winter 1634): „Das Dorf stand ganz in Unflat, und Wüste, alles zum Grausen, und für Menschen unbegreiflich. In den Häusern wie auf den Gassen lagen nichts als abscheuliche Lumpen, zerschlagener Hausrat, Köpfe, Füße, und Gedärme von verzehrten Pferden, Menschen Unrat, und mehrere Toten Körper. In den Häusern waren nur Stuben, Kammer und Kuchl bewahret, das übrige davon hatte ein Dach, keinen Mantel, keine Mittelwand, keinen Balken, und meistens standen dieselben nur auf vier Säulen. Die Zäune, Planken, und schönste Obstbäume in den Gärten waren alle verbrennet. Auch aller Hausrat von Bänken, Kästen, Bettstätten, Geschirren, und die Baufahrnisse von Wägen, Pflügen, und was immer von Holz war, ging in den Flammen auf. Selbst in beiden Kirchen war ein Greuel zu sehen. Türen, und auch Fenster waren zerbrochen. Alles, was darin aufbewahret, und zum Gebrauch war, wurde geraubet. In der Frauenkirche brannten sie wenigst die letzte Woche eines, und in der Pfarrkirche stets 2 Feuer. Alles hölzerne Kirchengerät mußte hierzu dienen. Das Gemäuer war voll Rauch und Ruß, und der Boden voll Unrat. Auf dem Friedhofe konnte man vor Menschen-Unflat keinen Fuß mit Ehren setzen, und die Sakristei brauchten sie für ihr geheimes Ort. In der Kirche zu U. L. Frau lagen auch 4 unbegrabene Toten-Körper, die man außer der Kirche auf der Nordseite, wo schon mehrere lagen, in ein Grab zusammen warf“. Auch der Abzug musste je nach Vermögen erkauft werden (1644): „Zum Abzuge mußte dem Obristen von jedem Pfluge 20 Rtlr. und das beste Pferd gegeben werden.“ WALCZOK, Barsbüttel, Gott und die Welt. Vgl. den Bericht der Kapitelherren in Zeitz (1635), BORKOWSKY, Schweden, S. 65: „Keine Brauerei, keine Krämerei ist mehr im Stift, keine Feldbestellung, kein Ackerpferd, keine Kuh, kein Kleinvieh. Hie und da müssen sich Manns- und Weibspersonen in die Pflüge und Eggen spannen – was sonst nur als barbarische Grausamkeit aus der Türkei berichtet war. Häuser und Hütten stehen ohne Dach. Die Menschen haben keine Kleidung mehr. Viele sind im Winter erfroren, andere an Hunger, Krankheit und Mangel an Arznei dahingestorben. Die Leichen liegen unbegraben. Weiber und Kinder fallen den Kommunen zur Last. Viele Bürger laufen zu den Soldaten über. Die Kirchen- und Schuldiener können nicht mehr besoldet werden. Die Jugend bleibt unerzogen. Hospitäler und Armenhäuser werden nicht mehr unterstützt. Viele Menschen sind so jämmerlich gekleidet, dass sie sich nicht getrauen, zum Gottesdienst und zum Abendmahl zu gehen …“ VOGEL, Leipzigisches Geschicht-Buch, S. 443: „Den 11 Junii [1631; BW] zur Nacht hat sich eines vornehmen Doctoris Frau im Brühl / welches mit schwermüthigen Gedancken beladen aufm Gange im Hembde an eine Quele erhencket / weil sie / wie man sagte / denen Soldaten Quartier und Geld geben müssen / welche 2 alte Weiber loßgeschnitten / von Todtengräbern abgehohlet / und den 13. dieses mit einer kleinen Schule begraben worden“. Leipzig 1643; VOGEL, Leipzigisches Geschicht-Buch, S. 609: „Den 2 Augusti hat sich ein 70jähriger Mann / Richter zu Zwey Nauendorff / aus Furcht / weil er von dem Käyserlichen Anmarch gehöret / selbst erhencket“.
[163] Zwinger: Umgang zwischen der äußeren und inneren Mauer bei Befestigungen.
[164] Sturmleiter: Eskaladieren (Eskalade, frz.: escalader, escalade) bedeutet mittels Sturmleitern ersteigen, also die Ersteigung von Mauern oder steilen Böschungen. Dieses Gerät war ein wichtiges mittelalterliches Kriegsgerät. Häufig einholmig mit an der Spitze angebrachten Haken war es leicht und gut zu händeln. So sollten die Sturmkolonnen den Wall der Burg oder Festung auf Sturmleitern ersteigen, versuchen sich dort festzusetzen und das Tor von innen öffnen, um den Reserven den Weg frei zu machen. [wikipedia]
[165] Vgl. auch den Plan des Johann George Schreiber von 1700.
[166] Wasserkunst: System zur Förderung, Hebung und Führung von Wasser, meist hergestellt oder überwacht von einem Kunstmeister. Zunächst bezeichnete der Begriff Wasserkunst nur die Einheit aus Pumpwerk und Wasserbehälter, später wurde der Begriff auch für die Gesamtanlage des Röhrensystems verwendet. Die ersten Wasserkünste wurden aus Holz erbaut, später aus Stein. Sie bestanden aus einem Pumpwerk und dem antreibenden Wasserrad sowie aus einem Hochbehälter, in dem das Wasser gespeichert wurde. Durch ein Röhrensystem, meistens in Form ausgehöhlter Baumstämme – den Deicheln –, wurde das Wasser an die Verbrauchsorte (Wasserbütten, Steintröge) geleitet, um eine Wasserversorgung der höher gelegenen Wohnhäuser zu gewährleisten. Ein frühes Beispiel für ein solches System ist die Alte Wasserkunst in Bautzen, deren hölzerne Ausführung erstmals im Jahre 1495 erbaut wurde.Das an der Spree gelegene Entnahmebauwerk Bautzens wurde 1606 fertiggestellt. Im Jahre 1607 begann man mit den Arbeiten am überdachten Röhrengang, der den Hang hinaufführt, sowie dem Turm. Im Juli 1608 ereignete sich eines Abends ein schwerer Rückschlag für den Baumeister Röhrscheidt, als gegen 21 Uhr der Turm der Wasserkunst in sich zusammenstürzte. Dabei wurden zwei Häuser in der unterhalb gelegenen Fischergasse zerstört, wobei ein 15-jähriger Junge ums Leben kam. Die Katastrophe wurde durch ein ungeeignetes Bindemittel ausgelöst. Bis zum Wintereinbruch hatte man den Turm unter der besonderen Aufsicht des Stadtrates neu errichtet und die Haube aufgesetzt. Zwar hatte man bereits Wasserleitungen von der Neuen Wasserkunst bis zum Fleischmarkt in der Altstadt gelegt, dennoch konnte das Bauwerk erst am 2.7. 1610 eingeweiht werden. Doch auch die weitere Geschichte des Bauwerkes ist geprägt von Katastrophen. Im Winter 1618 brannte der Turm nach dem Versuch aus, gefrorene Wasserleitungen aufzutauen. Im Jahr 1620 wurde der obere Teil des Turmes bei der Belagerung durch schwedische Truppen zerstört. [wikipedia]
[167] N Siegelfischer [ – ], kursächsischer Hauptmann.
[168] Kasimir Karl Wottka [Wotcka, Wotka] [ -25.11.1639 Bautzen], kursächsischer Hauptmann.
[169] N Kyscher [ – ], kursächsischer Hauptmann.
[170] N Kirschstein [Kirstein] [ -5.9.1643 Dresden], kursächsischer Hauptmann.
[171] Petarde: durch Petardiere angebrachte Sprengladung, die am Tor oder an einer Brücke mit einem Brett angeschraubt oder aufgehängt und mit einer Lunte gezündet wird. Dabei kommen auf 50 Pfd. Metall 4 Pfd. Pulver. Damit wurden Festungsringe an Schwachstellen aufgesprengt, ohne die Wehranlage zu zerstören. Durch die Bresche drangen Sturmtruppen ein, während die aufgesprengten Eingänge zum eigenen Schutz schnell wieder geschlossen werden konnten, wenn der äußere Ring u. die Festung oder das Schloss erobert waren.FEIL, Die Schweden, S. 461 Anm.: „Petarden (Pétara Polyclastra, Sprengkessel), zum Aufsprengen von Festungsthoren, Zugbrücken, Fallgittern, Palissaden, Ketten, Minen u. s. w. bestimmt, waren aus Stückgut oder Eisen gegossene Kessel, mit gutem Kornpulver gefüllt, welche mit der breiten Mündung auf einem starken Brett (Mandrill-Brett) befestiget und dann an das zu sprengende Objekt (z. B. Thor) entweder angeschraubt, oder mittels eines Balkens mit starkem Stachel angestemmt, oder auf einem Karren soweit angetrieben wurden, bis sie hafteten. Losgebrannt wurden sie mittels Lauffeuers oder Lunten“. „Sie dienten zum Zerstören von solchen Objekten, denen man durch direkten Kanonenschuss nichts anhaben konnte. Besonders häufig wurden sie zum Sprengen von Toren und Eindrücken von Contre-Escarpen beim Sappe-Durchbruch oder zum Sprengen von Pallisaden etc. verwendet. Die Petarde war ein mörserartiges bronzenes Gefäss, welches mit 0,5 bis 100 kg Pulver geladen [normal waren 6-8 Pfd. Pulver; BW] und nach gehöriger Dämmung mittels Schrauben, Ketten oder Seilen an ein beschlagenes Brett befestigt wurde. Man brachte die Petarde unter Schutz der Dunkelheit an den Ort der Verwendung (meist durch Freiwillige) und hängte sie dort an. Sie wurde dann durch eine lange Feuerleitung durch die im Boden angebrachte Brandröhre zur Explosion gebracht. Die Anwendung soll 1574 von den Franzosen herrühren. Die Kaiserlichen unter FM Adolf v. Schwarzenberg sprengten mit Hilfe zweier Petarden bereits am 29.3.1598 zwei Tore der von Türken verteidigten Festung Raab. Sie waren unter der Leitung des FZM Johann Albrecht v. Sprinzenstein auf seine eigenen Kosten in Wien erzeugt worden. Die Gefäße hielten der Explosion stand und konnten wieder verwendet werden ! Sprinzenstein hatte eine Reihe von Verbesserungen bei der Artillerie eingeführt und eine Reihe von Erfindungen gehen auf sein Konto. Er hatte für Herzog Wilhelm V. v. Baiern ein Geschütz mit gezogenem Rohr als Hinterlader hergestellt. (Der Herzog schenkte es späte Kaiser Rudolf II.) Die Petarden hatten ein großes Gewicht. Auf 5 kg Ladung wurden 40 kg Metall gerechnet, eine leere Petarde für 100 kg Ladung wog 2,5 Zentner !“ [http://www.kuk-wehrmacht.de/regiment/artillerie/artgesch.html].
[172] Rondell: Ein besonders massives Artilleriewerk mit gerundetem Grundriss, das so hoch oder nur unwesentlich höher als der angrenzende Wall ist.
[173] Muskete [schwed. musköt, dän. musket]: I. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, 1. Bd., S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung hatten jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete mit Forquette (Stützgabel), Bandelier und Kugelform kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5-4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm [vgl. auch GROTHE, Auf die Kugeln geschaut, S. 386, hier 16, 8-19,5 mm]. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Bis 220 Meter konnte man noch unter günstigen Voraussetzungen eine Trefferquote von 25 % erzielen. ENGERISSER, Von Kronach, S. 552: „Ab ca. 200 m Entfernung waren Musketenschüsse unter normalen Feldbedingungen gegen gepanzerte Soldaten praktisch ohne Effekt und ab 300 m verursachten sie gegen Ungepanzerte auch nur noch Prellschüsse. Die maximalen Schussweiten mit einer gut passenden und verdämmten Kugel lagen bei 350-400 m, d. h. nach spätestens 400 m senkte sich eine waagrecht abgeschossene Kugel in den Boden“. Vgl. „Luntenschloßmuskete, Suhl um 1630“. Online verfügbar unter: engerisser.de/Bewaffnung/Luntenschlossmuskete.html. Da die Treffgenauigkeit der Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. II. Es gab auch Jagdmusketen mit kleinem Kaliber und langem Lauf, die von Scharfschützen verwendet wurden. Zum Teil machte man aus Unberittenen Dragoner, in denen man ihnen Musketen gab. SCHWARTZ, Die Neumark, S. 52. Da die Treffgenauigkeit der Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Der Preis für eine Muskete lag je nach Qualität zwischen 4 und 6 Rt., also zwischen 6 und 9 fl.
[174] Schanze: geschlossenes, auf dem Feld angelegtes Erdwerk, zur Belagerung und zur Verteidigung. Schanzgräber waren für die Anlage von Belagerungs- und Verteidigungswerken zuständige Arbeiter (Schanzbauern), die im Tross des Heeres mitzogen und dem Schanzmeister unterstanden. Sie waren weitgehend verachtete Menschen, die in der sozialen Hierarchie der Heere nur wenig über den Prostituierten standen und schlecht bezahlt wurden. Auch verurteilte Straftäter wurden zu Schanzarbeiten herangezogen. Diese „Condemnatio ad opera publica“, die Verurteilung zu Schanzarbeiten, war als Todesstrafe in absehbarer Zeit gedacht. Bürger und Geistliche der besetzten Städte sowie Klosteruntertanen, die zu diesen Arbeiten verpflichtet bzw. dafür ausgelost wurden, empfanden diese schwere Arbeit als ehrenrührig und entzogen sich ihr durch die Flucht. Zum Teil wurden Kinder ab 12 Jahren zu dieser harten Arbeit eingesetzt, ganze Schulklassen dazu getrieben. Vgl. auch die Beschreibung der Drangsalierung der Bürger Iglaus 1647 bei STERLY, Drangsale, S. 64f.. Um seine eigenen Truppen zu schonen, zwang Johann von Götz bei der Belagerung der Feste Marienberg (Würzburg) eine große Anzahl von Bauern der Umgebung, Schanzarbeiten zu verrichten, ‚vnd die Stücke, die Er mit Pferden nicht dahin bringen konnte, hinauffzuziehen: Worüber dan viele todt geblieben, vnd daher die Bauren aller orten sich häuffig absentiret vnd verlauffen‘ (CHEMNITZ, Königlich Schwedichen […] II, S. 581). Auch eingeflüchtete Bauern wurden zu diesen schweren Arbeiten gezwungen. Im schwedischen Heer wurden dazu bevorzugt die ohnehin sozial deklassierten Finnen eingesetzt (vgl. auch TOEPPEN, Hoppes Chronik, S. 77). Reichskanzler Oxenstierna hatte auch den Frankfurtern die Verpflichtung der Bettler zum Festungs- bzw. Schanzenbau empfohlen. Im 17. Jahrhundert wurden zunehmend auch Soldaten durch die Aufnahme der Schanzpflicht in die Artikelbriefe für Schanzarbeiten herangezogen; ein Versuch der Fürsten, ein bisher ungenutztes Reservoir an billigen Arbeitskräften zu erschließen, eine Reaktion auf die neuen militärischen Erfordernisse (Belagerungs- und Grabenkrieg, Ausbreitung der Festungen) und Ausdruck des fürstlichen Willens, die Soldaten körperlich, geistig und sittlich zu disziplinieren (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 138, 255). Bei den Schweden wurden bevorzugt die Finnen zu diesen schweren Arbeiten herangezogen. Aus Iglau wird unter 1647 berichtet, wie der schwedische Kommandant Österling die nur noch 299 [von ehemals 13.000) Einwohner fassende Stadt während der Belagerung durch die Kaiserlichen zur Schanzarbeit trieb; STERLY, Drangsale, S. 64f.: „In das kaiserliche Lager langte immer mehr und mehr schweres Geschütz an; als dieses der Kommandant erfuhr; ließ er er voll Grimm die Einwohner wie das mit aller Gewalt auf die Schanzarbeit treiben, und erließ das strengste Verboth, daß außer dieser Arbeit sich keine Manns- noch Weibsperson sehen lasse. Was war dieses für ein Trübsal unter den armen Bürgern ! dieselben hatten ihren geringen Vorrath an den nothwendigsten Lebensmitteln bereits aufgezehrt, und konnten sich bei dem bestehenden strengsten Verbothe, nicht auszugehen, keine andere beischaffen; vom Hunger und Durst gequält, und daher ganz erschöpft, mussten sie sich dennoch den schwersten Arbeiten unterziehen. Der Kommandant war taub gegen alles Bitten und Flehen; verlangten einige die Erlaubniß, sich aus der Stadt zu entfernen, so ließ er sie in den Zwinger einschließen, ihnen des Tags ein bischen Brot und ein wenig Wasser reichen, dafür aber unter Schlägen zur Arbeit anhalten. Als der Kommandant die Deserzion zweier seiner Leute am vorhergehenden Tage erfuhr, und besorgte, daß Mehrere diesem Beispiele folgen dürften, so ließ er den Arbeitenden Fußeisen anlegen“. Augsburg 1632; STETTEN, Geschichte 2. Bd., S. 211: „Den 14. Septembris ließ der Gouverneur Oxenstirn [Bengt Bengtson Freiherr v. Oxenstierna; BW] etliche Bischöfliche, Capitlische und Fuggerische Beamte und Vögte, so ihre Unterthanen bey der Schantz-Arbeit zu erscheinen nicht angehalten hatten, zur Straffe durch den Profosen etliche mal um das höltzerne Roß oder Esel herumführen“. Fehlte es auf Grund von grassierender Pest an zwangsverpflichteten Bürgern, mussten auch Soldatenfrauen Schanzarbeiten leisten. Zur Schanze vgl. auch STUHR, Die Schanze.
[175] Laufgraben: Graben, der bei der Belagerung einer Festung oder Stadt im Zickzackverlauf aufgeworfen wurde, in dem man sich möglichst ungefährdet nähern konnte. Approchen ist die Bezeichnung für die Laufgräben (Annäherungswege) bei der militärischen Belagerung von Festungen. Das Wort ist eine Eindeutschung des französischen Verbes s’approcher, sich nähern. Es handelt sich um eine Anlage, die der Angreifer einer Festung anlegen musste, bevor die Festung erstürmt werden konnte. Mit Hilfe einer Erdwalze (Sappe; vgl. dazu auch PIERER, Universal-Lexikon, Bd 14, S. 886-887) konnte sich der Angreifer an die Festungsmauern heranarbeiten, um sie durch ein anschließendes Unterminieren zum Einsturz zu bringen. Mit Hilfe der Approchen konnte der Angreifer das Vorgelände gedeckt überschreiten. Sappen wurden von den zu den ingenieurtechnischen Truppen gehörenden Sappeuren angelegt, die über besondere Ausrüstung wie z. B. Schanzkörbe verfügten oder den typischen, breitkrempigen Eisenhelm zum Schutz vor Geschossen, welche die Verteidiger von oben abschossen. Bei mittelalterlichen Burgbelagerungen wurden Sappen häufig eingesetzt, um das Mauerwerk der belagerten Festung aufzubrechen und die Mauer so weit auszuhöhlen, dass sie, evtl. durch Verbrennen des Stützgebälks, zum Einsturz gebracht werden konnte. Die Approchen bestanden aus einem Graben von etwa 2,5 m Sohlenbreite und etwa 1,25 m Tiefe, der bis zur 3. Parallele im Zickzack geführt auf der der Festung zugekehrten Seite mit einer etwa 1 m hohen Erdschüttung versehen war. Die einzelnen Approchenzüge legte man vor den einspringenden Winkeln der Festungswerke an und führte die einzelnen Schläge so, dass ihre Verlängerung mindestens 50 m vor dem weitest vorspringenden Festungswerk vorbeischlug. Jeder vorwärtige Schlag wurde bogenförmig über den rückwärtig hinaus nach hinten verlängert, was man Haken oder Crochet nannte. Diese Haken dienten als Ausweichstellen und der Aufstellung kleinerer Wachposten. Die zickzackförmigen Approchen wurden als einzelne Sappen ausgeführt. In geringerer Entfernung zur Festung, etwa von der zweiten Parallele an, kam die vom Sappeur mit Wälzkorb und sonstigem Hilfsgerät auszuführende völlige Sappe, später (ab etwa 1870) die einfache Erdwalze zur Anwendung. In nächster Nähe zur Festung, etwa vom Fuß des Glacis ab, hätten die Zickzacks allzu spitzwinklig werden müssen, um gegen bestreichendes Feuer geschützt zu sein. Man ging deshalb auf dieser Strecke von der Anwendung der Zickzacks ab und führte hier die Approchen derartig in gerader Richtung auf die Saillants der Angriffsfront weiter, dass sie durch Traversierung (Traversensappe, Würfelsappe) gegen bestreichendes Feuer geschützt wurden. Die Anlage von Approchen seitens der Angreifer wurde von den Verteidigern durch die langjährige Anpflanzung von tiefwurzelnden Pflanzen auf dem Glacis der Festung erschwert. [wikipedia]
[176] Spanischer Reiter (friesischer Reiter): Künstliches Hindernis, bestehend aus etwa 4 m langen, 25 starken Balken (Leib), durch die kreuzweise spitze Latten (Federn) so aneinander gesteckt sind, dass niemand dazwischen durchkriechen kann, früher als Sperre im Feld- und Festungskrieg beliebt. => Springstöcke.
[177] Inquilinus: I. Insasse, Mieter. II. fremder Bürger. III. Mitbewohner, Hausgenosse.
[178] Alumnus: Schüler; Absolvent einer Schule, Hochschule.
[179] Mars: Kriegsgott.
[180] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[181] Rittmeister [schwed. ryttmåstere, dän. kaptajn]: Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscher, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Der Rittmeister beanspruchte in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold, d. h. 1.800 fl. jährlich, während ein bayerischer Kriegsrat 1637 jährlich 792 fl. erhielt, 1620 war er in der brandenburgischen Armee als Rittmeister über 50 Pferde nur mit 25 fl. monatlich datiert gewesen. Als kommandierender Rittmeister einer Streifschar einer Besatzung erhielt er auf 1.000 Rt. Beute und Ranzionierungen quasi als Gefahrenzuschlag 59 Rt. 18 Alb. 4 Heller; HOFMANN, Peter Melander. Bei seiner Bestallung wurde er in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.
[182] N Riß [Rieß] [ – ], kursächsischer Hauptmann.
[183] Artillerie: Zur Wirksamkeit der Artillerie vgl. ENGLUND, Verwüstung Deutschlands, S. 424f.: „Sowohl bei sogenannten Kernschüssen als auch bei Visierschüssen zielte man mit dem Geschützrohr in mehr oder weniger waagrechter Position. Ein in dieser Position eingestellter Neunpfünder hatte eine Reichweite von etwas über 350 Metern. Dann schlug die Kugel zum erstenmal auf dem Boden auf, wonach sie regelmäßig einen Sprung machte und noch einmal 350 bis 360 Meter flog, bevor sie kraftlos erneut aufprallte – acht von zehn Kugeln sprangen mindestens dreimal auf. (Der Abprall hing davon ab, ob der Boden eben oder buckelig und uneben war.) Die Kugel flog die ganze Zeit in Mannshöhe. Sie konnte also auf ihrer gesamten Bahn töten und verwunden, und wenn sie im rechten Winkel durch eine dünne Linie von Männern schlug, pflegte sie im Durchschnitt drei Mann zu töten und vier oder fünf zu verwunden, aber es kam auch vor, daß eine einzige Kugel 40 Menschen auf einen Schlag tötete. Menschen und Tiere wurden meistens mit einem hohen und entsetzlichen Reißgeräusch zerfetzt. Es gibt Beschreibungen von Schlachten dieses Typs – wie es aussah, wenn brummende Vollkugeln in die von Pulverdampf eingehüllten und dicht gestaffelten Reihen aufrecht stehender Männer einschlugen: In der Luft über den Verbänden sah man dann eine kleine Kaskade von Waffenteilen, Rucksäcken, Kleidern, abgerissenen Köpfen, Händen, Beinen und schwer identifizierbaren menschlichen Körperteilen. Der tatsächliche Effekt beruhte in hohem Grade auf der Größe der Kugel. Leichte wie schwere Geschütze schossen im großen und ganzen ihre Kugeln mit der gleichen Anfangsgeschwindigkeit ab, etwas unter 500 Meter in der Sekunde, doch je größer die Kugel war – das Kaliber in Pfund bezeichnet das Kugelgewicht – , desto höhere Geschwindigkeit und Durchschlagskraft hatte sie, wenn sie ihr Ziel erreichte: die Beine und Muskeln und Zähne und Augäpfel eines Menschen auf der anderen Seite des Feldes“. Der technische Aufwand war beträchtlich bei 60-Pfündern rechnete man für 8 Tage à 30 Schuss 3 Ztr. Pulver, 13 Wagen mit 99 Pferden, dazu 3 Knechte u. 2 Büchsenmeister sowie deren Zubehör. „Vom Nürnberger Stückegießer Leonhard Loewe ist die Rechnung für die Herstellung zweier jeweils 75 Zentner schwerer Belagerungsgeschütze erhalten, die auf den heutigen Wert hochgerechnet werden kann. An Material- und Lohnkosten verlangte Loewe 2.643 Gulden, das sind ca. 105.000 bis 132.000 Euro. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81. Vgl. ENGERISSER, Von Kronach, S. 575ff.
[184] Musketier [schwed. musketerare, musketör, dän. musketeer]: Fußsoldat, der die Muskete führte. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, 1. Bd., S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 2 – 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. MAHR, Monro, S. 15: „Der Musketier schoß mit der Luntenschloßmuskete, die wegen ihres Gewichtes [etwa 5 kg] auf eine Gewehrgabel gelegt werden mußte. Die Waffe wurde im Stehen geladen, indem man den Inhalt der am Bandelier hängenden hölzernen Pulverkapseln, der sog. Apostel, in den Lauf schüttete und dann das Geschoß mit dem Ladestock hineinstieß. Verschossen wurden Bleikugeln, sog. Rollkugeln, die einen geringeren Durchmesser als das Kaliber des Laufes hatten, damit man sie auch bei Verschmutzung des Laufes durch die Rückstände der Pulvergase noch einführen und mit Stoff oder Papier verdämmen konnte. Da die Treffgenauigkeit dieser Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Die Verbände waren dabei in sog. Treffen aufgestellt. Dies waren Linien zu drei Gliedern, wobei das zweite Treffen etwa 50 Schritt, das dritte 100 Schritt hinter der Bataille, d. h. der Schlachtlinie des ersten Treffens, zu stehen kamen, so daß sie diese bei Bedarf rasch verstärken konnten. Gefeuert wurde gliedweise mit zeitlichem Abstand, damit für die einzelnen Glieder Zeit zum Laden bestand. Ein gut geübter Musketier konnte in drei Minuten zwei Schuß abgeben. Die Bleigeschosse bis zu 2 cm Kaliber [vgl. auch GROTHE, Auf die Kugeln geschaut, S. 386, hier 16, 8-19,5 mm] verformten sich beim Aufprall auf den Körper leicht, und es entstanden schwere Fleischwunden. In den Kämpfen leisteten Feldscherer erste Hilfe; doch insgesamt blieb die medizinische Versorgung der Verwundeten mangelhaft. Selbst Streifschüsse führten oft aufgrund der Infektion mit Tetanus zum Tode, erst recht dann schwere Verletzungen“. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet 1634, dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe; SCHLOTTER, Acta, S. 194. Der Bad Windheimer Chronist Pastorius hält unter 1631 fest; PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 100: „1631. Den 10. May eroberte der General Tylli die Stadt Magdeburg / plünderte sie aus / eine Jungfrau hatte ihres Bruders Kleider angezogen / und sich in ein groß leeres Weinfaß verstecket / ward endlich von einem Reuter gefunden / der dingte sie für einen Knecht / deme sie auch drey Monat treulich die Pferde wartete / und als in einem Treffen der Reuter umkam / und sie von denen Schweden gefangen gen Erffurt kam / ließ sie sich für einen Musquetirer unterhalten / dienete fünff Jahr redlich / hatte in etlichen Duellen mit dem Degen obsieget / wurde endlich durch eine Müllerin / wo sie im Quartier lag / verrathen / daß sie ein Weib wäre / da erzehlete sie der Commendantin allen Verlauff / die name sie zu einer Dienerin / kleidete sie / und schenckte ihr 100. Ducaten zum Heyrath-Guthe“. Weiter gibt es den Fall der Clara Oefelein, die schriftliche Aufzeichnungen über ihren Kriegsdienst hinterlassen haben soll. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch 1. Bd., S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß, S. 43ff., über die Bedienung; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics; EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[185] Richtig ist N v. Erichshausen [Erichhausen, Erichthausen, Erich Hans Sohn] [ – ], schwedischer Obrist. Die Schreibweise Erich Hans Sohn wurde wahrscheinlich von GOTTFRIED, Historische Chronik [ …] 2. Teil, 4. Buch, S. 736, übernommen.
[186] Kornett [schwed. kornett, dän. cornet]: Der Kornett führte die kleinste Einheit der Reiterei mit eigenen Feldzeichen, entsprach der Kompanie; 1 berittene Kompanie hatte in der kursächsischen Armee ca. 125 Pferde, 1 schwedische Reiterkompanie umfasste in der Regel 80 Mann. Der Kornett erhielt ca. 50 fl. Monatssold; z. T. wurden allerdings 240 Rt. (!) in besetzten Städten (1626) erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermarck, S. 15). Sein Anteil an 1.000 Rt. Beute u. Ranzion betrug 17 Rt. 60 Alb. 2 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156. => Fähnrich; Fahne.
[187] prästiert: geleistet.
[188] Kriegsgefangene: Zur Gefangennahme vgl. die Reflexionen bei MAHR, Monro, S. 46: „Es ist für einen Mann besser, tüchtig zu kämpfen und sich rechtzeitig zurückzuziehen, als sich gefangennehmen zu lassen, wie es am Morgen nach unserem Rückzug vielen geschah. Und im Kampf möchte ich lieber ehrenvoll sterben als leben und Gefangener eines hartherzigen Burschen sein, der mich vielleicht in dauernder Haft hält, so wie viele tapfere Männer gehalten werden. Noch viel schlimmer ist es, bei Gefangennahme, wie es in gemeiner Weise immer wieder geübt wird, von einem Schurken nackt ausgezogen zu werden, um dann, wenn ich kein Geld bei mir habe, niedergeschlagen und zerhauen, ja am Ende jämmerlich getötet zu werden: und dann bin ich nackt und ohne Waffen und kann mich nicht verteidigen. Mein Rat für den, der sich nicht entschließen kann, gut zu kämpfen, geht dahin, daß er sich dann wenigstens je nach seinem Rang gut mit Geld versehen soll, nicht nur um stets selbst etwas bei sich zu haben, sondern um es an einem sicheren Ort in sicheren Händen zu hinterlegen, damit man ihm, wenn er gefangen ist, beistehen und sein Lösegeld zahlen kann. Sonst bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich zu entschließen, in dauernder Gefangenschaft zu bleiben, es sei denn, einige edle Freunde oder andere haben mit ihm Mitleid“. Nach Lavater, Kriegs-Büchlein, S. 65, hatten folgende Soldaten bei Gefangennahme keinerlei Anspruch auf Quartier (Pardon): „wann ein Soldat ein eysen, zinne, in speck gegossen, gekäuete, gehauene oder gevierte Kugel schiesset, alle die gezogene Rohr und französische Füse [Steinschloßflinten] führen, haben das Quartier verwirkt. Item alle die jenigen, die von eysen geschrotete, viereckige und andere Geschröt vnd Stahel schiessen, oder geflammte Dägen, sollt du todt schlagen“. Leider reduziert die Forschung die Problematik der de facto rechtlosen Kriegsgefangenen noch immer zu einseitig auf die Alternative „unterstecken“ oder „ranzionieren“. Der Ratsherr Dr. Plummern berichtet (1633); SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Eodem alß die von Pfullendorff avisirt, daß ein schwedischer reütter bei ihnen sich befinnde, hatt vnser rittmaister Gintfeld fünf seiner reütter dahin geschickht sollen reütter abzuholen, welliche ihne biß nach Menßlißhausen gebracht, allda in dem wald spolirt vnd hernach zu todt geschoßen, auch den bauren daselbst befohlen in den wald zu vergraben, wie beschehen. Zu gleicher zeit haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd naher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächts sein sollen, dahero weiln rittmaister Gintfeld ein gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen wird“. Der Benediktiner-Abt Gaisser berichtet zu 1633; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 415: „Der Bürger August Diem sei sein Mitgefangener gewesen, für den er, falls er nicht auch in dieser Nacht entkommen sei, fürchte, daß er heute durch Aufhängen umkomme. Dieser sei, schon vorher verwundet, von den Franzosen an den Füßen in einem Kamin aufgehängt und so lange durch Hängen und Rauch gequält worden, bis das Seil wieder abgeschnitten worden sei und er gerade auf den Kopf habe herabfallen dürfen“. Soldaten mussten sich mit einem Monatssold freikaufen, für Offiziere gab es je nach Rang besondere Vereinbarungen zwischen den Kriegsparteien. Das Einsperren in besondere Käfige, die Massenhinrichtungen, das Vorantreiben als Kugelfang in der ersten Schlachtreihe, die Folterungen, um Auskünfte über Stärke und Bewegung des Gegners zu erfahren, die Hungerkuren, um die „Untersteckung“ zu erzwingen etc., werden nicht berücksichtigt. Frauen, deren Männer in Gefangenschaft gerieten, erhielten, wenn sie Glück hatten, einen halben Monatssold bis zwei Monatssolde ausgezahlt und wurden samt ihren Kindern fortgeschickt. KAISER, Kriegsgefangene; KROENER, Soldat als Ware. Die Auslösung konnte das eigene Leben retten; SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Zu gleicher zeitt [August 1630] haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd nacher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächte sein sollen, dahero weiln rittmeister Gintfeld eine gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen worden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70 (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, dass die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. Auf Gefangenenbefreiung standen harte Strafen. Pflummern hält in seinem Tagebuch fest: „Martij 24 [1638; BW] ist duca Federico di Savelli, so in dem letzsten vnglückhseeligen treffen von Rheinfelden den 3 Martij neben dem General von Wert, Enckefort vnd andern obristen vnd officiern gefangen vnd bis dahin zu Lauffenburg enthallten worden, durch hilff eines weibs auß: vnd den bemellten 24 Martij zu Baden [Kanton Aargau] ankommen, volgenden morgen nach Lucern geritten vnd von dannen nach Costantz vnd seinem vermellden nach fürter zu dem general Götzen ihne zu fürderlichem fortzug gegen den feind zu animirn passirt. Nach seinem außkommen seyn ein officier sambt noch einem soldaten wegen vnfleißiger wacht vnd der pfarherr zu Laufenburg neben seinem capellan auß verdacht, daß sie von deß duca vorhabender flucht waß gewüßt, gefänglich eingezogen, die gaistliche, wie verlautt, hart torquirt [gefoltert; BW], vnd obwoln sie vnschuldig geweßt, offentlich enthauptet; die ihenige fraw aber, durch deren hauß der duca sambt seinem camerdiener außkommen, vnd noch zwo personen mit růthen hart gestrichen worden“. Der Benediktoner-Abt Gaisser berichtet über die Verschiffung schwedischer Gefangener des Obristen John Forbes de Corse von Villingen nach Lindau (1633); STEMMLER, Tagebücher Bd. 1, S. 319: „Abschreckend war das Aussehen der meisten gemeinen Soldaten, da sie von Wunden entkräftet, mit eigenem oder fremdem Blute besudelt, von Schlägen geschwächt, der Kleider und Hüte beraubt, viele auch ohne Schuhe, mit zerrissenen Decken behängt, zu den Schiffen mehr getragen als geführt wurden, mit harter, aber ihren Taten angemessener Strafe belegt“. Gefangene waren je nach Vermögen darauf angewiesen, in den Städten ihren Unterhalt durch Betteln zu bestreiten. Sie wurden auch unter Offizieren als Geschenk gebraucht; KAISER, Wohin mit den Gefangenen ?, in: http://dkblog.hypotheses.org/108: „Im Frühsommer 1623 hatte Christian von Braunschweig, bekannt vor allem als ‚toller Halberstädter’, mit seinen Truppen in der Nähe Göttingens, also im Territorium seines älteren Bruders Herzog Friedrich Ulrich, Quartier genommen. In Scharmützeln mit Einheiten der Armee der Liga, die damals im Hessischen operierte, hatte er einige Gefangene gemacht. Was sollte nun mit diesen geschehen? Am 1. Juli a. St. wies er die Stadt Göttingen an, die gefangenen Kriegsknechte nicht freizulassen; vielmehr sollte die Stadt sie weiterhin ‚mit nottürfftigem vnterhalt’ versorgen, bis andere Anweisungen kämen. Genau das geschah wenige Tage später: Am 7. Juli a. St. erteilte Christian seinem Generalgewaltiger (d. h. der frühmodernen Militärpolizei) den Befehl, daß er ‚noch heutt vor der Sonnen vntergangk, viertzig dero zu Göttingen entthaltenen gefangenen Soldaten vom feinde, den Lieutenantt vnd Officiers außsgenommen, Laße auffhencken’. Um den Ernst der Anweisung zu unterstreichen, fügte er hinzu, daß dies ‚bei vermeidung vnser hochsten vngnad’ geschehen solle. Der Generalgewaltiger präsentierte daraufhin der Stadt Göttingen diesen Befehl; bei der dort überlieferten Abschrift findet sich auf der Rückseite die Notiz vom Folgetag: ‚Vff diesen Schein seindt dem Gewalthiger 20 Gefangene vff sein darneben mundtlich andeuten ausgevolgtt worden’. Der Vollzug fand also offenbar doch nicht mehr am 7. Juli, am Tag der Ausfertigung des Befehls, statt. Aber es besteht kaum ein Zweifel, daß zwanzig Kriegsgefangene mit dem Strang hingerichtet wurden. (StA Göttingen, Altes Aktenarchiv, Nr. 5774 fol. 2 Kopie; der Befehl an die Stadt Göttingen vom 1.7.1623 a.St. ebd. fol. 32 Ausf.)“. Bericht aus Stettin vom 8.4.1631; Relation Oder Bericht Auß Pommern. o. O. 1631: „Den 27. Martii sind alhier 108 gefangene eingebracht deren nach mehr folgen sollen / die werden alle in Schweden ins bergwerck gesand / das sie etwas redliches arbeiten lernen“. Teilweise wurden Gefangene auch unter den Offizieren verkauft; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 607 (Schweinfurt 1645). Zur Problematik vgl. KAISER, Kriegsgefangene in der Frühen Neuzeit, S. 11-14. 1633 kostete die Auslösung bei der Kavallerie: Obrist 600 Rt. aufwärts, Obristleutnant 400 Rt., Obristwachtmeister 300 Rt., Rittmeister 200 Rt., Kapitänleutnant 70 Rt., Leutnant 60 Rt. bis 10 Rt. für einen Marketender.
[189] Feldscher: Chirurgus, Wundarzt im Dienst einer Armee, des Generalstabes (hier Hofstabsfeldscherer genannt) bzw. eines Regiments. In der Regel hatten die Feldschere, im Unterschied zu den studierten Medici, ihre Kenntnisse nicht auf Universitäten, sondern auf dem Schlachtfeld oder als Wanderärzte auf Jahrmärkten erworben. Sie waren in erster Linie für die primäre Wundversorgung, darüber hinaus jedoch auch für Knochenbrüche und Amputationen zuständig. Die Verwertung der Menschenhaut bei Delinquenten war ihnen gestattet. Auch waren sie wegen der grassierenden Lagerkrankheiten ständig im Einsatz. Feldschere waren oft schlecht ausgebildet und unzureichend ausgestattet (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 268f.). In der kaiserlichen Armee erhielten sie 60 fl. pro Monat. In der kurbrandenburgischen Armee wurden sie 1626 mit 20 fl. besoldet. Die medizinische Versorgung der Soldaten wurde jedoch zum Teil auch von kundigen Ärzten und studierten Medizinern geleistet. Ärztliche Oberaufsicht im Feld hatte der General-Stabs-Chirurgus (neben dem Feld-Medicus). Unter ihm stand der Regiments-Feldscher, seinerseits mit Weisungsbefugnis über die Compagnie-Feldschere. Bei militärischen Einsätzen wurden die Feldscher mitgeschickt. Ihnen oblagen zusammen mit den Führern die Krankenversorgung und die Sorge für die Feldapotheke. Kranke und verwundete Soldaten blieben zumeist in Städten und Orten zurück und fielen diesen zur Last – sofern sie keine Familie als Schutzgemeinschaft im Lager besaßen – , obgleich man dort zum Teil die Aufnahme der Kranken aus Furcht vor der Ausbreitung von Seuchen und vor den Kosten verweigerte. Feldscher wurden schlecht bezahlt; HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 218: „Nach einem Bericht des Regierungs-Medikus Dr. Golla [1643; BW] hat der Feldscherer Kasimir Ebner des Rgt. [Johann Heinrich v:; BW] Haslang im Amberger Feldspital zu St. Katharina über hundert Schwerkranke behandelt, von denen kein einziger starb; Ebner bat um die Anstellung beim Feldspital. Er war in seiner Kleidung so heruntergekommen, daß er kaum über die Straße gehen konnte und stellte die bescheidene Forderung, wöchentlich nur 1 Taler zu erhalten“. Verwundete erhielten z. B. im Neumarkter (Oberpfalz) Lazarett (1647): ein gemeiner Soldat wöchentlich 1 fl. 30 kr.; ein Feldwebel oder Korporal täglich 18 kr.; RIED, Neumarkt, S. 106. Zudem erhielt ein Angeschossener 18 gr. oder den Gegenwert in Heringen, für einen abgeschossenen Daumen gab es 1 Rt., was etwa 36 Eiern entsprach. Finanziert wurden die Spitalkosten über die erhobenen Kontributionen. Daher liegen die Kosten für die medizinische Notversorgung, für das Feldspital (ein studierter Arzt erhielt etwa 260 fl., der „Chirurgus“ 60 fl. monatlich), in der Hauptkostenrechnung nur bei 1 %. Teilweise wurden entgegen den Verordnungen die verachteten Zigeuner eingesetzt. MINDERER beklagte bereits 1620 in seiner „Medicina Militaris“, S. 177: „Diß ist das nothwendigiste Capitel so ich inn diese meine KriegßArtzney billich zusetzen vonnöthen zusein geachtet vnd erwogen habe / dann ob schon ein jedes Feldtläger / ja ein jedes Regiment / oder das noch mehr ist / ein jedes Fähnlein mit einem oder mehr Feldtscherer fürsehen ist / oder doch fürsehen sein solle / so tst jedoch bey einem scharpffen Treffen / Scharmützel / Sturm oder Schlacht / allda vil Knecht mit hauffen beschädiget worden / also daß vor vile der geschäfften nicht ein jeder Feldscherer oder Artzt bekommen kann / derowegen dann / je ein guter Bruder / Spieß / oder Rottgesell / dem andern beyzuspringen schuldig ist“. Um diesem Mangel abzuhelfen, hatte man 1633 in Aibling eine Baderschule errichtet, aus der viele Wund- u. Militärärzte hervorgingen.
[190] Schleudern: nicht eindeutig, was hier gemeint ist. Allerdings wurden nach WALLHAUSEN 1616 noch Fußsoldaten an der Handschleuder ausgebildet.
[191] Bleiche: Bleichplatz, Bleichrasen zum Bleichen der Wäsche.
[192] Brigade: Anfangs bestand die schwedische Brigade aus 4 Schwadronen (Squadrons) oder Halbregimentern, also 2016 Mann und 256 Offizieren, ab 1631 nur noch aus 3 Schwadronen Fußvolk zu je 504 Mann und 64 Offizieren. Die insgesamt 1512 Mann waren in 648 Pikeniere und 864 Musketiere eingeteilt, die in Rotten zu je 6 Mann aufgestellt waren.
[193] Friedrich Freiherr v. Zabeltitz [Zabellitz, Sabalitz, Sabeiditz, Gabeditz, Gabeltitz, Rabeltiz, Zabelditzky] zu Ullersdorf [20.3.1595 Töppen-13.12.1643 Minden], schwedischer Obrist, Generalmajor.
[194] Georg v. Zweyberg [Zwieberg] [ -29.6.1641 vor Wolfenbüttel], schwedischer Obrist.
[195] Regimentsstück: leichtes Feldgeschütz, ab 1629 durch Gustav II. Adolf eingeführt, indem er jedem Infanterie-Regiment ständig zwei leichte Geschütze zuordnete. Die Bedienung übernahmen erstmals besonders eingeteilte Soldaten. Die Regimentsstücke waren meist 3-4-Pfünder-Kanonen. Sie wurden durch eine Protze im meist zweispännigen Zug, gefahren vom Bock. d. h. der Fahrer saß auf der Protze, beweglich gemacht. [wikipedia]
[196] Trommelschläger: Trommler (Tambour) wurden bei der schwedischen Armee auch als Boten eingesetzt, deren Aufgabe darin bestand, im feindlichen Lager als Kundschafter zu fungieren. Trommelschläger wurden z. T. als Übermittler bei Belagerungen oder Verhandlungen eingesetzt, ein durchaus gefährlicher Job, den sonst Trompeter ausübten. So schnitten 1642 aufständische Bauern einem schwedischen Trommler Nase, Ohren und die Finger ab, um zu zeigen, dass sie an Verhandlungen keinerlei Interesse hatten; THEATRUM EUROPAEUM 4. Bd., S. 839. Vgl. LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 41: „Sie sollen sich auf allerley Schläge / alß Lermen / Marsch / Versammlung / Troupen / Wacht / Rebell oder Travaille / verstehen / und allerley Marsch und frömder Völkeren Schlag können. Sie sollen nicht Narren und Possenreisser / sonder verständige Leuthe seyn, welche / so man zu dem Feind schicket / Gefangene zulösen: item / Befehl und Bottschaft zuverrichten: Briefe zuüberliefern / ihren Befehl verständig verrichten / auf alles was sie gefraget werden / vernünftig antworten / und was zu schaden gereichen möchte / verhälen / und die Heimlichkeit bey ihren Eiden niemandem offenbaren / sich nüchter halten / und so der Feind sie füllen / und ihnen mit starken trünken zusetzen wollte / solches verweigern und abschlagen: auch so sie gefraget wurden / davon schad entstehen möchte / sich entschuldigen / daß sie deren dingen keine wüssenschaft haben“. Ein Trommelschläger erhielt 1626 als Regimentstrommelschläger in der brandenburgischen Armee monatlich 12 fl.
[197] bona nova: gute Nachrichten.
[198] heimliches Gemach: Abtritt, Abort.
[199] mit stürmender Hand: Terminus technicus bei Belagerungen, nachdem zumindest zwei Aufforderungen zur Übergabe und Stürme ergebnislos geblieben waren; wichtig gerade für die Kommandanten, die bei sofortiger oder unnötiger Übergabe ihren Kopf riskierten.
[200] Sturmfass: Über die Kämpfe in Bautzen 1639 zwischen Schwedischen und Kursächsischen heißt es; ZEIDLER, Heinrich Basilius, Kürtzliche und Wahrhafftige Beschreibung, in: ZEIDLER; ZEIDLER, Tabeera Budissinae, S. 92: „sonderlich aber brauchten die Sächsischen Sturm-Fässer / darin bey 20. Pfund Pulver / auch mit Sand gefüllet“. 1523 (nach anderen 1654) soll ein derartiges Pulverfass beim Sturm auf St. Andrews in Schottland 321 Soldaten getötet und weitere 300 verwundet haben; MEYER, Handbuch, S. 27. JÄGER, Herrn le Blonds [ …] Artillerie-Wissenschaft, S. 76 (1766): „Die Sturm-Fässer sind ordentliche Fässer mit Feuerwerk gefüllt. Man läßt sie gegen die Arbeiten des Feindes hinrollen, um jene anzuzünden, und diese von dem Ort, den sie angreifen oder stürmen wollen, zu entfernen. Bisweilen füllet man sie nur blos mit Pulver, und macht eine Brand-Röhre daran, welche ehe die Fässer auf den Feind angelassen werden, angezündet wird. Diese Brand-Röhre bringt Feuer in das Pulver, welches das Fass zerspringend macht, und viel Unordnung unter den Truppen, wo es seine Wirkung thut, anstellet. Manchmal werden sie auch mit Achsen versehen, diese gehen mitten durch das Faß, und haben an ihren Enden 2 Räder, mittels deren sie von der Breche unter die Feinde, welche Sturm laufen wollen, herab rollen. Auch werden dergleichen Fässer zuweilen in andere grösere eingeschlossen, der zwischen ihnen befindliche Raum mit Steinen, Kieseln und ungelöschtem Kalk gefüllt, welche Dinge, wenn sie durch die Wirkung des Pulvers des inneren Fasses auseinander getrieben werden, sehr grosen Schaden anzurichten im Stande sind“.
[201] Handgranaten: runde, mit Pulver gefüllte Eisenkugeln, die mit einer Lunte gezündet wurden. Granaten können, als selten erhaltene Beispiele damaliger Feuerwerkerkunst, noch heute in den Kunstsammlungen der Veste Coburg besichtigt werden. Während die Handgranaten aus runden, mit Pulver gefüllten Eisenkugeln bestanden und mit einer Lunte gezündet wurden, gab es auch schon Fallgranaten, die beim Aufschlag mittels eines Reibungszünders explodierten. Granadiere waren ursprünglich Soldaten, die Handgranaten gegen den Feind schleuderten. Bereits 1631 wurden sie bei der Eroberung Frankfurt a. d. Oder von den Iren eingesetzt; MAHR, Monro, S. 112. Als Generalmajor Lars Kagge 1634 in Regensburg belagert wurde, forderte er zu dieser gefährlichen Tätigkeit – ihre Splitter konnten bis zu 50 Schritte gefährlich werden – Freiwillige gegen höheren Sold auf und wurde so der Schöpfer der Granadiere. Chemnitz, S. 467, beschreibt bei dieser Gelegenheit erstmalig den Einsatz von Handgranaten: „Gebrauchte sich [der Gen. Maj. Kagg] hierunter zuforderst der handgranaten, den Feind in confusion zubringen, nachgehends, wann solches geschehen, der Kurtzen wehren [Helmbarten] zum niedermetzeln. Wobey er jennige, so die handgranaten zu erst geworffen, mit einer gewissen recompens [nach Heilmann 2 Reichstaler] zu einer so gefährlichen action angefrischet‘. ENGERISSER, Von Kronach, S. 277.
[202] Johann [Johan, Hans Franciscus] v. Koppey [Koppen, Koppy, Coppy, Copy, Copi, Copie, Copey] [ -nach 1663], schwedischer Obristleutnant, Obrist.
[203] Pikenier: Fußsoldat, der die Pike führte, ein Landsknechtspieß von 3 bis 5 m Länge, die entscheidende Waffe des in geschlossenen Haufen kämpfenden Fußvolkes. Die Pikeniere bildeten die unterste Klasse des Fußvolks. Bei einem Reiterangriff richteten die ersten beiden Reihen des Fußvolkes die Piken gegen die Angreifer. Die Pike war eher eine Defensivwaffe, da die Pikeniere den Rückhalt für die beweglicheren Musketiere bildeten (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, S. 89f.). Hochrangige Offiziere wie Piccolomini behaupteten gern von sich, sie hätten das Kriegshandwerk „von der Pike auf“ („con una picca“) gelernt. Die 1, 5 – 2 mm dicken Brustharnische der Pikeniere boten keinen ausreichenden Schutz gegen Musketenkugeln, die mit 300 m/sec noch auf 40 Meter den Harnisch und seinen Träger durchschlugen und ihm meist tödliche Verletzungen zufügten. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 79, 156. Bei einer Schussentfernung von 100 m wird der Brustpanzer noch durchschlagen, in der Regel blieb aber die Kugel im Körper zurück und fügt dem Getroffenen schwere Verletzungen zu. Bei einer Entfernung von 200 m wird der Panzer zwar nicht mehr durchschlagen, der Getroffene erleidet aber schwere Prellungen. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 79f.
[204] Pike: Landsknechtspieß von 3 bis 5 m Länge, die entscheidende Waffe des in geschlossenen Haufen kämpfenden Fußvolkes. Die Pikeniere bildeten die unterste Klasse des Fußvolks. Bei einem Reiterangriff richteten die ersten beiden Reihen des Fußvolkes die Piken gegen die Angreifer. Die Pike war eher eine Defensivwaffe, da die Pikeniere den Rückhalt für die beweglicheren Musketiere bildeten (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, S. 89 f.). Hochrangige Offiziere wie Piccolomini behaupteten gern von sich, sie hätten das Kriegshandwerk „von der Pike auf“ („con una picca“) gelernt.
[205] gequetscht: durch Hieb verwundet.
[206] Blenden, Blendwerk: vorgeschobene Anlagen zur Verdeckung einer dahinter liegenden Befestigung und zum Schutz von Musketieren.
[207] Defensen: Verteidigungsanlagen.
[208] Wachtmeister [schwed. sergeant, dän. sergent]: Unteroffiziersdienstgrad. Der Wachtmeister war zuständig für die Sicherheit des Lagers und der Truppen sowie für die Einteilung, Aufstellung, Beaufsichtigung der Wachen und Ausgabe der Losung. Selbst ein Wachtmeister hatte noch 3 Knechte, 1 Jungen und 5 Pferde, manchmal sogar noch einen Narren als Begleitung; WAGNER; WÜNSCH, Notabilia, S. 110. Mit der Einrichtung stehender Heere wurde die Bezeichnung „Wachtmeister“ synonym für Feldwebel verwendet. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm 32 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Pro 1.000 Rt. Beute und Ranzion erhielt er 23 Rt. 54 Alb. 6 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156. Ein Wachtmeister der Reiterei erhielt in der brandenburgischen Armee monatlich 40 fl. Erpresst wurden in besetzten Städten z. T. 48 Rt.; HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15.
[209] Batterie: Geschütze wurden zu Gruppen zusammengefasst. Diese Gruppen nannte man Batterie. Die damals angewandte Methode, eine Mauerbresche zu schießen, sah so aus, daß man eine Geschützbatterie frontal auf die zu brechende Mauer richtete und zwei kleinere Batterien im Winkel von ca. 30-45 Grad zu beiden Seiten anlegte, durch welche die gelockerte Mauersubstanz zusätzlich herausgehebelt wurde. [ENGERISSER]
[210] Elle: 1 Elle = 55,5-55,8 cm, wie üblich unterschiedliche Angaben: Bautzen: 47, 59 cm; Altenburg/Thüringen: 56,759 cm; Braunschweig: 57,05 cm; Mecklenburg: = 2 Fuß = 57,4 cm; Breslau 57,612 cm; Böhmen 57,2-60, 3 cm; Pommerm: 2 Fuß = 59,377 cm; Anhalt: 63,59 cm; Aachen: 66,722 cm; weitere Beispiele unter: http://www.web-schlagbauer.de/Main/Gewichte/Meter.php?64_37_.
[211] Extrema zu tentiren: das Äußerste zu versuchen.
[212] Stratagemata: Kriegslisten.
[213] Straßenbereiter, Straßenreiter: Beauftragter des öffentlichen Sicherheitsdienstes; Wegemeister.
[214] glühende Kugeln: Kugeln, die vor dem Abfeuern erhitzt wurden und die Dächer und Böden in Brand setzen sollten, an sich weniger problematisch, sobald die Dächer und Böden befeuchtet bzw. auf den Dachböden Sand aufgeschüttet wurden. Vor allem nachts hatten sie jedoch psychologische Wirkung.
[215] Schock: variables Getreidemaß = ca. 14 kg. Auch 60 Stück = 3 Stiegen = 4 Mandel = 5 Dutzend.
[216] Pechkranz [Sturmkranz]: üblicher Brandsatz, der bei Belagerungen eingesetzt wurde, um kostengünstig Dächer, Vorratslager, Pulverkammern etc. in Brand zu setzen. Größere Pechkränze bestanden meist aus einem hölzernen Kern, um den mit Pech getränkter Schnüre gewickelt wurden. Das Durchschnittsgewicht betrug ca. 2,5 Kilogramm, während kleinere Brandsätze aus verflochtenen Schnüren bestanden und etwa 500 Gramm wogen.
[217] Schwefelbolzen: mit Schwefel versetzte Bolzen wurden entzündet und geworfen. Das dabei entstehende Rauchgas verbindet sich mit Luftfeuchtigkeit und der Feuchtigkeit in der Lunge zu schwefliger Säure. Die Lunge wird verätzt und der Feind erstickt.
[218] Speckkugeln: Ein Todesfall durch Speckkugel (1634) findet sich z. B. bei KRAUß, Antiquitates, S. 380. Zu der Kugel wurde angeblich ein Stück Speck geladen, das an der Kugel festgebunden wurde. In den Wunden der Getroffenen soll ein höllisches Feuer gebrannt haben. Zur Versorgung der Wunden wurde von einem ehemaligen Regimentsfeldscher empfohlen, mit ungesalzenem Speck die Wunde zu durchstreichen oder zu durchziehen. H., Der Weit-gereiste und wohl practicirte Barbierer, 2. Teil, S. 133. Bei GABELKOVER, Artzneybuch (1694), S. 635, findet sich eine Salbe gegen diese Speckschüsse: „Nimm Honig und Terpentin / jedes VIII. loth, Allaun ein halb loth / Croci Martis, Holtzwurtz / jedes II. loth, Aloepatici ein loth / darzue zehen Eyerdotter / temperirs zu einer Salben“.
[219] Zur Bekämpfung der Feuerpfeile vgl. ARMAMENTARIUM PRINCIPALE, S. 59f. (1625): „daß dir die Fewerpfeil nicht schaden thun mögen / so sie schon auff das Dach geschossen werden / hastu zween Weg. Zum ersten nimb gut Laugen oder Wasser / mach ein Confect mit Kalck und Aschen / daß es dick werde / wie ein Brey oder Muß / vnnd bestreich dein Wend vnd Dach damit / eins Finger dick / du magst auch ein wenig Leymen darunter mengē daß es dester ehe bey ein ander bleib / aber thu nit zuuiel darunder / so solches dörr oder feucht ist / vnd Fewerpfeil darauff kommen / so können sie nichts schaffen / vnd kann das Fewer nicht durch die Materi kommen / doch je dicker / je besser ist es gestrichen. Zum andern / vmbgib dein Hauß und Dach mit rawen Heutten von Ochsen / Kühen oder Pferden / wo Fewerpfeil daran kämen / vngewarnet sach kunden sie nichts schaffen / wirst dan sein gewar / so zeuch sie auß und lesch sie wie vor diesem gemeldt ist“.
[220] Korporal [schwed. korpral, dän. korporal]: Der Korporal war der unterste Rang der Unteroffiziere, der einen Zug als Teil der Kompanie führte. Er erhielt in der kaiserlichen Armee (1630) 12 fl. Sold monatlich; „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“. Das entsprach immerhin dem Jahreslohn eines Ochsenknechtes, in besetzten Städten (1626) wurden z. T. monatlich 24 Rt. erpresst; HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 16 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 461. DESING, Historia auxilia 2. Bd., S. 186: „Corporal ist ein Unter-Officier, der viel zu thun hat: Darumb seynd bey einer Compagnie zwey, drey oder vier. Für seine 15. Mann, welche man eine Rott nennt, empfängt er vom Capitain d’Armes das Gewehr, vom Fourier das Quartier, vom Muster-Schreiber das Geld, vom Sergeanten die Ordre, gehört nit zur Prima plana“. LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 60: „Die Corporalen sollen gute / redliche / und versuchte Soldaten seyn / die schreiben / lesen / und rechnen können. In dem commandieren sollen sie gleiche ordnung halten / die Schiltwachten zu guter zeit aufstellen / und ihr Ansehen bey den Soldaten erhalten: Sie sollen gantz eiserne Ladstecken / Krätzer / und Kugelzieher an ihren Musqueten haben / daß sie den Soldaten zu hülff kommen mögen“.
[221] Morgenstern: Der Morgenstern war eine im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit gebräuchliche Hiebwaffe. Er war vermutlich ein Abkömmling des antiken Knüppels oder des Dreschflegels (ersteres ist wahrscheinlicher). Die klassische Ausführung bestand aus einem bis zu 50 cm langen, kräftigen Holzstab als Griff an dessen Ende der Kopf, eine schwere Eisenkugel, saß (etwa 8 bis 12 cm im Durchmesser). Diese war mit etwa 1 bis 2 cm langen Spitzen besetzt. Oft war am unteren Ende des Griffs ein Faustriemen befestigt, der verhindern sollte, dass die Waffe im Kampfgetümmel verloren ging. Die Handhabung war mit der eines Streithammers oder eines Beils zu vergleichen. Varianten, bei denen der Kopf über eine Kette mit dem Griffstück verbunden war, werden als Flegel (auch: Streitflegel) bezeichnet. Wenn der Kopf mit Klingen besetzt war, spricht man üblicherweise von einem Streitkolben. Morgensterne wurden gern im Grabenkampf in den Laufgräben eingesetzt. Die Waffen, bei denen Eisenkugeln mit Ketten an sehr kurzen Stielen befestigt sind, sind eine Erfindung des Historismus im 19. Jahrhundert. Die Verwendung eines Morgensterns galt als „unritterlich“. Der Morgenstern wurde bis in das 17. Jahrhundert hinein verwendet [wikipedia] und wurde auch bei Ausfällen, z. B. von den Kaiserlichen (1633) aus Osnabrück, verwendet; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischenn handlung, S. 249. Auch bei der Belagerung Bautzens 1639 durch die Kursächsischen waren deren Soldaten in Erwartung des schwedischen Sturmes mit Morgensternen ausgerüstet worden. WILKE, Chronik, S. 383.
[222] Faschinen: Schanzkörbe, Reisig, Bündel, Holzwälle, Rutenbündel.
[223] Reis-Gebünder: auch Feuerbündel genannt, Reisigbündel oder Wellen, die mit Pech beträufelt, angezündet auf Angreifer und ihre Schutzvorrichtungen etc. herabgeworfen wurden.
[224] Leutnant [schwed. Löjtnant, dän. Løjtnant]: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-80 fl. – zumindest wurden in den besetzten Städten monatlich 80 Rt. (120 fl.) erpresst; HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15 -, was etwa dem Sold eines bayerischen Kriegsrats entsprach. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 60 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Als einer Leutnant einer Streifschar aus einer Garnison erhielt er quasi als Gefahrenzuschlag pro 1.000 Rt. Beute und Ranzion 28 Rt. 54 Alb. 6 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156. LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 52f.: „Ein Leutenant wird von dem wörtlein Lieutenant, quasi locum tenens, Ort / Platz / Stell- oder Statthalter eines Capitains genant / diweil er in abwesen seines Capitains desselben Stell verwaltet / er könnte auch der Unterhaubtmann geheissen werden. Ein solcher sol ein dapferer / aufrichtiger / Kriegsgeübter / und praver Cavalier seyn / und ist dem Capitain der nächste: in dessen abwesen commandiert er follkommen / und hat auch in gegenwart des Capitains den gantzen Befehl über die Compagnie: dann wann dem Capitain von dem Regiment etwas anbefohlen wird / so gibt er dem Leutenant Ordre / wie er sich in einem und anderem verhalten solle / der dann durch seine nachgesetzte Officier den Befehl follstrecken laßt: Dieser sol auch des Capitains guten Namen / Ehr / und Reputation lieb haben und schirmen / alß sein eigen Leben und Ehr / und sich sonderlich dem Capitain um dapfere und versuchte Soldaten umschauen / auch wie er die Soldaten logiren und wol einquartieren möge: Darneben soll er fleissig achtung geben / daß alles gleich zugehe / nach guter ordnung und ohne klag. Alle Abend sol er sich auf der Parade finden lassen / und sehen / wo mangel erscheine: ob auch die Parade / Wacht / und Ordre wol angestellet und gehalten werden: dagegen sol er sich in seinem Commandement gravitetisch und ernsthaft erzeigen / daß ihn seine untergebene Officier und Soldaten ehren / und so wol alß den Capitain fürchten. Die Soldaten werden auch durch ihn gestraft / und ligt ihme aller Last auf dem hals: dann so er die Compagnie nicht versehen müßte / mangelte man keinen Leutenant. Sein Oberwehr ist eine Partisane / er thut keine Wacht / alß die Haubtwacht / da die Compagnie wachet. Er sol auch die Corporalschaften an Mannschaft gleich außtheilen / und keiner mehr versuchte Soldaten geben alß der anderen / daß einer die besten / ein anderer aber die schlechtesten Soldaten habe / woran in einer Occassion vil gelegen ist: Er sol den strafwürdigen streng / den gehorsamen aber gutthätig seyn: Er sol auch aller Soldaten humores erkennen. In summa / er sol wüssen in abwesen des Capitains die Compagnie mit satsamer genugthuung zuregieren / alß wann der Capitain selbst zugegen were / und beyde Officia unklagbar zuverwalten“.
[225] Straßenbereiter, Straßenreiter: Beauftragter des öffentlichen Sicherheitsdienstes; Wegemeister.
[226] Nase und Ohr abschneiden: Im Mittelalter war das Nasen- und Ohrenabschneiden häufig noch mit der Verweisung verbunden gewesen. Bei Diebstahl, Gotteslästerung, Tragen verbotener Waffen und Desertion wurde meist ein Ohr abgeschnitten und an den Galgen genagelt. In der Hannoverschen Chronik heißt es unter 1633; JÜRGENS, Chronik, S. 514: „Den 11. [21.4.1633; BW] ist ein Königsmarkischer Soldate, so entlaufen, und hie unter Caspar von Lühden Stadt-Compagnien angetroffen, vor Linden bey dem Galgen stigmatisiret und das rechte Ohr abgeschnitten durch unsern Nachrichter Meister David“. Das Abschneiden eines Ohres galt als Strafe und Warnung zugleich, in Zukunft ein ordentliches Leben zu führen. Von Caspar Ermes, schwedischer Kommandant in Erfurt, wird berichtet; KRAFFT 156 r – 156 v; mdsz.thulb.uni-jena.de: „1643 hat der Commandant [einem Mann] die Ohren und Nasen abschneiden lassen und den Galgen und das Rad auf die Stirn und die Backen gebrannt, weil er Degen, Sporen, Flore aus der Kaufmannskirche gestohlen [hatte] und auch davon gelaufen war“. Vgl. auch NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 81. GÜTHEN; SCHAUBACH, Poligraphia Meiningensis, S. 273 (1644): „In eben demselbigen sind auch einem Soldaten, so einen Mandel gestohlen gehabt, die Ohren abgeschnitten, und an den auff dem Marckt stehenden Galgen genagelt worden“. Aus Zwickau wird 1648 berichtet: SCHMIDT, Chronica Cygnea, S. 699f.: „Kam der Obriste Herr Hans Georg Haubold von Schleunitz Churfürstl. Ampts-Hauptman / der Assecurirten Aempter halber / etc. zu Weida einsmal hieher / in dem er sich nun wieder auff die Reise gemachet / ist ein Mußqvetirer von der Convoi / welcher unvorsichtig auff einer Wagen-Deichsel gesessen / gefallen / dem hat das Wagen-Rad / wunderlicher weisse ein Ohr so glatt / als wenn es mit einen Scheermesser geschehen wär / vom Kopf abgeschnitten / um ihm sonsten am Leibe nichts versehret. Weil nun dieses vielen Leuten unglaublich vorkommen / und er sich zu befahren gehabt / es würde ihm / als wär es durch Scharffrichters Hand geschehen / vorgeworffen werden / hat er ihm von Hauptman Adam Kraussen / unter dessen Compagni er gehöret / ein sonderliches Zeugnis darüber geben lassen“.
[227] knaufeln: zanken, streiten.
[228] Intercession: Vermittlung, Fürsprache.
[229] perdoniret: begnadigt.
[230] Approchen: Laufgräben.
[231] Lieberei: Livrée (Dienstkleidung).
[232] Diversion: Ablenkungsmanöver, Vorstoß auf einem Nebenkriegsschauplatz, unerwarteter Angriff.
[233] Nikolai-Pforte.
[234] Syndikus: Sachwalter, Berater, Advokat oder Bevollmächtigter einer Gemeinde, einer Stadt, einer Republik, eines Collegiums oder einer Zunft. In Schmalkalden betrug die Besoldung 1632 90 fl. im Jahr, 5 Malter Korn, 6 Klafter Holz und 6 Schock Reisig; zudem war er von Wache, Steuern und Einquartierung befreit; WAGNER, Pforr, S. 114.
[235] Matthäus Pötschke [ – ], Ratsherr in Bautzen. WILKE, Chronik, S. 386.
[236] dimittiert: entlassen.
[237] Kapitänleutnant [schwed. kaptenslöjtnant, dän. Kaptajnløjtnant]: Der Kapitänleutnant war der Stellvertreter des Kapitäns. Der Rang entsprach dem Hauptmann der kaiserlichen Armee. Hauptmann war der vom Obristen eingesetzte Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig und die eigentlichen militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein.
[238] N Earl of N; Kapitänleutnant [28.11.1639 Bautzen], schwedischer Kapitänleutnant. Um Hinweise wird gebeten !
[239] Fähnrich [schwed. fänrik, dän. fændrik]: Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie und Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen von Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) und die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann und Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Zum Teil begannen junge Adelige ihre militärische Karriere als Fähnrich. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f. In der brandenburgischen Armee erhielt er monatlich 40 fl., nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 50 fl. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 48 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Als Fähnrich einer Streifschar aus einer Garnison erhielt er quasi als Gefahrenzuschlag pro 1.000 Rt. Beute und Ranzion 17 Rt. 60 Alb. 2 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156.
[240] perturbiert: außer sich geraten.
[241] colligiret: gesammelt.
[242] Viertelschlange [Quartierschlange, lange Falkone]: Die Rohrlänge hatte das 36-40fache des Kabilers von 6, 5-9 cm und verschoss zwischen 2 und 5 Pfd. Eisen. Für das Gesamtgewicht von 18-36 Zentner benötigte man 6-12 Pferde als Vorspann.
[243] Viertelkartaune: „ein stück, welches 12 pfund eisen treibt, 36 zentner wiegt, und 24 kaliber lang ist. man hält diese stücke in den vestungen für die allerbequemste“ [DWB].
[244] Ranzion, Rançon, ranzionieren: Lösegeld zahlen, (sich) auslösen, (sich) freikaufen, auslösen von Personen, Gegenständen oder Vieh. Teilweise wurde Offizieren gestattet, zum „Rekompens“ drei bis Häuser zu ranzionieren; FRITSCH, Tagbuch, S. 129. Der organisierte Vieh-, vor allem aber Menschenraub stellte neben der Plünderung angesichts der fehlenden Soldauszahlung die wichtigste Einnahmequelle gerade auch der unteren Chargen dar, wurden doch pro Person je nach Stand und Beruf oft 300 Rt. und mehr erpresst. Vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 116; GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 29. Dieses Lösegeld erreichte trotz der zwischen den Kriegsparteien abgeschlossenen Kartelle z. T. enorme Höhen: So bot der ehemalige Kommandant von Hanau, Sir James (Jacob) Ramsay „the Black“ [1589-1639], 70.000 Rt. für seine Freilassung, die aber vom Kaiserhof abgelehnt wurde (KELLER, Drangsale, S. 357), da man von ihm wissen wollte, wo er die bei der Einnahme Würzburgs und Bad Mergentheims erbeuteten Schätze (KELLER, Drangsale, S. 355) verborgen hatte. Ramsays Kriegsbeute wurde auf 900.000 Rt. beziffert; KELLER, Drangsale, S. 361; GAIL, Krieg, S. 28f.; MURDOCH (Hg.), SSNE ID: 3315. Auch die Leichname gefallener Offiziere mussten je nach Rang in der Regel vom Gegner ausgelöst werden. Im Mai 1633 war die kaiserliche Garnison in der Festung Lichtenau (bei Ansbach) so schlecht verproviantiert, dass Nürnberger Untertanen gefangen genommen wurden, die sich dann gegen Kartoffeln auslösen mussten; SODEN, Gustav Adolph III, S. 450. SEMLER, Tagebücher, S. 137 (1634): „Hierauff die Schwedische ihre gewohnliche straiff vnd raubereyen noch ferner vnd ernstlicher continuirt, also daß nicht allein auf dem land vnd dörffern sich niemandt betreffen, sonder auch gar in die reben (außerhalb was gegen Sipplingen hinab gelegen, dahin der feind niehmaln kommen) niemandt blicken lassen dörffen, inmaßen ettliche burger vnd salmanßweilische vnderthonen, so in den reben bei vnd gegen Nußdorf und Burgberg schaffen wollen, von denen hin vnd wider vagierenden reüttern aufgehebt, vnd nach Pfullendorf geführt, deren jeder biß auf 60 vnd mehr reichsthaler ranzion angezogen, vnd weilen sie, alß arme rebleütt sollche zu bezahlen nicht vermögt, volgendts mit der armada fortgeführt worden, wie benantlich ein veberlingischer gmainder vmb 68 thaler vnd zwen Nußdorffer jeder vmd 58 thaler ranzioniert, vnd vneracht diese bede für sich 40 thaler angebotten, ein mehrers auch im vermögen nit gehabt, seyn sie doch bei sollchem nicht gelassen worden“.
[245] Matthias Häuffelt [Häuffel, Hæuffel] [ – ], schwedischer Hauptmann.
[246] in salvo: unversehrt.
[247] Intercessionsschrift: Bittschrift.
[248] Elisabeth Juliane Gräfin v. Erbach [22.1.1600-29.5.1640 Saalfeld], Gemahlin Banérs.
[249] Remis: Abhilfe.
[250] ZEIDLER, Heinrich Basilius, Kürtzliche und Wahrhafftige Beschreibung, in: ZEIDLER; ZEIDLER, Tabeera Budissinae, S. 86ff. Eine ausführliche Darstellung der Ereignisse, basierend auf ZEILER, findet sich auch bei WILKE, Chronik, S. 370ff.
[251] Curiosität: Neugierde.
[252] GROßER, Lausitzische Denckwürdigkeiten, S. 267ff.
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