Lüdinghausen, gen. Wolff, Michael Heinrich; Obrist [ -Sept. 1637] Michael Heinrich Lüdinghausen, genannt Wolff,[1] war bayerischer Hauptmann, ab 1635 Obristleutnant im Fußregment Puech unter Jan von Werth[2] und führte dann als Obrist ein Fußregiment. Möglicherweise handelt es sich um „Wolf von Ludwigshausen“, der als Tillys Adjutant während der 1. Schlacht bei Breitenfeld 1631 fungierte und den verletzten Tilly zusammen mit Rudolf Maximilian von Sachsen-Lauenburg in Sicherheit brachte.[2a]
„Bereits am 23. November 1631 waren auf Veranlassung des Feldmarschalls Pappenheim[3] 5 Kompanien zu Roß unter Oberst Raymond d’Espaigne und 500 Mann zu Fuß aus dem Regiment Johann Wolf von Salis unter Hauptmann Eppenauer aus Forchheim[4] nach Bamberg[5] zum Schutz der Stadt abkommandiert worden. Der Bischof [Johann Georg II. v. Dornheim; BW] hatte gegen diese eigenmächtige Einquartierung heftig protestiert. Am 4. Dezember schrieb er dem Generalwachtmeister Timon von Lindlo [Lintelo; BW], zu diesem Zeitpunkt noch kurbayerischer Kommandant in der Oberpfalz, und bat ihn ‚das Regiment des Obristen de Spagne, daß in der Stadt so übel haust, aufs ehest abzuberufen‘. Die Bitte wurde mit einer Sendung Wein untermauert. Wie berechtigt die Bedenken des Bischofs waren, zeigte sich[,] als die schwedischen Truppen unter Gustav Horn in Bamberg einmarschierten. Bereits am 10. Februar [1632; BW] waren 5 Cornets, zumeist aus fränkischen Adeligen bestehende Reiter und 2 Fahnen Fußvolk vor der Stadt eingetroffen. Am nächsten Tag, dem 11. Februar 1632, näherte sich die schwedische Hauptmacht, nach Heilmann aus 18.000 Mann und 30 Geschützen bestehend. Vor Tagesanbruch verließ die gesamte Besatzung, Obrist d’Espaigne mit seinen Reitern und Hauptmann Michael Heinrich von Lüdinghausen (gen. Wolff) mit dem Salis’schen Fußvolk, die Stadt. Diese Truppen quartierten sich bei Zochenreuth[6] (nahe Aufseß[7]) und Waischenfeld[8] ein. Der Bischof und die Domherren hatten sich, wie üblich, nach Forchheim in Sicherheit gebracht. Der Bürgermeister Sebastian Meyer entfloh im Hemd. Die weitgehend unbefestigte Stadt war nun vollkommen auf sich gestellt. Feldmarschall Horn ließ die Stadt durch zwei Trompeter zur Übergabe auffordern und schickte den Obersten Georg Wulf von Wildenstein als Kommissionär. Während in der Residenz die Übergabebedingungen von den Vertretern der fürstlichen Regierung und den städtischen Behörden aufgesetzt wurden, war ein Teil der Reiterscharen Horns bereits über den Kaulberg in die Stadt herein gezogen, wurde jedoch durch die immer noch zum Widerstand entschlossenen Bürger, die sich im Rathaus verschanzt hatten, am Übergang über die östliche Regnitzbrücke gehindert. Mittlerweile waren auch die angeforderten Ausschüsse vom Obermain, aus Marktzeuln[9] und Burgkunstadt,[10] von Hallstadt[11] kommend in der Stadt eingetroffen. Obwohl die Übergabebedingungen dem Feldmarschall Horn bereits von Dr. Anton Winter überbracht worden waren, entbrannte im Westen der Stadt ein verbissener Kampf um die ‚Seeßbrücke‘ (diese war aus Holz und stand an der Stelle der heutigen Kettenbrücke). Die schwedischen Truppen wurden dreimal zurückgeworfen, die Brücke teilweise abgeworfen. Der Kampf um die Brücke dauerte von drei Uhr nachmittags bis gegen Mitternacht. Letztendlich mußten die Verteidiger zermürbt und wegen Mangel an Munition der Übermacht weichen. Soweit der Bericht der Statthalter und Räte vom 13. Februar an den Bischof.
Der Bericht der Nonne vom Heiligen Grab, Maria Anna Junius[12] (abgedruckt im BHVB 52, S. 53), relativiert die Ereignisse etwas: ‚Das Schießen hat angefangen um 6 Uhr und gewährt bis zu früh um 1 Uhr, denn etliche Bürger sind auf dem Rathause gewesen, die haben gar stark herüber auf die Feind geschossen, daß sich kein Feind herfür vor die Häuser hat wagen dürfen; denn sie haben sie geschwind niedergeschossen. Wann wir in die Stadt gesehen haben, so haben wir nichts als Feuer gesehen, daß unser Kloster licht davon worden ist. Auch hat man diese Nacht dahausen beim Gericht [vor dem Langasser Tor, etwa auf der Höhe Schützen-/Amalienstraße] ein großes Feuer geschürt, daß die Feinde haben meinen sollen, es sei Volk vorhanden, denn wir haben alle Stund gemeint, es werde Volk uns zu Hülf geschickt, aber da ist kein Mensch kommen; denn der Ausschuß, der zu Abends kommen ist und Lärmen gemacht hat [Alarm geschlagen], ist aller ausgerissen [sic !]. Die Bürger, so noch auf dem Rathaus gewesen, deren gar wenig waren, haben sich gar ritterlich gewehrt; um 12 Uhr [Mitternacht] hat man in der Stadt umgeschlagen, die Bürger sollen aufs Rathaus kommen, da kamen auf dem Markte ihrer 6 zusammen und als sie aufs Rathaus kamen, waren es noch 2. Auf dem Rathaus waren noch 12 Männer; sie sagten, wenn noch 12 Bürger da wären, wollten sie sich halten, bis es Tag würde; nun aber wollten sie auch weggehen‘. Tatsächlich war die Stadt, entgegen der aufgeregten Schilderung der Räte, fast widerstandslos an die schwedisch-protestantischen Truppen übergegangen. Die Nonnen vom Heiligen Grab baten in den frühen Morgenstunden den Obersten Wildenstein, der bereits im Gasthaus zur Gans am Marktplatz residierte, um eine Schutzwache, die ihnen durch Vermittlung seines Vetters (des fürstbischöflichen Rats Jobst Gabriel von Wildenstein) und seines Fuchs von Dornheim, eines Vetters des Bischofs gewährt wurde“.[13]
Von Lüdinghausen stammt ein anschauliches, aber sehr trübes Bild über den Rückzug Werths aus der Picardie[14] 1636 und den Kampf um die Winterquartiere.
Der Einzige, der die Lage wirklich erfasst hatte, war Werth. Er drängte den Bruder Philipps IV. und den Prinzen von Savoyen [Tommaso di Savoia; BW] vergeblich, auf Paris zu marschieren. Die Eroberer taten genau das Gegenteil, sie verzögerten ihren Vormarsch. „Doch kehren wir zu Jan de Werth zurück, dessen Reiter noch der Meinung waren, in Kürze die Türme von Paris zu erblicken. Am 1. September zersprengten sie zwischen Montdidier[15] und Compiègne[16] das französische Reiterregiment Plancy, das zur Armee stoßen wollte, nahmen zwei Standarten und hieben die Feinde zusammen. Tags darauf wurde eine Kürassierkompanie, ‚so sich zu Paris von des Königs Gesindlein voluntier[17] zusammengeschlagen‘, attackiert und niedergeritten. Jan von Werth schlug im Kriegsrat vor, man möge stracks auf die Hauptstadt rücken und den kaiserlichen Doppeladler auf dem Louvre aufpflanzen, doch stimmten ihm der Kardinalinfant [Ferdinando; BW] und Prinz Thomas nicht zu, weil sie eine Verstärkung durch 4000 Spanier abwarten wollten, die Ende August in Dünkirchen ausgeschifft wurden. Die Armee verschanzte sich um Corbie;[18] Werth logierte mit allen berittenen Truppen zwischen Corbie und Roye.[19] Er sandte Mitte September zwei seiner Offiziere, den Obristleutnant von Lüdinghausen für die Infanterie, den Obristwachtmeister von Opel für die Kavallerie, zum Kurfürsten[20] nach München, die über den Zustand der Regimenter Rechenschaft ablegen sollten“.[21]
„Die Zustellung der Schreiben aus München nach Nordfrankreich und umgekehrt, die durch Kuriere erfolgte, dauerte in in der Regel 4-6 Wochen. So verteidigte sich Werth am 26. Juli auf die Vorwürfe des Kurfürsten ‚wegen der Akkomodation der Soldateska im Winter‘ und gab ein eingehendes Bild der Lage um Lüttich,[22] die wir bereits zu Beginn des Kapitels umrissen haben. Am 6. September ging er auf Maximilians scharfen Tadel vom 1. August ein und verwahrte sich gegen die Anschuldigungen wegen der Übergriffe seines Kriegsvolks. Es werde ‚sich nimmer befinden‘, daß seine Leute Kirchen und Klöster geplündert, mit ‚Weibspersonen übel gehauset‘, da man in Frankreich ‚keine Klosterfrauen noch andere Weibspersonen noch edle Dames‘ vorfinde, weil das ganze Land, Adel und Bauern, Jung und Alt in die festen Städte und ‚über das Wasser‘ entwichen; Häuser und Dörfer stünden leer, weil die Bevölkerung vor den Spaniern Furcht habe; Werths Söldner ließen die Bauern überall frei passieren, weshalb die Franzosen seine wenigen Gefangenen ohne Ranzion ‚meines Wolverhaltens halber‘ zurückschickten. Es scheine jedoch, daß man ihm seine Erfolge mißgönne – ‚wie ich dan ohnedehme vil Mißgönner habe‘ – und ihn beim Kurfürsten in Ungnade bringen wolle. Wollte Gott, daß bei allem anderen Volk solche Disziplin gehalten würde, wie bei ihm, bei dem die Soldaten murmeln, sie würden kürzer und härter gehalten als andere ! Er wiederholte seinen Bericht wegen Lüttich: nicht er, sondern der Osnabrücker Bischof [Franz Wilhelm v. Wartenberg;[23] BW] sei ‚culpabel‘ an der ausstehenden Kontribution, wie alle Offiziere und Söldner bezeugen könnten. Darüber möge der Kurfürst getrost inquirieren lassen, er wolle dafür jede Strafe auf sich nehmen.
Mit dieser Rechtfertigung sandte Jan von Werth zwei Offiziere zum Kurfürsten; einer von diesen, der Obristleutnant Michael Henrich von Lüdinghausen genannt Wolff vom Fußregiment Puech, reichte am 3. Oktober schriftlich ein umfangreiches ‚Memorial‘ ein, nachdem er vorher bei Maximilian Audienz gehabt hatte. Da sich kein kurfürstlicher Kriegskommissar bei den Regimentern aufhalte, zweifelten diese, ob sie noch in kurbayerischen Diensten stünden, ‚sonderlich, weil sie in fremden Landen bei fremden Nationen Krieg führten‘. Lüdinghausen entwarf weit ausholend ein düsteres Bild der Lage, beginnend nach der Nördlinger Schlacht,[24] seit der die Truppen am Feind geblieben. Als Abgesandter der Regimenter klagte er über die Benachteiligung der Bayern im jetzigen Frankreichfeldzug. Brot habe man später oder weniger empfangen als andere Truppenteile; es war öfter verschimmelt als gut. An anderen Dingen herrsche Mangel; aber ‚mit Weib und Beute‘ seien die Regimenter nicht allein durch Brot zu erhalten. Die Offiziere müßten den Proviant mit ihren Wagen holen lassen, da die Marketender ganz verdorben. Feldmarschall-Leutnant von Werth sei meist mit der Reiterei ‚vorhero oder beyseits‘, weshalb die bayerischen Fußtruppen im Kriegsrat nicht vertreten wären. Verwundete und kranke Soldaten müßten ohne Hilfe bleiben; sie wollten sich lieber bei ihren Kameraden aufhalten, als ‚in die Niederlande‘ geführt werden, so wenig Liebes geschehe ihnen dort ! ‚Derowegen, was man vor diesem mit bloßem Degen abgelohnt hat, darzu muß man jetz mit bloßem Degen treiben !‘ Die Bayern wären von den Spaniern und Kaiserlichen in Proviant und Quartieren, bei der Aufnahme in die Lazarette und bei der Ausrüstung benachteiligt worden. Im Namen der Offiziere bat Lüdinghausen um Hilfe und Verwendung für die alten erprobten Regimenter, ‚weil noch eine ziemliche Anzahl der alten Brüder vorhanden, die für ihren Kurfürsten Pflicht, Schuldigkeit und Eid bis ins Grab manutenieren‘ würden.
Lüdinghausens Ausführungen verfehlten nicht ihren Eindruck auf Maximilian, der zwei Tage [5.10.1636; BW] später ihm und damit Werth Antwort erteilte. Er entzog dem kaiserlichen Generalwachtmeister Beck, über den sich Lüdinghausen mündlich beschwert hatte, das Kommando über bayerische Truppen. Der inzwischen genesene Schnetter solle ihm nicht länger Gehorsam leisten. Werth, Schnetter und der soeben in Arras[25] eingetroffene Generalkriegskommissar von Schütz wurden angewiesen, beim Kardinal-Infanten um Audienz nachzusuchen, das kurfürstliche Kreditiv einzureichen und Abhilfe der Beschwerden zu erbitten. Die Regimenter hätten dem Kaiser, dem katholischen Wesen und dem Haus Österreich so ansehnliche, tapfere und ersprießliche Dienste geleistet, daß man sie nicht zugrunde gehen lassen dürfe. Die Äußerungen und die Maßnahmen des Infanten seien unverzüglich nach München zu melden.
Da der Kurfürst auf die Anklagen gegen Werth nicht mehr zurückkam, ihm vielmehr am 27. Oktober reiches Lob zollte und ihm Belohnungen in Aussicht stellte, muß angenommen werden, daß seine Ankläger ihre Beschuldigungen angesichts der Verteidigung Werths nicht aufrecht erhalten konnten. Der Feldmarschall-Leutnant bedankte sich am 8. November aus Arras für die Befehle, die Lüdinghausen aus München zurückgebracht habe. Er war mit Schnetter und Schütz zum Infanten geritten, erlangte jedoch keine Audienz, weil der Prinz krank lag. Für die Winterquartiere schlug Werth das Erzstift Trier, die Eifel und das Land Jülich vor. Am 20. November reiste der Kriegskommissar Forstenhäuser zur Berichterstattung von Arras nach München ab. Der Infant hatte sich – ohne Audienz nach Douai[26] und weiter nach Brüssel begeben; dem Verlauten nach werde auch Piccolominis[27] Artillerie und Kavallerie unter Generalwachtmeister von Bredow [Breda; BW] ins Erzstift Trier und nach der Eifel rücken, während die kaiserlichen Fußtruppen unter Beck im Lande Trier Winterquartiere beziehen würden. Am 23. [11.1636] berichteten Werth, Schnetter und Schütz gemeinsam, daß sie stündlich Marschbefehl erwarteten; vom Prinzen Thomas [Tommaso Francesco di Savoia] sei aus Douai mündlich Ordre ergangen, man werde am 25. abrücken. Die Spanier seien bereits in ihre Garnisonen marschiert; Bayern und Kaiserliche lägen in den Dörfern, wo keine Handvoll Stroh zu finden. Von Löhnung und Waffenlieferungen höre man nichts, ‚von weme solches impediert würt, hat man zu vernehmen‘. Der so aussichtsreiche Feldzug war beendet und hinterließ bei den Bayern eine tiefe Enttäuschung; der Kampf um gute Winterquartiere hob erneut an“.[28]
„Unterdessen hatte Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm[29] seinen Rat Dr. Silbermann nach München gesandt, um sich über Werth zu beschweren. Der Feldmarschall-Leutnant habe den Vergleich vom 17. Februar [1637; BW] nicht eingehalten und sich mit den Ständen eingelassen, die sich eigenmächtig versammelt hätten. Regimenter Werths lägen in den Ämtern Blankenberg[30] und Windeck,[31] wo sie den Einwohnern alles weggenommen und sie mit Martern derart gequält hätten, daß die meisten entwichen seien; die Reiter hätten auch die Geistlichen nicht geschont, wie denn ein Rittmeister einen Pastor mutwilligerweise verwundet habe; der Täter sei unbestraft ! Deshalb komme ihm ‚sonderbar‘ vor, daß der Feld-Marschall-Leutnant von Werth, als sei Wolfgang Wilhelm nicht Fürst im Land, über seinen Kopf hinweg den Beamten in Lülsdorf,[32] Löwenberg[33] und Blankenberg zumute, ihre Amtseinwohner mit Hacken, Schaufeln, Äxten und Gewehr nach Engers[34] zu entbieten, die doch von den Söldnern so mißhandelt worden. Werth möge sich an die kurkölnischen und gräflichen Untertanen halten. So sah sich Werth genötigt, erneut den Obristleutnant von Lüdinghausen, der sich im Vorjahr seiner Mission erfolgreich entledigt hatte, nach München zu entsenden, um den Kurfürsten die Notlage seiner Truppen zu schildern“.[35]
Lüdinghausen war in diesem Jahr auch im Kampf um den Ehrenbreitstein[36] eingesetzt. Er unterzeichnete den Akkord mit der französischen Besatzung unter Bussy und La Saludie mit.[37] Desgleichen war er beim Sturm auf die Schanzen bei Wittenweier[38] beteiligt: „Aber während Werths Regimenter noch auf Mainzer Territorien kampierten, war der befürchtete Rheinübergang des Herzogs von Weimar schon Tatsache geworden. Am 5. August [1637, BW] meldete der Amtmann von Ampringen zu Ettenheim,[39] 400 Franzosen seien übergesetzt, weitere folgten, feindliche Reiterei halte zu Rheinau ![40] Werth, der auf diese Nachricht seine Truppen in vierzehnstündigem Gewaltmarsch herangeführt hatte, langte am 7. August abends an, zu spät, um den Übergang des Gegners noch ernstlich zu behindern; er berichtete dem Kurfürsten, Herzog Bernhard[41] halte mit überlegenen Kräften eine feste Stellung. Da er ohne Geschütze und ohne Schanzzeug sei, benötige er dringend Sukkurs. Die ersten weimarschen Söldner waren auf Fischerkähnen gelandet worden; am 6. August befanden sich schon 2000 Mann am anderen Ufer, die nachts hindurch an einer Befestigung arbeiteten. Am 8. gegen Mittag, als eben das Reiterregiment Caldenbach übergeführt worden war, erschien Werth mit seiner Dragonervorhut, griff sofort an, warf die Waffen zurück und machte einige Gefangene; schon setzten seine Reiter über einen Graben, der vor den Verschanzungen aufgeworfen war, als das französische Reiterregiment Manicamp den Angriff zurückwies. Es bedurfte stärkerer Kräfte, um den Feind zu vertreiben. Trotzdem unternahm Werth am 11. August, als seine Fußtruppen heran waren, einen groß angelegten Sturm auf die feindlichen Schanzen bei Wittenweier, die Herzog Bernhard eilig zu einem starken Bollwerk ausgebaut hatte.
Nachdem die Bayern inzwischen aus Breisach fünf Geschütze erhalten hatten, entschloß sich Werth, mit vier Regimentern zu Fuß die Befestigungen zu stürmen. Er versprach den Söldnern im Falle des glücklichen Gelingens einen Monatssold und ließ Wein unter sie austeilen; und wirklich erforderte ein Sturmlauf auf feste Schanzen und tiefe Gräben, hinter denen Musketen und Geschütze drohten, blinde Todesverachtung. Die Bayern griffen mit großer ‚Furie‘ an, die ersten Gräben und Schanzen wurden trotz wachsender Verluste überwunden, aber vor dem ‚Real-Hauptwerk‘ blieb der Angriff stecken; der Widerstand des Feindes verstärkte sich, da während des Gefechtes neue Truppen gelandet wurden. – Nach dem Journal der Armee des Herzogs Bernhard von Sachsen-Weimar kamen sechs Straßburger Schiffe während des Gefechtes an, mit denen sofort Kavallerie übergesetzt wurden. Die Bayern verloren angeblich 1100 Mann, der Herzog dagegen nur rund 50 ! Es handelte sich eindeutig um einen Erfolg des Herzogs von Weimar. ‚Der Rhein‘, schrieb Richelieu, ‚den man trinken muß, wenn man nicht sterben will, ist ein guter Sergeant und hindert diejenigen, denen es an Mut fehlt, am Rückzug‘.[42] – Schließlich mußte Werth den Rückzug befehlen. Nach seiner Meldung waren gegen 200 Mann gefallen oder verwundet, jedoch keiner gefangen. Dem Obristen von Lüdinghausen war der Arm ‚entzwei geschossen‘, die Obristwachtmeister von Opel und Nicola [Montard de Noyrel; BW] waren verwundet; die Reiterei, beim Sturm nutzlos, war nicht ins Gefecht gekommen. Werth sah sich gezwungen, mit dem ermüdeten Fußvolk auf den Ort Schuttern[43] abzurücken und Verstärkungen zu erwarten.
Schon am 14. August aber führte er die Kavallerie wieder ins Feld. Um 6 Uhr früh rückte er gegen die Schanzen, zerschlug eine weimarsche Partei 60 Pferden und nahm ihren Rittmeister gefangen, worauf Bernhards Reiterei aus dem Lager rückte, befehligt durch den Herzog persönlich. Aber Werths Kürassiere waren erfolgreicher, trieben ihre Gegner zurück, die 40 Tote verloren, und brachten den Herzog selbst in große Gefahr. Anderntags erfuhr Werth durch einen Überläufer, die gegnerischen Regimenter Rosen und Caldenbach, ‚des Herzogs beste Regimenter‘, seien ‚vast ganz ruinirt und vernichtiget, Herzog Bernhard seye auch selbsten biß ahn Halß ins Wasser gesprungen, jedoch widerumb errettet worden‘ „.[44] Lüdinghausen war wegen seiner schweren Armverletzung nach Tübingen[45] geschafft worden, wo er im September 1637 verstarb.
[1] Vgl. die Erwähnungen bei KAPSER, Kriegsorganisation.
[2] Vgl. LAHRKAMP, Jan von Werth.
[2a] RUDERT, Kämpfe, S. 70.
[3] Vgl. STADLER, Pappenheim.
[4] Forchheim; HHSD VII, S. 201ff.
[5] Bamberg; HHSD VII, S. 66ff.
[6] Zochenreuth, heute Ortsteil von Aufseß [LK Bayreuth].
[7] Aufseß, Burg [LK Bayreuth]; HHSD VII, S. 43f.
[8] Waischenfeld [LK Bayreuth]; HHSD VII, S. 781f.
[9] Marktzeuln [LK Lichtenfels].
[10] Burgkunstadt [LK Lichtenfels]; HHSD VII, S. 117.
[11] Hallstadt [LK Bamberg]; HHSD VII, §. 266f.
[12] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 130f.
[13] ENGERISSER, Von Kronach, S. 38ff.; die zurzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung.
[14] Picardie; Region und historische Provinz Frankreichs im Norden des Landes. Sie setzt sich heute aus den Départements Aisne, Oise und Somme zusammen. Der Hauptort der Region ist Amiens.
[15] Montdidier [Dép. Somme].
[16] Compiègne [Frankreich; Dép. Oise].
[17] voluntier: Freiwilliger.
[18] Corbie [Frankreich, Dép. Somme].
[19] Roye [Frankreich, Dép. Somme].
[20] Grundlegend ist hier ALBRECHT, Maximilian I.
[21] LAHRKAMP, Werth, S. 58.
[22] Lüttich [Liège; Belgien].
[23] Vgl. GOLDSCHMIDT, Lebensgeschichte des Kardinalpriesters Franz Wilhelm Grafen zu Wartenberg.
[24] Schlacht bei Nördlingen am 5./6.9.1634 zwischen den kaiserlich-ligistischen Truppen unter Ferdinand (III.) von Ungarn und spanischen Kontingenten unter dem Kardinal-Infanten Fernando auf der einen Seite und dem schwedischen Heer unter Feldmarschall Gustav Horn, der in eine 7 Jahre dauernde Gefangenschaft geriet, und Bernhard von Weimar auf der anderen. Die Schwedisch-Weimarischen verloren nicht allein die Schlacht, etwa 8.000-10.000 Tote und 3.000-4.000 Verwundete – auf kaiserlicher Seite waren es 1.200 Tote und 1.200 Verwundete – , sondern mit ihr auch den Einfluss in ganz Süddeutschland, während der französische Einfluss zunahm. Vgl. die ausführliche Darstellung bei ENGERISSER; HRNČIŘĺK, Nördlingen 1634 (die detaillierteste Darstellung der Schlacht); STRUCK, Schlacht, WENG, Schlacht. Vgl. den lat. Bericht »Pugna et victoria ad Nordlingam«, der den protestantischen Ständen zuging; Staatsarchiv Bamberg B 48/145, fol. 74 (Abschrift). Zur französischen Sicht vgl. den Avis Richelieus, 1634 IX 11; HARTMANN, Papiers de Richelieu, Nr. 288.
[25] Arras [Frankreich, Dép. Pas-de-Calais].
[26] Douai [Frankreich, Dép. Nord].
[27] Vgl. BARKER, Piccolomini. Eine befriedigende Biographie existiert trotz des reichhaltigen Archivmaterials bis heute nicht. Hingewiesen sei auf die Arbeiten von ELSTER (=> Literaturverzeichnis).
[28] LAHRKAMP, Werth, S. 62ff.
[29] Wolfgang Wilhelm war wohl doch ein „offenbar recht beschränkter und unbeweglicher Geist, starr an einmal bezogenen Positionen festhaltend und von einem durch nichts zu erschütternden Bewußtsein wirklicher oder vermeintlicher Rechtspositionen durchdrungen, auf deren buchstäblicher Einhaltung er zu bestehen pflegte, ohne sich zu fragen, ob die Erreichung dieses Zieles nach Lage der Dinge möglich sei oder nicht“. SCHMIDT, Philipp Wilhelm, Bd. 1, S. 25f. KÜHN-STEINHAUSEN, Korrespondenz, S. 9, charakterisiert ihn wohl zu positiv.
[30] Blankenberg [Gem. Hennef, Siegkr.]; HHSD III, S. 81f.
[31] Windeck [Gem. Dattenfeld, Siegkr.]; HHSD III, S. 788.
[32] Lülsdorf [Siegkr.]; HHSD III, S. 486.
[33] Löwenberg: nicht identifiziert.
[34] Engers [Kr. Neuwied]; HHSD V, S. 92.
[35] LAHRKAMP, Werth, S. 72.
[36] Ehrenbreitstein [Stadt Koblenz]; HHSD V, S. 86f.
[37] LAHRKAMP, Werth, S. 77.
[38] Wittenweier [Kr. Lahr].
[39] Ettenheim [Ortenaukr.]; HHSD VI, S. 198f.
[40] Rheinau [Ortenaukreis].
[41] Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst.
[42] LAHRKAMP, Werth, S. 81, Anm. 13.
[43] Schuttern [Gem. Friesenheim, Ortenaukr.]; HHSD VI, S. 718f.
[44] LAHRKAMP, Werth, S. 80ff.
[45] Tübingen [LK Tübingen]; HHSD VI, S. 801ff.