Madant [Madanci], N; Hauptmann [ – ] Madant stand 1636 als Hauptmann[1] im Regiment[2] August Vitzthum von Eckstädt.
Der Salemer[3] Zisterziensermönch Sebastian Bürster [? – 1649][4] schreibt in seiner Chronik zur 2. Belagerung seines Klosters, wiederum durch Kaiserliche: „Sihe zue, nit lang hernach, so bald diese [kaiserlichen Truppen unter Hauptmann Paul; BW] weg gezogen, kamen andere; alß mier rüebig[5] ain weil vor den Suedischen, blagten unß jezund die Kayserischen; verließ unß der find und blagte unß jezund der fraind, also daß mier unaufhörlich [43.] schier mießen geblagt werden. Dan uff den 31. Januarii [1636; BW] kame ein Vizthumbischer haubtman, Madant, ain ainögeger lauhr[6] für daß oberethor mit 18 pferden und 50 mußquetiren[7] mit fürwand, kome von Hohentwiel,[8] habe befelch, überigen rest versprochener contribution[9] zue extorquieren[10] und einzueziehen, man soll aufmachen, er mieß dise nacht quatier im closter machen; ihme aber abgeschlagen und uber nacht naher Mimmenhaußen[11] verwisen. Anderen tag hernach, so der erste Februarii, in vigilia purificationis Mariae[12] under der vesper[13] kam er widerumb fürs oberthor nur mit 2 oder 3 reutern (uberige hinder der maur beim krautgarten laßen warten) sampt ainem patent vom oder schreiben vom Vizthumb de dato eodem,[14] so villeicht er selbsten gemacht, weil erß abzuecopieren nit von sich wollte geben, müt disem inhalt: er solle sich deß closters bemächtigen, erstlichen wohl mit güete, so es aber nit erschießen, mit gewalt die thor einhawen oder meyr besteigen, doch aber nichts fündlich mit wehr und waffen zue gebrauchen, eß seye dan sach, daß man solches zuevor gegen ihme erzaige, alß dan sol er auch thuon, waß darzue gehör. Er habe auch befelch: solle ihm lassen ain überschlag[15] früchten, weinß, roß, vieh und hab laßen zue geben, waß noch vorhanden in dem gozhauß; mieß unß kain leid, weder von ihme noch seinen soldaten nit widerfahren, beger nit in daß closter hinunder, welle sich und seine soldaten nur beim thor heroben behalten und laßen contentiren. Tace: kuß vom vogel, wie schön, wie bald; so bald er hierein wer komen, wer er schon selbsten mayster geweßen und mier sclaven und alleß breyß, wie er seinige darauf vertröst und ihnen ihr quatier verkauft. Seyen zue ihme Madant ad portam superiorem[16] hinaufgangen, ihne anzuehören, reverendissmus P. Superior, officiales et seniores conventus,[17] sein fürbringen vernohmen und angehört, für gwalt ainß, zway, drey und mehr mahl gebetten,[18] mir mießen solchen sein fürhalt zuevor unserm gnädigen herren,[19] so nit weit und allein zue Costantz,[20] berichten, wölle gedult tragen biß morgenß, hat aber alleß nichts erschoßen[21] noch geholfen, sonder er mieße quatier im closter haben, daß und kain anderß nit, eß stande ihm sein kopf darauf, mier sollen machen, waß mier wöllen, eß mieße also sein; er wölle hinige nacht[22] im closter sein, so war das venerabile[23] uff dem altar stand, geschworen, den mußquatieren, sogegen dem krautgarten gestanden, gewunken und einzuehawen ain zaichen geben, so den außeren gadter[24] eingehawen und eröffnet, alß sie aber biß in die inneren porten komen, solche angeloffen, haben sie zuerst angefangen, fewr auf den thurn oder porten, weil vil leut daroben, zue geben, darauf dan mehr als uff die 12 schüß hinauf beschehen nach den leuten; alß solche aber den rechten ernst ersehen, insonders der gärtner, haben sie ettliche stain lassen fallen oder laufen und die burst[25] hierinnen dem thor, solches zue versichern, zuegeloffen, hat also ain stain dem haubtman Madanten selbsten den kragen an dem halß entzwaygerüßen, darmit also, ohne ainzigen schuß von den unsrigen nit beschehen, abgetriben; gleichwol ettliche [44] under ihnen geschädiget von den stainen, daß dan nun den Vizthumb verdroßen und übel in die naßen gestochen. Darumben mier die drüdte belagerung, wie volgen wird, zue gewarten“.[26]
Der Überlinger[27] Advokat Dr. Johann Heinrich von Pflummern [1595 – 1655][28] gibt in seinem Tagebuch unter dem 3.4.1636 ein Schreiben an den Überlinger Stadtschreiber Hupertus wieder: „Da man sich nhun mit herrn gen. commissario[29] von Walmerode verglichen, könne man sich darauff beziechen : wa nicht, bitte ich sollches nit einzustellen, damit man nicht in vngelegenheit gerathe, oder wan man so gar nichts thůn wollte, die bisher erhalltne kayßer:[30] vnd königliche[31] gnad verschütte, dan meniglich an disem last waß tragen müeße, vnd da die statt Costantz die angemůttete guarnison[32] einemmen solle, werde es ihro contribution genůg sein. Verhoffentlich sich dise beschwärnuß bald enden vnd der auf den 7 Junij angesetzte regenspurgische conventus[33] (so gleichsamb ein reichstag[34] werden solle, vnd deßwegen die kayßerliche camerfurier[35] vor 2 tagen nach Regenspurg[36] abgeraißt) vnd die general friedens traction ein beßerung bringen werde. Ich bitte aber, waß man gegen herrn graffen von Gallass[37] thůn oder schreiben wolle, nit lang einzustellen, dan ihr kön. Mst, wie man sage, den 20 diß monats in Böhmen zu einer personlichen conferenz mit Chursachßen und von dannen gleich zur armee verraißen werden. Vnd seye Dr. Leuchselring auch noch alhie, der, wie bis dato, wider vnß vnd Salmanßweil zu negotirn nit vnderlaßen werde. Demnach aber bei disem allem daß gottshauß nicht weniger interessiert vnd verhafft, so wolle ich nit zweifllen, daß ihr gn. herr praelat[38] oder in dero abweesen die herrn gaist: vnd welltliche räthe, wan man mit denselben hierauß correspondirn wollte, zur mitausfertigung deß angedeutten schreibens an herrn generaln verstehn werden, sonderlich weiln es daß starckhe ansehen habe, daß o. Vitzthumb, nachdem er deren im Januario, wie obsteht, ergangnen königlichen resolution von seinem agenten verstendiget worden, mit der execution durch capitan Mandaci vnd rittmaister[39] Handel desto mehr eilen, vnd der insinuation[40] des königlichen schreibens vorkommen wollen“.[41]
[1] Hauptmann: Der Hauptmann (schwed. Kapten) war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.
[2] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Leutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[3] Salem [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 684f. Vgl. BECKER, Salem.
[4] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 59f.
[5] rüebig: ruhig.
[6] Laur: schlauer, hinterlistiger Mensch.
[7] Musketier: Fußsoldat, der die Muskete führte. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet den einzigen bisher bekannten Fall (1634), dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe. SCHLOTTER; SCHNEIDER; UBBELOHDE, Acta, S. 194. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics; EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[8] Hohentwiel [Singen, LK Konstanz]; HHSD VI, S. 352ff.
[9] Kontribution: Kriegssteuer, die ein breites Spektrum an Sach- oder Geldleistungen umfasste, wurden im Westfälischen als „Raffgelder“ bezeichnet; SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, Nr. 45, S. 127; LEHMANN, Kriegschronik, S. 34, Anm. (1632): „Contribution eine große straffe, Sie erzwingt alles, was sonst nicht möglich ist“. Sie wurde auf Grundlage einer Abmachung zwischen Lokalbehörden (zumeist Städten) und Militärverwaltung erhoben. Die Kontribution wurde durch speziell geschultes, z. T. korruptes Personal (vgl. WAGNER; WÜNSCH, Gottfried Staffel, S. 122ff.) zumeist unter Androhung militärischer Gewalt oder unter Androhung des Verlusts des Bürgerrechts, des Braurechts, der Benutzung der Allmende, den säumigen Bürgern „das Handwerk zu legen“ etc. (vgl. NÜCHTERLEIN, Wernigerode), und der Zunagelung der Haustüren (JORDAN, Mühlhausen, S. 76 (1633)) eingetrieben. Den Zahlenden wurde als Gegenleistung Schutz gegen die Übergriffe des Gegners in Aussicht gestellt. Nicht selten mussten an die beiden kriegführenden Parteien Kontributionen abgeführt werden, was die Finanzkraft der Städte, Dörfer und Herrschaften sehr schnell erschöpfen konnte. Auch weigerte sich z. T. die Ritterschaft wie im Amt Grimma erfolgreich, einen Beitrag zu leisten; LORENZ, Grimma, S. 667. Vgl. REDLICH, Contributions; ORTEL, Blut Angst Threnen Geld, der diese Euphemismen für Erpressungen, erwartete oder erzwungene „Verehrungen“ etc. auflistet. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 268, über die schwedische Einquartierung Dezember 1633 in Osnabrück: Die Soldaten „sagen und klagen, sie bekommen kein geld, da doch stets alle wochen die burger ihr contribution ausgeben mußen, dan das kriegsvolck sagt, das ihr obristen und befehlhaber das geldt zu sich nehmmen und sie mußenn hunger und kummer haben, werden zum stehlen verursacht“ Die ausführlichste Darstellung der Erpressung von Kontributionen durch Besatzungstruppen findet sich bei NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 73ff. => Hrastowacky.
[10] extorquieren: abnötigen, gewaltsam entziehen, erpressen.
[11] Mimmenhausen, heute Ortsteil von Salem [Bodenseekr.].
[12] in vigilia purificationis Mariae: am Tage vor Mariä Reinigung (heute Lichtmeß), einem Hochfest des Zisterzienserordens.
[13] Vesper: Chorgebet der Ordensleute (Abendlob); Abendandacht, Abendgottesdienst, Nachmittagsgottesdienst um 6 Uhr abends.
[14] de dato eodem: unter demselben Datum.
[15] Überschlag: Aufstellung; bestimmte Abgabe.
[16] zum oberen Tor.
[17] reverendissmus P. Superior, officiales et seniores conventus: der ehrwürdigste Obere, die Amtsinhaber und Alten des Konvents. Konvent: Ein Konvent ist eine Gemeinschaft der vollberechtigten Mitglieder (Konventbrüder oder auch Konventmönche) eines Klosters oder Ordens. Konventmönche bzw. Konventbrüder sind sitz- und stimmberechtigte Mitglieder eines Mönchs- oder Bettelordens.
[18] für gwalt gebetten: um Verschonung, Gnade gebeten.
[19] Thomas I. Wunn [1580 Salem-10.5.1647 Konstanz], Abt von Salem 1615-1647. Vgl. BECKER, Salem.
[20] Konstanz [LK Konstanz]; HHSD VI, S. 419ff.
[21] erschießen: helfen.
[22] hinige nacht: kommende Nacht.
[23] venerabile: das Hochwürdige, in der katholischen Kirche die in der Monstranz während des Gottesdienstes oder zu gewissen heiligen Zeiten fortwährend auf einem Altare zur Verehrung ausgesetzte geweihte Hostie.
[24] Gadter: Gatter: Gitter als Tor oder Zaun.
[25] Burst: Bursche.
[26] WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 96ff.
[27] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.
[28] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 179f.
[29] General(kriegs)kommissar: Der General(kriegs)kommissar war das oberste Aufsichts- und Kontrollorgan für das gesamte Kriegswesen, Bevollmächtigter des Kriegsherrn zur Eintreibung von Kriegssteuern (Kontributionen) und zur Kontrolle der Kriegskommissare. Als Quartierkommissarius legte er darüber hinaus die Einquartierungen der Soldaten fest. (Der Quartiermeister bzw. Fourier sorgte dann für deren praktische Umsetzung). Der Generalkommissar, der entweder erfahrener Heeresverwaltungsbeamter oder selbst Obrist war, war der Dienstvorgesetzte aller dieser Kommissare, der wiederum seinen Anteil bei seinen untergebenen Kommissaren einforderte. Zudem waren die oft korrupten Generalkriegskommissare verpflichtet, alle Vorkommnisse im Feld und in der Garnison an den obersten Kriegsherrn einzuberichten, weshalb sie nicht zu Unrecht als die „Augen und Ohren“ etwa Maximilians I. bei der Truppe bezeichnet wurden. Sie besuchten bzw. kontrollierten die vom Hauptquartier entfernt operierenden oder liegenden Regimenter. Bei der Truppe waren sie aufgrund ihrer umfangreichen Kontrollfunktionen im Allgemeinen verhasst. Zudem hatten sie die Weisung, die Kosten der Kriegs- und Truppenfinanzierung zu senken und Reduktionen durchzuführen, was zu ständigen, teilweise handfesten Konflikten mit den Obristen als Kriegsunternehmern führen mussten, da die Generalkriegskommissare auch für den Transport und die Auszahlung des Soldes zuständig waren. Bei besonders unruhigen Truppenteilen waren sie auch für die Ausgabe der Munition zuständig. Der Generalkriegskommissar hatte zudem die Aufgabe, in den besetzten Gebieten nach lohnender Beutekunst (Altäre, Gemälde, Bücher etc.) Ausschau zu halten und gemäß seinen Weisungen zu beschlagnahmen. Der Generalkriegskommissar trat als Militärsachverständiger bei Liga-, Kurfürsten- und Reichstagen auf und war bei Friedensverhandlungen (z. B. beim Abschluss des Lübecker Friedens 1629) und Gesandtschaften beteiligt. Zum Teil kam er durch seine vielfältigen Aufgaben, Einnahmen (Sold etwa 5000 fl., Anteil an Kontributionen ca. 1800 fl. pro Jahr ohne diverse andere Einnahmen) und Belohnungen zu einem beträchtlichen Vermögen. Da die Generalkriegskommissare den Schriftverkehr mit der Kriegskanzlei bzw. dem obersten Kriegsherrn führten, gaben sie oft anders lautende, kritische oder auch gefälschte Berichte weiter.
[30] Vgl. BROCKMANN, Dynastie.
[31] Vgl. HENGERER, Kaiser Ferdinand III.; HÖBELT, Ferdinand III.
[32] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[33] Vgl. HAAN, Der Regensburger Kurfürstentag.
[34] Reichstag: Der Begriff Reichstag bezeichnet ursprünglich die Versammlung der Reichsstände des Heiligen Römischen Reiches. Die neben dem König/Kaiser stehende Körperschaft entwickelte sich seit dem 12. Jahrhundert aus den formlosen Hoftagen und wurde 1495 mittels eines Vertrages zwischen dem Kaiser und den Ständen zu einer festen Institution der Reichsverfassung. Der Reichstag wurde bis zum 16. Jahrhundert in unregelmäßigen Abständen jeweils in eine Bischofs- oder Reichsstadt einberufen und war das maßgebliche Gegengewicht der Stände gegenüber der kaiserlichen Zentralgewalt. Seit 1663 tagte der Immerwährende Reichstag als ständiger Gesandtenkongress in Regensburg. Der Reichstag trat bis 1663 etwa 40- bis 45-mal zusammen und konnte einige Wochen, aber auch mehrere Monate dauern. Der Reichstag (zumindest in seiner nicht-permanenten Zeit) begann neben zeremoniellen Akten mit der Verlesung der kaiserlichen Proposition, der vom Kaiser vorab festgelegten Tagesordnung, und endete mit der Verlesung und Beurkundung der Beschlüsse des Reichstages, dem Reichsabschied. Der letzte dieser Reichsabschiede war der Jüngste Reichsabschied (recessus imperii novissimus) aus dem Jahre 1653/54. Dieser Reichstag in Regensburg hatte die Aufgabe, die bei den Friedensverhandlungen von 1648 zur Beendigung des Dreißigjährigen Krieges nicht behan-delten Themen zu beraten. Die Permanenz des Immerwährenden Reichstags nach 1663 wurde nie formell beschlossen, war aber in den Beschlüssen des Westfälischen Friedens angelegt, woraus sich allmählich die Permanenz des Reichstages entwickelte. Dieser Reichstag entwickelte sich aber nach Meinung heutiger Historiker niemals zu einem Parlament oder einer ständischen Volksvertretung. Statt dessen war und blieb er immer die Vertretungsinstitution der Kurfürsten, der fürstlichen und nicht-fürstlichen Reichsstände. Seit 1489 umfasste der Reichstag drei Kollegien: 1. Kurfürstenrat: Er stand unter Führung des Kurerzkanzlers, der immer der Erzbischof von Mainz war. Die Zahl der Kurfürsten betrug seit 1356 aufgrund der Bestimmungen der Goldenen Bulle 7, wurde 1648 (Westfälischer Friede) auf 8 und 1692 auf 9 erweitert. 1777 sank sie durch Vereinigung zweier Kurfürstentümer wieder auf 8. Eine durch die linksrheinischen Territorialverluste des Reichs zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgte grundlegende Umgestaltung (Wegfall der 4 linksrheinischen Kurfürstentümer, Neuschaffung von 5 neuen Kurwürden) hatte wegen ihrer Kurzlebigkeit keine Auswirkung mehr. 2. Reichsfürstenrat: Ihm gehörten die übrigen weltlichen und geistlichen Fürsten an sowie Reichsgrafen, Reichsfreiherren und Reichsprälaten. Die Führung wechselte zwischen dem Erzbischof von Salzburg und dem Erzherzog von Österreich. Um 1800 hatte das Reichsfürstenkollegium 100 Sitze, die sich auf eine geistliche (37 Mitglieder) und eine weltliche Bank (63 Mitglieder) verteilten. Neben den sogenannten Virilstimmen, die von einzelnen Reichsfürsten geführt wurden, gab es 2 geistliche und 4 weltliche sogenannte Kuriatstimmen, die sich jeweils mehrere kleine Reichsfürsten und -prälaten teilten. 3.Städterat: Er stand unter dem Direktorium der gastgebenden Stadt des Reichstags, seit 1594 immer Regensburg, und umfasste 51 Sitze für die Reichsstädte, die sich in eine rheinische (hierin auch die Reichsstädte Nord- u. Mitteldeutschlands) und eine schwäbische Bank (auch für andere süddeutsche Reichsstädte) gliederten. Der Reichstag durfte nur vom Kaiser einberufen werden, der aber seit der Wahlkapitulation Karls V. aus dem Jahre 1519 verpflichtet war, vor Versendung der „Ausschreiben“ genannten Einladungsschreiben die Kurfürsten um Zustimmung zu bitten. Der Kaiser hatte ebenfalls das Recht, die Tagesordnung festzulegen. Dabei hatte er aber nur einen geringen Einfluss auf die tatsächlich diskutierten Themen. Die Leitung des Reichstages hatte der Kurfürst von Mainz inne, der auch gleichzeitig den Kurfürstenrat leitete. Der Reichsfürstenrat wurde abwechselnd durch den Erzherzog von Österreich und den Erzbischof von Salzburg geleitet, die Leitung des Reichsstädterates lag jeweils in der Hand der Stadt, in der der Reichstag stattfand.
[35] Kammerfourier: „Fourier, so fern er für die Quartiere der Herrschaft selbst, und der zunächst zu ihrer Person gehörigen Personen sorget. Ingleichen, ein Fourier, welcher für die Quartiere der zur Finanz-Kammer gehörigen Personen sorgt“. [ADELUNG]
[36] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.
[37] Vgl. REBITSCH, Matthias Gallas; KILIÁN, Johann Matthias Gallas.
[38] Thomas I. Wunn [1580 Salem-10.5.1647 Konstanz], Abt von Salem 1615-1647. Vgl. BECKER, Salem.
[39] Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte, bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.
[40] Insinuation: Schreiben mit der Bekanntmachung, Verlautbarung, offiziellen Mitteilung.
[41] SEMLER, Tagebücher, S. 274f.