Oxe [Ox, Ochse], Erik [Ereich, Erich, Ebert] Andersson [Andreas, Andrea]
Oxe [Ox, Ochse], Erik [Ereich, Erich, Ebert, Johan] Andersson [Andreas, Andrea]; Obrist [20.9.1596-16.9.1672 Kalmar] Erik [Ereich, Erich, Ebert, Johan] Andersson [Andreas, Andrea] Oxe [Ox, Ochse][1] [20.9.1596-16.9.1672 Kalmar] stand zuletzt als Obrist[2] und Schlosshauptmann von Kalmar[3] in schwedischen Diensten.[4]
1624 war er noch Kapitän im Skaraborg-Regiment,[5] 1629 wurde er Quartiermeister,[6] 1630 Major[7] und 1632 Obristleutnant[8] im Västergötland-Regiment Carl Hårds,[9] das er 1635 als Obrist übernahm. Am 4.6.1639 wurde er Schlosshauptmann zu Kalmar.
Im Oktober 1633 muss er sich noch in Erfurt[10] aufgehalten haben, wie aus einem Schreiben an Reichskanzler Axel Oxenstierna[11] hervorgeht.[12] Der schwarzburg-sondershausische Hofrat Volkmar Happe [1587-nach 1642][13] erwähnt ihn 1634 in seiner „Thüringischen Chronik“: „Den 10. März [20.3.1634; BW] habe ich den Obersten Lieutenant Erich Andreas Ochsen 300 rh[14] durch den Herrn Ambtmann Volckmar Erharten[15] zahlen lassen“.[16]
Er war Kommandant der schwedischen Garnison[17] in der bischöflich-würzburgischen Grenzfestung Königshofen im Grabfeldgau,[18] die er am 11.12.1635 an die Kaiserlichen übergeben musste.[19]
„Die seit dem 10. Oktober 1631 in schwedischer Hand befindliche Grenzfestung Königshofen hatte bisher allen Eroberungsversuchen getrotzt. Bereits während der Belagerung Schweinfurts[20] hatte Feldmarschall[21] Piccolomini[22] den Obersten Miklós Forgách[23] dorthin geschickt. Dieser patrouillierte ab 11. Oktober 1634 mit seinem Regiment Ungarn[24] zwischen Königshofen und Römhild[25] um die Pässe und Zugänge zur Festung zu überwachen und zog sich ab 13.10. zur Entfaltung einer Art Blockadetätigkeit[26] näher an die Stadt (DBBTI V/1020, 1024).
Nach einem Brief Piccolominis an Gallas[27] vom 16. Oktober vermuteten die Kaiserlichen in Königshofen eine Besatzung von mittlerweile an die 3000 Mann (ebd. 1029). Dies war völlig unrealistisch. Nach der Verlegung der ursprünglichen Besatzung von 4 Kompanien[28] finnischen[29] Musketieren[30] unter dem Obersten Caspar Ermes[31] Anfang Juli 1644 nach Augsburg[32] hatte eine Abteilung vom Västergötländischen Regiment Carl Hårds unter Oberstleutnant Erich Andreas Oxe die Garnison Königshofen übernommen. Dazu kamen Ende September und Ende Oktober 1634 noch einige Kompanien der abziehenden Garnisonen von Rothenburg o. d. Tauber[33] und Windsheim[34] aus dem Brinken’schen Regiment. Deren Oberst Wilhelm von den Brinken[35] war im Sommer anläßlich der Belagerung Regensburgs[36] durch die Kaiserlichen verwundet worden und hatte sich kurz nach der Übergabe der Stadt am 29.7.1634 nach Königshofen begeben, wo er gegenüber dem Oberstleutnant Oxe die Rolle eines Kommandanten beanspruchte. Chemnitz berichtet anläßlich der Übergabe Rothenburgs am 18.9.1634, daß den beiden in Rothenburg liegenden Brinken’schen Kompanien unter dem Major Polli (Pollius)[37] freier Abzug zu ihrem Obristen nach Königshofen gewährt wurde. Dieser wurde jedoch nicht eingehalten, indem die Knechte[38] untergesteckt wurden[39] und nur die Offiziere abziehen durften. Der Windsheimer Besatzung, 2 Kompanien unter dem Brinken’schen Oberstleutnant Balthasar Goll, war allerdings der Abzug gestattet worden, welche sich daraufhin ebenfalls nach Königshofen begaben. (Bd. II, S. 548, 582).
Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es Spannungen zwischen Brinken und Oxe, denn Piccolomini bemerkt in dem oben erwähnten Brief, daß sich der in Königshofen liegende Oberstleutnant mit dem ‚dorthin entsandten Herrn Brinck‘ nicht vertrage, seiner Meinung nach wäre es nicht schwer, sich der Stadt zu bemächtigen (Theatr. III, S. 403). Brinken scheint sich aber in diesem Machtkampf durchgesetzt zu haben, denn ab September 1634 wird er als Kommandant von Königshofen erwähnt.
Nachdem die Blockade durch Forgách wenig Effekt gezeigt hatte, begann gegen Ende des Jahres 1634 der kaiserliche Generalwachtmeister[40] Frh. Johann v. Beck,[41] der von Rudolf Colloredo[42] mit einigen Regimentern zu Roß und Fuß von Böhmen ins Reich kommandiert worden war, auf Befehl Melchior von Hatzfelds[43] mit den Vorbereitungen der Belagerung von Königshofen. Er ließ die Stadt zur Übergabe auffordern und, nachdem dieses Ansinnen abgelehnt worden war, in der Nacht des 25. Dezember/4. Januar 1635 mit Artilleriefeuer[44] belegen. Mit Granaten[45] und Brandkugeln[46] versuchte man die Besatzung einzuschüchtern, bzw., wie dies mit Schorndorf[47] gelungen war, die Stadt in Brand zu setzen. Becks Truppen waren indes zu schwach, auch war man nicht mit ausreichender Artillerie versehen, so daß auch dieser Versuch scheiterte und man unverrichteter Dinge wieder abziehen mußte. (Chemnitz II, S. 581).
Über die Wintermonate konnte nun nicht viel ausgerichtet werden. Als jedoch am 28. März 1635 die Veste Coburg[48] gefallen und dadurch Mannschaften und Gerät freigeworden waren, gedachte Piccolomini die Dinge vor Königshofen wieder voranzutreiben. Es wurde daraufhin ein Großteil der in Coburg erbeuteten Artillerie und Munition nach Königshofen geschafft, wozu die Grafschaft Schwarzenberg[49] (Steigerwald) die Pferde für den Vorspann zur Verfügung stellen mußte (Theatr. III, S. 451). Allein Gallas riet vorerst noch von einer zu schnellen Eroberung ab (DBBTI V/1202). Die Gründe von Gallas‘ zögernder Haltung waren vielen Generalen unverständlich und nur dadurch erklärbar, daß er seinen Erfolg von Nördlingen[50] nicht durch riskante Unternehmungen gefährden wollte. Der Generalfeldzeugmeister Melchior von Hatzfeldt, nach dessen Meinung Gallas die Truppen untätig und ‚zu ihrem äußersten Ruin aufeinander liegen‘, ließ, war darüber äußerst ungehalten und deshalb froh, als mit der Ankunft König Ferdinands III.[51] am 4. Juni in Dinkelsbühl[52] Bewegung in die Dinge kam.
Piccolomini erhielt am 12. Juni den Befehl, seine Regimenter in Franken zusammenzuziehen und Hatzfeld bekam den Auftrag, sich um die Garnisonen der befestigten Plätze zu kümmern. Mit seinen neugeworbenen Dragoner-[53] und Fußregimentern besetzte er Schweinfurt und Coburg (am 13. Juli durch die Kompanie des Hauptmannes Otten[54] und sein neues Regiment zu Roß unter dem Oberstleutnant Johann Adam von Thüngen[55] entsandte er zur Verstärkung der Blockade nach Königshofen (Krebs/Hatzfeld, S. 89). Das zögerliche Vorgehen vor dieser Festung und der Abzug Piccolominis gegen den Rhein in Richtung Speyer[56] ermutigten den nach wie vor gut schwedischen Landgrafen Wilhelm von Hessen-Kassel[57] zu einer Gegenaktion. Er entschloß sich, die Festung, in die sich eine große Anzahl Beamter der ehemals fränkischen Regierung und viele Vertreter des fränkischen Landadels geflüchtet[e] hatten, zu entsetzen und die Blockaderegimenter ‚aufzuschlagen‘. Den Auftrag dazu erhielt der Generalmajor[58] Claus Dietrich von Sperreuter,[59] der am 9. August gerade frisch in die Dienste des hessischen Landgrafen getreten war. Sperreuter begab sich mit 33 Cornet[60] Reitern und 2 Kompanien Dragonern vor die Festung und es gelang ihm am 7. September 1635 die Belagerungs- und Blockadetruppen zu überwältigen und zu zerstreuen. Drei Geschütze samt Munition und die gesamte ‚pagage'[61] wurden erobert und eine große Menge an Vorräten und Getreide erbeutet. Diese wurden zur Verproviantierung in die Festung geschafft und somit auf absehbare Zeit wieder eine einigermaßen erträgliche Versorgungssituation geschaffen. (Chemnitz II, S. 811).
Dieser erneute Rückschlag und das zögerliche Herangehen der kaiserlichen Truppen rief nun den Würzburger Fürstbischof Franz von Hatzfeld,[62] der seine Grenzfestung wieder haben wollte, auf den Plan. Der Bischof intervenierte bei seinem Bruder Melchior, worauf sich der Feldmarschall entschloß, die Sache nun konsequent und endgültig zu Ende zu bringen. Zu diesem Zweck schickte er seinen Oberstleutnant vom Neu-Hatzfeldischen Fußregiment, Veit Dietrich von Steinheim,[63] mit 2000 Mann zu Fuß, vierhundert Dragonern und ausreichend Artillerie vor die Stadt und Festung. Steinheim langte am 23. November vor Königshofen an und begann von fünf verschiedenen Stellen Laufgräben[64] gegen die Stadt zu führen. Gleichzeitig wurden drei Artillerieschanzen[65] errichtet und die Stadt derart heftig beschossen, daß sich die Belagerer in kurzer Zeit eines Teils der Außenwerke bemächtigten und das Wasser aus dem Wallgraben ableiteten.
Der ehemalige Kommandant Wilhelm von den Brinken hatte sich kurz zuvor mit seinen verbleibenden Kompanien abgesetzt, sodaß die Verteidigung der Festung allein dem Oberstleutnant Erich Andreas Oxe (Ochse) mit dem ihm verbliebenen Västgötischen Truppen oblag. Diese bestanden nur noch aus etwa 150 gesunden Soldaten und 30 Offizieren. Damit war es ihm unmöglich, die erforderlichen 10 Posten auf den Außenwerken zu besetzen, wozu an die 600 Mann erfordlich gewesen wären. Außerdem wurde die Nahrung knapp, auch die Salz- und Brennholzvorräte waren zu Ende gegangen. Durch die langen Entbehrungen war die Garnison schwierig geworden. Die Soldaten weigerten sich, die Schildwachen[66] zu besetzen und es gab Ansätze von Meuterei. An gezielte Verteidigungsaktionen oder Ausfälle[67] war nicht zu denken. ‚Nachdemmahl nun die Soldaten durch continuirliches Fechten, Granatleschen, vnd schlechten tractaments,[68] indem jeder alle zehen tage nur anderthalb Sturmhut[69] recken [mit Roggen gefüllten Helm] bekommen, sehr gekrancket[70] und gantz ausgemattet waren, auch endlich zu meutiniren[71] begunt [begannen] vnd sich ausdrücklich vernehmen lassen: im Fall ein Sturm angienge, sie das Gewehr niederlegen, oder den Officirern selbst die Hälse brechen wollten. Als mußte der Obriste Lieutenant endlich den dritten Tag ChristMonats [3./13. Dezember] zum accord[72] schreiten‘. (Chemnitz II, S. 914).
Die vom 11.12.1635 datierte Kapitulation[73] von Königshofen wurde im Namen des Bischofs Franz von Hatzfeld von Oberstleutnant Veit Dietrich von Steinheim und dem Königshofer Kommandanten, dem Oberstleutnant ‚Ereich Andrea Oxe‘ unterzeichnet (Krebs/Hatzfeld, S. 218, Anm. 144). Der Abzug der schwedischen Garnison erfolgte am 13. Dezember ‚mit fliegenden Fähnlein, vnter- und obergewehr, Kriegsbrauch nach, so wol pagage, Sack und Pack‘.[74] Den Schweden wurde zwar freies Geleit zugesichert, jedoch stellten sich nach Chemnitz viele Gemeine wie auch Offiziere freiwillig bei den Kaiserlichen unter. Der Rest, etwa 70 Mann, wurde gewaltsam untergestoßen, sodaß nur der Oberstleutnant mit einigen Offizieren bei seinen schwedischen Heimattruppen ankam. (Chemnitz II, S. 915)“.[75]
Aus der Reichsstadt Schweinfurt wird 1635 berichtet: „Diese Festung ging am nämlichen Tage, nachdem sie eine lange Belagerung ausgehalten hatte, mit Accord über; welcher aber den ausziehendem Schweden gar schlecht gehalten wurde. Der Commandant Andreas Ox, ein Schwede, zog mit etwa 125 gemeinen Soldaten aus“.[76] Die in Frankfurt/M.[77] erscheinende „Relationis Historiae Semestralis Continuatio“ informierte ihre Leser unter dem 6./16.12.1635: „Der Fürstl. Bischofflichen Festung Königshofen ist bißhero mit zimlichen Ernste zugesetzet worden / auch also / daß der darinne gelegene Schwedische Obriste Lieutenant vnd Commendant Ebert Ochse / nach deme er sich keines Entsatzes zu vermuthen / vnd gleichwol die Extrema zu befahren gehabt / den 12.2. diß sich zum Accord bequemet / vnd ist folgenden 13.3. sampt seiner vnterhabenden Soldatesca / so mehrentheils Schweden gewesen / mit Sack und Pack vber Schmalkalden[78] nach der Weeser zu abgezogen“.[79]
Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !
[1] https://www.adelsvapen.com/genealogi/Oxe_nr_103, Tab. 6.
[2] Obrist [schwed. överste, dän. oberst, tschech. plukovník]: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer u. exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung u. Bezahlung seiner Soldaten u. deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung u. Befehlsgewalt über Leben u. Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität u. Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) u. Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- u. Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold v. 500-800 fl. je nach Truppengattung, 500 fl. zu Fuß, 600 fl. zu Roß [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] in der kurbrandenburgischen Armee 1.000 fl. „Leibesbesoldung“ nebst 400 fl. Tafelgeld u. 400 fl. für Aufwärter. In besetzten Städten (1626) wurden z. T. 920 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15). Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm als Obrist u. Hauptmann der Infanterie 800 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe v. Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung v. Heiratsbewilligungen, aus der Beute – hier standen ihm 27 Rt. 39 Albus pro 1.000 Rt. Beute zu; HOFMANN, Peter Melander, S. 156 – u. aus Ranzionsgeldern, Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung v. Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ, im Schnitt für 5 Rt., – u. auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung u. Beschaffung von Waffen, Bekleidung u. Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen – Obristen belieferten ihr Regiment mit Kleidung, Waffen u. Munition – , gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischenn handlung, S. 277 (1634) zur schwedischen Garnison: „Am gemelten dingstage sein 2 Soldaten bey mir hergangen bey r[atsherr] Joh[ann] Fischers hause. Der ein sagt zum andern: In 3 Wochen habe ich nur 12 ß [Schilling = 6 Heller = 12 Pfennig; das entsprach insgesamt dem Tageslohn eines Maurers; BW]. Ich wol, das der donner und der blytz inn der statt schlüge, das es bränte und kein hauß stehen bliebe. Muß das nicht Gott erbarmen. Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Zur brandenburgischen Armee heißt es; OELSNITZ, Geschichte, S. 64: „Fälle, daß die Obersten mit ihren Werbegeldern durchgingen, gehörten nicht zu den größten Seltenheiten; auch stimmte bei den Musterungen die Anzahl der anwesenden Mannschaften außerordentlich selten mit den in der Kapitulation bedingten. So sollte das Kehrberg’sche [Carl Joachim v. Karberg; BW] Regiment 1638 auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Es wurde dem Obersten der Proceß gemacht, derselbe verhaftet und kassirt. Aehnlich machte es der Oberst Rüdiger v. Waldow [Rüdiger [Rötcher] v. Waldow; BW] und es ließen sich noch viele ähnliche Beispiele aufführen“. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen u. nichts anderes als eine Form von Erpressung darstellten, u. die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) u. nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben u. Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über drei Regimenter), was Maximilian I. v. Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel v. seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) u. den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden u. auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist u. Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. OELSNITZ, Geschichte, S. 64f.: Der kurbrandenburgische Geheime Rat Adam Graf zu „Schwarzenberg spricht sich in einem eigenhändigen Briefe (22. August 1638) an den Geheimen Rath etc. v. Blumenthal [Joachim Friedrich Freiherr v. Blumenthal; BW] sehr nachtheilig über mehrere Obersten aus und sagt: ‚weil die officierer insgemein zu geitzig sein und zuviel prosperiren wollen, so haben noch auf die heutige stunde sehr viele Soldaten kein qvartier Aber vnter dem schein als ob Sie salvaguardien sein oder aber alte reste einfodern sollen im landt herumb vagiren vnd schaffen ihren Obristen nur etwas in den beutel vnd in die küch, Es gehöret zu solchen dantz mehr als ein paar weißer schue, das man dem General Klitzingk [Hans Kaspar [Caspar] v. Klitzing; BW] die dispositiones vom Gelde und vonn proviant laßen sollte, würde, wan Churt borxtorff [Konrad [Kurt] Alexander Magnus v. Burgsdorff; BW] Pfennigmeister vnd darvber custos wehre der katzen die kehle befohlen sein, wir haben vnd wissen das allbereit 23 Stäbe in Sr. Churf. Drchl. Dienst vnd doch ist kein einsiger ohne der alte Obrister Kracht [Hildebrand [Hillebrandt] v. Kracht; BW] der nit auß vollem halse klaget als ob Man Ihme ungerecht wehre, ob Sie In schaden gerieten, Man sol sie vornemen Insonderheit die, welche 2000 zu lievern versprochen vnd sich nit 300 befinden vndt sol also exempel statuiren – aber wer sol Recht sprechen, die höchste Im kriegsrath sein selber intressirt vnd mit einer suppen begossen“. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Meist führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 504. Die z. T. für den gesamten Dreißigjährigen Krieg angenommene Anzahl v. rund 1.500 Kriegsunternehmern, von denen ca. 100 bis 300 gleichzeitig agiert hätten, ist nicht haltbar, fast alle Regimentsinhaber waren zugleich auch Kriegs- bzw. Heeresunternehmer. Moritz Heinrich v. Nassau-Hadamar [1626-1679] erhielt 1640 bereits mit 13 Jahren in Anerkennung der Verdienste seines Vaters Johann Ludwig ein Kürassierregiment u. den Sold eines Obristen; Dillenburgische Intelligenz-Nachrichten des Jahres 1779. Dillenburg 1779, Sp. 422. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Selbstzeugnissen, Chroniken etc. nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; BOCKHORST, Westfälische Adelige, S. 15ff., REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte 1. Bd., S. 413ff.
[3] Kalmar [Prov. Kalmar län, Schweden].
[4] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 9/10 der Armee Banérs stellten deutsche Söldner; GONZENBACH, Der General Hans Ludwig von Erlach von Castelen II, S. 130. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen u. Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern u. Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“. Vgl. auch das Streitgespräch zwischen einem kaiserlich u. einem schwedisch Gesinnten „Colloquium Politicum“ (1632). Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.
[5] Regiment [schwed. regimente, dän. regiment, tschech. pluk]: Größte Einheit im Heer, aber mit höchst unterschiedlicher Stärke: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold u. die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl v. Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts u. Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute v. ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments v. 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments v. 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 u. 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 u. 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 u. 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 u. 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 u. 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 u. 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, vom Vorgänger übernommen u. oft v. seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet u. kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[6] Quartiermeister [schwed. kvartermästare, dän. kvartermester, engl. quartermaster]: Bei Einquartierungen in Dörfern u. Städten besorgte der Quartiermeister, in Abstimmung mit den lokalen Obrigkeiten, v. den Bewohnern Unterkunft u. Verpflegung für die Kompanie. Zunächst wurde der Stab einlogiert, dann wurden die Quartiere für die Hauptleute bestimmt. Die Kompanie des Obristen hatte die weitere Wahl, dann die des Obristleutnants, darauf die des Obristwachtmeisters. Die restlichen Kompanien spielten die übrig gebliebenen Quartiere unter sich aus. Das führte bei engen Quartieren teils zur Überbelegung bei den einzelnen „Wirten“, teils zum Kampieren unter freiem Himmel auf dem Markt, was zu Unruhen führen konnte. Dem Quartiermeister, der je nach Truppengattung zwischen 40 u. 60 fl. Monatssold erhielt – in besetzten Städten (1626) wurden z. T. 80 Rt. monatlich erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15) – , war die Kriegskasse anvertraut. Dazu kamen allerdings erhebliche Nebeneinkünfte der meist korrupten Quartiermeister, die dieser mit dem Obristquartiermeister teilte. Von 1.000 Rt. Beute u. Ranzionsgeldern standen ihm 26 Rt. 51 Alb. 3 Heller zu. Die Quartiermeister operierten sehr oft mit gefälschten Listen der einzuquartierenden Soldaten, um die Differenzbeträge in die eigenen Taschen zu stecken. Der Regimentsquartiermeister Bartelme Vogel schrieb am 4.7.1648 aus Landshut an den Abt der Benediktinerabtei Prüfening, Placidus Bacheder; SOLMS-LAUBACH; MATTHAEI, Wetterfelder Chronik, S. 67, Anm. 1: „weil ihn der Abt nicht so viel gewürdigt, daß er ihm sein jüngstes Schreiben mit einem einzigen Wort beantwortet noch viel weniger einen einzigen Heller oder dergleichen zur Zehrung geschickt hatte, ‚da doch’, fährt der Schreiber fort, ‚alle meine Kammeraten von ihren Ortern zu 2 : 3 : 4 : Im die 500 Rthr. neben ihrer Zehrung Schon auf rechnung hieher bekommen haben vnd darf Sich der Herr (nämlich Abt) gar nicht einbilten, das er So sehr werde aufgehen, oder aber ich Seinetwegen alhier mein eigenes Gelt verzehren will, Stellt sich der Herr (Abt) mit diessem Botten nicht ein, So Soll er versichert Sein, daß nicht allein sein Gloster vnd Dörffer, Sondern alles da herumb ligente Getreit Am lengsten soll gestanden haben, den alhier vber 400 Pfert vorhanten, die auff Anders nichts warten, alls das Sie die vngehorsamen darunter der herr der furnehmsten einer ist mit feuer vnd Schwert Strafen Sollen, welches ich dem Herrn mit wenigen zur Nachricht vermelten vnd vor Schaden gewarnt haben will, hab Jüngstens für meinen herrn Obristen eines hantpferdes vnd für mich eines guten Glöpers (Kleppers, Gauls) gedacht, aber derowegen kein Antwort bekom, allem vermerckhen nach mus der herr nicht wissen was die Regiments Quartirmeisters Scharschy (Charge) auf Sich hat, den Sonst würt er mir mit anderer Disgrezion begegnen, hat aber nichts auf Sich Soll ihm schon in einem andern vergolten werden Sonst für dißmahl ein mehrers nicht alls Gott bevohlen“. Zudem führten Quartiermeister auch kleine Streifkorps an.
[7] Major [schwed. major, dän. major, tschech. major]: Der Major war im Dreißigjährigen Krieg der Oberwachtmeister des Regiments (zunächst nur in der Infanterie). Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen u. Befehle des Obristen u. Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten, sorgte für die Instandhaltung ihrer Waffen, hatte die Aufsicht über die Munition u. war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte der Major für Ordnung auf dem Marsch u. im Lager, beaufsichtigte die Wach- u. Patrouillendienste u. stellte das Regiment in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- u. Standgericht. Er erhielt 1633 monatlich 200 Rt. bei der Infanterie u. 300 fl. bei der Kavallerie, 200 fl. bei der dänischen Armee.
[8] Obristleutnant [schwed. överstelöjtnant, dän. oberstløjtnant, tschech. podplukovník]: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, v. den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch v. Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten u. die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren u. Soldaten bewies u. für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments u. die Anwerbung v. Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- u.Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse u. Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] u. 150 fl. bezog – in besetzten Städten (1626) wurden z. T. monatlich 400 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15 – , in der brandenburgischen u. dänischen Armee sogar 300 fl. KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 320 Rt. monatlich zu. Dazu kam sein Anteil an der Beute, der pro 1.000 Rt. 16 Rt. 39 Albus betrug; HOFMANN, Melander, S. 156. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian I. hatte Tilly den Ersatz der „unkatholischen“ Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann oder Rittmeister einer Kompanie, wofür er ein zusätzliches Einkommen bezog, so dass er bei Einquartierungen u. Garnisonsdienst zwei Quartiere u. damit auch entsprechende Verpflegung u. Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.
[9] Carl [Karl] Hård [Hardt] af Segerstad [26.2.1591 Stora Segerstad-21.9.1653 Skämningsfors], schwedischer Obrist. Vgl. https://www.adelsvapen.com/genealogi/Hard_af_Segerstad_nr_17, hier TAB 94.
[10] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff. Vgl. STIEVERMANN, Erfurt, S. 35ff. Erfurt wurde im Laufe der Besetzung zu einer schwedischen Realfestung u. der stärksten Festung im mitteldeutschen Raum ausgebaut. 1480 war Baubeginn der Cyriaksburg als wichtiger Teil der Befestigung für den Süd-Westteil Erfurts. Der Bau dauerte immerhin 25 Jahre. Otto v. Guericke sollte im Auftrag Gustav Adolfs die Cyriaksburg umbauen, riet jedoch von dem Plan ab. 1631/32 führte Baumeister Caspar Vogel nach Konsultationen mit Guericke Befestigungsarbeiten an der Cyriaksburg durch. BEYER; BIEREYE, Geschichte der Stadt Erfurt, S. 543: „Gleich nach dem Abmarsch Gustav Adolfs arbeiteten unter dem tüchtigen Erfurter Festungsbaumeister Caspar Vogel 600 Mann allein daran, das Hornwerk auf dem Petersberg zu befestigen; auf der Südwestseite der Stadt, zwischen Löber- und Brühlerwall, wurden große Stauschleußen angelegt. Sämtliche Tore erhielten Zugbrücken, die Wälle wurden mit Brustwehren versehen, hinter denen nicht weniger als 91 Kanonen Aufstellung fanden, durch Pallisaden wurden namentlich die Tore stark verschanzt. Die Cyriaksburg erhielt 30 Kanonen“.
[11] Axel Gustafsson Oxenstierna Greve af Södermore [16.6.1583 Fanö bei Uppsala-28.1.1654 Stockholm], schwedischer Reichskanzler. Oxenstierna gehörte einem der ältesten Adelsgeschlechter Schwedens an. Nach dem Studium des Staatsrechts u. der Theologie in Rostock, Wittenberg u. Jena im Spätsommer 1604 Eintritt in den Staatsdienst bei Karl IX. v. Schweden, Ende 1605 Ernennung zum entlohnten Staatsbeamten, am 10.10.1606 Abreise als Sondergesandter nach Mecklenburg, am 18.3.1607 Rückkehr nach Stockholm, Juni 1609 Ernennung zum Reichsrat, am 6.1.1612 zum Reichskanzler Gustav II. Adolfs v. Schweden, Ende Oktober 1626 zum Generalgouverneur Schwedens in Preußen. Oxenstierna trat für eine umfassende Mitverantwortung des Adels ein, die allerdings nur durch ein starkes Königtum gesichert war. Er wandelte den Reichsrat von einem nur vorübergehend eingeberufenen Gremium zur ständigen Regierung um, die unter seinem Einfluss die Politik Gustav II. Adolfs zumeist unterstützte. Auch der Reichstag, die Versammlung der Stände, wurde v. Oxenstierna reformiert. Er sicherte den Einfluss des Königs u. des Adels gegenüber der Bauernschaft, die durch immer neue Steuern diese neue Politik finanzieren musste. 1629 konnte er mit Polen den Frieden v. Altmark abschliessen, der Schwedens Eingreifen in den Dreißigjährigen Krieg erst ermöglichte. Nach dem Sieg bei Breitenfeld wurde Oxenstierna Bevollmächtigter der schwedischen Krone am Rhein, am 22.1.1632 kam er in Frankfurt am Main am Hofe Gustav II. Adolfs an. Am 5.12.1632 übermittelte Oxenstierna die neue „Regierungsform“ Schwedens an den Reichsrat, am 12.1.1633 wurde er bevollmächtigter Legat Schwedens im Heiligen Römischen Reich und Befehlshaber der dort stationierten Heere Schwedens, am 14.3.1633 Mitglied der Vormundschaftsregierung Königin Christinas, April 1633 Direktor des Heilbronner Bundes. Am 29.7.1634 bestätigte der schwedische Reichstag die neue „Regierungsform“. Nach der Schlacht bei Nördlingen löste sich der Heilbronner Bund wieder auf, was im April 1635 zu dem Treffen Oxenstiernas mit Richelieu in Compiègne führte. 1636 wurde er Leiter der Vormundschaftsregierung für Christina. Nach dem Regierungsantritt Christinas schwand sein politischer Einfluss. Am 20.11.1645 wurde er in den Grafenstand erhoben, am 24. 9.1650 bejahte er die Erbmonarchie in Schweden. Oxenstierna, der im Laufe dieses Krieges zu einem der größten Gutsbesitzer Schwedens geworden war, gilt als der intelligenteste Politiker seiner Epoche. Vgl. allgemein WETTERBERG, Kanslern. ENGLUND, Die Verwüstung Deutschlands S. 138, charakterisiert Oxenstierna prägnant als „humorlos, gelehrt, willensstark, arrogant, intelligent, ausgestattet mit einem phantastischen Gedächtnis, unerschöpflicher Energie und einem verblüffenden Organisationsvermögen“. MDSZ; GOETZE, Politik; ZIRR, Oxenstierna. WETTERBERG, Axel Oxenstierna; FINDEISEN, Axel Oxenstierna; BACKHAUS (Hg.), Brev 1-2, IRMER, Die Verhandlungen Schwedens Bd. 1-3.
[12] Riksarkivet Stockholm Oxenstierna samlingen E 668.
[13] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 111f.
[14] Reichstaler/Gulden: 1 Reichstaler = 1,5 Gulden; 1 Reichstaler = 18 Batzen = 72 Kreuzer = 288 Pfennige, 1 Reichstaler = 21 Schillinge (ß) = 252 Pfennige (δ); 1 fränk. Rt. = 1, 2 fl. (1632), 1 fl. = 50 Liter Bier, = 5 Paar junge Hühner, Entgelt für die Säuberung zweier Wachtlokale. Reichsgulden: 1 Reichsgulden = 60 leichte oder rheinische Kreuzer (kr.) = ⅔ Reichstaler (Rtl.) = 16 gute Groschen = 24 Mariengroschen. Zur Umrechnung v. fl. in €: Wie problematisch eine derartige Umrechnung ist, zeigt www.mhoefert.de/PDFs/30_jaehriger_Krieg.pdf, der 30.000 fl. in ca. 3 Mill. € umrechnet (!). 1 fl. dürfte maximal 50 € entsprochen haben. Nach einer anderen nicht unproblematischen Umrechung würde 1 Rt. heute etwa 27, 3 € entsprechen. Nach WILDGRUBER, Dte feste Stadt Wasserburg, S. 74, entspräche 1 Rt. 60 DM, also etwa 30 €. Eine Umrechnung v. 1 fl. über den heutigen Feinsilbergehalt v. 15 g in 8 € ist ebenso problematisch; MÜLLER, Die Belagerungen, S. 450. Wenn selbst Bauernstiefel schon mit 20 fl. aufgelistet sind, würde das 540-1.000 € entsprechen. Sinnvoller wäre es, mit den Preisen für Gebrauchsgüter, Löhne etc. in den betreffenden Jahren zu verfahren, die in den einzelnen Gebieten je nach Kriegslage sehr unterschiedlich sind.
[15] Volkmar Ehrhart [ – ], gräflich-schwarzburgischer Amtmann.
[16] HAPPE I 303 r; mdsz.thulb.uni-jena.de.
[17] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie u. Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis u. die Fourage mussten v. der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden u. waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger u. Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[18] Bad Königshofen im Grabfeld [Stadt Bad Königshofen i. Grabfeld]; HHSD VII, S. 368. – Vgl. ENGERISSER, Von Kronach, S. 427ff. (die zurzeit beste kriegsgeschichtliche Darstellung); ferner PLEISS; HAMM, Dreißigjähriger Krieg.
[19] Eine Kopie des Akkords findet sich bei ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 13. Vgl. auch ROST, Versuch, S. 214ff.
[20] Schweinfurt; HHSD VII, S. 686ff.
[21] Feldmarschall [schwed. fältmarskalk, dän. feltmarskal, tschech. polní maršálek]: Stellvertreter des obersten Befehlshabers mit richterlichen Befugnissen u. Zuständigkeit für Ordnung u. Disziplin auf dem Marsch u. im Lager. Dazu gehörte auch die Organisation der Seelsorge im Heer. Die nächsten Rangstufen waren Generalleutnant bzw. Generalissimus bei der kaiserlichen Armee. Der Feldmarschall war zudem oberster Quartier- u. Proviantmeister. In der bayerischen Armee erhielt er 1.500 fl. pro Monat, in der kaiserlichen 2.000 fl. [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)], die umfangreichen Nebeneinkünfte nicht mitgerechnet, war er doch an allen Einkünften aus der Beute u. Ranzionsgeldern – hier erhielt er 100 Rt. pro 1.000 Rt. Erlös; HOFMANN, Peter Melander, S. 155 – , den Abgaben seiner Offiziere bis hin zu seinem Anteil an den Einkünften der Stabsmarketender beteiligt. Vgl. auch Backhaus, Reichsterritorium; Obolenskīĭ; Posselt, Tagebuch.
[22] Ottavio Piccolomini Pieri di Sticciano [Picoloni, Picolomnini, Bicolomini] P. d’Aragona, Herzog von Amalfi [11.11.1599 Florenz-11. 8.1656 Wien], kaiserlicher Feldmarschall. Teilnahme am Böhmischen Krieg, unter Pappenheim Dienst als Obristleutnant, 1627 wurde er Kommandant der Leibgarde Wallensteins, Teilnahme am Mantuanischen Erbfolgekrieg u. am 16.11.1632 an der Schlacht bei Lützen, Mitunterzeichner des 1. Pilsener Revers u. Hauptakteur bei der Verschwörung gegen Wallenstein, danach erhielt er reiche Schenkungen in Böhmen, er war kaiserlicher Feldmarschall in der Schlacht v. Nördlingen am 5./6.9.1634, es folgten Kämpfe in Lothringen, am 7.6.1639 Sieg über die französische Armee unter Feuquières bei Diedenhofen (Thionville) u. Ernennung zum kaiserlichen Geheimen Rat bzw. zum Herzog v. Amalfi durch Philipp IV. v. Spanien, am 5.9.1639 Ernennung zum Befehlshaber der kaiserlichen Hauptarmee in Böhmen. Nach mehreren Niederlagen u. der Katastrophe Piccolominis u. Erzherzog Leopold Wilhelms gegen Torstensson in der Schlacht bei Breitenfeld am 2.11.1642 legte er den Oberbefehl nieder, 1644 war er erneut bei den Kämpfen der Spanier in den Niederlanden aktiv, 26.5.1648 Ernennung zum Generalleutnant, Einsatz als Prinzipalgesandter bei den Nürnberger Verhandlungen zur Umsetzung des Westfälischen Friedens (Mai 1649-Juli 1650), 1650 Erhebung in den Reichsfürstenstand. Vgl. BARKER, Piccolomini, S. 322-369; WOLTZ, Piccolomini, S. 93-145. Eine befriedigende Biographie existiert trotz des reichhaltigen Archivmaterials bis heute nicht. Hingewiesen sei auf die Arbeiten v. ELSTER (=> Literaturregister).
[23] Miklós VII. Forgách [Forgatz, Forkar] Graf de Gýmeš [Ghymes] u. Gács [1586-1635], kaiserlicher Obrist.
[24] Ungarn: Schriftlich erwähnt werden „hussarones“ (ursprünglich Grenzsoldaten in den ungarischen Festungen) erstmals 1481 in einem lateinischen Schreiben des Ungarnkönigs Matthias Corvinus (1443-1490). Die Husaren hatten sich bereits zu schwer gepanzerten Reitern entwickelt. Sie trugen Helme im türkischen Stil (Zischäggen), Brust- u. Armpanzer, mit Eisenblech beschlagene Schilde (bezeichnet als „Tartschen“), schwere Säbel (Sarrass), Streitkolben u. Lanzen, außerdem einen Panzerstecher (hegyestőr, „Pikenschwert“). Falls die Lanze beim ersten Ansturm brach, wurde dieses drei- oder vierkantige Schwert mit einer etwa 150 cm langen Klinge auf den Oberschenkel gesetzt u. als Stoßwaffe benutzt. Die v. ihnen gestellten Bedingungen für ihren Einsatz waren u. a., landsmannschaftlich geschlossen kämpfen zu dürfen u. gute Aussichten auf Angriffe auf den Feind zu bekommen; TOEGEL, Der Schwedische Krieg, Nr. 1030, S. 326. Vgl. auch die Kritik des Hofkriegsrats Questenberg gegenüber Wallenstein; HALLWICH, Wallenstein’s Ende, S. 134f. Zur zeitgenössischen Einschätzung vgl. auch REISNER, Aber auch wie voriges tags, S. 456f. (1619): „Es ist zwar ein außerlesen schön ungerisches Kriegsvolckh, aber auch außerlesene Freybeutter; so mit stelen und rauben niemand verschonen; lassen nichts liegen, ziehen die leutt – freund oder feind – ganz nacket auß oder hawens wol gar nieder“. Eine ganz ähnliche Klage findet sich auch in dem Wiener Bericht vom 27. Oktober [1619]: „Die Hungern haußen gar übel auch bei den Evangelischen sine omni discretione, hauen alles nieder, plündern und verbrennen alles, so erbärmlich ist; wann sie alßo procediren, möchte waß anderst drauß entstehen“. Der Marktredwitzer Chronist Leopold (1635); BRAUN, Leopold, S. 54f. „Den 6. Febr[uar] hat ein edler, hochweiser Rat der Stadt Eger hie[r]her(o) berichtet, (wie) daß etliche Regimenter Ungarn aus Böheim(b) auf sie in (den) Anzug [seien] und fürters in das Reich marschieren wollten. Weil es (dann) ein böses und loses Volk, das sich auch von niemand kommandieren, vielweniger durch Kommiss[are] führen ließen, als(o) wäre ihr Rat: Wir sollten uns beizeiten mit Weib und Kindern, Vieh und [den] besten Sachen [und dem], was wir [sonst] noch hätten in Sicherheit begeben, denn [= weil] sie aller Orten sehr übel hauseten und sie uns vor solcher Gewalt nit schützen könnten“. LUGE, Chronik, S. 38 (Greiffenberg 1634): „Den 8. Mai kam ein Trupp von 700 ungarischen Reitern hieher. Sie führten sich Anfangs bescheiden auf, machten dann aber auf dem Marktplatz Lärm, fielen in die vornehmsten Häuser, wo der geflüchtete Landadel wohnte und plünderten die Wohnungen. 30 Manns- und Weibspersonen wurden dabei erschlagen“. Der katholische irische Feldkaplan Thomas Carve [1590-1672 ?] berichtet; CARVE, Reyßbüchlein 2. Bd., S. 159f.: „Den 17. Octobris [1639; BW], ward ein Vngarischer Graff mit 500 Pferden / von Prag auff Prandis [Brandýs nad Labem] zu / allda die Schweden sich auffhielten / vmb Kundschafft einzuholen / außcommandirt. Dieser ist bald nach seinẽ Außzug von den Schwedischen Partheyen vmbgeben vnnd ertapffet / vnnd weilen in dem Außreissen / sein Pferdt vnter ihme gestrauchlet / gefangen worden; Obwohl nun er der Gefängnuß sich zu entledigen vermeyndt / gleichwohl gesehen dass solches durch kein anderes Mittel / alß mit gewehrter Handt geschehen könne / hat er sich allermassen ritterlich gewehret / auch der Schwedischen viele mit seiner eygenen Handt niedergemacht / biß endtlich er also verwundet / vnnd mit sieben tödtlichen Wunden verletzt / heroisch auff der Walstatt todt blieben. Sein todten Leichnamb haben nichts desto weniger die Vngaren dem Feindt entzogen / vñ mit sich nacher Prag gebracht vnangesehen irer etliche hundert das Leben darüber eingebusset / allda selbiger nach Standtsgebühr / mit grossen Ehren zur Erden bestattet worden“.
[25] Römhild [LK Hildburghausen]; HHSD IX, S. 353ff.
[26] Blockade (blocquade, plocquade): Absperrung, Einschließung, Besetzung, Belagerung. Blockade und Einschließung einer Festung zielten auf Aushungerung der Bevölkerung. Der Salemer Mönch Bürster berichtet über die Blockade Überlingens 1644; WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 196: „Den 19. Februarii hat der commendant [Courval; BW] wol uff zway oder anderthalb hundert personen außgelaßen, welche herr obriste Wolff widerum haißen zuerugg hineinzuetreiben oder niderzueschießen und nit paßieren laßen, uff welches ain solches geschray, jamer, heylen und wainen, insonders klainer kindern und schwangeren weiber, daß doch ainen harten stain und letstlichen auch ihn hat mießen bewegen; hat er solche laßen verwahren biß er befelch vom obristen Merzi [Franz v. Mercy; BW] bekomen, wie er sich mit ihnen solle verhalten, welche also lange zeit im veld in großer kelte, regen und wind, tag und nacht uffgehalten, und letstlich befelch komen, solche alle widerumb zuemahlen zuerugg hineinzuejagen oder aber niderzueschießen. Allain welche gelt gehabt, weil nun deß beschaids von Merzi erwartet, haben sich interim ihre ettliche redimirt oder außkauft, da0 man sie hat laßen laufen, entreunen und darvon komen, welche außgeben, daß man kain kazen noch hund nit mehr darinnen thue sehen und ain solches schwarzes brod thue backen, daß manß nit oder kümmerlich kendte glauben und allberait an schmalz schon großen mangel. Und sollen die gemaine soldaten, deren über 600 nit, deren maßen also elend und der mehrer thail so kraftloß herumber gehen, daß sie die muggen oder fliegen schier möchten umbstoßen. Lassen auch schon kuglen biß in die schanzen, unangesehen sie so weit vorhußen, heraußlaufen, wie sie dann voriger tagen in ainem schuz ihr drey getroffen, 2 gebliben, der drüdte ob er möchte curiert werden, ist ungewiß“.
Dagegen wurden Ausfälle aus der Festung unternommen, um Nahrung zu beschaffen, den Belagerungsring zu sprengen, die Belagerer aus den Gräben zu werfen und diese zuzuschütten. Doch es gelangten immer wieder Güter hinein, weil der Ring wie z. B. um Eger 1647 nicht lückenlos geschlossen werden konnte. Holzappel erließ daher einen Aufruf an die Nachbarorte, mit dem er jedem für das Einschleusen von Lebensmitteln die übliche drakonische Strafe des Abschneidens von Nasen und Ohren androhte. Dass der Befehl auch vollstreckt wurde, zeigen die Erinnerungen Leopolds aus Marktredwitz: „In dieser Woche(n) sind 3 Männer, die etwas auf dem Rücken nach Eger tragen wollten, von den bayer. Reitern gefangen genommen worden. Dem einen davon ist der Bart samt der Haut, dem anderen die Nase(n) und dem dritten sind die Ohren abgeschnitten worden. Dann hat man sie wieder laufen lassen“. BRAUN, Marktredwitz, S. 318. Ein ähnliches Mandat hatte Ferdinand III. auch Nürnberg zugehen lassen, das ebenfalls Transporte nach Eger hatte abgehen lassen. Österreichisches Staatsarchiv Wien Kriegsakten 168, fol. 271: Kaiserliches Mandat an Nürnberg, Pilsen, 1647 VIII 26.
[27] Matthias [Matteo] [di] Gallas [Galas, Galasso], Graf v. Campo, Herzog v. Lucera] [17.10.1588 Trient-25.4.1647 Wien], kaiserlicher Feldmarschall u. Generalleutnant. 1606 Eintritt in spanische Dienste, 1615-1617 Teilnahme am Friaulischen Krieg, 1618 Beförderung zum Hauptmann, Kommandant v. Riva u. Bekanntschaft mit Johann v. Aldringen. Durch dessen Vermittlung 1629 Wechsel aus kurbayerischen in kaiserliche Dienste, nachdem Gallas die Festnahme wegen Unbotmäßigkeiten u. Erpressungen angedroht worden war. Am 18.7.1630 zusammen mit Aldringen Beteiligung an der Plünderung Mantuas, wo er (nach heutigen Begriffen) ein Millionenvermögen erbeutete. Am 10.3.1632 Erhebung in den Reichsgrafenstand, am 13.10.1632 Ernennung zum kaiserlichen Feldmarschall, im September 1633 zum Generalleutnant unter Wallenstein. Zusammen mit Aldringen u. Piccolomini betrieb Gallas die Entlassung Wallensteins. Am 24.1.1634 Übernahme des Oberbefehls über das kaiserliche Heer, nach Wallensteins Ermordung, deren Planung und Durchführung er Piccolomini überlassen hatte, erhielt er dessen Herrschaft Friedland. Am 5./6.9.1634 hatte Gallas entscheidenden Anteil am Sieg über die Schweden bei Nördlingen. Sein schlechter Ruf als Trinker u. Spieler sowie glücklos verlaufene Feldzüge wie im Winter 1633 in Schlesien, 1635/1636 in Lothringen, 1637 gegen Johan Banér u. im Winter 1644 im Rückzug vor Lennart Torstensson brachten ihm bis heute den Ruf eines “Heeresverderbers” ein. Im November 1639 wurde Gallas entlassen, anschließend erneut berufen, im Januar 1645 wiederum entlassen, um dann von Dezember 1646 bis zu seinem Tod letztmalig das Kommando zu übernehmen. Vgl. REBITSCH, Gallas I; REBITSCH, Gallas II; BECKER, Gallas; KILIÁN, Johann Matthias Gallas.
[28] Kompanie [schwed. kompani, dän. kompany, tschech. rota]: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch u. schwedisch) umfasste v. der Soll-Stärke her 100 Mann, doch wurden Kranke u. Tote noch 6 Monate in den Listen weiter geführt, so dass ihre Ist-Stärke bei etwa 70-80 Mann lag. Eine Kompanie zu Pferd hatte bei den Bayerischen 200, den Kaiserlichen 60, den Schwedischen 80, manchmal bei 100-150, zum Teil allerdings auch nur ca. 30. Geführt wurde die Fußkompanie v. einem Hauptmann, die berittene Kompanie v. einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“. Die Kompanie führten ein Hauptmann, ein Leutnant, ein Fähnrich, ein Feldwebel, ein Sergeant, ein Rüstmeister, ein Musterschreiber, die Korporale u. Rottmeister.
[29] Finnen [auch hagapells, hakkapeller genannt, nach hakkaa päälle: hau drauf]: Sammelbegriff für Finnen, Lappen u. Finnlanddeutsche im schwedischen Heer. Bei den finnischen Verbänden wäre zu differenzieren zwischen Finnländern u. Finnlandschweden (Soumen Ruotsalaiset), Deutschen in Finnland. Es gab drei Kavallerieregimenter aus dem finnischen Landesteil Schwedens: Nylands och Tavastehus läns kavalleriregemente, Åbo och Björneborgs läns kavalleriregemente sowie Viborgs och Nyslotts läns kavalleriregemente. Vgl. die zahlreichen Arbeiten von PLEISS. Zu den verschiedenen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. In der schwedischen Propaganda wurden die Finnländer – als „Truppe des Schreckens“ – als Pendant zu den in kaiserlichen Diensten stehenden Kroaten aufgebaut, die Gustav Adolf als des „Teufels neuen Adel“ bezeichnete. Die Wirklichkeit jedoch sah anders aus, auch wenn sie v. Zeitgenossen als wild u. brutal beschrieben wurden. Der Söldner Sir James Turner über das Abschlachten nach der Schlacht bei Hessisch-Oldendorf (1633); TURNER, Memoirs, S. 5f.: „After this battell, I saw a great many killd in cold blood by the Finns, who profess to give no quarter“. Zudem standen sie im Verdacht, Wetter machen zu können u. den Teufel anzubeten. Vgl. WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 241 (1647): „So ist aber ein solches ungewüdter, luft, saußen und braußen eben zur selben zeit, wol 2 oder 3 tag und nacht lang, angestanden, daß vermaint, eß werde alle heyßer und palest zue haufen werfen, also und daß sich kain schüff von dannen sich möchte bewögen; hat man auch gänzlich dafürgehalten, haben solches (weilen diese Lapp- und Seeländer in dißer und dergleichen hexen- und unholden künsten wol erfahren und bey ihnen für ain freye kunst gehalten und paßirt) ungewidter selbsten gemacht und verzoberet. Dan man für gewiß gesagt, dass ain ganzes regiment under ihnen dem schwarzen Caspar ergeben und verschriben seye, welcher ihnen den weg naher dem Haagen als vorher geloffen und paßiert. Wie dan auch von Eyßne oder Kämpten wird bericht, daß sie ihnen den M. Hämmerlein in ainem glaß gezaiget: diß seye ihr obrister, deme seyen sie verlobt und geschworen, deßen seyen sie mit leib und seel versprochen, dere ihnen trewlich halt und sie ihme redlich dienen“. Auch in anderen Zeitzeugnissen wurden sie als „gottlose, schändliche Menschen, Saumagen“ bezeichnet (so WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 46). Aus Staßfurt wird unter 1639 berichtet; GEISS, Chronik von Staßfurt, S. 135: „Den 20. Octobr. wurde unser Lieutenant mit seinen Soldaten abgefordert. Die folgenden Tage mußten wir einen Fähnrich mit ungefähr 50 Finnen und Teutschen, Reiter, denen theils die Pferde gestorben, theils vom Feinde abgenommen waren, und die sich hier wieder beritten machen sollten, ins Quartier nehmen. Es war muthwilliges Gesindel, das sich nicht commandiren lassen wollte. Den 9. November zogen diese Finnen wieder nach Quedlinburg, weil der Fähndrich sich beklagt hatte, daß er sie weder mit Worten noch mit Prügeln zwingen könnte“. Die Finnländer – „von Natur aus gesetzlose Viehdiebe“ (BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 56), die anfangs noch unzureichend montiert zum Teil mit Pfeil u. Bogen in den Kampf zogen – standen sozial auf der untersten Stufe des schwedischen Heeres, wurden bei Angriffen als erste aufgeopfert u. zu Arbeiten herangezogen, die der gewöhnliche Soldat ablehnte oder nur unter Zwang verrichtete. Sofern eine Entlöhnung überhaupt erfolgte, wurden sie regelmäßig vergessen, oder es wurden ihnen nie eingelöste Verschreibungen ausgestellt. Obwohl die Finnländer nur geringe Chancen hatten, sich in Deutschland in Sicherheit zu bringen, war ihre Desertionsquote mindestens doppelt so hoch wie diejenige der schwedischen Soldaten. Jeder 5. Finne desertierte. Zwischen 1638-1649 waren 15.933 regulär Eingezogene nach Deutschland gebracht worden, daneben Geworbene und Gezwungene. Finnische Reiterregimenter wurden z. B. schlechter besoldet als nationalschwedische. Vgl. die Äußerungen Axel Oxenstiernas über die in Königshofen im Grabfeld liegenden Finnen gegenüber dem schwedischen Statthalter in Franken, Krafft von Hohenlohe, Schleusingen, 1632 XI 27; PLEISS; HAMM, Dreißigjähriger Krieg, S. 49: „Wie ich vorgestrigen dages nahe Königshofen offen, befinde ich die wenige Finnen, so daselbst in Guarnison ligen, zimblich nackhendt und unbeklaidt, auch etwas verdrossen daß sie so gar übel accomodiret, dannenhero sie auch umb dimission, inn ihr vatterlandt widerumb zu ziehen, mir instendig nachgeruffen. Weil dann ich sie zur verdrossenheit ohnedem geneigt weiß, zumahlen sie eine so geraume zeit hero stets an selbigem ort inn guarnison gelegen, unnd nicht wie andere knechte, so zu felde gebrauchet werden, ihnen etwas profit machen oder unnterhalt verschaffen können … bitte, die anordnung zu machen, daß von der regierung daselbst zu einem kleidigen ausgetheilet werde, damit sie gleichwol inn etwas contentement und ergetzlichkeit wider haben mögen“. Vgl. auch BECK, Chronik, S. 26 [Schweinfurt 1631]: „Mit dem König war auch ein Regiment Finnen zu Pferde eingezogen, und hatte auf dem Markte Halt gemacht. Ihr schwaches und mattes Aussehen, ihre geringe, wetterfarbene Bekleidung, ihre kleinen und unansehnlichen Pferde ließen eben nicht viel erwarten, und hätte nicht die Welt von ihren Thaten zu Leipzig gehört gehabt, hätte man wohl fast zweifeln mögen, ob sie auch einen Marsch bis Würzburg auszuhalten im Stande seien. Aber die Bewunderung abnöthigende Schnelligkeit ihrer Bewegungen und die prompte Ausführung jedes Commando’s, ja jedes Winkes der Offiziere erweckte bald bessere Begriffe, die sich, da man noch nicht so ganz wußte, wie die Sache ablaufen werde, allmählig beinahe in Furcht verwandelten“. Vgl. auch die zeitgenössische Einschätzung; GOTTFRIED, ARMA SVEVICA, S. 72: „An den Finnen und Schweden hette der König diese Vortheil: 1. Könnten sie Frost vnd Kälte besser als Hitze vertragen. 2. Lieffen eher nicht / biß sie gleichsam mit der Natur fechten müsten. 3. Behülffen sie sich kläglich. 4. Ohne alle Meutenacion. 5. Weren vnverdrossen / vnd mit devallisiren fest nit zu erschöpffen / so weit es nicht leicht ein ander Herr mit seinen Vnterhanen gebracht“. Bei dem Rothenburger Chronisten Dehner heißt es unter 1632; HELLER, Rothenburg, S. 94f.: „lauter Schweden und Finnen, darunter auch Lappländer und Irrländer gewest, die hat man den Burgern einquartiert bey 8. 9. 10. u. mehr, haben mit den Burgern für gut genommen, mit ihnen gebetet und gesungen fast in allen Quartieren“. In den Generalstaaten hieß es im August 1633; PLEISS, Der Zug, S. 27: „Ist wacker Volk, die allezeit unter des Königs Batalien gewest seyn … Solche Macht und wacker Volk hat man niemalen in diesen Landen gesehen“. Das „THEATRUM EUROPAEUM, 3. Bd., S. 108f., unter 1633: „Die Schwedische vnd Finnen allesampt ansehenliche starcke starcke Männer / machten die andern Niderländer in dreyen Dingē schamrot / nemlich 1. in Gehorsam / 2. in Ordnung / vnd 3. in Gottesforcht / dann alle Morgen / wann sie auffbrachen / schlossen sie einen Ring / vnnd auff den Knien rufften sie Gott an / beteten vnd sungen / etc“. Ein zeitgenössischer Beobachter schreibt in einem Flugblatt „Schreiben Auß Dem Königklichen Schwedischen Läger. o. O. 1631, S. 43“: „Muß man derhalben rund bekennen daß dem König seine Schweden und Finnen trewlich dienen: Die Finnen sind der mehrtheils kortze Leut ihrer statur halben / aber darbey hertzhafft vnd der Arbeit gewonnet / leben mit wenigem / behelffen sich karglich: wüssen von Wollüsten vberal nichts: den Teütschen Lufft auch mitten im Winter finden sie gar zam / gegen dem ihrigen gehalten. Es sind rechte Eisenbeisser / die niemahlē von hinden sind verwundet worden. Welcher vnder ihnen dem Feind wurde den rucken kehren / der wirdt nie für ihren Landtsman gehalten. Vnnd ist freilich lächerlich / wer die sicht aufziehen. Sie haben Schleiffstein an der seiten hangend / vnnd so bald man anhebt zum Lermen vnnd träffen die Trommel rühren / so wetzen sie ihre dägen / von weitem meint einer nichts ander alsdann es were eine schaar Metzger / oder in hauffen der beysammen / da ein stuck matten solten abmeyen: Aber es laßt sich nicht mit ihnen schimpfen weil es ernst gilt. Der inneren Finlenderen spraach ist gantz von der Schwedischen Nortwegischen / Gottischen vnd Dennenmärckischen / die da vberein stimmen / gescheiden / vnnd ist allein den Finlenderen gemein vñ den Mitternächtigen Völckeren / welche man Lappen nennet“. Zum Teil waren sie noch aus Mangel an Ausrüstung noch mit Bogen bewaffnet. Kommandierender der 1. Finnen-Schwadron war Torsten Stålhandske. Vgl. LANGER, Formen der Begegnung, S. 84f. Zum zeitgenössischen Bild der Lappländer (auch sarkastisch „Lippenländer“, etwa „gefräßige Personen“ genannt) vgl. OPEL; COHN, Dreißigjähriger Krieg, S. 242ff. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. Nach dem Krieg wurden zerstörte Orte wie z. B. Torgelow [LK Uecker-Randow/Mecklenburg-Vorpommern] auf Befehl Christinas v. Schweden mit Finnen und Livländern neu besiedelt. Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; 1625 soll Banérs Armee bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) meist als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Eine Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die von Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, und den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten bastanten Armeen erscheint jedoch überflüssig. Nach ENGLUND, Die Verwüstung Deutschlands S. 76, waren 1630 bereits jeder 10. Schwede und jeder 5. Finne desertiert. Nach LUNDKVIST, Schwedische Kriegsfinanzierung S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 1651 wurde festgestellt, dass 50 % der Kavallerie u. 41 % der Infanterie aus Finnen bestand; PLEISS; HAMM, Der Dreißigjährige Krieg, S. 41. Nach GUTHRIE, The Later Thirty Years War, S. 59, soll Banérs Armee im Juli 1638 um 9.000 Schweden u. 5.000 Finnen verstärkt worden sein, was wohl zu hochgegriffen erscheint. Zu den Verlusten LINDEGREN, Frauenland, S. 145: „Grob gerechnet kann man behaupten, daß in der ganzen Periode von 1620 bis 1720 ca. 75 % aller Todesfälle auf Krankheiten und andere Entbehrungen zurückzuführen sind. Ca. zehn Prozent starben in Kriegsgefangenschaft. Die restlichen 15 Prozent fielen bei Kampfhandlungen. Ungefähr ein Drittel dieser direkt kampfbezogenen Todesfälle geschah im übrigen im Zusammenhang mit Belagerungen. Große Feldschlachten und kleinere Gefechte forderten im allgemeinen nicht besonders viele Todesopfer, vergleicht man sie mit dem Alltag des Krieges. […] Die Zahl der toten Soldaten kann total auf 1,7 Millionen geschätzt werden. Von diesen starben gut eine Viertel Million im Feld oder infolge von Kampfhandlungen; gut eineinviertel Millionen fielen dem ‚Alltag des Krieges‘ zum Opfer“. => Mortalität.
[30] Musketier [schwed. musketerare, musketör, dän. musketeer, tschech. mušketýr]: Fußsoldat, der die Muskete führte. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel u. den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln, den Gabelstock, u. legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) u. die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, 1. Bd., S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 2 – 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge v. 102 cm u. wog etwa 4,5–4,7 kg bei einem Kaliber v. zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- u. Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten u. Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – u. schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. MAHR, Monro, S. 15: „Der Musketier schoß mit der Luntenschloßmuskete, die wegen ihres Gewichtes [etwa 5 kg] auf eine Gewehrgabel gelegt werden mußte. Die Waffe wurde im Stehen geladen, indem man den Inhalt der am Bandelier hängenden hölzernen Pulverkapseln, der sog. Apostel, in den Lauf schüttete und dann das Geschoß mit dem Ladestock hineinstieß. Verschossen wurden Bleikugeln, sog. Rollkugeln, die einen geringeren Durchmesser als das Kaliber des Laufes hatten, damit man sie auch bei Verschmutzung des Laufes durch die Rückstände der Pulvergase noch einführen und mit Stoff oder Papier verdämmen konnte. Da die Treffgenauigkeit dieser Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Die Verbände waren dabei in sog. Treffen aufgestellt. Dies waren Linien zu drei Gliedern, wobei das zweite Treffen etwa 50 Schritt, das dritte 100 Schritt hinter der Bataille, d. h. der Schlachtlinie des ersten Treffens, zu stehen kamen, so daß sie diese bei Bedarf rasch verstärken konnten. Gefeuert wurde gliedweise mit zeitlichem Abstand, damit für die einzelnen Glieder Zeit zum Laden bestand. Ein gut geübter Musketier konnte in drei Minuten zwei Schuß abgeben. Die Bleigeschosse bis zu 2 cm Kaliber [vgl. auch GROTHE, Auf die Kugeln geschaut, S. 386, hier 16, 8-19,5 mm] verformten sich beim Aufprall auf den Körper leicht, und es entstanden schwere Fleischwunden. In den Kämpfen leisteten Feldscherer erste Hilfe; doch insgesamt blieb die medizinische Versorgung der Verwundeten mangelhaft. Selbst Streifschüsse führten oft aufgrund der Infektion mit Tetanus zum Tode, erst recht dann schwere Verletzungen“. Der Hildesheimer Arzt u. Chronist Dr. Jordan berichtet 1634, dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe; SCHLOTTER, Acta, S. 194. Der Bad Windheimer Chronist Pastorius hält unter 1631 fest; PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 100: „1631. Den 10. May eroberte der General Tylli die Stadt Magdeburg / plünderte sie aus / eine Jungfrau hatte ihres Bruders Kleider angezogen / und sich in ein groß leeres Weinfaß verstecket / ward endlich von einem Reuter gefunden / der dingte sie für einen Knecht / deme sie auch drey Monat treulich die Pferde wartete / und als in einem Treffen der Reuter umkam / und sie von denen Schweden gefangen gen Erffurt kam / ließ sie sich für einen Musquetirer unterhalten / dienete fünff Jahr redlich / hatte in etlichen Duellen mit dem Degen obsieget / wurde endlich durch eine Müllerin / wo sie im Quartier lag / verrathen / daß sie ein Weib wäre / da erzehlete sie der Commendantin allen Verlauff / die name sie zu einer Dienerin / kleidete sie / und schenckte ihr 100. Ducaten zum Heyrath-Guthe“. Weiter gibt es den Fall der Clara Oefelein, die schriftliche Aufzeichnungen über ihren Kriegsdienst hinterlassen haben soll. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch 1. Bd., S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß, S. 43ff., über die Bedienung; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics; EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[31] Caspar Ermes [Ermisch, Eermis, Emmes, Armes, Armis, Armiss, Evermes] auf Kochenberg [1592-12./22.5.1648 Erfurt], finnischer Obrist.
[32] Augsburg; HHSD VII, S. 44ff.
[33] Rothenburg o. d. Tauber [LK Ansbach]; HHSD VII, S. 637ff.
[34] Bad Windsheim [LK Neustadt/Aisch-Bad Windsheim]; HHSD VII, S. 63f.
[35] Wilhelm v. der (den) Brink [Princk, Brinken, Brücken] [ca. 1586-13.10.1637], schwedischer, zuletzt kaiserlicher Obrist
[36] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.
[37] Adam Pollius [Polli; Pollio, Polio ?] [ – ], schwedischer Kapitän.
[38] Knecht, gemeiner [schwed. knektar, finn. nihti, engl. private soldier]: dienstgradloser einfacher Soldat. Er hatte 1630 monatlich Anspruch auf 6 fl. 40 kr., in der brandenburgischen Armee auf 8 fl. 10 gr. = 7 Rtl. 2 Gr; nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 6 fl. 40 kr., schwedische u. finnische Knechte erhielten 1632 nur 1 ½ Rt., deutsche in der Royal-Armee dagegen das Dreifache. Ein Soldat oder Reiter einer Streifschar aus einer Garnison erhielt v. 1.000 Rt. Beute quasi als Gefahrenzuschlag 5 Rt. 72 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156. Ein Bauernknecht im bayerischen Raum wurde mit etwa 12 fl. pro Jahr (bei Arbeitskräftemangel, etwa 1645, wurden auch 18 bis 24 fl. verlangt) entlohnt. Schon 1625 wurde festgehalten; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 92: „Ihme folgete der obrist Blanckhardt, welcher mit seinem gantzen regiment von 3000 fueßknechte sechß wochen lang still gelegen, da dann die stath demselben reichlich besolden muste, wovon aber der gemeine knecht nicht einen pfennig bekommen hatt“. In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar v. Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt gefrorn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaider und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. Gallas selbst schrieb am 25.1.1638 dem Kaiser; ELLERBACH; SCHERLEN, Der Dreißigjährige Krieg 3. Bd., S. 222: „Mochte wohl den Stein der erd erbarmen zuzuschauen, wie die arme knecht kein kleid am leib, keine schuh am fuße, die reiter keine stiefel oder sattel haben, auch den mehrerteil sich freuen, wenn sie nur die notdurft an eichelbrot bekommen können“. => Verpflegung. In den Feldlagern (über)lebte er unter den schwierigsten Bedingungen bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung v. 3, 4 Jahren. Bei Gefangennahme oder Stürmen auf eine Stadt lief er immer Gefahr, getötet zu werden, da für ihn keine Ranzion (Lösegeld) zu erwarten war, oder wenn eine Untersteckung unter die eigenen Truppen nicht notwendig erschien. Generell wurden jedoch „teutsche Knechte“ gegenüber etwa den „Welschen“ bevorzugt übernommen u. bei den Schweden besser besoldet
[39] Unterhaltung, Untersteckung, Unterstellung: „sich unterhalten lassen“, unterstellen, d. h., in die Dienste des Gegners zu treten, geschah bei Gefangennahme entweder freiwillig oder auch gezwungenermaßen, wenn man nicht genügend Ranzion stellen konnte oder Gefahr lief, getötet zu werden. Untersteckung war die (zwangsweise) Eingliederung v. (insbesondere gefangen genommenen) Soldaten in bestehende unvollständige Verbände. „Die ‚Untersteckung’ von gefangenen Soldaten des Kriegsgegners war in der frühen Neuzeit allgemein üblich, wurde für gewöhnlich von den Betroffenen ohne Widerstände akzeptiert und scheint gar nicht selten die Zusammensetzung eines Heeres erheblich verändert zu haben” (BURSCHEL, Söldner, S. 158). Die „Relation deren Geschichten / Ritterlichen Thaten und Kriegßhandlung“, S. 12, berichtet, wie Bucquoy mansfeldische Söldner zur Unterstellung zwang: „Dann als mann sie (in der Zahl ohngefehr 1200.) gen Crumaw bracht / hat man sie Rotten vnd Hauffen weiß in Kammern so eng zusammen gesperrt / daß sie weder sitzen noch niderligen können / auch neben dem wenig Essen / das man ihn vorgestellt / ihnen gar nichts zu tricken geben / vnd es also etliche Tag vber / mit inen getrieben / Sie dardurch zu nötigen / daß sie dem Keyser ihre Dienst versprechen müsten / als auch geschehen. Dann nach dem sie auffs eusserst allerhand Ungemach außgestanden / vnnd etliche Tag kein tropffen zu trincken vberkommen / haben sie fast alle vnder solchem erschröcklichen Joch vnd Zwang sich schmücken vnd biegen / vnd dem Feind ihre Dienst zusagen müssen“. In der kurbayerischen Armee – Maximilian I. v. Bayern war grundsätzlich gegen die Untersteckung wegen der Unzuverlässigkeit in Schlachten – wurden sie als Kugelfang beim Angriff oder Sturm auf eine Stadt vorausgeschickt; SEMLER, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 67. Franz v. Mercy hatte nach seinem Sieg bei Tuttlingen (24.11.1643) an die 2000 Franzosen untergesteckt. HEILMANN, Kriegsgeschichte, S. 69f. Doch wurden schon seit dem Böhmischen Krieg Gefangene, die die Untersteckung verweigerten, oft hingerichtet. HELLER, Rothenburg, S. 158: (1645): „Die [bayr.] Furir aber haben alle Häußer, wo Franz. oder Weimar. gelegen, außgesucht und was sie hinterlaßen, alles weggenommen. Wie sie denn im güldenen Greifen einen Weimarischen Feldscherer sampt seiner Feldtruhen, welcher allhie geblieben und hernach wollen nach Hauß ziehen in Holstein, ertapt, übel gemartert und geschlagen, endlich mit sich hinweggefürt und, wie man gesagt, weilen er ihnen nit wollen dienen, auf dem Feld erschoßen”. MAHR, Monro, S. S. 157, bei der Einnahme der Schanze bei Oppenheim: „Als unsere anderen Leute sahen, daß das Schloß gefallen war, rannten sie los, die vorgelagerte Schanze zu erstürmen, in der sich neun Kompanien Italiener mit ihren Fahnen befanden. Ihre Offiziere sahen nun, daß das Schloß hinter ihnen überrumpelt war und daß der Angriff vor ihnen losbrach, da warfen sie ihre Waffen weg und riefen nach Quartier, die ihnen auch gewährt wurde. Ihre Fahnen wurden ihnen abgenommen. Da sie alle bereit waren, in unsere Dienste zu treten, wurden sie vom König Sir John Hepburn zugewiesen, der nicht nur ihr Oberst wurde, sondern auch ein guter Schutzherr, der sie in guten Quartieren unterbrachte, bis sie neu eingekleidet und bewaffnet waren. Aber sie zeigten sich undankbar und blieben nicht, sondern liefen in Bayern alle davon. Nachdem sie einmal die warme Sommerluft verspürt hatten, waren sie vor dem nächsten Winter alle verschwunden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70f. (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, daß die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. => Kriegsgefangene. Der häufige Fahnenwechsel konnte natürlich auch insofern Folgen haben, als gerade die Offiziere gute Detailkenntnisse mit ins gegnerische oder in das Lager von Verbündeten nahmen. OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 538: „Diesesmal gehörte auch Adam Philipp zu den Unsicheren. Um ihn zu halten, stellte ihm der Kurfürst folgendes Ultimatum, vom 4. März 1632: ‚Ir sollt die Ursache schreiben, aus welcher ir merfach geäussert habt, dass ir in unseren und des katholischen Bundes Kriegsdiensten zu continuiren wenig Lust habt oder, eurem Vorgeben nach, gedrungen werdet, ander Resolution zu fassen. Wir haben euch vor anderen zum General-Wachtmeister gemacht. .. Andere hohe und niedere Officirs, auch gemeine Soldatesca würde von euch ein bös und schädlich Exempel nehmen … Ihr habt versprochen zu continuiren und ist das in der jetzigen allgemeinen necessitet eure Schuldigkeit’. … Der Kurfürst will sich versehen ‘Ir werdet furtherhin einer mehreren discretion und dankbahrkeit bezeigen. Wenn aber ir andere resolution zu fassen gedenket, so begehren Wir, zuvor zu vernehmen: wohin Ir eure Resolution gestelt und ob ir die euch anvertraute charge und das Regiment zu resigniren gemeint wäret’. Gleichzeitig soll er berichten: ob er endlich den Tross und die pigage [Bagage; BW] reduzirt habe ? Die Antwort Adam Philipps auf diese ernste Mahnung zur Fahnentreue liegt nicht vor. Dass der Verdacht des Kurfürsten gegen ihn wohlbegründet war, wird sich später erweisen; wie auch, dass einige seiner Offiziere ihren jungen Obristen drängten”.
[40] General(feld)wachtmeister [schwed. generalmajor]: Bei den hohen Offizierschargen gab es in der Rangfolge „Generalissimus“, „Generalleutnant“, „Feldmarschall“, „Generalfeldzeugmeister“, auch den „General(feld)wachtmeister“, den untersten Generalsrang im ligistischen Heer. In der Regel wurden Obristen wegen ihrer Verdienste, ihrer finanziellen Möglichkeiten u. verwandtschaftlichen u. sonstigen Beziehungen zu Generalwachtmeistern befördert, was natürlich auch zusätzliche Einnahmen verschaffte. So erhielt er pro 1.000 Rt. Beute u. Ranzion 33 Rt. 26 Alb. Anteil; HOFMANN, Peter Melander, S. 155. Der Generalwachtmeister übte nicht nur militärische Funktionen aus, sondern war je nach Gewandtheit auch in diplomatischen Aufträgen tätig. Der Generalfeldwachtmeister entsprach rangmäßig dem Generalmajor. Der Generalmajor nahm die Aufgaben eines Generalwachtmeisters in der kaiserlichen oder bayerischen Armee war. Er stand rangmäßig bei den Schweden zwischen dem Obristen u. dem General der Kavallerie, bei den Kaiserlichen zwischen dem Obristen u. dem Feldmarschallleutnant. Die Bezeichnung ergab sich aus seiner ursprünglichen Aufgabe, der Inspektion der Feldwachen u. dem Überwachen der Aufstellung der Brigaden u. Regimenter im Felde u. beim Marsch.
[41] Johann Freiherr v. [der] Beck [Bec] [1588-21.8.1648 Arras], kaiserlicher Generalfeldmarschall, ab 1642 Zivil- und Militärgouverneur des Herzogtums Luxemburg u. der Grafschaft Chiny.
[42] Rudolf [Rudolfo] Graf Colloredo [Coloredo, Coloreto, Coleredo, Colredo, Kolloredo]-Waldsee [Wallsee] [2.11.1585 Budweis-24.2.1657 Prag], kaiserlicher Generalwachtmeister u. Feldmarschall. 1617 Teilnahme am Uskokenkrieg gegen Venedig, 1618 Beförderung zum Hauptmann, am 27.8.1626 unter Tilly Teilnahme an der Schlacht bei Lutter am Barenberge, 1627 Feldzug in Mähren, Eintritt in den Orden des Hl. Johannes v. Jerusalem, Ernennung zum Großprior Böhmens durch den Kaiser, 1629 Erhebung in den Reichsgrafenstand, im Juni 1631 in Salzungen einquartiert, 1632 Beförderung zum Generalwachtmeister, am 15.11.1632 Erfolg gegen Gustav II. Adolf von Schweden an der Rippach. Im Januar 1634 plädierte Colloredo-Waldsee für Wallensteins Ermordung, 1634 wurde er Feldmarschall u. Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen in Böhmen, 1636 Belehnung mit konfiszierten Gütern Trčkas, 1643 zusammen mit Gallas Feldzug nach Holstein, Ende 1648 nach erfolgreicher Verteidigung Prags gegen Königsmarck u. Ernennung zum Gouverneur der Stadt.
[43] Melchior Friedrich Gottfried Reichsgraf Hatzfeldt [Hartzefeld] v. Gleichen [20.10.1593 Crottorf-9.11.1658 Schloss Powitzko bei Trachenberg/Schlesien], Bruder des Würzburger Bischofs Franz v. Hatzfeldt, für den geistlichen Stand bestimmt, kaiserlicher bzw. kurbayerischer Feldmarschall-Leutnant, Generalfeldzeugmeister u. Feldmarschall. Am 6.8.1623 Teilnahme am Kampf bei Stadtlohn, 1625 Wechsel ins Heer Wallensteins als Obristleutnant unter Franz Albrecht v. Sachsen-Lauenburg, 1627 Teilnahme am Feldzug gegen die Dänen, 1629 Marsch nach Mantua, am 17.9.1631 Teilnahme an der Schlacht bei Breitenfeld, 1632 Obrist u. Kommandeur eines eigenen Regiments, 1633 Beförderung zum Feldmarschallleutnant, 1634 wurde er Generalfeldzeugmeister u. 1635 Feldmarschall wegen der Verdienste um die Eroberung Kaiserslauterns, am 4.10.1636 Niederlage in der Schlacht bei Wittstock gegen Johan Banér als militärischer Ratgeber Johann Georgs I. von Sachsen, 1637 Venichtungsfeldzug in Sachsen, am 17.10.1638 Sieg bei Vlotho über Ruprecht v. der Pfalz, 1639 Belehnung mit der Herrschaft Gleichen (Thüringen) durch den Kurfürsten v. Mainz (diese Belehnung zwang Johan Banér 1640 zur Aufhebung der Belagerung Leipzigs), 1641 Erwerb der Herrschaft Trachenberg in Schlesien aus dem Besitz des hingerichteten Wallenstein-Anhängers Hans Ulrich v. Schaffgotsch, Kommandeur der kaiserlichen Armee in Westfalen, 1641 Eintritt in kurbayerische Dienste wegen Differenzen mit Matthias Gallas, am 24.11.1643 Erfolg in der Schlacht bei Tuttlingen über die Franzosen unter Josias v. Ranzau, 1644/1645 Ernennung zum Kommandeur der kaiserlichen Hauptarmee, am 6.3.1645 Gefangennahme in der Schlacht bei Jankau. Am 30.8.1657 zum kaiserlichen Heerführer gegen die Schweden in Polen ernannt, eroberte Hatzfeldt Krakau. [Abb. Stein5]
[44] Artillerie: Zur Wirksamkeit der Artillerie vgl. ENGLUND, Verwüstung Deutschlands, S. 424f.: „Sowohl bei sogenannten Kernschüssen als auch bei Visierschüssen zielte man mit dem Geschützrohr in mehr oder weniger waagrechter Position. Ein in dieser Position eingestellter Neunpfünder hatte eine Reichweite von etwas über 350 Metern. Dann schlug die Kugel zum erstenmal auf dem Boden auf, wonach sie regelmäßig einen Sprung machte und noch einmal 350 bis 360 Meter flog, bevor sie kraftlos erneut aufprallte – acht von zehn Kugeln sprangen mindestens dreimal auf. (Der Abprall hing davon ab, ob der Boden eben oder buckelig und uneben war.) Die Kugel flog die ganze Zeit in Mannshöhe. Sie konnte also auf ihrer gesamten Bahn töten und verwunden, und wenn sie im rechten Winkel durch eine dünne Linie von Männern schlug, pflegte sie im Durchschnitt drei Mann zu töten und vier oder fünf zu verwunden, aber es kam auch vor, daß eine einzige Kugel 40 Menschen auf einen Schlag tötete. Menschen und Tiere wurden meistens mit einem hohen und entsetzlichen Reißgeräusch zerfetzt. Es gibt Beschreibungen von Schlachten dieses Typs – wie es aussah, wenn brummende Vollkugeln in die von Pulverdampf eingehüllten und dicht gestaffelten Reihen aufrecht stehender Männer einschlugen: In der Luft über den Verbänden sah man dann eine kleine Kaskade von Waffenteilen, Rucksäcken, Kleidern, abgerissenen Köpfen, Händen, Beinen und schwer identifizierbaren menschlichen Körperteilen. Der tatsächliche Effekt beruhte in hohem Grade auf der Größe der Kugel. Leichte wie schwere Geschütze schossen im großen und ganzen ihre Kugeln mit der gleichen Anfangsgeschwindigkeit ab, etwas unter 500 Meter in der Sekunde, doch je größer die Kugel war – das Kaliber in Pfund bezeichnet das Kugelgewicht – , desto höhere Geschwindigkeit und Durchschlagskraft hatte sie, wenn sie ihr Ziel erreichte: die Beine und Muskeln und Zähne und Augäpfel eines Menschen auf der anderen Seite des Feldes“. Der technische Aufwand war beträchtlich, bei 60-Pfündern rechnete man für 8 Tage à 30 Schuss 3 Ztr. Pulver, 13 Wagen mit 99 Pferden, dazu 3 Knechte u. 2 Büchsenmeister sowie deren Zubehör. „Vom Nürnberger Stückegießer Leonhard Loewe ist die Rechnung für die Herstellung zweier jeweils 75 Zentner schwerer Belagerungsgeschütze erhalten, die auf den heutigen Wert hochgerechnet werden kann. An Material- und Lohnkosten verlangte Loewe 2.643 Gulden, das sind ca. 105.000 bis 132.000 Euro. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81. Vgl. ENGERISSER, Von Kronach, S. 575ff. Deswegen ließ man sich auch den Kostenaufwand bei Belagerungen ersetzen. Zabern musste 1636 8.000 fl. „für den canon“ bezahlen; DROYSEN, Bernhard v. Weimar, 2. Bd., S. 214. Bei den Schweden führte eine Kompanie die Regimentswaffen, drei Kompanien führten die schweren Waffen, während eine Kompanie die „Feuerwerker“ transportierte u. eine weitere die für eine Belagerung erforderlichen Bergleute bzw. Mineure. Zu jeder Kompanie gehörte ein Schütze („konstapel“) u. ein Assistent („handlangere“), größere Geschütze erforderten zwei Assistenten u. ein „styckjungere“, die sich in zwei Kanonen teilten, im Bedarfsfall wurden Musketiere ausgeliehen. Zudem war die Tätigkeit bei der Artillerie nicht nur schwer, sondern hochgefährlich, da des Öfteren in Schlachten (etwa bei Wimpfen 1622) die Munitionswagen explodierten.
[45] Granaten: „Die ersten mit einer Sprengladung gefüllten Hohlgeschosse der Artillerie tauchten vereinzelt im 14. Jahrhundert auf. Die Entwicklung der Granate begann in Europa Anfang des 16. Jahrhunderts, als neben den massiven Stein- u. Eisenkugeln als Bomben bezeichnete Hohlgeschosse aufkamen. Sie waren mit Schwarzpulver gefüllt, mit Schwammzünder oder Zündschnur versehen u. wurden aus Steilfeuergeschützen (Haubitzen oder Mörser) verschossen. Neben Spreng- u. Brandgeschossen wurden als Vorläufer der Kartätschen Kugelbehälter mit „Hagel“ (Eisenstücke u. Steine) verwendet. Im 17. Jahrhundert begann man, die Bezeichnung Granate auf alle Hohlgeschosse v. Kanonen u. Haubitzen anzuwenden, während die Geschosse schwerer Mörser bis ins 19. Jahrhundert weiterhin Bomben hießen. Vor 1700 waren die Granaten teilweise mit eisernen Spitzen versehen, um an Palisaden u. anderen Holzbauten festzuhaften. Vom 17. bis Anfang des 19. Jahrhunderts wurden Granaten aus Eisen u. Glas in mehreren Lagen in große topfartige Bomben gefüllt („Granathagel“) u. als Streuschuss aus Mörsern oder schweren Haubitzen abgefeuert. Andere Geschossarten waren glühende Kugeln sowie Stangen- u. Kettenkugeln. Insgesamt bot die Granate jedoch die beste Wirkungsmöglichkeit“ [Wikipedia]. Herstellung u. Gebrauch werden ausführlich beschrieben bei MIETH, Neue curieuse Beschreibung, S. 126ff. MÜHLICH, Chronik 3. Teil, S. 453 (Schweinfurt 1635): „Wie leicht durch Unvorsichtigkeit ein Unglück geschehen könne, erfuhr man hier am 19. dieses. Die Kaiserlichen Feuerwerker füllten im Zwinger Granaten, während des Stampfens fing eine Feuer, durch welche 200 nicht weit davon liegende angezündet wurden und mit einem entsetzlichen Krachen zersprangen. Ein Bauer und ein Hirtenjunge, die um Lohn mitgearbeitet hatten, blieben sogleich auf auf der Stelle todt, zwölf Feuerwerker, die im Laboratorium waren, wurden an ihrem Körper so beschädigt, daß 11 davon nach vielen ausgestandenen Schmerzen starben, nur ein Einziger blieb als Krüppel am Leben. Ein großes Glück für die Stadt war, daß das Feuer die vielen 100 großen Bomben, die in einer Nebenkammer nicht weit davon lagen, nicht angezündet hatte, sonst würde das beßte Kleinod der Stadt, die Mainmühle, in Rauch aufgegangen sein“. Der Straßburger Chronist Johann Jakob Walther beschreibt die Wirkung dieser Geschosse; REUSS, Strassburg, S. 27: „Vor Schlettstadt gienge es auch heyss daher undt haben grausam geschossen auch viel granaten und feuerballen hinein geworffen…. was aber der effect einer solchen granatkugel seye hatt man daselbsten gesehen, indem eine solche kugel den 21. Novembris [1632] in dass würtshauss zum schwartzen Adler daselben oben eingefallen, welches ein gantz steinern hauss gewesen, undt durch fünff boeden durchgeschlagen biss zu underst in den keller undt alles zerschmettert“. Granat(feuer)kugel: eiserne Sprengkugel als „eine spezielle form der granate älteren gebrauchs, die auch in der feuerwerkskunst verwendet wurde“ [DWB]. Zum Teil versuchte man diese in Schlachten (z. B. Hessisch Oldendorf 1633) in die Munitionswagen der Gegner zu werfen. Staatsarchiv Bamberg C 48/195-196, fol. 115 v (Ausfertigung): August Erich an Johann Ernst v. Sachsen-Eisenach, Kassel, 30.6.1633 (a. St.).
[46] Feuerballen, Feuerkugel: Feuerbälle oder Karkassen sind Brandgeschosse, die aus einem schmiedeeisernen, mit Leinwand ummantelten u. mit einem Brandsatz gefüllten Gerippe bestehen, aus Mörsern abgefeuertes Geschosse mit Spreng-, Brand- u. Leuchtwirkung, de v. Mörsern im Steilfeuer über die Stadtmauer geschossen werden konnten. Teilweise entzündete sich nur ein Viertel dieser Feuerkugeln. ARMAMENTARIUM PRINCIPALE, S. 51: „Item wiltu auß einem grossen stück Fewer schießen / so nimb ein Steinkugel die gerecht in die Büchse sey / laß dir ein Creutz einer halben Spannen weit darin hawen / füll das Creutz mit trögem Zeug / vnd vmbwind den Stein / mit geschwebeltem Hanff / daß der Zeug nicht herauß fall / vberzeuch die Kugel wider mit zerlassenem Schwebel so du schiessen wilt / so lade den stein seuberlich in die Büchß / verstopff in wol / solcher Schuß erschreckt die Feindt hart“. CHEMNITZ, Königl. Schwedischer […], S. 407, stellt anlässlich der Belagerung Regensburgs 1634 fest: „fewr-Kugeln / die sehr gros / von schwefel / pech / pulver / zundstricken vnd dergleichen brennenden materien gemachet / vnd vielen schlägen angefüllet waren / gleicher gestalt nicht gefeyret / doch weinig ausgerichtet: Dan deren viele in der lufft zersprungen / etliche in die Donaw gefallen / etliche / so gantz verstopffet gewesen das die zunder nicht zünden können / gefunden worden; Vnd zwar an gefährlichen örtern / ja aufm hew liegend / da sonst die geringste flamme leichtlich ein fewr hette verursachen mögen“. MALINOWSKY; BONIN, Geschichte 2. Bd., S. 383 (Belagerung Stettins 1659): „Den 26. Oct. wurde zum ersten Male aus dem brandenburgischen Lager eine sonderliche Art von Feuerballen in die Stadt geworfen. Das Corpus, worin sich Pech, Harz, Weg und andere Sachen mit nassem Pulver befanden, war von Eisen, wie ein großer Maulkorb, und etwas länglich gemacht, sauste heftig in der Luft, und schlug ohne Schaden durch die Dächer. Ein anderes fiel auf einen Boden, brannte alsbald licherloh und zündete“. A. a. O., S. 384: „Den 3. No. fiel ein Maulkorb in die Stadt, welcher sehr giftig gebrannt haben soll, der mit vielem Wasser, und zuletzt mit Moder und Koth von der Gasse gelöscht wurde“.
[47] Schorndorf [Rems-Murr-Kreis]; HHSD VI, S. 714f.
[48] Coburg; HHSD VII, S. 127f.
[49] Schwarzenberg [Stadt Scheinfeld, LK Neustadt/Aisch-Bad Windsheim]; HHSD VII, S. 685f.
[50] Schlacht bei Nördlingen am 5./6.9.1634 zwischen den kaiserlich-ligistischen Truppen unter Ferdinand (III.) v. Ungarn u. spanischen Kontingenten unter dem Kardinal-Infanten Fernando auf der einen Seite u. dem schwedischen Heer unter Feldmarschall Gustav Horn, der in eine siebenjährige Gefangenschaft geriet, u. Bernhard v. Sachsen-Weimar auf der anderen. Die Schwedisch-Weimarischen verloren nicht allein die Schlacht, etwa 8.000-10.000 Tote u. 3.000-4.000 Verwundete – auf kaiserlicher Seite waren es 1.200 Tote u. 1.200 Verwundete – , sondern mit ihr auch den Einfluss in ganz Süddeutschland, während der französische Einfluss zunahm. Vgl. die ausführliche Darstellung bei ENGERISSER; HRNČIŘĺK, Nördlingen 1634 (die detaillierteste Darstellung der Schlacht); STRUCK, Schlacht, WENG, Schlacht. Vgl. den lat. Bericht »Pugna et victoria ad Nordlingam«, der den protestantischen Ständen zuging; Staatsarchiv Bamberg B 48/145, fol. 74 (Abschrift). Zur französischen Sicht vgl. den Avis Richelieus, 1634 IX 11; HARTMANN, Papiers de Richelieu, Nr. 288. – Nördlingen [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 525ff.
[51] Ferdinand III. [13.7.1608 Graz-2.4.1657 Wien], Sohn des Erzherzogs Ferdinand II. v. (Inner-)Österreich [1578-1637], ab 1626 König v. Ungarn, seit 1627 König v. Böhmen, ab 1637 regierender Erzherzog v. Österreich u. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches; seit 1625 Ordensritter vom Goldenen Vlies. Ferdinand III. erhielt eine vor allem durch Jesuiten vermittelte streng katholische Erziehung u. wurde ab 1620 auf die Nachfolge seines Vaters Ferdinand II. vorbereitet. Er wurde 1626 zum ungarischen u. 1627 zum böhmischen König gewählt. Nach der von ihm unterstützten Ermordung Wallensteins (25.2.1634) übernahm er als kaiserlicher Generalissimus die kaiserlichen u. kurbayerischen Truppen u. führte sie zusammen mit dem Kardinal-Infanten in die Schlacht bei Nördlingen am 5./6.9.1634, deren Erfolg ihm zugerechnet wurde, der tatsächlich aber Gallas zu verdanken war. Die Schlacht und ihre Folgen ebnete den Weg zum Prager Frieden. Seine Machtpolitik wurde allerdings nicht nur durch die eigenen finanziellen Resourcen, sondern auch durch die weiter nachlassenden Möglichkeiten Spaniens u. die wachsende Macht der Schweden u. Franzosen begrenzt. Nach dem militärischen Zusammenbruch Spaniens bewegte er sich unter dem Druck der Reichsstände, wenn auch nur zögerlich, auf den Frieden zu. Ferdinand III., der „Kaiser des Westfälischen Friedens“, musste 1648 unter dem Druck Maximilians I. v. Bayern der Abtretung des Elsass, v. Metz, Toul u. Verdun an Frankreich u. umfangreicher norddeutscher Gebiete an Schweden sowie der Schwächung der kaiserlichen Zentralgewalt gegenüber den großen Reichsständen zustimmen. Auch verlangte § 3 des Vertrages v. Münster den Verzicht der kaiserlichen Unterstützung für Spanien im noch andauernden spanisch-französischen Krieg [nach MDSZ]. HÖBELT, Ferdinand III.; REPGEN, Ferdinand III. Vgl. HENGERER, Kaiser Ferdinand III.; HÖBELT, Ferdinand III.; HÖBELT, Von Nördlingen bis Jankau; REBITSCH; ÖHMAN; KILÍAN, 1648.
[52] Dinkelsbühl [LK Ansbach]; HHSD VII, S. 142ff.
[53] Dragoner [schwed. dragon, dän. dragoon, frz. dragon, tschech. dragoun]: leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Der Dragoner war im Prinzip ein berittener Musketier (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. So sprechen auch Zeitgenossen in der Regel v. Reitern u. Dragonern. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen u. zu sichern. Teilweise machte man auch Unberittene zu Dragonern, indem man ihnen ein Pferd u. eine Muskete gab; SCHWARZ, Die Neumark, S. 52. Des Öfteren führten Dragoner am Sattelknopf kleine Äxte mit, um Hindernisse entfernen oder sich auch zeitweise selbst verteidigen zu können. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten als Musketiere in den Kampf geschickt. Zu ihren Aufgaben gehörte auch Sicherung u. Deckung v. Konvois, Patrouillen, Angriffe aus dem Hinterhalt, Bildung der Vor- u. Nachhut. Ausführlich dargestellt bei ENGERISSER, Von Kronach, S. 468ff., FLIEGER, Die Schlacht, S. 123ff. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 fl. 55 kr. in Rechnung. Ein schwedisches Dragonerregiment soll sogar zu einem Drittel aus Zigeunern bestanden haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd. Zu den Waffen vgl. http://www.engerisser.de/Bewaffnung/Bewaffnung.html.
[54] Ott [Otto] v. Otten [Otho] v. u. zu Mauderode [1600-1671], kaiserlicher Hauptmann; Kriegskommissar, braunschweig-lüneburgischer Generalauditor u. Kriegsrat.
[55] Hans [Johann] Adam v. Thüngen [ -nach 1655, 1670 ?], kaiserlicher Obristleutnant, Obrist.
[56] Speyer; HHSD V, 350ff.
[57] Wilhelm V. Landgraf v. Hessen-Kassel [14.2.1602 Kassel-21.9.1637 Leer]. Er regierte 1627-1637. Wilhelm V. ging 1631 ein Bündnis mit Schweden ein u. wurde zum General ernannt, im Gegenzug für umfangreiche Donationen. 1635 trat er wegen Nichterfüllung seiner Forderungen zunächst dem Prager Frieden bei. Im Juli 1636 schloss er ein Bündnis mit Frankreich u. wurde in die Reichsacht erklärt, wodurch seine Länder in die Verwaltung Georgs II. v. Hessen-Darmstadt übergingen. Wilhelm V. starb im Exil. Vgl. ALTMANN, Wilhelm V.; KEIM, Landgraf Wilhelm V. v. Hessen-Kassel I, II; PETRI, Das Militärwesen von Hessen-Kassel; GEYSO, Beiträge I-III. [Abb. Stein2, Stein12]
[58] Generalmajor [schwed. generalmajor, dän. generalmajor, tschech. generalmájor]: Der Generalmajor nahm die Aufgaben eines Generalwachtmeisters in der kaiserlichen, bayerischen, dänischen u. schwedischen Armee wahr. Er stand rangmäßig bei den Schweden zwischen dem Obristen u. dem General der Kavallerie, bei den Kaiserlichen zwischen dem Obristen u. dem Feldmarschallleutnant.
[59] Claus Dietrich Freiherr v. Sperreuter [Sperreut, Stierreuth] [um 1600 Walsrode-9./20.1.1653 Innsbruck], schwedischer, dann kaiserlicher Obrist, ab 1646 venetianischer Generalmajor. Vgl. LEISTIKOW, Sperreuter.
[60] Kornett: die kleinste Einheit der Reiterei mit eigenen Feldzeichen, entsprach der Kompanie; 1 berittene Kompanie hatte in der kursächsischen Armee ca. 125 Pferde, 1 schwedische Reiterkompanie umfasste in der Regel 80 Mann. Der Kornett erhielt ca. 50 fl. Monatssold; nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 60 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460; z. T. wurden allerdings 240 Rt. (!) in besetzten Städten (1626) erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermarck, S. 15). => Fähnrich; Fahne.
[61] Bagage: Gepäck; Tross. „Bagage“ war die Bezeichnung für den Gepäcktrain des Heeres, mit dem die Soldaten wie Offiziere neben dem Hausrat auch ihre gesamte Beute abtransportierten, so dass die Bagage während oder nach der Schlacht gern vom Feind oder v. der eigenen Mannschaft geplündert wurde. Auch war man deshalb darauf aus, dass in den Bedingungen bei der freiwilligen Übergabe einer Stadt oder Festung die gesamte Bagage ungehindert abziehen durfte. Manchmal wurde „Bagage“ jedoch auch abwertend für den Tross überhaupt verwendet, die Begleitmannschaft des Heeres oder Heeresteils, die allerdings keinen Anspruch auf Verpflegungsrationen hatte; etwa 1, 5 mal (im Anfang des Krieges) bis 3-4mal (am Ende des Krieges) so stark wie die kämpfende Truppe: Soldatenfrauen, Kinder, Prostituierte 1.-4. Klasse („Mätresse“, „Concubine“, „Metze“, „Hure“), Trossjungen, Gefangene, zum Dienst bei der Artillerie verurteilte Straftäter, Feldprediger, Zigeuner als Kundschafter u. Heilkundige, Feldchirurg, Feldscher, Handwerker, Sudelköche, Krämer, Marketender, -innen, Juden als Marketender, Soldatenwitwen, invalide Soldaten, mitlaufende Zivilisten aus den Hungergebieten, ehemalige Studenten, Bauern u. Bauernknechte („Wintersoldaten“), die während der schlechten Jahreszeit zum Heer gingen, im Frühjahr aber wieder entliefen, Glücksspieler, vor der Strafverfolgung durch Behörden Davongelaufene, Kriegswaisen etc. KROENER, „ … und ist der jammer nit zu beschreiben“; LANGER, Hortus, S. 96ff.
[62] Franz v. Hatzfeldt [13.9.1596 Schloss Crottorf-30.7.1642 Würzburg], 1631-1642 Fürstbischof v. Würzburg, 1633-1642 Bischof v. Bamberg. Vgl. WEBER, Würzburg und Bamberg.
[63] Veit Dietrich v. Steinheim [Stainhain, Steinheimb, Steinhammer] auf Seeberg zu Haslau [ -5.4.1657], kaiserlicher Obrist.
[64] Laufgraben (Approche): Graben, der bei der Belagerung einer Festung oder Stadt oder einer Schanze im Zickzackverlauf aufgeworfen wurde, in dem man sich möglichst ungefährdet nähern konnte, je nach Jahreszeit u. Bodenbeschaffenheit 1 m tief. Die ausgehobene Erde wurde als 1 m hohe Brustwehr stadt- oder festungswärts verrwendet. Approchen ist die Bezeichnung für die Laufgräben (Annäherungswege) bei der militärischen Belagerung v. Festungen. Das Wort ist eine Eindeutschung des französischen Verbes s’approcher, sich nähern. Es handelt sich um eine Anlage, die der Angreifer einer Festung anlegen musste, bevor die Festung erstürmt werden konnte. Mit Hilfe einer Erdwalze (Sappe; vgl. dazu auch PIERER, Universal-Lexikon, Bd 14, S. 886-887) konnte sich der Angreifer an die Festungsmauern heranarbeiten, um sie durch ein anschließendes Unterminieren zum Einsturz zu bringen. Mit Hilfe der Approchen konnte der Angreifer das Vorgelände gedeckt überschreiten. Sappen wurden v. den zu den ingenieurtechnischen Truppen gehörenden Sappeuren angelegt, die über besondere Ausrüstung wie z. B. Schanzkörbe verfügten oder den typischen, breitkrempigen Eisenhelm zum Schutz vor Geschossen, welche die Verteidiger v. oben abschossen. Bei mittelalterlichen Burgbelagerungen wurden Sappen häufig eingesetzt, um das Mauerwerk der belagerten Festung aufzubrechen u. die Mauer so weit auszuhöhlen, dass sie, evtl. durch Verbrennen des Stützgebälks, zum Einsturz gebracht werden konnte. Die Approchen bestanden aus einem Graben v. etwa 2,5 m Sohlenbreite u. etwa 1,25 m Tiefe, der bis zur 3. Parallele im Zickzack geführt auf der der Festung zugekehrten Seite mit einer etwa 1 m hohen Erdschüttung versehen war. Die einzelnen Approchenzüge legte man vor den einspringenden Winkeln der Festungswerke an u. führte die einzelnen Schläge so, dass ihre Verlängerung mindestens 50 m vor dem weitest vorspringenden Festungswerk vorbeischlug. Jeder vorwärtige Schlag wurde bogenförmig über den rückwärtig hinaus nach hinten verlängert, was man Haken oder Crochet nannte. Diese Haken dienten als Ausweichstellen u. der Aufstellung kleinerer Wachposten. Die zickzackförmigen Approchen wurden als einzelne Sappen ausgeführt. In geringerer Entfernung zur Festung, etwa v. der zweiten Parallele an, kam die vom Sappeur mit Wälzkorb u. sonstigem Hilfsgerät auszuführende völlige Sappe, später (ab etwa 1870) die einfache Erdwalze zur Anwendung. In nächster Nähe zur Festung, etwa vom Fuß des Glacis ab, hätten die Zickzacks allzu spitzwinklig werden müssen, um gegen bestreichendes Feuer geschützt zu sein. Man ging deshalb auf dieser Strecke von der Anwendung der Zickzacks ab u. führte hier die Approchen derartig in gerader Richtung auf die Saillants der Angriffsfront weiter, dass sie durch Traversierung (Traversensappe, Würfelsappe) gegen bestreichendes Feuer geschützt wurden. Die Anlage v. Approchen seitens der Angreifer wurde v. den Verteidigern durch die langjährige Anpflanzung v. tiefwurzelnden Pflanzen auf dem Glacis der Festung erschwert [nach Wikipedia].
[65] Schanze: geschlossenes, auf dem Feld angelegtes Erdwerk, zur Belagerung u. zur Verteidigung. Schanzgräber waren für die Anlage v. Belagerungs- u. Verteidigungswerken zuständige Arbeiter (Schanzbauern), die im Tross des Heeres mitzogen u. dem Schanzmeister unterstanden. Sie waren weitgehend verachtete Menschen, die in der sozialen Hierarchie der Heere nur wenig über den Prostituierten standen u. schlecht bezahlt wurden. Nach DILICH, Krieges-Schule, S. 42, hatte der Rumormeister „Huren und Buben“ zu dieser Arbeit zu zwingen. Auch verurteilte Straftäter wurden zu Schanzarbeiten herangezogen. Diese „Condemnatio ad opera publica“, die Verurteilung zu Schanzarbeiten, war als Todesstrafe in absehbarer Zeit gedacht. Bürger u. Geistliche der besetzten Städte sowie Klosteruntertanen, die zu diesen Arbeiten zwangsverpflichtet bzw. dafür ausgelost wurden, empfanden diese schwere Arbeit als ehrenrührig u. entzogen sich ihr durch die Flucht. Zum Teil wurden Kinder ab 12 Jahren zu dieser harten Arbeit eingesetzt, sogar ganze Schulklassen dazu getrieben. Vgl. auch die Beschreibung der Drangsalierung der Bürger Iglaus 1647 bei STERLY, Drangsale, S. 64f. Um seine eigenen Truppen zu schonen, zwang Johann v. Götz bei der Belagerung der Feste Marienberg (Würzburg) eine große Anzahl von Bauern der Umgebung, Schanzarbeiten zu verrichten, ‚vnd die Stücke, die Er mit Pferden nicht dahin bringen konnte, hinauffzuziehen: Worüber dan viele todt geblieben, vnd daher die Bauren aller orten sich häuffig absentiret vnd verlauffen‘ (CHEMNITZ, Königlich Schwedichen […] II, S. 581). Auch eingeflüchtete Bauern wurden zu diesen schweren Arbeiten gezwungen. Im schwedischen Heer wurden dazu bevorzugt die ohnehin sozial deklassierten Finnen eingesetzt (vgl. auch TOEPPEN, Hoppes Chronik, S. 77). Reichskanzler Oxenstierna hatte auch den Frankfurtern die Verpflichtung der Bettler zum Festungs- bzw. Schanzenbau empfohlen. Im 17. Jahrhundert wurden zunehmend auch Soldaten durch die Aufnahme der Schanzpflicht in die Artikelbriefe für Schanzarbeiten herangezogen; ein Versuch der Fürsten, ein bisher ungenutztes Reservoir an billigen Arbeitskräften zu erschließen, eine Reaktion auf die neuen militärischen Erfordernisse (Belagerungs- und Grabenkrieg, Ausbreitung der Festungen) und Ausdruck des fürstlichen Willens, die Soldaten körperlich, geistig u. sittlich zu disziplinieren (vgl. BURSCHEL, Söldner, S. 138, 255). Bei den Schweden wurden bevorzugt Finnen zu diesen schweren Arbeiten herangezogen. Aus Iglau wird unter 1647 berichtet, wie der schwedische Kommandant Österling die nur noch 299 (v. ehemals 13.000) Einwohner fassende Stadt während der Belagerung durch die Kaiserlichen zur Schanzarbeit trieb; STERLY, Drangsale, S. 64f.: „In das kaiserliche Lager langte immer mehr und mehr schweres Geschütz an; als dieses der Kommandant erfuhr; ließ er er voll Grimm die Einwohner wie das mit aller Gewalt auf die Schanzarbeit treiben, und erließ das strengste Verboth, daß außer dieser Arbeit sich keine Manns- noch Weibsperson sehen lasse. Was war dieses für ein Trübsal unter den armen Bürgern ! dieselben hatten ihren geringen Vorrath an den nothwendigsten Lebensmitteln bereits aufgezehrt, und konnten sich bei dem bestehenden strengsten Verbothe, nicht auszugehen, keine andere beischaffen; vom Hunger und Durst gequält, und daher ganz erschöpft, mussten sie sich dennoch den schwersten Arbeiten unterziehen. Der Kommandant war taub gegen alles Bitten und Flehen; verlangten einige die Erlaubniß, sich aus der Stadt zu entfernen, so ließ er sie in den Zwinger einschließen, ihnen des Tags ein bischen Brot und ein wenig Wasser reichen, dafür aber unter Schlägen zur Arbeit anhalten. Als der Kommandant die Deserzion zweier seiner Leute am vorhergehenden Tage erfuhr, und besorgte, daß Mehrere diesem Beispiele folgen dürften, so ließ er den Arbeitenden Fußeisen anlegen“. Augsburg 1632; STETTEN, Geschichte 2. Bd., S. 211: „Den 14. Septembris ließ der Gouverneur Oxenstirn [Bengt Bengtson Freiherr v. Oxenstierna; BW] etliche Bischöfliche, Capitlische und Fuggerische Beamte und Vögte, so ihre Unterthanen bey der Schantz-Arbeit zu erscheinen nicht angehalten hatten, zur Straffe durch den Profosen etliche mal um das höltzerne Roß oder Esel herumführen“. Fehlte es auf Grund von grassierender Pest an zwangsverpflichteten Bürgern, mussten auch Soldatenfrauen Schanzarbeiten leisten. Zur Schanze vgl. auch STUHR, Die Schanze.
[66] Schildwache: der vor jeder Wache stehende Posten vor dem Gewehr, der ehemals die hier aufgehängten Schilde u. Waffen zu bewachen hatte; im weiteren Sinn jeder aufgestellte Einzelposten im Garnisons- u. Lagerdienst. Die Schildwachen sind, da sie als Vertreter der Staatsgewalt stehen, unverletzlich u. können gegen jeden, der sie tätlich angreift oder sich ihren Anordnungen widersetzt, wenn ihnen kein anderes Mittel zur Erzwingung des Gehorsams bleibt, ihre Waffen gebrauchen. Eine Schildwache darf nie die Waffe aus der Hand lassen, sich nicht weiter, als ihr ausdrücklich befohlen wird, vom Posten entfernen, mit niemandem, soweit es nicht der Dienst erfordert, reden, sich nicht setzen, nicht essen, trinken, keine Geschenke annehmen usw. [WIKIPEDIA]
[67] Ausfall: Ausfälle aus der Festung dienten der Nahrungsbeschaffung, der Sprengung des Belagerungrings, um die Belagerer aus den Gräben zu werfen, Kanonen unbrauchbar zu machen u. Durchhaltewillen zu demonstrieren. Zum Teil waren diese Ausfälle mit hohen Verlusten verbunden. Soldaten wurden mit Geld u. Rangerhöhungen motiviert, mit vorgehaltener Waffe gezwungen, hinter ihnen hergeschossen oder durch Ausschank v. Branntwein in betrunkenem Zustand (Hameln 1633) dazu verleitet.
[68] Traktament(geld): Verpflegung(s)gelder, Bewirtung, Besoldung; Gastmahl: Eigentlich durfte nur der übliche Servis gefordert werden: die dem oder den einquartierten Soldaten zu gewährende Unterkunft u. Verpflegung, festgelegt in den jeweiligen Verpflegungsordnungen. „Servis“ definiert sich als die Abgaben des Hauswirts an den/die einquartierten Soldaten an Holz, Licht u. Liegestatt (Heu u. Streu), im Niedersächsischen kam noch Salz dazu; Kleidung, Ausrüstung etc., wurden verbotenerweise verlangt; Essen u. Trinken fielen auch nicht darunter, wurden aber trotzdem eingefordert. Stattdessen konnte auch die sogenannte „Lehnung“ gegeben werden. Alle zehn Tage war diese Lehnung für die schwedischen Truppen zu entrichten, bei den unteren Chargen für Kapitän 12 Rt., Leutnant u. Fähnrich 10 Rt., Sergeanten, Fourier, Führer, Musterschreiber u. Rüstmeister zusammen 12 Rt., Trommelschläger, Pfeifer zusammen 6 Rt., Korporal 2 Rt., sowie den untersten Dienstchargen gestaffelte Beträge in Groschen. Dazu kamen für den gemeinen Soldaten in der Regel täglich 2 Pfund Brot (zu 8 Pfennig), 1 Pfund Fleisch (zu 16 Pfennig) u. 1 Kanne Einfachbier (2, 02 Liter zu 8 Pfennig).
[69] Sturmhaube: Helm mit hohem Kamm, Sonnenschirm u. Wangenklappen. Bei freier Gesichtsöffnung häufig mit einem Naseneisen ausgestattet, eine „offene Sturmhaube“; bei Schließung der Gesichtsöffnung durch Visiergitter oder Visierfolgen „geschlossene Sturmhaube“ genannt.
[70] Soldatenkrankheiten: Die meisten Opfer des Krieges forderten Krankheiten u. Epidemien wie Pest, Pocken, Blattern, Ruhr, Grippen, Ungarische Krankheit etc., die v. den Soldaten eingeschleppt wurden. Als typische Soldatenkrankheiten galten dabei Rote Ruhr, Pocken, Grippen, Typhus, „die apokalyptischen Reiter des 17. Jahrhunderts“, sowie Skorbut, Blattern u. Syphilis – diese, schon im 16. Jahrhundert gleichbedeutend mit „Landsknecht“ verwandt u. meist von den Soldatenhuren übertragen wurde, (IRSIGLER; LASSOTTA, Bettler und Gaukler, S. 210ff.), die nur durch einen Absud aus verschiedenen Baumarten behandelt wurde – traten zusammen mit der Pest auf. Vgl. MÜHE, Gandersheim, S. 66: „Auch scheint die Zahl der Opfer nicht so groß gewesen zu sein, wie man gewöhnlich annimmt. Zwar schreibt der Rat am 12.7.1626 an Obristleutnant Allen nach Bockenem, daß ‚bey uns die eingerissen gewesene Peste, welche in schleuniger eill den einen vnd andern ehe den mans recht gewahr worden hinwegk nimpt, die heuser vnd gassen ledich vnd an der bürger Zahll einen großen riß macht, also gar daß wir auch vor wenig tagen noch einen newen Gottsacker ersehen müssen‘. Das klingt sehr erbärmlich, ist aber aus dem Grunde unzweifelhaft übertrieben, weil man damit eine Kompagnie Einquartierung abhalten wollte“. Das des Öfteren erwähnte Auftreten der Beulenpest hatte jedoch mit den Truppenbewegungen wenig zu tun. Bevölkerungsverluste durch Peste, wie endemische Krankheiten seit dem Mittelalter mit diesem Sammelbegriff bezeichnet wurden, traten vor allem dort auf, wo die einheimische Bevölkerung bereits durch Unterernährung u. Überanstrengung ohnehin geschwächt war. Hinter der Kopfkrankheit oder dem Hauptweh verbarg sich die Enzephalitis, die während des Sommers häufig erkennbar ist. Im Tross mitlaufende, verseuchte Pferde u. Rinder verbreiteten die Ansteckung in den umliegenden Bauernhöfen. Auch in Tillys Lager wütete die Pest, die jedoch unter den besser verpflegten u. besser untergebrachten Offizieren weniger Opfer forderte. Wohl aus diesen Gründen wurden größere Auseinandersetzungen vermieden, da in den ausgezehrten Quartieren an Leine u. Weser Massensterben durch endemische Krankheiten, hervorgerufen durch Unterernährung u. Überanstrengung, u. Desertion, z. T. liefen die Soldaten vor den Lagerseuchen davon, auftrat. Der Ausbruch v. Lagerseuchen (1626, nach dem Bericht des braunschweig-lüneburgischen Kapitäns Daniel Meyer) führte teilweise zur Massendesertion; Hauptstaatsarchiv Hannover Cal. Br. 16, Nr. 1141. 20-25 % Ausfälle pro Jahr sind wohl realistisch. Die Krankheiten wurden zudem durch Witterungsbedingungen wie Frost etc. begünstigt. Der Erzgebirgschronist Lehmann unter 1645, LEHMANN, Kriegsschronik, S. 160: „Diese Schwedische Armada ließ nichts hinder sich den krancke und giftige Seuchen in den Quartiren, darvon die leute angestecket in ziemlicher anzahl allenthalben in gebirge hinstarben, darneben viel koth und Unflat, das das gift in 10 jahren nicht aus dem gebirg und heußern hat können gebracht werden. Erschrecklich wahr zue sehen zum Scheibenberg, daß von denen 4 regiementern ein ansehlicher starcker reuter, der Sich zum Annenberg in Brandewein hatte zue tode gesoffen, wie ein todes vieh hergeschleift und ohne gepräng auf den Gottesacker begraben wurde mit den Nachspruch seines Feldpredigers: Hastu wohl gelebt, wirstus wohl erfinden: wehe deiner Seelen. Desgleichen, daß ein knecht vom regiement, der die Colicam an sich hatte, in der Wütung aufgestanden, von eines Marquetenders ledigen faß, weil kein bier mehr vorhanden, in des Bösen nahmen den Zapfen außgezogen, die klaren hefen eingelaßen und außgesoffen, darauf mit grausamer Gotteslesterung niedergefallen, sich gekrümmet und die Seele außgespien; es sindt auch sonsten 11 Soltaten und ihre jungen in Quartiren, Scheunen und Spittal gestorben, liegen blieben und begraben worden, etliche krancke Sindt nachgelauffen, aber meist den bauern in die hände gekommen“. In einem zeitgenössischen Bericht heißt es: „Imgleichen wahr unleugbars das etzliche und viele todte Corper in den heußeren gefunden so eins theils thodt geschlagen, andertheils vonn Kranckheit und Armodt gestorben, die denoch vonn den Kriegsleutten durch arme und beine gestochen, uhme zuersehen, ob sie den doet fingirten, sonder ob es auß Kranckeit oder anderer Gestalt beschehe“. SÖNNERT, Lembeck, S. 167. Der Rat v. Osnabrück lehnte 1642 die Aufnahme ruhrkranker schwedischer Soldaten des in schwedischen Diensten stehenden schottischen Stadtkommandanten J. Lumbsdain ab; STEINWASCHER; RÖTRIGE, Krieg, S. 79. Vgl. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 53ff. u. a. 75 % der Kriegsverluste sollen auf Krankheiten zurückzuführen sein.
[71] Meuterei, meutination, meutation: Meutereien wegen der Soldrückstände, der schlechten Versorgungslage, Seuchen etc. waren schon kurz vor dem eigentlichen Dreißigjährigen Krieg eine gefürchtete ständige Begleiterscheinung innerhalb der Heere. Der hessen-kasselische Obrist Widmarckter schildert die z. T. drakonische Niederschlagung mehrerer Meutereien (1617) in Frankreich; GRÄF, Söldnerleben, S. 116f.: „20. Hatt Brearts Compagnia im Furüberzihen für Grand [ bei Sauvigny; BW] meinem Quartir meutiniren wollen, aber durch meine Gegenwart abgeschreckt worden. 21. Montaults Compagnia so auß Anregung Brearts Soldaten meutiniren wollen. Darzu ich kommen und zum Theill mitt harten, zum Theill mitt gutten Worten zu Frieden gesprochen. Darauf ihn Brearts und Effern Quartir geritten, die Soldaten fur mich gefordert, ihnen Fehler verwiesen und nach vorhergangener Demütigung, verzihen und also an dem Ort diese beyden Mutinationen gestillet. Alß ich aber von dannen in mein Quartir nach Andelot reitten wollen, treffe ich hart fur Brearts Quartir im freien Földe deß Obristen Fendlein in Schlachtordnung ahn, so gleichfallß meutiniren wollen. [fol. 204v] Auf welche ich so balde mitt bloßem Degen geeilet, in die Schlachtordnung geritten und manchen gutten Streich fließen laaßen und die Anfänger dieser Meutination begehret, deren sie mir auch endlich 2 volgen lassen. Hab solche dem Provos gelieffert und befohlen, mitt ihnen nach dem Quartir Andelot zu eylen, dahin ich mich gleichfalß verfüget. Beyde arme Sünder von dem Flecken führen lassen und, weill damals mein Scharfrichter entlauffen, dem einen dass Leben geschenkt, wofern er den andern erwürgete. So er acceptiret, sich an seinen Gesellen gemacht und nach großem Wiederstand sein Meister worden, auf der Erde erwürget und volgents stranguliret. Den toden Cörper hab ich ahn einen Hügell setzen und einen Brieff Meutinirer an die Brust hefften lassen, damit er von den Soldaten und Regiment gesehen wurde“. Der Stadtarzt Gabriel Furttenbach [1640-1716] von Leutkirch (unter 1619); GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel Bd. 3, S. 106f.: „Den 25. Dito [1619]. Donnerstag Morgens sein abermahlen alle Fahnen auff bemeltes Feld Commandiert und Gemustert worden. Alß nun ein Soldat von Erazheimb Gebürtig / ein armer Tropff und Baursmann / umb fl. 7. deß Monats nicht Dienen / sondern fl. 8. haben wollte / hat sich der Herr Obriste [Johann Fuchs; BW] über ihn so hefftig Erzürnt / daß Er andern zu einem Exempel solchen den Scharpffrichter (nicht daß er ihne ohne weitern Befelch Hinrichten solle) in seinen Handen zugeben Befohlen: Demnach aber der Profos Caspar Tenger von Rothweil mit dem armen Tropffen zugeschwind fortgefahren / ihne zwar nochmalen erinnert die benannte Besoldung ohne widerred anzunemmen / oder ihme für einen Steckenknecht Zudienen / Er aber solches nicht thun / sondern ehender Sterben wolte / hat der Profos denselbigen / ohne weitere Ordre deß Obristen / welcher schon Perdon zugesagt hat / an einen Baum am Heggelbacher Weg Auffhencken lassen. Warüber aber der Obriste und Soldaten übel zufriden gewesen / und deßwegen diser Profos sich mit Leib und Leben dem Regiment Verschreiben miessen“. LAHRKAMP, Werth, S. 71f.: „Aber auch Werths Reiterregimenter litten Not und wurden schwierig; ein Symptom war, daß am 8. März [1637; BW] im Regiment Gayling [von Altheim] eine ernsthafte Meuterei ausbrach. Die Reiter lagen in Quartieren im Amte Ahrweiler, in Bodendorf und um Breisig. Der Tumult entstand in der Kompanie des Rittmeisters Ley, der einen Plünderer hatte verhaften lassen. Seine Kameraden rotteten sich zusammen und suchten ihn mit Gewalt zu befreien. Als der Regimentsführer, der Obristleutnant von Cronenburg, der für den verwundeten Gayling das Kommando führte, energisch einschritt und einen Reiter insultierte, wurde er mit etlichen Schüssen niedergestreckt. Seine Leibkompanie geriet mit den Meuterern ins Feuergefecht, wobei es auf beiden Seiten Tote und Verwundete gab. Am 12. März umstellten Reiter der Regimenter Werth und Lothringen, die eiligst aufgeboten waren, mit 600 Musketieren das meuternde Regiment. Mit Strenge wurde durchgegriffen: sechs Reiter wurden im Angesicht ihrer entwaffneten Kameraden gehenkt; einer sprang aus Verzweiflung in den Rhein und ertrank, sechs wurden arretiert. Vorher waren bereits fünf Mann gefallen, drei weitere desertiert“. Vgl. auch die Schilderung einer Meuterei u. ihrer Niederschlagung (Mai 1642) unter dem Regiment Wolf v. der Lippe; NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 222f. Vgl. WASSENBERG, Florus, S. 563ff., über die Meuterei französischer Truppen in Breisach (März 1644) wegen des seit 8 Monaten ausgebliebenen Solds. Johann Heinrich (Freiherr) v. Bartels ist bekannt geworden durch den hart bestraften Aufruhr in seinem Regiment im Winter 1648/49 in Hilpoltstein. Nach Grimmelshausens Darstellung, der 19 Hinrichtungen erwähnt, waren La Pierre u. Elter, unter dem Grimmelshausen Regimentsschreiber war, mit der Niederschlagung der Meuterei beauftragt; KELLETAT, Grimmelshausen. Simplicianische Schriften, S. 212. Einer der Meuterer ging als „Oliver“ durch Grimmelshausen in die Literatur ein. Das Dragonerregiment Bartels hatte 1647 übrigens nur einen Ausländeranteil von 9, 6 %; KAPSER, Militärorganisation, S. 67; bzw. S. 64ff. Das THEATRUM EUROPAEUM 6. Bd., S. 778, berichtet: „Bey vorhabender Exauctoration / hat sich unterdeß Herrn Obristen Barthels Tragoner-Regiment (so vor diesem Herr Obrister Creutz gehabt / und in der Abdanckung nicht begriffen) als welches mit der 3. Monatlichen Bezahlung nicht zu frieden seyn wollen / ein unvermutheter Auffstand ereygnet / daß der Obrist und Obrister Lieutenant von ihnen entreitten müssen; darauff die Rebellen sich in das Schloß Hilpoldstein retiriret: Weilen nun des Herrn Generals und Feldmarschallen von Enckefort [Adrian v. Enckevort (1603-1663); BW] Excell. in continenti etliche hundert Mann zu Roß und Fuß auff sie außcommandirt / diese auch das Schloß umbsetzt / und Stücke auffgeführt, haben sich die Empörte Mittwochs den .. April gutwillig ergeben. Darauff hat man das Regiment im freyen Feld zusammen geführt / disarmirt / von newem schweren / etliche Rädelsführer gefangen nehmen und aufhencken lassen. Als solches geschehen / ist mehrgedachtes Tragoner-Regiment / biß auff weitere Ordre / hinwiederumb auß einander gelegt / und folgenden Freytags das commandirte Volck nach Amberg / auch in andere dero Quartiere zurück gezogen. Sonsten ist unterm Dato 22. Aprilis st: vet. Nachricht eingelangt / daß / nach dem die Rebellen von mehrbenanntem Barthlischen Tragoner-Regiment durch Gewalt wiederumb zum Gehorsamb gebracht / geviertheilt / 14. Reuter / theils gehenckt und enthauptet / viel unredlich gemacht / und ohne Abschied fortweg gejagt worden“. Im „Springinsfeld“ (KELLETAT, Grimmelshausen. Simplicianische Schriften, S. 212f.), heißt es: „Unter währendem Stillstand wurde unser Regiment nach Hilpoldstein, Heideck und selbiger Orten herum gelegt, da sich ein artliches Spiel unter uns zugetragen. Denn es fand sich ein Korporal, der wollte Obrister sein, nicht weiß ich, was ihn für eine Narrheit dazu angetrieben; ein Musterschreiber, so allererst aus der Schul entlaufen, war sein Secretarius, und also hatten auch andere von seinen Kreaturen andere Officia und Ämter; viel neigten sich zu ihm, sonderlich junge ohnerfahrne Leut, und jagten die höchsten Offizier zum Teil von sich, oder nahmen ihnen sonst ihr Kommando und billige Gewalt; meinesgleichen aber von Unteroffizieren ließen sie gleichwohl gleichsam wie neutrale Leut in ihren Quartieren noch passieren; und sie hätten auch ein Großes ausgerichtet, wenn ihr Vorhaben zu einer anderen Zeit, nämlich in Kriegsnöten, wenn der Feind in der Nähe, und man unserer beiseits nötig gewesen, ins Werk gesetzt worden wäre; denn unser Regiment war damals eins von den stärksten und vermochte eitel geübte, wohlmontierte Soldaten, die entweder alt und erfahren, oder junge Wagehälse waren, welche alle gleichsam im Krieg auferzogen worden; als dieser von seiner Torheit auf gütlichs Ermahnen nicht abstehen wollte, kam Lapier und der Obriste Elter mit kommandierten Völkern, welche zu Hilpoldstein ohne alle Mühe und Blutvergießen Meister wurden, den neuen Obristen vierteilen, oder besser zu sagen, fünfteilen (denn der Kopf kam auch sonder) und an vier Straßen auf Räder legen, 18 ansehnliche Kerl aber von seinen Prinzipal-Anhängern zum Teil köpfen, und zum Teil an ihre allerbesten Hälse aufhängen, dem Regiment aber die Musketen abnehmen, und uns alle auf ein neues dem Feldherrn wieder schwören ließen“. Vgl. auch die Meuterei im Regiment Christoffer v. Steinecker [1612-1671] in Schweinfurt (1649); BECK, Geschichte der Verschwörung. LORENTZEN, Schwedische Armee, S. 188f.: „Das blutigste Schauspiel dieser Art aber, welches 14 Tage lang die Umgebung mit neuen Kriegsunruhen ängstigte, spielte sich im Juli 1650 in Anhalt ab. Durch unklare Nachrichten über die Absichten der Schweden aufgebracht, nahmen die unter dem Befehle des Oberst-Lieutenants Israel Isaaksohn, welcher als ein habsüchtiger und roher Mensch bekannt war, hier einquartierten Reiter ihre Offiziere plötzlich gefangen und forderten stürmisch Sold und Abschied. Nur mit genauer Not entging Isaaksohn dem Tode; da er nachwies, dass der das nötige Geld zur Ablöhnung noch nicht zur Hand habe, wurde er entlassen unter der Bedingung, dass er ihnen dasselbe in Erfurt verschaffe. Er begab sich aber sofort zu den Truppen, welche mittlerweile von Süden zur Unterdrückung der Rebellion in Bewegung gesetzt waren, liess die Aufrührer, deren Anzahl noch etwa 450 Mann betrug, umzingeln und an 33 Rädelsführern trotz seines gegebenen Wortes und trotz des Wehegeschreis der Soldatenweiber erbarmungslos das Todesurteil vollstrecken“. William Crowne [1617-1682], Lordsekretär, Offizier, Mitglied des Parlaments u. 1636 Reisebegleiter des Thomas Lord Howard, Earl of Arundel and Surrey, berichtet über die Kämpfe Gustav II. Adolfs an der Alten Veste bei Zirndorf: „Der König von Schweden hatte hier drei seiner Soldaten für den Mord an zweien seiner Kommandanten und das Überlaufen zum Feind pfählen [im Original „set upon poles alive“] lassen. Nachdem die Schlacht ausgefochten war, hatte man die Soldaten gefangen genommen und hingerichtet“. RITTER; KEIL (Hgg.), William Crowne, S. 36.
[72] Akkord: Übergabe, Vergleich, Vertrag: Vergleichsvereinbarungen über die Übergabebedingungen bei Aufgabe einer Stadt oder Festung sowie bei Festsetzung der Kontributionen u. Einquartierungen durch die Besatzungsmacht. Angesichts der Schwierigkeiten, eine Stadt oder Festung mit militärischer Gewalt einzunehmen, versuchte die militärische Führung zunächst, über die Androhung v. Gewalt zum Erfolg zu gelangen. Ergab sich eine Stadt oder Festung daraufhin ‚freiwillig‘, so wurden ihr gemilderte Bedingungen (wie die Verschonung v. Plünderungen) zugebilligt. Garnisonen erwarteten je nach Lage der Dinge meist einen ehrenvollen Abzug u. zogen in der Regel gegen die Verpflichtung ab, die nächsten sechs Monate keine Kriegsdienste beim Gegner zu leisten. Auch wurde festgelegt, z. B. 1634 Landsberg/Warthe beim Abzug der kaiserlichen Garnison; THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 196: „Ingleichen sollen sie vor- vnd bey dem Abzug einigen Einwohner / Bürger vnnd Schutzverwandten / er sey Geist- oder Weltlich / im geringsten nicht beleydigen / vielmehr aber / was jedweder Officierer vnnd Soldat der Burgerschafft schuldig / so entlehnet / oder mit Gewalt abgenommen / vorm Abzug richtig bezahlen“. Überläufer waren in der Regel vom Abzug ausgenommen. Vgl. auch die genauen Bestimmungen im Akkord v. Dömitz (26.12.1631; THEATRUM EUROPAEUM 2. Bd., S. 497ff.). Zumeist wurden diese Akkorde vom Gegner unter den verschiedensten Vorwänden, z. B.. wegen der Undiszipliniertheit ihrer Truppen oder weil die Abziehenden gegen den Akkord verstießen, nicht eingehalten. CHEMNITZ über durch Wallenstein gewährten Akkord für die Besatzung v. Glogau (1633), Königlichen Schwedischen [ …] Krieg, 1. Buch, 60. Kap., S. 273: „Schrieten also die / darin gelegene / hohe Officirer zum accord / Den der Hertzog von Friedland / mit sack vnd pack / brennenden lunten / fliegenden Fähnlein auszumachiren / vnd gerade auf Landsberg begleitet zu werden / bewilliget / doch schlecht gehalten, in deme Er sie bald vor / bald hinter sich zurücke geführet / dadurch den Soldaten abgemattet / vnd dergestalt schwierig gemacht / das letztlich erst im WinterMonat fast weinig vnd ohngefehr dreyhundert mann davon in Pommern überkommen“. Zur Einnahme Straubings (1634) durch die Kaiserlichen; THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 207: „Es ist aber über die Nichteinhaltung sehr geklagt worden / dañ die Bayerische / so bald sie in die Stadt kom̃en / hatten sie diejenigē / so zuvor I. Kay. M. und der Catholischen Liga gedienet / derē bey 300. gewesen / wiederumb zu ihnen zu tretten genötiget / die andern aber also gepresset / dz sie sich meistentheils bey ihnen unterstellen müssen / alle aber ohne Unterscheid außgeplündert / auch die Weiber ihnen von den Seiten gerissen unnd genothzüchtiget worden. Die Officirer aber allesampt in Arrest genom̃en“.
Der Markgröninger Dekan Wendel Bilfinger unter dem 3.12.1634; BILFINGER, Wahrhaffte Beschreibung, S. 233: „Und seind disen tag uf dem Asperg ankommen 3. Stuckh Officiers, ein Leutenant, Fendrich und Corporal, welche von dem Tubadelischen [Georg Christoph v. Taupadel; BW] Volckh, so von Schorndorff außgezogen [25.11. war Schorndorf gefallen; BW], entrunnen, dann ihnen die kaiserische den accord nit gehalten, Sie betrüglicher weiß 6. Tag umbgefüert, hernacher erst gezwungen sich underzustellen, oder sollten nidergemacht werden: Und seind alle Officier dabey gefangen genommen worden“. Zum Teil überfielen Bauern die abziehenden Soldaten, z. B. Bad Mergentheim (1631); THEATRUM EUROPAEUM 2. Bd., S. 495f.: „Die Bawren sind auch der abziehenden Besatzung / so in 300. Mañ starck gewesen / nachgesetzt / jhrer viel erlegt vnd jnen viel PagagyWägen abgenommen“.
[73] Kopie im Schönstein-Archiv Nr. 13; ENGELBERT, Hatzfeldt, 26.
[74] Abzug, ehrenvoller: Gemeint ist „mit Sack und Pack, klingendem Spiel, brennenden Lunten, Kugeln im Mund“; HELLER, Rothenburg, S. 180, Anm. ***: „Diese Zugeständnisse waren die höchsten militärischen Ehren, welche einer abziehenden Besatzung eingeräumt wurden. Zu größerer Feuerbereitschaft führten die Musketiere im Gefecht für die nächsten Schüsse die Kugeln im Mund; auch ließ man die Lunten an b e i d e n Enden brennen, um, wenn der Brand beim Aufdrücken auf die Zündpfanne verlöschen sollte, noch feuerbereit zu sein. Eine Erschwerung der Bedingungen für abziehende Truppen waren: Abgelöschte Lunten, später, nach Einführung der Radschlösser, abgeschraubte Steine“. Ergänzt wird das meist „mit fliegenden Fahnen, Ober- und Untergewehr“ u. Bagage. Allerdings wurde auch diese Vereinbarung, z. T. aus vorgeschobenen Gründen, nicht immer eingehalten.
[75] ENGERISSER, Von Kronach, S. 427ff.; PLEISS; HAMM, Dreißigjähriger Krieg, S. 122.
[76] MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 467.
[77] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.
[78] Schmalkalden [LK Schmalkalden-Meiningen]; HHSD IX, S. 387ff.
[79] Ordentliche Wochentliche Zeitung CCXVII 1635.
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