Planitz, Christian Edler von der

Planitz, Christian Edler von der; Obrist [ – ] Christian Edler von der Planitz [ – ] führte ein finnisches[1]Finnen und Lappländer[1477] [Abb. links] Reiterregiment.[2]

Im Februar 1648 lag sein Regiment im Bereich der Grafen von Castell[3] [Abbildung rechts]Castell in Unterfranken. Wolfgang Georg I., Graf zu Castell-Remlingen, wandte sich mit der Bitte um Vermittlung an Georg Friedrich Graf v. Castell-Rüdenhausen: „So ist es doch an dem, daß ich jezige zeit wegen dern in der nähe liegenden französischen völckhern und befahrung ihres nit allein alhie fürgehenden durchzuegs, sondern auch des an dießem ortt angestellten hauptquartiers inzwischen ankommenden parthien, die ohne spendirung proviand und fourrage[4] nicht von staaten zu bringen, und andern noch darzue bevorstehenden, höchst beschwerlichen ungelegenheiten mich von hauß nicht hinwegk begeben noch die meinige in gefahr sezen darf, langt derhalben an dero Ld. mein gantz herzliche pitt, sie wollen mirs dißmahl, daß ich nicht selbsten hinauf kommen noch jemandt der meinigen von hierauß abordnen kan, herzlich zue guet halten. Stelle aber zue dero Ld. belieben, dan gelegenheit, ob dieselbe zue herrn generalveldtmarschall[5] Wrangels[6] [Abb. rechts]Wrangel_Carl.Gustav-_Skoklosters_slott_-_73494 Exc., weiln zue deroselben sie etwas nähern zugang haben, sich in person erheben und in unser beeder, der graven zue Castell,[7] nahmen, dern eüßerste noth undt betrangnus, indem unsere grafschaft von churbayerischen ein hartte winterquartierung[8] erlitten und darzue noch mein hienieden dörfer bei jüngstem durchzug der kaißerlichen trouppen dermassen, daß auch ein solcher ortt noch zur zeit nit bewohnt werden können, ruinirt sein, über daß noch von herrn general[9] Königsmarcks[10] [links]Königsmarck, Hans Christoffer Graf Exc. eine starke proviant- und fourrage forderung für Löwenhauptische[11] und Planitzische regimenter, so dann ein ebenmäßig großes postulatum von der französischen artillerie[12] beschehe, repraesentiren und umb gedult bitten wollten“.[13] Natürlich sollten auch diese Vorstellungen bei Wrangel erfolglos bleiben.

Im Oktober 1648 lag Planitz vor Prag, wie aus seinem Schreiben an Karl X. Gustav[14]CarlX.Gustav-6  [Abb. rechts] hervorgeht.[15]

Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann [11.11.1611-11.12.1688][16] berichtet über den Abzug der schwedischen Truppen[17] aus Böhmen durch das Erzgebirge 1648: „Es wahr in March durch diß gebirg ein großer hunger[18] unter den Schwedischen, daß Sie in grund[19] kleien und Sauerkraut untter einandergekocht und gefreßen, und weil (man) die heußer Meist wüste stehen laßen, haben Sie die almuthen,[20] Kesten und betten zerhauen und darmit eingeheizt, viel ofen und fenster eingeschlagen, daß viel nicht wieder einziehen konnen; interim haben Sie das Samgedreit, futter und mobilien weggenommen. Kurtz zuevor quartirten Sich in der Rasche[21] 4 Partheien ein, die die leute verpflegen[22] mußen, haben gekostet 409 fl.,[23] So sie specificirn und ins ampt eingeben mußen 28. December. Hoc ao. solten die Marienberger[24] nach Publicirten Frieden geben den Schwedischen durch dieß gebirg von Prag marchirenden volckern 1200 pfund brod, 20 fas[25] bier, 10 strich[26] haber. Den 18. Dezember logirte im Dorfel Cranzahl[27] das Wittenbergische[28] Leibregiement[29] und Obriste Planitz zuegleich biß Dinstag zue Mittag, Drauf kam der Obriste Presewitz, der bliebe biß Sonntag frühe; in der Pfarr lag Major[30] Schonleben[31] von Wittenbergischen regiement mit 30 Pferden und 10 stuckhen rindviehe. Die Bauern hatten all ihr viehe uffn kirchhoff zuesammengetrieben und ihn fest vermacht. Den musten 4 reuter bewachen. Obrist Presewitz befreyete den Pfarrhoff, untterdes ging heu, stroh, haber, hüner, ganß alles drauf. Die Artollerey ging auch alle durch uff grosen frost. Den 19. December kahmen Sie bey tiefen schnee auf Annenberg[32] an und legten die ban und march wunderlich von Annenberg nach Schlette[33] auf Scheibenberg[34] und marchirt die Schwedische Armee durch Scheibenberg und quartirte sich ein 2 stunden. Von Wittenbergischen blieben viel hier in Stadlein liegen. Dann gings auf Schwarzbach,[35] auf Elterlein,[36] Zwenitz,[37] ferner uff Leipzig.[38] Den 20. und 21. December quartirt sich der konigsmarck mit dem Generalstab[39] ein in Scheibenberg und lag bis den 22. Decembris mit seinem Weibe[40] und gantzen Hofstaat[41] bey Abraham Heegen den Cammerer,[42] Sein felt-Prediger[43] bey dem Pfarrer, welche des andern tages mit ezlichen Officirern voran nach Leipzig reiteten. 2 regiementer lagen von ihnen in Neudorf,[44] nahmen weg viel Pferde, haber, korn, heu und streu und was sie funden; ihr schade kostet 281 thl. 4 gr. alleine, den Stedlein Scheibenberg aber 800 thl. Der General Wittenberg aber und Graf Lowenhaupt[45] [Abb. NT2] blieb mit allen Volck noch einen tag und Nacht liegen in der Schletta[46] in erschrecklicher kelde und bei tiefen schnee, trieben viel mutwillen[47] und zehreten das Volck auß, daß (es) manchen Bürger 20 biß 50 thl. gekostet. Den 22. huius brachen sie auf und zogen weitter. 4 regiementer darvon lagen in der Rasche,[48] Mipe[49] und Schwartzbach, die ziemlich ausgedroschen und ubel haußgehalten.[50] Die Stucke[51] und Munitionwägen stunden an Scheibenberg vor den Schletner Walde, die darzue gehörigen Pferde aber und Völcker zue Crotendorf,[52] darinnen Sich die bauern abermahl in das Herrenhauß salviret und zur wehre gestelleet hatten. Aber es half nichts. Sie nötigten den Richter und bauern ab 300 strich[53] haber, 23 fas[54] bier, 6 rinder ohne andere Lebensmittel und discretionsgelder[55] und trilleten[56] die leute wie die argsten feinde“.[57]

Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !

[1] Finnen [auch hagapells, hakkapeller genannt, nach hakkaa päälle: hau drauf]: Sammelbegriff für Finnen, Lappen u. Finnlanddeutsche im schwedischen Heer. Bei den finnischen Verbänden wäre zu differenzieren zwischen Finnländern u. Finnlandschweden (Soumen Ruotsalaiset), Deutschen in Finnland. Es gab drei Kavallerieregimenter aus dem finnischen Landesteil Schwedens: Nylands och Tavastehus läns kavalleriregemente, Åbo och Björneborgs läns kavalleriregemente sowie Viborgs och Nyslotts läns kavalleriregemente. Vgl. die zahlreichen Arbeiten von PLEISS. Zu den verschiedenen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. In der schwedischen Propaganda wurden die Finnländer – als „Truppe des Schreckens“ – als Pendant zu den in kaiserlichen Diensten stehenden Kroaten aufgebaut, die Gustav Adolf als des „Teufels neuen Adel“ bezeichnete. Die Wirklichkeit jedoch sah anders aus, auch wenn sie v. Zeitgenossen als wild u. brutal beschrieben wurden. Zudem standen sie im Verdacht, Wetter machen zu können u. den Teufel anzubeten. Vgl. WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 241 (1647): „So ist aber ein solches ungewüdter, luft, saußen und braußen eben zur selben zeit, wol 2 oder 3 tag und nacht lang, angestanden, daß vermaint, eß werde alle heyßer und palest zue haufen werfen, also und daß sich kain schüff von dannen sich möchte bewögen; hat man auch gänzlich dafürgehalten, haben solches (weilen diese Lapp- und Seeländer in dißer und dergleichen hexen- und unholden künsten wol erfahren und bey ihnen für ain freye kunst gehalten und paßirt) ungewidter selbsten gemacht und verzoberet. Dan man für gewiß gesagt, dass ain ganzes regiment under ihnen dem schwarzen Caspar ergeben und verschriben seye, welcher ihnen den weg naher dem Haagen als vorher geloffen und paßiert. Wie dan auch von Eyßne oder Kämpten wird bericht, daß sie ihnen den M. Hämmerlein in ainem glaß gezaiget: diß seye ihr obrister, deme seyen sie verlobt und geschworen, deßen seyen sie mit leib und seel versprochen, dere ihnen trewlich halt und sie ihme redlich dienen“. Auch in anderen Zeitzeugnissen wurden sie als „gottlose, schändliche Menschen, Saumagen“ bezeichnet (so WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 46). Aus Staßfurt wird unter 1639 berichtet; GEISS, Chronik von Staßfurt, S. 135: „Den 20. Octobr. wurde unser Lieutenant mit seinen Soldaten abgefordert. Die folgenden Tage mußten wir einen Fähnrich mit ungefähr 50 Finnen und Teutschen, Reiter, denen theils die Pferde gestorben, theils vom Feinde abgenommen waren, und die sich hier wieder beritten machen sollten, ins Quartier nehmen. Es war muthwilliges Gesindel, das sich nicht commandiren lassen wollte. Den 9. November zogen diese Finnen wieder nach Quedlinburg, weil der Fähndrich sich beklagt hatte, daß er sie weder mit Worten noch mit Prügeln zwingen könnte“. Die Finnländer – „von Natur aus gesetzlose Viehdiebe“ (BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 56), die anfangs noch unzureichend montiert zum Teil mit Pfeil u. Bogen in den Kampf zogen – standen sozial auf der untersten Stufe des schwedischen Heeres, wurden bei Angriffen als erste aufgeopfert u. zu Arbeiten herangezogen, die der gewöhnliche Soldat ablehnte oder nur unter Zwang verrichtete. Sofern eine Entlöhnung überhaupt erfolgte, wurden sie regelmäßig vergessen, oder es wurden ihnen nie eingelöste Verschreibungen ausgestellt. Obwohl die Finnländer nur geringe Chancen hatten, sich in Deutschland in Sicherheit zu bringen, war ihre Desertionsquote mindestens doppelt so hoch wie diejenige der schwedischen Soldaten. Jeder 5. Finne desertierte. Zwischen 1638-1649 waren 15.933 regulär Eingezogene nach Deutschland gebracht worden, daneben Geworbene und Gezwungene. Finnische Reiterregimenter wurden z. B. schlechter besoldet als nationalschwedische. Vgl. die Äußerungen Axel Oxenstiernas über die in Königshofen im Grabfeld liegenden Finnen gegenüber dem schwedischen Statthalter in Franken, Krafft von Hohenlohe, Schleusingen, 1632 XI 27; PLEISS; HAMM, Dreißigjähriger Krieg, S. 49: „Wie ich vorgestrigen dages nahe Königshofen offen, befinde ich die wenige Finnen, so daselbst in Guarnison ligen, zimblich nackhendt und unbeklaidt, auch etwas verdrossen daß sie so gar übel accomodiret, dannenhero sie auch umb dimission, inn ihr vatterlandt widerumb zu ziehen, mir instendig nachgeruffen. Weil dann ich sie zur verdrossenheit ohnedem geneigt weiß, zumahlen sie eine so geraume zeit hero stets an selbigem ort inn guarnison gelegen, unnd nicht wie andere knechte, so zu felde gebrauchet werden, ihnen etwas profit machen oder unnterhalt verschaffen können … bitte, die anordnung zu machen, daß von der regierung daselbst zu einem kleidigen ausgetheilet werde, damit sie gleichwol inn etwas contentement und ergetzlichkeit wider haben mögen“. Vgl. auch BECK, Chronik, S. 26 [Schweinfurt 1631]: „Mit dem König war auch ein Regiment Finnen zu Pferde eingezogen, und hatte auf dem Markte Halt gemacht. Ihr schwaches und mattes Aussehen, ihre geringe, wetterfarbene Bekleidung, ihre kleinen und unansehnlichen Pferde ließen eben nicht viel erwarten, und hätte nicht die Welt von ihren Thaten zu Leipzig gehört gehabt, hätte man wohl fast zweifeln mögen, ob sie auch einen Marsch bis Würzburg auszuhalten im Stande seien. Aber die Bewunderung abnöthigende Schnelligkeit ihrer Bewegungen und die prompte Ausführung jedes Commando’s, ja jedes Winkes der Offiziere erweckte bald bessere Begriffe, die sich, da man noch nicht so ganz wußte, wie die Sache ablaufen werde, allmählig beinahe in Furcht verwandelten“. Vgl. auch die zeitgenössische Einschätzung; GOTTFRIED, ARMA SVEVICA, S. 72: „An den Finnen und Schweden hette der König diese Vortheil: 1. Könnten sie Frost vnd Kälte besser als Hitze vertragen. 2. Lieffen eher nicht / biß sie gleichsam mit der Natur fechten müsten. 3. Behülffen sie sich kläglich. 4. Ohne alle Meutenacion. 5. Weren vnverdrossen / vnd mit devallisiren fest nit zu erschöpffen / so weit es nicht leicht ein ander Herr mit seinen Vnterhanen gebracht“. Bei dem Rothenburger Chronisten Dehner heißt es unter 1632; HELLER, Rothenburg, S. 94f.: „lauter Schweden und Finnen, darunter auch Lappländer und Irrländer gewest, die hat man den Burgern einquartiert bey 8. 9. 10. u. mehr, haben mit den Burgern für gut genommen, mit ihnen gebetet und gesungen fast in allen Quartieren“. In den Generalstaaten hieß es im August 1633; PLEISS, Der Zug, S. 27: „Ist wacker Volk, die allezeit unter des Königs Batalien gewest seyn … Solche Macht und wacker Volk hat man niemalen in diesen Landen gesehen“. Das „THEATRUM EUROPAEUM, 3. Bd., S. 108f., unter 1633: „Die Schwedische vnd Finnen allesampt ansehenliche starcke starcke Männer / machten die andern Niderländer in dreyen Dingē schamrot / nemlich 1. in Gehorsam / 2. in Ordnung / vnd 3. in Gottesforcht / dann alle Morgen / wann sie auffbrachen / schlossen sie einen Ring / vnnd auff den Knien rufften sie Gott an / beteten vnd sungen / etc“. Ein zeitgenössischer Beobachter schreibt in einem Flugblatt „Schreiben Auß Dem Königklichen Schwedischen Läger. o. O. 1631, S. 43“: „Muß man derhalben rund bekennen daß dem König seine Schweden und Finnen trewlich dienen: Die Finnen sind der mehrtheils kortze Leut ihrer statur halben / aber darbey hertzhafft vnd der Arbeit gewonnet / leben mit wenigem / behelffen sich karglich: wüssen von Wollüsten vberal nichts: den Teütschen Lufft auch mitten im Winter finden sie gar zam / gegen dem ihrigen gehalten. Es sind rechte Eisenbeisser / die niemahlē von hinden sind verwundet worden. Welcher vnder ihnen dem Feind wurde den rucken kehren / der wirdt nie für ihren Landtsman gehalten. Vnnd ist freilich lächerlich / wer die sicht aufziehen. Sie haben Schleiffstein an der seiten hangend / vnnd so bald man anhebt zum Lermen vnnd träffen die Trommel rühren / so wetzen sie ihre dägen / von weitem meint einer nichts ander alsdann es were eine schaar Metzger / oder in hauffen der beysammen / da ein stuck matten solten abmeyen: Aber es laßt sich nicht mit ihnen schimpfen weil es ernst gilt. Der inneren Finlenderen spraach ist gantz von der Schwedischen Nortwegischen / Gottischen vnd Dennenmärckischen / die da vberein stimmen / gescheiden / vnnd ist allein den Finlenderen gemein vñ den Mitternächtigen Völckeren / welche man Lappen nennet“. Zum Teil waren sie noch aus Mangel an Ausrüstung noch mit Bogen bewaffnet. Kommandierender der 1. Finnen-Schwadron war Torsten Stålhandske. Vgl. LANGER, Formen der Begegnung, S. 84f. Zum zeitgenössischen Bild der Lappländer (auch sarkastisch „Lippenländer“, etwa „gefräßige Personen“ genannt) vgl. OPEL; COHN, Dreißigjähriger Krieg, S. 242ff. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. Nach dem Krieg wurden zerstörte Orte wie z. B. Torgelow [LK Uecker-Randow/Mecklenburg-Vorpommern] auf Befehl Christinas v. Schweden mit Finnen und Livländern neu besiedelt. Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; 1625 soll Banérs Armee bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) meist als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Eine Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die von Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, und den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten bastanten Armeen erscheint jedoch überflüssig. Nach ENGLUND, Die Verwüstung Deutschlands S. 76, waren 1630 bereits jeder 10. Schwede und jeder 5. Finne desertiert. Nach LUNDKVIST, Schwedische Kriegsfinanzierung S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 1651 wurde festgestellt, dass 50 % der Kavallerie u. 41 % der Infanterie aus Finnen bestand; PLEISS; HAMM, Der Dreißigjährige Krieg, S. 41. Nach GUTHRIE, The Later Thirty Years War, S. 59, soll Banérs Armee im Juli 1638 um 9.000 Schweden u. 5.000 Finnen verstärkt worden sein, was wohl zu hochgegriffen erscheint. Zu den Verlusten LINDEGREN, Frauenland, S. 145: „Grob gerechnet kann man behaupten, daß in der ganzen Periode von 1620 bis 1720 ca. 75 % aller Todesfälle auf Krankheiten und andere Entbehrungen zurückzuführen sind. Ca. zehn Prozent starben in Kriegsgefangenschaft. Die restlichen 15 Prozent fielen bei Kampfhandlungen. Ungefähr ein Drittel dieser direkt kampfbezogenen Todesfälle geschah im übrigen im Zusammenhang mit Belagerungen. Große Feldschlachten und kleinere Gefechte forderten im allgemeinen nicht besonders viele Todesopfer, vergleicht man sie mit dem Alltag des Krieges. […] Die Zahl der toten Soldaten kann total auf 1,7 Millionen geschätzt werden. Von diesen starben gut eine Viertel Million im Feld oder infolge von Kampfhandlungen; gut eineinviertel Millionen fielen dem ‚Alltag des Krieges‘ zum Opfer“. => Mortalität.
[2] Regiment: Größte Einheit im Heer, aber mit höchst unterschiedlicher Stärke: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold u. die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl v. Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts u. Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute v. ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments v. 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments v. 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 u. 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 u. 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 u. 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 u. 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 u. 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 u. 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, vom Vorgänger übernommen u. oft v. seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet u. kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[3] Castell [LK Kitzingen]; HHSD VII, S. 123f.
[4] Fourage [Futterage]: Viehfutter, auch Unterkunft u. Verpflegung für die jeweilige Einheit. Die Fourage musste v. der betreffenden Garnisonsstadt u. den umliegenden Dörfern aufgebracht werden u. war an sich genau geregelt; vgl. auch die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Wrangels Kammerordnung, Bregenz, 20.2.1647, sah vor; HELLER, Rothenburg, S. 362: „Fourage: Auf jedeß Dienst Pferd Monatlich 8 Scheffel Haber Erfurtisch Meeß [1 Scheffel = 59, 6132 Liter], 360 Pfund Hewe, 6 Gebund Stroh; auf die Bagagepferd wird halb so viel Futter alß auf ein Dienst Pferd gereicht“. Natürlich wurde gegen die Bestimmungen immer wieder verstoßen. Auch wurden sogenannte Fouragegelder beigetrieben.
[5] Generalfeldmarschall: Stellvertreter des obersten Befehlshabers mit richterlichen Befugnissen u. Zuständigkeit für Ordnung u. Disziplin auf dem Marsch u. im Lager. Dazu gehörte auch die Organisation der Seelsorge im Heer. Die nächsten Rangstufen waren Generalleutnant bzw. Generalissimus bei der kaiserlichen Armee. Der Feldmarschall war zudem oberster Quartier- u. Proviantmeister. In der bayerischen Armee erhielt er 1.500 fl. pro Monat, in der kaiserlichen 2.000 fl., die umfangreichen Nebeneinkünfte nicht mitgerechnet, war er doch an allen Einkünften wie Ranzionsgeldern, den Abgaben seiner Offiziere bis hin zu seinem Anteil an den Einkünften der Stabsmarketender beteiligt. Angeblich existiert erst seit dem Ende des 17. Jahrhunderts die Bezeichnung Generalfeldmarschall als höchster militärischer Dienstgrad [nach Wikipedia]. Dabei wird die Bezeichnung bereits während des DK in Berichten etc. verwendet.
[6] Carl Gustav Wrangel, Graf zu Salmis u. Sölvesborg, Freiherr zu Lindeberg u. Ludenhof, Herr zu Skokloster, Bremervörde, Wrangelsburg, Spycker, Rappin, Ekebyhov, Gripenberg u. Rostorp [13.12.1613 Schloss Skokloster-25.6.1676 Schloss Spyker auf Rügen], schwedischer Obristleutnant, Generalmajor u. Feldmarschall. 1630 Holland-Reise und Ausbildung in Navigation u. Schiffbau, anschließend Weiterreise nach Frankreich, 1631 Eintritt in die Dienste Gustav II. Adolfs v. Schweden als Kammerjunker u. als Kornett in dessen Leibregiment, am 16.11.1632 Teilnahme an der Schlacht bei Lützen, 1633 Dienst als Obristleutnant im Infanterieregiment Bengt Bagges in Elbing, 1634 als Obristleutnant beim Kavallerieregiment Joakim Moltkes in Pommern, am 19.10.1635 Teilnahme am Kampf bei Lüdershausen unter Johan Banér, 1636 Beförderung zum Obristen im Leibregiment zu Pferde, 1638 zum Generalmajor u. Chef des Dal-Regiments (gegen den Widerstand Banérs), 1641 Ernennung zum Regionalbefehlshaber im Reich u. Stabschef bei Lennart Torstensson, am 13.10.1644 Sieg als Oberbefehlshaber der schwedischen Flotte über die Dänen bei Femern, am 28.4.1646 Ernennung zum Feldmarschall u. Generalgouverneur in Pommern; Ernennung zum Reichsrat. Dezember 1646 Aktivität als Oberbefehlshaber der schwedischen Armeen in Deutschland, am 17.5.1648 zusammen mit Turenne Sieg über Holzappel u. Gronsfeld bei Zusmarshausen und anschließende Vandalisierung Bayerns, 1651 Erhebung in den Grafenstand durch Königin Christina v. Schweden, am 26.2.1653 Ernennung zum Reichsvizeadmiral, 1655 Tätigkeit als Verbindungsoffizier zu Kurfürst Friedrich Wilhelm v. Brandenburg in der dreitägigen Schlacht vor Warschau, am 23.10.1657 Eroberung von Fredriksodde im Dänemark-Feldzug, am 11.12.1657 Ernennung zum Reichsadmiral, am 30.1.1658 Übergang über den Kleinen Belt, am 5.2.1658 Marsch über das Eis bei Nyborg nach Langenland u. Seeland, am 6.9.1658 Besetzung Kronborgs, am 29.10.1658 Kampf im Öresund auf dem Flaggschiff “Victoria”, Frühjahr 1660, nach Carls X. Gustav Tod, Ernennung zum Oberbefehlshaber der schwedischen Armee in Dänemark, 1664 Ernennung zum Reichsmarschall u. Präsidenten des Kriegskollegiums, 1665 Aktivität als Befehlshaber des schwedischen Korps gegen Bremen, 1674 als Oberbefehlshaber der schwedischen Armeen in Deutschland. LOSMAN, Carl Gustaf Wrangel, Skokloster und Europa; LOSMAN, Carl Gustav Wrangel och Europa; BAENSCH, Geschichte der Familie von Wrangel Bd. 1. Vgl. auch die Erwähnungen bei BACKHAUS, Brev 1-2; ASMUS, Unter der schwedischen Krone, S. 52ff.; ASMUS, Das Testament des Grafen, S. 193ff.; HEINKE, Carl Gustav Wrangel.
[7] a) Wolfgang Georg I. Graf v. Castell-Remlingen [6.2.1610 Remlingen-14.5.1668 Remlingen]; b) Georg Friedrich Graf v. Castell-Rüdenhausen [21.8.1600 Rüdenhausen-29.3.1653 Rüdenhausen].
[8] Winterquartier: Zugewiesenes Quartier, das – angesichts der um 1, 5 º tieferen mittleren Jahrestemperatur mit extremen Kälteperioden überlebensnotwendig – in der Regel vom November bis zur Eröffnung der Sommerkampagne im Mai/Juni beansprucht wurde u. in dem andere, höhere Verpflegungssätze galten, was immer wieder zu Streitigkeiten unter den Kommandeuren führte. Natürlich versuchten deshalb Magistrate u. Stände immer wieder, diesen Zeitraum zu verkürzen, indem man schon ab Februar das „Sommertraktament“ einzuführen versuchte, was wiederum zu Aufruhr bzw. einer Erhöhung der Beschaffungskriminalität unter den Soldaten u. ihrem Tross führen musste. Vgl. die Versuche des Magistrats von Berlin im Januar 1641; FADEN, Berlin, S. 226. Selbst wenn Truppen erst im Dezember einquartiert wurden, verlangte man doch auch Zahlungen für den vorausgegangenen November; SODEN, Gustav Adolph 3. Bd., S. 387ff. Dazu kam der enorme Bedarf an Feuermaterial, wobei alles nur einigermaßen Brennbare durch die Truppen beschafft wurde. Der Chronist und Bürgermeister Leopold aus Marktredwitz berichtet über den November/Dezember 1640; BRAUN, Marktredwitz, S. 129: „Über diese 8 Regiment[er] [hinaus] sind auch 200 Polacken mit marchiert, welche – wie ob[en] gehört – zu Oberredwitz logierten: Einige sind auch in Dörflas einquartiert worden. Obwohl wir hier im Mark[t] kein Quartier gehabt, so haben wir doch des Generals Tafel versehen und herrlich in die Küche (ver)schaffen müssen. Auch haben wir für die Regiment[er] hinaus[gegeben] 800 Brot[e], 800 Maß Bier und 2 Rind[er]. Überdies hat (ein)jeder Bürger, der seinen Stadel nicht zugrund reissen oder gar verbrennen lassen wollte, hinaus[ge]geben Fleisch, Fisch, Futter, Bier, Brot und Geld. [Es] ist dadurch auch sehr wenig erhalten worden, denn fast in jedem Stadel [hat] eine Kompanie gelegen, welche (dann) alles Heu, Stroh, ungedroschenes Getreide, Holz und Brettern in das Feld getragen. Es sind daraus Hütte gemacht und hernach meistens verbrannt [worden]. Um das, was liegen geblieben war, haben sich die Nachbarn auch [noch] gezankt. Sie haben auch alle Zäun[e] um die Gärten, Planken [und] Um(b)schrote umgehauen und verbrannt. All(e) unser[e] Fischkästen, [von denen] ein [jeder] vorher um 50 K[ronen] erkauft [worden war], haben sie in einer Geschwindigkeit eingehauen, zerrissen, hinweggetragen und in Grund verdorben. [Auf] dem Freithof, welcher erst neu gemacht worden war, haben sie die Schindel[n] abgeschlagen und sam(b)t dem Tor verbrannt. In Summa, diese Leute haben einen großen Schaden getan in dem unausgedroschenen Getreide, Futter, (Ge)stroh und Holz. [Sie haben auch] fast alle Stadel im Grunde zerschlagen und das Gezimmer verbrannt; denn die Kälte war sehr groß. Daher [haben] sie auch außer[halb] der Stadel noch über 1000 Feuer angezündet und gehalten. Was sie in den Vorstädten ertappt haben, [das haben] sie (hinweg)genommen und das Vieh geschlachtet. Die Nacht [über] hat die ganze Bürgerschaft auf Befehl des Generals um und um auf der Mauer im Gewehr stehen und wachen müssen. Ungeachtet dessen aber sind die Musketiere(r) doch an vielen Stellen über die Mauer herabgestiegen, [sind] in die Ställ[e] eingebrochen, [haben] kleines Vieh erwürgt und was sie sonst [noch] bekommen konnten, [haben sie] mitgenommen und [sind dann] wieder hinausgewischt. Dies geschah (nun) an vielen Orten, [so] daß wir also genug(samb) zu wehren und solches zu verhindern hatten. Die Tor(e) hatte er selbst(en) besetzt und mit seiner Wacht versehen“.
[9] General: Zumeist als Oberbegriff für alle Generalsränge verwendet, wenn eine genauere Zuordnung des Rangs dem Zeitzeugen nicht möglich war oder um in den schriftlichen Zeugnissen Papier zu sparen. Darunter fielen in der Rangfolge „Generalissimus“, „Generalleutnant“, „Feldmarschall“, „Generalfeldzeugmeister“, „General(feld)wachtmeister“ („Generalmajor“ bei den Schweden). Etwa 20 % der bayerischen Generäle hatten sich „von der Pike auf“ hoch dienen müssen, während die Beförderung in der schwedischen Armee je nach Verdienst wesentlich schneller erfolgte. Sowohl in der kaiserlichen als auch in der kurbayerischen Armee spielten Herkunft, Gönner u. verwandtschaftliche Beziehungen („Freundschaft“) eine entscheidende Rolle bei der Karriere. Bereits Anfang 1628 hatte Maximilian I. v. Bayern festgestellt: „An der fromen khaisers gueten intention ist zwar nit zu zweiflen; aber er ist seiner ministrorum bevorab denen, die daß kriegswesen dirigirn und füehren, so wenig mechtig alß dieselbige ihrer soldatesca; die experienz hat bißher gewisen, daß die generales des khaisers und die soldaten der generalen ordinanzen nur so weit in acht nemmen, alß es ihnen gelegen und gefellig. Daher alle ietzige confusiones.“ Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 218, fol. 63: Memorial für Richels Sendung nach Kurmainz, Januar/Februar 1628.
[10] Hans Christoffer [Christoph] Graf v. Königsmarck [Königsmark, Königsmarx, Khiningsmarckh, Köningsmarkt, Coningsmarck, Conigsmarckius, Conigmarc, Kingmark, King Marx] [12.12.1600 Kötzlin-20.2.1663 Stockholm], schwedischer Feldmarschall. 1616 Anstellung als Page bei Herzog Friedrich Ulrich v. Braunschweig-Lüneburg u. Eintritt als Reiter in kaiserliche Kriegsdienste, 1630 Verabschiedung als Fähnrich bei Reformierung der Armee Wallensteins, 1631 Kapitän in schwedischen Diensten, 1633 Beförderung zum Major, 1634 zum Obristleutnant, 1636 zum Obristen, am 25.3.1640 zum Generalmajor als Lohn für die Werbung größerer Truppenformationen in Westfalen, im Januar 1645 zum Generalleutnant, am 17.5.1648 Sieg mit Turenne u. Wrangel bei Zusmarshausen über die kaiserlich-kurbayerischen Truppen unter Holzappel u. Gronsfeld, am 1.6.1648 Beförderung zum Feldmarschallleutnant, am 16.7.1648 erfolgreicher Angriff auf die Prager Kleinseite u. Raub der berühmten „Silberbibel“. Zusammen mit Carl Gustav Wrangel war Königsmarck der erfolgreichste schwedische Kriegsgewinnler, am 26.3.1651 wurde er in den Grafenstand erhoben, am 10.4.1651 in den Reichsrat berufen u. am 14.4.1655 in Stade zum Feldmarschall u. Gouverneur des Herzogtums Bremen und Verden ernannt. Sein im Krieg erworbenes Vermögen soll 130.000 Rt. jährliche Rente abgeworfen haben, was einem Vermögen von mindestens 2.600.000 Rt. entsprochen haben müsste. Vgl. BACKHAUS, Wrangel, Königsmarck, Bielke, S. 116-128; FIEDLER, Verwaltung; WAGNER, Pforr. Vgl. [RÜDIGER], Leben und Thaten; FRITZEL, Der Stader Raum, S. 14ff. => Königsmarck [Königsmark, Königsmarx, Khiningsmarckh, Köningsmarkt, Coningsmarck, Conigsmarckius, Conigmarc, Kingmark, King Marx], Hans Christoffer [Christoph] Graf v. [I], [II], [III], [IV], [V], [VI], [VII], [VIII], [IX], [X], [XI] in den „Miniaturen“.
[11] Gustav Adolf Graf v. Lewenhaupt [Leijonhufvud, Lauwinnhaupt, Lowenhaupt] [24.12.1619 Vinäs-29.11.1656 bei Wyborg], schwedischer Obrist, Generalwachtmeister, Generalmajor.
[12] Artillerie: Zur Wirksamkeit der Artillerie vgl. ENGLUND, Verwüstung Deutschlands, S. 424f.: „Sowohl bei sogenannten Kernschüssen als auch bei Visierschüssen zielte man mit dem Geschützrohr in mehr oder weniger waagrechter Position. Ein in dieser Position eingestellter Neunpfünder hatte eine Reichweite von etwas über 350 Metern. Dann schlug die Kugel zum erstenmal auf dem Boden auf, wonach sie regelmäßig einen Sprung machte und noch einmal 350 bis 360 Meter flog, bevor sie kraftlos erneut aufprallte – acht von zehn Kugeln sprangen mindestens dreimal auf. (Der Abprall hing davon ab, ob der Boden eben oder buckelig und uneben war.) Die Kugel flog die ganze Zeit in Mannshöhe. Sie konnte also auf ihrer gesamten Bahn töten und verwunden, und wenn sie im rechten Winkel durch eine dünne Linie von Männern schlug, pflegte sie im Durchschnitt drei Mann zu töten und vier oder fünf zu verwunden, aber es kam auch vor, daß eine einzige Kugel 40 Menschen auf einen Schlag tötete. Menschen und Tiere wurden meistens mit einem hohen und entsetzlichen Reißgeräusch zerfetzt. Es gibt Beschreibungen von Schlachten dieses Typs – wie es aussah, wenn brummende Vollkugeln in die von Pulverdampf eingehüllten und dicht gestaffelten Reihen aufrecht stehender Männer einschlugen: In der Luft über den Verbänden sah man dann eine kleine Kaskade von Waffenteilen, Rucksäcken, Kleidern, abgerissenen Köpfen, Händen, Beinen und schwer identifizierbaren menschlichen Körperteilen. Der tatsächliche Effekt beruhte in hohem Grade auf der Größe der Kugel. Leichte wie schwere Geschütze schossen im großen und ganzen ihre Kugeln mit der gleichen Anfangsgeschwindigkeit ab, etwas unter 500 Meter in der Sekunde, doch je größer die Kugel war – das Kaliber in Pfund bezeichnet das Kugelgewicht – , desto höhere Geschwindigkeit und Durchschlagskraft hatte sie, wenn sie ihr Ziel erreichte: die Beine und Muskeln und Zähne und Augäpfel eines Menschen auf der anderen Seite des Feldes“. Der technische Aufwand war beträchtlich, bei 60-Pfündern rechnete man für 8 Tage à 30 Schuss 3 Ztr. Pulver, 13 Wagen mit 99 Pferden, dazu 3 Knechte u. 2 Büchsenmeister sowie deren Zubehör. „Vom Nürnberger Stückegießer Leonhard Loewe ist die Rechnung für die Herstellung zweier jeweils 75 Zentner schwerer Belagerungsgeschütze erhalten, die auf den heutigen Wert hochgerechnet werden kann. An Material- und Lohnkosten verlangte Loewe 2.643 Gulden, das sind ca. 105.000 bis 132.000 Euro. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81. Vgl. ENGERISSER, Von Kronach, S. 575ff. Deswegen ließ man sich auch den Kostenaufwand bei Belagerungen ersetzen. Zabern musste 1636 8.000 fl. „für den canon“ bezahlen; DROYSEN, Bernhard v. Weimar, 2. Bd., S. 214. Bei den Schweden führte eine Kompanie die Regimentswaffen, drei Kompanien führten die schweren Waffen, während eine Kompanie die „Feuerwerker“ transportierte u. eine weitere die für eine Belagerung erforderlichen Bergleute bzw. Mineure. Zu jeder Kompanie gehörte ein Schütze („konstapel“) u. ein Assistent („handlangere“), größere Geschütze erforderten zwei Assistenten u. ein „styckjungere“, die sich in zwei Kanonen teilten, im Bedarfsfall wurden Musketiere ausgeliehen. Zudem war die Tätigkeit bei der Artillerie nicht nur schwer, sondern hochgefährlich, da des Öfteren in Schlachten (etwa bei Wimpfen 1622) die Munitionswagen explodierten.
[12] Annaberg-Buchholz [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 5ff.
[13] Fürstliches Hausarchiv Castell VI/b/90 (Ausfertigung): Wolfgang Georg I., Graf zu Castell-Remlingen, an Georg Friedrich, Graf zu Castell-Rüdenhausen, Remlingen, 1648 II 18 (a. St.).
[14] Karl Gustav Graf v. Pfalz-Zweibrücken, dann als Karl X. Gustav König v. Schweden [8.11.1622 Nyköping-13.2.1660 Göteborg], schwedischer Generalissimus, 1654-1660 schwedischer König. Vgl. ASKER, Karl X Gustav.
[15] Stegeborgssamlingen II. Arvprinsen Karl Gustafs arkiv. (RA/720810.011).
[16] SCHMIDT-BRÜCKEN; RICHTER, Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann.
[17] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 9/10 der Armee Banérs stellten deutsche Söldner; GONZENBACH, Der General Hans Ludwig von Erlach von Castelen II, S. 130. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern u. Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“. Vgl. auch das Streitgespräch zwischen einem kaiserlich u. einem schwedisch Gesinnten „Colloquium Politicum“ (1632). Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.
[18] Hunger: Hungerkrisen traten durch Missernten, Wettereinflüsse, Truppendurchzüge, Einquartierungen, Erntezerstörungen, Pferde- u. Viehdiebstahl immer wieder auf. Oftmals blieb nur die Flucht ins Heer oder der Anschluss an den Tross. So hatten sich 2.000 hungernde Eichsfelder Pappenheims Soldaten angeschlossen. Ein Berittener oder Knecht in der Musterung hatte immerhin noch zwei Pfd. Fleisch, drei Pfd. Brot, eine Maß Wein u. drei Maß Bier pro Tag zu fordern – drei bis fünf Maß Bier je nach Geschlecht pro Tag galten auch sonst als üblich – , was zur raschen Auszehrung einer Landschaft führte, zumal die eingeforderten Naturalabgaben im Laufe der Zeit noch weiter anstiegen u. v. Jahr zu Jahr neue Verpflegungssätze erfordern. Vom Verpflegungsansatz her war dies eine gewaltige Kalorienmenge, entsprachen doch drei Pfd. (gutes) Brot allein bereits etwa 3.750 kcal. Rechnet man noch über 2.000 kcal für das Fleisch hinzu, ohne Bier u. Wein, so wird eine Kalorienzahl zwischen 6.000-7.000 kcal erreicht, was dem Zweieinhalb- bis Dreifachen eines durchschnittlichen Tagesbedarfs entsprochen hätte. Das war wohl Anfang des 17. Jahrhunderts nur Privilegierten vorbehalten, während die Gemeinen nur unzureichend verpflegt wurden. HIPPEL, Bevölkerung, S. 422, schätzt den täglichen Nahrungsbedarf in Württemberg auf knapp 2.400 kcal pro Tag. Vgl. BEHRENDS, Chronik, S. 145f. (1636): „Man gab den Armen von jedem Backvorgang ein Brot, […] welches damals als Krieg, Pest und Hunger hieselbst gar übel hauseten, von armen Leuten nicht für eine geringe Gabe gehalten ward, sintemal man damals oft weder Brot noch Bier und Geld haben konnte, und viele, meistenteils aber die Soldaten Hunde und Katzen, Pferde- und Menschenfleisch fraßen und nicht einmal bekommen konnten“. 1641 heißt es über die Prignitz: „So sind auch alle Dörfer so gar verwüstet, verödet, universaliter et particulariter in Brand gesteckt, die Untertanen Hungers und des milites immanitet [Unmenschlichkeit, Rohheit] halber gestorben und ins Elend [Ausland] verlaufen, dass man in dem ganzen Kreise nach angestellter fleißiger Inquisition bloß 373 Bauersleute, die doch etliche gar wenig ausgenommen, weder Hunde noch Katzen, weniger etliche Lebensmittel haben, besonderen sich vom Obste und wohl ganz unnatürlichen Speisen aufhalten müssen, gefunden worden“. HERRMANN, Ländliche Bevölkerung, S. 86. Der Bieberauer Pfarrer Minck (1635); KUNZ; LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 261: „Durch diesen Hunger verschmachteten viele Leut dermaßen, daß nichts als Haut und Bein an ihnen war, die Haut hing ihnen am Leib wie ein Sack, waren ganz schwarz-gelb, mit weiten Augen, gepläcketen Zähnen, grindicht, krätzig, gelbsichtig, dick geschwollen, febricht [= fiebrig], daß einem grauete, sie anzusehen“. ZILLHARDT, Dreißigjähriger Krieg, S. 161f. (1635): „Dan auß diser teürung und hungersnot ist entstanden noch ein jamer uber alle jamer, nemlich ein sterbet und pestelentz, das vüll taußendt menschen sind zu grundt gangen durch hunger, krieg und pestelenz. Dan durch den hunger ist von denen armen menschen vüll greüwlich und abscheüliches dings auffgefressen worden. Alls nemlich allerley ungereimbten dings: hundt und katzen, meüß und abgangen vüch, roßfleisch, das der schinder und meister uff dem vassen sein fleisch von dem abgangne vüch, als roß, hundt und andere thier, ist hingenomen worden, und haben dannoch einander drumb gerißen und für köstlich gut gehalten. Es ist auch für gut gehalten worden allerley kraut uff dem feld: die distel, die nesle, schersich, hanefüeß, schmerbel, schertele. In suma allerley kraut ist gut gewessen, dan der hunger ist ein guter koch, wie man im sprichwort sagt“. Vgl. auch  die Lebensbeschreibung des Gottfried Andreae (1637); DOLLINGER, Schwarzbuch, S. 321: „Doch im Jahr 1637 stieg das Elend auf’s höchste, nachdem kaum 200 Bauern in der untern Pfalz mehr übrig waren, da die übrigen teils an Hunger und Pest bereits gestorben, teils von den Kaiserlichen erwürgt oder als Soldaten weggeschleppt worden waren … Der Hunger aber zwang die Leute zu den unnatürlichsten Nahrungsmitteln: Gras, Kräuter, dürre und grüne Baumblätter, Felle von Tieren; Hunde, Katzen, Ratzen, Mäuse, Frösche und faulendes Aas waren gesuchte Bissen. Die Hungernden erschlugen einander selbst, verzehrten sie, durchwühlten Gottesäcker, erstiegen Galgen und Rad und nahmen die Toten zur Speise weg“. Der Chronist Johann Philipp Chelius [1610-1683], Syndikus u. Stadtschreiber in Wetzlar, unter 1637; KELLNER, Johann Philipp Chelius, S. 169f.: „Von Worms wird mit warheit berichtet, daß daselbsten ein achtel korn hiesigen maß uber zwanzig reichsthaler gegolten und man es darzue in solchem preis nicht genug feil bekommen können, darüber die hungersnot so groß worden, daß die menschen allerhand unnatürliche speise, nemblich hunde, katzen, tote pferd und ander verstorbenes viehe, so auf den wasen geführet, wie auch meuß, ratten, frösch und dergleichen ungeziefer, den hunger damit zu stillen, gebraucht und gessen, ja etzliche tote menschencörper selbsten aus der erden gegraben und stücker darvon zue essen geschnitten, deswegen auch eine schiltwacht auf den kirchhof zue Wormbs gestellet werden müssen, und seind in solcher teuren zeit viel hundert menschen im land hungers gestorben“. Notiz aus dem Pfarrbuch von Mauern (LK Neuburg/Donau) für 1648: „Viele haben aus Hunger Roßmist gegessen, der Feind hat alles fort; es ist nichts angebaut worden. Viele sind Hungers gestorben, die Überlebenden nähren sich von Wurzeln und Baumblättern und sind froh um die Häute der gefallenen Pferde“. [frdl. Mitteilung von Herrn Fahmüller, Pfeffenhausen]. Der Kitzinger Pfarrer Bartholomäus Dietwar [1592-1670] über 1649; DIETWAR, Chronik, S. 91: „Etliche tausend bayerische Bauern bettelten mit Weib und Kind durchs Land. Darunter waren auch Mörder. Sie stahlen und raubten was sie konnten. Das war Gottes sichtbare Strafe dafür, dass der Kurfürst von Bayern im 30jährigen Kriege viele Tausend armer Leute gemacht hatte. Darum war sein Land im vorigen Jahre durch die Schweden und Franzosen wieder verdorben worden, also dass seine Leute von München und Landshut her das Frankenland durchliefen, das gebettelte Brot dörrten und heim nach Bayern trugen“. Aus Nördlingen wird anlässlich der Belagerung 1634 berichtet; KESSLER, Belagerung, S. 38: „Um diese Zeit sind die Rosse wegen Mangels an Futter so erkrankt und so matt geworden, daß sie häufig einfach hingefallen und verendet sind. Von dem S. H. Schinder Jörg Schmid sind hinter dem Feilturm 2 große Gruben gegraben und die Pferde darin verscharrt worden. Die Armen und Bettelleute aber haben sich auch dabei befunden und haben, wenn man die Pferde hat vergraben wollen, aus großem Hunger ziemlich große Stücke davon herausgeschnitten, das Selbige gekocht und von solchem ihren Hunger gestillt, und gebüßt. Die armen Leute sind zur Nacht, um 12 Uhr, über solches Aas gekommen und haben es davon getragen“. KESSLER, Belagerung, S. 63: „Die kaiserlichen, spanischen, welschen, französischen und deutschen Soldaten sind gleichsam aus dem ausgebrannten Turm herundergefallen und jämmerlich aufeinander gelegen. Die armen Tagelöhner haben die gebratenen Schulterblätter von den Achseln abgenommen und für gutes Schweinefleisch gefressen“. Regimenter wie das des kurkölnischen Obristen Hugo v. Tyrell[i] lösten sich wegen Hunger auf. Der Salemer Mönch Bürster (1644); WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 196: „Dan ehe muoß der burger sterben zehen mal, ehe der soldat verderben ainmahl“. HÄVECKER, Chronica und Beschreibung, S. 96 (Calbe 1642): „Uber dieses ist dieser Ort auch mit Theurung und Hungersnoth nicht verschonet geblieben. Denn Ao. 1642. hat ein Scheffel Rocken 3. Thl. und mehr gegolten / und man das Getreyde allhier nicht einmal darum erlangen können / sondern es hat dasselbe von andern Orten müssen geholet werden; Die nun kein Geld gehabt / es so theur zu bezahlen / haben sich mit geschroteten Bohnen / Erbsen- und Gersten-Brod behelffen müssen / so aber auch beynöthig gewesen. Dahero viel arme Leute statt des Korns / mit Knoten-Kafft / Wurtzeln aus der Erden sich sättigen / und das Kraut auf dem Felde kochen und essen müssen. Und weil eben in derselben Zeit die Engel- und Schottländer in der Stadt gelegen / sind derer viel wegen Mangel des Brods gestorben / und haben einige den Hunger mit Pferdefleisch zu stillen gesuchet / und das Fleisch des verreckten Viehes gegessen“. Der Zeitzeuge Hanns Kahn aus Klings/Rhön; LEHMANN, Leben und Sterben, S. 172 (1638): „Das Getreide wurde [von den Soldaten] weggeführt. Kein Bauer hatte mehhr Lust zu säen. Keiner hatte mehr Lust zu arbeiten, weil er es doch nicht genießen konnte. Es kam nur das  Nötigste in die Erde, und dieses hatten die Soldaten gestohlen. Es kam eine böse Hungersnot. Viele sind gestorben. Die schwedischen Reiter und die Kroaten mussten sich mit kleinem Brot begnügen. Unser Brot gestand damals aus gemahlenen Eicheln, Wicken und wenigem Korn. Die solches hatten, konnten froh sein. Manch reicher Mann ist aus Hunger gestorben […] Man sieht oft, dass es Menschen in der Not an jeder Erklärung mangelt. Mit gesottenem Gras und Aasfleisch glaubten viele, dem Hunger zu entgehen und starben erst recht an den abscheulichen Sachen, die sie verschlangen“. Vgl. auch die zeitgenössische Darstellung v. VINCE, Lamentations, S. 35ff. Z. T. sollen sich die verhungernden Soldaten regelrecht zu Tod gefressen haben; PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 117 (1634): „Den 26. Decembris zogen die Soissischen Soldaten hinaus / und kamen dargegen 3. Compagnien Schwaben herein von dem Freybergischen Regiment / die hatten meistenteils alle Weiber und 5. biß 6 Kinder / alle sehr verhungert / die frassen alles aus / was sie bekommen kunten / mit solcher Begierde und in solcher Mäng / daß etlichen der Wanst zersprang. Zween Soldaten hatten 35. Glös und 3. Spital Laiblein Brods uff einen Sitz gessen / hatte der eine noch ½ Glos im Munde / da er starbe“. Der Chronist Georg Friedrich Dhein berichtet über die Zustände in der Festung Hanau (1636); KURZ, Das Leben, S. 132: „Und da unter denen Scharmützel von Freund und Feind ein wohl gehaltenes Pferd erlegt wurde, gingen viele des armen Volks hinaus, rissen sich um das Aas, brachten von dem stinkenden Fleisch so viel als möglich war zu ihrem Unterhalt herein, wie denn auch sonsten Pferde-, Esel- und Hundefleisch gekochet wurde auf dem Markt verkaufet. Katzen estimirte man vor Wildbret und etliche allzu Fleisch begierige Leut handelten dem Scharfrichter gedörrtes Schindfleisch ab zu ihrer Speis“. Als Ersatz nahm man auch Gras oder Kräuter, „da viele hundert Menschen schwere Krankheit, Lähmung, Scharbock und die Mundfaulung bekamen, auch etliche Menschen sind auf der Gassen verschmachtet und niedergefallen, auf welches vielfältige Elend so mancher sehr zu Herzen genommen, sehr viele public und privat Almosen gereichet worden, wiwohl dem Elend nicht zu steuern gewesen“. BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 118f.: „Anno 1638 ist wieder eine Theuerung nach dem vorigen Krieg und der Pest erfolget, so daß ein Leipziger Scheffel [103, 83 Liter; BW] um 10 G[ulden; BW]. Verkauft worden. Dahero weil die Armen es nicht bezahlen, auch vor den Thüren nichts mehr kriegen kunten, so wurden vor großem Hunger Hunde und Katzen geschlachtet, ja das Aas von dem Schindanger [=> Schindanger; BW] geholet und gefressen, und wollte wenig zureichen, deßwegen viel Leute verhungert und in den Misthaufen gestorben, so vorhin auf dem Lande schöne Güter gehabt; daselbst viel arm Volck sich von hier nach dem Altenburgischen gewendet, woselbst sie auch erhalten worden; Es haben sich auch einige gutthätige Hertzen gefunden, die den Armen wöchendlich ein oder zweymahl zu gewissen Tagen Brod haben mitgetheilet, worunter der Herr Superintendent D. Leyser, Herr Archediakonus M. Rinckard, Herr Bürgermeister Müller wie auch andere wohlhabende Bürger sich mit befunden haben, dass iedweder einen oder zwei Scheffel [1 Scheffel = 112, 15 Liter, BW] kauffte und das hiervon gebackene Brod unter die Armen austheilete, so wollte es doch nicht zulangen, denn die Menge war zu groß, weil offt vor einem solchen Hausse 4, 5, 6 bis 800 Menschen an Männern, Weibern und Kindern gestanden, welche einander sehr gedrenget, darunter viel Leute vom Lande, so vor dem Kriege nicht vor 800 oder 1000 Gulden, ja wohl nicht vor 2000 Gulden gegeben hätten. Wenn nun die Leute ein bißgen Brod erhalten, haben sie es nicht flugs gegessen, sondern nur daran gerochen und haben Gelegenheit gesuchet, ob sie einen Hund oder eine Katze damit fangen können. Wenn sie denn einen Hund bekommen, haben sie denselben an einem Strick bey sich geführet, denen wohl 20 oder 30 arme Leute beyher gefolget, gleichsam als wenn sie mit dem Hunde zu Grabe gehen wollten. Wenn sie nun vor die Stadt auf den Graben kommen sind, da haben sie geschlachtet und gebraten, was sie bekommen, da ist auf dem Graben um die Stadt herumb ein klein Feuer nach dem anderen gewesen, darbey die armen Leute gekocht und an hölzernen Spießen gebraten, was sie nur bekommen. Denn wenn der Cavaller [Abdecker, BW] mit dem Karn ein Aas hinausgeführet, ist das arme Volck häuffig nachgelauffen, und haben ein Stück nach dem anderen davon abgeschnitten. Oder wenn eine Kuh verworfen und das Kalb gleich unzeitig gewesen, haben sie es doch geholet, gekocht, gebraten und alles gegessen. Ja es war das arme Volck so abgemattet und verhungert, daß sie gingen, als wie die Schämen (!) [Schemen; BW] war Gottes Strafe so groß, daß sie gleichsam nicht kunten wegkommen oder an andere Oerter lauffen, sondern lieber hier verhungerten, da es doch, wie obgedacht, im Altenburgischen und an anderen Orten nicht so teuer, auch noch eher Brod vors Geld oder vor den Türen zu bekommen war, als hier. Sonderlich aber wenn der Abend herbey kahm, da hätte es oftmals einen Stein erbarmen mögen, wie das arme Volck winselte und die Nacht über in den Misthauffen schrie und bath. Eins rufte hier, das andere dort, tausendmahl um Gottes-Willen umb ein bißgen Brod, oder nur um ein Krümelgen; ein anders etwa umb ein Trünklein Wasser oder Kosent [Kofent = Dünnbier; BW] und dergeleichen, daß man froh war, wenn es wieder Tag wurde; denn das Elend und große Geschrey kunte man ohne hefftige Gemüths-Bewegung nicht ansehen oder anhören“. Hunger führte u. a. zu Kannibalismus; WINTER, Möser, S. 209, unter 20.12.1638 (Staßfurt): „Eben diesen Tag kam der Oberste Lieutenant vonm Jungen Schleinitzischen Regimente anhero von Dresden herunter, mit fast ein 40 Pferden, ward eingelassen, um sein Geld zu zehren, welcher aussagt, es würden die Schwedischen bald wieder hier sein, und diese Oerter unter ihre Contribution nehmen, hat auch vermeldet von dem großen Hunger der Soldaten, u. unter andern, daß ers mit seinen mit seinen Augen gesehen, wie drunten im Lager ihrer zwei einen Todten aufgeschnitten, Lung und Leber aus dem Leibe genommen, ans Feuer gesetzet, ein wenig geklopft und mit Begierde hereingefressen“. Vgl. „Gründtlicher vnnd warhaffter Bericht / vnnd Erzehlung Der Vorhin vnerhörten Thaten vnd abscheulichen Exempel“ (1638), ohne Seitenangabe: „Herman Seidel / ein frommer Mann / von Offenburg / welcher zu Lichtenau eine Schwester / die Ihm sehr lieb gewesen / vnd derhalben seinen Sohn zu hir geschicket / mit ein wenig nahrung / dieser Knabe kömmet vngehindert fort / alß er nach Lichtenaw kömbt / vnd niemand findet / auch schon im widerkehren ist nach hause zugehen / kömmet er ohn gefehr bey ein Fischerhäußlin / da ers rauchen sihet / vnd wie denn die Jugend vorwitzig / lauffet er hinzu / vnd wird eines Weibes gewar / die beim heerde sitzt / vnd kochet / vnd beynebens schrecklich heulet und weinet / neben dem heerde hencket ein Kind an einem stecken / welcher durch beyde Waden gangen / vnd dz Kind den kopff vnter sich gehangen / ist auffgeschnitten vnd geschlachtet / dieser Knabe lauffet mit angst vnd furcht vmbgeben / biß er nach Offenburg kombt / sagts seinem Vater / dieser zeigts der Obrigkeit an / vnd muß dieser Knabe mit einer ziemlich starcken Guarnison dahin / welchs also befunden / vnd das Weib gleich auch essend vnd weinend finden / haben aber vom Kinde noch funden die 2. Vntertheil / den lincken Arm / vnd Kopff / das andere hat sie schon verzehret gehabt: vñ ist diß Weib / nebenst dem Kinde auff Offenburg genommen worden: alß man sie aber gefraget: wie sie solchen Mord vnd Todschlag gleichwol vbers Hertze bringen können ? hat sie darauff geantwortet / sie hette es nicht gethan / sondern der grausame Hunger / dessen quall vnmenschlich were /das vbrige wolte sie der Obrigkeit befehlen zu verantworten. Hat aber nur 16. Tage nach diesem gelebet“.
[19] Mittweida, heute Ortsteil von Raschau-Markersbach [Erzgebirgskreis].
[20] almuthen: Almosen. Wahrscheinlich müsste es heißen: almuthen Kesten für Almosenkasten: Kasten, worin die öffentlichen Almosen gesammelt u. verwahret wurden.
[21] Raschau, heute Ortsteil von Raschau-Markersbach [Erzgebirgskreis].
[22] Verpflegung: PAPKE, Landsknechte, S. 22:Ende 1618 wurden Reiter in Altendresden einquartiert. Ihre Verpflegung regelte ein kurfürstliches Mandat vom 8. November. Es sah für ein Frühstück Butterwecken vor sowie Brot, Butter, Käse und Bier. Zum Mittag sollte Suppe geben mit Rahm, Butter, Eiern, Muskatnelken und Semmeln, danach 5 Pfd. Rindfleisch mit Meerrettich, eine Hammelkeule, Zugemüse, Butter und Käse, Brot und Semmeln und pro Person 2 Kannen »hiehisches« Bier. Dazu wurden Salz, Würze, Essig, Schmalz, Holz für den Herd, Licht für Stuben und Ställe gerechnet, für 9 Personen insgesamt 2 Gulden, 11 Groschen, 6 Pfennige. Unkosten für Bett- und Tischwäsche wurden erwähnt, aber nicht berechnet“. Eigentlich durfte nur der übliche Servis gefordert werden: die dem oder den einquartierten Soldaten zu gewährende Unterkunft u. Verpflegung, festgelegt in den jeweiligen Verpflegungsordnungen. “Servis” definiert sich als die Abgaben des Hauswirts an den/die einquartierten Soldaten an Holz, Licht u. Liegestatt (Heu u. Streu), im Niedersächsischen kam noch Salz dazu; Kleidung, Ausrüstung etc., wurden verbotenerweise aber verlangt. Essen u. Trinken fielen auch nicht darunter, wurden aber trotzdem eingefordert. Stattdessen konnte auch die sogenannte “Lehnung” gegeben werden. Alle zehn Tage war diese Lehnung für die schwedischen Truppen zu entrichten, bei den unteren Chargen für Kapitän 12 Rt., Leutnant u. Fähnrich 10 Rt., Sergeanten, Fourier, Führer, Musterschreiber u. Rüstmeister zusammen 12 Rt., Trommelschläger, Pfeifer zusammen 6 Rt., Korporal 2 Rt., sowie den untersten Dienstchargen gestaffelte Beträge in Groschen. Nach der Verpflegungsordnung Gustav Adolfs II. vom 13.5.1632 für das Herzogtum Franken hatte ein Obrist Anspruch auf täglich 12 Mahlzeiten, bestehend aus je 12 Gerichten (im Wert v. je 1/8 Rt). Im Oktober 1623 hatte Tillys Verpflegungsordnung für die Reiterei festgelegt: Rittmeister 4 Maß Wein, 20 Pfund Brot, 20 Maß Bier, 12 Pfund Fleisch, 2 Hennen u. ein halbes Schaf. Ein reformierter Leutnant, Kornett oder Quartiermeister sollten 8 Maß Bier, 8 Pfund Brot u. 4 Pfund Fleisch sowie ein Viertel v. einem Schaf oder Kalb erhalten. Einem Jungen oder einem Weib standen 1 Pfund Fleisch, 2 Pfund Brot und 1 Maß Bier zu. BARNEKAMP, Sie hausen uebell, S. 42. Dazu kamen für den gemeinen Soldaten in der Regel täglich 2 Pfund Brot (zu 8 Pfennig), 1 Pfund Fleisch (zu 16 Pfennig) u. 1 Kanne Einfachbier (2, 02 Liter zu 8 Pfennig). Statt Fleisch konnten auch Fisch, Butter oder Käse gegeben werden. Zwei Heringe entsprachen 1 Pfund Fleisch, eine Henne ersetzte 1, 5 Pfund Fleisch. Selbst diese Rationen wurden oft v. den Offizieren noch unterschlagen. Der Erfurter Rat hält am 16.11.1641 die Klagen dreier gefangener Reiter des Regiments Hatzfeldt fest: „[Sie] berichteten [sie] wehren 5 tage von ihrem Regimente gewesen, undt nach einem Stücke brodts geritten, sie bekömen [sic] gantz nichts, wenn ihnen auch gleich Commiß[brot] zugesendet wehre, bekömen sie doch nichts: sondern die officirer behieltten solches alles vohr sich allein, [Sie] wussten auch nicht wo sie hin soltten, sie hetten deswegen von ihren officirern gantz nichts gehöret“. Zitiert bei BERG, Regulating war, S. 15; vgl. auch KUPER, S. 104. So der kaiserliche Feldmarschall Melchior v. Hatzfeldt 1642: „Denn arm und hungrig zu sein, macht schlechte Curagi – wo nit anderes, davor uns der liebe Gott behüte“. ENGELBERT, Hessenkrieg II, S. 43. Die Verpflegung erforderte dennoch riesige Mengen an Schlachtvieh, zumal die Soldaten nur schieres Fleisch verlangten, keine Innereien oder Füße wollten, u. der genießbare Fleischanteil z. B. bei Ochsen zwischen 25 u. 55 % je nach Fütterung lag. Von Oktober bis Dezember sollen kaiserliche Truppen im kaisertreuen Hessen-Darmstadt neben 30 000 Pferden 100.000 Kühe u. 600.000 Schafe erbeutet haben; PARKER, Dreißigjähriger Krieg, S. 250. In Tillys Verpflegungsordnung v. 1627 wie auch in den anderen Ordnungen dieser Art war dagegen der umsichtige Umgang mit Einwohnern ausdrücklich festgelegt. KLOPP, Tilly, S. 546. Zweimal täglich ein Gericht mit zwölf Gängen für einen Obristen war üblich. Vgl. die kaiserliche Einquartierungsordnung Melchior von Hatzfeldts für Westfalen (1636 III 09): “Wirt ebenmeßigh geklagtt, daß nicht allein die officierer, sondern auch die soldat(en) mitt ubermeßigem banquitier(en), sonderlich mitt verschwendungh vieler weins und geträncks den armen mahn gentzlich außlaugen, derenthalb(en) ein jeder und alle hiemit erinnert, das, was sie dergestalt uppich verzehr(en), ihnen an der contribution abgehe”. SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, S. 127. Bürgermeister u. Rat von Büren schrieben an die kurfürstlich-kölnischen Beamten in Paderborn u. an den Edelherren Moritz v. Büren über Vorfälle der am 1.4.1626 erfolgten Einlagerung einer Korporalschaft der Leibgarde des ligistischen Generalwachtmeisters Timon v. Lintelo, Büren, 1626 April 15; Schütte, Dreißigjähriger Krieg, S. 185: “Bey Lübbertt Drevelnn ist ein reformirter corporal, so ein matresse bey sich gehapt, einlogirt gewest. Gleich wie der [Corporal; BW] einkommen, hat ihme der wirt nach zustandtt dieser orther unnd settigungh eines ehrlichen menschenn gnugsame speißenn, alß nemblich saurs krautt mit einer bratt- oder metwurst, ein schaffschinckenn, ein stück gerauchert rindtfleisch, ein außgeweßerten schweinenn potharst, dabei, dabei einen halben schaffenn käß nebenn butter aufgesetztt. Der corporal wirfft die speisenn mehrnntheilß zur dehl hinauß, unnd sagtt mit entrustungh zu seinem wirth, solche speisenn solte er einem hudler gebenn. Ob er meinte, das er ein hudler vor sich hette. (46) Er hette woll beßer speiß dem bettler vor die thuer gebenn etc., unnd will sich nicht stillen laßenn, biß ihme der wirth folgendenn tags nach seinem willenn schincken, hüner, kalbfleisch etc. aufzutragenn verpflichtet”. Nach der schwedischen Kammerordnung, 1635 X 04 (Geheimes Staatsarchiv Berlin-Dahlem I – 34 -179 b) hatte Reichskanzler Oxenstierna den Anspruch pro Monat u. gemeinen Reiter auf 4 ½ Rt., 60 Pfd. Brot u. 60 Feldmaß Bier festgelegt. Im Juni 1634 sollte Generalkriegskommissar Ossa Erzherzogin Claudia v. Tirol raten, den nach besserer Verpflegung begehrenden hohenemsischen Soldaten gegebenenfalls durch das Landvolk „die Hälse entzwei schießen“ zu lassen, was Claudia nicht tat, um eine weitere Eskalation der Lage zu vermeiden; SCHENNACH, Soldat, S. 71.
Vgl. den Speisezettel vom 1. u. 2. März 1637 aus Altenburg; FRITZSCHE, Altenburg, S. 102f.:
„1. März 1637. Mittags
Offizierstisch: Suppe;
Rindfleisch mit Merretich;
Kälberbraten;
Kalbskopf;
Kraut;
1. März 1637. Abends.
Offizierstisch: Sallat;
Gebratene Kälberbrust;
Kapern;
Gehackte Kälberlunge;
Schweinefleisch;
?;
2. März 1637. Mittags.
Tafell: Milch Suppe mit Eyr;
Gefüllte Heringe;
Kälber Nürenbraten;
Gebratenes Kuhfleisch mit Muskatblumen.
Tafell; ander gangk:
Gehakter Magen; Schweinsbraten; Rinderbraten; sauer mit Zwiebel;
Kirschtürtle;
Sauerkraut mit Brautwürsten;
Fische;
Offizierstisch: Suppe;
Rindfleisch;
Kalbskopf;
Nürnbraten;
Euter?stücke mit Rosmarin;
Heringe mit Zwiebel;
Kraut mit Rostbratwürsten.
Gesinde- und Küchentisch:
Rindfleisch:
Suppe;
Heringe;
Kalbfleisch;
Sauerkraut“. Der kaiserliche Kroatenobrist Hrastowracky verlangte 1628 für seine Küche: NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 83: „Memorial was die Bürger wöchentlich kontribuiren und auf des Herrn Obersten Küchel schaffen sollen. 2 Rinder; 2 Kälber; 16 Hühner; 18 Lämmer; 1 Schwein, 4 indianische Hühner; etliche Vogel; von allerlei Fisch; Weitz- und Rockenmehl; um ein Thaler Essig; 120 Eier; 100 Pf. Butter; 4 Pfd. Reis; 6 Pf. Pflaumen; 2 Pf. Pfeffer, 2 Pf. Ingwer; 2 Pfund Näglein; (Nelken) ½ Pf. Muskatblumen; ¼ Pf. Saffran, 174 gestossenen Zimmt; 2 Pf. kleine und große Rosinen; 24 eingemachte Citronen, 2 Pf. Honig; ½ Thlr. Zwiebeln; ½ Thlr. Petersilie; ½ Thlr. Meerrettig, ½ Thlr. Rettigrüben; ½ Schefl. Salz; 12 Pf. Stockfisch; 1 Schock Plastießen (Plateiße, Schollen); 120 Heringe; 2 Pf. Kapern; 2 Pf. Oliven; 4 Pf. Baumöhl; Saurenkohl; 2 Hut Zucker; 4 Pf. Hirschbrun (Horn ?); ein Fäßlein Neunaugen; 2 Seiten Speck; 4 Faß Bier; 14 Thlr. weiß und schwarz Brodt; 6 Schinken; allerlei Konfekt, jedes 3 Pf.; ein Käse“. 1619 mussten ins Lager bei Themar geliefert werden: Rindsmäuler, Gelüng, Rindsmagen, Gekröse, Sülze, Zungen, Rindsherz, Rindsfüße, Rehwild geliefert werden. Dazu kamen Konfekt, Mandeln, Rosinen, Feigen, Nürnberger Küchlein (Lebkuchen), Reis, Muskatblüten, Peffer, Nelken. Vgl. ERB, Die ersten Kriegsereignisse, S. 10f. Zu den ständig steigenden Preisen vgl. KROENER, Soldaten, S. 288.
[23] Reichstaler/Gulden: 1 Reichstaler = 1,5 Gulden; 1 Reichstaler = 18 Batzen = 72 Kreuzer = 288 Pfennige, 1 Reichstaler = 21 Schillinge (ß) = 252 Pfennige (δ); 1 fränk. Rt. = 1, 2 fl. (1632), 1 fl. = 50 Liter Bier, = 5 Paar junge Hühner, Entgelt für die Säuberung zweier Wachtlokale. Reichsgulden: 1 Reichsgulden = 60 leichte oder rheinische Kreuzer (kr.) = ⅔ Reichstaler (Rtl.) = 16 gute Groschen = 24 Mariengroschen. Zur Umrechnung v. fl. in €: Wie problematisch eine derartige Umrechnung ist, zeigt www.mhoefert.de/PDFs/30_jaehriger_Krieg.pdf, der 30.000 fl. in ca. 3 Mill. € umrechnet (!). 1 fl. dürfte maximal 50 € entsprochen haben. Nach einer anderen nicht unproblematischen Umrechung würde 1 Rt. heute etwa 27, 3 € entsprechen. Nach WILDGRUBER, Dte feste Stadt Wasserburg, S. 74, entspräche 1 Rt. 60 DM, also etwa 30 €. Wenn selbst Bauernstiefel schon mit 20 fl. aufgelistet sind, würde das 540-1.000 € entsprechen. Sinnvoller wäre es, mit den Preisen für Gebrauchsgüter, Löhne etc. in den betreffenden Jahren zu verfahren, die in den einzelnen Gebieten je nach Kriegslage sehr unterschiedlich sind.
[24] Marienberg [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 215f.
[25] Fass: 1 Fass = 393 Liter.
[26] Strich: 1 Strich = 93,389 Liter.
[27] Cranzahl bei Weipert [Vejperty]; HHSBöhm, S. 650.
[28] Johan [Hans] Wittenberg [Wittberger, Wirtenberg, Witteberg] v. Deber [Döbern] [ -1679], schwedischer Obrist, Generalmajor. PALMBLAD, Biografiskt Lexicon 21. Bd., S. 38ff.
[29] Leibregiment: Als Leibregiment wurde im 17. Jahrhundert im Heiligen Römischen Reich, in Dänemark u. in Schweden diejenigen Regimenter bezeichnet, deren Inhaber der regierende Landesherr war. Ihm standen zudem die sich daraus im Rahmen der Regiments- bzw. Kompaniewirtschaft ergebenden Einnahmen zu. Ein Leibregiment hatte daher eine grundsätzlich andere Funktion als die Leibkompanie eines Obristen. Auch die Oberkommandierenden der jeweiligen Armeen hatten ein eigenes Leibregiment. Zudem waren in der Regel die Ausstattung u. Verpflegung besser als in anderen Regimentern bzw. wurden v. den Neugeworbenen eingefordert.
[30] Major [schwed. major, dän. major]: Der Major war im Dreißigjährigen Krieg der Oberwachtmeister des Regiments (zunächst nur in der Infanterie). Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen u. Befehle des Obristen u. Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten, sorgte für die Instandhaltung ihrer Waffen, hatte die Aufsicht über die Munition u. war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte der Major für Ordnung auf dem Marsch u. im Lager, beaufsichtigte die Wach- u. Patrouillendienste u. stellte das Regiment in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- u. Standgericht. Er erhielt 1633 monatlich 200 Rt. bei der Infanterie u. 300 fl. bei der Kavallerie, 200 fl. bei der dänischen Armee.
[31] Barthel Schönleben [ – ], schwedischer Major.
[32] Annaberg-Buchholz [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 5ff.
[33] Schlettau [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 319f.
[34] Scheibenberg [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 316ff.
[35] Schwarzbach, heute Stadtteil von Elterlein [Erzgebirgskreis].
[36] Elterlein [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 89.
[37] Zwönitz [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 385f.
[38] Leipzig; HHSD VIII, S. 178ff.
[39] Generalstab: die Summe aller ranghohen Offiziere, die der obersten militärischen Führung zuarbeiten. Der Generalstab umfasste das Quartieramt, die Kriegskanzlei, die Generaladjutantur, das Kriegskommissariat, das Kriegszahlamt, die Generalauditoren, den Generalprofos, die Feldapotheke, das Feldpostamt u. die Generalwagenmeister. 1640 sollen der General- und Hofstab Piccolominis 1.200 Personen umfasst haben; PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 123.
[40] Maria Agathe v. Leesten [Lehsten, Lehesten] [9.4.1608-15.12.1671 Agathenburg], Gemahlin v. Hans Christoffer v. Königsmarck. Nach ihr wurde Schloss Agathenburg benannt.
[41] Hofstatt, Komitat: Anhang, Begleitung, Geleit, Gefolge, Hofstaat. Viele Obristen führten ihre Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 504. Der mobile Hofstaat aller Offiziere u. ihrer Ehegattinnen trieb die Einquartierungskosten zusätzlich in die Höhe. Leone Cropello de Medicis hatte 1628 bei sich: einen Gesellschafter v. Adel, Haushälter, Kornett, Hofmeister, Kammerdiener, Sekretär, Gestlichen mit Jungen, Tafeldecker, Aufwärter, 3 Pagen, Trompeter, Koch mit Jungen, Schneider, zwei Sattler u. ein Pferdeschmied mit Frauen, Feuereinmacher, Aufwärter in der Küche, Küchenfrau, Domestiken u. Musikanten, ingesamt 51 Personen; KELLER, Drangsale, S. 91, Anm. Auch Köche, Possenreißer etc. wurden mitgeführt. Am 24.5.1630 schrieb Maximilian I. v. Bayern dem Obristen Cronberg, es sei ein „unverantwortliches procedere, da die Obersten sich den Fürsten gleich halten wollen, werden die Quartieer ruinirt und erschöpft“. OMPTEDA, Die von Cronberg, S. 521.  Dass gerade auch Offiziersfrauen z. T. ein großes Gefolge (50 Personen u. 50 Pferde) wie die Gemahlin v. Johann Philipp Cratz Graf zu Scharfenstein mit sich führten, erwähnt HELML, Der Dreißigjährige Krieg, S. 59. Das Amtsprotokoll (1626 VIII 29), SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg , S. 281, täuscht hinsichtlich der Gesamtzahl: „Die Gravin von Ahnolt hat 9 pferdt, darzu wirdt außm ambt Stromberg contribuirt. Obrist Gallas hat 15 pferdt. Der ist nit hier. Der haubtmann hat 10 pferd, capitanleutenant 7, drey fendriche 12, cap(itan) S(t). Eloi 4, drei veltwaibell 9, drey furier 3, aventurier 12, ingenieur 5“. Dies waren lediglich die in Wiedenbrück stehenden Pferde. Selbst Hauptleute einer Kompanie unterhielten schon zu Anfang des Krieges einen eigenen kleinen Hofstaat u. hatten nicht selten achtzehn Personen u. vierzehn Pferde mit sich. Selbst ein Wachtmeister hatte noch 3 Knechte, 1 Jungen u. 5 Pferde, manchmal sogar noch einen Narren als Begleitung; WAGNER; WÜNSCH, Notabilia, S. 110. Der schottische Söldner Robert Monro, „der Schwarze Baron, der als Freiwilliger mitgekommen war, erhielt die Erlaubnis, für einen Grafen Tafel zu halten, der gewöhnlich mit mehr als sechzehn Personen zu Tisch erschien. Die Besucher des Grafen, seine Pferde und seine Diener wurden dabei ebenfalls standesgemäß versorgt“. MAHR, Monro, S. 27. Bei den ligistischen Cronberg’schen Reitern (363 Soldaten) wurden in Langenau (Schwaben) „600 pferde, 66 weiber, 78 mädel, 307 jungen, 94 kinder und grosse anzahl hunde“ festgestellt; ZILLHARDT, Zeytregister, S. 128. „Die Offiziere führten ein Leben in Luxus, tranken täglich ihren Wein und forderten neben Geld, Fleisch, Weißbrot, Hafer und Heu auch Delikatessen, so der Örter nicht zu bekommen. Sie brachten nicht nur ihr Gesinde mit, sondern luden auch noch Freunde und Verwandte ein. Die Bauern mußten mit Pferd und Wagen bereitstehen, wenn die hohen Herren Jagden veranstalteten, und bei Truppenverschiebungen hatten sie den Transport zu bewerkstelligen. Eine Untersuchungskommission, die auf ständige Klagen der fürstlichen Räte und auch des Kurfürsten eingesetzt worden war, stellte lediglich fest, daß entsprechende Berichte stark übertrieben seien, und Anholt konnte auf die fehlenden Soldzahlungen verweisen, ohne die die Soldaten sich weder Lebensmittel noch Waffen oder Kleidung kaufen könnten. Erst Ende Mai 1623 trafen neues Geld sowie Waffen und Rüstungen ein, und Anholt erließ eine neue Ordonnanz, nach der die Soldaten nur noch das gewöhnliche Servis fordern durften, d. h. Bett, Feuer, Salz, Zwiebeln und Essig, alles Weitere aber bezahlen sollten“. TESKE, Bürger, S. 68.  Auch fand man bei den Kompanien fünfzig Weiber u. dreißig Jungen, was die Unterhaltskosten in die Höhe trieb, u. gerade in einem solch kleinen Wigbolden im mikroökonomischen Bereich den Ruin auf Jahre hinaus bedeutete. Der Aufwand für Erzherzog Leopold Wilhelms eigene Bedürfnisse u. seinen Hofstaat scheint ziemlich groß gewesen zu sein. HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 230: „Bei dem Durchzug durch Heilbronn am 10. Oktober [1645; BW] hatte das Heer Leopolds so viel Troß bei sich, daß ‚2 Tage lang eine Kutsche ein Wagen, ein Troß auf den anderen folgte, und das Gesindel so zahlreich war, wie man es noch bei keinem Heere gesehen hatte‘ „. MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 612: Schweinfurt hatte 1646 dan den Hofstaat des Erzherzogs zu liefern: „3 Ochsen, 8 Kälber, 12 Castraun, (Kapaunen ?) 4 Säuglämmer, 1 gemästetes Schwein,4 indianische Hennen, 40 Stück altes Geflügel, 12 junge Tauben, 1 ½ Zentner Schmalz und Butter, 500 Eyer, 1 Eymer Weinessig, 1 Mltr. Kochgerste, 1 Mltr. Erbsen, 1 Scheibe Salz, 30 Pf. Holländischer Käs, 1000 Pf. Brod, 60 Striche Haber, 30 Eymer Wein, 100 fl. an Geld für rauihes Futter, Oel und Gewürz. Hieran lieferte die Stadt: 6 Eymer 44er, 25 Eymer 45er Wein, 19 Mltr. Haber, 6 Mltr. Korn, 1200 Pf. Brod, 2 Mltr. Weizenmehl, 4 Saugkälber, 1 Schwein, 2 indianische Hühner, 1 dergleichen Hahn, 1 Hahn, 20 alte Hühner, 10 Paar Tauben, 1 Sack mit Kochgerste, 1 Mltr. Erbsen, 4 Schock Eyer, 1 Scheibe Salz, 2 Holländische Käse, 1 Eymer Essig. Auch wurden dem Oberstallmeister des Erzherzogs 3 Eymer und dem Futtermeister 2 Eymer Wein verehrt. Mit diesen ihnen gelieferten Lebensmitteln fuhren sie am 28 d. weg, und ihre Zehrung, die 50 Thaler kostete, mußte die Stadt bezahlen. Nach der Aussage der Bedienten war obgedachte Forderung nur der fünfte Theil der Nothdurft zur wöchentlichen Haushaltung des Hofstabs, die andern vier Theile müßten andere Städte herbeyschaffen. Welches auch glaublich war, weil nach ihrem Berichte tägliche 600 Personen an 40 Tafeln bey dem Erzherzoge gespeiset wurden“. „Als Leopold am 15. September [1646; BW] in Ammerthal war, wurden täglich 20 Ochsen, 100 Schöpse, 6 Kälber, 4 Ztr. Schmalz und Butter, 6 Säcke Weizenmehl, 120 Stück altes und 80 Stück junges Geflügel, 20 Eimer Wein, 60 Eimer Bier, 3 Zentr. Fische sowie 3000 Pfd. Schwarz- und Weißbrot verlangt“. HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 240. Die anti-kaiserliche „36. Extraordinari. 1634“ teilte unter dem 14./24.6.1634 mit; Archives Municipales Strasbourg AA 1065: „Mit Regenspurg hat es / Gott lob / kein Noth / wie deßwegen Ihre Fürstliche Gn. vor Forchheim von demselben Commendanten [Lars Kagge; BW] wider Schreiben bekommen / auch gestern glaubhaffter Bericht eingelangt / daß sich der Feindt darvor sehr ruinire vnd consumire / auch schon durch Gegenwehr / Absterben vnd Entlauffen in zehen tausendt Mann verlohren / gelte im Läger ein pfundt Roßfleisch acht Kreuzer / sey zwar grosse Zufuhr / weiln aber der Vngarische König eine grosse Hoffstatt von ohngefehr 3000. Vngar- Böhm- vnnd Oesterreichischen Herrn / welche widerumb ihre Diener haben / vmb sich hat / so alles zu sich ziehen / als kompt dem gemeinen Soldaten wenig zu theil“.
[42] Kämmerer: neben den Bürgermeistern für die finanziellen Angelegenheiten einer Kommune Verantwortlicher.
[43] Feldprediger, Feldkaplan: Im Codex Iuris Canonici (c. 564–572 CIC) bezeichnet der Begriff Kaplan einen Geistlichen mit einem extraterritorialen Seelsorgebereich für einen Sonderbereich, hier der Armee. Maximilian I. v. Bayern hat für seinen Generalvikar Benedikt Rauh am 5.4.1642 eine ausführliche Instruktion erlassen; FRISCH, Rauh, S. 156f.: „Insbesondere sorge der von uns bestellte Generalvicar, dass die Feldcapellane, sowohl bei Infanterie als Reiterei, ein exemplarisches Leben führen. Wenn sie scandalös sich aufführen oder zur Verwaltung der Sacramente weniger tauglich erfunden werden, soll er sie verbessern, strafen, oder nach Fund der Sache vom Heere entfernen. Er soll drei oder vier Verkündiger des Wortes Gottes mit sich zum Heere bringen; sorgen, dass morgens und abends die Gebetsstunden eingehalten werden, zu welchen mit Trompeten etc. ein Zeichen gegeben wird; dan an Sonn- und Feiertagen bei jeder Legion öffentlich Messe gelesen und von den Capellanen Predigten gehalten werden, namentlich dass zur österlichen Zeit die Soldaten ihre Sünden bekennen, und zur heil. Communion gehen, wenn auch ihre Officiere andersgläubig sein sollten. Anstalten soll er treffen, dass kein Soldat, der tödtlich verwundet oder sonst gefährlich darniederliegt, der heil. Wegzehrung beraubt werde. Hauptsächlich soll er darauf sehen, dass die Officiere und Soldaten der Legionen die Concubinen und gemeinen Dirnen von sich entfernen oder zur Ehe nehmen; wenn sie mit guten Worten nicht gehen wollen, soll er sie öffentlich hinauswerfen lassen. Dann soll er dafür sorgen, dass er die schrecklichen Gotteslästerungen und Schwüre sowohl bei Officieren als Soldaten ausrotte, sowie die lasciven Worte. Zu diesem Zwecke soll er durch seine Feldcapellane alle und jeden in Glaubenssachen unterrichten und ihre Kinder im Katechismus belehren lassen. Wenn hierin der Capellan nichts ausrichte, soll er es dem Führer der Legion berichten, wenn dieser nichts zu Stande bringe, soll der Generalvicar es dem Obersten melden und wenn auch dieses nichts fruchte, die Hilfe des Generals in Anspruch nehmen. Nicht weniger bemühe er sich, dass die Feindschaften sowohl unter Hohen als Gemeinen auf jede Art und Weise beigelegt werden. Er selbst soll an Sonn- und Feiertagen vor dem Generalstab predigen. Damit dieses Alles besser vollzogen werde, soll er alle 8 oder wenigstens 14 Tage seine Capellane berufen und einem nach dem andern ausfragen und hören, was für Laster in dieser oder jener Legion grassieren, damit sie in Zukunft geheilt werden können. Endlich soll der General-Vicar so viel als möglich darauf sehen, dass die Kranken und tödtlich Verwundeten zur Reue, Beichte, Communion und wenn es nothwendig zur letzten Oelung disponirt werden; sollten Viele oder Wenige dem Heer nicht folgen können, soll er Geistliche zurücklassen, welche ihnen in ihren letzten Nöthen beistehen“. Eine ähnliche Funktion dürften auch die Feldprediger in den anderen Armeen gehabt haben, die die einzelnen Regimenter begleiteten. In der brandenburgischen Armee erhielt der Feldprediger 1620 gerade einmal 20 fl., also 2 fl. mehr als ein Feldscher oder Trommelschläger, nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 24 fl., ein Prädikant 25 fl. Der Kaplan eines kaiserlichen Fußregiments erhielt monatlich 30 fl; nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) für die Infanterie standen ihm  24 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. In besetzten Städten wurden dagegen schon einmal 40 Rt. = 60 fl. erpresst; HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15. Vgl. auch BRENDLE; SCHINDLING, Geistlichkeit.
[44] Neudorf [Sehmatal].
[45] Gustav Adolf Graf v. Lewenhaupt [Leijonhufvud, Lauwinnhaupt, Lowenhaupt] [24.12.1619 Vinäs-29.11.1656 bei Wyborg], schwedischer Obrist, Generalwachtmeister, Generalmajor.
[46] Schlettau [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 319f.
[47] „Mutwillen“: beschöningender Ausdruck für Ausschreitungen aller Art, die man z. T. nicht mitteilen wollte. Der Überlinger Advokat Pflummern (März 1633); SEMLER, Tagebücher, S. 23: „Gleicher můtwillen auch an den burgern, die in den reben gewerckhet, verüebt, die arme leutt veriagt, thailß aufgefangen vnd genötiget worden mitzulauffen vnd den weeg zu weisen, den sie doch selbst allen anzeigungen nach gewüßt vnd derhalben die leutt nhur an ihrer arbeit hindern vnd plagen wollen“.
[48] Raschau, heute Ortsteil von Raschau-Markersbach [Erzgebirgskreis].
[49] Mittweida, heute Ortsteil von Raschau-Markersbach [Erzgebirgskreis].
[50] übel hausen, übel hausiren, übel wirtschaften, übel haushalten: Euphemismen für den v. Soldaten ausgeübten Terror während einer Einquartierung wie „Insolentien“: Unverschämtheiten, Beleidigungen, Grobheiten; Ungebührlichkeiten oder „Exorbitantien“: Verstöße, Verfehlungen, Ausschreitungen. Graf Georg Friedrich v. Hohenlohe-Weikersheim versah den Begriff mit folgender erläuternder Auflistung; KLEINEHAGENBROCK, Hohenlohe, S. 117: „eigenwillige[ ] Einquartierung, Geltexactionen [Geldforderungen], Pressuren, Abnehmung des noch übrigen Vorraths an Vivers [Lebensmittel], Entführung der Pferdt und Viehß, Verohnsicherung der Straßen, Raub, Plünderung, Mord, Quehlung der armen Laith und andern dergleichen ohnleidentlichen Insolentien“. Stadtarchiv Nördlingen Kriegsakten 1634/II, fol. 186: „Ordnung. Wie es mit der Verpflegung / deren Soldaten zu Roß vnd Fuß / Welche im heyligen Röm: Reich in den Quartiren vnd Quarnisonen in Ihrer Kays: Majest: dienst sich befinden / observirt vnd gehalten werden solle“, ausgestellt von Gallas, Heilbronn, 1634 X 04. Wider dise verordnete verpflegung sollen die Stände vnd deren Vnderthanen / weder von den Obristen / noch deren vnderhabende Officirern oder Soldaten zu Roß vnd Fuß / durch gewalt oder sonsten auff einigerley weiß noch wege getriben vnd beschwert werden. Da auch dergleichen durch Officirer oder gemeine Soldaten beschehen / oder durch betrohung vnnd würckliche thätlichkeiten gesucht werden wolte: So ist ihnen Ständten vnd deren Vnderthanen hiemit erlaubt / wie nicht wenigers auch die straiffenden partheyen / so in: oder ausserhalb der Quartier vnd auff den strassen rauben / plündern / vnd andere Exorbitantien verüben / so gut sie können vnd mögen / in verhafft zu nemmen / vnd ein solches gehöriger orten zu berichten / damit wegen deren abstraff vnd aller vngelegenheiten verhütung die verfügung gethan werden mögen. Desgleichen wurde das Ausreiten mit Ober- u. Untergewehr aus den Quartieren oder das Einfallen in andere Quartiere mit Strafen an Leib u. Leben bedroht. Über Tillys Soldaten wird im Frühjahr 1626 in der Goldenen Aue berichtet: Seine Truppen „sind anfänglich gar fromm gewesen und haben sich bedeuten lassen, dann aber schlimmer und ärger geworden, haben endlich kein gut Wort mehr gegeben, sich selber Quartier genommen, alles aufgezehret, Kisten und Kasten aufgebrochen und aus Häusern, Kirchen, Böden, Kammern und Ställen alles geraubt und mitgenommen“. HILLER,  Heringen, S. 127. Vgl. auch ZEITFUCHS, Stolberg, S. 271f., über die Truppen Bindtaufs 1626: „Doch war hiebey keine Ordre, was man denen Soldaten oder Officiern geben sollte / sondern ein jeder forderte alles mit der Schwere nach eignen Gefallen. Was für Müh / Unlust und Beschwerligkeit / ja auch Hunger / die Bürger wegen dieser Einquartirung ausgestanden / ist nicht genug zu beschreiben. Denn etliche wöchentlich zu 10. 15. ja auch zu 25. Thalern und wohl darüber geben müssen / daß es manchem Bürger die Zeit / da sie hier gelegen / 100. 200. 300. ja wohl 500. Gülden gekostet; wie es denn auch nach Abzug derselben der Stadtschreiber Schüßler aus der Roll zu Rathhause insgesamt überschlagen / da diese Einqvartirung weit über 30000. Gülden gestanden. Ja da sie nur einer Witbe 486. Gülden 9. Gr. 5. Pf. gekostet / so ist leicht daraus abzunehmen / was der gesamten Bürgerschafft auffgangen sey. Welche denn so wohl als das Rathhaus gäntzlich erschöpfet / daß mancher Bürger von Hauß und Hof gejaget worden / auch musten etliche wie die Hunde von den Soldaten sich schlagen und prügeln lassen. Und weil sonderlich auch Pest und eine grosse Theurung anfiel / daß ein Scheffel Rocken 2. Thaler / 1. Scheffel Gersten 2. Gülden oder 2. Thaler und der Hafer 16. Groschen galt / war bey manchem Bürger nichts mehr übrig / als das liebe Leben. Ja da fast gantz und gar nichts mehr zum besten / wurde E. E. Rath gezwungen / etliche Haupt-Verschreibungen ihres Einkommens zu versetzen / und zu Sangerhausen und anderswo etzliche 100. Gülden darauff zu borgen / dafür sie Wein / Rocken und Hafer kauffen musten / damit biß zum Aufbruch die Soldateska zu unterhalten / welcher / nachdem sie 22. Wochen hier gelegen / den 13. Julij erst erfolget. In solcher Zeit wurde nun nicht allein alles / was in der Stadt war / aufgezehret / sondern es kam auch noch dieses hinzu / daß / weil die Reuter mit den Pferden fast alle Grasung vor den Thoren abgehütet hatten / die Bürger das meiste Vieh abstehen musten / welches so wohlfeil ward / daß man eine Kuhe um 4. Güld. kauffen konnte / dadurch dann die Bürger vollends um das ihrige kom̃en sind“. Im März 1634 schrieb Reichskanzler Oxenstierna: „Der General könne nur dann ehrlich leben, wenn er sein angewiesenes bestimmtes Quartier habe, woraus er das Nötige beziehe. Die Generale seyen dazu meist homines von der Fortune, die ihren Staat anders nicht führen könnten, auch weder Land noch Leute hätten, und wenn sie es schon besässen, so sey ihnen nicht zuzumuthen, davon zu leben und dabei zu dienen, sie müssten dann selnst mit Desordre leben. Der General könne also den Obersten oder Soldaten, wenn er auch auf diese Weise lebe, nicht strafen: der Oberst müsse also entweder betteln  o d e r  d i e  Q u a r t i e r e   m i ß b r a u c h en.  E s  s e y e n  L e u t e,  d i e  n i c h t  a l l e i n  amore patriae et libertatis  d i e n t e n,  s o n d e r n  e t w a s  z u  g e w i n n e n. Der gemeine Reiter könne nicht leben von seiner Gage; gleichwohl habe kein Regiment nach des Königs Tod ‚meutenirt’. Die Noth zwinge sie zum Rauben; dieß missbrauchten also die leichtfertigen Vögel. Man müsse also den Soldaten bezahlen, dann werde das Andere selbst fallen. Wolle man alle Exorbitantien gleich mit Henken strafen, so sey es schwer, die Hände mit solchem Blut zu besudeln, da der Soldat nicht zu leben habe. Erfolge die Bezahlung – sagte Oxenstierna und er statuiere dann bei den Exorbitantien doch kein Exempel, so solle man von ihm sagen, er habe gelogen wie ein leichtfertiger Vogel !“. SODEN, Gustav Adolph 2. Bd., S. 91.
[51] Stück: Man unterschied Kartaunen [Belagerungsgeschütz mit einer Rohrlänge des 18-19-fachen Rohrkalibers [17,5-19 cm], verschoss 40 oder 48 Pfund Eisen, Rohrgewicht: 60-70 Zentner, Gesamtgewicht: 95-105 Zentner, zum Vorspann nötig waren bis zu 32 Pferde: 20-24 Pferde zogen auf einem Rüstwagen das Rohr, 4-8 Pferde die Lafette]; Dreiviertelkartaune: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 16-17faches Kaliber, schoss 36 Pfund Eisen. Vgl. MIETH, Artilleria Recentior Praxis. Halbe Kartaune: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. „Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81. Sie hatte eine max. Schussweite v. 720 Meter; DAMBOER, Krise, S. 211. Viertelkartaune: „ein stück, welches 12 pfund eisen treibt, 36 zentner wiegt, und 24 kaliber lang ist. man hält diese stücke in den vestungen für die allerbequemste“ [DWB]. Meist als Feldschlange bezeichnet wurde auch die „Halbe Schlange“: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34-faches Kaliber (10,5-11,5 cm), schoss 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt; die „Quartierschlange“: 40-36-faches Kaliber (6,5-9 cm), Rohrgewicht: 12-24 Zentner, Gesamtgewicht: 18-36 Zentner, Vorspann: 6-12 Pferde; Falkone: 39-faches Kaliber Rohrgewicht: 14-20 Zentner, Gesamtgewicht: 22-30 Zentner, Vorspann: 6-8 Pferde; Haubitze als Steilfeuergeschütz, 10-faches Kaliber (12-15 cm), zumeist zum Verschießen v. gehacktem Blei, Eisenstücken („Hagel“) bzw. Nägeln verwendet; Mörser als Steilfeuergeschütz zum Werfen v. Brand- u. Sprengkugeln (Bomben). Angaben nach ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 575ff. Pro Tag konnten etwa 50 Schuss abgegeben werden. „Vom Nürnberger Stückegießer Leonhard Loewe ist die Rechnung für die Herstellung zweier jeweils 75 Zentner schwerer Belagerungsgeschütze erhalten, die auf den heutigen Wert hochgerechnet werden kann. An Material- und Lohnkosten verlangte Loewe 2.643 Gulden, das sind ca. 105.000 bis 132.000 Euro. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus diesen ‚Halben [?; BW] Kartaunen’ kosteten fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81; SCHREIBER, Beschreibung, bzw. Anleitung, 3. Kapitel.
[52] Crottendorf [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 55.
[53] Strich: 1 Strich = 93,389 Liter.
[54] Fass: 1 Fass = 393 Liter.
[55] Diskretionsgeld: Verehrung = „Ehrengeschenk”, das v. ein- oder durchziehenden Offizieren erwartet oder erzwungen wurde, in Geld- oder Sachleistungen der verschiedensten Art.
[56] trillen: quälen, misshandeln.
[57] LEHMANN, Kriegschronik, S. 181f.
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