Reuter [Reyther, Rytter] af Skålboö, Lydert Henriksson [Hindersson, Henderson, Heinrichsohn, Hinrichson]
Reuter [Reyther, Rytter] af Skålboö, Lydert Henriksson [Hindersson, Henderson, Heinrichsohn, Hinrichson]; Obrist [1.5.1601 Bråborg, Dagsberg, Östergötland-21.1.1647 Minden] Der Finne[1] Lydert Henriksson [Hindersson, Henderson, Heinrichsohn, Hinrichson] Reuter af Skålboo [1601-21.1.1647[2]], der den Adelsnamen Reuter erst seit 1632 trug, war 1634 als Obristleutnant[3] Kompaniechef unter Matias Forbes[4] gewesen, bevor er Obrist[5] und Kommandant in Osnabrück[6] wurde.
Das finnische Östra-Nyland-Regiment[7] hatte erst unter Johan Berg,[8] dann ab ab 1635 unter Lydert Hendriksson Reuter af Skälboö gestanden. Reuter war von 1636-1639 in Minden,[9] 1639-1643 in Osnabrück und Nienburg,[10] 1644-1647 wieder in Minden stationiert.
Das Regiment hatte ab 1631 in der Eskorte Königin Maria Eleonoras[11] Fußknechte aus Österbotten nach Deutschland geführt und bei der Belagerung Hamelns[12] 1633 die schwere Belagerungsartillerie herangeschafft. Am 26.4.1636 gelang den Schweden[13] die Einnahme Mindens mit Hilfe des in braunschweig-lüneburgischen Diensten stehenden Majors[14] Plettenberg,[15] doch forderte die in der Stadt grassierende Pest[16] über fünfzig Opfer unter den Nyländern. Teilweise waren einzelne Soldaten des Regiments in Wittlage,[17] Lemförde[18] und Petershagen[19] stationiert.
Generalmajor[20] James King[21] weilte im Februar 1639 in Osnabrück[22]und brachte auf seinem Durchzug Nachrichten aus Schottland über die ausgebrochenen Feindlichkeiten mit Karl I.[23] mit. Daraufhin bat Lumsden[24] zum ersten Mal um seine Entlassung aus schwedischen Diensten und schrieb deswegen in diesem Jahr verschiedene Briefe an Reichskanzler Oxenstierna.[25] Er wollte nach Schottland zurück, nicht nur um seine Besitzungen, sondern auch um seine Ehre zu beschützen. Allerdings war Feldmarschall Banér[26] überhaupt nicht dazu bereit. Lumsdens Vorschlag, sein Bruder Robert[27] solle ihn als Stadtkommandant ersetzen, passte Banér überhaupt nicht, da er Robert Lumsden keinesfalls für geeignet hielt. Doch scheint Banér letztlich im Mai zugestimmt zu haben, als er als Ersatz entweder Lydert Hendriksson oder Gustav Gustafsson[28]
Gustav Gustafsson, der illegitime Sohn Gustav II. Adolfs, hatte angesichts der Hexenprozesse[29] in Osnabrück[30] vom Feldlager aus erklärt, dass er „nicht willens sei, solchen überauß gefehrlichen procedere ferners also stillschweigend nachzusehen“ und eine Strafe von 20.000 Rt.[31] angeordnet, dass „bei den Hexenprozessen anderer Gestalt nicht als vermüge der gemeinen beschriebenen Rechten und rechter Vernunft, nemblich Verstattung rechtlicher Defension und was dazu nötig, ante torturam verfahren“ werden solle.[32] Trotzdem wurden im Tross[33] zwei Verdächtige ausgemacht und der Stadt zur Inquisition übergeben.[34] Reuter forderte in diesem Jahr als Kommandant den Rat der Stadt zur Schließung der Marienkirche auf, als der Prediger Garve gegen die Wasserprobe (die Schwemmung als Hexen verdächtigter Frauen) eiferte und die Autorität des Gerichts zu untergraben versuchte.[35] Dass Garve bei der Ankunft Reuters gegen dessen Ansinnen, die Krone Schweden und ihre Soldaten ins Kirchengebet aufzunehmen, Bedenken geäußert hatte, mag dazu beigetragen haben. Das Verhältnis zwischen den Soldaten und Bürgern scheint nicht schlecht gewesen zu sein. Nur ein Fall ist überliefert, dass ein Bürger einen bei ihm einquartierten Finnen im Streit erschlagen hatte. Da die Gerichtsbarkeit dem Rat zustand, setzte dieser schließlich eine Kommission ein und setzte schließlich eine Buße von 20 Talern fest, die an die Stadtkasse zu zahlen waren. Reuter akzeptierte dies natürlich nicht, setzte dem Rat mit Eingaben zu und wandte sich sogar – wenn auch vergeblich – an die Regierung in Stockholm, da er wohl zu Recht der Meinung war, dass das Geld den Hinterbliebenen in Finnland gebühre. Nur ein Fall versuchter Vergewaltigung[36] ist in den Akten überliefert. Reuter ließ den Schuldigen auf dem Heger Wall Spießruten laufen[37] und anschließend alle drei Tage drei Stunden lang auf dem hölzernen Esel reiten.[38]
Die Querelen mit dem neuen Landesherren nahmen zu. Reuter hatte sich höheren Orts beschwert, als Gustafsson das aufgestaute Hasewasser vor dem Herrenteichstor ablaufen ließ und Reuter, der ihn daran hindern wollte, mit der Waffe bedroht hatte. Er nannte ihn einen „unbesonnenen Menschen, der täglich wie der reiche Mann impudice[39] lebet und eigenen Gefallens, was er fast will, tut“. Báner nahm ihn 1640 aus der Schusslinie und bestimmte den schwedischen Obristen Hans Christoph von Burgsdorff[40] zu seinem Nachfolger, dem sich Reuter unterordnen musste.
„Am 14. Juli 1645 übertrug die Königin[41] in Stockholm das Amt Reineberg[42] mit seinem Vorwerk[43] und allen Pertinenzien[44] auf 5 Jahre dem Obristen Lydert Hendrichson (Henderson), und am 23. Dezember erhielt der Obristleutnant Carl Hendrichson[45] vom Feldmarschall[46] Lennart Torstensson[47] das Amt Rahden[48] mit allen Pertinenzien.[49] In beiden Fällen wurden natürlich nur die Einkünfte aus den Ämtern und Vorwerken verliehen, die Hoheitsrechte, das jus superioritatis, behielt sich die schwedische Krone ausdrücklich vor“.[50]
Ein Schreiben der Stadt Stadthagen[51] vom 2.9.1646 ist gerichtet an den „HochEdlen Gestrengen, H. Lydert Hinrichsohn Reüter, der Königl. Maytt. vndt Cron Schweden wolbestaltem Obersten vndt Commendanten der Vestüng Minden ec. Vnserm sonderß großgünstigem hochgeehrten hern p“.[52] 1646 ist er in eine merkwürdige Geschichte involviert. Der Rektor der Universität Rinteln,[53] Wilhelm Deichmann, der bei der Bürgerschaft ohnehin sehr unbeliebt war, stand im Verdacht, Werbungen[54] für Frankreich betrieben zu haben. Er wurde deswegen auf Anordnung der schaumburgischen Landesregierung seines Amtes enthoben und in Haft gesetzt. Wieder auf freien Fuß gesetzt, berichtet das Ratsprotokoll, kommt er „eines abends zwischen 6 und 7 Uhr in Bürgermeister Hasphurts Haus und verlangt, daß man sofort ein Stadttor zum Einlaß einiger Soldaten öffne. Wenn es nicht sofort geschehe und die Soldaten von feindlichen Kriegsvölkern gefangen würden, so solle die Stadt dafür büßen. Er gebärdet sich ganz aufgeregt und droht, die Tore zu sprengen, wenn sie nicht sofort geöffnet würden. – Der Bürgermeister, der nichts Gutes von den Soldaten ahnt, wagt es nicht auf eigene Verantwortung und schickt seinen Diener, einige der Ratsverwandten zusammenzurufen. Aber Deichmann will nicht darauf warten. ‚Er dreuet und pochet[55] gewaltig, hat deswegen auff den Degen gegriffen‘, um den Bürgermeister gefügig zu machen. Als einige Ratsherren zusammen sind, reden sie gemeinsam auf Deichmann ein, sich zu beruhigen. Die Stadt wäre ein neutraler Ort und man könne so wenig den einen wie den anderen in die Stadt hineinlassen. Aber um dem Rektor entgegenzukommen, wolle man zunächst einmal den Paß von dem Korporal,[56] der die vier Soldaten aus Minden hergeführt hat, verlangen. Der Paß wird über die Mauer gereicht. Während die Soldaten vor dem Tore warten, suchen die Ratsherren herauszubringen, was Deichmann mit diesen Soldaten vorhat. Man kann jedoch nichts Rechtes ermitteln. Die Kriegsleute kommen im Auftrage des Obristen Heinrichsohn, und Deichmann versichert immer wieder, daß sie der Stadt keinen Schaden tun würden. – So öffnet man also die kleine Pforte und nimmt sie auf. Kaum in der Stadt, dringen sie mit Gewalt in verschiedene Bürgerhäuser, die Deichmann bezeichnet, und holen die Leute heraus. Es handelt sich angeblich um Bürger, die sich durch Deichmann hatten anwerben lassen. Henrich Wilkening, dessen jungen Sohn sie auch mitnehmen wollen, muß für die Freilassung an Deichmann 5 Taler bezahlen. – Als schließlich ein Tumult über diese Vorgänge in der Stadt ausbricht und die Soldaten zunächst ihre Tätigkeit nicht fortsetzen können, überreicht der Korporal dem Rat ein Verzeichnis der Angeworbenen. – Leider hören wir aus den Alten nicht die Fortsetzung dieser etwas mysteriösen Angelegenheit. Nur aus einer Aussage Proles hören wir später noch folgendes darüber: Vergangen Winter sei er mit den Brüdern Pfeil auf deren Stube eingeladen gewesen. Sie hätten viel Bier getrunken, so daß er ganz betrunken war. Hernach wäre auch Doktor Deichmann gekommen. Er könne sich aber nicht mehr erinnern, ob die Brüder dem Deichmann versprochen hätten, in Kriegsdienste zu treten“.[57]
„1647 nahm die Wittwe des am 21. Jan. verstorbenen schwedischen Commandanten von Minden,[58] des Obersten Hinrichson, Alles vom Amthause[59] mit sich fort“.[60]
Um weitere Hinweise unter Bernd.Warlich@gmx.de wird gebeten !
[1] Finnländer, auch hagapells, hakkapeller genannt [nach hakkaa päälle: hau drauf]: Sammelbegriff für Finnen, Lappen und Finnlanddeutsche im schwedischen Heer. Bei den finnischen Verbänden wäre zu differenzieren zwischen Finnländern und Finnlandschweden (Soumen Ruotsalaiset), Deutschen in Finnland. Vgl. die zahlreichen Arbeiten von PLEISS. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. In der schwedischen Propaganda wurden die Finnländer – als „Truppe des Schreckens“ – als Pendant zu den in kaiserlichen Diensten stehenden Kroaten aufgebaut, die Gustav Adolf als des „Teufels neuen Adel“ bezeichnete. Die Wirklichkeit jedoch sah anders aus, auch wenn sie von Zeitgenossen als wild und brutal beschrieben wurden. Auch in Zeitzeugnissen wurden sie als „gottlose, schändliche Menschen, Saumagen“ bezeichnet (so WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 46). Aus Staßfurt wird unter 1639 berichtet; GEIß, Chronik, S. 136: „Es war muthwilliges Gesindel, das sich nicht commandiren lassen wollte. Den 9. [19.; BW] zogen diese Finnen wieder nach Quedlinburg, weil der Fähndrich sich beklagt hatte, daß er sie weder mit Worten noch mit Prügeln zwingen könnte“.Die Finnländer – „von Natur aus gesetzlose Viehdiebe“ (BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 56), die anfangs noch unzureichend montiert zum Teil mit Pfeil und Bogen in den Kampf zogen – standen sozial auf der untersten Stufe des schwedischen Heeres, wurden bei Angriffen als erste aufgeopfert und zu Arbeiten herangezogen, die der gewöhnliche Soldat ablehnte oder nur unter Zwang verrichtete. Sofern eine Entlöhnung überhaupt erfolgte, wurden sie regelmäßig vergessen, oder es wurden ihnen nie eingelöste Verschreibungen ausgestellt. Obwohl die Finnländer nur geringe Chancen hatten, sich in Deutschland in Sicherheit zu bringen, war ihre Desertionsquote mindestens doppelt so hoch wie diejenige der schwedischen Soldaten. Jeder 5. Finne desertierte. Finnische Reiterregimenter wurden z. B. schlechter besoldet als nationalschwedische. Vgl. die Äußerungen Axel Oxenstiernas über die in Königshofen im Grabfeld liegenden Finnen gegenüber dem schwedischen Statthalter in Franken, Krafft von Hohenlohe, Schleusingen, 1632 XI 27; PLEISS; HAMM, Dreißigjähriger Krieg, S. 49: „Wie ich vorgestrigen dages nahe Königshofen offen, befinde ich die wenige Finnen, so daselbst in Guarnison ligen, zimblich nackhendt und unbeklaidt, auch etwas verdrossen daß sie so gar übel accomodiret, dannenhero sie auch umb dimission, inn ihr vatterlandt widerumb zu ziehen, mir instendig nachgeruffen. Weil dann ich sie zur verdrossenheit ohnedem geneigt weiß, zumahlen sie eine so geraume zeit hero stets an selbigem ort inn guarnison gelegen, unnd nicht wie andere knechte, so zu felde gebrauchet werden, ihnen etwas profit machen oder unnterhalt verschaffen können … bitte, die anordnung zu machen, daß von der regierung daselbst zu einem kleidigen ausgetheilet werde, damit sie gleichwol inn etwas contentement und ergetzlichkeit wider haben mögen“. Zum Teil waren sie noch aus Mangel an Ausrüstung noch mit Bogen bewaffnet. Kommandierender der 1. Finnen-Schwadron war Torsten Stålhandske. Vgl. LANGER, Formen der Begegnung, S. 84f. Zum zeitgenössischen Bild der Lappländer (auch sarkastisch „Lippenländer“, etwa „gefräßige Personen“ genannt) vgl. OPEL; COHN, Dreißigjähriger Krieg, S. 242ff. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. Nach dem Krieg wurden zerstörte Orte wie z. B. Torgelow [LK Uecker-Randow/Mecklenburg-Vorpommern] auf Befehl Christinas von Schweden mit Finnen und Livländern neu besiedelt. Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; 1625 soll Banérs Armee bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) meist als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Eine Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die von Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, und den von den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten bastanten Armeen erscheint jedoch überflüssig. Nach ENGLUND, Die Verwüstung Deutschlands, S. 76, waren 1630 bereits jeder 10. Schwede und jeder 5. Finne desertiert. Nach LUNDKVIST, Schwedische Kriegsfinanzierung S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. Zu den Verlusten LINDEGREN, Frauenland, S. 145: „Grob gerechnet kann man behaupten, daß in der ganzen Periode von 1620 bis 1720 ca. 75 % aller Todesfälle auf Krankheiten und andere Entbehrungen zurückzuführen sind. Ca. zehn Prozent starben in Kriegsgefangenschaft. Die restlichen 15 Prozent fielen bei Kampfhandlungen. Ungefähr ein Drittel dieser direkt kampfbezogenen Todesfälle geschah im übrigen im Zusammenhang mit Belagerungen. Große Feldschlachten und kleinere Gefechte forderten im Allgemeinen nicht besonders viele Todesopfer, vergleicht man sie mit dem Alltag des Krieges. […] Die Zahl der toten Soldaten kann total auf 1,7 Millionen geschätzt werden. Von diesen starben gut eine Viertel Million im Feld oder infolge von Kampfhandlungen; gut eineinviertel Millionen fielen dem ‚Alltag des Krieges‘ zum Opfer“. => Mortalität. Vgl. auch BECK, Chronik, S. 26 [Schweinfurt 1631]: „Mit dem König war auch ein Regiment Finnen zu Pferde eingezogen, und hatte auf dem Markte Halt gemacht. Ihr schwaches und mattes Aussehen, ihre geringe, wetterfarbene Bekleidung, ihre kleinen und unansehnlichen Pferde ließen eben nicht viel erwarten, und hätte nicht die Welt von ihren Thaten zu Leipzig gehört gehabt, hätte man wohl fast zweifeln mögen, ob sie auch einen Marsch bis Würzburg auszuhalten im Stande seien. Aber die Bewunderung abnöthigende Schnelligkeit ihrer Bewegungen und die prompte Ausführung jedes Commando’s, ja jedes Winkes der Offiziere erweckte bald bessere Begriffe, die sich, da man noch nicht so ganz wußte, wie die Sache ablaufen werde, allmählig beinahe in Furcht verwandelten“. GOTTFRIED, ARMA SVEVICA, S. 72: „An den Finnen und Schweden hette der König diese Vortheil: 1. Könnten sie Frost vnd Kälte besser als Hitze vertragen. 2. Lieffen eher nicht / biß sie gleichsam mit der Natur fechten müsten. 3. Behülffen sie sich kläglich. 4. Ohne alle Meutenacion. 5. Weren vnverdrossen / vnd mit devallisiren fest nit zu erschöpffen / so weit es nicht leicht ein ander Herr mit seinen Vnterhanen gebracht“.
[2] 29.1.1647, nach http://www.geni.com/people/Lydert-Reuter-af- Lydert-Reuter-af-Skälboö /6000000007695462420.
[3] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann einer Kompanie, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.
[4] Matias [Matthias, Matthew] Forbes [Forbes of Lund, Finnesse Forbes, Fin-Forbes, Fin-Forbes, Forbus, Vorbusch] auf Jackarby [Fårbus uff Jackerby], [ -20.3.1641], finnischer Obrist in schwedischen Diensten. Vgl. MURDOCH, SSNE ID: 2248.
[5] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 504. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.
[6] Osnabrück; HHSD II, S. 364ff.
[7] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[8] Johan Berg auf Nurmis [ – ], schwedischer Obrist.
[9] Minden [LK Minden]; HHSD III, S. 517ff.
[10] Nienburg/Weser [LK Nienburg/Weser]; HHSD II, S. 346f.
[11] Maria Eleonora v. Brandenburg [11.11.1599 Königsberg-28.3.1655 Stockholm], Prinzessin von Brandenburg u. Königin v. Schweden.
[12] Hameln [LK Hameln-Pyrmont]; HHSD II, S. 192ff.
[13] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“.
Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.
[14] Major [schwed. major, dän. major]: Der Major war im Dreißigjährigen Krieg der Oberwachtmeister des Regiments (zunächst nur in der Infanterie). Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen u. Befehle des Obristen u. Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten, sorgte für die Instandhaltung ihrer Waffen, hatte die Aufsicht über die Munition u. war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte der Major für Ordnung auf dem Marsch u. im Lager, beaufsichtigte die Wach- u. Patrouillendienste u. stellte das Regiment in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- u. Standgericht. Er erhielt 1633 monatlich 200 Rt. bei der Infanterie u. 300 fl. bei der Kavallerie, 200 fl. bei der dänischen Armee.
[15] Hieronymus v. Plettenberg [Plettenburg, Plettoberg] [ -1675 oder 1676], schwedischer Obristleutnant.
[16] Pest: Eine während des gesamten Krieges immer wieder auftretende Seuche war die Pest (die „zur frühen Neuzeit wie das Amen in der Kirche“ gehörte, ULBRICHT, Seuche, S. 10) als demographische Katastrophe für einzelne Landstriche, v. HAPPE [mdsz.thulb.uni-jena.de: I 87r] u. seinen Zeitgenossen neben Krieg u. Hunger zu den drei Hauptstrafen Gottes gerechnet; vgl. dazu auch LANG, Pestilentz, S. 133 f. Truppenbewegungen, Zerstörungen, Hungerkrisen bzw. chronische Unterernährung, mangelnde Hygiene etc. trugen zur Verbreitung der Pest bei, die in vier Formen auftrat: 1. die abortive Pest als „leichte“ Variante: Symptome waren leichtes Fieber sowie Anschwellen der Lymphdrüsen. War die Infektion überstanden, wurden Antikörper gebildet, die eine etwa 10 Jahre anhaltende Immunisierung gegen die drei anderen Formen bildete. MARX [=> mdsz.thulb.uni-jena.de] starb 10 Jahre nach der Pest v. 1625 an der Pest v. 1635. 2. die Beulenpest (Bubonenpest nach griech. bubo = Beule), die nach ca. 9 Tagen zum Tod führen konnte, wenn der Erreger ins Blut eintrat, die Letalität konnte zwischen 60-80 % liegen). Die Ansteckungszeit lag zwischen wenigen Stunden u. etwa einer Woche, Symptome waren Kopf- u. Gliederschmerzen, Fieber, Benommenheit, Schlaflosigkeit, später traten Bewusstseinsstörungen u. Ohnmachtsanfälle auf. Im Bereich des Flohbisses bildeten sich stark anschwellende u. äußerst schmerzhafte Beulen am Hals, an den Leisten u. Achselhöhlen. Diese Beulen erreichten eine Größe von ca. 10 cm u. waren durch die die Blutungen in den Lymphknoten dunkelblau bis schwarz eingefärbt. Sie fielen nach Vereiterung in sich zusammen. Die Beulenpest an sich war nicht tödlich, da die Beulen v. selbst abheilen konnten. Das Aufschneiden der Beulen war insofern gefährlich, da die Bakterien über das Blut in andere Organe gelangen konnten. Bei den unbehandelten Patienten kam es wohl bei 30-50 % zur gefährlichen Lungenpest. Die Beulenpest verbreitete sich im Winter kältebedingt langsamer als im Sommer u. erreichte ihren Höhepunkt im Herbst. 3. die Pestsepsis (Pestseptikämie), wenn die Bakterien in die Blutbahn eintraten, entweder über offene Wunden oder beim Platzen der Pestbeulen nach innen. Symptome waren hier hohes Fieber, Kopfschmerzen, Anfälle v. Schüttelfrost, danach kam es zu größeren Haut- u. Organblutungen. Der Tod trat bei Nichtbehandelten wohl spätestens nach 36 Stunden auf. 4. die Lungenpest, bei der die Erreger durch die Pestsepsis in die Lunge kamen oder v. Mensch zu Mensch durch Tröpfcheninfektion übertragen wurde, bei der der Tod angeblich in 24 Stunden, zumeist aber unbehandelt in 2 bis 5 Tagen eintrat u. die eine Letalität v. 95 % hatte. Angeblich konnte man sich in nur 1 bis 2 Tagen anstecken. Symptome waren starke Atemnot, Husten, blaue Lippen u. blutiger Auswurf. Das führt zu einem Lungenödem, verbunden mit dem Zusammenbruch des Kreislaufs. MARX’ Angaben [mdsz.thulb.uni-jena.de] lassen vermuten, dass es sich bei der Pest v. 1625 um die Beulenpest gehandelt haben muss. Geschlecht, sozialer Status u. Ernährung waren Determinanten, die über Ansteckung u. Abwehrkräfte entschieden. Der Pestbazillus wurde durch Rattenflöhe, Wanzen, Läuse u. andere Parasiten übertragen. Das Bakterium blieb z. B. in Flohkot, Staub, Kleidung, Pelzen, Wasser u. Erde wochenlang virulent. Zumindest scheint man in Erfurt 1625 recht sorglos mit der Ansteckungsgefahr umgegangen zu sein, HEUBEL, S. 42 [mdsz.thulb.uni-jena.de]. Möglicherweise hatte der Rat jedoch durch eine strenge Quarantäne v. vierzig Tagen Versorgungsengpässe befürchtet u. wollte die Handelsbeziehungen nicht gefährden. Zur Pest in Wismar (1630) heißt es: BALCK, Wismar, S. 50f.: „Auf Wallensteins Anordnung wurden Gegenmaßregeln getroffen: Der Stadtsyndikus erhielt den Auftrag zur Beschaffung der notwendigen Heilmittel, außerdem wurde ein Pestbarbier angenommen, die infizierten Häuser, Buden und Keller wurden gesperrt, Pflegerinnen und auch besondere Totengräber bestellt. Trotzdem erlosch die Seuche nicht, was man vor allem auf die Fahrlässigkeit und Gleichgültigkeit der Soldaten schob. Sie begruben ihre Toten zum Teil selbst, Kranke stiegen aus den Fenstern ihres Quartiers und besuchten Gesunde, die ihrerseits auch wieder zu den Kranken kamen; ja sie nahmen sogar die Kleider der Gestorbenen an sich. Deshalb wurden auf Wengerskys Befehl vom 4./14. Januar 1630 die Kranken durch besondere Abzeichen kenntlich gemacht, ferner von jedem Regiment ein Feldscherer bestellt und, soweit nötig, die infizierten Häuser durch Posten bewacht. Am 16. August 1630 ordnete schließlich [der kaiserliche Kommandierende; BW] Gramb an, daß 12 wüste Häuser, auf jede Kompagnie eins, bestimmt werden sollten, in denen dann die infizierten Soldaten zu isolieren seien“. Aus Schweinfurt wird 1628 berichtet; HAHN, Chronik 2. Theil, S. 377 (Datierung nach dem a. St.): „Der Rath ließ am 27. December bekannt machen: Daß diejenigen, welche mit der jetzt grassirenden Pest entweder persönlich angesteckt, oder nur aus angesteckten Häusern und Orten wären; sich der gemeinen Badstuben und anderer gemeinen Versammlungen äussern und enthalten sollten“. „Auf die seltsamste Weise versuchte man sich übrigens damals vor Ansteckung zu schützen: So legte man frisches, warmes Brot auf die Toten und im Sterbezimmer wurden Zwiebeln aufgehängt, da man glaubte, beides ziehe das Pestgift aus der Luft“ [http://www.schweinfurtfuehrer.de/geschichte/1600-1700]. Die Kurfürsten äußerten im Oktober 1630 ihre Befürchtungen, die aus Italien zurückkehrenden Soldaten würden Pest u. Syphilis mitbringen; TOEGEL, Der Schwedische Krieg, Nr. 33, S. 32. Allerdings scheint die in der Forschung vertretene Meinung, dass gerade die unteren Schichten die Angst vor der Pest beiseite geschoben hätten (ULBRICHT, Seuche, S. 44), so nicht stimmig. Mehr als 50 Pestheilige, angeführt v. den Heiligen Sebastian u. Rochus, wurden angerufen. Gebet, Frömmigkeit, Sittenreinheit u. Liebe zu Gott galten aus theologischer Sicht als wirksamer Schutz vor der Pest. Man glaubte sich durch die Umwicklung mit Stroh auch der Leichen vor der Ansteckung mit der Pest schützen zu können. HAHN, Chronik 2. Teil, S. 375 (Schweinfurt 1627): „Von dem Rathe dahier wurde am 4. December beschlossen, dass alle an der Pest Gestorbene bey Nacht und ohne Procession begraben werden sollten“. Pestzeiten boten einen durchaus lukrativen Erwerb für die verachteten Totengräber, der v. „ehrlichen“ Berufsgruppen ausgeübt wurde, da z. T. pro Begräbnis bis zu 20 Rt. (BRAUN, Marktredwitz, S. 52f.) verlangt wurden, aber auch v. Angehörigen der ärmeren Bevölkerungsschicht. RUTHMANN, „Was damals fruchtbar und gebauet“, S. 78f. II. Zum Teil wurden ansteckende Krankheiten seit dem Mittelalter als „peste“ (z. B. die „Ungarische Krankheit“) bezeichnet. Vgl. die Ausführungen des Arztes Johann Gigas (1582-1635-1638; PRINZ, Johann Gigas), des Leibarztes v. Kurfürst Ferdinand v. Köln u. des Osnabrücker Bischofs Franz Wilhelm von Wartenberg, der auch Anholt u. Tilly behandelte; SÖBBING, Eine Beschreibung, S. 13, 15: „10 Unnd weil die pest niemandt leichtlich angreifft, er sei dan dazu disponirt, daß ist, habe viel ungesunde feuchtigkeitenn bei sich, alß ist guet, bei gueter zeitt purgiren, aderlaßen, schwitzen etc., dan diese entwedder frey sein, oder aber lichtlich konnen errette[t] werden. 11 Hiezu ist auch gehoerigh mäßigh unnd zuchtigh lebenn, ordentliche diaet, naturlicher schlaeff, bewegungh des leibs, kunheit unnd zulaßige freuwde, dann die traurigenn unnd forchtsamen ins gemein die ersten sein. 12 Endtlich weill dießes alles von Godt, ist ein christlich eifferigh gebett, godtsehliges lebenn, meidungh der sunden, daß aller wrombste, soll nicht allein hinder, sondern warnen und allenhalben in acht genommen werden“. Vgl. die Beschreibung der Symptome bei dem erzgebirgischen Pfarrer u. Chronisten LEHMANN, der die Pest mehrfach erlebte: „Diese entsetzliche Seuche führt unzählig viel ungewöhnliche Zufälle und Beschwerden mit sich, nachdem das Gift und Patient beschaffen. Sie fället an mit ungewöhnlichem Frost, auch Schrecken und Schwindel, innerlicher Hitze und Unruhe, Mattigkeit in allen Gliedern, Hauptschmerzen, Rücken- und Seitenstechen, schwerem Odem, hitzigen Augen, Vertrocknung des Mundes, brennendem Durst, Blutstürzen, Achsel-, Ohren- und Seitenschmerzen. Sonderlich ist dabei große Herzensangst, Traurigkeit, Ohnmacht, tiefer Schlaf oder stetes Wachen und Rasen. Der Magen empfindet vom giftigen Ferment lauter Unlust, Aufstoßen, Erbrechen, Durchlauf, daher erfolgen oft gefährliche Spasmi, Konvulsionen, Schwindel, Fresel [Krämpfe; BW], Zittern und Schlagflüsse. Es schießen Karfunkel und Branddrüsen auf in den Weichen, unter den Achseln, hinter den Ohren. Die mühlselige Natur ängstigt sich, daß allerhand rote, gelbe, grüne, blaue, dunkelbraune Giftflecken ausschlagen. Das Angesicht wird ungestalt, gilbicht und grünlicht, der Puls schlägt hitzig, zitternd, unordentlich, die Glieder erkalten oft, es bricht die Herzensangst mit großem Schweiß aus, und zeigen die Schmerzen, Stiche, Flecken, Schlag, Wüten, Toben, Drüsen und Schwären, Urin und Exkremente an, welche innerlichen Hauptgliedmaßen am meisten leiden müssen. Ist also kein Wunder, daß die Pest, nachdem sie mit einem und anderm Zufall auf das schrecklichste grassieret, so vielerlei Namen führet“. LEHMANN, Erzgebirgsannalen, S. 92ff. 1624 ließ sich der Stadtmedikus in Neumarkt (Oberpfalz) durch die beiden Nürnberger Pestilentiarii über die Erscheinungsformen der in Nürnberg ausgebrochenen Pest informieren: „Das pestilenzialische Contagium dieser Stadt ist theils ein unmittelbares, theils ein mittelbares. Uebrigens weil bei den praktischen Aerzten das durch Gegenstände verbreitete Kontagium wie das in Distanz wirkende gleichmässige Kontagium genannt wird (denn man gebraucht es sowohl zur Bezeichnung eines Ansteckungsstoffes als auch der infizirten Luft), so ist zu bemerken, dass wir unter demselben nichts anderes verstehen, als einen Krankheits-Herd (Fomes). Das Pest ‚Miasma‘ ist Gott Lob bei uns zur Zeit nicht durch die Luft verbreitet worden. Daher ergreift die Pest die Menschen bei uns entweder durch einen besonderen Zunder (Fomes) oder durch unmittelbare Berührung. Auf die erste Weise nahm die Krankheit ihren Anfang, auf die zweite gewann sie Verbreitung. Was die Kranken selbst betrifft, so werden diese meist gleich vom Anfang an von einer bedeutenden Hinfälligkeit ergriffen mit Gefühl von Frost oder Hitze, Brechreiz, wirklichem Erbrechen und zuweilen von Bewusstlosigkeit, worauf sich in Kürze Anthraces und Bubonen, theils von verschiedener Farbe, theils von der Farbe der Haut selbst bilden. Doch sind diese Symptome nicht bei allen gleich, sondern verschieden, je nachdem diese oder jene Theile zuerst mit dem Ansteckungsstoff in Berührung kommen. Denn einige werden mit Kopfschmerz, Hinfälligkeit, Ohnmacht befallen, andere klagen über unstillbaren Durst, Fieberhitze und Schlaflosigkeit, auf welche bald Delirien folgen, wieder bei anderen erscheinen sogleich die charakteristischen Zeichen der Pest und zwar oft ohne die den Pestbeulen gewöhnlich vorhergehenden heftigen Schmerzen. Bei einigen Pestkranken entstanden unter den Erscheinungen der Euphorie Abscesse, bei anderen war damit unter heftige Ohnmacht verbunden. Bei einigen beobachtete man bloss Anthraces, bei anderen traten Anthraces und Bubonen zugleich auf. Diejenigen, bei welchen in entfernteren Theilen, z. B. der Leistengegend, Bubonen ausbrachen, wurden fast alle geheilt, während die, bei denen sie auf der Schulter oder der Brust ausbrachen, fast alle starben. Nicht selten trat übrigens der Tod plötzlich, unter scheinbar günstigen Symptomen ein, aber eben so oft sah man auch solche, welche durch die Heftigkeit der Erscheinungen in der äussersten Lebensgefahr zu schweben schienen, gegen alle Erwartung der Gefahr entrinnen und genesen. So gross ist die Täuschung und Bösartigkeit dieser Krankheit“. 1631 erhielt der „Pestilential-Chirurgus“ in Zwickau lediglich freie Wohnung u. wöchentlich 1 ½ Rtlr.; HERZOG, Chronik von Zwickau 2. Bd., S. 417. Vgl. auch LAMMERT, Geschichte; RUFFIÉ; SOURNIA, Die Seuchen, S. 17ff.
[17] Wittlage, heute Stadtteil von Bad Essen [LK Osnabrück].
[18] Lemförde [LK Diepholz]; HHSD II, S. 290f.
[19] Petershagen [LK Minden]; HHSD III, S. 609f.
[20] Generalmajor [schwed. generalmajor, dän. generalmajor]: Der Generalmajor nahm die Aufgaben eines Generalwachtmeisters in der kaiserlichen, bayerischen, dänischen u. schwedischen Armee wahr. Er stand rangmäßig bei den Schweden zwischen dem Obristen u. dem General der Kavallerie, bei den Kaiserlichen zwischen dem Obristen u. dem Feldmarschallleutnant.
[21] James [Jakob] King of Birness and Dudwick, Baron Eythin und Baron Sandshult [Kieg, Kinge, Kyng, Kingy, Kink, Kinck, Kurden] [1589-9.6.1652], schwedischer Generalleutnant. MURDOCH, SSNE ID: 2814; MURDOCH; WALES, James King; BLACKER, Brief Sketches, S. 364f.
[22] Osnabrück; HHSD II, S. 364ff.
[23] Karl I. [19.11.1600 Duntermline-30.1.1649 London], 1625 bis 1649 König v. England, Schottland u. Irland.
[24] Sir James [Jacob] Lumbsden [Lumbsdaine, Lumsden, Lunsdane, Lumbsten, Lumsdail, Lumsdell] of Innergelly [ -1660 ?], schwedischer Obrist. Vgl. MURDOCH, SSNE ID 3003.
[25] Axel Gustafsson Oxenstierna Greve af Södermore [16.6.1583 Fanö bei Uppsala-28.1.1654 Stockholm], schwedischer Reichskanzler. Oxenstierna gehörte einem der ältesten Adelsgeschlechter Schwedens an. Nach dem Studium des Staatsrechts u. der Theologie in Rostock, Wittenberg u. Jena im Spätsommer 1604 Eintritt in den Staatsdienst bei Karl IX. v. Schweden, Ende 1605 Ernennung zum entlohnten Staatsbeamten, am 10.10.1606 Abreise als Sondergesandter nach Mecklenburg, am 18.3.1607 Rückkehr nach Stockholm, Juni 1609 Ernennung zum Reichsrat, am 6.1.1612 zum Reichskanzler Gustav II. Adolfs v. Schweden, Ende Oktober 1626 zum Generalgouverneur Schwedens in Preußen. Oxenstierna trat für eine umfassende Mitverantwortung des Adels ein, die allerdings nur durch ein starkes Königtum gesichert war. Er wandelte den Reichsrat von einem nur vorübergehend eingeberufenen Gremium zur ständigen Regierung um, die unter seinem Einfluss die Politik Gustav II. Adolfs zumeist unterstützte. Auch der Reichstag, die Versammlung der Stände, wurde v. Oxenstierna reformiert. Er sicherte den Einfluss des Königs u. des Adels gegenüber der Bauernschaft, die durch immer neue Steuern diese neue Politik finanzieren musste. 1629 konnte er mit Polen den Frieden v. Altmark abschliessen, der Schwedens Eingreifen in den Dreißigjährigen Krieg erst ermöglichte. Nach dem Sieg bei Breitenfeld wurde Oxenstierna Bevollmächtigter der schwedischen Krone am Rhein, am 22.1.1632 kam er in Frankfurt am Main am Hofe Gustav II. Adolfs an. Am 5.12.1632 übermittelte Oxenstierna die neue „Regierungsform“ Schwedens an den Reichsrat, am 12.1.1633 wurde er bevollmächtigter Legat Schwedens im Heiligen Römischen Reich und Befehlshaber der dort stationierten Heere Schwedens, am 14.3.1633 Mitglied der Vormundschaftsregierung Königin Christinas, April 1633 Direktor des Heilbronner Bundes. Am 29.7.1634 bestätigte der schwedische Reichstag die neue „Regierungsform“. Nach der Schlacht bei Nördlingen löste sich der Heilbronner Bund wieder auf, was im April 1635 zu dem Treffen Oxenstiernas mit Richelieu in Compiègne führte. 1636 wurde er Leiter der Vormundschaftsregierung für Christina. Nach dem Regierungsantritt Christinas schwand sein politischer Einfluss. Am 20.11.1645 wurde er in den Grafenstand erhoben, am 24. 9.1650 bejahte er die Erbmonarchie in Schweden. Oxenstierna, der im Laufe dieses Krieges zu einem der größten Gutsbesitzer Schwedens geworden war, gilt als der intelligenteste Politiker seiner Epoche. Vgl. allgemein WETTERBERG, Kanslern. ENGLUND, Die Verwüstung Deutschlands S. 138, charakterisiert Oxenstierna prägnant als „humorlos, gelehrt, willensstark, arrogant, intelligent, ausgestattet mit einem phantastischen Gedächtnis, unerschöpflicher Energie und einem verblüffenden Organisationsvermögen“. MDSZ; GOETZE, Politik; ZIRR, Oxenstierna. WETTERBERG, Axel Oxenstierna; FINDEISEN, Axel Oxenstierna; BACKHAUS (Hg.), Brev 1-2, IRMER, Die Verhandlungen Schwedens Bd. 1-3.
[26] Johan Banér [Bannier, Panier, Panner] [23.6./3.7.1596 Djursholm-20.5.1641 Halberstadt], schwedischer Feldmarschall. 1614 Offizier unter Gustav II. Adolf v. Schweden, 1620 Beförderung zum Hauptmann, 1621 zum Obristen, 1623 zum Generalmajor, 1630 zum Generalleutnant, am 17.9.1631 Teilnahme an der Schlacht bei Breitenfeld, Herbst 1632 Übernahme des Oberbefehls in Süddeutschland, 1633 Beförderung zum schwedischen Feldmarschall u. Übernahme des Oberbefehls über die in Schlesien stehenden Truppen. Nach der Schlacht bei Nördlingen am 5./6.9.1634 Bruch mit Sachsen, Zurückdrängung seiner Armee nach Norden, am 4.10.1636 Sieg bei Wittstock über kaiserlich-sächsische Truppen unter Melchior v. Hatzfeldt, Eroberung Erfurts u. Belagerung Leipzigs, nach Verstärkung seines Heeres durch Truppenkontingente des verstorbenen Bernhards v. Sachsen-Weimar 1640/1641 vergeblicher Vorstoß auf Regensburg, anschließend Rückzug nach Böhmen u. Sachsen. Vgl. BJÖRLIN, Johan Baner.
[27] Robert Lumsden [Lumsdel, Lumisden, Lumsdain, Lumbsdale, Lumsdain, Lumbstein] of Stravithie [ -September 1651], schwedischer Generalmajor. Vgl. MURDOCH, SSNE ID: 514.
[28] Gustaf Gustafsson af Vasaborg [24.4.1616 Stockholm-25.10.1653 Wildeshausen], 1637 greve af Vasaborg), ab 1647 greve af Nystad, unehelicher Sohn Gustavs II. Adolf, schwedischer Heerführer, Reichsrat, 1633 bis 1648 Administrator des Hochstifts Osnabrück.
[29] Hexenverfolgungen im Heer: Als die Hexenverfolgungen in ihre zweite Hochphase traten, schien die Flucht ins Heer eine der Möglichkeiten sein Leben zu retten. In den zwanziger Jahren war Georg Rüger aus Wambach, der im Kloster Neustadt als Hausknecht gearbeitet hatte, wegen des gegen ihn geäußerten „zauberischen Verdachts“ entwichen u. in sachsen-lauenburg’sche Dienste getreten. Nach seiner Desertion, wahrscheinlich nach der Schlacht bei Lutter gegen Ende 1626, kehrte er nach Wambach zurück, wurde von einem zufällig anwesenden Offizier erkannt und dem Gericht übergeben: „Hier hat er dem Büttel bekannt, er wolle lieber sterben, als beim Regiment gehenkt [!] werden, man möge ihm ein gnädig Urtheil mitteilen“. Die Gnade bestand darin, dass er am 23.3.1627 erst enthauptet u. dann verbrannt wurde. STELZNER, Zauber- und Hexenwesen, S. 28ff. Der Söldner Peter Hagendorf berichtet in seinem Tagebuch (1629); PETERS, Söldnerleben, S. 137: “In Lippstadt gibt es gutes alte Bier und auch böse Leute. Ich habe ihrer 7 verbrennen gesehen. Darunter ist sogar ein schönes Mädelein gewesen von 18 Jahren, aber sie ist doch verbrannt worden”. In der Pfarrchronik v. Vach ist unter dem 31.3./10.4.1633 über die Truppen des Pfalzgrafen Christian I. v. Zweibrücken-Birkenfeld eingetragen; GROßNER; HALLER, „Zu kurzem Bericht“, S. 35: “Haben 4 von dem Troß ins Feuer geworfen, wie man denn nach geschehenem Brand 2 Köpf, etliche Finger und einen halben gebratenen Menschen noch übrig gefunden”. Als Deveroux Ende 1637 Anklam belagerte, wurde er offenbar mit aufkeimendem Hexenwahn in seinem Tross konfrontiert. Am Neujahrstag 1638 ließ er kurzerhand acht Frauen nach ausgestandener Folter auf dem Scheiterhaufen verbrennen. In dem Reisebericht des katholischen irischen Feldgeistlichen Thomas Carve, der ab 1636 ein kaiserlich-irisches Regiment begleitete, hieß es; MILGER, Gegen Land und Leute, S. 315: “1638 sind in dem Regiment Caroschi 8 Weiber ergriffen worden, welche man Zauberinnen oder Hexen zu nennen pflegt. Eine von diesen wurde ernstlich verhört, ja in die Folter nackend ausgespannt. Wollte aber nichts bekennen, bis man sie stärker aufzog. Da sagte sie rundheraus, sie hätte sich dem Teufel verheißen und mit ihm in Mannsgestalt oft zu tun gehabt. Erzählte auch viel vollbrachte Laster, Mordtaten und andere böse Stücke, samt ihren Gespielinnen, welche alle nach Gebühr gestraft worden”. Dabei handelte es sich wahrscheinlich um das Regiment Carrascos, der 1646 in Obermarsberg [Landkreis Brilon] kommandieren sollte.
Der Benediktiner-Abt Gaisser hielt unter dem 27.1.1638 in seinen Aufzeichnungen fest; BUCHNER, Anno dazumal, S. 137f.: “Der 80jährige Greis O. T. aus Rohrbach, ein F. aus Neukirch, eine G. aus Furtwangen und eine weitere, ein armes Weiblein, aus dem Kinzigtal, werden wegen des schrecklichen Verbrechens der Hexerei in Trimberg hingerichtet. Ihre Schandtaten sind bei folgender Gelegenheit entdeckt worden. Als im letzten Sommer der Krieg zwischen der kaiserlichen und der französischen Partei, einerseits unter der Führung des Herzogs von Weimar, andererseits unter der des Joh. von Werth, diesseits und jenseits des Rheins geführt wurde, befiel eine erbarmungslose und furchtbare Seuche die Pferde in beiden Lagern, so daß sie allenthalben nicht (nur) einzeln, sondern fast schwadronenweise tot zusammenbrachen (umstanden); jedenfalls verlor Graf Isolani von seinem Regiment in Zeit von 14 Tagen über 200. Einen ähnlichen Verlust erlitten auch die andern Obersten, und die einen gaben der Luft- und Wasserveränderung die Schuld, die andern schrieben den Schaden dem mangelhaften Futter, und besonders dem Hafer zu, viele aber den Hexenkünsten, die sie einigemale durch unverkennbare Anzeichen entdeckt hatten. Wie dem auch sei, diesen [diese ?] Verluste bedrückte[n ?] das Heer dermaßen, daß die Weimaraner zuerst sich genötigt sahen, das Lager zu verlassen und sich in eine sichere Gegend zurückzuziehen. Auch die Kaiserlichen, die (damit) eine erwünschte Gelegenheit gefunden hatten, entfernen die ihnen noch übrig gebliebenen Truppen zu Pferd vom Ufer des Rheins und verlegen sie in die Talkessel des Schwarzwaldes hinein, in der Vermutung, es würde Roß und Reitern besser gehen, wenn sie durch Verpflegung und Futter aus frischer Ernte gefördert würden. Bei dieser Verlegung fiel der Triberger Bezirk dem Reiterregiment Geilings, eines hervorragenden Reiters, zu, von dem ein in Furtwangen einquartierter Soldat ein schon vorher angestecktes (enectum) Pferd verlor, bevor er es krank glaubte, dessen Verlust er Göttern und Menschen unaufhörlich klagte. Er belastete zuletzt damit ein ärmliches Weiblein, das das Spitalhaus (hospitii aedes) besuchte. Diese, durch Gefälligkeiten und Schenkungen des Soldaten erweicht, hatte wohl in der Unbedachtsamkeit ausgeplaudert, sie kenne den Anstifter des Pferdemordes, was sie aber gerade nach der Art derartiger Menschen als im Ernste gesagt ableugnete. Aber der Soldat beharrte zuletzt allen Einwohnern gegenüber darauf, daß er ausschwatzte, die Spitälerin sei durch Giftmischerei berüchtigt und von ihr sei das Pferd vergiftet worden. Auf die Bitte des Soldaten, den Hergang ordnungsgemäß zu berichten, und auf das Versprechen von strengstem Stillschweigen, gibt sie alles an. Der Soldat zeigt die Sache dem Gebietsherrn Philipp Nikolaus von Leyen an und erreicht soviel, daß die Spitälerin und die Frau selbst, die als Helfershelferin bei dem Verbrechen entlarvt wurde, verhaftet wurden und von jener, die das Verbrechen gestand, ihm der Preis für das Pferd ersetzt wurde. Als dann das Gayling’sche Regiment anderswohin in das Winterlager abzog, wurden noch andere, deren Namen ich oben erwähnte, verhaftet, und nachdem sie desselben Verbrechens der Hexerei sowohl durch eigenes als durch fremdes Geständnis überführt worden waren, werden sie zuletzt heute, durch die Sakramente fromm versehen, bei stürmischem Wetter hinausgeführt, zuerst enthauptet, dann verbrannt und büßten so ihre Schuld”. Nachdem durch starke Märsche, die Hitze etc. die Pferde erschöpft waren, trat im kurbayerischen Heerlager vor Durlach (Markgrafschaft Baden-Durlach) eine Seuche auf, denen viele Pferde zum Opfer fielen. Die bayerischen Kriegskommissare Johann Bartholomäus Schäffer u. Hans Adolf v. Starzhausen schrieben am 30.10.1643 an Maximilian I. v. Bayern; Bechtold, Hexen im bayrischen Lager, S. 140ff.: “E. Churfürstl. Durchl. berichten wir hiemit underthänigst, dasz nun vast alle Obriste sich täglich hefftigst beclagen, wegen des under Iren Regimentern eingerissenen Pferdtfahls, da sie doch von allerhandt artzneyen, täglich mittel brauchen; thails Pferdt sein lungenfaul, thails haben im Hertzen, wann manns öffnet, gelbes wasser, ahn thails, ungeachtet manns geöffnet, hat mann gannz keinen mangel innwendig finden können; Ettliche stehen underschiedliche tag kranck; ettliche seyen in 1. oder 2. stunden gesundt, und todt, und gemainlich fallen so bald die besten Pferdt; dahero, weiln an vilen bey der öffnung keine mängel gefunden werden, wollen vil dafür halten, es komme diser Pferdtfahl auch nit wenig von bösen Leuthen, denn Hexen und Zauberern hero; Obriste, Rittmaister und anndere haben unns gesagt, dasz bey Iren Regimentern und Compagnien underschiedliche weyber vorhannden, welche der Hexerei suspect und beschreyt sein, auch selbsten anainander schellten, dise habe dortt oder da, Leuth oder Vieh verzaubert. Es ist auch wol zu glauben, dasz dergleichen böse Leuth nicht wenig under diser Armada sein, dann vermuetlich vil Weibsbilder, welche annderer orthen wegen ihrer unthaten ausgeschafft, der Stätt und Lännder verwysen, auch wol ettwa gar mitt ruetten ausgesteubt wordten seindt, haben sich hinnach zu den Regimentern begeben, mitt den Soldaten ettwa verheurath, und verhänget, allso gelegenheit bekommen, ihre boshait zu üben; vil werden ettwa auch bey solchen hin und wider schleppen im Krieg, in deme sie offt dahinden bleiben, noth und angst leiden, zu Iren Männern nit kommen können, dis abscheuliche Laster der Hexerey erst im Krieg gelernet haben, Dann kann mann inn mannichem Landt, bey wolbestelltem Regiment, viler Beambter und gaistlicher aufsicht, solches grausame laster nicht aller orthen verhietten, wieviel mehr ist es zu muetmaszen, dasz dises bey solcher dissolution im Krieg einreiszen werde darinnen vil weiber auferzogen sein, die wenig guets gelehrnt oder gesehen, bey allerhand bösen Leuthen logirt, und inn deren böse gesellschaft gerathen. Wir haben hievon nun öffters mit den Generals Persohnen und Obristen discurirt, mit Erinnderung, weil wir verstehen, dasz vor Jaren beede Graffen, Pappenheim und Gronsfeldt, auch dergleichen gethan, so möchten Sie nicht weniger auf die so beschraitte Hexenweiyber greiffen, Sie zue verhafft ziehen, examinieren: und mit Inen, was recht ist, procediren lassen. Sie geben unns aber allzeitt zur antwortt, dises seyen hoehe, schwähre sachen, welche Inen, und Iren Regiments Schulthaiszen, zu urthailen, zu wichtig seyen; wann aber E. Churf. Durchl. ain, oder zween guette rechtsgelehrten darzue heraus deputiren wollten, köndte mann disem werck ainen anfang machen. Der Obrist La Pierre hatt unns erzehlt, dasz vor disem under seinem Regiment ain Scharpfrichter geweszt seye, welcher iezo in Schwaben wohne, der habe dergleichen Hexen erkennen und machen können, dasz solche anndere, in deme sie sich angeben miessen, erkennen können; disen will Er widerumb auf seine Costen holen lassen. Was aber E. Churf. Durchl. hierinnen verordnen, ob Sie Rechtsgelehrte heraus schicken, oder gleich von der Regirung Heidelberg ainen darzue deputiren, zusehen lassen, dasz mann auch anndere gelehrte Regiments Schuldthaiszen darzue gebrauchen köndte, und etwa dem General Auditor dise Commission bevehlen wollen, stehet bey dero gnedigstem belieben”. Am 3.11. schrieb der Kurfürst, man solle angesichts der militärischen Situation die Remontierung vorantreiben u. notfalls Reiter auf die Bagagepferde setzen. Ein Rechtsgelehrter wurde avisiert, während Starzhausen unter dem 2.11. berichtet hatte, dass der Ausfall durch den Einsatz v. Arzneimitteln bereits nachgelassen habe. Am 4.11. hatte Maximilian I. seinen Kriegskommissaren geschrieben: “Dieweilen vielleicht daraussen in Schwaben bevorab in Tibingen da die Universitet oder auch von den Clöstern bediente gelehrte leith auff ein interim zu bekommen sein und sie sich zu dem von euch vorgeschlagenen Hexenprozeß gebrauchen lassen möchten, So habt Ir dergleichen Subiectis mit vleisz nachzufragen, und da sie zu bekommen, sovil möglich ainen oder zwen vorzuschlagen; ain als andern weeg aber wollen wür auch heroben sehen lassen, ob man Jemandt darzu bekommen möchte”. Zugleich hatte Maximilian I. noch ein Rezept zur Kurierung der Pferde mitgesandt. Unter dem 6.11. teilte Starzhausen aus Walheim mit: “Ob zu Anfang und ausarbaitung des Hexen Prennens ein Qualificirtes Subiectum hieraus auf ein Interim zu erhandeln sein möchte, wollen der Schäffer und Ich uns an underschiedlichen orthen bewerben, und was wir ausrichten, Ew. Churf. Dchl. berichten”. BECHTOLD, Hexenverfolgen, S. 143. Eine neue französische Offensive scheint jedoch die Untersuchung gestoppt zu haben. Bekannt geworden ist der militante Katholik Johann v. Sporck, einer der wenigen “Soldaten v. Fortune”, Aufsteiger v. ganz unten, auch durch die Hexenverfolgungen in seinem Regiment. Noch als Herr auf seinem aus den Kriegsgewinnen erworbenen Gut Hermanmestetz [Hermanmestetz (Hermanuv Mestec, Kr. Chrudim] ließ er nach dem Krieg einen Taschendieb nach der Folter, obwohl dieser leugnete, Zauberer zu sein, auf dem Galgen mit einer eisernen Kette erdrosseln. Bei seinen Untertanen stand er selbst im Verdacht, über zauberische Kräfte zu verfügen. Sporck hatte Anfang Mai 1644 in Schwäbisch Hall die Schwemmung u. Verbrennung sechs als Hexen verdächtigter Soldatenweiber der unteren Dienstgrade u. einer Marketenderin angeordnet, alles ohne Rücksprache mit dem Regimentskommando. Da keine der dreimal nackt u. gefesselt in die Kocher geworfenen Frauen unterging, wurden sie unter der Folter verhört, nach dem “Geständnis” enthauptet u. verbrannt. Die Siebte gestand ohne Wasserprobe; sie wurde ebenfalls hingerichtet (RIEGLER, Reichsstadt Schwäbisch Hall, S. 71, Anm. 204; MIDELFORT, Witch-Hunting, S. 76f.). “Während des 30jährigen Kriegs lag Hanns von Spork, unter Kurfürstlicher Durchlauchtigkeit in Bayern, Obrist, dahier im Quartier. Dieser hat jedes Weib seiner unterhabenden Soldaten, welche er in den Argwohn und Verdacht gezogen, als wenn sie eine Unholde oder Hexe wäre, durch seinen Profos und desselben Steckenknecht fingernackend ausziehen, und gänzlich, auch ohne Bedeckung weiblicher Scham, entblößen, die linke Hand und den rechten Fuß, wiederum den linken und die rechte Hand, kreuzweise zusammenbinden, mit einem langen Strick um den Leib umgeben, und sie alsdann, in Gegenwärtigkeit vieler Personen, von Soldaten und Bürgern, Männnern und Weibern, unterhalb des Weilertors, da vor der Zeit das Wachhäuslein gestanden, in den Kocher werfen und einsinken lassen, den Strick aber hielt der Profos in der Hand; wann sie nun untergesunken, und nicht auf dem Wasser schwimmend geblieben, hat er selbige für kein solch Weib gehalten, da sie aber nicht in das Wasser hinuntergesunken, sondern auf dem Wasser geschwummen, hat sie müssen herhalten, ist demnach aus dem Wasser gezogen, zum andern- und drittenmal obgemeldeter Maßen geschwemmt und gebadet, darauf auch schrecklich tortiert und gefoltert, und auf ausgepreßte Bekenntniß mit dem Schwert bei dem Hochgericht hingerichtet und folgends verbrannt worden”. Stadtarchiv Schwäbisch Hall 4/3,fol. 987; DOLLINGER, Schwarzbuch, S. 285f. Vgl. SCHRAUT; BEUTER, Hexenwahn, S. 398. In einer Zeitungsmeldung hieß es dazu: “Dieses grausame Los traf in den Monaten März und Mai des J. 1644 ihrer sechs, darunter eine Lieutenantin, deren Namen nicht genannt ist, aus dem Herzogtum Holstein gebürtig 34 Jahr alt und der evangelischen Lehre zugetan … Desgleichen am 28. Mai eine Wachtmeisterin und eine Marketenderin. … Am 30sten Mai meldete sich sogar aus Einfalt und Angst Morgens noch kurz vor dem Abmarsch der Sporkischen Reuter ein junges Weib von 21 Jahren aus Hessen gebürtig, von selbst als eine Hexe, in der Hoffnung, dadurch falls sie im Verdacht wäre, ihr Leben zu retten. Aber vergeblich, auch sie wurde gebadet, und da sie nicht untersank, hingerichtet und verbrannt, von ihren beiden Mädchen aber das jüngere in das Spital aufgenommen, und das ältere einem Gürtler, Ezechiel Grünewald zur Kost verliehen”. BUCHNER, Anno dazumal, S. 137f.: KROENER, „ … und ist der jammer nit zu beschreiben”, S. 288f. Um den üblen Eindruck dieser Schandtat zu verwischen, bot Sporck Bürgern, die sich freiwillig bereit erklärten, sich baden u. schwemmen zu lassen, Geld an; nur der Jude Löb, Löble genannt, in Untersteinbach ließ sich dreimal schwemmen, wobei er fast ertrank, u. erhielt 12 Thlr. Belohnung. Vgl. auch das Procedere des Obristen Fingerling (=> „Miniaturen“) in Schweinfurt; allgemein zum Problemkreis VOLTMER; IRSIGLER, Die europäischen Hexenverfolgungen. Teilweise wandten sich wie in Herford ein Hauptmann und Regimentsauditor einer 1637 in Warendorf gelegenen Kompanie an die dortigen Schöffen, da sie „als gute alte verstendige Practicanten und welche mit sothanigen harten Gesellen und Hexenmeistern, doch in allen Ehren, täglich umgehen“, um Rechtsbeihilfe. WOLF, Geschichte der Hexenprozesse, S. 752. Selbst Tilly als den nach landläufiger Meinung Hauptschuldigen an der Vernichtung Magdeburgs hatten die protestantischen Bayreuther auf einer Kirchweih im fränkischen Trockau gegenüber den Bambergischen als „Khönig und obristen hexenmeister“ gescholten, worüber es fast zu Handgreiflichkeiten gekommen wäre. Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv2394, fol. 557-558′ (Ausfertigung): Schäffer an Maximilian I., Avisen aus Büchenbach, 1631 VI 12. Gustav Gustafsson hatte angesichts der Hexenprozesse in Osnabrück vom Feldlager aus erklärt, dass er „nicht willens sei, solchen überauß gefehrlichen procedere ferners also stillschweigend nachzusehen“ u. eine Strafe v. 20.000 Rt. angeordnet, dass „bei den Hexenprozessen anderer Gestalt nicht als vermüge der gemeinen beschriebenen Rechten und rechter Vernunft, nemblich Verstattung rechtlicher Defension und was dazu nötig, ante torturam verfahren“ werden solle. WOLF, Geschichte der Hexenprozesse, S. 690. Trotzdem wurden im Tross zwei Verdächtige ausgemacht u. der Stadt zur Inquisition übergeben. PLEISS, Finnen, S. 73; STRAHLMANN, Wildeshausen, S. 96ff. Lydert Henrichsson Reuter forderte 1639 als Kommandant den Rat der Stadt zur Schließung der Marienkirche auf, als der Prediger Grave gegen die Wasserprobe eiferte und die Autorität des Gerichts zu untergraben versuchte. PLEISS, Finnen, S. 82. Schon im vorausgegangenen Jahr hatte auf Veranlassung Hans Christoffer v. Königsmarcks in Osnabrück ein Verfahren stattgefunden, als in den Regimentsställen nacheinander 40 Pferde eingingen. Als dazu noch auffallend viel Ungeziefer u. Katzen auftauchten, entstand das Gerücht, es handle sich um Hexerei: Soldatenfrauen hätten die Pferde verhext, um das Ende des Krieges herbeizuführen. Der Verdacht fiel auf die Korporalsfrau Elsche Pagenstecher, die vermutlich aus dem Hessischen stammte. Der Rat Osnabrücks zeigte Bedenken, da es sich um eine persona militaris handelte u. die Indizien nicht ausreichend erschienen. Das Verlangen nach einem gefährlichen Entlastungsritual trat auf: Die Beschuldigte bestand darauf, zum Wasserbad [Schwemmen] gebracht zu werden, wahrscheinlich um dadurch der Tortur zu entgehen. Im Gefängnis hatte sie einen Selbstmordversuch unternommen, der ihr ohnehin als Schuldgeständnis ausgelegt wurde. Zum Verhör dachte man an den Scharfrichter Meister Matthias. Der Regimentsschulze Holck avanzierte zum Auditor. Trotz ihrer Schwangerschaft wurde sie der Tortur unterworfen, v. der selbst der Scharfrichter sagte, „man habe ihn und seinen Gehilfen ein mehres in torquando zugemuetet als sich gebühret, daß er vor seine persohn sich auch geweigert“ hatte u. die Ruten wegwarf. Schwangere waren gewöhnlich v. der Folterung ausgenommen. Teilweise wurden sie auch wie im hochstiftisch-würzburgischen Volkach gegen Kaution v. 500 fl. vorläufig auf freien Fuß gesetzt. WEIß, Hexenprozesse, S. 343. Der Prozess wurde unterbrochen u. nach der Geburt des Kindes fortgesetzt. Das von dem Rechtsgelehrten Dietrich Morus unter Berufung auf die CCC vorbereitete Todesurteil wurde noch am gleichen Tag vollstreckt. In dem Prozess gegen Anna Maria Schump in der schwedenfreundlichen Grafschaft Wertheim 1642 bekannte diese, das Handwerk v. zwei schwedischen Soldatenfrauen erlernt zu haben. DIEFENBACH, Hexenwahn, S. 64. Wie es scheint, haben die in den 1640er Jahren aus dem Krieg heimkehrenden Soldaten extremere Vorstellungen v. Satanskult erst nach Schweden importiert. ANKERLOO, Trolldomsprocesserna, S. 326-328; BASCHWITZ, Hexen, S. 321. 1640 ließ der Oberleutnant Seidlitz in Grünberg (Schlesien) die Frau eines Wachtmeisters, eine Marketenderin u. die Frauen zweier Gemeiner verbrennen. WOLF, Hexenprozesse, S. 900. Der hohe Verlust an Pferden wurde v. den Offizieren immer wieder auf Verzauberung (!) zurückgeführt. „Geweihte Sachen“, die Maximilian I. der Armee zur Verhütung v. Hexenschäden zukommen ließ, wurden den Pferden in die Mähnen eingeflochten oder in die Halfter eingenäht. MAIER, Unterpfalz, 387. So forderten der Konvertit Ulrich von Württemberg und Fleckenstein „Teufelsgaiseln“ für ihre Pferde und ließen sie ihnen an die Währen binden. DAMBOER, Krise, S. 83. Teilweise wurden durch einquartierte Soldaten auch entsprechende Beschuldigungen gegen Zivilisten erhoben, um Geld zu erpressen. Vgl. die Friedberger Chronik des Nikolaus Arnold (1614-1694), Bäcker und Landwirt, Ratsherr und Bürgermeister; WAAS, Chroniken, S. 291: „Nach diesen Grafen [Nassau u. Waldeck] kam der Rittmeister Westphal [2 Jahre vorher: 1. Juli 1641]. Dieser hatte rechte Freibeuters Dieb; dann er hatte sein Quartir allein im Ochsen, ließe seine Diebe eine ganze Nacht rauben und stehlen. Ließe H. Hans Bauschen einen Ochsen stehlen und thate ihn im Keller ab. Ließe mir einen Hund stehlen und vermeinten, mir mein Vieh zu rauben, aber sie waren verjaget. Da konnte der Dieb nicht an mich kommen, sagte, meine Frau hette seinem Reuter ein Pferd verzaubert und billigte dem Reuter, er solte ihm das Pferd bezahlen lassen, und hieße mich auf der Oberstuben einen Heksenmeister, wolte über mich her mit dem Degen, aber ich entsprang ihm. So ward das Pferd besichtiget durch Meister Hansen, Jakob Weimern und Wilhelm Hinsteln, so hatte der Dieb dem Pferd das Pflaster zersprengt. Aber der Diebsrittmeister hat seinen Lohn bekommen, ist mit einer Axt erschlagen worden, und [ich] mußte den 3 Mennern vor ihr Pferd-Visitation geben 2 th”. [Dieselbe Geschichte ist es offenbar, die der Chronist später noch einmal folgendermaßen erzählt:] “Anno 1644 im Oktober [?] hatte ich einen Reuter sampt seinem Bruder, Hans Albert genannt, hurtig vom Eichsfeld. Derselbe ritte auf die Diebspartei aus und hatte bei Frankfurt eine Mühl geplündert. Lude sein Pferd fast 10 Mesten Korn uf, und als sie im Heimreiten sein, stürzte sein Pferd bei Ilmstadt in der Nacht und hatte das Reiß [Rist, Widerrist, Gelenk zwischen Hals und Schulter] gesprengt und ein Loch überm rechten Aug am Kopf, das zum Hirn ging, gefallen. Ist den andern Tag verreckt. [Der Soldat] sagte, entweder ich oder mein Hausfrau Kathrein hetten’s ihm verhext, und forderte 60 Rth. darfür. Wir entschuldigten uns [bestritten es]. Sein Rittmeister Westphal sagte, mir solten’s ihme bezahlen. Und als es Meister Hans, der Scharpfrichter, ausführte, mußten der Schmidt und 3 Reuter mitgehen zu sehen, was ihm gemangelt. Da fand sich’s, wie obgemelt. Mußte der Dieb und sein Diebsrittmeister still schweigen. Kostet’s mich doch bei dem Schmidten 1 Rth., ohne was sonsten gekostet hat“. Selbst Kriegsverletzungen wurden auf Hexerei zurückgeführt. So hatte in der Grafschaft Lippe ein Sohn 1653 unter dem Einfluss der Zigeuner seine eigene Mutter, die ihm die Übergabe des Hofes verweigert hatte, beschuldigt. Diese schwamm dreimal auf dem Wasser; nach schwerer Folterung gestand sie u. wurde mit dem Schwert hingerichtet. WALZ, Hexenglaube, S. 115f.
[30] Vgl. WILBERTS, Hexenprozesse; STEBEL, Osnabrücker Hexenprozesse.
[31] Reichstaler/Gulden: 1 Reichstaler = 1,5 Gulden; 1 Reichstaler = 18 Batzen = 72 Kreuzer = 288 Pfennige, 1 Reichstaler = 21 Schillinge (ß) = 252 Pfennige (δ); 1 fränk. Rt. = 1, 2 fl. (1632), 1 fl. = 50 Liter Bier, = 5 Paar junge Hühner, Entgelt für die Säuberung zweier Wachtlokale. Reichsgulden: 1 Reichsgulden = 60 leichte oder rheinische Kreuzer (kr.) = ⅔ Reichstaler (Rtl.) = 16 gute Groschen = 24 Mariengroschen. Zur Umrechnung v. fl. in €: Wie problematisch eine derartige Umrechnung ist, zeigt www.mhoefert.de/PDFs/30_jaehriger_Krieg.pdf, der 30.000 fl. in ca. 3 Mill. € umrechnet (!). 1 fl. dürfte maximal 50 € entsprochen haben. Nach einer anderen nicht unproblematischen Umrechung würde 1 Rt. heute etwa 27, 3 € entsprechen. Nach WILDGRUBER, Dte feste Stadt Wasserburg, S. 74, entspräche 1 Rt. 60 DM, also etwa 30 €. Wenn selbst Bauernstiefel schon mit 20 fl. aufgelistet sind, würde das 540-1.000 € entsprechen. Sinnvoller wäre es, mit den Preisen für Gebrauchsgüter, Löhne etc. in den betreffenden Jahren zu verfahren, die in den einzelnen Gebieten je nach Kriegslage sehr unterschiedlich sind.
[32] WOLF, Hexenprozesse, S. 690.
[33] Tross: Der Tross war der gesamte Begleitzug eines Heeres (ohne Anspruch auf Verpflegungsrationen) u. bildete sich, neben den Offiziers- u. Soldatenfamilien, aus Dienstpersonal, Feldpredigern, Feldchirurgen, Feldschern (vgl. s. v.), „Zigeunern“ als Kundschaftern u. Heilkundigen, Köchen u. Handwerkern, Händler/innen u. Marketender/innen, Invaliden u. Entwurzelten, Glaubensflüchtlingen, Soldatenwitwen u. Kriegswaisen, Hunger leidenden Zivilisten und Bauern, Gefangenen, behördlicher Strafverfolgung Entflohenen u. zum Dienst bei der Artillerie verurteilten Straftätern sowie Gauklern, Wahrsagern und in 4 Klassen eingeteilte Prostituierten („Mätressen“, „Concubinen“, „Metzen“ und „Huren“). Nach der Kapitulation der Kaiserlichen 1632 in Zwickau rückten angeblich 1150 Infanteristen, 800 Kavalleristen (zumeist Kroaten), 2100 Huren u. Troßbuben ab; HERZOG, Chronik von Zwickau 2. Bd., S. 427. Der schwer bewegliche Tross („Geschlaif und Geschlepp“: Bezeichnung aus Württemberg; SIEBER, Oberamt Besigheim, S. 43) und die ambulante Lagergesellschaft waren z. T. doppelt bis viermal so groß wie das Heer, dem er folgte, u. war somit zahlenmäßig größer als eine Großstadt wie etwa Köln. Der Aufwand für die eigenen Bedürfnisse Erzherzog Leopold Wilhelms u. seinen Hofstaat scheint ziemlich groß gewesen zu sein. HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 230: „Bei dem Durchzug durch Heilbronn am 10. Oktober [1645; BW] hatte das Heer Leopolds so viel Troß bei sich, daß ‚2 Tage lang eine Kutsche ein Wagen, ein Troß auf den anderen folgte, und das Gesindel so zahlreich war, wie man es noch bei keinem Heere gesehen hatte‘ „. PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 119 (Bad Windsheim 1635), S. 119: „1635. den 11. Martii zogen die beede Schwäbischen Compagnien unterm Hauptmann Rödeln und Richtern aus der Stadt / solten 421. Mann seyn / aber als man sie unter dem Thore zehlete / warens 1800. Köpffe in allem mit Weib und Kindern“.[33] Christian II. v. Anhalt-Bernburg am 22.2.1637 anlässlich der Kämpfe um Leipzig 1637; http://diglib.hab.de/edoc/ed000228/start.htm (1637): „Jtem: daß die Kayserlichen sehr vbel hausen, ärger alß Türcken, mitt schendungen, vndt grawsamkeitten, weil viel Barbarische vndißciplinirte völcker vndter ihnen. Mitt dem droß seyen sie 100 mille Menschen starck, darundter 40 mille combattans“.[33] Während zu Anfang des Krieges der Tross etwa 30 % größer war als die kämpfende Truppe, war er am Kriegsende nach Aussage des bayerischen Feldmarschalls Gronsfeld unkontrollierbar angewachsen. Er erinnerte daran, dass man „in disen beiden armaden sicherlich über 180 000 seelen hat, welche, es sein gleich jungen, fuhrknecht, weiber und künder, doch alle sowoll alß soldaten leben müssen. Nun werden die beeden armaden ungefähr uf 40 000 mann proviantirt, und mehrer nicht, alß ein mensch in 24 stundt nöthig hat. Wie nun die übrige 140 000 menschen leben können, wan sie nicht hin und her ein stuckh brott suchen thun, solches ist über meinen verstandt“. Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kasten Äußeres Archiv 2961, fol. 29 (Ausfertigung): Gronsfeld an Maximilian I. v. Bayern, Thierhaupten, 1648 III 31. In der Werbeinstruktion (1639 VII 04; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kasten Äußeres Archiv 2624, fol. 4-5) war bestimmt worden, dass „taugliche knecht und nit solche, wie zum theil bei vorigen werbungen geschehen, geworben werden, die mit zu villen kindern beladen und sich allein wegen der quartier underhalten lassen, khonfftig aber wanns zum veldzug khombt, wider dauongehn, also werb: und lifergelt umb sonst angewendt wirdet“. Zum Teil wurden sogar Schiffsbrücken im Tross mitgeführt. Zudem unterlag der gesamte Tross der Militärjustiz, vgl. GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 35 (1633): „Haben 4 von dem Troß ins Feuer geworfen, wie man denn nach geschehenem Brand 2 Köpf, etliche Finger und einen halben gebratenen Menschen noch übrig gefunden“.Zur „Lagergesellschaft“ vgl. KROENER, „ … und ist der jammer nit zu beschreiben“, S. 279-296; LANGER, Hortus, S. 96ff.; WAGNER, Ars Belli Gerendi. In Notsituationen wurden Trossangehörige, wenn auch erfolglos, als Kombattanten eingesetzt; BRNARDIC, Imperial Armies 1, S. 19.
[34] PLEISS, Finnen, S. 73; STRAHLMANN, Wildeshausen, S. 96ff.
[35] PLEISS, Finnen, S. 82.
[36] Vergewaltigung, „Schändung“, „Schwechung“: Vergewaltigung war in den Kriegsartikeln aller Armeen ausdrücklich verboten und mit der Todesstrafe bedroht, war aber von Anfang an eines der häufigsten Delikte, wenngleich z. T. in den offiziellen Kriegsberichten an den Kriegsherrn absichtlich unterschlagen, aber auch in den Taufregistern immer wieder auftauchend. Auf Vergewaltigung stand schon in den Kriegsartikeln Gustav II. Adolfs v. 1621 die Todesstrafe. THEATRUM EUROPAEUM 3. Band, S. 617: „So ist auch ein Polnischer Edelmann / welcher sampt seinem Knecht / ein Weibsbild geschändet / und deßwegen bey seinem Obristen angeklagt gewesen / zur Rede gestellt / unangesehen er eine grosse Summa Gelts für sein Leben geboten / gleichwol anfangs der Knecht in Gegenwart und Ansehen deß Edelmanns / enthauptet / und hernach er folgenden Tags auch mit dem Schwerd hingerichtet worden”. Im Taufregister der Kirche zu Wiesa wird als Vater eines am 7.8.1633 getauften Kindes eingetragen: “drey Soldaten”, für den am folgenden Tag getauften Sohn einer Witwe werden „zwene Soldaten” aufgeführt. UHLIG, Leidenszeiten, S. 11.; vgl. die Zweifel der Pfarrer bei GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 14, 66; Balgstedt im Besitz der Herren von Heßler und von Schieck 1616-1744: „1634 läßt Frau Thiele Zwillinge taufen; ihr Mann Hans Thiele hatte sie verlassen und war in den Krieg gezogen. In dem selben Jahre wird der außereheliche Sohn der Anna Schild getauft, welche sagt, sie sei voriges Jahr nach Pfingsten nach Laucha gegangen und auf dem Heimwege unterm Hain beim Spillingsgarten von einem Reiter überfallen worden, weshalb das Kind “Hans Reuter” getauft wird“. Zur Schändung auch von Schwangeren vgl. HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 54. Teilweise waren selbst Reiterjungen daran beteiligt; BLUME; RUNZHEIMER, Gladenbach, S. 323: „2 Jungen / Reiterjungen / habenn Cuntzen heintzgenn Hansenn metgen notzüchtigen wollen, habens uff die Erde geworffen undt das Maul zu gehalten. Sey ohngefehr 13 Jahr alt. Der Hoffmeister aber hab diese Jungen der maßen gezüchtigt, das sies nit wohl leugnen können”. Im 1658 erschienenen „Schwedenspiegel“ heißt es unter dem 6. Gebot: „Deß Königs Gustavi Bastard Sohn Gustavus Gustavessen – wie er in Osenbrug [Osnabück; BW] Gouverneur gewesen – eröffnet bey nächtlicher Zeit alda einem ehrlichen Bürger sein Hauß – nimbt ihm seine Tochter – schändet sie – und sendet ihm solche hernach wieder zu Hauß. Wann solche Schelmstück – in Feindes Landen weren verübet worden – so were es ja mehr dann Gottloß – aber dieses alles ist geschehen – wie der Schwed ihr Beschützer seyn sollen“. Zit. bei STRAHLMANN, Wildeshausen, S. 91, Anm. 2. Über Sperreuter heißt es z. B. auch: „Der Bürgermeisterin von Wemding soll er die Pistole an den Kopf gehalten haben, als diese ihm nicht ihre 13-jährige Pflegetochter überlassen wollte. In Nördlingen soll er eine 12-jährige[n] Lohweberstochter genötigt haben, die er dann sogar zum weiteren Gebrauch mit nach Augsburg nahm“. KODRITZKI, Seitenwechsel, S. 154f. Die Dunkelziffer von Vergewaltigungen mag aus verständlichen Gründen um ein Vielfaches höher gelegen haben. Vgl. auch MAHR, Monro, S. 56f.; Denkschrift über den Ruin der Landgrafschaft Hessen-Darmstadt infolge des Durchzugs, besonders durch die Kaiserlichen, aus dem Dezember 1634; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 108ff.: „Das kaiserliche, hispanische und ligistische volk ist alles auf unsern gnädigen fürsten und herren gezogen, liegt auch dessen noch ein namhafter anteil im land; jetzo ziehen wieder 4 regimenter hindurch, brauchen einen wunderlichen weg, nicht nach der straßen, sondern gar umschweifig nach einem circumflexu. Wollen viel geld haben, dessen doch bei so vielfältigen, ganz grundverderblichen durchplünderungen keines vorhanden. Vieh, frucht ist alles weg; der wein, den man nicht austrinken können, in die erde gelassen. Die besten flecken und dörfer liegen in der asch. Etlich tausend weibspersonen seind geschändet, – ja gar auch junge knaben, quod horrendum – in der schändung gar getötet. Dem herrn kammerpräsidenten Karspach ist bei seiner lieben alten mutter begräbnis in unversehener behendigkeit eine trupp auf den hals kommen, haben 16 adeliche weibspersonen in der trauer an der mahlzeit befunden, deren 8 sobald genotzüchtigt, eine adeliche jungfrau, so eine Schelmin von Bergen (eine einige tochter ihrer eltern) gar auf den offenen markt gelegt und publice geschändet; 8 derselben adelichen damen seind entloffen, haben sich in ein hühnerhaus verkrochen, bis daß der sturm vorüber gewesen. Zween tag vor unsers gnädigen fürsten und herrn wiederanlangung in dero landen ist ein jählicher einfall in dero flecken Oberrosbach [Ober-Rosbach/Kr. Friedberg; HHSD IV, S. 356f.; BW] geschehen, seind alle und jede sich darin befindende weibsbilder (nur 4 ausgenommen) violento stupro vitiiert worden. Hin und wieder im land seind noch sehr viel weibspersonen verloren, von denen man nicht weiß, wohin sie kommen”. Sogar Reiterjungen waren an solchen Vorgängen beteiligt; BLUME; RUNZHEIMER, Gladenbach, S. 323: “2 Jungen / Reiterjungen / habenn Cuntzen heintzgenn Hansenn metgen notzüchtigen wollen, habens uff die Erde geworffen undt das Maul zu gehalten. Sey ohngefehr 13 Jahr alt. Der Hoffmeister aber hab diese Jungen der maßen gezüchtigt, das sies nit wohl leugnen können”. Das Kriegstagebuch des Rüthener Bürgermeisters Christoph Brandis (ca. 1578-1658) über die hessische Einquartierung 1636 hält fest; CONRAD; TESKE, „Sterbzeiten”, S. 309f.: „Den 7ten April geschah eine schaendliche That. Ein Soldat Namens Mathes quartirte in D-s Hause (c. Da der Name dieses Buergers noch wirklich in Ruethen existirt, so fand ich vor gut ihn hinweg zu lassen.). Dieser Mathes hatte ihn schon vorher durch Einschlagung der Fenster, Thueren und Tischen, ja selbst durch schwere Pruegelsuppen viel molestiert [= belästigt], nun fehlte pro coronide ceterarum crudelitatum [= als Krönung weiterer Gefühllosigkeiten] noch das schlimmste. Am 7ten Morgens, als mehrbesagter Mathes noch auf der Buehne [= dem Lagerboden] lag, rief er herunter, man sollte ihm einen Pott voll Milch bringen oder er wollte alles zusammenhauen. D. schickt seine Tochter ein wackeres 17 Jahr altes Maedchen, ins Nachbarshaus, um welche zu bekommen. Weil nun das Maedchen ein wenig lange ausgeblieben, hat der Mathes destomehr gelermt, bis sie endlich gekommen und ihr Vater ihr gesagt: Sie sollte es dem Soldaten hinauftragen. Sie war iussu Patris [= auf Geheiß des Vaters] kaum heraufgekommen, als sie der Mathes zu seinem Willen haben wollte, sie wehrte sich, so gut sie konnte, und rief nach Huelfe, der Soldat aber stak ihr die geknueffte (geballte) Faust ins Maul. Indeß hatte der Vater doch etwas davon gehoert, er eilte mit seiner Hausfrauen herauf, Mathes aber hatte die Thuer schon zugeschallert [= zugeriegelt], und die armen Eltern mußten durch ein Loch, das Mathes schon einige Zeit zuvor in die Thuer gehauen hatte, ihr eignes Kind schaenden sehen ohne ihr helfen zu koennen. Der Kerl hatte ihr benebens [= dabei] die rechte Brust (d. Im Original steht eine andere bloß in Westfalen uebliche Benennung.) weil es sich vermuthlich zu stark gewehrt hatte, ganz und gar aufgerissen, so daß ein ganzes Stueck nachhero herausgefallen, und das Maegdlein ganz unmenschlich zugerichtet, unter unaufhoerlichen Schmerzen 14 Tage darauf verstorben. Der Vater gieng heute mit mir zu dem Hauptmann, um sich wegen des mehr besagten Mathes zu beklagen; aber er gab uns trozig zur Antwort, wenn es einmal todt seye, koenne er nicht mehr helfen. Er bestrafte auch den Mathes keinesweges, sondern ließ ihn, wie andere frei herumgehen. Der Vater ist untröstlich, und jedem dauert das arme Maegdlein, requiescat in pace [= Möge es in Frieden ruhen !]”. Die Einfügungen in eckigen Klammern stammen von den Herausgebern, in runden Klammern von dem 1. Hg. Cosmann (1789). Die Bestrafung wurde in der Tat sehr unterschiedlich gehandhabt, vgl. etwa die Aufzeichnungen des Schmalkaldener Chronisten Pforr; WAGNER, Pforr, S. 141: „Den 22. 9br: [1636] sollte ein [schwedischer] cornet gerichtet werden, weil er eine magd genotzüchtiget. Weil aber sein knegt die magd geehligt, dem er 2 pferd geben und 20 thlr in die kirchen gebüst, ist ihme das leben geschenckt worden”. WAGNER, Pforr, S. 133: „Den 27. Jan: [12635; BW] hat [ist] ein corporal von Mersinisch[en; Mercy, BW] regiment vollerweiße ins siechenhauß kommen, die arme leuht darin ubell geschlagen und ein sichen magd genotzüchtigt. Deßwegen der cornet von hießiger compagnia hinaußgeschickt worden, den corporal dieser thatt wegen in arest zu nehmen. Weil sich aber der corporal zur wehr gestellet, hat ihn der cornet todtgeschoßen”. Vgl. auch THEIBAULT, Landfrauen, S. 32, über einen einzigen derartigen Fall in der Werra-Region. Auf Klagen bei Kommandierenden hieß es z. T.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 122: „es sei aus unterschiedenen regimentern kommandiert volk und unter denselben Spanier, Neapolitaner, Burgunder, Italiener etc., die man nicht also in zaum halten könnte”. Vgl. die Vorgänge in Zerbst 1626; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 114: „daß auch ehrliebenden weibspersonen Unzucht, die abgenommenen sachen dardurch wieder Zu erlangen, Zugemuthet, vnd vnlengsten Bürgermeister Rühlen S. tochter, als sie in der schantze arbeiten müssen, von einem Soldaten mit gewalt geschändet, vndt ihrer ehren beraubet worden“.Vergewaltigung gehörte auch zur üblichen Topik in zeitgenössischen Berichten oder bei Geburt unehelicher Kindern; vgl. GROßNER; HALLER, Zu kurzem Bericht, S. 52. SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, S. 58, die Schwängerung der Elschen Stovener, Amt Ravensberg (1631), die trotz Eides den Verdacht nicht unbedingt ausräumt, dass der eigene Vater die Tochter geschwängert hatte: „Anno 1631, den 3ten Junij Johan Stovener mit seiner Tochter Elschen, so geschwengert, gefenglich angenommen, und obwoll im gemeinen geschrey, alß sollte der vatter dieselbe geschwengert haben, so hatt doch die Tochter eidtlich beteuret, das ein soldate, so einen blauwen rock angehabt, sie ubergeweltiget und sie also geschwengert. Weil dieselbige nun grob schwanger, alß ist sie biß dahin, der banden entbunden, erlaißen und hat Aloff Varenbruck und was er an gelde alhie im lande hatt (38, 5 Rtl. bei 6 Schuldnern), zu burgen gestellett, diesergestaldt, das, wan sie ihrer weiblichen burde entbunden, sich jeder zeit widder einstellen soll. Zeugen. Und ist g(enante)r Johan Stovener, eine urpheide zue thuen, aufferlagt, welche auch in gegenwart Jorgen Kraecks prestiert”. Bei der Nonne Maria Anna Junius aus Bamberg, HÜMMER, Bamberg, S. 222, heißt es ausdrücklich, dass sich die Schweden in der ganzen Zeit „züchtig und ehrerbittig“ verhalten hätten. Vgl. JANSSON, Soldaten und Vergewaltigung, S. 197; THEIBAULT, Landfrauen; BERG, Administering justice; die Beschwerden der Pommern’schen Gesandten (1630); THEATRUM EUROPAEUM Bd. 2, S. 190, CONRAD; TESKE, Sterbzeiten, S. 309f.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 108ff. Der Schweriner Dompropst und Ratzeburger Domherr, Otto v. Estorf [1566-29.7.1637], berichtet zu 1632 über die Rache von Frauen; DIARIUM BELLI BOHEMICI ET ALIARUM MEMORABILIUM 3, S. 22: „Im Dorff Kienblad [Kühnblatt; BW] im Stift Wirtzburgk, wie ein Kais. Soldat mitt eines bauern Tochter zue grob scherzen wollen, ist Er von ihr vnd andern Weibern vbermeistert, castriret vnd in ein Teich erseufft worden“. Zum Teil wird diese Gewalt gegen Frauen auch mit „schwechen” umschrieben. Zum Teil scheint man Versuche nicht besonders ernst genommen zu haben. Aus Zwickau (1632) wird berichtet; WILHELM, Descriptio, S. 181: „Den 14. Wurde ein Soldat auffm Esel gesetzt / welches zuvorhin offt geschehen / das er einem WeibesVolck Vnehr angemutet vnd sie zwingen wollen / dem wurden Stöcke an die Füsse gelegt / so dem guten Bruder sehr vexiret / welches gewähret / biß nach Mittag vmb 3. Vhr / do gehet ein Soldaten Jung vorvber / deme befehlen andere alda stehende Soldaten / er sollte dem die Stöcke von Füssen thun / so er verrichtet / vnnd solche auff einen Holtzwagen / so gleich vorvbergegangen geworffen / Es ist aber derselbe folgende Nacht auff die leiter gebracht worden / vnnd gehencket werden sollen / darbey grose Ceremonien vorlieffen / in deme man den Commendanten vnterschiedlich zu geruffen / vñ vmb gnade geschrien / so eine gute halbe Stunde gewehret / allein es hatte endlich das ansehen / als wen es nur zur Pravada wehre angestellet gewesen“.
[37] Spießrutenlaufen: Der Spießrutenlauf wurde angeblich v. Gustav II. Adolf eingeführt u. geht vermutlich auf das „Recht der langen Spieße“ oder das Lanzengericht der Landsknechte zurück. Kam es zu unehrenhaften oder besonders schweren Straftaten, die die Ehre des gesamten Landsknechts-Fähnleins oder -Regiments befleckten, so traten der Profos als öffentlicher Ankläger u. die Landsknechtsgemeinde als Richter auf. Die Landsknechtsgemeinde bestimmte drei Gruppen, die unabhängig voneinander ein Urteil empfahlen: Freispruch, Gnadenspruch oder Todesurteil. Während der Profos das Todesurteil begründete, konnte der Angeklagte seine Unschuld beteuern oder um Gnade flehen. Traten die Landsknechte für das Todesurteil ein, so begaben sie sich an die Hinrichtungsstätte u. bildeten dort in Ost-West-Richtung eine Gasse, an deren Seiten die Spießträger sich in zwei fest geschlossenen Dreierreihen aufstellten. Ließ ein Spießträger eine Lücke, um den Todeskandidaten entrinnen zu lassen, so drohte jenem, an dessen Stelle durch die Gasse laufen zu müssen. Am Ende der Gasse standen die Fähnriche mit den gesenkten, in Unehre gefallenen Fahnen. Der Verurteilte musste vor seinen Kameraden bekennen, dass er ihnen deren Urteil verzeihe. Dreimal durchschritt der „arme Mann“ begleitet vom Provos nun die Gasse, um v. seinen Kameraden Abschied zu nehmen u. sie um Verzeihung für seine Schandtat zu bitten, dann rollten die Fähnriche die Fahnen ein u. stießen sie umgekehrt in den Boden, der Provos schlug dem Sünder dreimal auf die Schulter, der Todgeweihte betrat die Gasse u. marschierte auf die Fahnen zu. Richter u. Henker waren in diesem Fall die Landsknechte selbst, die mit den zustoßenden Spießen die Schandtat straften u. damit die Ehre der Fahne wieder herstellen konnten. Im Zeitalter des Absolutismus wurde der Spießrutenlauf zum festen Bestandteil der Disziplinargewalt. Unter Aufsicht v. Offizieren bildeten ein oder mehrere hundert Soldaten mit vorgestelltem Gewehr eine etwa zwei Meter breite Gasse, die der bis zum Gürtel entblößte Verurteilte mit auf der Brust zusammengebundenen Händen mehrmals langsam bei Trommelschlag durchschreiten musste. Hierbei erhielt er v. jedem Soldaten mit einer Hasel- oder Weidenrute (Spieß- oder Spitzrute) einen Schlag auf den Rücken. [nach wikipedia]. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 336: „Denn 18. Junii [1635; BW] ist ein soldat in unser stad offentlich auf dem Marckt vorgestelt, der sich seiner obrigkeit widersetzt. Man hat ihm auf den Großen Freythoff gefuhrt, seinen ruck und gantzn brust gebloßet und was durch die spitzen gejaget und einn jeder soldat hat mit einer spitz ruthen auf seinen bloßen corper zugeschlagen, das er blutig gewordem“. Aus Zwickau wird 1641 berichtet; SCHMIDT, Chronica Cygnea, S. 647f.: „Den 29. [April, 9.5.1641; BW] ließ der Obriste Schliebe [Hans Heinrich v. Schlieben; BW] einen Mußqvetirer / darumb daß er einẽ Hauptman hatte bestohlen / aufhängen. Dieser war nur für 14. Tagen durch die Spießruthen gejaget worden : Er hat etliche mal zuvor gesagt, er möchte es machen wie er nur wolt / so wurde er nicht gehänget / biß auff Ostern / da wär seine Zeit umb / und dieses erging auch in der That also. Denn in Oster-Feyertagen kam er ein / und den dem andern Tag nach dem Fest wurde er gehänget“. Aus Pirna wird 1639 berichtet, dass ein Deserteur dreimal nackt durch 50 Spießruten laufen musste; SPECK, Zur Geschichte, S. 91. Der Zeitzeuge Ludolf von Münchhausen[37] [28.4.1570-21.9.1640 Hessisch Oldendorf] hält in seinen Aufzeichnungen unter 1639 fest; BEI DER WIEDEN, Oldendorf, S. 53.: „10. Januarii 1639 wart Kriegsjusticienrecht, dan funff Schwedische (doch Teutsche) sollen entlauffen wollen, welche ihn dem Oldendorpischen Klostergarten durch die andere Soldaten lauffen, nur bloss, musten, und strichen sie ihre eigene Mitgesellen mit Rueten“. Auch wenn Hinrichtungen gnadenhalber oder wegen Vorbitte nicht vollstreckt wurden, wurde der Täter zum Spießrutenlaufen verurteilt. Der Markgröninger Dekan Wendel Bilfinger über Vorgänge in der Festung Hohenasperg (29.10. a. St.1634); BILFINGER, Wahrhaffte Beschreibung, S. 216f.: „Hat man Cammer Recht gehalten über einen Soldaten von herrn Maiors Flersheims Compagnj, welcher sich dem Officier widersetzt, und die Musqueten ihme entgegen gesetzt, der ist condemniert worden, daß die Musquetierer ihne archibusieren solten, Ihme ist eiin Prediger zugeben worden, der ihne trösten sollte, Er hatt aber ganz und gar nichts betten kennen, ist demnach auff den platz gefüert, an die ufgerichte Saul hingesezt, und ihme die Augen verbunden werden, alsdann hat das Adenliche frawenzimmer ihne erbetten, darauff ihme gnad widerfahren, und das leben geschenckt worden, dergestalt, daß er abends, als die hauptwacht auffgefüert worden, dreymal durch die Spißruoten gejagt, hernacher aber wider unter der Soldatesca geduldet worden“. Der Markgröninger Dekan Wendel Bilfinger über Vorgänge in der Festung Hohenasperg (17.2. a. St.1635); BILFINGER, Wahrhaffte Beschreibung, S. 258: „Haben 6. Rheingrävische Musquetierer von der Leib Compagni mit einander umbs Leben spihlen müessen, weil sie Truchen geplündert, dann einer musste davon sterben, hats verspihlt ein Junger kerle auß der undern Pfaltz gebürtig, der auch gleich archibusiert worden, die andere aber seind auff den abend durch die Spißruoten geiagt worden“. Der Markgröninger Dekan Wendel Bilfinger über Vorgänge in der Festung Hohenasperg (11.3. a. St. 1635), BILFINGER, Wahrhaffte Beschreibung, S. 266: „Vormittag ist die Execution gegen erstgemelten 2. Roßdieben fürgenommen worden, die haben miteinander sphilen müssen, deren der eine 11. der andere 8. geworffen, dieser letste war aus der Gravschafft Mümpelgart, und wurde gleich darauf archibusiert: der ander aber nach mittag durch die Spißruoten geiagt“. SCHILLING, Patrick Ruthven, S. 155 Anm. (nach einer Ulmer Chronik): „Den 31. Januar 1633 ist zu Ulm Hans Löffler aus Tyrol, ein dortiger geworbener Soldat, mit dem Strang gerichtet worden. Zuvor hat er mit noch zwei andern seiner Kameraden, die mit ihm fahnenflüchtig geworden waren, um das Leben würfeln müssen.[37] Er warf 7, die andern 8 und 10. Von diesen mußte jeder 4mal durch die Spießruten laufen, worauf sie wieder unter die Fahne gestoßen wurden“.
[38] Esel, auf den Esel setzen: in Verlegenheit, Schande bringen; erzürnen. Beim Einrücken v. Truppen in eine Stadt mussten Galgen u. hölzerner Esel oder Pferd gezwungenermaßen v. den Zimmerleuten (meist auf dem Markt) errichtet werden. NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 21. Das Sitzen auf einem hölzernen Esel gab es als Militärstrafe für ungehorsame Soldaten; HINCKELDEY, S. 169; ZEITFUCHS, Stolberg, S. 271; z. T. als Strafe für Not- oder Unzucht; PESCHEK, Geschichte, S. 46; als Ehrenstrafe im peinlichen Strafrecht; MEINHARDT, Peinliches Strafrecht, S. 147; HINCKELDEY, Strafjustiz, S. 171; allgem. QUANTER, Die Schand- und Ehrenstrafen. Das Eselreiten wurde auch Ratsherrn u. Bürgern beim Ausbleiben der Kontribution angedroht. Dabei wurde ein auf die Kante gestelltes Brett in Eselform verwendet, das dem darauf Sitzenden nur die schmale Seite bot, so dass es tief ins Gesäß einschnitt; Abb. bei KÖNIG, Hexenprozesse, S. 49; erwähnt bei WREDE, Körperstrafen, S. 426* (für 1620 in Görlitz). Vgl. den Bericht des Chronisten Sebastian Dehner; HELLER, Rothenburg, S. 11: „1620. Mittwoch den 5. Januar hat Marggr. J. Ernst allhie auf dem Mark nebst bei der Trinkstuben wegen der Soldaten, damit sie im Zaum gehalten würden, einen Galgen, Schneller oder Schnerr, wie manß nennt, und einen Eßel aufrichten lassen. Der Esel ist gemacht geweßen von Brettern geformt und so hoch als eines Schmieds Notstall, der Schnöller und Galgen ungefähr 3 oder 3 1/2 mannßhoch. […] Wenn er den Eßel verdient, hat man ihn rittlingsweiß daraufgesetzt auf die Kante und zu beiden Seiten an jeden Fueß einen schweren Stein oder Plock gehengt und ihn bey 2, 3 oder mehr Stund, nachdem er verdient, darauf sitzen lassen“. Aus der Unteren Pfalz heißt es jedoch auch; MAIER, Unterpfalz, S. 323f.: „Auf vorgebrachte Klagen hin wurden die Übeltäter von ihren Offizieren entweder gar nicht bestraft oder im schlimmsten Fall auf die Esel gesetzt; wie ernst die Delinquenten diese Strafe nahmen, erkennt man daran, daß von den darauf Sitzenden manchmal ‚auch etliche Maß Wein gesoffen‘ wurden“. MÜHLICH; HAHN, Chronik Bd. 3, S. 596 (Schweinfurt 1644): „Als Martin Geißler, Scabinus [Schöffe; BW}, am 20. October von der Spitalkirche nach Hause gehen wollte, hieb ihm ein besoffener Gallasischer Soldat, ohne alle Ursache, auf offener Gasse, bey dem Hause des Bürgermeisters Billing hinterwärts mit einem Säbel eine große Wunde in den Kopf, daß er zu Boden sank. Der Soldat wurde sogleich ins Stockhaus gesezt und am 29. d. recht exemplarisch gestraft; denn er mußte 3 Tage hintereinander, jeden Tag 5 Stunden, auf dem Esel reiten. Weil dieß ein Soldat einem Bürger gethan hatte, war es ein schlechter Handel, wozu die Soldaten noch lachten. Wenn aber dieß ein Bürger einem Soldaten gethan hätte, würde man die ganze Bürgerschaft für Rebellen ausgeschrieen und es an den Kaiser und an alle Generäle berichtet haben“. Auch aus Rothenburg wird 1631 berichtet, dass dieser Vorgang fast schon alltäglich wurde; HELLER, Rothenburg, S. 64. Teilweise wurde das Reiten auf dem Esel auch Zivilpersonen angedroht bzw. vollzogen; STETTEN, Geschichte 2. Bd., S. 211: „Den 14. Septembris ließ der Gouverneur Oxenstirn [Bengt Bengtson Freiherr v. Oxenstierna; BW] etliche Bischöfliche, Capitlische und Fuggerische Beamte und Vögte, so ihre Unterthanen bey der Schantz-Arbeit zu erscheinen nicht angehalten hatten, zur Straffe durch den Profosen etliche mal um das höltzerne Roß oder Esel herumführen“. SCHRÖDER, Chronik der Stadt Minden, S. 583: „Welche Exzesse sich in dieser Stadt die Soldateska erlaubte, geht aus einem Briefe dieses Feldherrn [Torstensson; BW] an den Generalmajor Sabelitz [Zabeltitz; BW] hervor, daß ‚ein Majeur von der Garnison sich unterstanden einen Bürger gleichsamb unerhörter Sache auf den Esel setzen und demselben noch dazu eine Bürde oder Last von Steine an die Beine hengen zu lassen‘ “. Aus Zwickau (1632) wird berichtet; WILHELM, Descriptio, S. 181: „Den 14. wurde ein Soldat auffm Esel gesetzt / welches zuvorhin offt geschehen / das er einem WeibesVolck Vnehr angemutet vnd sie zwingen wollen / dem wurden Stöcke an die Füsse gelegt / so dem guten Bruder sehr vexiret / welches gewähret / biß nach Mittag vmb 3. Vhr / do gehet ein Soldaten Jung vorvber / deme befehlen andere alda stehende Soldaten / er sollte dem die Stöcke von Füssen thun / so er verrichtet / vnnd solche auff einen Holtzwagen / so gleich vorvbergegangen geworffen / Es ist aber derselbe folgende Nacht auff die leiter gebracht worden / vnnd gehencket werden sollen / darbey grose Ceremonien vorlieffen / in deme man den Commendanten vnterschiedlich zu geruffen / vñ vmb gnade geschrien / so eine gute halbe Stunde gewehret / allein es hatte endlich das ansehen / als wen es nur zur Pravada wehre angestellet gewesen“.
[39] impudice: schamlos.
[40] Hans Christoph v. Burgsdorff [Burckersdorff, Burchtorf, Busdorp] [14.9.1602 Prag-30.3.1672 Halberstadt], schwedischer Obrist.
[41] Christina Königin v. Schweden [17.12.1626 Stockholm-19.4.1689 Rom]. Vgl. FINDEISEN, Christina von Schweden; HERMANNS, Christina Königin von Schweden; BUCKLEY, Christina; HEYDEN-RYNSCH, Christina von Schweden. OPITZ, Hausmutter und Landesfürstin, S. 366f.: „Sie wurde wegen ihres ausgesprochen männlichen Kleidungs- und Lebensstil berühmt und galt den Zeitgenossen als lebendes Beispiel für die virilen Tugenden hochgeborener Frauen. Erst sechs Jahre alt war sie gewesen, als ihr Vater Gustav Adolf in der Schlacht bei Lützen fiel. Schon ein halbes Jahr später hatte sie der schwedische Reichstag zur Königin erklärt und ihr offiziell gehuldigt. Die Regentschaft für die Minderjährige führte der Reichskanzler Axel Oxenstierna. Christine selbst wurde in einer Weise auf die Regierungsübernahme vorbereitet, wie sie sonst nur für männliche Thronfolger üblich war. Bald beherrschte sie mehrere Fremdsprachen, las und sprach mühelos Latein und besaß umfassende Kenntnisse der antiken wie der modernen europäischen Literatur, Philosophie und Geschichte. In den Belangen der Regierung und des Staatswesens unterrichtete sie der Reichskanzler selbst, der sie auch über den Zustand des Landes und die täglichen politischen Fragen auf dem laufen hielt. Christine lernte mit Begeisterung und Selbstdisziplin, vernachlässigte Schlaf, Essen und Körperpflege, die sie wie andere »weibliche« Interessen und Beschäftigungen geringschätzte. Schon mit 16 Jahren nahm sie regelmäßig an den Sitzungen des Reichsrates teil, der nichts ohne ihr Wissen entschied. 1644 leistete sie den Eid als Königin von Schweden und übernahm dann die Regierungsgewalt. Christines Auftreten und Sachkenntnis gaben ihr Autorität im eigenen Land, erregten aber auch international Aufsehen – zumal sie fast berüchtigt war für ihre soldatisch-männliche Lebensführung und ihre »unweibliche« wissenschaftliche Neugierde, die sie in Korrespondenz und Austausch mit berühmten Gelehrten und Philosophen zu befriedigen suchte. Mit Leidenschaft und großem finanziellen Aufwand ließ sie aus anderen Ländern Kunstschätze, Bücher und wertvolle alte Handschriften zusammentragen, ihre Sammlung war eine der reichsten in ganz Europa. Sie scheute nicht vor Krieg und Raub zurück, wenn sie sich etwas aneignen wollte: Noch unmittelbar vor Beendigung des Dreißigjährigen Krieges besetzte die schwedische Armee Prag – und es scheint, daß der militärisch unmotivierte Feldzug allein der kaiserlich-rudolfinischen Kunstsammlung gegolten habe, die dort aufbewahrt wurde“.
[42] Reineberg => Lübbecke [LK Minden-Lübbecke].
[43] Vorwerk: Wirtschaftshof eines Rittergutes oder landesherrlichen Amtes oder Schlosses.
[44] Pertinenzien: Zugehörungen.
[45] Carl [Charles] Henderson [Henriksson, Hindersson, Hindricson] Reuter af Skålboo [1607-1682 ?], schwedischer Obristleutnant, Obrist
[46] Feldmarschall [schwed. fältmarskalk, dän. feltmarskal]: Stellvertreter des obersten Befehlshabers mit richterlichen Befugnissen u. Zuständigkeit für Ordnung u. Disziplin auf dem Marsch u. im Lager. Dazu gehörte auch die Organisation der Seelsorge im Heer. Die nächsten Rangstufen waren Generalleutnant bzw. Generalissimus bei der kaiserlichen Armee. Der Feldmarschall war zudem oberster Quartier- u. Proviantmeister. In der bayerischen Armee erhielt er 1.500 fl. pro Monat, in der kaiserlichen 2.000 fl. [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)], die umfangreichen Nebeneinkünfte nicht mitgerechnet, war er doch an allen Einkünften aus der Beute u. Ranzionsgeldern – hier erhielt er 100 Rt. pro 1.000 Rt. Erlös; HOFMANN, Peter Melander, S. 155 – , den Abgaben seiner Offiziere bis hin zu seinem Anteil an den Einkünften der Stabsmarketender beteiligt. Vgl. auch Backhaus, Reichsterritorium; Obolenskīĭ; Posselt, Tagebuch.
[47] Lennart Torstensson [Torstensohn, Torsten-Sohn], Graf zu Ortala u. Freiherr v. Virestad [17.8.1603 Forstena im Kirchspiel Västra Tunhem (Västergötland)-7.4.1651 Stockholm], einer der fähigsten schwedischen Heerführer, der durch die Schnelligkeit seiner Operationen berühmt wurde. 1618 Kammerknecht bei Gustav II. Adolf, 1621 Teilnahme an der Eroberung Rigas, 1624 Fähnrich, 1626 Kapitän, 1627 Obristleutnant, 1629 Obrist. Teilnahme an der Schlacht v. Breitenfeld am 7./17.9.1631, Sommer 1632 General der Artillerie, 24.8.1632 Gefangennahme beim Sturm auf die Alte Veste bei Zirndorf u. Inhaftierung mit schweren gesundheitlichen Schäden in der Festung Ingolstadt, März 1633 Auswechslung gegen Otto Friedrich Graf v. Harrach, den Schwager Wallensteins. Dezember 1634 Reichszeugmeister, 1641 Reichsrat, Feldmarschall u. Oberbefehlshaber der schwedischen Truppen auf Reichsboden, 2.11.1642 Sieg in der 2. Schlacht bei Breitenfeld, Herbst 1643 Marsch nach Dänemark, Januar 1645 erneuter Einfall in die kaiserlichen Erbländer u. Vorstoß bis vor Wien, 6.3.1645 Sieg bei Jankau, September 1645 Rückzug nach der vergeblichen Belagerung Brünns, April 1646 Rückkehr nach Schweden, 1647 Erhebung zum Freiherrn u. Grafen, Mai 1648 Generalgouverneur über Västergötland, Värmland, Dal u. Halland. Vgl. TINGSTEN, Fältmarskalkarna Johan Baner och Lennart; HOLMBERG, Lennart Torstenson S. 13 ff.
[48] Rahden [LK Minden-Lübbecke].
[49] Pertinenzien: Zubehörungen.
[50] NORDSIEK, Die schwedische Herrschaft, S. 40.
[51] Stadthagen [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 435f.
[52] Frdl. Hinweis von Herrn Ulrich Biesterfeld, Stadthagen.
[53] Rinteln [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 395f. Vgl. STÜNKEL, Rinteln.
[54] Werbung: Der jeweilige Kriegsherr schloss mit einem erfahrenen Söldner (Obrist, Obristleutnant, Hauptmann) einen Vertrag (das sogenannte „Werbepatent“), in dem er ihn eine festgelegte Anzahl v. Söldnern anwerben ließ. Dafür wurde ihm ein der v. Städten u. Territorien wegen der Ausschreitungen gefürchteter => Musterplatz angewiesen. Zudem erhielt der Werbeherr eine vereinbarte Geldsumme, mit der er die Anwerbung u. den Sold der Geworbenen bezahlen sollte (=> Werbegeld). Manchmal stellte der Werbende auch Eigenmittel zur Verfügung, beteiligte sich so an der Finanzierung u. wurde zum „Gläubiger-Obristen“ des Kriegsherrn. Zudem war der Werbeherr zumeist Regimentsinhaber der angeworbenen Truppen, was ihm zusätzliche beträchtliche Einnahmen verschaffte. Manche Rekruten wurden v. den Werbeoffizieren doppelt gezählt oder unerfahrene, z. T. invalide u. mangelhaft ausgerüstete Männer als schwerbewaffnete Veteranen geführt, um vom Obristen eine höhere Summe ausgezahlt zu erhalten. Auch Hauptleute, meist adliger Herkunft, stellten Kompanien oder Fähnlein auf eigene Kosten dem Kriegsherrn bzw. einem Obristen zur Verfügung, um dann in möglichst kurzer Zeit ihre Aufwendungen wieder hereinzuholen u. noch Gewinne zu erzielen, was zu den üblichen Exzessen führen musste. Teilweise wurde die Anwerbung auch erschlichen oder erzwungen. Auf der Straße eingefangene Handwerker wurden für Wochen ins Stockhaus gesteckt u. durch die Erschießung v. Verweigerern zum Dienst gezwungen; SODEN, Gustav Adolph II, S. 508. Wie schwierig Werbungen bereits 1633 geworden waren, zeigen die Aufzeichnungen des Dr. Molther aus Friedberg; WAAS, Chroniken, S. 141: „Im Junio [1633] hat die hiesige Stadt und allenthalben die Grafschaften und adeligen Örter Volk geworben, welches zu Heilbrunn [April 1633] ist beschlossen worden, und hat die Stadt alhier 24 Mann sollen werben. Es ist aber keiner zu bekommen gewesen. Man hat einem zu Fuß geboten 10, 20, auch 30 Thaler, wohl auch 40, und hat doch fast niemand bekommen können. Derowegen hat der Officier, so das Volk abholen sollen, die Soldaten, so die Stadt Wetzlar geworben, hero geführet, so 16 Mann sind gewesen, und so lang hier behalten, bis die Stadt ihre 24 Mann hat gehabt. Darbei noch gedrohet, er wollte, so sie nicht balde geworben, die Burger und deren Söhne mitnehmen“. In einem Bericht aus Wien (Dezember 1634) heißt es: „Aus Schwaben und Bayern kommen wegen der großen Hungersnoth viele tausend Menschen auf der Donau herab, so dass man immer von Neuem werben und die Regimenter complettiren kann“. SODEN, Gustav Adolph III, S. 129. JORDAN, Mühlhausen, S. 90f. (1637) über den Werbeplatz Sporcks: „Den 4. April ist er wieder mit etlichen Völkern zurückgekommen und hat sich mit denselben hier einquartiret und seinen Werbeplatz hier gehabt, hat auch viel Volk geworben, wie denn die Eichsfelder und andere benachbarte häufig zuliefen und Dienst nahmen, nur daß sie ins Quartier kamen und die Leute aufzehren konnte. Viele trieb auch der Hunger. Als es aber ans Marchiren gehen sollte, so wurde aus dem Marchiren ein Desertieren“. Für Anfang 1643 heißt es über die Werbemethoden des schwedischen Kommandanten in Erfurt, Caspar Ermes; JORDAN, Mühlhausen, S. 97: „In diesem Jahre legte abermals der Commandant von Erfurt einen Capitän mit einer Compagnie Infanterie in die Stadt, um Soldaten zu werben. Weil sie aber nicht viel Rekruten bekamen, so machten sie einen listigen Versuch. Sie warfen Geld in die Straße; wenn nun jemand kam und es aufhob, so sagten sie, er hätte Handgeld genommen, er müsse nun Soldat werden. Im Weigerungsfalle steckten sie solchen Menschen in den Rabenturm, wo er so lange mit Wasser und Brod erhalten wurde, bis er Soldat werden wollte“. Vgl. RINKE, Lippe, S. 20f. Die Hildesheimer Handwerksmeister berichteten dem Rat am 12./22.11.1638, dass „die Handwercksbursch […] vor den Stadtthoren nicht allein angehalten und befragt worden, ob sie Lust haben, sich alß Soldaten gebrauchen zu laßen, sondern auch überredet werden, daß sie keine Arbeit allhier bekommen können […] und wann sie sich deßen verweigern, die Werber […] sie dahin nötigen, daß sie Geldt nehmen oder […] ihnen die Bündel vom Halße schneiden undt anders, waß sie sonsten bey sich tragen, nehmen, biß sie sich zu der Soldaten Charge sich verstehen wollen“. PLATH, Konfessionskampf, S. 482. Unter 1642 heißt es in Raphs Chronik v. Bietigheim (BENTELE, Protokolle, S. 200), dass der kaiserliche Obristwachtmeister Dusin 1642, weil er „mit Werbung eines Regiments und Musterung desselben gegen dem Bayerfürsten großen Falsch gebraucht, auch andere tyrannische Untaten in der Marggrafschaft Durlach und anderswo unerhört verüebt, hingegen mit Klaidungen Tractamenten und Dienern sich mehr als fürstlich haltend und hierdurch alles Geld, üppiglich vergeudet hat, zu Tüwingen [Tübingen; BW] uff der Burgstaig seinem Verschulden nach mit dem Schwert gerichtet worden. Sein Großvatter soll ein Großherzog zu Venedig gewesen sein“. Für unerlaubte Werbung drohte die Todesstrafe; MÜLLER, Unterpfalz, S. 63. Der Schweriner Dompropst u. Ratzeburger Domherr, Otto v. Estorf [1566-29.7.1637], berichtet zum April 1623; DUVE, Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium, S. 26: „Dietrich von Falkenstein ein Mansfeldischer Werber, so vor wenig tagen zue Breslau eingezogen, ist gerichtet, der Andere, so catholisch geworden, ist beim Leben erhalten“. Vgl. auch ERB, Die Werber in Schwallungen 1620; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 275ff.
[55] pochen: I. DWB Bd. 13, Sp. 1957, 56: „vom ungestümen, zornigen, unmutigen, trotzigen, hoffärtigen, prahlerischen, höhnischen auftreten, handeln und reden“; bzw. II. Sp. 1961, 57: „mishandeln, vexieren, plagen“. Vgl. Pochhans: lärmender, trotziger Polterer oder Prahler.
[56] Korporal [schwed. korpral, dän. korporal]: Der Korporal war der unterste Rang der Unteroffiziere, der einen Zug als Teil der Kompanie führte. Er erhielt in der kaiserlichen Armee (1630) 12 fl. Sold monatlich; „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“. Das entsprach immerhin dem Jahreslohn eines Ochsenknechtes, in besetzten Städten (1626) wurden z. T. monatlich 24 Rt. erpresst; HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 16 Rt. monatlich zu; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 461. DESING, Historia auxilia 2. Bd., S. 186: „Corporal ist ein Unter-Officier, der viel zu thun hat: Darumb seynd bey einer Compagnie zwey, drey oder vier. Für seine 15. Mann, welche man eine Rott nennt, empfängt er vom Capitain d’Armes das Gewehr, vom Fourier das Quartier, vom Muster-Schreiber das Geld, vom Sergeanten die Ordre, gehört nit zur Prima plana“. LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 60: „Die Corporalen sollen gute / redliche / und versuchte Soldaten seyn / die schreiben / lesen / und rechnen können. In dem commandieren sollen sie gleiche ordnung halten / die Schiltwachten zu guter zeit aufstellen / und ihr Ansehen bey den Soldaten erhalten: Sie sollen gantz eiserne Ladstecken / Krätzer / und Kugelzieher an ihren Musqueten haben / daß sie den Soldaten zu hülff kommen mögen“.
[57] STÜNKEL, Rinteln, S. 93f.
[58] Minden [LK Minden]; HHSD III, S. 517ff.
[59] Reineberg [LK Minden-Lübbecke].
[60] LEDEBUR, Freiherr Leopold von, Die ehemalige Burg Reineberg im Fürstenthum Minden a. d. J. 1833, online verfügbar unter: http://www.florentiner.com/docs/docreineburg.php.
Dieser Beitrag wurde unter
Miniaturen abgelegt und mit
Finnen,
R verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den
Permalink.