Sandtmann [Santmann], Simon; Hauptmann [ – ] Sandtmann, der aus Dachau[1] stammte, stand 1634 als Hauptmann[2] im Regiment[3] Gerardo Graf d’Arco[4] und war am 20.5.1634 in Überlingen[5] eingetroffen.
Der Überlinger Advokat Dr. Johann Heinrich von Pflummern [1595 – 1655][6] berichtet in seinem Tagebuch zum Mai 1634: „In meinem abwesen vnd vneracht ich von gemainer statt wegen ein so weitte bei disen vnrühwigen zeitten vnd hin vnd wider paßierenden soldaten gefahrliche rayß [bis nach Innsbruck;[7] BW] mit meinem aignen pferdt vnd ohne diener (zu ersparung vncostens) verrichtet, hab ich iedoch zu hauß beschwärliche quartier erstlich hauptmann Bruggers, vnd auf ihne deß hauptmann Linders tragen müeßen. Deren vngelegenhaitt vnd veberschwänglicher vncosten dahero abzunemmen, daß in meinem hauß zuweiln in 36 vnd mehr personen sich versambelt, denen mein familia an eßen vnd trinckhen den vollen auftragen müeßen. Alß aber dise beede dem gräfflichen wolfeggischen regiment beigethone capitani daß quartier geraumbt (maßen den 18 May die wolfeggische alle wider nach Costantz[8] vebergeführt worden, zu Veberlingen aber zimbliche böse letzinen[9] verlaßen haben) bin ich hierauff den 20 May mit einem hauptmann deß gräfflichen archischen regiments (von Tachaw auß Bayern) gebürtig, namens Simon Sandtmann mit vier Dienern begabet worden“.[10] Dr. Pflummern schreibt weiter über diese Einquartierung: „Nachdeme nhun die statt Veberlingen von so hart veberstandner belägerung sich erholen sollen, hat sich vast im gegenspil begeben, daß die soldaten ihnen selbst feyrtag vnd wolleben gemacht vnd dargegen die vnschuldige burger (so jedoch den last mittragen helffen) dermaßen geängstiget, geplündert,[11] mit costlichen gastereyen vnd in ander weeg also beschwärt, erschöpfft vnd außgemirgelt, daß man besorgen müessen, man habe nichts dan die lähre statt erhallten, vnd waß man vor dem feind errettet, daß werde man disen vngeheuren freünden zum raub laßen müeßen. Wellche vnordnung vnd aigenwilligkhaitt der soldatesca dahero ervolgt, daß keinem kein ordinanz[12] gemacht, vnd derhalben ein jeder ihme selbst für sein competenz oder rationes bestimbt hatt, waß ihne gelustet, nämblich daß der haußvatter bei tag vnd nacht an essen vnd trinckhen auftragen solle, waß der gast begert. Inmaßen mihr mit obernannten hauptmann Santmann begegnet, wellcher mit vier diener zehen tag lang bei [S. 157] mihr quartier gehabt, vnd einsmal in einem sitz (da er von 11 vhren Mittag biß vmb 2 nach mitternacht assiduè[13] geseßen, geeßen vnd getrunckhen) sambt seinen zulauffenden vnd gleichsamb von stundt zu stundt abwechßlenden compagni biß in vier aymer[14] weinß verbraucht hatte. Disen vnd andern inconvenientien[15] in der statt kein remedium[16] zu finden, sonder den soldaten alleß vmb so vil mehr frey vnd erlaubt geweßt, weiln daß commando zwischen den häuptern, wie oben weittläufig verstaanden, nicht richtig geweßt. Deßwegen ich von einem E. Rath ersůcht worden mich vmb einsehen zu bitten nacher Insprugg zu daselbst residierenden herrn obristen[17] von Ossa zu begeben mit dem anerbietten, mihr dagegen (sonderlich weil mein haushalltung ohne daß nicht bestellt vnd mein hausfraw sich noch zu Costantz in der khindbett aufgehallten) den vorbenannten costlichen gast abzunemmen“.[18] Pflummern berichtet auch über die Ausschreitungen bei der Abführung der Soldaten aus Konstanz: „Sonsten ist gleichwoln vnser guarnison[19] nach deß feindts abzug geringert worden, dan gleich den 17 May die costantzische soldaten vnd burger alle wider nach Costantz paßirt, obzwar mal content, wie sie dan in abschaiden den alhiesigen burgern in die häußer geschossen vnd vil vebelß angewischt, vnd gar herrn praelaten[20] von Bebenhaußen,[21] so eben von Costantz alhero gefahren vnd nechst zu land kommen, alß er zwischen herrn praelaten[22] von Zwifalten[23] vnd Dr. Knürlin, medico, gesessen, [S. 160] gantz ohne einige gegebne vrsach durch den backhen ettlich zähn eingeschossen, vnd ihrer caporaln[24] einem den handtschůch an der handt mit einem musquetenschuß[25] gebrent. Die vorgebne vrsach diser schwirigkhait ist geweßt, dass sie zum abzug einen monatsold[26] haben wollen vnderm praetext,[27] dass man ihnen beim ersten sturm einen sollchen versprochen habe. Es hatt sich aber niemandt weder ex nmagistratu noch ex populo deß gethonen versprechens erinnern wollen; vnd ist auch diese remuneratio[28] wol zu erspaaren geweßt, dieweiln die costantzische ihnen ihren lohn selbst geschöpfft vnd genommen, in deme sie die häußer gegen dem Hellthor alle geplündert, die weinkheller vnd kornkasten gelährt vnd durch fremde schiffleütt vil seckh vnd frucht vnd väßer voll wein nach Costantz veberschickht: in meiner f. schwiger[29] seligen kheller ebner maßen nit geringen schaden gethon, die schöne schlösser ab den thüren vnd ab einem schönen kasten in der vordern camer abgebrochen vnd weggenommen, die mobilia, so deß hauß besteher, Hanß Růdolf Ebinger, Obervogt[30] zu Hohenfelß,[31] in bemellten kasten verschloßen gehabt (darvnder ein hůtt 20 thaler wert geweßt) geraubt vnd gar die gelährte strowseckh hinweg getragen. Zu wellchen vnverantwortlichen vnnachparrlichen angriffen sie gantz kein vrsach gehabt, dan ihnen durch die gantze belägerung hindurch in der burger häußer losament vnd ehrlicher vnderhallt vnd noch darneben den officiern ihre mehrfache rationes (die sie erspaaren vnd in seckhel schieben können) gelifert worden : da hergegen verschinen herpst den 200 veberlingischen mannen zu Costantz in damaliger schwedischen belägerung khein tach noch quartier vnd neben dem schlechten commiss (wie vnsere burger geclagt) ein gar weniges mitgethailt worden“.[32]
[1] Dachau [LK Dachau], HHSD VII, S. 129ff.
[2] Hauptmann: Der Hauptmann (schwed. Kapten) war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.
[3] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Leutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige
[4] Gerardo Graf d’Arco; Obrist [1611 – 1655].
[5] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.
[6] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 179f.
[7] Innsbruck; HHSÖ II, S. 500f.
[8] Konstanz [LK Konstanz]; HHSD VI, S. 419ff.
[9] Letzinen: von Letze: übler, unrechter Zustand ?
[10] SEMLER, Tagebücher, S. 157.
[11] Plünderung: Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Die schwedische Garnison in Augsburg hatte die lutherischen Bürger aufgefordert, „Gott mit uns“ auf die Türen zu schreiben, um sich vor Plünderungen zu schützen; ROECK, Als wollt die Welt schier brechen, S. 248. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kan nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich, S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, daß wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, daß wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt‘ „. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die aber von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: Von Gottes gnaden (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Allerdings waren selbst schwedische Feldprediger unter den Plünderern zu finden; MITTAG, Chronik, S. 373. Der in altstädtischen Diensten stehende Magdeburger Daniel Friese und sein Sohn Friedrich über ihre vergeblichen Täuschungsmanöver; NEUBAUER, Magdeburgs Zerstörung 1631, S. 29-31: „Als nun die zwei Musketiere weg waren, nahm der Vater selig eine Axt und schlug den Ofen, Tür und Fenster selbst ein, riss auch das Stroh aus den Betten und streute es im Haus herum, warf auch die alten Inletts und Betten des Gesindes ins Haus, ebenso die Töpfe aus der Küche und ließ das Haus angelweit offen. Es sah aus, als denn die Furien hätten darin getobt, und war eine ziemliche Hilfe, so dass anfangs keiner ins Haus kam, da man allzeit annahm, das Nest wäre schon zerstört. Ferner ließ der Vater selig einen guten Schinken, Knackwürste, geräuchertes Fleisch und was wir an Essen hatten, auf einen Tisch in der Ecke des Hauses, doch so, dass man ihn zur Haustür herein nicht sehen konnte, setzen nebst ein paar Schleifkannen Bier, denn er dachte, wenn ja die Soldaten ins Haus kommen, so würden sie doch, wenn sie das Frühstück sähen, sich daran ein wenig aufhalten und wir uns besser verbergen könnten. Nichts desto weniger kamen Soldaten zu uns hinein, denn sie hatten im Vorüberlaufen die Mutter gesehen. Sie erwischten uns also alle in der Stube, fielen Vater und Mutter an und begehrten Geld“. […] Der Vater sorgte sich, „die Nachbarn möchten aus großer Angst die Soldaten zu uns herüberweisen. Denn sie schrien und tobten in dem Hause wie die bösen Geister und riefen ohne Aufhören nach Beute und Geld. Das hörten wir armen Leute in unserer Kohlenkammer und saßen still wie die Mäuse. Der Vater aber ging nach einer Weile wieder in das Haus und wollte sehen, wie es etwa bewendet wäre. Bald sahen ihn die Soldaten, schrien und liefen auf ihn zu. Die Mutter hörte das Geschrei und lief auch hervor und wir Kinder alle hinterdrein. Der Soldaten waren ungefähr sieben, alle mit brennenden Lunten, und redeten in fremder Sprache, so dass kein Mensch wusste, was sie sagten, nur dass sie stets in die Hände wiesen, wie man Geld zahlt. Da half nun kein Entschuldigen, der Vater mochte sagen, was er wollte, dass nämlich die Soldaten alles genommen hätten. Sie verstanden es nicht, sondern schossen zweimal im Hause nach ihm, Gott aber verhütete es, dass sie dem Vater Schaden taten, sondern in die Wand hinein […] Endlich redete der Vater auf lateinisch mit dem Offizier, dass ihm die Soldaten alles genommen und er also ihnen nichts geben könnte als Kleider, Leinwand, Zinn und dergleichen. Da wurden die wahnsinnigen Furien etwas beruhigt, der Offizier aber begehrte Geld, wo das wäre; dann wollte er die Soldaten alsbald wegführen“. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus nackter Existenznot verübt, da die Versorgung der Soldaten schon vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. : Bei der Plünderung Magdeburgs hatten die Söldner 10 % des Nominalwertes auf Schmuck u. Silbergeschirr erhalten; KOHL, Die Belagerung, Eroberung und Zerstörung, S. 82. Profitiert hatten nur die Regimentskommandeure bzw. die Stabsmarketender. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222: „Wie demoralisierend der Krieg auch auf die Landeskinder wirkte, ergibt sich aus einem fürstlichen Erlaß mit Datum Dessau, 6. März 1637, in dem es heißt: ‚Nachdem die Erfahrung ergeben hat, daß viele eigennützige Leute den Soldaten Pferde, Vieh, Kupfer und anderes Hausgerät für ein Spottgeld abkaufen, dadurch die Soldaten ohne Not ins Land ziehen und zur Verübung weiterer Plünderungen und Brandstiftungen auf den Dörfern, zum mindesten aber zur Schädigung der Felder Anlaß geben; sie auch oft zu ihrem eigenen Schaden die erkauften Sachen wieder hergeben müssen und dadurch das ganze Land dem Verderben ausgesetzt wird, befehlen wir (die Fürsten) hierdurch allen unseren Beamten und obrigkeitlichen Stellen, daß sie allen Einwohnern und Untertanen alles Ernstes auferlegen, Pferde, Vieh und sonstige Dinge von den Soldaten nicht zu kaufen“ ’. Der Hofer Chronist Rüthner weiß zu berichten, dass Borri fünf seiner Soldaten eigenhändig erstochen habe, die beim Plündern gefasst wurden; KLUGE, Hofer Chronik, S. 192: „Den 8. juni ist Zwickau mit accord übergegangen und aufgegeben worden, jedoch in auszug der schwedischen darinnen gelegene soldaten der accord nicht allerdings gehalten und fast meistentheils spoliret worden, unangesehen der kayßerliche general Borey 5 seiner eigenen leute über den raub erstochen“.
[12] Ordinanz, Ordonnanz: (militärische) Verfügung; Befehl; Anweisung, Verordnung, die nicht immer eingehalten wurde. Zum Teil wurde den Soldaten von ihren Vorgesetzten in aller Öffentlichkeit sogar verboten, sich an die Ordonnanzen zu halten; MAIER, Unterpfalz, S. 321.
[13] assiduè: unablässig, ununterbrochen, unermüdlich.
[14] Eimer: 1 Überlinger Eimer = 32 Maß = 38, 528 Liter.
[15] Inconvenientien: Misshelligkeiten, Frechheiten.
[16] Remedium: Abhilfe.
[17] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S.388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.
[18] SEMLER, Tagebücher, S. 161f.
[19] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[20] Abt Joachim Müller des Zisterzienserklosters Bebenhausen 1630-1649.
[21] Bebenhausen [LK Tübingen]; HHSD VI, S. 67ff.
[22] Abt Balthasar Mader des Benediktinerklosters Zwiefalten 1628-1635.
[23] Zwiefalten [LK Reutlingen].
[24] Korporal: Der Korporal war der unterste Rang der Unteroffiziere, der einen Zug als Teil der Kompanie führte. Er erhielt in der kaiserlichen Armee (1630) 12 fl. Sold monatlich. Das entsprach immerhin dem Jahreslohn eines Ochsenknechtes.
[25] Muskete: Die 1, 5 – 2 mm dicken Brustharnische der Pikeniere boten keinen ausreichenden Schutz gegen Musketenkugeln, die mit 300 m/sec noch auf 40 Meter den Harnisch und seinen Träger durchschlugen und ihm meist tödliche Verletzungen zufügten. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 79, 156. Bei einer Schussentfernung von 100 m wird der Brustpanzer noch durchschlagen, in der Regel blieb aber die Kugel im Körper zurück und fügt dem Getroffenen schwere Verletzungen zu. Bei einer Entfernung von 200 m wird der Panzer zwar nicht mehr durchschlagen, der Getroffene erleidet aber schwere Prellungen. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 79f. Vgl. auch EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[26] Sold: Um 1630 erhielt (theoretisch] ein kaiserlicher Obrist monatl. 500 fl., Hauptmann 160 fl., Leutnant 60 fl:; Fähnrich 50 fl., Feldwebel 21 fl., Korporal 12 fl., Gefreiter 7 fl. 30 Kr., Fußknecht 6 fl. 40 Kr. Eine Kuh kostete ca. 10 fl., 1 einfaches Pferd 30 fl. Der Monatssold der einzelnen Chargen in einer schwedischen Kompanie zu Fuß betrug 1639 für einen Hauptmann 150 fl., Leutnant 35 fl., Feldscher 16 fl., gemeiner Soldat 6 fl.; in einer Kompanie Kürassiere für einen Rittmeister 150 fl., Leutnant 60 fl., Kornett 50 fl., gemeinen Reiter 15 fl.; bei der Artillerie für einen Obristen 800 fl., Oberhauptmann 200 fl., Adjutanten 100 fl., Quartiermeister 60 fl., Feldschergesellen 25 fl., Kommissbäcker 12 fl., gemeinen Kroaten 9 fl., Artilleristen 7 fl. SCHMIDT, Herzogtum Sachsen – Weimar, S. 54f. „Eine Beschwerde über seine Notlage war für den Soldaten gefährlich, wie das Beispiel von neun Soldaten der Schweinitzschen Kompanie zeigt, die am 30. April 1645 zum Tode verurteilt wurden (einer von ihnen wurde tatsächlich in Freiberg gehenkt), weil ‚sie sich ihrer hinderstelligen wöchentlichen Lehnungen halber beklaget’“. GENTSCH, Dreißigjähriger Krieg, S. 209. 1624 hatte man den Offizieren der nach den Kämpfen gegen Bethlen Gábor abgedankten Regimenter während der Verhandlungen in Freistadt vorgehalten, kein Kriegsherr habe je alle Außenstände beglichen, ein Nachlass sei doch üblich; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2345, fol. 69f. (Abschrift): »Fürhalt« an die Offiziere der Liga-Regimenter u. Freikompanien, Freistadt, 1624 V 15. Die sogenannten „freien u. einschichtigen“ Kompanien (1619-1648) schlugen immerhin mit 5.042.840 fl. 58 kr. in der Hauptkriegskostenrechnung zu Buch; GOETZ, Kriegskosten, S. 123; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 282. Der Historiograph Wassenberg schildert ausführlich die Meuterei der Besatzung von Breisach im März 1644 wegen ihres seit acht Monaten ausstehenden Soldes; WASSENBERG, Florus, S. 563ff.: „Nahe bey außgang aber gegenwärtigen Monats hat sich in der Vestung Brisach ein gefährlicher Aufstand angesponnen / in dem alle Frantzösische Compp mit doppeltem Fewer sich auf den Platz gestellet / vnnd eine Ordnung geschlossen / daß man ihnen so leichtlich nicht zukommen können; aber keinen Officirer / als allein die Corporalen bey sich gelitten / auch als die Teutschen auf die Abendwacht ziehen wollen / haben sich die Frantzosen betrohlich gegen sie vernehmen lassen / woferrn nur ein einiger sich vnterstehen würde auß dem hauffen zu gehen / sie denselben auf der ställe niederschiessen wollen; daher sie alle / vnnd einer wie der ander / stehen bleiben müssen.
Nach dem derhalben die Frantzösische Kriegesbeampten gesehen / daß ihre Völcker schwürig; haben sie mit vngestümmen Worten gefraget / warumb sie nit auff die Wacht ziehen wolten / damit von Leder gezucket / vnnd einen oder vier gestochen; aber damit anders nichts auß gericht / dann daß die Mußquetierer Fewer geben / 5. Leutenante vnd Fändriche geschossen / die übrigen aber dahin gebracht / daß sie das Hasenpanihr aufwerffen müssen.
Hierauf haben sie in gegenwart Herrn General Majors von Erlach / vnnd Freyhern von Oisonville [Oysonville; BW] mit grosser vngestümm geruffen: dem König / vnnd Herrn General Majoren / wolten sie vmbs Geld dienen; welchem sie auch Lebensfrist versprochen; dem Freyherrn aber keines / sondern ihn beym Kopff genommen / mit den hahren übel gerauffet übel gerauffet / vnnd mit schändlichen Worten angegriffen / wäre auch / im fall Herr General Major nicht so hoch gebeten / wol nicht lebendig auß jhren Händen kommen / also daß er mit mercklicher gefahr seines lebens noch errettet worden. Wie sie nun der von Erlach gefragt / was dann jhr Begehren / haben sie jhren in acht Monat außständigen Sold gefordert: weßwegen er sie mit freundlichem zusprechen versichert / sie solten nur wider abziehen / er wolle verschaffen / daß sie bezahlet werden solten; Sie aber zur antwort gegeben / wann das Geld da vor jhnen augenscheinlich lege / als dann vnnd nit eher wolten sie sich zur Ruhe stellen: deßwegen man nothwendig dahin geschlossen / daß man jhnen auf nechstfolgenden Morgen (weil die Nacht albereit vorhanden) drey Monat / vnnd innerhalb vier Wochen das übrige abführen wolle. Mit welcher Erklärung Herr General Major abermals zu jhnen gangen / sie sehr freundlich besprochen / ja Kinder vnnd Brüder heissen müssen; biß er es endlich / wiewol mit gar harter mühe / dahin gebracht / daß sie endlich darein verwilleget; worauff er sie hoch gebeten / daß sie doch die Nacht über ruhig seyn / auch niemand einigen Gewalt thun / noch etwas plündern wolten: welches sie Ihm zwar versprochen; als er aber kaum in seiner Behausung gewesen / haben sie mit geschwinder Behändigkeit die Wippe / Esel / Stock vnd Galgen / sampt der Leiter abgehawen / vnnd über einen hauffen geworffen vnd verbrennet; alle Wirtshäuser geöffnet; was sie an Wein nicht gesoffen / auff die Erde lauffen lassen / viel Becker vnnd Krämer nicht verschonet / die Fleischbäncke / darinnen viel Vorrath gewesen / rein gemacht / vnd also die ganze nacht über mit plundern vnnd rauben einen solchen Gewalt verübet / daß dergleichen (wie man schreibt) in geschichten nicht zu lesen. Deß andern Tages ist Herr Erlach frühe wider zu jhnen kommen / da sie dann alle ganz toll vnd voll gewesen / daher er jhnen auch viel bessere Worte / als vorigen Tages / geben müssen: dann sie sich ohne schew verlauten lassen / woferrn jhre acht Monaten vmb zehen Vhren nicht da legen / wolten sie die ganze Statt außplündern / selbige in Brand stecken / vnd den Johan de Weerd zu ziehen / darbey sie dann weiters dem Herrn General Major vnverschämt ins Gesicht sagen dürffen / daß jetzund sie / nicht aber er / Meister seyen / haben darauff die Schlüssel begehret / vnn gesaget / daß, vngeachtet sie die Schlüssel nicht hetten / dennoch wol hinauß kommen wolten / weßwegen dann Herr General Major wiederum vnverichter sachen abweichen müssen. Als er nun den vnauffhörlichen Ernst vnnd Tollheit dieser Leute gesehen / hat er sich nebens Herrn Freyherrn de Oisonville entschlossen / fünf Monat zu bezahlen; hierauf abermaln zu jhnen getretten / vnnd sie dermassen / wie man Got im Himmel selbst anflehen möchte / gebeten / biß sie endlich diese fünff Monat angenommen / hat jhnen aber die übrigen drey Monat jnner vierzehen Tagen vnfehlbar abzutragen benebenst vollem Perdon solcher jhrer schönen thaten / versprechen müssen / oder sie wolten es noch zehen mal ärger machen. Hat sich also vor Mittag vmb halb zehen Vhr die Vnruhe widerumb gestillt / vnd ein jeder nach seinem Quartier gezogen. Die Teutschen seynd / als wie sie kommen / auff jhrem Platz stehende verblieben vnnd ruhig gewesen; ehe aber die Franzosen abgezogen / haben sie sich nicht zu Friede geben wollen / man habe jhnen dann auch fünf Monat bezahlet / da sie sich auch sonsten mit drey Monaten hetten abweisen lassen“. Der Benediktinerabt von St. Georgen im Schwarzwald, Georg Gaisser [1595 – 1655], berichtet noch zum März 1648: „Ein Soldat mit dem Übernamen Reißteufel, Schuster von Beruf, aus Gmünd gebürtig, der in erster Linie unter denen gewesen sein soll, die neulich Sold gefordert (oder Lebensmittel erpressten ? stpendia exegerant) hatten, wird vom Generalkommissariat zum Galgen verurteilt und heute [27.3.1648; BW] hingerichtet, vom weiblichen Geschlecht aufs höchste beklagt. Drei Jungfrauen, die ihn aus den Händen der Henker zu befreien suchten, erfuhren eine Ablehnung“. STEMMLER, Tagebuch Bd. 2, S. 1138.
[27] Praetext: Vorwand.
[28] remuneratio: Lohn.
[29] Schwieger: ältere Form für Schwiegermutter.
[30] Landvogt: zur Verwaltung gefährdeten Reichsgut eingesetzter landesherrlicher Beamter für die gesamte Verwaltung einschließlich Finanzen und Militärwesen der Landvogtei. Er besaß die hohe Gerichtsbarkeit, zumeist vergleichbar mit der Stellung eines Oberamtmanns.
[31] Hohenfels [LK Konstanz].
[32] SEMLER, Tagebücher, S. 163f.