Schweiggart, N; Korporal [ – ] Schweiggart stand als Korporal des Landesausschusses in kursächsischen Diensten.
Der sächsische Chronist Lehmann schreibt unter 1639 zur Eroberung von Zwickau[1] und Chemnitz:[2] „Weil den Schweden dieser streiff [die Gefangennahme des kaiserlichen Feldzeugmeisters Hans Wolf v. Salis zwischen Elsterberg[3] und Reichenbach;[4] BW], geglücke, eilete Baner auf Zwicka, drinnen kein geworben Volck, sondern nur der Landtjäger-Meister mit ezlichen Schuzen und denen dohin salvirten Landt-Adel und nur 2 Defensioner-Corporalen Letschke [Letschka; BW] und Schweiggart mit wenig defensionern lag, und mit dratkugeln herausschoßen, daß nach der aufgabe die 2 Corporale hienaußgeführet und decollirt werden solten, denen zu ihren glücke des Baners gemahl [Elisabeth Juliane v. Erbach; BW] in der Carethe ankommende begegnete und sie loßbate. 21. Februar forderte (Baner) Sie auf, sezte ihnen mit schießen und Schantzen dermaßen zue, daß Sie sich den 23. Februar auf gnade und Ungnade ergeben musten; in einen Freytag bey schönen Wetter und luftigen frühling kam er an. Man kundte alle schöße auf den Stücken vernemblich zum Scheibenberg[5] hohren. Den Sonntag zog er ein, und untter deß flogen seine reuter wie die zweyßfelder in dieser refier herumb, daß Niemand sicher wahr. Wie Umbarmbhertzig und grausam Sie mit der Statt umbgegangen, hat Mann zue lesen in ihrer Chronik f. 592. Den General Pfulen [Pfuel; BW] musten Sie geben Ranzion 10 000 thl., 10 000 brandtschazung, 2060 thl. vor die glocken, 7181 thl. Recruiten-gelder vor das Churlendische Regiement untter dem Obristen Billingshausen. Der Landtjäger-Meister und die andern von Adel wurden alle in Arrest behalten, biß Sie sich mit 12 000 thl. ranzionirten“.[6]
„Am 21. Februar brach er [Banér; BW] früh von Neumark[7] aus mit allen seinen Kavallerie- und Infanterieregimentern über Schönfels[8]-Stenn[9] nach Zwickau auf. ‚In einen Freytag bey schönen Wetter und lustigen Frühling kam er an‘, und ‚postierte sich auf der Anhöhe hinter dem großen Teich‘ (Schwanenteich). Während er durch einen Trompeter für sich in der Stadt Quartier verlangen ließ, umritt er selbst das ganze Stadtgebiet und rekognoszierte. Beinahe hätten nun die Zwickauer bei dieser Gelegenheit einen guten Zug getan. Als Baner nahe der Bierbrücke durch die Mulde ritt, wäre es einem Zwickauer Posten ‚bald‘ geglückt, ihn zu erschießen.
Wie stand es nun in Zwickau, als Baner anrückte ? Wie so oft ! ‚Kein geworben volck darinnen, sondern nur der Landjäger-Meister mit etzlichen Schuzen und denen dohin salvirten Landt-Adel und nur 2 Defensioner Corporalen Letzschke und
Schweiggart mit wenig Defensionern‘, die der Rat schnell angeworben hatte. Einige 60 Gesellen und Bürgersöhne hatten sich gegen 1 Taler Handgeld dazu gemeldet. Ein in die Stadt geflüchteter Marienthaler[10] Gutsbesitzer, Peter Nierkorn (ists der obengenannte ‚Landjägermeister‘ ?) wurde Kommandeur. Die Stadt litt ferner Not an ‚großem Geschütz‘. Kein Stöck ’schoß über 1 Pfund‘. Trotz alledem aber dachte man an Widerstand und schlug das Ansinnen, Baner in der Stadt Quartier zu geben, ab.
Nunmehr wurden die Feindseligkeiten eröffnet. Mit ‚Dratkugeln‘ (?)[11] schossen die Zwickauer Schützen heraus. ‚Man kundte alle schöße auß den Stücken vornemblich zum Scheibenberg hohren, schreibt Christl. Lehmann, der Scheibenberger Pfarrherr. ‚Mit schießen und schantzen setzte Baner den Zwickauern dermaßen zue‘, daß er nachmittags 3 Uhr bis an die Landwehr (Verteidigungswerk) vorgedungen war. Ununterbrochen, bis zur Dämmerung, ließ er die schöne Stadt beschießen. Am anderen Morgen, um 7 Uhr, setzte die Kanonade wieder ein. Vom Brückenberg und im Westen vom Frauentor aus klaschten diesmal die schweren Geschosse ins Städtchen. Dort hatten sich die Schweden in einem Gasthof verschanzt. Den in Brand zu stecken, mißlang der tapferen Zwickauer Besatzung. Dagegen brachten sie die Batterie dort zum Schweigen. Nunmehr beschoß der Feind am 23.2. von einem neuen Batteriestand aus die Mauer, ‚um Bresche zu öffnen‘. Es gelang. Doch waren die Bürger auf der Hut. Mit bereitgehaltenem Balkenwerk und mit Mist (?) war die Mauerlücke bald wieder ausgefüllt. Bei diesem Rettungswerk hatte die Stadt einen Toten zu beklagen, den einzigen, der während der ganzen Belagerung gefallen war. ‚Erst als nun Baner seine Approschen (?)[12] bis an die Tore gebracht, die Torbrücken selbst schon mit Schanzkörben besetzt hatte und die Stadt noch einmal aufforderte, sahen die Zwickauer die Zwecklosigkeit ihrer Verteidigung ein und beschlossen die Übergabe. Doch erst am 24. Februar empfing Baner die Bürgerabordnung mit den höhnischen Worten: ‚Mit Tuchmachern und Schmieden zu akkordieren in einer Stadt, die von aller militärischen Besatzung entblößt ist, ist wider Kriegsbrauch und Reputation der der Schweden‘. So mußten die Stadtväter ihre Stadt auf Gnade und Ungnade ausliefern. 20 000 Tlr. Brandschatzung wurden der Stadt auferlegt, 2000 Tlr. Glockenranzion (dafür durfte die Stadt ihre Glocken behalten, die sonst als Geschützmaterial eingeschmolzen wären), 7000 Tlr. Rekrutengelder usw. Der in die Stadt geflüchtete Landadel sollte außerdem 12000 Tlr., dann nochmals 16000 Tlr. schaffen, und erst, als die Summe erlegt war (von der zweiten nur ein Teil) ließ Baner die gefangen genommenen Adligen wieder frei und gab ihnen ihre Degen zurück, die ihnen unter gemeinen Schimpfworten abgenommen worden waren. Mit all diesen Summen aber hatte sich die Stadt keineswegs von der Plünderung losgekauft. Kein Haus blieb davon verschont. Aus dem Schütthaus wurde das Getreide weggeschleppt. Alle Pferde, gegen 5000 sollen es gewesen sein mit denen, die die Bauern hereingeflüchtet hatten, wurden beschlagnahmt. Ebenso alle auf dem Rathaus abgelieferten Bürgerwachen. Die Defensioner aber wurden in schwedische Dienste gezwungen. Der Stadtkommandant aber und seine beiden Korporale (s. o.) sollten enthauptet werden. Als sie aus der Stadt hinausgeführt wurden, begegnete ihnen ‚zu ihrem glücke des Banners gemahl in der Carethe ankommend‘. Frau Baner bat sie los“.[13]
[1] Zwickau; HHSD VIII, S. 380ff.
[2] Chemnitz; HHSD VIII, S. 43ff.
[3] Elsterberg; HHSD VIII, S. 87f.
[4] Reichenbach; HHSD VIII, S. 298f.
[5] Scheibenberg; HHSD VIII, S. 316ff.
[6] LEHMANN, Kriegschronik, S. 94f. Lehmann datiert nach dem alten Stil.
[7] Neumark [Kr. Reichenbach]; HHSD VIII, S. 246.
[8] Schönfels, heute Ortsteil von Lichtentanne [LK Zwickau].
[9] Stenn, heute Ortsteil von Lichtentanne [LK Zwickau].
[10] Marienthal [Kr. Görlitz]; HHSD VIII, S. 218f.
[11] Drahtkugeln: zwei durch Eisendraht aneinander befestigte Musketenkugeln.
[12] Approchen ist die Bezeichnung für die Laufgräben (Annäherungswege) bei der militärischen Belagerung von Festungen. Das Wort ist eine Eindeutschung des französischen Verbes s’approcher, sich nähern. Es handelt sich um eine Anlage, die der Angreifer einer Festung anlegen musste, bevor die Festung erstürmt werden konnte. Mit Hilfe einer Erdwalze (Sappe) konnte sich der Angreifer an die Festungsmauern heranarbeiten, um sie durch ein anschließendes Unterminieren zum Einsturz zu bringen. Mit Hilfe der Approchen konnte der Angreifer das Vorgelände gedeckt überschreiten. Sappen wurden von den zu den ingenieurtechnischen Truppen gehörenden Sappeuren angelegt, die über besondere Ausrüstung wie z.B. Schanzkörbe verfügten oder den typischen, breitkrempigen Eisenhelm zum Schutz vor Geschossen, welche die Verteidiger von oben abschossen. Bei mittelalterlichen Burgbelagerungen wurden Sappen häufig eingesetzt, um das Mauerwerk der belagerten Festung aufzubrechen und die Mauer so weit auszuhöhlen, dass sie, evtl. durch Verbrennen des Stützgebälks, zum Einsturz gebracht werden konnte. Die Approchen bestanden aus einem Graben von etwa 2,5 m Sohlenbreite und etwa 1,25 m Tiefe, der bis zur 3. Parallele im Zickzack geführt auf der der Festung zugekehrten Seite mit einer etwa 1 m hohen Erdschüttung versehen war. Die einzelnen Approchenzüge legte man vor den einspringenden Winkeln der Festungswerke an und führte die einzelnen Schläge so, dass ihre Verlängerung mindestens 50 m vor dem weitest vorspringenden Festungswerk vorbeischlug. Jeder vorwärtige Schlag wurde bogenförmig über den rückwärtig hinaus nach hinten verlängert, was man Haken oder Crochet nannte. Diese Haken dienten als Ausweichstellen und der Aufstellung kleinerer Wachposten. Die zickzackförmigen Approchen wurden als einzelne Sappen ausgeführt. In geringerer Entfernung zur Festung, etwa von der zweiten Parallele an, kam die vom Sappeur mit Wälzkorb und sonstigem Hilfsgerät auszuführende völlige Sappe, später (ab etwa 1870) die einfache Erdwalze zur Anwendung. In nächster Nähe zur Festung, etwa vom Fuß des Glacis ab, hätten die Zickzacks allzu spitzwinklig werden müssen, um gegen bestreichendes Feuer geschützt zu sein. Man ging deshalb auf dieser Strecke von der Anwendung der Zickzacks ab und führte hier die Approchen derartig in gerader Richtung auf die Saillants der Angriffsfront weiter, dass sie durch Traversierung (Traversensappe, Würfelsappe) gegen bestreichendes Feuer geschützt wurden. Die Anlage von Approchen seitens der Angreifer wurde von den Verteidigern durch die langjährige Anpflanzung von tiefwurzelnden Pflanzen auf dem Glacis der Festung erschwert. [wikipedia]
[13] SEIDEL, Kriegschronik, Nr. 3.