Vitzthum von Eckstätt [Eichstedt, Eichstätter, Ekstaed], Hans Ernst; Obrist [ – ] Hans Ernst Vitzthum von Eckstätt war Konvertit und stammte wahrscheinlich aus Sachsen. Er hat nach Tillys Aussage wegen seiner Konversion erhebliche Schwierigkeiten und Einbußen in Kauf nehmen müssen.[1] Sechs Reiterkompanien Eckstätts waren aus der Unteren Pfalz kommend am 29.6.1621 bei Amberg[2] eingetroffen, um dann ins ligistische Lager bei Waidhaus[3] weiterzuziehen, um am Kampf der Ligisten gegen Mansfeld teilzunehmen.[4]
1623 war er in Dülmen[5] und zusammen mit Lintelo in der Grafschaft Lippe einquartiert: „Graf Simon VII. konnte trotz Verhandlungen nicht verhindern, daß 1.000 Soldaten der bayerischen Armee unter dem Befehl des Obristen Timor [Timon; BW] von Lindtloe [Lintelo; BW] und des Oberstleutnant Ekstaed nach Lippe verlegt wurden. Sie quartierten sich rund um Cappel[6] und in Blomberg[7] ein. Zwar wehrten sich die Blomberger ‚in ihre drey Compagnieen, als der Schützen, der Junggesellen und der gemeinen Bürger‘, schlossen die Tore und besetzten die Wälle, doch nach Drohungen der Soldaten und der Intervention Graf Simons mußten sie die Truppe einlassen. Wurde eine Stadt gegen ihren Willen und mit Gewalt besetzt, so hatte sie mit schlimmen Plünderungen und Verwüstungen zu rechnen. Ein ‚freiwilliger‘ Einlaß der Soldaten brachte dagegen ’nur‘ eine weniger schlimm verlaufende Besetzung. Siebzehn Wochen blieben die Kriegsleute in Lippe, bis sie im Juli 1623 von der heranrückenden Armee Christian von Braunschweigs vertrieben wurden“.[8] „Auch mit den bei ihnen einquartierten Truppen scheinen die Blomberger auf sehr gespanntem Fuß gelebt zu haben. Es kam wiederholt zu Exzessen, und der Oberstleutnant v. Eichstedt schrieb an den Grafen, man habe Drohworte gebraucht und gesagt, man wäre stark genug, die Reiter aus der Stadt zu schlagen u. s. w. Andererseits beklagte sich der Drost Levin v. Donop, daß er vom Oberstleutnant und seinen Reitern vor dem Schlosse angesprochen sei und in Gegenwart seines Kutschers so viel Schmäh- und Drohworte wie nie in seinem ganzen Leben über sich habe ergehen lassen müssen“.[9]
1623 sollen allein 140 Dienstmägde den Soldaten des Eckstätt’schen Regiments gefolgt sein.[10]
Als Tilly vernahm, dass Mansfeld sich in der Grafschaft Diepholz[11] festsetzen wollte und damit die Stifter Osnabrück und Minden unmittelbar bedrohte, wurden ihm Gronsfeld und der ligistische Stellvertreter Tillys, Anholt, entgegen geschickt. Als sie zwischen Minden[12] und Hameln[13] ankamen, erhielten sie die Nachricht, dass dänische Verbände ihnen den Pass abzuschneiden drohten. Sie rückten ihnen entgegen und schlugen sie – allerdings unter dem hohen Verlust von 3.000 Mann – in die Flucht.[14] Dankschreiben gingen an Lintelo, J. L. v. Fürstenberg, Schönburg, Cortenbach, Cronberg, Graf Viligilus Spaur und auch an Eckstätt,[15] der in diesem Jahr u. a. in Büren[16] einquartiert war. Doch auch unter Eckstätts Kommando häuften sich 1626 die Desertionen: Das betraf „etliche compagnia vom Eckhstettischen regiment, die aus lauter desperation mit den standarten darvon reiten wöllen“.[17] „Obwohl es zu keinen direkten Kampfhandlungen kam, zogen immer neue Regimenter durch den Westerwald, erschlugen in den Dörfern 18 Bauern und stahlen Vieh, Kleidung und Hausgeräte. In Herborn[18] entstand am 20. August [1626; BW] durch die Fahrlässigkeit eines Obristen ein Brand, der das Rathaus mit allen hier gelagerten Dokumenten und Gerichtsbüchern vernichtete. Die Begräbniskirche sowie die ganze Hinter- und Neugasse, insgesamt 214 Gebäude, waren die traurige Bilanz dieses Großbrandes. Der Obrist Eichstätt kam hierauf im Driedorfer[19] Schloß zu liegen“.[20]
Eckstein soll 1626 der Name eines kaiserlich-ligistischen Regiments gewesen sein. Möglicherweise handelt es sich aber um das Regiment Eckstätt. In den Aufzeichnungen der Stadt Hallenberg[21] heißt es: „Item am 28. Augusti (1626) von vier reutern, so zur Berleburgh[22] gelegen und under das Ecksteinische regiment gehörig gewesen, David Polman und Humpert Diederich zwey pferdte boben der statt aus dem wagen genomen, sindt auf 40 reichstaler geschetzt worden, dieser pferdte eins beim reformirten leutenant angetroffen, aber nitt restituirt worden.
Item kurz danach in anno 1626 ist Jobst Rungen ein pferdt aus seinem wagen, welchen er boben der statt mit hafer be-laden, von einem reformirten corporal, Peter Junger genant, neben seinem knechte, so unter berurter compagney zur Berle-burg gelegen, ausgespannen worden, hat ermeltem coporal 9 reichstaler und dem leutenant 4 reichstaler zur rancion geben musen“.[23]
Eckstätt war anscheinend ein Genussmensch, wie aus den Klagen des Rats der Stadt Überlingen,[24] Pflummern, hervorgeht, der sich über das „magere Quartier“ beklagt und gar „das Maul aufgesperrt [habe], als wann er in die beste Schmalzgrube und das Schlaraffenland kommen würde. Verwundert sich selbst ob hierländischen Armut, und daß so gar kein Geflügel zu finden. Will ob einem Stück Rindfleisch nit sättig sein und deshalben […] ein ander Quartier suchen. Auch der Wein ist ihm zu schlecht, wollte Neckarwein haben“.[25]
„Auf Befehl Tillys wurden im Dezember 1627 in die Grafschaft Bentheim, und zwar nach Schüttorf,[26] Nordhorn[27] und Neuenhaus,[28] zwei Kompanien zu Pferde zusammen mit dem halben Stab vom Regiment des Obristen Eichstätter gelegt, die Kosten dafür mußte die gesamte Grafschaft aufbringen. Die Truppen blieben vom 1. Dezember 1627 bis zum 24. Januar 1629. Während jener Zeit mußten für deren Unterhalt insgesamt 39.090 Rtlr. von der Grafschaft gezahlt werden. Offenbar war die zu jenem Regiment gehörende Kompanie des Obristleutnants Hans Jakob Juritsch in Nordhorn einquartiert, die Dauer des Aufenthaltes wird mit 53 Wochen angegeben“.[29]
Am 12.9.1634 waren Gallas und Götz in Bietigheim[30] eingelagert; schlimm wurde es im November: „Den 24. Novembris 1634 haben drei Compagnien zu Pferd under Obrist Vitzthumb, welche Obrister Wachtmeister Julius Philipp von Renchingen, Apostata, am württembergischen Hof erzogen, und Rittmeister Georg Stotz gefüehrt, sampt einer compagnia Fueßgänger von Obrist Webel, ihr assigniertes Winterquartier allhie würklich bezogen, sich auf 36 Wochen under dem Rittmeister Handel [aufgehalten], den Berg [Hohenasperg;[31] BW] streng verwacht. Aber im Städtlin letztlich, da die Alimenten ausgingen, übel gehauset, die Leut verjaget, alles zerschlagen, der flüchtigen häuser, Haab und Güeter ihnen zugeaignet, derselbigen ansehenlichen Vorrat von kostlichem Wein angegriffen, nach Lindau,[32] Biberach[33] und andere Ort verkauft; also daß Obrist Wachtmeister sich gerüembt, er allein habe vor sich 100 [1.763.563 Liter; BW], andere aber darzue 300 Fueder Weins hinweggeführt; dadurch den armen Burgern alle Mittel der Nahrung erzogen worden“.[34] Nach dem Fall Schorndorfs[35] (am 25. November) vermehrten die Kaiserlichen ihre Anstrengungen, den Hohenasperg zu erobern. Eckstätt umritt zweimal den Berg, warnte aber vor dem Versuch einer Erstürmung, da das Unterminieren schwierig sei und viel Mühe, Kosten und Zeit erforderte.
Die Ende Mai 1635 im oberen Lonetal ankommenden kaiserlichen Truppen standen unter dem Kommando Eckstätts und umfassten schließlich fast 8.000 Mann. Aus Furcht vor den Reiterausfällen aus Ulm,[36] die in kleineren Scharmützeln den Kaiserlichen immer wieder Schaden zufügten, und auch zur Vergeltung, brachen einige Regimenter am 7. Juni auf und zogen vor das Städtchen Albeck,[37] um es auszuhungern. Der Chronist Heberle[38] aus Neenstetten[39] berichtet: „In disem sommer, wie das kaischerisch volckh hin und her im landt herumbgestreifft und alle fleckhen, derffer, weiler, helzer und alle winckhel durchsucht und außgespoliert hat, da haben sich der mehr theil leüt mit weib und kind, sampt roß und vieh, auch was einer liebs und guts gehabt hatt, in das schloß Albeckh begeben. Dan es war ein gute vestung, und etliche soldaten sampt einem hauptmann daselbs zu einer besatzung. Die selbigen haben jderman zu ihnen hinein gelassen, damit das arme landtvolckh nit gar zu grundt möchte gerichtet werden. Aber es ist das keißerisch volckh sie schnell uberfahlen und das schloß plocieret, das niemandt mehr hatt kenden auß noch ein komen.
So hatt ihnen der feindt die wasserbronnen abgegraben, das sie kein wasser mehr haben. Gar wenig hatt das gute bauersvolckh: mit brot, mehl, salz und schmalz sindt sie gar nit versehen. So haben die soldaten auch nit vüll zum besten, wie woll sie gehren mitgetheilt heten, wan sie nur gekent heten. Aber der baß ist ihnen gar hart verlegt, das sie nit wisen wo auß noch ein.
Da ist es an ein metzen gangen. Da hat alles mißen herhalten, vüh und roß, wiewoll es anfangs ein grosser hauffen roß und vüh ist gewesen, aber nachmals gar wenig ist worden. Das wehre alles zu gedulden gewessen, wan sie nur wasser gehabt, dan es ist so mangel an wasser worden, das sie das wasser gebraucht haben, wo man die kutelfleckhen[40] darein geweschen, auch die spielwasser, auch vast ein jeder seinen harn oder deren kinder harn gemeinlich getrunkhen haben, und dannoch das selbig für gutt gehalten. Und nur heten kenden uberkomen, das der durst so gross ist worden, das sie des hungers nicht mehr geachtet, wiewol sie nichts mehr haben dan das roßfleisch.
Alls aber der jamer ist [in] disem schloß, und je lenger je höcher hinauffgesteigt, da haben sich das baursvolckh auff mitel bedacht, und haben sich auß dem schloß begeben und ir außflucht genomen, wie sie mögen in die statt Ulm komen.
Da haben sie ein seyll angemacht und sindt von dem schloß herab in den graben gefahren. Darin sindt sie geblieben, biß sie ihr gelegenheit begeben hat. Darnach sindt sie weggeloffen wie sie geköndt haben, zum theil bey nacht und zum theil bey tag, man und weib, kindt und gesindt, knecht und megt. Wer da hat kenden darvonkomen, der hat eß gethan. Aber es ist schwerlich gewessen, dan das keysserisch volckh hatt das stetlin und das schloß umblegert und mit wachen woll versehen. Und aber einweg haben sie es müessen wagen, dan die höchste gefahr ligt ihnen uff dem halß: der hunger und der feindt. Es sindt aber etlich wohl darvon komen, aber zum theil sindt vill erschoßen und erschlagen worden, die weibsbilder mehr theils gefangen und alerley mutwilen mit ihnen getriben worden, und darnach wider in die stat komen. Den 7 tag Hewmonat ist das volckh von Albeckh ab und wegzogen, und ist ein compani reiter und ein companj vußvolckh dabliben“.[41] Am 7./17.7., nach dem Prager Frieden, brach Eckstätt auf und zog ins Blautal nach Söflingen.[42]
[1] BA II/3, 213: Tilly an Maximilian I., Grebenstein, 1626 VI 05. Für Korrekturhinweise danke ich Herrn Gerhard Möller.
[2] Amberg; HHSD VII, S. 20ff.
[3] Waidhaus [LK Neustadt/Waldnaab]; HHSD VII, S. 781.
[4] HELML, Dreißigjähriger Krieg, S. 25.
[5] Dülmen [LK Coesfeld]; HHSD III, S. 180f.; SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, Nr. 72.
[6] Cappel [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 141.
[7] Blomberg [LK Detmold]; HHSD III, S. 86f.
[8] RINKE, Lippe, S. 15f.
[9] STEGMANN, Lippe, S. 24f.
[10] RITTER, Naumburg, S. 44.
[11] FORST, Korrespondenz, Nr. 130, S. 109: Aldenhoven an F. W. v. Wartenberg, Köln, 1625 XI 23.
[12] Minden; HHSD III, S. 517ff.
[13] Hameln; HHSD II, S. 192ff.
[14] HEILMANN, Kriegsgeschichte Bd. 2, S. 184.
[15] BA NF II/2, Nr. 136, S. 456: Maximilian I. an Tilly, 1625 XII 02.
[16] Büren [LK Büren]; HHSD III, S. 131ff.; SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, Nr.78 (184).
[17] BA II/3, S. 213: Tilly an Maxmilian I., Grebenstein, 1626 VI 05.
[18] Herborn [Dillkreis], HHSD IV, S. 212ff.
[19] Driedorf [Dillkreis]; HHSD IV, S. 96.
[20] GAIL, Krieg, S. 15.
[21] Hallenberg [LK Brilon]; HHSD III, S. 282f.
[22] Berleburg [LK Wittgenstein]; HHSD III, S. 67f.
[23] BRUNS, Hallenberg, S. 254f.
[24] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.
[25] SEMLER, Tagebücher, S. 12f.; FISCHER, Pflummern; KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 179f.
[26] Schüttorf [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 421f.
[27] Nordhorn [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 351f.
[28] Neuenhaus [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 340.
[29] STEINWASCHER, Krieg, S. 50.
[30] Bietigheim [Bietigheim-Bissingen, LK Ludwigsburg], HHSD VI, S. 83f.
[31] Asperg; HHSD VI, S. 29ff.
[32] Lindau; HHSD VII, S. 414ff.
[33] Biberach; HHSD VI, S. 80ff.
[34] BENTELE, Protokolle, S. 195.
[35] Schorndorf; HHSD VI, S. 714f.
[36] Ulm; HHSD VI, S. 808ff.
[37] Albeck; HHSD VI, S. 10f.
[38] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 115.
[39] Neenstetten [Alb-Donau-Kreis].
[40] Kuttelfleck: Gedärme, Eingeweide; Kuttelfleck als Speise.
[41] ZILLHARDT, Dreißigjähriger Krieg, S. 157f.
[42] Söflingen, unter Ulm; HHSD VI, S. 817f.