Widerholt, Conradt [20.4.1598 Ziegenhain – 13.6.1667 Kirchheim unter Teck] von Jörg Wöllper
Einleitung
Conrad Widerholt[1] ist einer der bekanntesten Akteure des großen Krieges in Südwestdeutschland, wobei die Meinung über ihn geteilt war und ist. Dabei hat sich sein Bild vor allem bei den Württembergern seit dem letzten Weltkrieg erheblich gewandelt hat. Hier ist er nicht mehr der aufrichtige tapfere Held, der die evangelische Religion verteidigt, sondern nun eher eine dieser Gestalten, die für ihre Überzeugung über Leichen gingen. Bei den katholischen Nachbarn des Hohentwiel, der Festung die er über 16 Jahre kommandierte, hingegen gilt er wie eh und je als eine Geißel.
Trotz all dem kann man sagen, dass sein Leben außergewöhnlich war, was vor allem für die Jahre 1634-1650 gilt, als er Kommandant der Festung Hohentwiel war und er europaweit Schlagzeilen machte. Er überstand in diesen Jahren nicht weniger als 5 Belagerungen erfolgreich, aber viel mehr machte sein „Seitenwechsel“ von sich reden.
Die frühen Jahre
Geboren wurde Widerholt 1598 in der hessischen Festungs-Stadt Ziegenhain.[2] Die Widerholts wohnten in der Vorstadt Weichaus in einem stattlichen Fackwerk-Haus, das bis 1928 stand. Sein Vater Heinrich, der kurz darauf stirbt, ist dort einer der vermögenden Bürger. Conradt ist das jüngste von sieben Kindern und wird von seiner Mutter Katherina[3]nach eigener Aussage streng erzogen.[4] Zum einen wird viel Wert auf die evangelische Religion gelegt und zum anderen wird er auf die deutsche Schule geschickt. Dabei hebt er später hervor, dass er in Mathematik einen sehr guten Lehrer hatte.
Im Alter von 17 Jahren lässt er sich mit der Erlaubnis seiner Mutter für das Reiter-Regiment des Grafen Philipp von Solms anwerben, das von Seiten der Hanse zur Unterstützung für ihr Mitglied Braunschweig[5] aufgestellt wird. Offensichtlich hatte sich Widerholt bewusst entschieden Soldat zu werden und wurde dabei von seiner Familie finanziell unterstützt, sonst hätte er kaum sich gleich als Reiter anwerben lassen können. In seiner Leichenpredigt heißt es dann passend dazu, er hätte mehr „Lust zu dem Soldaten-Wesen / als Burglichen Wesen“. Mit diesem Regiment in der Kompanie von Rittmeister Heinrich von Uffeln nimmt er am Entsatz von Braunschweig teil.[6]
Nach der Abdankung des Regiments nach dem Entsatz wechselte Widerholt 1616 als einfacher Musketier in den Dienst der Reichsstadt Bremen. Hier stieg er bald zum Gefreiten auf und wurde darüber hinaus in Sachen Artillerie und Fortifikation ausgebildet. Damit schlug er den typischen Weg des Bürgerlichen ein, der in der technischen Waffengattung seinen Weg machen wollte.
In dieser Zeit lernte er dann auch seine spätere Frau Anna Armgard Burkhard, die Tochter des Kommandanten von Helgoland, kennen. Sie war zu dieser Zeit am Hof der Herzöge von Holstein. Dies und seine rasche Beförderung zum Gefreiten könnte ein Hinweis sein, dass Widerholt zu dieser Zeit einen Mentor haben musste. Schon bald nach der Hochzeit am 10/17. Juli 1617 ließ Widerholt sich für das Infanterie-Regiment des Grafen Georg Ludwig von Löwenstein anwerben. Löwenstein warb zu dieser Zeit mit Unterstützung der Niederlande ein 3000 Mann starkes Infanterie-Regiment für Venedig, das sich im Krieg mit dem Erzherzogtum Steiermark befand.[7] Widerholt kam in die Kompanie des Grafen Heinrich von Ortenburg, wobei nicht bekannt ist, welchen Rang er hatte. Als Sammelpunkt wurde Emden bestimmt und Ende August 1617 wurde das Regiment auf 11 Schiffe verteilt in Delfzijl[8] eingeschifft. Von dort ging es über die Nordsee, den Ärmelkanal an Spanien und Portugal vorbei ins Mittelmeer, wo in Korfu eine elftägige Pause eingelegt wurde, um letztendlich in Venedig ausgeladen zu werden. Über diese Passage und die anschließende Zeit in Italien gibt es einen Bericht des Feldpredigers aus Widerholts Kompanie, Johannes Chunium, der in Versform die Ereignisse aufgezeichnet hat.[9] Demnach hat Widerholt das Soldatenleben dieser Zeit mit all seinen Facetten erleben können. Die Kompanie Ortenburg wurde auf die „Einhorn“, ein größeres Schiff, das mit 16 Kanonen bewaffnet war, verladen. Dabei erlebte man die typischen Begleitumstände einer Seereise dieser Zeit. Neben Skorbut und Stürmen, Hitze und Mücken im Mittelmeer waren dies mehrere Begegnungen mit Piraten, die es aber, nachdem die Soldaten auf dem Deck Aufstellung genommen hatten, es vorzogen, das Weite zu suchen. Am 15. Januar erreichte man schließlich Venedig. Auf der Fahrt starben an Krankheiten auf der „Einhorn“ 3 Mann, was verglichen zu anderen Schiffen wenig ist. Allein auf der „General“, dem Schiff des Obersten, starben 56 Mann. In Folge wurde das Regiment bis zum Ende des Monats März in Quarantäne gelegt. Durch die schlechte Behandlung durch die Venezianer, die mangelhafte Verpflegung und die Langeweile kam es zu einer Meuterei, an der sich auch die Kompanie Ortenburg beteiligte. Sie wurde letztendlich dadurch niedergeschlagen, indem man die Anführer verhaftete und innerhalb kurzer Zeit zweimal Sold ausgezahlt wurde.[10] Widerholts Kompanie wurde nach der Quarantäne-Zeit erst nach Vicenza und im Juni nach Padua verlegt. In Padua war man zwar nicht in Kampfhandlungen verwickelt, aber durch Händel untereinander und mit den Einheimischen sowie durch Krankheiten kam es zu mehreren Todesfällen in der Kompanie. Auch kam es wieder zu Meutereien, die nach dem bewährten Muster niedergeschlagen wurden. Widerholt scheint an diesen Händeln und Meutereien nicht beteiligt gewesen zu sein. Er hat die Zeit in Padua dahingehend genutzt, bei einem „trefflichen Italienischen Meister in denen militärischen Kriegs-Exercieren bekannt zu werden.“ Dabei lernte er laut eigener Aussage „die Soldaten-Gewehre recht und zierlich zu gebrauchen / die Musketen zu führen / die Piken zu fällen / Fahnen zu schwingen / Companien und Regimenter in schöne Ordnung zu stellen / in der Fecht und Baukunst zu üben / und dergleichen / dem er hingegen zur Recompens / in Artollery und künstlichen militärischen Feuerwerken sein Observationes entdeckt und bewiesen“ habe. Dies kam ihm dann wohl zu Gute, als im August des Jahres 1619 das Regiment abgedankt wurde.
In Diensten des Herzogtums Württemberg
Widerholt wurde noch in Venedig vom Bruder des württembergischen Herzogs, Magnus,[11] als sogenannter Trill-Meister[12] angeworben. Magnus war seit Ende 1618 mehrmals als Gesandter der Union in Venedig gewesen und hatte dabei engen Kontakt zu dem Württemberger Bernhard von Schaffalitzky gehalten, der für Venedig ein Regiment Kürassiere geworben hatte. Er war dann auch dabei, als im August in Vicenza eine Generalmusterung von den Regimentern Schaffalitzky und Löwenstein gehalten wurde. Und er sollte, nachdem Venedig mit Steiermark Frieden geschlossen hat, mehrere erfahrene Kapitäns anwerben.[13] Der Handel wurde dabei wohl in der deutschen Niederlassung Fondaco dei Tedeschi oder auch in einer Herberge „zu den Fleuten“ abgeschlossen worden zu sein. Denn vor allem die Herberge war zu dieser Zeit der Treffpunkt der Deutschen in Venedig. Am 16. September traf Wiederholt dann zusammen mit Herzog Magnus in Stuttgart ein. Als Trillmeister sollte er die Mannschaften der Landmiliz einüben und wurde dabei in Stuttgart stationiert. Somit gehörte er aber auch nicht zu einem der geworbenen Regimenter, die Württemberg zu dieser Zeit im Rahmen der Union unterhielt. Das Herzogtum war zu dieser Zeit ein führendes Mitglieder der Union und darüber hinaus einer der größten Reichsstände in Südwestdeutschland. In Voraussicht der kommenden Konflikte begann man zu dieser Zeit und vor allen nach der Auflösung der Union im Jahre 1620 damit, die Landmiliz des Herzogtums zu vergrößern und besser zu organisieren. Zum einen verdoppelte man die Stärke der Mannschaft und zum anderen vereinheitlichte man die Bewaffnung. Auch wurden regelmäßige Übungen in Kompanie-Stärke in den Ämtern abgehalten.[14] Widerholts Aufgabe war dabei, ausgewählte Mannschaften aus den Ämtern zusammen mit der Garde in Stuttgart zu drillen und so einen einheitlichen Ausbildungsstand im Herzogtum zu erreichen. Und einmal im Jahr wurden alle Kompanien der Landmiliz in Stuttgart zu einer großen Übung zusammengerufen. Auch kann man davon ausgehen, dass er 1622, als es an den nördlichen Grenzen des Herzogtums zu heftigen Kämpfen zwischen der bayerischen Armee sowie den Spaniern und den Badenern mitsamt den Kurpfälzern kam, zu dem Grenzschutz gehörte. Württemberg nahm dabei nach einigem Schwanken eine neutrale Haltung ein, die letztendlich auch von dem bayerischen Generalleutnant Tilly akzeptiert wurde. Die nächsten Jahre hingegen wurden dann ruhiger. Widerholt gründete zu dieser Zeit seinen Hausstand in Stuttgart und ließ neben seiner Frau auch seine Mutter in die Hauptstadt des Herzogtums kommen. Als Grund für den Zuzug seiner Mutter führte manch einer seiner Biographen an, dass er sie nicht in dem inzwischen calvinistischen Hessen[15] lassen wollte. Viel wahrscheinlicher ist aber, dass er zu dieser Zeit das einzige überlebende Kind der älteren Frau war und für sie sorgen wollte. Auch wurde Widerholt zu dieser Zeit Kapitän der Stuttgarter Kompanie der Landmiliz. Als seine persönlichen Höhepunkte dieser Zeit bezeichnete Widerholt hingegen die hervorragenden Predigten, die er zu dieser Zeit in der Stiftskirche zu Stuttgart hören durfte.[16] Ohne Wenn und Aber fand Widerholt zu dieser Zeit seine geistige Heimat in Württemberg. Er und letztendlich auch seine Frau lebten ein Leben, das als vorbildlich für einen Württemberger gelten sollte.[17] Wahrscheinlich ist auch, dass er seine Kenntnisse in Sachen Technik und Fortifikation vertiefte, hatte er doch am Hof Zugang zu entsprechender Literatur.[18] Dass seine Dienste auch vom Herzog entsprechend geschätzt wurden, zeigt sich daran, dass er in den folgenden Jahren immer wieder befördert wurde. Die Stationen waren dabei 1622 Leutnant, 1627 Kapitän und 1632 Major.[19] Auch die Entlassungswelle nach 1628, als die Landmiliz aufgrund des Restitutions-Edikts und seiner Folgen aufgelöst wurde und viele Offiziere derselben entlassen wurde, überstand Widerholt.
Im Jahr 1629 sollte er zum ersten Mal ins Rampenlicht treten. Als sich abzeichnete, dass der Kaiser mehrere württembergische Klöster einziehen lassen wollte, legte der Herzog Landmiliz in dieselben. Widerholt besetzte dabei das Kloster St. Georgen bei Villingen. Als nun die kaiserliche Kommission erschien, fertigte Widerholt dieselbe mit so harschen Worten ab, dass sich der Herzog beim Kaiser entschuldigen musste. Dies tat dies mit der Formulierung, dass Widerholt Soldat wäre und kein Diplomat, was sehr charakteristisch für den Herren Widerholt war. Mit dem Jahr 1631 und Württembergs Beitritt zum Leipziger Schluss begann sozusagen die heiße Phase des großen Krieges für Widerholt. Beim so genannten Kirschenkrieg organisierte er letztendlich die erfolglose Verteidigung der Reichsstadt Reutlingen. Als in Folge des Vergleichs zwischen dem Herzog-Administrator und dem kaiserlichen Feldmarschall Egon von Fürstenberg sämtliche Truppen abgedankt werden mussten und die Landmiliz aufgelöst wurde, blieb Widerholt anscheinend weiter im Dienst des Herzogtums. Als zu Ende des Jahres 1631 die kaiserlichen Truppen Württemberg räumten und sich der Herzog sich den Schweden anschloss, begann auch für Widerholt der Krieg. Nach eigener Aussage ist er an sämtlichen Kriegszügen der Württemberger in dieser Zeit beteiligt. Wahrscheinlich war er mit der Stuttgarter Miliz-Kompanie beim Einmarsch in Augsburg mit beteiligt.[20] Auch bei der Abwehr des Einfalls der Kaiserlichen in den Kraichgau im Sommer 1632 und dem anschließenden Feldzug im Rheintal, in der Grafschaft Hohenberg, der Baar und im Hegau könnte er beteiligt gewesen sein. Sicher ist hingegen die Teilnahme an der erfolgreichen Belagerung Rottweils. Mehr als wahrscheinlich ist dann auch, dass er einer der Akteure bei der letztendlich ersten Belagerung Villingens war. Sicher ist hingegen, dass er bei der so genannten Sommerbelagerung Villingens im Sommer 1633 dabei war. Von ihm stammt ein Bericht zur Erstürmung des württembergischen Lagers am 17. September. Nach diesem Desaster wurde der Belagerungskommandant Oberst Rau gegen den schwedischen Obersten Degenfeld ausgetauscht. Dieser hielt viel von Widerholt, was sich daran ausdrückt, dass er ihn als den fähigsten württembergischen Offizier bezeichnete. Widerholt konnte zu dieser Zeit bei einem selbstständigen Kommando glänzen. Er eroberte per Akkord am 14.August 1633 die Burg Hohenschrammberg;[21] eine Aufgabe, an der ein Oberstleutnant Michael von Grien knapp 4 Wochen vorher gescheitert war. Als zu Ende des Jahres die Belagerung Villingens aufgehoben wurde, erhielt Widerholt das Kommando über die Burg Hornberg. Seine Aufgabe war dabei, von hier aus die Kreise der Villinger einzuengen. Die Lage schätzte er dabei alles andere als gut ein. Die Burg war, so erkannte er schnell, kaum gegen Überfälle geschützt, noch konnte sie eine Belagerung überstehen.
Im nächsten Jahr wurde dann die Belagerung Villingens, nun unter dem Kommando des Obersten Georg Friedrich von Holtz,[22] wieder aufgenommen und auch Widerholt war wieder mit von der Partie. Zuvor zog aber Widerholt mit Teilen der württembergischen Miliz zum schwedischen Feldlager vor Überlingen, um hier die schwedische Armee von Gustav Horn bei der Belagerung der Reichsstadt zu unterstützen.
Bei der Belagerung Villingens ging man nun einen ganz anderen Weg als bei den vorhergegangenen zwei Belagerungen. Nun wollte man mittels eines Damms unterhalb Villingens die Brigach aufstauen, um damit die Stadt unter Wasser zu setzen und damit zur Aufgabe zu zwingen.[23] Das hieß, dass man versuchte den Damm zu verteidigen und darüber hinaus die Streiferein der Villinger unterbinden wollte. Zu dieser Zeit wurde Widerholt darüber hinaus zum stellvertretenden Kommandanten der württembergischen Festung Hohentwiel ernannt. Diese Belagerung wurde dann unmittelbar nach der Nördlinger Schlacht aufgehoben. Während Oberst Holtz mit dem Großteil des Belagerungskorps über den Schwarzwald nach Straßburg zog, schickte man Widerholt mit 100 Musketieren samt der Artillerie auf den Hohentwiel.
Zusammenfassend kann man bis dahin sagen, dass Widerholt in württembergischen Diensten zwar gut vorangekommen war, aber dass seine Taten bis dahin alles andere als herausragend waren. Er war zwar ein guter Unterführer, der von seinen Vorgesetzten geschätzt wurde, aber auch nicht mehr. Deswegen taucht er auch bis dahin nur am Rande auf.
Kommandant der Festung Hohentwiel
Nun begann für Widerholt die turbulenteste und auch erfolgreichste Zeit seines Lebens. Noch vor Villingen war er zum Kommandanten der Festung Hohentwiel[24] ernannt worden. Diese lag als Enklave inmitten Vorderösterreichs in unmittelbarer Nähe zum Bodensee und der Eidgenossenschaft. Ihre Aufgabe war es bis dahin, zum einen die Verbindung zu den protestantischen Eidgenossen aufrecht zu erhalten und den Feind zu beobachten und zum anderen die dort operierenden eigenen Truppen zu unterstützen.[25] Zwar gab es in der Umgebung mehrere schwedische Garnisonen und Festungen, aber diese wurden von den Schweden unmittelbar nach der Schlacht aufgegeben. Damit war der Hohentwiel in der Region die einzige verbliebene protestantische Festung.
Das Umfeld, in dem er sich die nächsten 16 Jahre bewegte, war dabei sehr vielschichtig und Widerholt als Kommandant der württembergischen Festung schien oft auf den ersten Blick das schwächste Glied zu sein.
Zum einen standen ihm als Feinde die Kaiserlichen gegenüber, die sich aus mehreren Parteien zusammensetzten. Zum einen der Kaiser, der mit Lindau eine große Festung unterhielt und für den die Region vor allem als Passage von und nach Italien sowie nach dem Elsass von Bedeutung war. Weiter das Erzherzogtum Tirol mitsamt Vorarlberg und Vorderösterreich, das von der Witwe Erzherzogs Leopolds, Claudia von Medici, über die meiste Zeit hin regierte wurde. Weiter hatten die Spanier ein Interesse an der Region, da sie über diese Passage immer wieder von Italien auf dem Landweg Truppen in die Spanischen Niederlande verlegt hatten. Auch eine Rolle spielte der Deutsche Orden, der seinen Besitz, die Insel und Schloss Mainau, zur Festung ausbaute. Weiter nahm bis in die vierziger Jahre die Reichsstadt Überlingen ob der Stärke ihrer Befestigung und Miliz eine Rolle auf Seiten der Kaiserlichen ein. Und letztendlich spielte Bayern wegen seiner Armee, die ab 1638 überwiegend in Süddeutschland operierte, eine herausragende Rolle.[26] Aber zusammenfassend kann man sagen, dass gerade die Kaiserlichen alles andere als geschlossen auftraten und Widerholt dies zu seinen Gunsten ausnützte.
Auf protestantischer[27]Seite war Württemberg hingegen bis 1634 der wichtigste Verbündete Schwedens in Süddeutschland, das das Kriegsgeschehen von 1632 bis 1634 dominierte, während Frankreich danach eine immer größere Rolle übernehmen sollte und spätestens ab 1639 der einzige Widerpart der Kaiserlichen in Süddeutschland war. Zusammengefasst wurde diese Partei 1633 im so genannten Heilbronner Bund, der aber nach der Niederlage bei Nördlingen zu einem Begriff verkümmerte, da praktisch nur noch Frankreich übrig geblieben war. Im Hegau selber war der Landgraf von Stühlingen, Maximilian von Pappenheim, der wichtigste Verbündete Württembergs und damit auch für den Kommandanten der Festung Hohentwiel. Widerholt blieb dabei den ganzen Krieg über ein entschiedener Vertreter dieser Partei, wenn auch unter wechselnden Herren.
Eine zweideutige Rolle hingegen nahm die Eidgenossenschaft ein. Je nach Konfession unterstützten die einzelnen Mitglieder mehr oder weniger offen die Kriegsparteien. Auf protestantischer Seite waren Zürich und Bern die herausragenden Akteure, denen sich Schaffhausen als unmittelbarer Nachbar des Hohentwiel anschloss. Deren Interesse war, dass der Hohentwiel nicht in die Hände der Kaiserlichen gelangen sollte, weil diese sonst die weitere Umgebung kontrollieren konnten. Die katholischen Eidgenossen hatten vor allem das Interesse, dass die vorderösterreichische Festung Konstanz nicht von den Protestanten erobert würde. Diese beiden widerstrebenden Pole führten dann letztendlich dazu, dass die Eidgenossenschaft neutral blieb, obwohl es an Angeboten der Kriegsparteien nicht gefehlt hatte. Von dieser Situation profitierte vor allem Widerholt, da er in der Eidgenossenschaft meist eine sichere Nachschubbasis hatte und darüber hinaus mehr oder wenig offen unterstützt wurde.
Alle anderen Reichstände, ob nun katholisch oder evangelisch, spielten im großen Kriegsgeschehen der nächsten Jahre keine Rolle außer der, dass sie die Kriegsparteien unterhalten sollten. Sie wurden in Folge von beiden Seiten gezwungen, über Kontributionen den Krieg beider Seiten zu finanzieren.
Und Widerholt selber sollte in den nächsten Jahren eine mehr oder weniger eigenständige Rolle auf Seiten der Protestanten spielen. In der Regel versuchte er seine Kreise immer weiter auszudehnen, um sich in schlechten Zeiten in die Festung zurückzuziehen und abzuwarten.
Zum Glück für Widerholt spielte sich 1634 das weitere Kriegsgeschehen im württembergischen Kernland um Stuttgart herum ab und als dieses von den Kaiserlichen erobert war, am Oberrhein zwischen Straßburg und Mainz. Daher konnte Widerholt sich auf die kommenden Ereignisse noch vorbereiten. Dabei konnte er kaum auf Unterstützung durch den Herzog, geschweige denn durch Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar, der nun die schwedischen Armeen in Süddeutschland und im Elsass kommandierte, hoffen. Widerholt verschaffte sich rücksichtslos Lebensmittel in der unmittelbaren Umgebung, da die Kaiserlichen die drei württembergischen Ämter, die bisher für den Unterhalt der Festung gesorgt hatten, besetzt hatten.[28] Weiter machte er einen Teil seiner Mannschaft mit erbeuteten Pferden zu Dragonern und damit erheblich beweglicher. Sie waren unersetzlich bei seinen Streifzügen. Auch ließ er mehrere Bergschlösser nahe der Festung schleifen, um seinen Gegnern jeden brauchbaren Stützpunkt zu nehmen. Zum bewährten Muster, um seine Kriegskasse aufzubessern, sollte es werden, auf diesen Streifzügen Gefangenen zu machen, um von diesen Lösegeld zu erpressen. Mit einer der ersten war der Amtmann der Grafen von Sulz, für dessen Freilassung man 3700 Gulden einstrich. Dagegen schlug ein Überfall auf den Bischof von Konstanz fehl. Hier musste sich Widerholt mit dem Pferd des hohen Herren begnügen. Mit den Kaiserlichen gab es zu der Zeit zwar Gefechte, aber zu einer Belagerung waren diese noch nicht geschritten. Ein wichtiger Punkt war auch, dass er Kontakte zu der benachbarten eidgenössischen Stadt Schaffhausen knüpfte. Über diese Stadt sollte in den nächsten Jahren der Nachschub für die Festung laufen und ein sicherer Rückhalt für die Festung werden. Zentrale Person war hierbei Landgraf Maximilian von Pappenheim,[29] der den Kontakt vermittelte. In Schaffhausen hingegen war Alexander Ziegler Widerholts Vertreter, bei dem er ein Konto unterhielt und Einkäufe sowie Geldgeschäfte abwickelte. Auch mietete Widerholt ein Lagerhaus in Schaffhausen, in der Nachschub zwischengelagert werden konnte.
Seine direkten Gegenspieler waren hingegen die Kommandanten der vorderösterreichischen bzw. kaiserlichen Festungen[30] Konstanz,[31] Radolfzell,[32] Mainau[33] und Lindau.[34] Mit den Garnisonen dieser Festungen gab es in Folge ständig Gefechte.
Ab Mitte 1635 zeichnete sich folgendes Bild ab. Sämtliche anderen württembergischen Festungen, die im Verein mit den Schweden gehalten worden waren, hatten aufgegeben und die Protestanten hielten auf dem linken Rheinufer nur noch die Festungen Hohentwiel und Hochburg.[35] Die schwedische Armee unter Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar konnte sich mit französischer Unterstützung nur mit Mühe im Elsass und im Saarland halten. Die meisten Reichstände waren inzwischen dem Prager Frieden beigetreten und hatten mit dem Kaiser Frieden geschlossen. Der württembergische Herzog Eberhard III. war ursprünglich von den kaiserlichen Angeboten zum Prager Frieden ausgeschlossen worden. Er saß seit der Nördlinger Schlacht in Straßburg und hatte bis auf wenige linksrheinische Besitzungen sein Herzogtum verloren.[36] Und einer der wenigen Trümpfe, die er gegenüber dem Kaiser hatte, war die Festung Hohentwiel. Die Kaiserlichen versuchten nun über den Kommandanten der Festung Lindau, August Vitzthum von Eckstädt, in direkten Verhandlungen Widerholt zur Aufgabe zu bewegen. Dabei traf man sich zu Verhandlungen in Schaffhausen. Dieser hatte aber vom Herzog den ausdrücklichen Befehl, die Festung zu halten. Zu dieser Zeit wurde Widerholt ausdrücklich dahingehend instruiert, dass er die Festung nur übergeben durfte, wenn ein entsprechender Befehl des Herzogs in einer vorgeschriebenen Form kommen würde. Und zwar mussten drei gleich lautende Befehle eintreffen wobei der dritte von Eberhard eigenhändig geschrieben sein und mit einem entsprechenden Siegel versehen sein musste. Der Hintergrund hierfür war, dass die Kommandanten der Festungen Hohenzollern und Hohenneuffen während den Belagerungen 1634 gefälschte Nachrichten bekommen hatten,[37] in denen ihnen befohlen worden war, ihre Festungen an die Kaiserlichen zu übergeben. Dabei hatten die Kaiserlichen die in Stuttgart erbeutete herzogliche Kanzlei dazu benutzt, um gefälschte Schreiben aufzusetzen.
Um die Sache voranzutreiben, begannen die Kaiserlichen erst ein halbherzige Blockade und dann eine Belagerung, bei der angeblich der so genannte Vorhof erobert worden sein soll. Letztendlich wurde am 25. Februar 1636 in Schaffhausen ein Abkommen geschlossen, nach dem der Hohentwiel neutralisiert wurde und das weitere Vorgehen von den Verhandlungen des Herzogs mit dem Kaiser abhängen sollte. Im Einzelnen sollte die Garnison wieder auf den Stand von 1627 gesetzt werden und die Reiterei gänzlich abgeschafft werden. Nachschub sollte die Festung ungehindert von den Kaiserlichen von Schaffhausen aus erhalten. Bei den Verhandlungen waren neben den Württembergern und den Kaiserlichen auch die Eidgenossen mit beteiligt. So hatte Schaffhausen das Öffnungsrecht zur Festung und Zürich wie auch Bern hatten ein großes Interesse daran, dass die Festung nicht in kaiserliche Hände kam. Widerholt hingegen hatte die kritische Zeit, da er kaum mit Unterstützung rechnen konnte, sozusagen mit einem blauen Auge überstanden. Denn zwar war die Belagerung alles andere als zielstrebig und mit Macht betrieben worden, aber sie brachte Widerholt trotzdem in Nöte. Zum einen war die Festung zu dieser Zeit voll mit Flüchtlingen, die die Vorräte mit beanspruchten. Zum anderen war die Pest auf der Festung ausgebrochen und hatte zahlreiche Opfer gefordert.[38] Unter ihnen war der Prediger, so dass Widerholt zeitweise selbst die sonntägliche Predigt hielt.[39] Auch beklagte er sich gegenüber dem Herzog, dass seine Mannschaft alles andere zuverlässig wäre.
Darüber hinaus hatte er auch persönliche Verluste erlitten. Zum einen war seine Mutter in Stuttgart gestorben. Sie hatte er wohl im Gegensatz zu seiner Frau nicht mehr in die sichere Festung bringen können und so wird die alte Dame wohl an der Pest oder an Hunger gestorben sein. Zum anderen waren die Wertsachen, die er auf der Festung Hohenasperg[40] in die vermeintliche Sicherheit[41] gebracht hatte, verloren gegangen. An diesen und an denen des Herzogs hatte sich der schwedische Kommandant Rüdiger von Waldow vergriffen, angeblich um die Garnison zu bezahlen.[42] Widerholt spricht im Briefwechsel mit Herzog Eberhard dabei von Geld und Schmuck im Wert von rund 23000 Gulden,[43] die ihm dadurch verloren gegangen seien. Der Herzog versprach daraufhin für einen Ausgleich für die erlittenen Verluste zu sorgen.
Zu dieser Zeit entwickelte sich Widerholt letztendlich zu dem, wofür er berühmt werden sollte. Er sah sich wohl als „der wahre“ Vertreter Württembergs und des Heilbronner Bundes. Und deren Interessen vertrat er nach Möglichkeit ohne Kompromisse, ging aber Bündnisse ein, die der „rechten“ Sache halfen. Dabei maßte er sich immer mehr Rechte an und gebärdete sich immer mehr wie ein Herrscher. Das zeigte sich auch daran, dass er eine verlässliche Mannschaft um sich scharte. Hierzu gehörte Hans Conrad Müller,[44] ein Flüchtling, der sich bei vielen Dingen nützlich machen sollte. Andere hingegen, die nicht seine Gnaden fanden, tauschte er entweder aus oder sie verließen selber die Festung. In Folge gab es immer wieder Aussagen, dass er schwierig wäre. Dies traf zu dieser Zeit auf den Keller Schmidt[45] zu. Er wurde nach mehreren Klagen Widerholts im Frühjahr 1636 gegen Johann Melchior Cariet ausgetauscht, der offenbar Widerholt genehm war. Seine christliche Nächstenliebe hingegen zeigte sich unter anderem darin, dass er ein einfaches Mädchen bei sich aufzog und einen entfernten Verwandten, Johann Georg Widerholt,[46] auf der Festung aufnahm. Johann Georg war in der Nördlinger Schlacht schwer verwundet worden und brauchte offenbar längere Zeit, um wieder gesund zu werden. Auch ein anderer typischer Zug Widerholts kam jetzt zum Vorschein. Inmitten dieser angespannten Situation baute er eine Windmühle auf der oberen Festung. Wohl aufgrund der Lage konnte er es sich erlauben, seine technischen Ambitionen auszuleben. Zu normalen Zeiten hätte der Herzog geschweige denn die Räte es kaum genehmigt, eine für diese Region ungewöhnliche technische Anlage zu bauen.[47] Und es war der Beginn von einer permanenten Verbesserung der Festung während seines Kommandos. Hintergrund bei dem Bau dieser Mühle war, dass die Festung ihr Mehl hauptsächlich in der Mühle im benachbarten Singen[48] mahlen ließ, die aber im Falle einer Belagerung nicht sicher war. Aber auch die Rossmühle in der oberen Festung hatte einen gravierenden Nachteil. Für den Betrieb brauchte man mehrere Pferde,[49] die viel Wasser verbrauchten, was im Falle einer Belagerung bei den begrenzten Vorräten der Festung kritisch werden konnte. Mit der Windmühle, wohl die erste Turbine, die in dieser Region gebaut wurde, wollte er diesem Mangel abhelfen und neben den Mahlwerken sollte sie noch andere Maschine antreiben.
Oberst beider Kronen
Die Jahre 1636-1637 verliefen dann auf den ersten Blick ruhig. Die Festung wurde über die Schweiz versorgt und Widerholt hatte seine Streifzüge eingestellt. Und die Kaiserlichen ließen die Festung in Ruhe, wohl in der Hoffnung, sie im Falle eines Friedensschluss ohne Kämpfe in die Hände zu bekommen. Tatsächlich sollte die Übergabe der Festung an Vorderösterreich eine Bedingung für die Aufnahme Württembergs in den Prager Frieden sein und die Verhandlungen waren zu Ende des Jahres weit vorangekommen. Widerholt hatte inzwischen wohl auch davon erfahren und scheint auf seine Weise darauf reagiert zu haben. Und deswegen kam am 17. November ein seltsamer Vertrag zustande, der zu einem Politikum größeren Ausmaßes werden sollte.[50] Dazu war Widerholt nach Bern gereist, wo er sich mit Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar traf. Die zentrale Figur war aber dabei der Berner Rat Johann Ludwig von Erlach, der letztendlich auch die Verhandlungen eingefädelt hatte. Er war zu dieser Zeit einer der führenden Köpfe der protestantischen Eidgenossen, hatte aber bis 1632 in den Armeen des Winterkönigs, Mansfelds und Gustav II. Adolfs gekämpft. Dabei hatte er vor allem in der schwedischen Armee als Quartiermeister einen hervorragenden Ruf genossen und war bei Lützen der Adjutant Bernhards von Sachsen-Weimar gewesen. Bernhard hingegen hatte im September 1637 mit Erlach wieder Kontakt aufgenommen, als seine Armee kurz vor dem Kollaps[51] stand. Erlach, anfangs nur Ratgeber, wurde in den nächsten Monaten die Nummer Zwei in Bernhards Armee und sorgte dank seiner Beziehungen und Ratschläge dafür, dass Bernhards Armee sich in den nächsten Monaten sich erholen konnte und darüber hinaus die Weichen für den nächsten Feldzug gestellt wurden. Widerholt hingegen scheint spätestens seit den Verhandlungen in Schaffhausen 1636 mit Erlach in Kontakt getreten zu sein. Über Hans Konrad Müller wurden dann die Beziehungen weiter vertieft[52] und als Ergebnis kam ein Vertrag zustande, von dem beide Seiten profitierten. Widerholt trat dabei in den Dienst Bernhards von Sachsen-Weimar[53] und wurde zum Obersten[54] ernannt. Darüber hinaus bekam er 20000 Reichstalern sowie seine Auslagen erstattet und bekam dazu noch die Herrschaft Stoffeln verliehen.[55] Vor allem blieb er aber Kommandant der Festung Hohentwiel. Eine wichtige Bedingung für ihn war auch, dass die Festung nach Friedensschluss mitsamt Zubehör wieder an Württemberg zurückgegeben werden sollte. Bernhard von Sachsen-Weimar hingegen bekam für wenig Geld[56] eine starke Festung[57] auf der linken Rheinseite. Deren Besitz war sozusagen eine der Voraussetzungen für den Feldzug, den er in Kürze am Hochrhein starten wollte. Auch war man damit den Kaiserlichen zuvor gekommen, die wohl die Festung nach Friedenschluss mit Herzog Eberhard III. bekommen hätten.
Was für Gründe hatte nun Widerholt sonst noch, diesen Vertrag abzuschließen und seinem bisherigen Herrn die Gefolgschaft aufzukündigen. Sicherlich hätte Widerholt sein Kommando auf der Festung verloren, aber wäre bestimmt mit dem Posten eines Obervogts in einem der Ämter des Herzogtums abgefunden worden. Aber für ihn war wohl der Beitritt Württembergs zum Prager Frieden unter diesen Bedingungen offenbar Verrat an der gerechten Sache. In einem Brief an Bernhard von Sachsen-Weimar bezeichnete er dann auch Herzog Eberhards Verhandlungen im dem Kaiser als schändlich. Dies zeigte sich in Folge darin, dass er den Bruder des Herzogs, Friedrich, der bei den Weimarern diente, sozusagen als neuen Herren erkor. Friedrich war dann in Folge immer wieder auf der Festung und für Widerholt der Vertreter des Hauses Württemberg. Auch war Bernhard von Sachsen-Weimar zu dieser Zeit der entschiedenste Gegner des Kaisers und hatte hinsichtlich eines Friedens ähnliche Ziele wie Widerholt.
Sozusagen außen vor war hingegen war Herzog Eberhard von Württemberg, dem so seine letzte Festung und Faustpfand abhanden gekommen war. Aber in Folge hielt sich zäh das Gerücht, dass Widerholt den Vertrag im geheimen Einverständnis mit dem Herzog abgeschlossen hatte. Sozusagen um den Kaiserlichen nicht diese Festung auszuliefern zu müssen und seinem langjährigen Verbündeten Bernhard von Sachsen-Weimar eine Abfindung zukommen zu lassen.[58]
Die Bombe platzte oder besser der Vertrag wurde publik, als am 17.Januar der Vertreter des Herzogs, Oberst Böcklin von Böcklinsau, auf der Festung erschien und Widerholt aufforderte, die Festung an die Kaiserlichen zu übergeben.[59] Widerholt hielt ihn hin, bis am 8.Februar die Nachricht von Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar kam, dass er auf die Einhaltung des Vertrags bestand, was er dann am nächsten Tag Böcklinsau mitteile. Daneben führte Widerholt auch gegenüber Böcklinsau an, dass er es mit seinem Gewissen nicht vereinbaren könne, die Festung zu übergeben, die den Schweden, aber allernächst dem Vaterlande noch nützen könne. Böcklinsau ging Widerholt nach eigene Aussagen mit harten Worten an und wies ihn auf die schwerwiegenden Folgen für Württemberg hin, musste aber trotzdem unverrichteter Ding abziehen. Dies war dann auch die offizielle Version, die man dem Kaiser bzw. seinen unterhalb der Festung wartenden Vertretern mitteilte. Tatsächlich hatte Herzog Eberhard noch vor Böcklinsaus Rückkehr vom Hohentwiel den Amtmann Hitzler abgeschickt, der Widerholt eine Nachricht mit folgendem Inhalt zustellte: „Ist demnach Unser Befehl, ihr wollet ihn nicht allein anhören und demselben vollkommen Glauben zustellen, damit du aber Commandant, ohne Empfang derer Dir bewußten Zeichen, Niemanden, wer der auch seyn möchte, irgend wie zu Willen seyn sollst, in einem und anderen bei uns zu erinnern, so viel sich thun läßt, demselben in Schriften mitgeben, übrigens auch mündlich vertrauen.“ Ohne Wenn und Aber hatte Herzog Eberhard hier doppeltes Spiel getrieben und musste schon vorher von dem Vertrag gewusst haben. Und Widerholt spielte dieses Spiel allzu gerne mit. Die unmittelbare Folge dieser Affäre war dann hingegen auch, dass die Aussöhnung mit dem Kaiser kurz vor dem Scheitern stand,[60] weil man zu Recht hier einen Betrug vermutete.
Widerholt hingegen nahm nun, verstärkt von einer Kompanie Dragoner aus dem Regiment Wilhelm Otto Graf von Nassau-[Katzenelnbogen]Siegen, wieder den Krieg gegen die Kaiserlichen auf. Als erste Maßnahme wurden einige Dörfer in der Umgebung ausgeplündert und Tuttlingen wurde besetzt.[61] Gleichzeitig ging er mithilfe Alexander Zieglers daran, in der Schweiz sein Regiment anzuwerben, nachdem er von Bernhard von Sachsen-Weimar dazu am 2. Februar dazu ermächtigt worden war. Ab dem 5. März wurde er dann auch in den „fürstlich sächsischen Ordres“ als Oberst bezeichnet, nachdem ihn Weimar bis dahin als „unsern lieben besonderen Major“ tituliert hatte. Selber titulierte er sich nun als „Der unierten Kronen und evangelischen Bunds bestellter Obrist zu Fuß und Commandant der Festung Hohentwiel“.
Viel wichtiger war aber, was sich nun am Hochrhein abspielte. Bernhard von Sachsen-Weimar hatte hier überraschend seinen Feldzug eröffnet und in rascher Folge Säckingen und Laufenburg eingenommen, um dann die größte Festung in der Region, Rheinfelden, zu belagern. Der Hohentwiel lieferte mit 2 halben Kartaunen Belagerungsmaterial.[62] Die überraschten Kaiserlichen kratzten nun in den Winterquartieren Süddeutschlands Truppen zusammen, um Rheinfelden zu entsetzen. Da der bequeme Weg über das Hegau und den Hochrhein vom Hohentwiel verlegt war, mussten sie den beschwerlichen Weg über den verschneiten Schwarzwald nehmen. Deswegen erschienen sie dann für Bernhard von Sachsen-Weimar überraschend am 19. März vor Rheinfelden und schlugen ihn bei der so genannten ersten Schlacht von Rheinfelden. Bernhard von Sachsen-Weimar hingegen gelang dies zwei Tage später auch, nachdem er nun für die Kaiserlichen überraschend wieder aufgetaucht war. Aber Weimars Sieg war viel umfassender. Dabei wurde die kaiserliche Infanterie vollkommen geschlagen und ein Großteil der Offiziere gefangen genommen. Für Widerholt bedeutete dies, dass er noch mehr Unterstützung von Weimar bekam und nun im Hegau gegen die Kaiserlichen vorging. Und mehrere der Gefangenen wurden bis zu ihrer Auswechslung auf dem Hohentwiel einquartiert. Dies waren Generalwachtmeister Claus Dietrich von Sperreuter, Oberst Thomas Henderson, Oberstwachtmeister Anton von Werth, der baden-durlachsche Statthalter Johann Eberhard Sohn von der Eltz sowie mehrere Rittmeister. Für Widerholt bedeuteten diese Gäste zusätzliche Einnahmen, da er an den Ranzionen beteiligt werden sollte. In nächster Zeit bedeutete dies zuerst einmal, dass Nachrichten kamen und gingen. Wegen dieser Ranzionen kam es dann zum Streit zwischen Widerholt und Erlach, da Widerholt seinen Soldaten einen größeren Anteil zukommen lassen wollte, als bei den Weimarern üblich war. Überhaupt war das Verhältnis zwischen Widerholt und den neuen Herren nicht ohne Zweifel und Spannungen. Erlach und Bernhard von Sachsen-Weimar trauten Widerholt nicht, da sie der Meinung waren, er hätte die Festung für zu wenig Geld herausgegeben. Sie, aber auch die Kaiserlichen hielten Widerholt fortan für käuflich. Auch verachteten Bernhard von Sachsen-Weimar und Erlach Widerholt wegen seiner niederen Herkunft. Deswegen hatten sie drei Offiziere, Oberleutnant Michael Walther, Major Hans David Kyruß und Capitain Hironymus Marschalk von Ebental, beigestellt, die sozusagen Bernhard von Sachsen-Weimars Vertreter waren. Auch waren die Briefe von Erlach und Bernhard von Sachsen-Weimar an alle Offiziere adressiert und nicht nur an den Kommandanten Widerholt. Zudem musste Widerholt täglich Bernhard von Sachsen-Weimar Bericht erstatten. Die drei beigestellten Offiziere hingegen beklagten sich in Folge dann permanent über Widerholt. Er wäre schwierig und er würde sie nicht mit einbeziehen. Über kurz und lang resignierten die drei und gingen zurück zur Armee. Mit dazu zu diesem angespannten Verhältnis dürfte ein Brief Bernhards von Sachsen-Weimar vom 25. Juli 1638 beigetragen haben. Bernhard von Sachsen-Weimar schrieb darin, dass ihm von verschiedenen Offizieren berichtet worden war, dass die gefangenen kaiserlichen Offiziere auf dem Hohentwiel schlecht verwahrt wären, und ermahnte Widerholt ausdrücklich dies zu ändern.
Über das Jahr 1638 kam es dann immer wieder zu Kämpfen im Hegau. Unter anderem eroberten die Hohentwieler im Verein mit den Weimarern die Bergschlösser Jestetten, Hohenhewen und Randegg und nutzten sie fortan als Stützpunkte. Den End- und Höhepunkt des Jahres stellte für die Weimarer, zu denen sich Widerholt nun zählen konnte, die Einnahme von Breisach per Akkord dar. Bis dahin hatte man nicht weniger als drei Hauptschlachten und mehrere Gefechte geschlagen. Für die Kaiserlichen hatte dies zur Folge, dass sie dauerhaft das Elsass[63] verloren und Bernhard von Sachsen-Weimar nun wieder mitten in Süddeutschland stand. Neben Bernhard von Sachsen-Weimar war Generalmajor Erlach zu der bestimmenden Persönlichkeit[64] aufgestiegen. Er war zum Kommandant von Breisach ernannt worden und war damit auch der Befehlshaber über eine Reihe von Festungen,[65] zu denen der Hohentwiel gehörte. Dies sollte dann so auch bis zum Ende des Krieges bleiben. Für das Jahr 1639 war da schon abzusehen, dass die Ziele von Bernhard von Sachsen-Weimar Württemberg[66] und Bayern sein dürften. Die erste größere Aktion der Hohentwieler in diesem Jahr war dann wider einmal ein Überfall auf Tuttlingen am 19. Januar mit den üblichen Begleitumständen.
Letztendlich verzögerte sich der Auftakt des Feldzuges bis in den Juni und er kam ganz zum Erliegen, als Bernhard von Sachsen-Weimar am 8. Juli überraschend in Neuenburg starb. In den nächsten Wochen gelang es Frankreich nach Verhandlungen mit den Weimarern,[67] die Armee als selbstständige Einheit mit Sonderrechten offiziell[68] in ihren Dienst zu nehmen. Widerholt scheint dabei, im Gegensatz zu den anderen höheren Offizieren der Armee, nicht in die Verhandlungen mit einbezogen gewesen zu sein. Obwohl er inzwischen Oberst eines Regiments war, wurde er offensichtlich nicht als einer der Ihren anerkannt. Das zeigte sich dann auch daran, dass er von Erbe Bernhards von Sachsen-Weimar erheblich weniger bekam als die übrigen Obersten der Armee.[69] Und damit hatte Widerholt innerhalb von gut eineinhalb Jahren mit dem französischen König wieder einen neuen Dienstherren.
Die ganzen Umstände bescherten Widerholt turbulente Zeiten. Nicht nur Bernhards von Sachsen-Weimar Tod mitsamt dem offiziellen Übertritt an Frankreich, sondern auch einen weitere Belagerung waren dafür verantwortlich. Am 25. Juni hatten die umliegenden kaiserlichen Garnisonen in einem Handstreich den Vorhof eingenommen und verwüstet. Zwar mussten sie sich bald wieder zurückziehen, aber auch der Meierhof[70] unterhalb der Festung und die Mühle in Singen, die Widerholt befestigt hatte, wurden dabei zerstört. Gleichzeitig tauchte dann auch noch die bayerische Armee unter Feldmarschall Gottfried Huyn von Geleen auf und belagerte die Festung nebenbei, als ob sie die weitere Entwicklung abwarten wollte. Zwar hob man die Belagerung am 19. Juli auf, als Entsatz in Person des Obersten Reinhold von Rosen in der Nähe von Stühlingen auftauchte. Aber am Ende des Monats nahmen drei Regimenter unter dem Kommando des bayerischen Obersten Holtz die Belagerung wieder auf. Dieses Mal spulten die Kaiserlichen bei der Belagerung der Festung ein größeres Programm ab, die laut Generalfeldzeugmeister Franz von Mercy stärker als der Ehrenbreitstein sei. Neben dem üblichen Beschuss aus Kanonen versuchte man dieses Mal auch eine Mine anzulegen, was aber am harten Gestein scheiterte. Widerholt hingegen wehrte sich mit bewährten Mitteln. Neben Geschützfeuer waren dies auch wieder Ausfälle. Dabei wendete er eines seiner berühmt-berüchtigten „Stratageme“ an. Er hatte beobachtet, dass die Bayern tagsüber eine Wache immer an der gleichen Stelle postierten, die dort ein Feuer unterhielt. Nachts hingegen zog man sich ins sichere Lager zurück. Widerholt machte sich diesem Umstand zunutze und ließ in der Feuerstelle nachts eine Bombe vergraben. Als die Wache am nächsten Tag wieder aufzog und wie gewohnt ein Feuer machte, explodierte die Bombe und tötete bzw. verwundete die Mannschaft.[71]
Letztendlich wurde die Belagerung am 15. Oktober aufgehoben und der Hohentwiel wurde noch von einigen Kompanie Dragonern von Meßkirch aus beobachtet. Trotzdem hatten die Hohentwieler während des Sommers einige Schlappen einstecken müssen, denn sämtliche Bergschlösser, die man im Vorjahr eingenommen hatte, waren verloren gegangen und zerstört worden. Im Falle von Randegg führte dies zu einem ernsten Streit mit Schaffhausen. Das Bergschloss war von der Hohentwieler Besatzung Ende Juni beim Anmarsch der Bayern angezündet worden. Das hatte einen geharnischten Protest der eidgenössischen Stadt zur Folge, die Abgaben aus der Herrschaft erhielt. Die Antwort von Keller Cariet, dass die Einkünfte der Stadt auf den Feldern lägen und nicht auf einem Steinhaufen, brachte dann sozusagen das Fass zum Überlaufen und Cariet wurde ausgewiesen.[72] Damit war dann zumindest zeitweise diese für den Nachschub so wichtige Stadt für die Hohentwieler gesperrt.
Neben dem Bombardement von Kanonenkugeln ging gleichzeitig eines in Form von Briefen und Befehlen auf Widerholt nieder. Der Umstand, dass Bernhard von Sachsen-Weimar gestorben war, hatte alle Parteien auf den Plan gerufen, da nun angenommen wurde, dass damit auch Widerholts Verpflichtungen ihm gegenüber erloschen waren. Am 10. Juli meldete der bayerische Generalfeldzeugmeister Franz von Mercy im einem Brief an Herzog Eberhard, dass Oberst Georg Friedrich von Holtz einen Trommler auf die Festung geschickt hatte und dass es Kontakt mit Widerholt gegeben hatte. Dieser hatte angedeutet, dass er die Festung an die Kaiserlichen übergeben würde, wenn der Herzog persönlich erscheine würde. Mercy schrieb darüber hinaus, dass sich Widerholt mit einer „anderen Person“ in der Sache beraten hätte und riet Herzog Eberhard, Widerholt einen Pardon und weitere Beförderungen anzubieten. Mit der Übergabe der Festung könnte der Herzog vergangene Fehler berichtigen und sich bei der Kaiserlichen Majestät verdient machen. Herzog Eberhard antwortete daraufhin Mercy noch ausweichend, schickte aber einen offenen Brief, der Widerholt zugestellt wurde. Auch der einstige Vorgesetzte Widerholt bei der Belagerung Villingens, Georg Friedrich von Holtz,[73] wandte sich nochmals an Widerholt. Dessen Angebot zu einer Unterredung im Gedenken an die frühere Kameradschaft mit einem Glas Wein zwischen den Linien schlug Widerholt aber aus. Auch seine augenblicklichen Waffenkameraden meldeten sich bei ihm. Die vier Direktoren der Weimarer forderten ihn in einem Schreiben vom 21. Juli auf, den Vertrag weiter zu erfüllen. Wohl um ihr Interesse an seiner Person zu unterstreichen schrieben sie weiter, „ wie sie nichts liebers gesehen hätten, als wenn er ihnen bei ihrer Beratung über die fernere Leitung des Heerwesens mit seiner Gegenwart und guten Rat Beistand hätte leisten können“. Auch der französische König als neuer Dienstherr griff zu einem bewährten Mittel, um sich Widerholts Dienste zu sichern. Er bewilligte dem Obersten am 20. Juli eine jährliche Pension von 2800 Gulden, die er sich aber mit dem Oberstleutnant Walter teilen musste. Trotzdem war sich vor allem Erlach nicht sicher, was er von Widerholt halten sollte. Dies schrieb er dann auch an den französischen Minister des Noyes. Der Kaiser hingegen schrieb am 19. Juli an Herzog Eberhard und wies ihn an, dass er Widerholt zur Übergabe der Festung auffordern sollte und dass ihm in diesem Fall die Übernahme in kaiserliche Dienste zugesichert würde. Auch Geleen ließ am 6. August Widerholt ein Schreiben folgenden Inhalts zukommen: „Wird nun der Herr wie er vor Gott und der Welt schuldig ist, seines Herren Befehl gehorchen, und den angebotenen Generalpardon annehmen, und mir die Festung abtreten, thut er verständig, im Gegenfall aber ladet er seines Herren und alle kaiserliche Ungnade und Strafe auf sich, stürzt auch seinen Herren, der den Asperg so lang nicht haben kann, in große Ungelegenheiten, und hat sich nicht einzubilden, daß man ferner aussetzten, noch solcher Festung ablassen, sondern sich deren mit Feuer und habender genugsamer Gewalt, auch vorhabenden Minen bald Meister machen, und dann dem Herren die verdiente Strafe anthun würde.“ Widerholt antwortete an selben Tag, dass der Feldmarschall im Wahn stecke und er nicht gegen sein Gewissen handeln könne. Er wolle die Festung bis zum Friedensschluss verteidigen und glaube damit Württemberg zu nutzen. Diese Antwort leitete Geleen an Herzog Eberhard weiter, was eine geharnischte Antwort des Herzogs nach sich zog. Diese erhielt Widerholt am 18. August wiederum von einem Trommler des Obersten Holtz. Interessant sind hierbei der Inhalt und die Form. Unmissverständlich wurde Widerholt darin aufgefordert, die Festung an Geleen zu übergeben. Ausdrücklich wurde Widerholt befohlen, sich nicht mehr an alte vier- bis fünfjährige Befehle zu halten. Geschlossen wurde der Brief von Eberhards eigenhändig geschriebenen Zeilen folgenden Inhalts: „Was in diesem gnädigen Befehl begriffen, das ist in allem unser ernstlicher Wille und Meinung und wollen Wir uns gnädig versehen, du werdest ohne ferneren Aufenthalt Dich unterthäniger Schuldigkeit accomodieren.“ Dieses Mal schien es Herzog Eberhard ernst zu nehmen, aber Widerholt teilte dem Trommler gleich noch mit, dass er bei seiner vorherigen Antwort bleibe. Das wurde natürlich von Geleen an Herzog Eberhard weiter geleitet, der einen weiteren Brief an Widerholt am 3. September schrieb. Vom Inhalt her ähnlich war auch dieser mit einem eigenhändigen Zusatz von Herzog Eberhard mitsamt dem kleinen Siegel versehen. Letztendlich kam bei diesem Brief-Bombardement nichts heraus. Widerholt ließ sich weder von den Angeboten noch von Drohungen dazu hinreißen, die Festung den Kaiserlichen zu übergeben. Trotzdem waren Erlach und die anderen Weimarer weiterhin misstrauisch. Die fortgesetzten Schreiben des Herzogs, aber auch der Umgang mit Holtz hatten dafür gesorgt. Widerholt schrieb deshalb an Erlach: „Er habe dem Schreiben desselben entnommen, daß er aus falschen Anbringen übel affectionirter Leute etwas disgoutiert wider ihm sie, weil ihm Mißtrauen gegen die Generalität und den Generalmajor vorgeworfen werde, darauf er nur zu antworten, daß bisher seine Absicht nicht anders gewesen, als disen ihm anvertrauten Posten vor der österreichischen Tyrannei zu schützten, zu welchem Ende er die Traktate mit Herzog Bernhard abgeschlossen, auch habe er sonst in Werken sein der ganzen Partei wohl affectioniertes Gemüth erscheinen lassen, damit Jedermann zu erkennen habe, daß kein ungerechter Blutstropfen in ihm zu finden sei. Diese seine schuldige Treue gedenke er fortzusetzen und Allem zu pariren, was den vorangedeuteten Traktaten nicht zuwiderlaufe.“ Und zu dieser Zeit hatte er wohl seinen Keller Cariet und Oberstleutnant Walter im Verdacht, dass sie ihn bei Erlach anschwärzten.
Nach der Belagerung hieß es wieder einmal, Kontributionen auszuschreiben und vor allem wieder seine Streifscharen auszusenden. Dies war umso wichtiger, als er sozusagen von seinem Ruf leben musste. Als Festungskommandant bekam er von Breisach selten Geld, sondern ihm war von Erlach ein Bezirk zugewiesen worden, in dem er Kontributionen erheben durfte bzw. auch musste, wie es auch die Kaiserlichen praktizierten und Reichsrecht war.[74] Dabei waren die Region den Rhein hinunter nun den anderen Festungen den Weimarern zugesprochen.[75] So blieb ihm erst einmal der Hegau, was aber für seinen Unterhalt nie ausreichte, da er von den Kriegsläufen der letzten Jahre mitgenommen war. Deshalb dehnte er seine Kreise nach Norden bis weit nach Osten aus, da diese Region noch nicht an weimarische Festungen vergeben war. In der Regel wurden die entsprechenden Reichstände angeschrieben und Forderungen gestellt. Diese gingen ohne entsprechenden Druck meist daraufhin gar nicht darauf ein. Entweder antworteten sie gar nicht oder schrieben blumige Entschuldigungen. Als nächstes drohte Widerholt ihnen mit Plünderung und Brandschatzung. Und wenn nun immer noch nicht eingelenkt wurde, schickte er eine seiner Streifscharen aus, die in der Regel erst einmal plünderten und wenn dann immer noch nicht gezahlt wurde, die Häuser in Brand steckten. Bei der benachbarten Landstadt Engen wendete er zu dieser Zeit diese Maßnahme an und verbrannte zwei Mühlen, die außerhalb der Stadt lagen. Lenkte der jeweilige Reichsstand ein, bekam er eine Salvaguardia von Widerholt. Dies konnte ein Schutzbrief sein oder auch eine Schutzwache. Widerholt war beim Eintreiben von Kontributionen sehr erfolgreich. Zeitweise sollten Reichsstände bis in die Gegend von Ravensburg an ihn Kontributionen zahlen. Manche stellten sich auch vorsorglich bei ihm ein wie die Reichsritterschaft. So lässt sich auch seine Popularität erklären, die er vor allem heute noch im Hegau genießt. Er stand mit seinem Namen für den Krieg mit all seinen Facetten. Hier war er dauerhaft präsent, anders als zum Beispiel Franz von Mercy.[76]
Eine Voraussetzung für diesen Erfolg war die Kompanie Dragoner. Sie konnte er in der weiteren Umgebung streifen lassen und bei ihren „Besuchen“ die jeweiligen Reichstände überzeugen, Kontributionen zu entrichten. Daneben konnte Widerholt auf ein Netz von Kundschaftern bauen, die ihn mit Informationen versorgten. Natürlich waren es hier in erster Linie die Protestanten,[77] doch auch in katholischen Städten hatte er seine Informanten. Und gerade bei letzteren dürften die Honorare, die er dafür gezahlt hat, dafür gesorgt haben, dass er zu seinen Informationen kam.[78] Auf die Dauer des Krieges hin war er auch für viele der verlässlichere Partner im Gegensatz zu den Kaiserlichen, die oft genug unkoordiniert vorgingen und schlimmer hausten als Widerholt.[79] Und nicht zuletzt die Kriegslage, die sich immer günstiger für die Protestanten entwickelte, wird dazu beigetragen haben. Sozusagen die Hinterlassenschaft dieses Netzes von Kundschaftern sind eine Reihe von teils recht naiven Skizzen verschiedener Städte und Festungen, die sich im Hauptstaatsarchiv Stuttgart befinden.
Die Kaiserlichen hingegen versuchten diese Streifereien zu unterbinden, da man zum einen dem Hohentwiel die Versorgung kappen wollte und zum anderem selber von diesen Kontributionen lebte. So legten sie in Bergschlösser und Landstädte[80] rund um den Hohentwiel Mannschaften, um Widerholts Streifscharen zu blockieren. Zum anderen schickten sie selber Dragoner-Streifen aus. Dabei installierte man ein regelrechtes System, indem man permanent Streifen zwischen den größeren Festungen Offenburg, Villingen und Radolfzell pendeln ließ. Auch drohte man Reichständen mit Gewalt, sollten sie Kontributionen an den Hohentwiel entrichten.
So kann man sagen, dass ein großer Teil der Kämpfe zwischen den Festungen sich um die Kontributionen, daher um Ressourcen drehten. Die weitere Entwicklung war dabei, dass sich die Kaiserlichen mit Widerholt vergleichen mussten, da sie die Hohentwieler nie in den Griff bekamen. Die einzelnen Reichsstände durften letztendlich an beide Parteien Kontributionen entrichten, wobei man natürlich darauf achtete, dass keine Seite bevorzugt wurde. Dies geschah vor dem Hintergrund, dass, wenn Gewalt ausgeübt wurde, die Bevölkerung floh und keiner mehr Unterhalt bekam. Der Krieg wurde hier regelrecht bürokratisiert mit dem Ziel, die Bevölkerung weitgehend unbehelligt zu lassen.[81] Daher gehörte es zu dieser Zeit zum Bild, dass dauernd Abordnungen von Reichständen auf dem Hohentwiel erschienen, um ihre Kontributionen zu bezahlen.[82]
Die Festung selber hatte gerade während der Belagerungen in diesem Jahr gelitten. Der Meierhof war verbrannt, wie auch verschiedene Gebäude im Vorhof. Die Lehre, die Widerholt daraus zog, war, dass er den Meierhof sozusagen als selbstständiges Fort wieder aufbaute und durch einen Wall mit der Festung verband. Der Vorhof dagegen wurde dadurch verstärkt, indem man Erdschanzen vor der bestehenden Befestigung aus dem 16.Jahrhundert baute. Auf die alten Ringmauern wurden nun mehrere große Gebäude gesetzt, um die vergrößerte Garnison unterzubringen und mehr Lagerraum zu haben. Auch eine weitere Windmühle wurde auf der oberen Festung gebaut.
Das Jahr 1640 brachte Widerholt zuerst einmal die Pension des französischen Königs. Oberstleutnant Walter brauchte sie aus Breisach mit. Aber auch eine weitere Partei versuchte ihn auf seine Seite zu ziehen. Bei ihm war ein Schreiben des schwedischen Feldmarschalls Banér eingetroffen, in dem Banér ihn wohl auf seine Seite zu ziehen versuchte.[83] Darin zeigte sich Banér vom schwedischen Residenten Mockel gut informiert über Widerholts Taten und „rühmte“ ihn dafür. Und er erkundigte sich, „was bei der hinterlassenen Armee J. F. Gd. jetzo für ein Bewandniß habe“. Wohl um Vertrauen aufzubauen, schickte Widerholt das Schreiben gleich an Erlach weiter.
In diesem rückte der Hohentwiel wieder einmal in den Fokus der großen Politik. Denn die europäische Großmacht Spanien wollte die Festung erobern. Der Hintergrund hierbei war, dass Spanien bis zum Fall Breisachs 1638 über die Alpen und Vorderösterreich immer wieder Verstärkungen aus Italien auf den Kriegsschauplatz in den Spanischen Niederlanden marschieren ließen. Dieser Weg war nun verlegt und war dahin gehend kritisch, dass auch der Seeweg seit langem von den Holländern beherrscht wurde. Daher wollte man diese Passage wieder freimachen und schloss dazu ein Bündnis mit dem Erzherzogtum Tirol, das das Interesse hatte, im Verein mit Spanien das verloren gegangene Elsass mitsamt Breisach zurückzuerobern. Das erste Ziel dieses Feldzugs sollte dabei die Einnahme des Hohentwiels sein. Mit spanischem Geld wurden dafür in Tirol Soldaten geworben und als Ausgangspunkt dieses Feldzugs wurde die Festung Radolfzell[84] bestimmt. Hier wollte man die neu aufgestellten Regimenter sammeln und nebenher den Hohentwiel belagern und einnehmen. Im August erschienen nach verschiedenen Quellen 3000 – 7000 Spanier unter General Enriquez im Hegau und vom 9. September an wurde die Festung blockiert. Die erste Maßnahme Enriquez’ hingegen war, dass er Widerholt einen Brief schrieb. Dieser war so gehalten, dass Widerholt darauf antwortete, Enriquez wolle die Festung mit Schmeichelworten und Papier bezwingen, was wohl darauf zurückzuführen war, dass der Oberst bei den Spaniern zu dieser Zeit in hohem Ansehen stand. Widerholt hatte am 6. Juli bei der Einnahme von Engen den Oberstwachtmeister Seposi gefangen genommen, dessen Auslösung schnell und problemlos über die Bühne ging. Dies rechneten die Spanier in der Folge Widerholt hoch an.
Die Blockade lief in der Folgezeit so ab, dass man in der Umgebung Posten bezogen, wobei die Ruine des Bergschlosses Staufen das Hauptquartier der Spanier war. Die Soldaten in diesen Posten wurden permanent von Radolfzell abgelöst. Widerholt hingegen hatte bei Erlach um Entsatz gebeten, der schon Anfang Oktober in Person von Oberstleutnant Rosen in der Region erschien. Dabei kam es am 7.Oktober zu mehreren Gefechten in der Umgebung des Hohentwiel, an denen Herzog Friedrich von Württemberg beteiligt war. Die Spanier, nominell an Zahl zwar weit überlegen, wurden in einer Reihe von Gefechten geschlagen, wobei unter anderem ihr Oberstleutnant Albrecht von Fürstenberg erschossen wurde. Am nächsten Tag wurde dann noch der Staufen gestürmt, was das Ende der Blockade bedeutete. Dabei bekamen die Spanier vor Ort keinerlei Unterstützung von ihren Kameraden aus Radolfzell.[85] Überhaupt scheinen die Spanier alles andere als kampfkräftig gewesen zu sein, weil sie bei allen Gefechten den Kürzeren zogen.
Bei dieser Gelegenheit zeigte dann Widerholt wieder einmal seinen in diesem Fall makabren Geschäftssinn. Für die Leiche Fürstenbergs forderte er ein Lösegeld von seinem Bruder Friedrich, dass er dieses Mal auch erhielt. Während der Belagerung im Vorjahr hatte er dies auch bei einem Rittmeister versucht, der beim Auskundschaften des Vorhofs ums Leben gekommen war. Aber dessen Oberst Alexander von Neuneck hatte dies entrüstet abgelehnt und Widerholt war sozusagen auf dem Leichnam sitzen geblieben.
Aber auch auf anderen Gebieten musste Widerholt in diesem Jahr taktieren. Zu Anfang des Jahres hatte Erlach darauf gedrungen, die Garnison der Festung in drei Kompanien zu je 60 Musketieren und 10 Dragoner zu gliedern. Die Kompanien sollten dabei von den Offizieren Walter, Marschalk und Meißenheim kommandiert werden. Erlach begründete dies unter anderem auch damit, dass im Falle von Widerholts Tod die Nachfolge geregelt sei und auch ein Offizier auf der Festung sein sollte, der das Vertrauen des Königs hätte. Vielleicht war dies auch eine Reaktion auf das Schreiben Banérs und Erlach wollte so seinen Offizieren eine Machtbasis in der Garnison verschaffen. Widerholt sah darin wohl zu Recht einen Angriff auf seine selbstständige Stellung und begründete seine Ablehnung damit, „ kommen solche Offiziere mit leerer Hand, und wollen alsdann mit dem großen Löffel aufgegessen haben, welches sich aber bei diesem Platze nicht thun läßt“. Aber auch, dass „ da er sich in den französischen Humor nicht richten könne“. Letztendlich musste Widerholt teilweise einlenken, als Erlach am 6. Juli persönlich auf der Festung erschien. Zuvor hatte man noch gemeinsam die Landstadt Engen erobert, in der sich die Spanier eingenistet hatten. Bis auf den Hauptmann Meißenheim wurden die Kompanie-Chefs vorgestellt wie auch die Gehälter der Beamten festgestellt. Ein weiterer Punkt, in dem Widerholt mit Erlach aneinander geriet, war der Fall des Oberstwachtmeister Seposi. Erlach war mit der schnellen Auswechslung alles andere als zufrieden, während Widerholt anführte, dass er bei seinen beschränkten Mitteln nicht noch einen so hohen Offizier längere Zeit durchfüttern wollte. Dabei kamen wohl die Erfahrungen durch, die er mit den Gefangenen von Rheinfelden machen musste. Denn Sperreuter war erst im Februar nach zwei Jahren aus der Gefangenschaft entlassen worden. Erlach musste dies letztendlich akzeptieren, führte aber zu Recht an, im Falle einer Gefangenschaft würden sie beide nicht mit einer solch entgegenkommenden Behandlung rechnen dürfen. Und um die Verteilung der Lösegelder[86] kam es wieder einmal zu Streit. Widerholt beteiligte seine Soldaten daran, während Erlach diese nur unter den Offizieren aufteilen wollte, wie es bei „unserer Armee“ gebräuchlich wäre. Als Grund führt Erlach an, dass die Soldaten die Gefangenen sowie so ausplünderten und somit ihren Anteil hätten.
Auch bei der Besetzung der Stelle des Kellers, Cariet war im Februar in Schaffhausen[87] gestorben, handelte Widerholt selbstständig, setzte Stefan Stockmeier ein und ließ sich dies nur rückwirkend von Erlach bestätigen. Bedeutender aber war ohne Zweifel ein Schreiben Ludwigs XIII, das direkt an ihn gerichtet war. Unter Umgehung von Erlach wurde darin Widerholt befohlen, auch Befehle von Erlachs französischem Stellvertreter Baron d’Oisonville zu befolgen.[88]
Aber Widerholt bemühte sich aber auch, das Verhältnis mit Erlach zu verbessern. Er verehrte Erlach ein spanisches Rasse-Pferd, das man bei einem der Gefechte erbeutet hatte, wobei damit aber auch eine Bitte an den Generalmajor verbunden war. Erlach sollte sich bei einer Geldforderung in Basel für Widerholt verwenden. Dieses Muster, dass eine Bitte mit einem Geschenk begleitet war, setzte er in Zukunft fort. Erlach sah dies aber als unpassend an und Widerholt ließ stattdessen nun Frau Erlach Geschenke zukommen.
Vom Kaiser hingegen wurde der Oberst in diesem Jahr zweimal beehrt. Am 20. Juli wurde ein Schreiben aufgesetzt, in dem Widerholt unter Androhung schwerer Ungnade verboten wurde, ohne kaiserliche Erlaubnis Kontributionen zu erheben, worum sich Widerholt überhaupt nicht kümmerte. Nach der fehlgeschlagenen Belagerung versuchte man es dann aber wieder einmal mit Geld und Würden. Man beauftragte den Landeshauptmann von Vorarlberg, Oberst Äscher,[89] in Verhandlungen mit Widerholt zu treten.[90] Er bot unter anderem Widerholt für die Übergabe der Festung 30000 Gulden und die Erstattung seine Auslagen an, sowie eine Stelle als Oberst im kaiserlichen Heer, was Widerholt aber ausschlug.
Im Januar 1641 konnte dann Widerholt einen großen Erfolg verbuchen. Im Verein mit Teilen der Breisacher Garnison unter Baron d`Oisonville konnte man die Stadt Balingen einnehmen und die Einnahmen des Amtmanns des Grafen Schlick erbeuten. Der dabei inszenierte Überfall sollte typisch sein für Unternehmen Widerholts, die er selber als „Stratagem“ bezeichnete. Mehrere als Bauern verkleidete Hohentwieler lenkten die Torwache dadurch ab, indem sie einen Sack Nüsse fallen ließen. Als die Wache die Nüsse aufsammelte, warf man Handgranaten unter sie. Zwar konnte in Folge noch das Fallgatter herunter gelassen werden, aber das wurde mit einer Petarde[91] gesprengt. Widerholt erbeutete dabei 20000 Gulden und ließ darüber hinaus die Stadt plündern. Als Kommandanten setzte er in Folge seinen „Vetter“ Johann Georg ein, der die Stadt bis zum 12. April 1641 halten konnte. Auf dem Rückmarsch übernahm er noch in Tuttlingen die Stelle des Paten, was wohl ein Hinweis darauf sein könnte, dass man sich in der ehemals württembergischen Stadt mit ihm gut stellen wollte. Die direkte Folge dieses Überfalls war, dass der Ritter-Kanton Neckar-Schwarzwald mit Widerholt sich verglich und in Folge Kontributionen entrichtete.
Im Juni führte ein Streifzug, bei dem Widerholt persönlich nicht beteiligt war, bis nach Pfullingen. Auf dem Rückmarsch wurde die Streifschar von dem Kommandanten der bayerischen Festung Hohentübingen, Oberst Alexander von Neuneck,[92] verfolgt. Neuneck wollte den Hohentwielern zumindest ihre Beute abjagen. Aber in unmittelbarer Nähe der Festung wurde er von Widerholt geschlagen und musste sich wieder zurückziehen. Neuneck hatte aber noch zuvor in einem der Dörfer der Herrschaft Stoffeln mehrere Häuser anzünden lassen. Dabei hatte sich Neuneck wohl für einen Besuch der Hohentwieler[93] im Februar bei seinem Bruder Wildhans revanchiert, während Widerholt dies als Affront gegen seine Person sah, worauf Widerholt auch einige Dörfer anzünden ließ.
Im ganzen Verlauf des Jahres kam es permanent zu Gefechten mit bayerischen Reitern, wobei Widerholt nicht wenig davon profitierte, dass man sich bei den Kaiserlichen uneinig war. Dies ging so weit, dass sich die bayerische Garnison von Tübingen ein Gefecht mit einer spanischen Kompanie unter dem uns schon bekannten Oberstwachtmeister Seposi lieferte. Widerholt hingegen schlug zu dieser Zeit Erlach eine gemeinsame Aktion gegen die Reichsstadt Überlingen vor, was Erlach aber mangels Reiterei ablehnte. Widerholt schlug trotzdem zu und konnte zwar nicht die Stadt, aber die 450 Stück umfassende Viehherde der Überlinger erbeuten. Pflichtschuldig erhielt Frau Erlach dann noch mit 12 Kühen ihren Anteil an der Beute.
Trotzdem zogen sich sozusagen dunkle Wolken über dem Hohentwiel zusammen. So war auf dem Reichstag zu Regensburg 1640 vereinbart worden, den Hohentwiel in einer groß angelegten Aktion auch 1641 zu belagern. Neben den Tirolern beteiligten sich nun auch die Kaiserlichen und Bayern an dieser Belagerung. Und sie sollte die am besten organsierte Belagerung werden, die die Festung überstehen musste. Sie begann schon zur Erntezeit, als die beiden bayerischen Regimenter Seposi und Johann Joachim von Wahl erschienen, um die Felder um den Hohentwiel niederzubrennen. Und in Folge versuchten die Kaiserlichen den Verkehr zwischen der Festung und Schaffhausen zu unterbinden, damit die Festung nicht proviantiert werden konnte. Die eigentliche Belagerung begann dann am 9. Oktober. Dazu hatte man aus ganz Süddeutschland Truppen zusammen gezogen und war mit zahlreicher Artillerie vor der Festung erschienen. Den Oberbefehl hatte Generalfeldzeugmeister Ernst Georg Graf von Sparr zu Trampe auf Greifenberg, aber geplant hatte die Belagerung der Kommandant von Konstanz, Oberst Adam Heinrich Keller von Schleitheim. Er kannte die Schwachstellen der Festung und dementsprechend zielstrebig gingen die Kaiserlichen vor. Mit massivem Einsatz von Kanonen und vor allem Mörsern wurde der Festung hart zugesetzt und der Vorhof samt einem Torturm zusammen geschossen. Viel härter traf es Widerholt, dass auch die beiden Wind-Mühlen auf der oberen Festung zerstört worden. Auch der Meierhof, den man wegen der Wasserquelle so lange wie möglich halten musste, wurde dieses Mal früh aufgegeben, weswegen man nur auf das Wasser der Zisternen der oberen Festung zurückgreifen konnte. Letztendlich wurde die Belagerung trotzdem am 9. Dezember aufgegeben und zu einer Blockade übergegangen. Zur Katastrophe kam es für die Kaiserlichen, als Entsatz aus Breisach anrückte und man am 10. Januar in wilder Flucht abrückte. Das Scheitern der mit großem Aufwand betriebenen Belagerung[94] bedeutete für Sparr und Generalfeldwachtmeister Gil de Haes das Ende ihrer Karriere im Dienst des Kaisers. Beide wurden in Wien unter Arrest gestellt, was auch Oberst Keller ein Jahr später aus dem gleichen Grund widerfuhr. Der Grund hierfür war unter anderem, dass unter den kaiserlichen Offizieren permanent gestritten wurde. Oberst Keller, der sich in Sachen Oberbefehl übergangen fühlte, war erst gar nicht bei der Belagerung erschienen und hatte nur seinen Stellvertreter Rost geschickt. Gil de Haes hingegen war mit seinen Regimentern eigenmächtig abgerückt, was neben dem fürchterlichen Wetter ein Grund für die Aufgabe der Belagerung war. Und Sparr hatte mit seinem herrischen Wesen bei allen seinen Kredit verspielt. Unter anderem hatte er sich noch mit Oberst von Neuneck duelliert, der bei diesem Händel schwer verwundet wurde.
Für Widerholt dagegen war dies die bis dahin härteste Belagerung, die er überstehen musste. Zwar wusste er schon seit Sommer, dass die Kaiserlichen eine Belagerung planten, und hatte entsprechend reagiert. So hatte man Wasser in allen verfügbaren Gefäßen gesammelt und zu Beginn der Belagerung die Dragoner samt Pferden nach Breisach geschickt, um so die Wasservorräte zu schonen.[95] Auch hatte man den Kaiserlichen in bewährter Manier mit Ausfällen erhebliche Verluste beschert. Aber diese hatten den Ring um den Hohentwiel immer enger gezogen und im Dezember kam niemand mehr aus der Festung heraus. Zu dieser Zeit musste man wegen den zerstörten Windmühlen das Getreide unter Mühen mit Handmühlen mahlen und das Wasser wurde knapp, weil man wegen des Mörserbeschusses die Dächer mit Mist abgedeckt hatte und so die Zisternen nicht mehr aufgefüllt worden. Das ganze Unternehmen hatte aber in Deutschland für großes Aufsehen gesorgt, was sich in zahlreichen Flugblättern niederschlug. Und Matthias Merian wandte sich deswegen direkt an Widerholt, um Informationen aus erster Hand zu bekommen und „ damit ich selbigs neben andern hohen Kriegshäuptern ins Werk bringen möchte“. Dabei lieferte Widerholt neben einem Bericht der Belagerung noch mehrere Vorlagen für Stiche und betrieb dabei bewusst Propaganda. So meldete das Theatrum Europaeum, dass nur zwei für den Menschen hochnötige Orte beschädigt worden wären, was offensichtlich nicht stimmte. Auch der berühmte Kupferstich der Belagerung zeigt zwar die Ereignisse im Großen und Ganzen korrekt, aber auch hier wurde geschönt. So sind die Feldbefestigungen der Kaiserlichen erheblich stärker dargestellt, als sie in Wirklichkeit waren. Das berühmte Rondell Augusta wurde an eine Stelle gerückt, wo es erheblich effektiver ins Geschehen eingreifen konnte als in der Wirklichkeit. Auch in der Vogelschau der Festung, die Merian 1643 in der „Topographia“ zeigt, ist geschönt, weil die Festung zwei Bastionen mehr zeigt, als zu dieser Zeit vorhanden war.[96] Und spätestens ab jetzt gehörte Widerholt zu den bekanntesten Akteuren dieser Zeit. So fällt er selbst einem Schneider Namens Hans Heberle auf, der Widerholt in diesem Zusammenhang mit folgenden Worten in seinem „Zeytregister“ beschreibt „dan der schwedisch oberest Widerholt, ein dapfferer man“ war.
Für den Entsatz hatte Erlach aus den ganzen Garnisonen Mannschaften zusammen gezogen. Zwar hatten auch sie unter dem Wetter und den grundlosen Straßen gelitten, aber sie brachten am 2./12. Januar den dringend benötigten Nachschub mit, nachdem man im Herbst die Lager nicht auffüllen konnte. Auch wurden sofort die ausstehenden Kontributionen von den Reichsständen gefordert. Sparr, der nun in Radolfzell saß, verbat dies zwar, aber seine Macht war gebrochen, da seine Truppen auseinanderliefen.[97] Im April 1642 genehmigten dann die Kaiserlichen endgültig, dass die Reichstände in der Region an den Hohentwiel Kontributionen entrichteten. Grund hierfür war, dass die Bevölkerung wegen den Drohungen beider Seiten geflohen war und auch die Kaiserlichen keinen Unterhalt mehr bekamen. Die Forderungen, die Widerholt dabei stellte, gingen inzwischen über den normalen Unterhalt hinaus. Zum einen verlangte er von den Jägern der weiteren Umgebung Wildpret, so dass man sagen kann, er residierte wie ein Adliger. Zum anderen wurden die Reichsstände zu Unterstützung der Reparaturen der beschädigten Festung herangezogen.
Im Verlauf des Jahres 1642 gewann dann Widerholt die Oberhand im Hegau und in den angrenzenden Regionen. Er inszenierte eine Reihe von Überfällen, in denen er mehrere kaiserliche Stützpunkte in der Umgebung einnahm und zerstörte. Stockach,[98] die Burgen Hohenbodmann, Homburg und die Nellenburg wurden abgebrannt. Dabei konnte Widerholt einen seiner direkten Widersacher, den Kommandant von Radolfzell, Oberstleutnant Rost, am 25. Oktober gefangen nehmen.[99] Dagegen geht die Burg Wildenstein im Donautal, nachdem man sie am 10. August eingenommen hatte, schon bald wieder verloren. Seine Streifzüge gingen nun bis Blaubeuren,[100] wo man den Abt gefangen nahm und das Kloster plünderte.
Den größten Coup wollte er dann am Ende des Jahres zu landen. Im Verein mit Erlach versuchte er mittels Handstreich die große vorderösterreichische Festung Konstanz einzunehmen. Am 25. November griffen dabei in der Nacht die Hohentwieler mitsamt 2500 Mann aus den anderen Garnisonen die Vorstadt Petershausen an. Widerholts Kundschafter in der Stadt hatten vorher ein Tor geöffnet und an verschiedenen Stellen Feuer gelegt. Trotzdem schlug der Anschlag fehl, da Widerholt vor dem falschen Tor erschien[101] und die Konstanzer die Wälle besetzt hatten. Wohl aus Frust brannten Widerholt und Erlach daraufhin einige Dörfer[102] in der Umgebung nieder, die bis dahin noch keine Kontributionen geliefert hatten, um dann als Ausgleich noch Tuttlingen am 3. Dezember einzunehmen,[103]was man im Lager der Weimarer hinsichtlich der Beute mit dem Spruch, „ nachdem man auf Konstanz gehofft, hieß einen Stein an ein Brot eintauschen“, kommentierte.[104] Der Anschlag auf Konstanz zog in Folge weite Kreise. Die katholischen Mitglieder der Eidgenossenschaft befürchteten, dass, wenn Konstanz in die Hände der Weimarer gefallen wäre, diese Druck auf den katholische Thurgau[105] ausgeübt hätten und auch Erzherzogin Claudia von Tirol beklagte sich bitter über den vermeintlichen Bruch der Erbeinigung[106] bei der Tagsatzung.[107] Deswegen gingen nun die katholischen Mitglieder der Eidgenossenschaft ihren Landsmann Erlach dafür an, der sich darauf berief, dass er in Bern und in der Eidgenossenschaft kein Amt mehr hätte. Pikant war auch, dass der Stadtschreiber von Stein am Rhein, Immenhäuser, als Züricher Beamter offensichtlich an der Planung des Anschlags beteiligt war. Er gehörte zu Freundeskreis des Obersten Widerholt. Letztendlich verpuffte die Aufregung, ohne dass man weitreichende Entschlüsse getroffen hätte.
In diesem Jahr sorgte Erlachs französischer Stellvertreter d’Oisonville für erhebliche Unruhe bei den Weimarern mit seiner Aufforderung an die Obersten, den Schwur auf den französischen König abzulegen. Die Franzosen versuchten seit dieser Zeit Erlachs Kommando immer mehr zu untergraben und forderten auch Widerholt auf, den Eid auf den König abzulegen. Unter anderem führte d’Oisonville später dabei an, dass auch Erlach und die Obersten Friedrich Ludwig Chanovsky von Langendorf und [Vorname weiß ich nicht] Bernhold diesen Eid inzwischen abgelegt hatten. D’Oisonville selber kam deswegen am 6. Oktober persönlich auf dem Hohentwiel und überbrachte Widerholt aber auch die Belobigung seines Königs für die erfolgreiche Verteidigung der Festung bei der letzten Belagerung.[108] Daneben gab es für den Oberst eine Kette mit einer großen Medaille samt Brustbild des allerchristlichsten Königs und 1000 Kronen. Auch die Frau Oberst erhielt mit einem Stück Samt ein Präsent ihrer Majestät.[109] Frankreich versuchte nun auch bei Widerholt mit dem bewährten Mitteln von Verehrungen und Pensionen auf seine Seite zu ziehen, der sich aber offensichtlich zierte. Auf die Pension vom Vorjahr hatte er elegant dahin gehend reagiert, dass er sie für die Garnison und zur Verbesserung der Festung verwendet hatte und somit nicht persönlich davon profitiert hatte. Auch als sie eingegangen war, spielte er erst einmal auf Zeit. An Erlach schrieb er deswegen, „das Brevet sei in französischer Sprache begriffen, daher ihm der eigentliche Inhalte verborgen, er werde es aber nach Schaffhausen schiecken und von vertrauten Leute vertiren lassen.“ Die Antwort Widerholts an den König ließ dann auch auf sich warten.
Statt den Eid zu leisten hielt Widerholt d’Oisonville erst einmal hin und fragte hinter seinem Rücken bei Herzog Eberhard an, wie er sich verhalten solle. Dieser wies Widerholt an, im Sinne des Heilbronner Bundes auf beide Kronen, somit Schweden und Frankreich, zu schwören und versicherte ihn weiterhin seiner Gnade.[110] Aufschlussreich war dabei, wie hierbei die Kommunikation ablief und wer dabei eingebunden war. Vermittler war der schwedische Resident in Benfelden, Richard Mockel. An ihn schrieb Wiederholt am 11./21.10. und Mockel leitete die Anfrage am 19./29.10. weiter. Eberhard schickte daraufhin einen Boten an Mockel, der die Nachricht am 6./16.11. an Widerholt weiterschickte. Pikant war für Widerholt hierbei die Person Mockel. Er war der Vertreter der schwedischen Krone bei Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar gewesen und hatte nach seinem Tod versucht, die Armee für Schweden zu erhalten. Er war aber von Erlach samt den Franzosen ausgebootet worden und deswegen durften wohl Erlach und d’Oisonville nichts davon wissen. Mockel selbst residierte seitdem in Benfelden, einer kleinen Festung[111] nahe Straßburg, und versuchte von hier aus Schweden zu vertreten. Damit war diese Festung für längere Zeit der letzte Rest der schwedischen Macht in Süddeutschland und wurde von Erlach samt den Franzosen kritisch beäugt.
Erlach selbst hatte deswegen schon unmittelbar nach dem erfolgreichen Entsatz des Hohentwiels im Januar die Obersten der Weimarer zu einer Konferenz nach Laufenburg eingeladen. Dabei forderte er die Herren auf, bei der deutschen Nation zu bleiben, auch wenn der französische König für ihren Unterhalt aufkomme. Er machte sich hier wohl den Umstand zu Nutze, dass d’Oisonville, der beim Entsatz beteiligt war, inzwischen nach Paris verreist war und er ungestört von seinem Widersacher sich mit den Offizieren beraten konnte.
Darüber hinaus sollte noch eine Aktionen Widerholts in diesem Jahr Erlach Ärger mit den Eidgenossen einbringen. Diese wandten sich in solchen Fällen direkt an Erlach. Wohl weil sie ihn als einen der ihren ansahen und auch weil er der einzige war, der Widerholt in die Schranken weisen konnte. Im Juni hatte er 2 mit Salz beladene Schiffe auf dem Rhein überfallen, was zu einem geharnischter Protest der 13 Orte nachzog.
Die Kaiserlichen versuchten im Sommer wieder einmal durch ein finanzielles Angebot Widerholt zur Übergabe der Festung zu bewegen. Aber auch dieses Mal bemühte sich in der Person des Grafen Friedrich von Fürstenberg vergeblich[112] um einen Ausgleich. Erlach schrieb er zu diesem Thema, dass er „die Anerbieten alle aber habe abgeschlagen, da ihm seine Ehre, die er für das höchste Kleinod achte, lieber sei als das schnöde Geld und Gut.“
Im Jahr 1643 ging es für Widerholt geradewegs weiter, wie das vorherige geendet hatte. Anfang Januar rückte d’Oisonville mit Teilen der Breisacher Garnison an und gemeinsam setzte man den nächsten Überfall in Szene. Gleichsam im Vorbeigehen hatte dabei d’Oisonville das zwischen dem Hohentwiel und Schaffhausen gelegene Schloss Blumberg erobert und damit einen weiteren kaiserlichen Stützpunkt, der den Hohentwiel blockieren sollte, ausgeschaltet. In der Nacht vom 30. Januar schlug man dann zu und eroberte die Reichsstadt Überlingen, der damit nach Widerholts Worten „das Ehrenkränzlein abgezogen wurde“.[113] Wiederholt hatte schon im vergangenen Jahr die Stadt immer mehr attackiert. Die verarmte Reichsstadt war deswegen inzwischen soweit, dass sie in Verhandlungen wegen Kontributionen mit den Hohentwiel getreten war, auch weil er angedroht hatte, die außerhalb der Stadt gelegenen Mühlen anzuzünden. Aber Widerholt hatte auch ihre Schwachstellen ausgekundschaftet und schlug nun gezielt zu. Angeblich soll er selbst die Petarde an das Grundtor angeschraubt und gezündet haben, während die Wache in der Wachstube Karten spielte. Ohne einen Mann verloren zu haben, eroberte man die Stadt und machte reiche Beute. Aber dieses Mal war Widerholt nur der Junior-Partner, denn die Stadt bekam eine französische Garnison. Trotzdem wurde dieser große Erfolg für die Protestanten vor allem Widerholt zugeschrieben. Hatte man doch zum ersten Mal eine Stadt mit einer brauchbaren Befestigung am Bodensee erobert, was den Schweden reichlich zehn Jahre zuvor mit erheblich größerem Aufwand nicht gelungen war. Die Kaiserlichen reagierten auf den Verlust der Reichsstadt zum einen mit einer Seeblockade der Stadt und zum anderen damit, dass man die Eidgenossen dazu aufforderte, im Falle des nun erwarteten Angriffs auf Konstanz diese Stadt zu unterstützen. Widerholt hatte dagegen sozusagen Konkurrenz aus dem eigenen Haus bekommen. Beanspruchte doch nun der französische Kommandant der Stadt, Charles Christoph de Mazencourt, vicomte de Courval, nun Kontributionen von Reichsständen, die bisher an Widerholt gezahlt hatte.
Und Ende Juni erschienen dann auch noch die Weimarer[114] im Hegau und lagerten bis zum 15. Juli unterhalb der Festung. Widerholt hatte im Vorfeld schon die umliegende Bevölkerung gewarnt, wohl in Hinblick darauf, dass die Armee wenig Rücksicht auf die Bevölkerung nehmen und die Region ausplündern würde. Hintergrund hierbei war, dass die Armee, der Widerholt seit 1638 angehörte, erstmals seit 1639 wieder in der Region operierte.[115] Unter ihrem französischen Oberbefehlshaber Jean Baptiste de Budes, comte de Guébriant, wollte sie in diesem Jahr nach Bayern einbrechen, wurde aber in Folge unweit von Pfullendorf von den Bayern gestellt. Daraufhin zog sich die Armee zurück und belagerte erfolglos Rottweil. Die Bayern unter Generalfeldmarschall Franz von Mercy agierten während des ganzen Jahres defensiv, schafften es aber immer wieder, nicht nur den Weimarern den Weg nach Bayern zu verlegen, sondern auch mit gezielten Überfällen die Armee zu ruinieren.[116] Im November wagte dann Guébriant, er war inzwischen durch mehrere französische Regimenter verstärkt worden, Rottweil zu belagern. Widerholt unterstützte Guébriant bei dieser Gelegenheit mit zwei halben Kartaunen und vor allem mit Informationen über die Befestigung Rottweils.[117] Wohl auch deswegen griff man dieses Mal die Schwachstelle der Befestigung an, konnte man die Stadt am 18. November zur Übergabe zwingen. Anschließend ging die Armee in der Gegend von Tuttlingen in die Winterquartiere, während ihr schwer verwundeter Oberbefehlshaber in Rottweil blieb.[118] Hier wurden die Weimarer am 24. November von den Kaiserlichen überrascht und die Armee wurde bis auf wenige Regimenter zerschlagen. Damit änderte sich für Widerholt die Lage dramatisch, denn nun standen den Kaiserlichen in Süddeutschland nur noch die Garnisonen der Weimarer entgegen und Widerholt musste mit einer weiteren Belagerung rechnen, wobei dieses Mal kaum mit Entsatz zu rechnen war. Widerholt selber hielt sich an diesem Tag nach den Angaben des Salemer Mönches Bürster in Schaffhausen auf. Seine Beschreibung dazu ist sehr aufschlussreich in Bezug auf die Stellung, die Widerholt in der Region hatte. Bürster schreibt dazu: „Und eben zur selben Stund zue Schaffhausen bey einer fürnähmen hochzeit, welche ihne mit 400 pferden eingeholdt und entgegen gerüdten, auch sein fraw also pompisch und prächtig uffgezogen, daß neben anderen klainodien, so sie angetragen, auch ain guldin kädten gehabt, an deren glaich schier aineß klainen fingerlin dick geweßen sein; sol auch jedermänigklich wolauf und im besten mouth geweßen sein. Interim kombt die traurige botschaft, ainer nach der anderen, der ain mit ainem bluotigen kopf, der ander sonst ubel zugericht, letslich ainer mit ainem schreiben, nit anderst, alß zue dem Job ainer nach den anderen. Erste sagen, sie seyen geschlagen, andere, seyen auch umb pagagi und stuck kommen, drüdte, seyen um ganze infantoreyen und fußvolk komen, biß lestlichen der ihme daß schreiben, in deme der ganze inhalt und verlauf begrüffen waß, zuestelte, uff welches er, Hohentwieler, ganz traurig uffgestanden, zue pferd gesezen und seinem rappennäst, gleich alß ain dax seiner hölin, ganz traurig zue gerüdten, ainen bodten under anderen gefragt, ob seine stuck auch hin seyen“. Angefügt ist dann noch: „Sein glück gewesen, wer er auch erdapt und gefangen worden“. Zwar muss man Bürster Parteilichkeit unterstellen, aber vieles bei dieser Schilderung der Ereignisse ist dennoch recht aufschlussreich. Widerholt scheint in dem protestantischen Schaffhausen sehr angesehen gewesen zu sein und sein Auftreten war das eines großen Herren. Und zum ersten Mal wird auf seine Frau eingegangen. Ganz im Stil der Zeit wird der Schmuck, den die Frau Oberst trägt, genau beschrieben und der Auftritt als überzogen klassifiziert. Weiter führte die Flucht der Weimarer über Schaffhausen und so kam Widerholt schon früh zu Informationen über die dramatische Wende des Kriegsgeschehens. Alles andere überraschend war, dass Widerholt auf seine Festung zurückkehrte. Auch geht Bürster auf die beiden Kanonen ein, um die Widerholt sich sorgte. Der Hintergrund ist hier, dass der Hohentwiel offenbar 2 halbe Kartaunen für die Belagerung von Rottweil zur Verfügung gestellt hatte und diese wohl von den Kaiserlichen bei Tuttlingen erbeutet worden waren. Und Bürster dürfte auch bekannt gewesen sein, dass Widerholt sich mehrere Kanonen gießen ließ und ihm der Verlust besonders nahe ging.[119]
Nach Tuttlingen gingen die Kaiserlichen gleich daran, Rottweil zu belagern, das sie am 3. Dezember per Akkord einnahmen.[120] Als nächstes belagerten die Kaiserlichen Überlingen. Doch die Belagerung wurde wegen des schlechten Wetters nach kurzer Zeit abgebrochen und stattdessen versuchte man nun Überlingen und den Hohentwiel zu blockieren. Dieser Zustand hielt bis zu Anfang April an, dann eröffneten die Kaiserlichen wieder die Belagerung von Überlingen. Widerholt schrieb aber schon am 12. Januar, dass für ihn die Lage nun bedrohlich werde. Neben den Reitern, die in großer Zahl in der Umgebung einquartiert worden waren, führte er dabei rückständigen Sold an und dass es immer schwerer würde, Kontributionen einzutreiben.
Von den Kaiserlichen dagegen wurde er nun zweimal aufgefordert, die Festung zu übergeben. Wieder einmal war es Oberst Äscher, der sich am 23. Januar schriftlich an Widerholt wandte und wie gewohnt eine Abfuhr einhandelte. Erneut hatte man Widerholt Geld, Pardon und Ämter angeboten. Und in einem zweiten Schreiben vom 13. Februar deutete Äscher an, dass ihm selbst seine eigene Partei misstraute und er deswegen mit einem Anschlag auf sein Leben rechnen müsse. Dass Schreiben ging zwar zerrissen an Äscher zurück, aber musste doch Eindruck auf Widerholt gemacht haben. Wohl auch deshalb gingen die Unterhandlungen weiter. Mit von der Partie waren nun Oberst v. Rost und der Domdekan von Praßberg sowie Widerholts Vertrauter Stadtschreiber Immenhäuser von Stein. Zu Anfang stellte sich Widerholt noch stur, aber in Folge zeigte er dann auf, was seine Motivation und Bedingungen für einen Vergleich waren. Zwar schrieb Widerholt dazu: „Das Mittel, daß er vorschlage, seye eben dieses, warum er bis jetzt Feind gewesen; hoffe den Herren von Württemberg ihr Land durch solche Mittel wieder bekommen, und gleichwie man in dem Land hause, also plage er diese Orte ebenmäßig wie er könne, wobei es verbleibe.“ Und dass, wenn er einen Vergleich schließen würde, dies mit Wissen und Zustimmung von Herzog Friedrich und der gesamten Generalität geschehen müsse. Es folgten dann noch weitere weitgehende Bedingungen wie zum Beispiel, dass ein Vergleich vom Kaiser und allen Kurfürsten bestätigt werden müsse.
Nichts desto trotz gelangen Widerholt aber auch noch seine berühmt-berüchtigten Überfälle. Bei Hemishofen konnte er eine Gruppe Soldaten überfallen, die für Venedig geworben worden waren. Am 4. April begann dann die Belagerung Überlingens, die bis zum 20. Mai dauern sollte. Ohne Aussicht auf Entsatz und wenig Unterstützung vom Hohentwiel schloss Courval einen Akkord ab, nachdem die Kaiserlichen Bresche geschossen hatten und mit einem Sturm auf die Stadt gerechnet werden musste. Wenige Tage vorher hatte die französische Garnison das im Vorjahr eroberte Schloss Blumberg aufgeben und gesprengt. Damit stand nun der Hohentwiel allein. Widerholt hatte während der Belagerung fortwährend an Erlach berichtet. Nach dem Fall von Überlingen versprach er Erlach in einem Schreiben vom 24. Mai zwar seine Pflicht zu tun, aber bat gleichzeitig um Unterstützung bzw. um Entsatz. Erlach und der neue Befehlshaber der Armee, Feldmarschall Turenne, hofften zu dieser Zeit, dass sich der Hohentwiel wie bei den vorangegangenen Belagerungen halten könne und man so Zeit hätte, wieder eine Armee auf die Beine zu stellen.
Ende Mai rückte dann die bayerische Armee unter Generalfeldmarschall Franz von Mercy vor den Hohentwiel und blockierte ihn. Dazu baute man mehrere Schanzen rund um die Festung, so dass Widerholt an Erlach schrieb, der Feind habe ihn mit Schanzen wie einen Jakobsbruder mit Muscheln umhängt. In dieser Situation lenkte Widerholt nun scheinbar ein. Am Tag der Übergabe Überlingens verfasste er ein Schreiben an Herzog Eberhard, in dem er schrieb „ daß da des traurigen Zustands der Umgebung und des vielen Blutvergießens wegen verschiedener Ansinnen von Wichtigkeit an ihn gestellt seyen, er nicht umhin könne, dem Herzog hierfür seine Gemüthsmeinung entdecken zu lassen, und zu diesem Zwecke den Stadtschreiber Immenhäuser mit der Bitte an ihn zu senden, demselben völligen Glauben zu schenken.“ Immenhäuser reiste in Folge dann zum Herzog und kehrte mit den beiden württembergischen Gesandten Lützelburg und Jäger zurück in den Hegau. Und tatsächlich wurde schon am 31. Mai der so genannte „Hohentwielsche Rezess“ geschlossen. An den Verhandlungen waren neben, Widerholt, Immenhäuser sowie den beiden württembergischen Gesandten auf Seiten der Bayerischen Feldmarschall Franz von Mercy und Generalkommissär Schäffer beteiligt. Außen vor hingegen waren die Weimarer bzw. die Franzosen, die Kaiserlichen und das Erzherzogtum Tirol. Dabei wurden folgende Punkte vereinbart:
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Oberst Widerholt übergibt die Festung Hohentwiel dem Herzog Eberhard von Württemberg unter der Bedingung, daß die demselben und seinem Hause ewig verbleiben solle.
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Der Kaiser soll in Beziehung auf den Herzog von Württemberg die Aufhebung der Generalamnestie kassieren und denselben zu seinen Leuten und Landen in Geist- und Weltlichen vollkommen gelangen lassen.
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Bis Vorbemerktes geschehen seyn wird, erbiete sich Oberst Widerholt mit allen Feindseligkeiten ganz einzuhalten, und sich bloß vertheidigungsweise zu benehmen.
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Weil aber die Besatzung von Hohenwiel unterdessen unterhalten werden muß, ohne die Magazine anzugreifen, sollen ihm an den noch ausstehenden 35000 Gulden Kontributionsgelder innerhalb der nächsten Tage von den Kaiser oder dem Kurfürsten 15000 Gulden baar nach Hohentwiel erlegt, die übrigen 20000 Gulden aber innerhalb Monatsfrist auch baar bezahlt werden. Sollte die kaiserliche Bestätigung über die Heu- und Erntezeit ausbleiben, so behält sich Widerholt die Einbringung des Heu’s, Oehmds und der Zehnten vor. Während des Stillstands bis zum Eintreffen der kaiserlichen Bestätigung wird dem Obersten und seinen Untergebenen der freie Wandel von der Festung herab und hinauf, sogar zur Jagd, zugesichert.
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Dem Obersten Widerholt, sämtlichen Offizieren und Soldaten, auch Privatdienern, nebst dem Pfarrer und Keller, wird für jetzt und künftig von dem Kaiser und von dem Herzog von Württemberg vor der Uebergabe der Festung ein vollkommener Generalpardon eingehändigt, kraft welchem der Oberst und seine sämtlichen Untergebenen und Angehörigen, für alle bis jetzt von ihnen verübte Handlungen in Ewigkeit nicht besprochen noch unter irgend einem Vorwande angefochten werden dürfen, sondern was immer geschehen, alles gänzlich verziehen, vergessen, todt und ab seyn solle.
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Wenn vor der kaiserlichen Bestätigung, oder nach derselben und darauf erfolgender Uebergabe an den Herzog, die Festung von irgend einem feindlichen Heere belagert oder eingeschlossen werden sollte, sollen Kaiser und Kurfürst solche zu rechten Zeit zu entsetzten verbunden seyn, aber der daraus entstehenden Kriegskosten wegen, an die Festung oder dem Herzog von Württemberg seinen Ersatz zu fordern haben.
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Wenn nach eingelangter kaiserlicher Bestätigung Widerholt, seiner Zusage gemäß, dem Herzog von Württemberg die Festung übergibt, soll es diesem ganz freigestellt seyn, den Oberbefehlt und die Besatzung nach Belieben zu verändern oder zu bestätigen.
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Weil Oberst Widerholt dieses Alles ungezwungen mit Zurückweisung ihm vielfältig angebotener großer Summen, allein aus treuem, redlichen und christlichen deutschen Herzen, dem Herzog von Württemberg, dem Lande und den allgemeinen Reichswesen zu Besten aufrichtig zu halten und zu thun verspricht, so versieht er sich auch, daß der Kaiser, der Kurfürst und ihre Generale, wie auch der Herzog von Württemberg ihm und den Seinigen mit gleicher Treue begegnen und nichts Nachteiliges werde verfügt werden.
Zwar jubelte der Salemer Mönch Bürster über den Vergleich aber es war recht unwahrscheinlich, dass der Kaiser und der bayerische Kurfürst zustimmen würden. Praktisch würde damit der Prager Frieden gekippt, um eine drittklassige Festung zu neutralisieren. Trotzdem wahrten beide Parteien den Schein und man hielt sich an den vereinbarten Waffenstillstand.
In dieser Zeit ließ Widerholt sein Vieh auf den Weiden nahe der Festung, während die Bayern ungestört an ihren Schanzen weiter bauten. Widerholt lud die bayerischen Offiziere sogar zu einem Trinkgelage ins Dorf Singen unterhalb der Festung ein. Am 3. Juni war das friedliche Leben vor dem Hohentwiel dann wieder zu Ende. Völlig überraschend waren die neu formierten Weimarer unter Turenne bei Hüfingen aufgetaucht und hatten die bayerische Voraussicherung zusammen geschlagen. Zwar zogen die Weimarer sich gleich wieder an den Rhein zurück, aber Mercy wusste nun, dass er es wieder mit einem ernst zu nehmenden Gegner zu tun hatte. Am 11. Juni traf der Befehl des bayerischen Kurfürsten ein, dass man den Rezess nicht akzeptieren und die Blockade wieder aufnehmen solle. Aufgrund der veränderten Lage zog dann aber die bayerische Armee am 24. Juni in den Breisgau ab und ließ drei Regimenter zurück, die die Festung weiter blockieren sollten.[121] Quasi als letzte Maßnahme versuchte der bayerische Generalkommissar Schäffer am 25. Juni durch eine Geldzahlung Widerholt doch noch zur Übergabe zu bewegen. Als dann die restlichen bayerischen Regimenter Ende im August abzogen, war auch diese Belagerung gescheitert. Widerholt feierte dieses Ereignis auf seine Weise und nahm dem abziehenden Belagerungskorps noch vier Kanonen ab.
Zwar erscheint dies im ersten Moment als ein weiterer Triumph Widerholts, aber alle beteiligten Parteien fühlten sich in irgendeiner Weise von Widerholt getäuscht.
Die Weimarer in Verein mit den Franzosen trauten ihm nun jetzt noch weniger. Zwar hatte Widerholt zu Anfang der Belagerung Erlach noch berichtet, der wiederum am 20. Mai Widerholt meldete, dass Turenne der Festung im Falle einer Belagerung Entsatz schicken würde. Am 23. Mai ging noch die Nachricht ab, dass die bayerische Armee vor dem Hohentwiel aufgezogen sei. Aber dann erhielt Erlach keine Nachrichten mehr von Widerholt. Stattdessen erhielt nun Erlach vom französischen Ambassadeur in der Eidgenossenschaft, Caumartin, die Nachricht, dass Widerholt mit den Bayern verhandeln würde. Selber hätte Widerholt ihm geschrieben, dass ihm außer Geld für Sold es auf der Festung an nichts fehlen würde. Erlach wiederum bezweifelte an einem Schreiben vom 4. Juni an Caumartin, dass Widerholt die Festung übergeben werde, obwohl er inzwischen auch von den Verhandlungen gehört hätte. Im Gegenzug schickte Caumartin Erlach eine Abschrift des Rezesses, den er von Stadtschreiber Immenhäuser erhalten hatte. Nun wurde Erlach misstrauisch und sandte seinen Rittmeister Leitzschen nach Schaffhausen, um die Lage vor Ort zu sondieren und ggf. einzuschreiten. Leitzschen hatte unter anderem von Erlach die Vollmacht erhalten, im Falle einer Übergabe die Garnison auf seine Seite zu ziehen und Widerholt abzusetzen. Widerholt nahm zwar daraufhin schriftlich Kontakt zu dem Rittmeister auf und versicherte, dass er nie von seiner Partei abgewichen wäre und die Verhandlungen nur geführt hätte, um Zeit zu gewinnen. Gleichzeitig untersagte er aber seinen Soldaten, mit Leitzschen persönlich zu sprechen.
Zu Ende Juni hatte dann Erlach wieder direkten Kontakt zu Widerholt. In einem Brief vom 20.Juni schrieb er, dass ihn Widerholts Versicherungen beruhigt hätten, erinnerte ihn aber gleichzeitig eindringlich an seine Pflichten gegenüber Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar und dem König von Frankreich. Auch ein Schreiben Turennes mit gleichem Inhalt traf auf der Festung ein. Aber für Widerholt sozusagen im Hintergrund rasten nun die Briefe hin und her. Erlach hatte inzwischen herausbekommen, dass Widerholt den Kontakt mit dem Ambassadeur gesucht hatte und Caumartin mehrere Schreiben Widerholts, die für Erlach bestimmt waren, zurückgehalten hatte. Dadurch und dass der Botschafter offensichtlich sein Kommando über die Festung untergraben wollte, kam es zu einem handfesten Streit, den der König dahingehend entschied, dass Erlach auch weiterhin das Kommando über die Festung haben sollte. Einig hingegen waren sich Erlach, Turenne und die anderen französischen Würdenträger, dass man Widerholt nicht mehr trauen konnte. Mit zu diesem Bild hatten die Klagen von Oberst Courval beigetragen, der sich bitter über die mangelnde Unterstützung Widerholts während der Belagerung Überlingens beklagt hatte. Zum Schein sollte man aber Widerholt versichern, dass man seine Treue schätzen würde. Am 6. Juli forderte dann Erlach Widerholt noch einmal nachdrücklich auf, sich für den französischen König zu erklären. Zumindest Turenne konnte der ganzen Affäre eine gute Seite abgewinnen, dass man so wertvolle Zeit gewonnen hatte, um die Armee neu zu formieren. Im November schickte Erlach dann seinen General-Auditor auf die Festung. Dieser nahm Widerholt und der Garnison den Eid auf den französischen König ab. Weiter gestattete Widerholt jetzt auch, dass ein Offizier unter ihm dienen könne, der das volle Vertrauen des Königs hätte und beider Sprachen in Wort und Schrift mächtig wäre. Und noch einmal gab Widerholt dabei die Erklärung ab, dass er die Verhandlungen nur zum Schein geführt hätte.
Die bayerische Armeeführung unter dem Kommando von Feldmarschall Franz von Mercy war sich wohl von vorn herein einig, dass Widerholt ein doppeltes Spiel treiben würde. Sie sahen den Hohentwiel als württembergische Festung mit einem französischem Mäntelchen an und dass Widerholt vor allem daran gelegen war, die Festung dem Herzogtum zu erhalten. Daher gingen sie gerne den Vergleich ein, auch weil sie in den Jahren zuvor erfahren hatten müssen, dass die Festung nur unter großen Anstrengungen zu erobern wäre. Auch die Aussicht, die Festung im Falle einer Eroberung gleich an Tirol abgeben zu müssen, mag Mercy bewogen haben, diesen faulen Kompromiss einzugehen. Mercy war wohl von vorne herein klar, dass weder der bayerische Kurfürst noch der Kaiser den Rezess akzeptieren würde und Generalkommissar Schäffer hatte Widerholt die im Rezess vereinbarten Gelder unter einem Vorwand nicht ausbezahlt. Gleichzeitig hatte man von Herzog Eberhard 3000 Gulden Beitrag für die Belagerung der Festung verlangt und ihm, als er sich weigerte, etliche „Pressreiter“ nach Stuttgart gelegt. Wahrscheinlich wollte Mercy „nur“ Blut sparen, doch letztendlich hatten aber die Bayern wertvolle Zeit vor dem Hohentwiel verschwendet. In den Wochen, die man vor dem Hohentwiel letztendlich still gelegen hatte, war die günstige Gelegenheit verflossen, Breisach zurückzugewinnen.[122]
Für den Kaiser und den bayerischen Kurfürsten hingegen war der Rezess nicht akzeptabel. Hätte man dafür, dass eine Festung neutralisiert würde, sozusagen den Prager Frieden und das Restitutionsedikt gekippt. Einzig der 1. Minister des Kaisers, Trauttmansdorff, konnte dem Rezess Positives abgewinnen. Er sah wohl, wie viel Umstände diese Festung seit Jahren bereitete, und fand den Preis für eine Neutralisation vertretbar.
Überhaupt nicht an den Verhandlungen beteiligt war hingegen das Erzherzogtum Tirol, obwohl diesem seit dem Prager Frieden die Festung zustand. Erzherzogin Claudia konnte deswegen nichts Gutes an dem Vertrag finden.
Der württembergische Herzog Eberhard wäre bei dem Handel auf dem ersten Blick der große Gewinner gewesen. Er hatte dann auch den Vertrag am 4. Juni abgesegnet. Aber da von vorn herein abzusehen war, dass der Rezess nie ratifiziert worden wäre, kamen die alten Verdächtigungen auf, dass er letztendlich immer noch Einfluss auf Widerholt hätte. Damit saß er wieder einmal zwischen den Stühlen, so dass weder die Kaiserlichen noch die Franzosen ihm trauten.
Widerholt hingegen hatte in dieser kritischen Phase, als die gesamte bayerische Armee vor seiner Festung aufgetaucht war und mit Entsatz nicht gerechnet werden konnte, auf Zeit gespielt und gewonnen. Deshalb hatte er den Rezess abgeschlossen, obwohl ihm von vorn herein klar gewesen sein musste, dass er nie in Kraft treten würde. Aber dafür hatte er alle Parteien gegeneinander ausgespielt und keiner traute ihm noch. Aber unmittelbare Konsequenzen ergaben sich daraus nicht und er kommandierte weiterhin seine Festung. Doch musste er nun, nachdem er sich die Jahre zuvor gesträubt hatte, einen französischen Offizier in seine Reihen aufnehmen.[123]
Eine etwas undurchsichtige Rolle spielte in dieser Zeit der Amtschreiber von Stein an Rhein, Immenhäuser. Man bezeichnete ihn als Widerholts Vertrauten und Freund, aber eine offizielle Funktion auf der Festung hatte er nicht. Trotzdem wurde er und nicht ein Offizier der Garnison von Widerholt im Mai zu Herzog Eberhard geschickt und er war an allen Verhandlungen in diesem Jahr beteiligt. Gegenüber den beiden württembergischen Gesandten hatte er dabei die Bemerkung fallen lassen, dass Widerholt auch dieses Mal die Verhandlungen zum Schein führen sollte, die dies daraufhin dem Herzog mit „höchster Bestürzung und Verwunderung“ berichteten. Offensichtlich gab es zwischen Widerholt und Eberhard neben dem offiziellen Kanal, dem die beiden Gesandten angehörten, noch einen inoffiziellen.
Nach Aufhebung der Blockade ging Widerholt in bewährter Manier vor. Die Reichsstände hatten wieder Kontributionen zu entrichten und mussten natürlich auch die für die vergangenen Monate entrichten. Und sie mussten erst einmal Schanzer stellen, um die Schanzen rings um den Hohentwiel zu schleifen. Im Hegau selbst lagen nur noch schwache kaiserliche Truppen, die seine Kreise kaum einschränken konnten. Im Laufe der nächsten Monate profitierte Widerholt immer mehr davon, dass sich das große Kriegsgeschehen weiter nach Norden verlagert hatte[124] und er seine Streifzüge vor allem nach Oberschwaben ausdehnen konnte. Natürlich ging er auch weiter daran, verschiedene kaiserliche Stützpunkte auszuheben. Den Anfang machte er am 17. Februar 1645, als er Tuttlingen eroberte. Und dieses Mal ließ er die Befestigung des ewigen Zankapfels schleifen, wie auch die der oberhalb der Stadt gelegenen kleinen Festung Honburg.[125] Am 27. Februar scheiterte er dagegen bei einem Angriff auf die benachbarte Festung Radolfzell. Im April streiften die Hohentwieler in Oberschwaben, wo sie bis kurz vor Memmingen kamen. Die Gegend um Rottweil und Villingen wurde dann im Juli heimgesucht.
Währenddessen war sich der kaiserliche Kommandant von Lindau, Max Willibald von Waldburg-Wolfegg, bewusst, dass nun auch seine Festung über kurz oder lang von Widerholt angegriffen würde. Daher forderte er vom Kaiser und vom bayerischen Kurfürsten Gelder, um seine Befestigung in Stand zu setzen und um Proviant einzukaufen. Tatsächlich konnte er dann am 4. April nicht nur 8 Soldaten vom Hohentwiel in unmittelbarer Nähe von Lindau gefangen nehmen, sondern auch den Lindauer Bürger Peter Frey, der mit anderen Stadtbewohnern zusammen Waldburgs Kommissar Handel ermorden wollte.[126] Spätestens nun war klar, dass Widerholt auch in Lindau seine Kundschafter hatte und über kurz oder lang einen Anschlag auf die Festung wagen wollte.[127]
Eine größere Aktion im Verein mit Teilen der Breisacher Garnison fand dann im August statt. Hier operierte man in der Region um Ravensburg und plünderte unter anderem Buchhorn und Tettnang aus.
Aber viel wichtiger für Widerholt war, dass man dabei den Prälaten von Weingarten, Domenikus Laymann, gefangen nehmen konnte. Er war zwar vorsorglich nach Ravensburg geflohen, aber mit der Drohung, sein Kloster nieder zu brennen, hatte man ihn aus der Stadt gelockt. Ihn brauchte Widerholt als Faustpfand, nachdem sein Keller Stefan Stockmaier Anfang Juni auf dem Rückweg von Schaffhausen von Bauern gefangen genommen worden war, die ihn an die Bayern ausgeliefert hatten. Diese hatten ihn nach Ingolstadt in Festungshaft gelegt und er wurde dort mehrmals verhört. Dabei interessierten sie sich für die Zustände auf der Festung und wer Widerholts Kundschafter waren. Auch war für sie interessant, in welchem Verhältnis Widerholt zu Herzog Eberhard stand. Stockmaier spielte laut den Verhörprotokollen den Ahnungslosen und machte fast nur Angaben zu seiner Arbeit als Keller. Zumindest verriet er, dass Widerholt keinen festen Stellvertreter hätte. Angesprochen wurde Stockmayer auch auf die beiden halben Kartaunen, die Widerholt 1638 für die Belagerung Rheinfeldens zu Verfügung gestellt hatte.
Widerholt hingegen wollte diesen für ihn so wichtigen Mann[128] schon wegen seines Wissens, aber auch aus Loyalität wieder frei bekommen. Und mit dem Prälaten hatte er nun ein gewichtiges Druckmittel. Beide wurden dann am 28. Februar 1646 gegeneinander ausgetauscht, wobei man für den Prälaten noch 4000 Taler Lösegeld einstrich. Natürlich musste das Kloster fortan Kontributionen an den Hohentwiel entrichten und alle anderen Kosten begleichen. So sollten dem „Gastgeber“ auf der oberen Festung, in diesem Fall wohl der Oberst persönlich, für die Zehrung 177 Gulden und 50 Kreuzer zustehen. Die Frau Oberst solle als Kopfgeld für zwei Monate einen Bezoar in Gold gefasst verehrt bekommen und ein Bild der Dame kostete den Prälaten 3 Gulden. Dem Obersten und seinem Oberstleutnant wurde auf „gesehenes Zumuthen“ jeweils ein Pferd verehrt. Für Verehrungen auf dem Hohentwiel und in Überlingen, wo wohl die Verhandlungen stattfanden, wurden 137 Gulden und 34 Kreuzer aufgewendet. Natürlich beglich der Prälat in seiner Güte noch das Lösegeld von Keller Stefan Stockmayer in Höhe von 300 Gulden. Alles im allem kostete die Gefangenschaft dem Prälaten 15431 Gulden und 46 Kreuzer. Gut zu sehen ist hierbei, dass mit Gefangenen ein gutes Geschäft zu machen war. Sie konnten wohl kaum über die Preise verhandeln und als selbstverständlich wurde es wohl auch angesehen, dass alle Beteiligten Geschenke erhielten.
In diesem Jahr hatte Widerholt dann es auch noch zweimal mit Mitgliedern des Hauses Württemberg zu tun, zum einen mit Ulrich, einem weiteren Bruder des regierenden Herzogs. Er war zu dieser Zeit Oberst in der bayerischen Armee und hatte vom Kurfürsten den Auftrag erhalten, die Streifereien der Hohentwieler zu unterbinden. Dazu sollte mit seinem Regiment Reitern im Verein mit den Festungen am See und einer Landmiliz ein Korps gebildet werden. Am 18. Oktober erließ Ulrich ein offenes Patent, in dem er bekannt gab, dass er die Hohentwieler als Feinde verfolgen wolle und er die Lieferungen auf den Hohentwiel untersage. Widerholt reagierte auf das Patent überhaupt nicht.[129] Stattdessen kam es zu mehreren kleinen Gefechten, bei denen die Bayern den Kürzeren zogen. Letztendlich musste Ulrich aus der Region abziehen, ohne etwas ausgerichtet zu haben, auch weil die Garnisonen sich an dem Werk nicht beteiligten und die Miliz nie auf aufgestellt wurde.
Viel wichtiger für Widerholt war aber der Besuch von Herzog Friedrich im November 1645. Denn in seiner Anwesenheit als Vertreter des Herrscherhauses wurde am 26. November die von Widerholt zur Ehren der Heiligen Dreifaltigkeit gebaute evangelische Kirche auf dem Hohentwiel eingeweiht. Mit Gebeten, Gesängen und einer mehrstündigen Predigt[131] beging man den ersten Gottesdienst in einem Haus, dessen Bau den Umständen dieser Zeit entsprach. Die Predigt schrieb dabei niemand Geringeres als Daniel Rücker, Herzog Bernhards gewesener Hof- und Feldprediger. Natürlich erschien die Predigt unter dem Titel „Hohentwielsche Kirchenweihe. Das ist: Christliche Einweyhungs-Predigt der auff der Festung Hohentwiel newerbawten Kirchen als selbige den 26- Novembris am Tag Conradi, deß 1645. Jahrs Christlicher Gewonheit nach auff recht evangelische Art und Weiß eingeweyhet worden“.[131]
An der Kirche hatte Widerholt schon seit 1639 gebaut und die Ausstattung zum Teil auf seinen Streifzügen erbeutet. Die Orgel war bei der Einnahme von Überlingen aus einem Kloster genommen[132] worden und die zehn Glocken hatte man zum Teil in der Umgebung erbeutet oder sie wurden mit Kontributionen verrechnet. Sozusagen als Krönung des Ganzen hatte er mit den Kontributionen der umliegenden katholischen Reichsstände einen Glockenturm gebaut, der den höchsten Punkt der Festung darstellte und von überall her zu sehen war und noch zu sehen ist. Nachdem man bisher sich mit Provisorien hatte begnügen müssen, hatte konnte nun Widerholt mit seiner ganzen Garnison in einem würdigen Rahmen den Gottesdienst halten.[133] Für den aufrichtigen Protestanten Widerholt war dies wahrscheinlich der Höhepunkt seines Aufenthalts auf der Festung,[134] hatte er doch in dieser für die Protestanten so düsteren Zeit eine neue Kirche in mitten der Feinde gebaut. Damit war er vor allem nun der Held der protestantischen Prediger geworden.
Sein Selbstbewusstsein zeigte sich auch mal wieder gegenüber den Franzosen oder wie er Immenhäuser geschrieben hatte; „ wegen der Franzosen wisse er wohl, was zu trauen.“ Erlach stellte ihm ein Brief vom Pariser Hof zu, in dem Widerholt aufgefordert wurde, den Eid auf den neuen König Ludwig XVI abzulegen. Widerholt stellte sich quer, worauf der Hof mit einem schmeichelhaften Schreiben antwortete. Letztendlich leisteten Widerholt und seine Mannen den Eid auf den späteren Sonnenkönig am 13. Mai gegenüber einem Kommissar. Dagegen wurde nun Friedrich von Württemberg, der im Oktober auf die Festung kam, von den Franzosen zur unerwünschten Person erklärt.[135]
Auch in Jahr 1645 gab es eine Initiative, um die Festung zu neutralisieren. Dieses Mal intervenierte Schaffhausen erfolglos beim französischen Ambassadeur Caumartin, wobei Widerholt bei den Verhandlungen nicht mit eingebunden worden war.
Im Januar 1646 streifte Widerholt dann ungehindert von den feindlichen Garnisonen Radolfzell und Konstanz auf dem Bodanrück bis vor die Tore von Konstanz. Ziel war unter anderem die Insel Reichenau. Die Insel hatte sich da hin wegen ihrer Lage leisten können, keine Kontributionen an den Hohentwiel zu zahlen. Der Zugang der Insel, ein Damm, war durch einen Turm samt Schanze gesperrt, die von einer Korporalschaft der Lindauer Garnison besetzt war. Nichts desto trotz hatte er natürlich die Insel ausgekundschaftet und unter anderem eine Furt gefunden, die bei niedrigem Wasserstand genutzt werden konnte. Aber ein Anschlag mit Schiffen scheiterte, weil man abgetrieben wurde.
Ein weiterer Anschlag der Hohentwieler im Januar zielte dann in die Gegend von Ulm. Hier überfiel man mehrere Dörfer, in denen die Bagage bayerischer Einheiten lag. Der Schneider Heberle aus Neenstetten meint dazu: „Welches unß kein leid geweßen, sondern ein fewdt und lust“. Dies ist ein konkreter Hinweis, dass auch hier Widerholt nicht nur Sympathisanten, sondern auch Informanten gehabt haben muss.
Auch eine weitere Aktion, dieses Mal im Verein mit Friedrich von Württemberg, glückte. Am 2. März überrumpelte man die bayerische Garnison von Sulz und nahm die Stadt ein. Wieder einmal setzte man dabei eine Petarde erfolgreich ein, um ein Tor aufzusprengen. Im April suchte man mal wieder die Landvogtei Schwaben heim. Sie zahlte immer noch keine Kontributionen und dieses Mal wurde das Kloster Hofen geplündert.
Mit Oberstleutnant Hans Friedrich Pissinger kam Ende Juli wieder einmal ein bayerisches Regiment Reiter in die Region, das die Streifereien Widerholts unterbinden sollte. Von Rottweil schrieb er einen derb gehaltenen Brief an Widerholt und bedrohte ihn. Widerholt antwortete mit einem gleichermaßen derb gehaltenen Schreiben. Nach diesen Nettigkeiten bat Pissinger dann um einen Pass für seine Frau und seine Tochter, um dann kaum einen Monat später wieder aus der Gegend zu verschwinden, ohne dass er irgendetwas gegen die Hohentwieler unternommen hätte.[136]
Inzwischen war Widerholt trotz der drei kaiserlichen Festungen Radolfzell, Konstanz und Überlingen der unumschränkte Herrscher des Hegaus. Erzherzog Ferdinand Karl von Tirol schrieb zu dieser Zeit an den Kommandanten von Konstanz, Oberst von Rost, man solle seine Untertanen anhalten, wenn man sie schon nicht von Lieferungen auf den Hohentwiel abhalten könne, zumindest keine Kundschafterdienste für Widerholt zu leisten. Auch langjährige Widersacher verglichen sich nun mit dem „bestellten Obrister des allerchristlichsten Königs zu Frankreich“.[137] So begab sich der vormalige Grundherr der Herrschaft Stoffeln, Balthasar Ferdinand von Hornstein,[138] unter den Schutz des französischen Königs und erhielt zumindest einen Teil, das ruiniertes Schloss und den Flecken Grüningen, zurück. Die Herrschaft dagegen, sie wurde Widerholt 1638 von Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar verliehen, rückte Widerholt nicht heraus. Auch Adam Heinrich Keller von Schleitheim, bis 1642 Kommandant der Tiroler Festung Konstanz, riet zu dieser Zeit seinem Bruder Hartmann, wegen des Besitzes der Familie im Hegau sich mit Widerholt gut zu stellen.
Der Stadt Engen hingegen drohte Widerholt, dass er es nicht weiter dulden würde, wenn sie Schnapphähnen Unterschlupf bieten würden. Für die Bevölkerung dagegen schien seit dem Abzug der Bayern im August 1644 eine ruhige Zeit angebrochen zu sein. Sebastian Bürster schreibt, dass man zu dieser Zeit in Ruhe der Feldarbeit nachgehen konnte, sofern man seine Kontributionen entrichtete. Selbst bei Durchzügen der Hohentwieler würde gute Disziplin gehalten. Dagegen kam es speziell in der Landvogtei Schwaben, der Region um Ravensburg und Lindau, zu Kämpfen. Dort versuchte Widerholt mit seinen Mitteln die Reichsstände zu überzeugen, an ihn zu zahlen. Mehrere Dörfer wurden abgebrannt, aber auch einige Hohentwieler wurden von Bauern erschlagen.
Seine ganze Macht demonstrierte der Oberst dann am 3. September. Er hatte dazu sämtliche Städte,[139] die unter seiner Kontribution standen, an diesem Tag auf dem Hohentwiel zitiert. Jede Stadt hatte dazu 4 bis 6 Vertreter zu dieser Zusammenkunft zu entsenden. Dort wurden ihnen eröffnet, dass sie ihre Befestigungen niederzureißen hätten. Die Tore mussten ausgehängt und Teile der Mauern eingerissen werden. Um dem Befehl Nachdruck zu verleihen, mussten gleich Geiseln gestellt werden. Sie wurden erst wieder freigelassen, nachdem sich die Hohentwieler überzeugt hatten, dass die Befestigungen aufgelassen worden waren. Damit hatte Widerholt planmäßig die Entfestigung der ganzen Region quasi zum Abschluss gebracht. Zu Anfang waren dies die Bergschlösser rund um den Hohentwiel gewesen, die gezielt geschliffen worden waren, und weiter waren viele der anderen Befestigungen bei Kämpfen zerstört worden. Vor allem die Kaiserlichen hatten die zahlreichen Bergschlösser im Hegau[140] gerne als Stützpunkte genutzt. Widerholt dagegen war nach den Erfahrungen des Jahres 1639, als alle Bergschlösser die man im Vorjahr eingenommen hatte, schnell verloren gegangen waren, dazu übergegangen, diese nach einer Einnahme zu zerstören und stattdessen seine Mannschaft auf dem Hohentwiel zu konzentrieren.[141] Die Kaiserlichen hingegen hatten daraus resultierend immer mehr die Landstädte als Stützpunkte genutzt und mit Dragonern belegt. Und Widerholt wollte mit dieser Maßnahme nun ihnen alle potentiellen Stützpunkte in der weiteren Umgebung seiner Festung entziehen.
Gleichfalls im September bereitete sich Widerholt auf kommende unruhige Zeiten vor. Er wusste zu dieser Zeit, dass die französische Armee auf der Alb und die schwedische Armee in Oberschwaben die Winterquartiere beziehen wollten. Damit wären auch viele der Reichsstände betroffen, die Kontributionen auf den Hohentwiel entrichteten. Deswegen forderte er unmissverständlich ausstehende Kontributionen ein. Aber er stellte auch, wo es möglich war, Schutzwachen ab, um sozusagen seine „Schäfchen“ vor seinen Waffenkameraden zu schützen.[142] Am Dreikönigstag 1647 tauchte dann auch ein französisches Reiter-Regiment in Engen auf, was eine Flucht der Bevölkerung in die Schweiz auslöste. Auch der erfolglose Angriff Turennes auf Überlingen am 26. Januar trug dazu bei. Die großen Ereignisse spielen sich aber am anderen Ende des Bodensees ab. Hier gelang es den Schweden unter Feldmarschall Carl Gustav Wrangel, Bregenz mitsamt mehreren großen Schiffen zu erobern. Diese Schiffe wurden in Folge bewaffnet[143] und die kleine Flotte führte nun Krieg auf dem See. Nächstes Ziel Wrangels war dabei Lindau, das vorerst zu Land und See blockiert wurde. Aber Wrangel begnügte sich nicht damit. Seine Flotte eroberte am 12. Februar erst Meersburg, um anschließend gleich die Festung Mainau anzugreifen. Diese gab am nächsten Tag auf und Wrangel besuchte gleich noch darauf den Hohentwiel. Von hier aus forderte er die kaiserliche Festung Radolfzell auf. Überhaupt war das der Beginn einer intensiven Zusammenarbeit der beiden Kronen[44] und gerade Widerholt scheint dabei keinerlei Berührungsängste gehabt zu haben. Bis zum Kriegsende stellten die Schweden und Hohentwieler gemeinsam die Garnison der Mainau und man operierte gemeinsam gegen die Kaiserlichen. Das nächste gemeinsame Ziel war dann auch die Festung Radolfzell, die man erfolglos am 21. Februar angriff. Am 2. März hingegen konnte Widerholt dann „endlich“ die Reichenau erobern.[145] Zu dieser Zeit war der See zugefroren und Widerholt konnte dadurch die Schanze umgehen. Die Lindauer Korporalschaft, verstärkt von Reichenauer Bauern, weigerte sich trotzdem, ihren Posten aufzugeben. Mangels Geschütz verzichtete Widerholt darauf, die Schanze einzunehmen. Stattdessen wurden die Häuser der Bauern abgebrannt und die Insel wurde geplündert. Auf dem Rückweg wurde Widerholt ein Wetterumschwung beinahe zum Verhängnis, als das Eis zum Schmelzen anfing und sich die Hohentwieler nur mit Glück aufs Land retten konnten. In Folge scheiterten die Schweden dann zwar bei der Belagerung Lindaus, aber trotzdem kamen sie noch in den Besitz einer weiteren Festung am Bodensee. Und zwar wird am 1. April Überlingen von den Bayern aufgrund des Ulmer Waffenstillstands an die Schweden übergeben.[164] Dadurch standen dann die Kaiserlichen mit dem Rücken an der Wand und spielten zeitweise mit dem Gedanken, Radolfzell aufzugeben.[147]
Nach diesen turbulenten Monaten zu Anfang des Jahres mit all ihren Umwälzungen gingen die Schweden im Verein mit Widerholt nun daran, sozusagen den Kuchen aufzuteilen.[148] Am 7. April traf man sich dazu in Überlingen und teilte die Kontributionen auf.[149] Neben der französischen Festung Hohentwiel gab es nun in der Region die schwedischen Garnisonen Mainau, Überlingen und Langenargen, die ihren Unterhalt von den Reichsständen beanspruchten. Aber nicht nur dies wurde in Überlingen verhandelt, sondern man versicherte den Reichständen, dass sie nun wieder ungestört ihren Geschäften nachgehen könnten. Daraufhin kehrte laut Sebastian Bürster die geflohene Bevölkerung wieder zurück.
In den folgenden Monaten kam es dann in der Gegend um Konstanz zwischen den Hohentwielern und den Kaiserlichen zu mehreren kleinen Gefechten, in denen man die neuen Einflussgebiete abzustecken versuchte. Aber auch Streifzüge in die Baar unternahmen die Hohentwieler. Dabei plünderte eine Streifschar der Hohentwieler am 27. September das Schloss Hohenberg, was eine Reaktion auf die Streitereien Widerholts mit dessen Besitzer Oberst Philipp Jakob Nothaft von Hohenberg war, der Widerholt beleidigt hatte.
Die Meuterei der weimarschen Reiterei im Juni 1647 und ihre Niederschlagung durch den französischen Feldmarschall Turenne hatte für den Hohentwiel keine direkten Folgen. Hier blieb es wie in den anderen Garnisonen am Hochrhein ruhig. Aber dies und ein weiteres Ereignis bedeuteten sozusagen das Ende der Weimarer als selbstständigen Truppenteil der französischen Armee. Und zwar war Erlach mit einem Teil der Truppen nach Frankreich gezogen und hatte die Schlacht bei Lens zugunsten Frankreichs entschieden. Er war daraufhin zum Generalleutnant ernannt worden und war nun endgültig ins französische Lager gewechselt.
Im Jahr 1648 ereigneten sich dann keine größeren Ereignisse mehr. Eingeschränkt durch die schwedischen Garnisonen zielten Widerholts Streifzüge nun in Richtung Norden in die Gegend von Rottweil.
Im Hegau hingegen stritt man sich um das ausgebrannte Schloss Gaienhofen und Widerholt demonstrierte hier wieder einmal seine Macht. Die Ruine gehörte dem Bischof von Konstanz und Widerholt hatte sie zu dieser Zeit besetzt. Widerholt gab das Schloss erst wieder an den Bischof zurück, als in einem Vertrag vom Konstanzer Kommandanten Rost zugesichert wurde, dass das Schloss nicht mehr von seiner Garnison genutzt würde. Weiter musste Rost zusichern, dass, wenn andere kaiserliche Truppen das Schloss nützen wollten, er einschreiten und dann ggf. die Ruine abbrechen würde. Somit konnte Widerholt seinem Tiroler Gegenüber auch vorschreiben, wie man mit Ruinen zu verfahren hatte.
Frieden, aber immer noch Händel
Der Westfälische Frieden brachte dann mit sich, dass Widerholts Bedingungen des Rezesses des Jahres 1644 voll und ganz erfüllt worden. Denn es wurde vereinbart, dass nicht nur der Hohentwiel an Württemberg zurückgestellt wurde, sondern das Herzogtum Württemberg wurde wieder in den Stand von 1624 eingesetzt, was bedeutete, dass es keinerlei territorialen Verluste verbuchen musste. Aber hierfür war nicht Widerholts augenblickliche Partei Frankreich verantwortlich, sondern vor allem Schweden hatte sich für Württemberg bei den Friedensverhandlungen eingesetzt. Schweden hatte auch die kaiserlichen Forderungen abgeschmettert, dass der Hohentwiel entweder an Tirol abgetreten werden oder dass die Festung zerstört werden müsste.
Die Umsetzung des Friedens gestaltete sich vor allem in Hinblick auf die Festung als recht zäh und Widerholt musste noch weiter Kämpfe ausfechten.
Die Nachricht des Friedens verursachte erst einmal einen regen Briefverkehr. Als erstes hatte Herzog Eberhard an Widerholt geschrieben und ihm geraten, sich wegen der Rückgabe der Festung sich mit Erlach zu beraten. Erlach wiederum hatte Widerholt etwas ausweichend geantwortet, dass er überzeugt sei, dass Frankreich die Bedingungen des Friedensvertrags erfüllen würde, er aber noch die entsprechenden Befehle des Königs abwarten müsse. Widerholt hingegen hatte, nachdem er vom Friedensschluss erfahren hatte, an Herzog Eberhard direkt geschrieben. In dem Schreiben vom 25. Oktober stellte Widerholt seine Sicht der vergangenen 10 Jahre dar und rechtfertigte sein Tun und Lassen. Und er bat den Herzog um einen „Specialpardon in Gnaden hierüber zu ertheilen“. Weiter bat er Eberhard, „ich und die meinigen berührter meiner geführten Handlungen wegen, wider verhoffen, über kurz oder lang angefochten und ehrenkränkend verläumdet werden sollten, daß auf solchen Fall E.F.G. über mich und die meinigen Dero fürstl. und sonderbaren gnädigen Schutz halten und bei Dero fürstl. Pardon erhalten wollten“. Knapp zwei Monate später erhielt dann Widerholt vom Herzog ein Zeugnis, indem Eberhard ihm den Pardon gab und ihm samt der Seinigen[150] seinen Schutz versprach. Auch wurde auf diplomatische Art und Weise auf die Zerwürfnisse eingegangen. Als Grund für den Übertritt zu Bernhard von Sachsen-Weimar bzw. zu Erlach[151] wurde der Umstand angeführt, dass Eberhard nicht mehr für den Unterhalt der Festung aufkommen konnte. Auf die offensichtlichen Befehlsverweigerungen wurden mit den Formulierungen „Wir selbsten möchten Mißfallen getragen haben“ und „sodann Unseren jezuweilen ihm zugesandten Befehlen nicht alle Zeit folgen könne“ eingegangen. Interessant ist aber auch die Passage „Darneben er Oberst Widerholt nicht in obigen beiden Punkten, sondern auch in Allem anderen Uns solchen Bericht gethan“. Diese Passage könnte ein Hinweis sein, dass Widerholt während der ganzen Zeit mit ihm in Kontakt gestanden hat.
Nachdem sich Widerholt und Herzog Eberhard verglichen hatten, stand einer Rückkehr Widerholts in württembergische Dienste nun wohl nichts mehr im Weg. Dies war von Widerholt ohne Wenn und Aber angestrebt worden, was sich auch immer in den verschiedenen Verträgen,[152]die er abschloss, wieder fand. Mit seinem jetzigen Dienstherren Frankreich verband ihn nicht mehr als der gemeinsame bisherige Feind, während er als eifriger Protestant in Württemberg seine Heimat gefunden hatte. Und mit dem Westfälischen Frieden waren für ihn dann auch die Differenzen mit dem Kaiser in Sachen Württemberg ausgeräumt, somit auch seine Motivation, gegen das Reichsoberhaupt Krieg zu führen. Trotzdem brauchte Widerholt, für den Fall, dass der Kaiser ihn für seine Taten zur Rechenschaft ziehen sollte, einen mächtigen Schutzherren wie den Herzog. Eine weitere Karriere als Offizier im Dienste Frankreichs scheint er trotz der Möglichkeiten nicht erwogen zu haben.[153] Er war inzwischen 52 Jahre alt und der Krieg hatte ihn reich gemacht. Da wollte er seine letzten Jahre lieber auf dem vom Herzog in Aussicht gestellten Posten eines Obervogts verbringen.
Trotzdem zog sich die Rückgabe der Festung noch eineinhalb Jahre hin. Aufgrund des Friedensvertrages sollten die Garnisonen erst abgeführt werden, wenn zum einen alle vereinbarten Zahlungen geleistet waren und zum anderen eine gegnerische Festungsgarnison gleichzeitig abgedankt würde. Der Hohentwiel war dabei offensichtlich aus dem Blickfeld Frankreichs verschwunden. Die Festung lag zu abseits, als dass sie für Frankreich noch einen großen Nutzen haben könnte. Auch die Wirren der Fronde hatten wohl dazu beigetragen. Einzig die Garnison scheint für Turenne von Interesse gewesen zu sein. Er versuchte, nachdem er 1649 auf die Seite des Parlaments getreten war, eine Kompanie der Garnison anzuwerben, was aber Widerholt unterband. Als Grund führte er an, dass er keinen Teil an den Unruhen nehmen könne und dass Turenne die Soldaten anwerben könnte, wenn die Festung an Württemberg zurückgeben war.
Auch in Sachen Unterhalt gab es Komplikationen. Nach Friedensschluss war den Reichskreisen die Aufgabe übertreten worden, für den Unterhalt der Garnisonen samt den Armeen bis zu deren Abdankungen aufzukommen, wobei im Falle des Hohentwiels der Schwäbische Kreis zuständig war. Auf einem Kreistag in Ulm hatte man unter dem Vorsitz Herzog Eberhards und des Bischofs von Konstanz die Lasten auf die Reichsstände verteilt und dabei dem Hohentwiel den Unterhalt mit der Begründung verwehrt, dass die Festung noch im Herbst Kontributionen eingezogen hätte und damit bis zum Auszug der Garnison genügsam versehen sei. Widerholt hingegen hatte den Befehl bekommen, seine Garnison zusammenzuhalten und wie bisher den Unterhalt, Verpflegung und Sold von den umliegenden Reichsständen einzuziehen. Im Januar und Februar schrieb er deswegen die Reichsstände an und forderte wie bisher Kontributionen, aber diese weigerten sich schlichtweg. Zwar lenkte der Reichskreis am 1. März ein und versprach nun monatlich 4000 Gulden für den Unterhalt der Festung zu leisten, aber noch im August forderte Widerholt diese Gelder vergeblich ein. Ohne großen Rückhalt von Frankreich konnte er inzwischen seine Forderungen nicht mehr durchsetzen[154] und auch Dörfer anzuzünden konnte er sich nicht mehr erlauben. Einziges Pfand, das er zu dieser Zeit noch in Händen hatte, war die Herrschaft Stoffeln, die er erst nach der Rückgabe der Festung herausrücken wollte. Trotzdem war er nun zum Spielball der Parteien geworden und musste aushalten, bis der Befehl zur Übergabe von König kam.
Letztendlich wurde die Festung als eine der letzten in Deutschland erst am 10. Juli 1650 an Württemberg zurückgestellt.[155] Von Breisach bzw. Frankreich war der Kommissar Johannes Schmoller[156] mit dieser Aufgabe betraut worden und Herzog Eberhard hatte Oberst Peter Pflaumer entsandt. Vor Ort wurde dann noch einmal gefeilscht, denn Schmoller wollte alle Vorräte sowie einen Teil der Artillerie mitnehmen. Aber Widerholt im Verein mit Pflaumer verhinderte dies, wozu eine Verehrung in Höhe von 320 Gulden an Schmoller beigetragen haben dürfte. Daraufhin wurde auch gleich ein großer Teil der Garnison abgedankt und Pflaumer setzte Johann Georg von Widerholt als neuen württembergischen Kommandanten ein, während Widerholt zum Oberkommandanten der Festung ernannt wurde.
Das Ereignis wurde dann auch vom Prediger der Festung Johann Eberhard Pauli und seinem Kollegen Diakon Matthäus Esenwein[157] aus Tübingen entsprechend aufbereitet. Von ihnen erschien das Pamphlet mit Titel „Hohen-Twielsche Hochzeit, Als .. Eberhard, Herzogen zu Württemberg und Teck.. nach geschlossenem allgemeinen Frieden und beschehener Abdankung der Cron Frankreich bedienten Besatzungs-Völker: Die Hochbenannte und fast Newerbaute Vestung Hohen-Twiel Herr Conrad Widerhold als Brautführer und bißher gewesener Gewalthaber deroselben bey Fürstlichen Hochansenlichen Einzug dasselbsten Ihre Fürstl. Gn. Ubergabe und einhändigte den 17. Tag Hewmonats in dem Jubel und Friedens-Jahr 1650“. Mit diesem Werk wurde dann kräftig an der Legende „Widerholt, der protestantische Glaubensheld“ gestrickt, wohl auch, weil er der einzige Württemberger war, den man als Helden dieser Zeit bezeichnen konnte. Bei ihnen hat der Oberst scheinbar allein die harte Zeit überstanden, die Festung ungeschändet ihrem rechtmäßigen Herren zugeführt und gleichsam über allen gestanden. Die Herrschaften waren aber keineswegs die ersten und einzigen. die den Oberst als Glaubensheld feierten. Im Jahr zuvor hatte schon der Zavelsteiner Pfarrer Johann Ebermaier ein Heft mit Lobgedichten und Triumphliedern verfasst. In Folge sollte dieser Stand noch viele solcher Arbeiten über den Obersten abliefern und das Bild des Obersten in Württemberg prägen.
Die Bilanz der 16 Jahre Hohentwiel
Zu allererst muss hier angeführt werden, dass seine großen persönlichen Ziele, die Festung Württemberg zu erhalten und die vollständige Restitution des Herzogtums zu erreichen, voll und ganz erreicht worden sind. Wobei er hier nur trotz allem in Hinsicht auf die Verhandlungen in Münster und Osnabrück so gut wie keinen Einfluss hatte.
Vom Militärischen her hingegen hatte Widerholt auf dem Hohentwiel Hervorragendes geleistet. Er hatte die Festung in nicht weniger als fünf Belagerungen behauptet und dies bei schwierigen Bedingungen. Darüber hinaus hatte er den Gegner nicht nur permanent beschäftigt und dabei eine erhebliche Streitmacht gebunden, sondern er kontrollierte über mehrere Jahre eine Region, deren Bevölkerung mehrheitlich katholisch war. Damit entzog er den Kaiserlichen wichtige Ressourcen und machte sie seiner Partei zunutze. Weiter war er maßgeblich daran beteiligt, dass man drei große Festungen einnehmen konnte. Für seine Partei war er Auge und Ohr und versorgte sie sicher mit Informationen und von den Festungskommandanten der Weimarer war er derjenige, der die meisten Unternehmen inszenierte. Zwar hatte es für ihn immer wieder Rückschläge gegeben, aber er hatte daraus gelernt und auch deswegen letztendlich die Oberhand über die Kaiserlichen gewonnen. Zusammengefasst kann man sagen, er war ein Meister im Krieg der Festungen.
Gleichzeitig hatte er während dieser Zeit die Festung erheblich ausgebaut, so dass er bei Kriegsende an Herzog Eberhard eine intakte, gut ausgestattete Festung übergab. Gerade in diesem Punkt hatte er auch seine technischen Kenntnisse immer wieder gezeigt und oft unorthodoxe Lösungen gewählt.
Dabei hatte er neben seiner Tüchtigkeit auch großes Glück gehabt. Er wurde nie ernsthaft verwundet, überstand die Pest-Epidemie 1635 ohne zu erkranken und wurde vor allem nie gefangen genommen. Gerade im letzteren Falle hätten wahrscheinlich die damals üblichen Mechanismen nicht gegriffen und er wäre höchstwahrscheinlich eher in Wien vor Gericht gestanden statt gegen ein Lösegeld ausgetauscht zu werden.
Bei alledem hatte er aber oft genug eine zwielichtige Rolle gespielt. Er taktierte permanent gegenüber seinen Vorgesetzten und hinterging sie oft genug. Wem er sich gerade verpflichtet war, ist nicht immer offensichtlich. Aber käuflich war Widerholt wohl nicht. Eher benutzte er die verschiedenen Parteien, um seine Ziele zu erreichen und entwickelte spätestens ab 1637 eine eigene Anschauung, verbunden mit einem ausgeprägten Selbstbewusstsein. Und er war wohl der entschiedenste Vertreter des Heilbronner Bundes und hielt wohl als einziger bis zuletzt an den Zielen dieses untergegangenen Bündnisses fest.
Was man ihm auch nicht absprechen konnte, war ein ausgeprägter Geschäftssinn. Er war schon vor dem Krieg reich und wurde offensichtlich durch den Krieg noch reicher. Der Krieg war sein Broterwerb und er nutzte die Möglichkeiten dabei. Dazu dürften weniger die Pensionen des französischen Königs und die Kontributionen mit beigetragen haben, sondern eher das Geschäft mit den Lösegeldern seiner Gefangenen. Es ist bekannt, dass er immer wieder größere Summen verlieh und so sein Vermögen auch auf diesem Weg weiter vermehrte.
Auch dass er ein strenger Protestant war, war offensichtlich, da er dies während dieser Jahre und bis zu seinem Tod hin lebte. Der Bau der Kirche auf der Festung war dabei sicherlich in dieser Hinsicht der Höhepunkt, aber er zeigte es auch bei anderen Gelegenheiten. So legte Widerholt nicht nur Wert auf einen regelmäßigen Gottesdienst auf der Festung, sondern auch auf einen guten Prediger.
Der Mensch Widerholt selber wird als hart, misstrauisch, geldgierig und unnachgiebig beschrieben. Offensichtlich wurde er mit den Offizieren der Weimarer nie richtig warm. Die unter ihm dienten, wollten so schnell wie möglich von der Festung, und die Obersten sahen ihn wohl nie als einen der ihren an, was wohl an seiner niederen Herkunft lag, aber auch, weil er nie ihr Leben führte. Er verbrachte seine Zeit eher mit gebildeten Menschen wie Conrad Müller oder dem Stadtschreiber Immenhäuser. Man sah wohl auch deswegen ihn in schon zu dieser Zeit einen ungewöhnlichen Menschen. Sein Glaube war ihm im Gegensatz vielen seiner Kameraden wichtig und er lebte ihn auch. Es ist nicht überliefert, dass er Saufgelage[158] veranstaltet hätte und sich im Jargon der Zeit „lustig gemacht hat“.[159] Auch Frauengeschichten gab es bei ihm nicht, stattdessen führte er eine vorbildliche Ehe. Aber der harte Widerholt hatte auch andere Seiten. Für seine Soldaten sorgte er gut trotz der Strenge. Teilweise zahlte er Proviant und Sold aus seiner Tasche. Auch wenn es darum ging, Soldaten aus der Gefangenschaft auszulösen, war er zur Stelle. Bei den Kriegsgeschäften, Plündern und Lösegelder, stellte er sie besser als andere. Dabei ging es sicherlich aber nicht um die Nächstenliebe, sondern eher darum, seine Mannschaft sozusagen bei Laune zu halten. Auch sein Kundschafternetz war vor allem auf Gulden gebaut. Die Bevölkerung der Umgebung wurde von ihm zwar ausgeplündert und unter Druck gesetzt. Aber von Folterungen, Vergewaltigungen und Morden ist bei dabei nie die Rede. Selbst wenn er einen entschiedenen Widersacher wie den Obersten Rost gefangen nahm, ließ er sich nicht zu Gewalttaten hinreißen. Trotzdem oder gerade deswegen war bei der Bevölkerung der Hohentwiel nach den Worten Sebastian Bürsters ein „ vergüffter, pestilenzische böse ort, raubhaus und gleichsam unüberwindliche vöstung, daß dem ganzen land ain grewel und schrecken ist“.
Die drei Akteure, die ihn in dieser Zeit an maßgebender Stelle begleiteten, waren Herzog Eberhard von Württemberg, Herzog Friedrich von Württemberg und Johann Ludwig von Erlach.
Herzog Eberhard stand wohl, trotz gegenteiliger Versicherungen, die ganze Zeit im Kontakt mit Widerholt und gab ihm Befehle, obwohl es oft den Anschein hatte, dass Widerholt sozusagen aus dem Ruder lief. Sicherlich war das Verhältnis zwischen den beiden zunehmend davon geprägt, dass Widerholt glaubte, der eigentliche Vertreter der Interessen Württembergs zu sein und ein entsprechendes Selbstbewusstsein zeigte.
Friedrich hingegen war sozusagen der offizielle Stellvertreter Herzog Eberhards bei den Weimarern und nahm bei offiziellen Anlässen die Stelle seines Bruders ein. Inwieweit die beiden Brüder dabei im Einverständnis standen, ist aber bis jetzt noch nicht klar.
Das Verhältnis zu Erlach glich da eher einer Achterbahnfahrt. Er war seit Ende 1638 bis zu seinem Tod Anfang 1650 der direkte Vorgesetzte Widerholts. Aber schon von Anfang an traute Erlach Widerholt nicht und wenn sich einmal das Verhältnis der beiden besserte, kam immer wieder ein Rückschlag. Dabei sind neben Widerholts zäh verteidigter Eigenständigkeit vor allem seine Kontakte zu allen Parteien schuld. Mit eine Rolle spielte dabei auch die Entwicklung der Weimarer von einer „schwedischen“ zu einer französischen Armee, wobei hierbei Erlach Karriere machte, während Widerholt immer Distanz zu Frankreich hielt.
Am besten kann man ihn wohl als „schwäbischen Ajatollah“ charakterisieren.[160] Überzeugt von seiner Mission und seinem Glauben ging er seinen Weg und hatte keine Skrupel im Umgang mit seinen Widersachern. Dabei legte er oft genug fest, was die reine Lehre wäre und wirkte dabei wie ein strenger Oberlehrer.
Widerholts Sicht dieser Zeit spiegelt sich dagegen wohl in der Inschrift am neuen Portal der Festung Hohentwiel[161] wieder:
Durch Gottes Gnad und Helden Trew
Dis Vöste Hauß hier stehet New
Der Feind hats zwar Fünfmal gescheckht
Doch hat der Herr zum Schutz erweckht
Den Widerhold der fünffzehen Jahr
Daßselb beschüzt in feindsgefahr.
Offiziell wieder in Württembergs Diensten
Widerholts offizieller Dienst für das Haus Württemberg begann schon während seiner Zeit als Oberst des allerchristlichsten Königs von Frankreich. Er erhielt als Mannslehen die Herrschaft Neidlingen,[162] zu der noch die Orte Randeck und Ochsenwang gehörten, ihm am 27. Juli 1649 von Herzog Eberhard verliehen, und nannte sich nun Herr zu Neidlingen oder auch französisch angehaucht à Neidlingen. Den Lehenseid legte der Oberst dann am 17. Januar 1650 in eigener Person in Stuttgart ab und vier Tage später fand die feierliche Einsetzung im Neidlinger Schloss statt. Oft wird angeführt, dass die Verleihung der Herrschaft und die damit verbundene Standeserhöhung aus Dankbarkeit erfolgten, aber für den Herzog gab es wohl noch andere Gründe dafür. So hatte Eberhard Widerholt schon 1636 versprochen, ihn für den Verlust seines auf dem Hohenasperg eingelagerten Vermögens im Wert von 20000 Gulden zu entschädigen. Und der Herzog hatte zwar dank des Westfälischen Friedens allen seinen Besitz wieder zurückerhalten, aber das mitgenommene Herzogtum[163] musste zu dieser Zeit die Ablösegelder für die einquartierten Garnisonen und Regimenter aufbringen. Das bedeutete, dass Eberhard zwar wieder über das gesamte Herzogtum verfügte, aber auch über wenig Bargeld. Daher war die Verleihung der Herrschaft vor allem für den Herzog ein gutes Geschäft. Er sparte sich sozusagen die Entschädigung und später wohl das Gehalt für den Obersten und späteren Obervogt. Die Herrschaft selber war wegen ihrer Stellung, sie war sozusagen persönlicher Besitz des Herzogs, für die Verleihung an verdiente Mitarbeiter[164] des Herzogtums gut geeignet, da er in diesem Fall nicht das Einverständnis der Landschaft brauchte.[165] Auch war weithin bekannt, dass Widerholt ein umfangreiches Vermögen besaß und dies dann wohl einbringen würde, was somit auch ein Gewinn für das Herzogtum wäre. Und da es ein Mannslehen war, war abzusehen, dass die Herrschaft in absehbarer Zeit wieder an Württemberg zurückfallen würde. Denn es war wohl nicht zu erwarten, dass das kinderlose Ehepaar Widerholt[166] bzw. Frau Widerholt im Alter von 57 Jahren noch mit einem Leibeserben gesegnet werden sollte.
Widerholt dagegen hatte seiner Karriere sozusagen das Sahnehäubchen aufgesetzt und war zum Adeligen aufgestiegen, was zu dieser Zeit wohl die angestrebte Karriere eines bürgerlichen Aufsteigers war, waren damit auch geldwerte Vorteile wie die Steuerfreiheit und keine Fronarbeit damit verbunden. Auch konnte er nun die Gulden, die er im Krieg verdient hatte, in Sachwerten anlegen. Kaum in Gewicht fiel dagegen, dass im Fall eines Kriegs Widerholt zwei Reiter zu stellen hätte.
In Folge zeigte dann Widerholt, dass er nicht nur Geld aus der hoch verschuldeten Herrschaft[167] ziehen wollte, sondern sie auch weiter entwickeln wollte und daraus seinen Gewinn ziehen. Neidlingen hatte zwar wenig an Bevölkerung verloren, aber es fehlte an Zugtieren,[168] um die Äcker zu bewirtschaften. Daher gewährte der neue Herr seinen Untertanen ein Darlehen von 2000 Gulden zum Kauf von Pferden und Ochsen. Weiter kaufte er von der Gemeinde einen aufgelassenen Teich, um in ihm wieder Fische zu halten. Auch die so genannte Schlossmühle wurde von Widerholt in Folge wieder instand gesetzt. Im Einverständnis mit dem Herzog wurden dann auch mehrere brachliegende Lehenshöfe in kleinere Einheiten aufgeteilt und diese weiter verliehen. Aber Widerholt fand bei seinen Maßnahmen nicht nur Gegenliebe. So sollten seine Untertanen 1650 mit Fronarbeiten die brachliegenden Meierhöfe der Herrschaft bewirtschaften, was zu einem handfesten Streit führte. Widerholt war zu dieser Zeit noch auf dem Hohentwiel und sein Vogt Ambrosius Vischer hatte seine liebe Not, Widerholts Forderungen gegenüber der Gemeinde durchzusetzen. Aber in einer anderen Angelegenheit sollte der Oberst keinen Erfolg haben. Als Oberst eines Landregiments brachte er es nicht fertig, dass das Büchsenschießen seiner wehrfähigen Mannschaft wieder regelmäßig geübt wurde. Erst in den Bürgermeister-Rechnungen von 1661/1662 finden sich hier die ersten Einträge und in Folge gedieh dieses Werk nie richtig, wohl auch, weil es an einem Schießplatz samt Hütte fehlte. Widerholt wohnte zwar selber nicht in Neidlingen bzw. im Schloss, aber er hatte einen Vogt eingesetzt, der in ständiger Verbindung mit dem Obersten stand. Und die Herrschaft entwickelte sich unter seiner Herrschaft gut, so dass sie schon 1654 wieder 80 % der Vorkriegsbevölkerung erreicht hatte.
Nach seinem Ausscheiden aus französischen Diensten trat dann Widerholt sein Amt als Obervogt des Amts Kirchheim, Inspektor von Nürtingen und Oberst eines Landregiments im Herzogtum Württemberg an. Daneben war er noch Kriegsrat und Oberkommandant der Festung Hohentwiel.
Als Obervogt sollte er in den regelmäßig abgehaltenen Vogt- oder Rügegerichten die Schultheißen, Bürgermeister und Richter kontrollieren und bei Streitigkeiten zwischen den Verwaltungen und den Bürgern entscheiden. Widerholt ging diesem Amt in den folgenden Jahren gewissenhaft nach und beließ es nicht nur beim Beaufsichtigen, sondern regte auch vieles an. Das brachte ihm in Folge viel Anerkennung ein und er wurde im Gegensatz zu seiner Zeit auf dem Hohentwiel eine allseits geachtete Persönlichkeit. Mit dazu beigetragen haben wird, dass er wohl den Blick fürs Wesentliche hatte und auch mit der typischen schwäbischen „Vetterleswirtschaft“[169] aufräumte. Allgemein wurde zu dieser Zeit geklagt, dass die Untertanen halsstarrig und verdorben wären. Durch die Kriegsläufe waren viele Gewohnheiten und Pflichten abhanden gekommen, während dagegen Missstände eingerissen waren. Die Herrschaft wollte nun wieder zu Vorkriegsverhältnissen zurückkehren. Mit an erster Stelle war dies das Verbot des Waffentragens. Während des Krieges war es üblich geworden, dass niemand ohne Waffen aus dem Haus ging. Das wollte man nun verbieten und die Bevölkerung sollte nur noch bei den sonntäglichen Schießübungen mit Waffen auftreten. Hintergrund hierbei war wohl neben der Angst vor Aufständen auch der Umstand, dass zu dieser Zeit ausgiebig gewildert wurde. Weiter ging es mit auf den ersten Blick so unsinnigen Verboten wie das Herstellen von Apfelmost. Der Hintergrund hierbei war, dass dieser immer mehr den Wein als Hausgetränk verdrängte, aber im Gegensatz zum Wein nicht besteuert wurde. Dem oft beklagten sittlichen Verfall begegnete man mit den schon 1644 eingeführten Kirchenkonventen. Bestehend aus Vertretern der Ehrbarkeit und den Pfarrern überwachte der Konvent die Untertanen, ob sie ihren kirchlichen und weltlichen Pflichten nachkamen, und sprachen auch Strafen aus. Gerade diese Einrichtung dürfte wohl auch bei dem Herrn Obersten Beifall gefunden haben, obwohl es dafür keinen Beleg gibt.
Als Oberst als Landregiments stand er dem nach ihm benannten Regiment vor. Es bestand aus 8 Kompanien zu Fuß und 5 Kompanien zu Pferde. Dabei griff man auf Berufsoffiziere, die es zu dieser Zeit reichlich gab, zurück, während die Mannschaften von der örtlichen Bevölkerung gestellt wurden. Die Mannschaften sollten dabei am Sonntag nach dem Gottesdienst mit der Waffe, zu dieser Zeit hauptsächlich Musketen, üben. Sozusagen als Ausgleich wurden ihnen diverse Vergünstigungen zuteil, da man nur auf den tauglichsten Teil der Bevölkerung zurückgriff.[170] Widerholts Mannschaften kamen dabei aus den Ämtern Kirchheim, Tübingen, Balingen, Bebenhausen, Pflullingen, Blaubeuren und Nürtingen. Widerholts Aufgaben waren unter anderem darauf zu achten, dass regelmäßig geübt wurde und dass die Sollstärke gehalten wurde. Jährlich sollten dann auch noch Übungen in größerem Rahmen stattfinden, bei denen die Obersten ihre Regimenter präsentieren sollten.
Als Oberkommandant des Hohentwiels waren seine Aufgaben dann ähnlich denen des Obersten. Er inspizierte in regelmäßigen Abständen die Garnison und beaufsichtigte die Bauarbeiten auf der Festung. Bei diesen Gelegenheiten durfte oder musste auch er einem Brauch frönen, der von Herzog Eberhard wieder aufgegriffen worden war. Wohl unter Herzog Ulrich reichlich hundert Jahre früher hatte sich der Brauch eingebürgert, dass ein Fremder, wollte er die obere Festung besichtigen, einen Stein von mindestens 40 Pfund hinauftragen musste.[171] Als Belohnung bekam er dann, außer der Besichtigung, einen Trunk Wein und das Recht, sich ins so genannte Fremdenbuch einzutragen.[172] Widerholt kam dem im Juni 1652 nach, als er zusammen mit Herzog Eberhard[173] die Festung besuchte. Er beschrieb dabei natürlich seine Rolle als Kommandant mit folgenden Worten „ Sechzen Jar der Liebe Gott mich allhier durch sein gnad bewardt. Conradt Widerholt von und zu Neidlingen“.
Zumindest in Sachen Bauarbeiten hatte der Herr Oberst nicht allzu viel zu beaufsichtigen. Erst um 1655 ging man den weiteren Ausbau der unteren Festung an, der aber mehr als schleppend vor sich ging. Auch hatte man nach Friedensschluss ein vorgeschobenes Werk aufgrund kaiserlichen Befehls abbrechen müssen. Einzig der zerstörte Meierhof wurde schnell wieder aufgebaut.
Aber auch seinen technischen Ambitionen konnte der Herr Oberst rund zehn Jahre nach Kriegsende wieder frönen. Sein Interesse gehörte zu dieser Zeit der Wasserversorgung und wohl, weil sich das Herzogtum inzwischen von den Folgen des Kriegs sich erholt hatte, genehmigte der Herzog zwei Projekte. Den Anfang machte eine Pumpe auf dem Hohentwiel. Mit ihr förderte man das Wasser aus den Zisternen der oberen Festung. 1660 baute er in Kirchheim ein anspruchsvolles Pumpwerk, mit denen die Brunnen der Stadt mit Frischwasser versorgt wurden. Neben der Wasserversorgung hatte er dabei auch die Brandbekämpfung im Sinn und so erhielt der Hohentwiel noch eine Feuerspritze hinzu.[174]
Selbst hielt sich Widerholt vorwiegend in Kirchheim auf. Dort wohnte er in seinem Amtssitz, dem so genannten Vogtshaus. Das repräsentative Anwesen bestand aus dem Haus, verschiedenen Ställen und Scheuen samt Garten und war von einer Mauer umgeben. 1653 kaufte er dieses Haus dann seinem Dienstherren, dem württembergischen Herzog, ab. Das kann man dann so als zinslosen Kredit ansehen, da Widerholt das Gebäude weiter als Amtssitz nutzte und gleichzeitig den Herzog in Folge als seinen Erben einsetzte.
In Neidlingen hingegen führte seine Cousine Anna Albrecht[175] den Haushalt der Widerholts, die hier wie auch in Kirchheim zahlreiches Personal hielten.
In Kirchheim führte Widerholt nun das „Burglichen Wesen“, das er in jungen Jahren nicht führen wollte. Offensichtlich genoss der Herr Oberst vor allem die gebildete Gesellschaft. Unter anderem waren dies Matthaeus Esenwein,[176] der von Tübingen nach Kirchheim versetzt worden war. Aber auch der Arzt Dr. Johann Anastasius Rümelin und der Untervogt Johann Burkhard sowie Burgvogt Freiherr von Gaisberg werden erwähnt. Widerholt hielt dabei eine offene Tafel, so dass nach Aussage Esenweins bei allen Mahlzeiten Gäste anwesend waren. Überhaupt profilierten sich die Widerholts in Folge sozusagen als Mäzene. So stifteten sie mehrmals Ausstattungen für Kirchen und wurden oft zu Paten gebeten. Während dieser Zeit wird dann Widerholt sozusagen erstmals als Mensch fassbar. ein gebildeter älterer Herr, der anspruchsvolle Gespräche sucht und als Wohltäter auftritt. Seine Frau hingegen wirft man Geiz und Hartherzigkeit vor. Vor allem die Mägde sollen unter ihr gelitten haben und diese sollen angebliche ihr Porträt im Neidlinger Schloss mit Nadeln zerstochen haben, was aber wohl eher ins Reich der Legende gehört.
Kurz vor seinem Tod regelte das Ehepaar Widerholt ihren Nachlass entsprechend ihrem letzten Lebensabschnitt. Zwar setzten sie Herzog Eberhard und seinen Sohn als ihre Erben ein. Aber ein guter Teils des Vermögens ging in Stiftungen. Mit 15000 Gulden erhielt die Stadt Kirchheim wohl den Löwenanteil. Aus den Erträgen sollten die studierende Jugend, Kirchen, Schulen und deren treue Diener in dem Herzogtum Württemberg unterstützt werden. Aufteilt sollten die Gelder dabei auf zwölf „studiosi theologiae“ und auf einen „studiosus politicus“, da „das weltliche Regiment ohne verständige und gelehrte durchaus nicht bestehen“ könne. Natürlich sollten die Studiosi einen makellosen Lebenslauf führen, um in den Genuss dieser Unterstützung zu kommen. Auch die Garnison des Hohentwiel bekam jeweils am Namenstag des Herren Obersten in den Genuss einer Zuwendung in Form von Geld, einer halben Maß Wein und zwei Pfund Brot. Die Schulen in Kirchheim wurden mit Stiftungen bedacht. In gleicher Form, aber mit geringeren Summen wurde in Neidlingen verfahren. Und auch die Frau Oberst errichtete eine Stiftung für die Mädchenschule in Kirchheim. Aber auch an sich selber dachte das Ehepaar Widerholt. Sie hatten sich schon ihr Grab in der Kirchheimer Martinskirche ausgeschaut und eine Summe für ihr Grabmal samt Unterhalt bereitgestellt. Das überdachte Grabmal an der Südseite der Martinskirche war mit einem Gitter einfriedet und natürlich mit Bibelsprüchen versehen. Und auf der Wappenfahne prangte die Inschrift „Gott allein die Ehre“.
Widerholts Frau Anna Armgard starb am 1. März 1666 im 49. Jahr ihrer Ehe und wurde in der Grablege beigesetzt. Die Leichenpredigt hielt natürlich Matthaeus Esenwein. Sie erschien mit zahlreichen Lobsprüchen im Anhang in gedruckter Form. Die Beerdigung selber, zu der der Herzog samt Sohn erschien, war dann sozusagen die kleinere Generalprobe zu Widerholts eigenem Begräbnis. Er starb ein Jahr später an Schwindsucht am 13. Juni 1667. Die letzten Wochen war er ans Bett gefesselt und verbrachte die Zeit mit der Lektüre geistlicher Literatur und Gebeten. Natürlich hatte er sich eine schlichte Beerdigung gewünscht, aber dem wurde nicht entsprochen. Neben Herzog Eberhard samt Sohn und Gefolge wurden sämtliche Adligen der Umgebung eingeladen und Matthaeus Esenwein hielt die Leichenpredigt bei der mit großem Pomp begangenen Beerdigung. Das entsprach wohl dem Wunsch von Herzog Eberhard, der bei offiziellen Anlässen gerne großen Aufwand betrieb und in dieser Art und Weise Widerholt würdigen wollte. Gab er doch einem Diener seines Hauses, der nach eigenen Angaben 49 Jahre Württemberg gedient hatte, das letzte Geleit und empfing darüber hinaus noch ein üppiges Erbe.[177]
Nachruhm und seine Verfasser
Wie zu erwarten war, erschien Esenweins Leichenpredigt mitsamt zahlreichen Lobgedichten anderer Theologen und Gelehrten im Druck. Wie bei solchen Werken üblich werden zuallererst die guten Seiten des Verblichenen herausgestellt, es wird aber auch ein klein wenig auf die negativen Seiten eingegangen. Zwar war Matthias Merian der Erste, der sozusagen eine Biographie des Obersten veröffentlichte, aber bei ihm standen die kriegerischen Taten im Vordergrund. Esenwein hingegen stellte den protestantischen Glaubensheld in den Vordergrund und prägte auf Jahrhunderte hin das Bild Widerholts, weil fast alle späteren Werke diese Predigt als Quelle nutzten. Beim Stadtbrand von Kirchheim 1690 wurde dann nicht nur das Grabmal Widerholts zerstört, auch verbrannten im Vogthaus die Hinterlassenschaften der Familie Widerholt, was einen unersetzbaren Verlust darstellt. Allzu gerne hätte doch jeder Biograph gerne auf den privaten Widerholt zugegriffen. Das Grabmal hingegen konnte auch wegen den Stiftungen, die der Herr Oberst hinterlassen hatte, schnell hergestellt werden und in der Kirche selber wurde darüber hinaus ein Epitaph aufgestellt, das Widerholt das erste Mal in einem Harnisch zeigt. Das nächste Mal im größeren Rahmen wurde dann Widerholt 1767 in dem epochalen Werk zur württembergischen Geschichte Christian Friedrich Sattlers „Historische Beschreibung des Herzogtums Würtemberg“ vorgestellt. In knapper Form stellt er den „Helden“ vor und wurde sozusagen die „Mutter“ fast aller nachfolgenden Biographien der Gliederung und dem Inhalt nach.
Mit Christian David Keßlers „Das Leben Cunrad Widerholds, Commandanten auf der Vestung Hohentwiel in dem Dreißigjährigen Krieg, und nach demselben Obervogts in Kirchheim unter Teck“ hielten dann 1782 die unbewiesenen Legenden ihren Eingang. Keßler war einer der Nutznießer der Widerholtschen Stiftung und nutzte eine längere Krankheit, um seinen „Widerholt“ zu schreiben. Dabei führt er an, dass er die „Sammlung und Ordnung der Nachrichten, welche von ihm noch auf uns gekommen“, gemacht habe. Dabei hat auch manch eine Überlieferung aus Kirchheim Eingang gefunden, was wohl die Erklärung ist für solche Legenden wie die „Sprengfallen aus Hüten“ und „Angeln zum Einfangen von Reitern“. Als Quellen führt er Merian, Esenwein, Sattler, das herzoglicher Archiv und Überlieferungen an.
Um 1830 explodierte sozusagen die Szene und bis zum Ersten Weltkrieg erschienen vielerlei Machwerke zum Leben des Herrn Obersten Widerholt, ob nun Biographien, Schauspiele oder Romane. Deutschland entdeckte zu dieser Zeit wieder den „Helden“ des Großen Kriegs. Auswüchse waren dabei kitschige Lithographien, in denen Widerholt gottgleich über der Festung schwebt, oder ein Wachsbild.
Mit zu der Besinnung auf den „Helden“ mag in Kirchheim auch der Umstand mit dazu beigetragen haben, dass das Grab 1833 heruntergekommen war. Der Widerholt’sche Stiftungsrat beschloss daraufhin das Grab neu aufzubauen. Für das neue Grabmal schuf der Stuttgarter Bildhauer Wagner Büsten des Ehepaars Widerholt. Ein Jahr später, am 16. Dezember 1834, fand dann in Anwesenheit von Herzogin Henriette von Württemberg die feierliche Enthüllung statt. Anlässlich dieses Anlasses verfasste der Diakon und Dichter Albert das gern vorgetragene Gedicht „Der Kommandant von Hohentwiel“.[178]
Dabei sollte Ottmar Schönhut der glühendste Verehrer des Obersten werden. Er war um 1840 Pfarrer vom Hohentwiel und damit von zwei Seiten prädestiniert, Widerholt zu verherrlichen; ein Vielschreiber, der neben vielen anderen Werken zur Geschichte mit „ Conrad Widerhold, der treue Commmandant von Hohentwiel im Dreißigjährigen Krieg nach seinem Leben und Wesen“, seinen Widerholt 1844 veröffentlichte. Neben den bekannten Daten seiner Vorgänger verherrlichte er den „protestantischen Glaubenshelden“ über alle Gebühr und hielt sich dabei oft genug nicht an die Fakten. Auf seine Initiative wurde auch das heute noch vorhandene Widerholt-Denkmal auf der oberen Festung aufgestellt.
Eine der positiven Ausnahme bildete dagegen Karl von Martens „Geschichte von Hohentwiel“, die 1857 erschien. Widerholts Zeit auf der Festung nimmt in dem Werk einen breiten Raum ein und Martens betrieb dafür intensives Quellenstudium, wobei sich unter anderem die erhaltene Korrespondenz des Obersten befand. Martens hält sich dabei an die Fakten, hinterfragt manch eine Legende kritisch und verweist sie zu Recht ins Reich der Legenden. Daher kann man sagen, dass sein Werk zu dieser Zeit das Beste ist.
Auch in einem weiteren großen Werk zum Großen Krieg hat Widerholt einen Platz. In August von Gonzenbachs 1880 erschienener Biographie „Der General Hans Ludwig von Erlach“ taucht Widerholt auf, wobei er hier als ein schwieriger Charakter dargestellt wird, und dass Erlach ihm wohl nie richtig traute. Von daher ist gerade diese Biographie wertvoll, da sie nicht die übliche Lobhudelei oder Verteufelung aufweist, sondern sozusagen die Beurteilung des direkten Vorgesetzten ist.
Relativ nüchtern und korrekt war Eugen Schneiders Beitrag zur „Allgemeinen deutschen Biographie“.
Seine einstigen Gegner, die Bewohner des Hegaus, fanden zu dieser Zeit über das beliebte Ausflugsziel Hohentwiel sozusagen ihren Zugang zu Widerholt. In den Festungsführern wurde er nun auch behandelt.
Einen großen Rückschlag erfuhr das Werk Widerholts 1922. Während der Inflation lösten sich die Vermögen seiner Stiftungen sozusagen in Luft auf und so konnte kein Kirchheimer mehr behaupten, dank Widerholt studieren zu können. Da wundert es nicht, dass die Begeisterung für den Obersten in Kirchheim ein wenig abkühlte.
Auch sein Grab stand zu dieser Zeit wieder einmal zur Disposition. Schon 1872 war es reparaturbedürftig und man hatte es während der Renovierung der Martins-Kirche an die Westseite versetzt. 1938 hatte es so unter den Elementen gelitten, dass man es abbrach und stattdessen eine Gedenktafel anbrachte.
Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg brachte mit der Gründung des Hegau-Geschichtsvereins den wissenschaftlichen Ansatz, sich mit Widerhold sich zu beschäftigen. Mit Herbert Berners „ Hohentwiel – Bilder aus der Geschichte des Berges“ wurde sozusagen das erste Standartwerk zu Widerholts Zeit auf der Festung veröffentlicht. Eine reiche Quelle ist dabei die Hohentwiel-Bibliographie mit der bis dahin erschienen Literatur zur Festung und damit auch zu Widerholt. Danach erschienen gerade in diesem Umfeld immer wieder Artikel und fand sich im „Hohentwiel-Buch“ von 2002 samt den beiden Anhängen die Zusammenfassung des vorhandenen Materials zur Rolle Widerholts auf der Festung Hohentwiel, wobei immer noch, wie es Kasimir Bumiller in „Hohentwiel. Die Geschichte einer Burg zwischen Festungsalltag und großer Politik“ fordert, eine Arbeit zu Widerholts Treiben auf dem politischen Parkett fehlt.
In Kirchheim und Neidlingen taucht der Oberst in den Standardwerken zur Geschichte dieser Orte auf, wobei er hier uneingeschränkt positiv beurteilt wird.
Widerholt im Jahr 2012
Obwohl die große Zeit der Heldenverehrung längst vorbei ist, findet man heute noch viele Spuren und Andenken an Widerholt.
Naturgemäß ist der Hegau rund um den Hohentwiel dabei ein Zentrum. Auf der Festung gibt es immer noch die Ruinen von Bauten, die Widerholt erstellt hat, und natürlich das Denkmal Schönhuts. In Singen, zu dem der Hohentwiel seit 1969 gehört, ist Widerholt mehrmals mit seinem Namen vertreten. Nach ihm ist eine Straße benannt sowie ein Hotel und ein Schützenverein. Und in der Hegau-Bibliothek sowie im Stadtarchiv findet sich ein umfangreiches Schriftgut zum Obersten. In der Pfarrkirche im benachbarten Hausen befindet sich die Kanzel der Widerholtschen Kirche.
Auch in Tuttlingen, dem namensgebenden Ort des Amts, zu dem der Hohentwiel lange gehörte, hat eine Widerholt-Straße wie auch sein Geburtsort Ziegenhain.
Stark vertreten ist Widerholt natürlich in Kirchheim unter Teck. Neben der obligatorischen Straße ist auch eine Schule nach ihm benannt. Des Weiteren lagert im Archiv der Stadt umfangreiches Material zu Widerholt. Und nicht zuletzt kann man immer noch das mehrfach umgestaltete Grab Widerholts besichtigen wie auch ein Bild des Obersten im Rathaus.
In Neidlingen hingegen weist nur noch der Türsturz der Schloss-Mühle auf Widerholt hin.
Sozusagen die reichste Quelle zum originalen Widerholt ist das Hauptstaatsarchiv Stuttgart. Neben vielen Plänen ist dies vor allem sein Schriftwechsel aus der Hohentwieler Zeit.
Quellen:
Hauptstaatsarchiv Stuttgart: Verwüstet und entvölkert – Der Dreißigjährige Krieg in Württemberg. Katalog zur Ausstellung des Hauptstaatsarchivs Stuttgart. Stuttgart 1998.
Hauptstaatsarchiv Stuttgart:
Bestand N 200 Pläne und Zeichnungen Altwürttemberg bis 1806
Verschiedene Pläne und Zeichnung zur Festung Hohentwiel und Kirchheim
Hauptstaatsarchiv Stuttgart: Bestand N 201 Pläne und Zeichnungen betreffend Neuwürttemberg und Gebiete außerhalb von Württemberg aus der Zeit bis 1806. In diesem Bestand die Spionageskizzen.
Hauptstaatsarchiv Stuttgart: Bestand A360 Schriftwechsel Konrad Wiederholt. Schriftwechsel aus der Zeit des Dreißigjährigen Kriegs, unter anderem mit 289 Briefen von Generalmajor Johann Ludwig von Erlach.
Literatur:
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Barth, Christian Gottlob, Geschichte von Württemberg, neu erzählt für den Bürger und Landmann. Calw 1843. Faksimile-Nachdruck mit einem Nachwort von Hansmartin Decker-Hauff. Stuttgart 1986.
Bauser, Friedrich, Geschichte der Moser von Filseck. Stuttgart 1911, S. 108-111.
Berner, Herbert, Hohentwiel – Bilder aus der Geschichte des Berges. Konstanz 1957.
Berner, Herbert, Die Herren von Buchenstein-Rost, in: Singen und der Hohentwiel, Singen 1971, S. 238-252.
Bleicher, Walter, Schwäbische Kunde aus der Geschichte des Kreises Saulgau, Band 1633-1635. Mengen 1982.
Bleicher, Walter, Schwäbische Kunde aus der Geschichte des Kreises Saulgau, Band 1636-1643. Mengen 1983.
Bleicher, Walter, Schwäbische Kunde aus der Geschichte des Kreises Saulgau, Band 1644-1650. Mengen 1983
Boos, Christa, Das Gastspiel des Junkers Alexander Ziegler von Schaffhausen als Herr von Hilzingen, in: Hegau Jahrbuch 58 (2001), S.49-60.
Bumiller, Casimir: Hohentwiel. Die Geschichte einer Burg zwischen Festungsalltag und großer Politik. Beiträge zur Singener Geschichte Band 2, Konstanz 1990.
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www.braunschweig.de: zur Belagerung 1615
www.schwedenlager-1634.de :
Wöllper, Jörg, Württemberger Landesdefension
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Wöllper, Jörg, Offiziere der Landesdefension
[1] Bei der Schreibweise des Namens schließe ich mich voll und ganz Gonzenbach (siehe Literatur) an. Er führt an, dass Widerholt im Briefwechsel mit Erlach seinen Namen immer gleich schrieb und er wohl am besten wusste, wie sein Name war.
[2] Die Festung Ziegenhain und die anderen hessischen Festungen, die zu Anfang des 16. Jahrhunderts von Landgraf Philipp gebaut wurden, waren die Vorbilder für die württembergischen Festungen, die nach 1534 von Herzog Ulrich gebaut worden sind. Ziegenhain selber setzt sich aus zwei Bezirken zusammen, zum einen die eigentliche Festung, eine Anlage mit vier Rondellen, umgeben mit zwei Wassergräben, und zum anderen aus der ebenfalls befestigten Vorstadt Weichaus. Sozusagen konnte Widerholt von frühester Kindheit den Festungsbau studieren, der in seinem Leben so eine große Rolle spielen sollte.
[3] Sie ist einen geborene Fähndrich, was wohl mit Ironie als ein Hinweis aus seinem weiteren Lebenslauf gelten mag.
[4] Bei den eigenen Aussagen Widerholts beziehe ich mich auf die Angaben von Superintendent Matthaeus Esenwein. Er erwähnt diese in der Leichenpredigt 1667 und war über lange Jahre hinweg mit Widerholt befreundet.
[5] Die Stadt Braunschweig gehörte zwar nominell zum Herzogtum Braunschweig, aber behauptete sich über Jahrhunderte hin in mehreren Auseinandersetzungen mit den Herzögen ihre Unabhängigkeit und Privilegien. Eine wichtige Voraussetzung dafür war die Mitgliedschaft in der Hanse, die die Stadt immer wieder aktiv in den Kämpfen gegen den Herzog unterstützte. Zu dieser Zeit hatten darüber hinaus die Niederlande noch ein Bündnis mit der Hanse geschlossen und beteiligten sich mit Truppen bei dieser Aktion.
[6] Braunschweig wurde von1615 von seinem Landesherren Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig 3 Monate lang belagert, bis ein niederländisch-hanseatisches Korps die Stadt entsetzte.
[7] Der sogenannte Uskokenkrieg, der sich zwischen 1615-1617 im Friaul abspielte.
[8] Delfziel liegt gerade 2 km Luftlinie von Emden entfernt und gehört heute zu den Niederlanden.
[9] Das Manuskript dieses Berichts lag im Jahr 1873 in der Bibliothek der Grafen Ortenburg zu Tambach. Verarbeitet wurde es in dem Artikel: Deutsche Soldtruppen im Dienst der Republik Venedig von Alexander Kaufmann, in: Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte Neue Folge II. Jahrgang 1873.
[10] Insgesamt 24 Mann wurden vom Regiment entfernt. Einige wurden gehängt und andere zu Rudersklaven auf den Galeeren gemacht. Deren bitteres Los hatte der Prediger bei dem Aufenthalt auf Korfu gesehen und beschrieben. Dabei waren viele seiner Aussage nach von der deutschen Nation und wohl Kriegsgefangene aus dem gegenwärtigen Konflikt mit der Steiermark.
[11] In der Leichenpredigt von Georg Ludwig von Löwenstein wird erwähnt, dass er auch als Rat in Dienste des württembergischen Herzogs gestanden ist. Daher kann man annehmen, dass Löwenstein seine guten Leute weiter vermittelt hat.
[12] Anhand der Beförderungen, die in den folgenden Jahren erfolgen sollten, kann der Trill-Meister mit einem Feldwebel gleichgesetzt werden.
[13] Die abgedankten Soldaten und Offiziere zog es zu dieser Zeit hauptsächlich nach Böhmen, wo die ausgebrochenen Händel neue Stellen verhießen. So gesehen musste Magnus handeln, um zumindest für die württembergischen Unionsregimenter gute Leute anzuwerben. Zumindest erscheinen viele der Offiziere von Schaffalitzky danach bei den Regimentern der Union und später bei Markgraf Georg Friedrich von Baden.
[14] Üblich war es, dass ein Amt eine Kompanie Infanterie bildete. Die Offiziersstellen bekleideten dabei die Beamten und ortsansässige Adelige. Bis 1620 gab es 2 Landregimenter mit Sollstärke von je 3000 Mann im Herzogtum. Nach der Auflösung der Union und den schlechten Erfahrungen, die man mit geworbenen Truppen gemacht hatte, beschloss man die Stärke zu verdoppeln. Neben der bisherigen 1. Auswahl kam nun die 2. oder andere Auswahl hinzu, die aber von der Ausbildung und Qualität der 1. Auswahl nicht nachstand. Neben den Landregimentern gab es noch die Landreiter, die aber nur eine sehr kleine Rolle spielten. Dazu siehe den Artikel von Jörg WÖLLPER, Die württembergische Landesdefension, online unter: www.schwedenlager-1634.de
[15] Bei strengen Lutheranern galt zu dieser Zeit die Calvinisten genauso wie die Katholiken als Ketzer.
[16] Dies wiederum eine Aussage von Matthaeus Esenwein.
[17] Zu dieser Zeit bezeichnete man die Württemberger als die spanischen Lutheraner wegen ihrer Glaubensstrenge. Im Alltagsleben zeichnete sich der Württemberger durch fleißigen Kirchgang und Fleiß aus. Reichtum, sofern man ihn besaß, zeigte man nicht offen, was gerade auf Widerholt zutraf. Dazu siehe später Hohenasperg.
[18] Dazu siehe die späteren Kapitel zu Mühlen und anderen technischen Einrichtungen.
[19] Teilweise wird er schon 1632 als Oberstleutnant bezeichnet, was aber unwahrscheinlich ist. Zu dieser Zeit hatten in Württemberg nur Adelige diese Charge inne.
[20] Bei den Zeichnungen des Mönches Reginald Möhner, der zu dieser Zeit die Fahnen der sämtlicher in Augsburg einrückender Kompanien beider Parteien malte, ist neben anderen Fahnen württembergischer Miliz auch die der Stuttgarter Kompanie zu sehen, die Widerholt zu dieser Zeit kommandierte.
[21] Die Burg Hohenschrammberg war eine der wenigen Burgen, die im 15. Jahrhundert in Südwestdeutschland neu gebaut worden war. Bauherr war Hans von Rechberg, ein berühmt-berüchtigter Raubritter und Condottiere. Dementsprechend war die Anlage nach den neuesten fortifikatorischen Erkenntnissen gebaut und auch spätere Ausbauten verhalfen der Anlage zu Wehrhaftigkeit. 1633 hatte sich der österreichische Obervogt Benz samt Teilen der Bevölkerung in die Burg zurückgezogen. Mit den Ausfällen seiner Miliz störte er permanent die Belagerung von Villingen. Nach der Übergabe wurde die Anlage niedergebrannt, damit sich die Kaiserlichen sich dort nicht mehr festsetzten konnten.
[22] Siehe auch den ausführlichen Beitrag von Jörg WÖLLPER, Holtz, Georg Friedrich von, in den „Miniaturen“.
[23] Eine Fußnote hierbei ist, dass ein Wallmeister aus Bremen für den Bau des Damms vom Herzog engagiert wurde, was die Frage aufwirft, ob Widerholt hier Beziehungen zu Bremen wieder aufleben ließ.
[24] Die Geschichte der Höhenfestung Hohentwiels war schon bis dahin alles andere als gewöhnlich. Schon vor der Jahrtausendwende gab es hier einen befestigten Sitz der schwäbischen Herzöge. Im Mittelalter wurde auf dem Berggipfel eine Burg gebaut, die im 15. Jahrhundert zu den größten im Hegau gehörte. Zum Politikum wurde die Anlage 1520, als der aus seinem Herzogtum vertriebene Ulrich von Württemberg sich in der Burg festsetzte, um von hier aus sein Herzogtum zurück zu erobern. Nachdem ihm dies 1534 gelungen war, wurde der Hohentwiel zu einer der sieben Landesfestungen. Die Festung selbst lag zu dieser Zeit größtenteils auf einem Berg und war mit den Mitteln der damaligen Belagerungskunst praktisch nicht einzunehmen. Ihr Schwächen waren die begrenzte Fläche auf dem Berg und die mangelhafte Versorgung mit Wasser, das es auf der so genannten oberen Festung nur Zisternen gab und keinen Brunnen. Daher wurde außerhalb von Belagerungen das Wasser von einer Quelle unterhalb der Festung herangeschafft. Hier war auch der sogenannte Meierhof , von dem aus die Ländereien um die Festung bewirtschaftet wurden. Die Festungswerke stammten größtenteils aus der ersten Hälfte des 16.Jahrhunderts, aber seit 1626 war die obere Festung mit 2 Bastionen verstärkt worden. Die Befestigung des so genannten Vorhofs unterhalb des Bergs hingegen stammte noch aus der Anfangszeit der Festung und stellte eine weitere Schwachstelle dar, was sich darin zeigte, dass dieser im Verlauf der nächsten Jahre mindestens zwei Mal gestürmt wurde.
[25] So hatte die Festung für die Belagerungen von Rottweil 1632, Villingens 1633, Konstanz 1633, Überlingen 1634 Belagerungsartillerie geliefert, die nach den Belagerungen wieder in der Festung eingelagert wurde.
[26] Ab 1639 hatte man bei den Kaiserlichen sozusagen folgende Arbeitsteilung betrieben. Die bayerische Armee kämpfte hauptsächlich in Süddeutschland, während die kaiserliche Armee von Böhmen und Schlesien aus operierte.
[27] Die Gegner der Kaiserlichen nenne ich in Folge pauschal die Protestanten. Der gern und oft benutzte Ausdruck Union kann für die Zeit nach 1620 nicht mehr verwendet werden, da sich die Union in diesem Jahr auflöste. Der Leipziger Schluss war ein kurzlebiges Bündnis, beschränkt auf das Jahr 1631. Für die Jahre 1631-1633 gibt es keinen übergeordneten Begriff. Einzig der Heilbronner Bund, 1633 in der gleichnamigen Stadt zwischen den Protestanten Ständen Süddeutschlands, Schwedens und Frankreichs geschlossen, könnte wohl herhalten, aber dieser siechte spätestens nachdem die meisten Reichsstände dem Prager Frieden beigetreten waren, mangels Masse vor sich hin, wobei nur noch bei den so genannten Weimarern der Begriff fortlebte. Daher verwende ich den Begriff Protestanten, obwohl das katholische Frankreich nach 1639 der Gegner der Kaiserlichen werden sollte.
[28] Dies waren die württembergischen Ämter Tuttlingen, Rosenfeld, Schömberg und Balingen.
[29] Pappenheim, der als Landgraf von Stühlingen in der Umgebung seinen Besitz hatte, war ein Verwandter des berühmten kaiserlichen Feldmarschalls Gottfried Heinrich von Pappenheim und Oberhaupt des weit verzweigten Hauses Pappenheim. Zwar war er katholisch, aber er hatte seit 1632 die Württemberger und Schweden aktiv gegen die Kaiserlichen unterstützt. Auch war sein einziger Sohn Ludwig württembergischer Oberst über ein Regiment Infanterie. Er fiel 1633 bei der Belagerung der Burg Hohenstoffeln, die in der Nähe des Hohentwiels liegt.
[30] Zu den Festungen am Bodensee und ihre Rolle siehe Jörg WÖLLPER, Die Festungen am Bodensee während des Dreißigjährigen Krieges.
[31] Von 1636 bis 1642 Oberst Adam Heinrich Keller von Schleitheim und dann bis Kriegsende Oberst Johann Gaudenz von Rost.
[32] Die Festung war Konstanz unterstellt und hatte bis Kriegsende verschiedene Kommandanten, unter anderem Hauptmann Bach von Regiment Waldburg-Wolfegg 1634 über Johann Gaudenz von Rost 1634 bis hin zum Obersten Gramont 1650.
[33] Die Festung kommandierte nominell der jeweilige Komtur, aber praktisch wurde die Festung von den Kaiserlichen bemannt und unterhalten. Daher kam es permanent zu Reibereien zwischen dem kaiserlichen Offizier vor Ort und dem Komtur.
[34] Lindau war die kaiserliche Hauptfestung in der Region. Ihr unterstand neben der Mainau auch noch die Schanze am Zugang zur Insel Reichenau. Kommandanten waren von 1634 bis 1640 Oberst August Vitzthum von Eckstätt und dann bis Kriegsende Oberst Max Willibald von Waldburg-Wolfegg.
[35] Die badische Festung liegt bei Emmendingen im Breisgau.
[36] Das Herzogtum stand unter kaiserlicher Verwaltung. Als Statthalter war Graf Alwin von Sulz eingesetzt worden und verschiedene Ämter waren an Gefolgsleute des Kaisers vergeben worden. So hatte man zum Beispiel die Ämter Tuttlingen, Balingen und Rosenfeld dem Hofkriegspräsidenten Graf Schlick übertragen. Auch hatte man die Klöster gemäß dem Restitutionsedikt wieder an die verschiedenen Orden übergeben und Jesuiten ins Land geholt. Trotz allem gab es keine geregelte Verwaltung im Herzogtum, das nach der Nördlinger Schlacht von den siegreichen Kaiserlichen ausgeplündert worden war und in dem vielerorts das Faustrecht herrschte. Ein Großteil der Bevölkerung war daher geflüchtet oder an der Pest gestorben.
[37] Zwar hatten beide Festungen kurz darauf aufgegeben, aber der Grund war, dass sie aus Mangel an Proviant und Krankheiten nicht länger aushalten konnten. Die Kommandanten nutzten den Umstand, um bessere Bedingungen für sich herauszuschlagen.
[38] Laut den Erinnerungen von Hans Conrad Müller verstarben 230 Menschen auf der Festung. Neben dem Feldscher und dem Prediger starben von der Garnison sämtliche Offiziere außer Widerholt. Auch 3 Töchter von Müller starben an der Seuche.
[39] Widerholt bat in einem seiner Briefe an den Herzog um Entsatz. Daraufhin schickte dieser ihm einen jungen Prediger, der aber wegen der Blockade der Festung in Schaffhausen hängen blieb.
[40] Der Hohenasperg war die württembergische Hauptfestung. Nordwestlich von der Hauptstadt Stuttgart gelegen, hatte er die Aufgabe, als Zufluchtsort für die Regierung zu dienen. 1634 waren in der Festung neben Wertsachen des Herzogs auch die von vielen Höflingen eingelagert. Daneben war aber auch der Schriftverkehr des Herzogs aus den letzten Jahren archiviert.
[41] Neben Wertsachen fielen den Kaiserlichen unter anderem der Schriftwechsel des Herzogtums in die Hände, der die Verbindung mit den Schweden und anderen Reichsfeinden offen legte. Dies war auch ein Grund, warum der Kaiser Württemberg im Gegensatz zu anderen Reichsständen hart behandelte.
[42] Als dieser nach der Übergabe der Festung in Straßburg auftauchte, versuchte der Herzog ihn vergeblich zur Rechenschaft zu ziehen, da man wohl zu Recht vermutete, dass sich Waldow die Taschen selber gefüllt hatte. Zu Waldow vgl. auch MAURER, Höhenfestungen, S. 269ff.
[43] Für einen Major der Landmiliz, der bis dahin keine Gelegenheit hatte, am Krieg zu verdienen, war das ein beachtliches Vermögen. Auf der anderen Seite wird er als einziges überlebendes Kind seiner Eltern deren Erbe erhalten haben und auch die Mitgift seine Frau dürfte zum Vermögen beigetragen haben. Sicher werden er und seine Frau schon damals sorgsam hausgehalten haben.
[44] Johann Konrad Müller 1588-1655. Der geborene Württemberger hatte wie Widerholt ein ereignisreiches Leben und spielte zu dieser Zeit sozusagen eine Rolle in der zweiten Reihe. 1629 Keller auf dem Hohentwiel, 1630-1633 Keller in Engen im Dienst von Maximilian von Pappenheim, 1633 Keller in Tuttlingen. Hier wurde er von den Kaiserlichen so brutal misshandelt, so dass er an den Folgen ein Leben lang litt. 1634 Keller in Pfullingen und nach der Nördlinger Schlacht Flucht nach Straßburg. Von Straßburg ging er mit Erlaubnis des Herzogs auf den Hohentwiel ohne feste Stelle, da dort seine Familie hin geflüchtet war. Auf der Festung machte er sich in Folge nützlich. So übernahm er nach dem Tod des Predigers dessen Aufgaben und war bei den Verhandlungen in Schaffhausen beteiligt. Dazu siehe Gudrun Kopschewa, Die Biographie des Hans Konrad Müller, in: Tuttlinger Heimatblätter Jahrbuch 2000 Neue Folge 63 und W. Heyd, Ein Lebensbild aus der Zeit des dreißigjährigen Krieges, in: Württembergische Vierteljahreshefte für Landesgeschichte 1892.
[45] Der Keller verwaltete die Liegenschaften rund um den Hohentwiel. Neben den umfangreichen Weinbergen waren dies 2 größere Höfe, die meist verpachtet waren. Er war sozusagen das zivile Gegenstück zum Kommandanten und diesem in normalen Zeiten gleichgestellt. Widerholt hingegen schaffte es in Folge, dass auch der Keller ihm unterstellt wurde. Er hatte später den Rang Kapitän.
[46] Johann Georg von Widerholt stammte aus einem Zweig der Familie Widerholt, der Anfang des 16. Jahrhunderts in kaiserliche Dienste getreten war und sich in Österreich niedergelassen hatte. Als Protestanten emigrierten sie wohl in den 20er Jahren. Johann Georg diente 1634 im Reiter-Regiment Helm Wrangel als Rittmeister und soll in der Nördlinger Schlacht 23 Wunden erhalten haben. In den nächsten Jahren erscheint er nicht unter den Offizieren der Festung. 1650 wurde er Nachfolger Widerholts als Kommandant des Hohentwiels.
[47] Windmühlen wurden zu dieser Zeit in Süddeutschland nicht verwendet, da die Windverhältnisse hier für einen rationellen Betrieb nicht geeignet waren. Für eine Bergfestung dagegen war diese Lösung theoretisch hervorragend geeignet. Die nächsten 50 Jahre sollten dann in Württemberg auf den Festungen mehrere Mühlen mit wechselndem Erfolg gebaut werden. Zu diesem Thema siehe Jörg WÖLLPER, Mühlen auf Festungen.
[48] Um die Mühle in Singen kam es in Folge immer wieder zu Kämpfen und letztendlich wurde sie dann bei der Belagerung 1639 von den Kaiserlichen abgebrannt.
[49] Es gibt keine genauen Angaben, wie viele Pferde für den Betrieb mindesten nötig waren. Bei einer vergleichbaren Anlage auf dem Hohenasperg spannte man 1634 8 Pferde vor und arbeitete in 3 Schichten pro Tag. Hier musste man aber rund 2000 Menschen mit Mehl versorgen, ein Vielfaches dessen, was auf dem Hohentwiel nötig war, wo vielleicht gerade einmal 400 Menschen waren.
[50] Eine zentrale Rolle nahm dabei wieder Hans Konrad Müller ein. Er hatte als Agent Widerholts nach dem Vertrag von Schaffhausen immer wieder mit Erlach zu tun. Er war dann in Folge auch bei der Ausarbeitung des Vertrags beteiligt und reiste zwischen Bern und dem Hohentwiel hin und her. Erlach hatte Müller inzwischen schätzen gelernt und nahm ihn in seinen Dienst. Auch Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar wollte Müller zu dieser Zeit in seinen Dienst nehmen. Nachdem er dann erst Verwalter der Erlachschen Güter war, ernannte Erlach ihn zum Proviantverwalter von Breisach.
[51] Bernhard von Sachsen-Weimar hatte im Sommer zum ersten Mal seit Jahren seinen Feldzug auf der linken Rheinseite führen wollen. Bei Wittenweier hatte er eine Schiffbrücke gebaut und diese mit umfangreichen Befestigungen geschützt. Wegen dauernder Angriffe der Kaiserlichen und mangelnder französischer Unterstützung wurde dabei seine Armee ruiniert.
[52] Über Müller und Erlach wurden mehrere Geschäfte abgewickelt. Zum einen kaufte der Hohentwiel Korn in der Eidgenossenschaft. Zum anderen verkaufte man unbrauchbare Geschütze an die Gießerei Füßli in Zürich.
[53] Bernhard von Sachsen-Weimar hatte nach der Nördlinger Schlacht die verbliebenen schwedischen Truppen unter seinem Kommando vereinigen können und war auch vom Heilbronner Bund zum Oberbefehlshaber dieser Armee ernannt worden. Mangels Masse konnte Schweden diese Armee nicht weiter unterhalten und Frankreich kam für den Unterhalt dieser Armee, Weimarer genannt, auf, da ab 1635 der Heilbronner Bund außer Frankreich keine zahlenden Mitglieder hatte. Trotzdem pochte Bernhard in Folge darauf, dass er der Oberbefehlshaber der Armee des Heilbronner Bundes wäre, allein schon um eine gewisse Unabhängigkeit zu behalten.
[54] Mit damit verbunden war, dass er ein Infanterie-Regiment werben durfte. Das Regiment bestand mindestens bis 1640 und stand bei der Armee. Außerdem warb Widerholt 1638 in der Schweiz Mannschaften für die Artillerie.
[55] Schloss und Herrschaft Stoffeln lagen in unmittelbarer Nähe des Hohentwiels.
[56] Die erfolglose Belagerung der Festung 1641 kostete die Kaiserlichen das Zehnfache dieser Summe.
[57] Ein weiterer Pluspunkt war das mit Belagerungsmaterial gut gefüllte Zeughaus der Festung.
[58] Bernhard von Sachsen-Weimar hatte angekündigt, dass er Württemberg bei erster Gelegenheit verwüsten wollte, sollte Herzog Eberhard mit dem Kaiser Frieden schließen.
[59] In dem unterhalb der Festung gelegenem Dorf wartete schon Oberstleutnant Johann Gaudenz von Rost, um die Festung für das Erzherzogtum Tirol zu übernehmen. Für Rost sollte der Hohentwiel zu einem lebenslangen Trauma werden. Während des ganzen Krieges kämpfte er letztendlich erfolglos gegen die Hohentwieler. Nach dem Krieg kaufte er die Herrschaft Singen unterhalb der Festung. Dies und seine Funktion als vorderösterreichischer Obervogt sorgten dann weiter für Streit mit den Hohentwielern.
[60] Herzog Eberhard rettete die Situation damit, dass er im März persönlich beim Kaiser in Wien erschien. Hier konnte er letztendlich den Kaiser überzeugen, dass Widerholt gegen seinen Befehl gehandelt hatte. Trotzdem dauerte es noch bis zum Oktober, bis er wieder in sein Herzogtum eingesetzt wurde. Unter anderem musste er als Ersatz für den Hohentwiel die Festung Hohenasperg abtreten. Überhaupt waren die Bedingungen überaus hart, da große Teile des Herzogtums wegen des Restitutionsedikts und durch schwedische Schenkungen verloren gegangen waren. Daher war der Frieden nicht nur für Widerholt inakzeptabel.
[61] Tuttlingen ging dann im Herbst wieder verloren.
[62] Diese 2 halben Kartaunen spielen in der Hinsicht eine große Rolle, weil der Umstand von den Kaiserlichen immer wieder angeführt wird. Die Kaiserlichen sahen wohl darin den Nachweis für den Verrat, den Widerholt und auch der Herzog begangen hatten.
[63] Daneben hatte Bernhard von Sachsen-Weimar in einem Winterfeldzug noch mehrere Plätze in der Franche-Comté und in Burgund erobert. Damit kontrollierte er ein Gebiet, dass er als Ausgleich für sein verlorenes Herzogtum Franken haben wollte und wofür er von Frankreich auch die Zusage erhalten hatte.
[64] Ein Konkurrent, Generalmajor Bernhard Schaffalitzky, war im September gefangen genommen worden und kam erst 1640 frei. In dessen Erinnerungen wird Erlach nicht namentlich genannt, was ein Hinweis ist, dass es zwischen beiden Spannungen gab. Zu Schaffalitzky [Schafelitzky] zu Mukadel [„Mückenthal“], Bernhard; Generalmajor [1591-1641] siehe den Beitrag von Jörg WÖLLPER in den „Miniaturen“.
[65] Neben dem Hohentwiel waren dies Laufenburg, Rheinfelden, Säckingen, die Burg Rötteln, die Schanze bei Hüningen, Neuenburg, Freiburg und diverse Anlagen, die man auf der rechten Rheinseite erobern konnte.
[66] Schon unmittelbar nach der Schlacht von Rheinfelden hatte Weimar ein Korps unter Oberst Reinhold von Rosen und Generalmajor Taupadel gegen Württemberg geschickt. Sie konnten ohne große Mühe Teile des Herzogtums einnehmen und Generalmajor Schaffalitzky versuchte schon eine zivile Verwaltung aufzubauen, als überraschend starke kaiserliche Kräfte auftauchten, vor denen man sich zurückziehen musste. Bernhard von Sachsen-Weimar wollte wohl so der Aussöhnung Herzog Eberhards mit dem Kaiser zuvor kommen und Eberhards Bruder Friedrich als Herrscher installieren.
[67] Als Erben der Armee war ein Direktorium aus vier Offizieren eingesetzt worden. Dies waren zum einem die Obersten Reinhold von Rosen, Ehm und Wilhelm Otto Graf von Nassau-[Katzenelnbogen]Siegen, und dann natürlich noch Generalmajor Erlach. Neben Frankreich hatten auch die Kaiserlichen und der Pfalzgraf Karl Ludwig versucht die Armee in ihren Dienst zu nehmen, während Schweden abwartend beiseite stand. Bernhards Brüder hingegen lehnten dies ab, auch weil sie inzwischen sich mit dem Kaiser ausgesöhnt hatten und dieses nicht aufs Spiel setzten wollten.
[68] Praktisch war die Armee, die sich immer noch „schwedisch“ nannte, seit 1635 von Frankreich finanziert worden. Bernhard von Sachsen-Weimar sah sich dabei als gleichberechtigter Verbündeter, während Frankreich sich als Bernhards Dienstherren wähnte.
[69] Bei dieser Gelegenheit zeigte es sich auch, wie Erlach mit gleichrangigen Konkurrenten in der Armee umging. Die beiden Generalmajore Taupadel und Schaffalitzky waren im Vorjahr in Gefangenschaft geraten. Beide schmorten nicht nur zwei Jahre in der Gefangenschaft, sondern gingen im Gegensatz zu den anderen Offizieren beim Erbe des Herzogs leer aus. Als sie dann aus der Gefangenschaft entlassen wurden, hatte Erlach die Armee längst im Griff und beide spielten fortan keine größere Rolle mehr bei den Weimarern.
[70] Im Bereich des Meierhofs, heute Domäne Hohentwiel genannt, lag die ergiebigste Quelle in der Umgebung. Von hier versorgte man die Festung mit frischem Wasser und hier hatte man auch wegen des großen Wasserbedarfs der Pferde die Dragoner-Kompanie einquartiert.
[71] Diese Aktion ging gegen die Druckmüllerschen Dragoner und ist keine der Legenden, die sich später bildeten. Denn Widerholt berichtete davon in einem Brief an Erlach.
[72] Was in diesem Fall besonders prekär war. Denn wegen der Belagerung konnte er auch nicht zurück auf die Festung.
[73] Holtz war seit Mitte 1638 Oberst in der bayerischen Armee, in der er schon zwischen 1619 und 1631 gedient hatte.
[74] Damals wie heute sollte das Land für Soldaten aufkommen. Dies konnte mit Einquartierungen geschehen, wo man den Soldaten Wohnung und Nahrung liefern musste, oder über Abgaben, die so genannten Kontributionen. Den Festungen der jeweiligen Kriegspartei wurden von den Kriegsherren Bezirke zugeteilt, aus denen sie ihren Unterhalt besorgen sollten. So waren Festungskommandanten zu dieser Zeit auch Steuereintreiber und wurden, wenn sie diesen Posten länger versahen, sozusagen zu versierten höheren Verwaltungsbeamten. So ist es kaum überraschend, dass die Festungskommandanten Widerholt und Rost nach dem Krieg Obervögte wurden; Max Willibald Waldburg-Wolfegg wurde sogar bayerischer Statthalter der Oberpfalz.
[75] 1635 hatte hier Widerholt die Besitzungen der Grafen von Sulz heimgesucht.
[76] Der Lothringer ist in Gegensatz zu Widerholt heute nahezu unbekannt, obwohl er gerade zu dieser Zeit viel in der Region war und der fähigste kaiserliche Offizier war.
[77] Neben den ehemals württembergische Ämtern Tuttlingen, Balingen und Rosenfeld hatte er in der kaiserlichen Festung Lindau Agenten, deren städtische Bevölkerung mehrheitlich Protestanten waren.
[78] So gab es Agenten in der vorderösterreichischen Stadt und Festung Villingen. Gerade hier, nachdem die Stadt dreimal von den Württembergern belagert worden war, dürfte man wohl keine Sympathien für Widerholt erwarten zu sein.
[79] So beklagt sich Erzherzog Karl Leopold 1645, dass seine Untertanen Widerholt mit Informationen versorgen und auch deswegen nie ihn in den Griff bekommen würde.
[80] Beginnend mit der Festung Radolfzell waren dies die Bergschlösser Homburg, Nellenburg, die Landstadt Engen und Schloss Blumberg. Zerstört wurden bis zum Ende des Jahres schon die Bergschlösser Staufen, Hohenkrähen, Rosegg, Mägdeberg, Hohenstoffeln und Hohenhewen.
[81] Dass dies ein fragiler Zustand war, ist natürlich offensichtlich. Wenn Parteien des Feldheeres erschienen, hielten diese sich nicht an solche Abkommen. Die Entwicklung, den Unterhalt für das Kriegswesen auf eine stabile verlässliche Basis zu stellen, wurde zu dieser Zeit auch von Widerholts Vorgesetztem Erlach energisch vorangetrieben. So zog man den schwedischen Zehnten auf Getreide ein und verpflegte die Soldaten daraus zentral.
[82] Bis 1634 waren der Hohentwiel und die anderen württembergischen Festungen sozusagen militärisches Sperrgebiet. Betreten durfte die Festungen nur, wer eine schriftliche Erlaubnis des Herzogs hatte. Außer den so genannten Guardia-Knechten lebten nur wenige zivile Beamte auf den Festungen. Frauen, außer der des Kommandanten und dessen Gesinde, waren nicht auf der Festung. Dies änderte sich im Lauf des Krieges grundlegend, so dass nach dem Krieg die Festungen eher das Aussehen von Dörfern hatten, in denen ein reges Kommen und Gehen herrschte.
[83] Ein Schreiben ähnlichen Inhalts hatte auch Oberst Philipp Eustachius Freiherr von und zu Hattstein erhalten, der Erlachs Stellvertreter in Breisach war.
[84] Für diesen Feldzug wurde Radolfzell von Tirol an Spanien abgetreten.
[85] Die Spanier blieben den Winter über in der Region und zogen dann im Frühjahr nach Osten ab, ohne eine weitere Rolle zu spielen. Sozusagen der letzte Rest dieses Unternehmen war ein spanischer Offizier, der noch 1646 in Radolfzell seinen rückständigen Unterhalt forderte. Die Festung Radolfzell hingegen wurde im folgenden Jahr wieder von Tirol übernommen, da die Spanier sie mangels Geld vernachlässigten.
[86] Neben Seposi waren noch ein Rittmeister und ein Kornett sowie Mannschaften in Engen in Gefangenschaft geraten.
[87] Inzwischen scheint man sich wieder mit Schaffhausen ausgesöhnt zu haben.
[88] Ein Vertragspunkt bei dem zwischen dem Direktorium der Weimarer und den Franzosen 1639 geschlossenen Vertrag war, dass Erlach als Kommandant von Breisach einen französischen Stellvertreter bekommen und die Hälfte der Garnison aus Franzosen bestehen sollte. In der Folge wurde der Baron d’Oisonville bestellt, der den französischen Einfluss, wohl im Auftrag des Königs, vergrößern sollte, was immer wieder zu erheblichen Spannungen mit Erlach führen sollte.
[89] Oberst Hans Werner von Äscher war sozusagen ein alter Bekannter von Widerholt. Äscher hatte 1633 die Verteidigung Villingens geleitet und in der Folge in der Region verschiedene Kommandos auf Seiten der Kaiserlichen gehabt. Zu dieser Zeit kommandierte er das geworbene Infanterie-Regiment von Vorarlberg und war als Landeshauptmann Vorarlbergs der militärische Kommandant in der Region.
[90] Der Beschluss hierfür wurde am 24. November auf dem Reichstag in Regensburg gefasst.
[91] Die Petarde, eine größere Sprengladung, die auf einem Brett montiert ist, war sozusagen die Waffe Widerholts. Er setzte sie gerne und oft bei seinen Streifzügen mit großem Erfolg ein. Sie ersetzte bei seinen Anschlägen die schwere Artillerie, die man sonst gebraucht hätte, um eine Befestigung zu zerstören. Mit der Petarde konnte man zwar Tore aufsprengen, aber das Anbringen der Ladung womöglich unter feindlichem Feuer war für die Petardiere eine gefährliche Angelegenheit.
[92] Alexander von Neuneck zu Glatt [1598-1645] kaiserlicher und kurbayerischer Oberst zu Ross, zu dieser Zeit Gouverneur der Festung Hohentübingen. Er stellte unter anderem 1631 ein Werk zur Pferdeheilkunde fertig, das 1935 gedruckt wurde.
[93] Eine Streifschar der Hohentwieler hatte dabei das Neunecksche Schloss Glatt geplündert und verwüstet. Dies geschah zu der Zeit, als die Ritterschaft, der die Neunecks angehörten, wegen Kontributionen mit Widerholt verhandelten, was einen Protest derselben nach sich zog.
[94] Laut dem vorderöstereichischen Kanzler Volland kostete die Belagerung 230000 Gulden.
[95] Die Kaiserlichen deuteten dies als Flucht und machten sich anfangs die Hoffnung, dieses Mal müsste Widerholt schnell aufgeben.
[96] Dabei hatte Widerholt Merian den Ideal-Plan für den Ausbau der Festung mit Bastionen zukommen lassen. Diesen hatte einer der Vorgänger Widerholts, Wolf Friedrich Löscher, in den 20er Jahren erstellt und bis 1632 auch zwei der vier projektierten Bastionen gebaut. Auch ist auf dieser Vogelschau der Vorhof in Gegensatz zu dem Zustand von 1641 noch nicht verstärkt.
[97] Nach Aufgabe der Belagerung hatte er noch einen heftigen Streit mit Oberst Keller und duellierte sich auch noch mit dem Obersten Neuneck, der dabei schwer verletzt wurde.
[98] Hier wollte Widerholt am 25.2. eigentlich nur das Amtshaus anzünden, aber infolge des starken Windes brannte die ganze Stadt ab.
[99] Der Salemer Mönch Sebastian Bürster unterstellt Widerholt, dass dies die Rache für die Ermordung des Pfullendorfer Bürgermeisters Schneller war. Dieser wurde von Radolfzellern erschossen, als er auf dem Rückweg vom Hohentwiel war, wo er Kontributionen abgeliefert hatte. Wobei er das in diesem Fall durchaus nicht negativ sah.
[100] Blaubeuren war eines dieser württembergischen Klöster, die das Herzogtum aufgrund des Restitutionsedikts abgetreten hatte. Damit war der Abt für Widerholt ein bevorzugtes Opfer.
[101] Im Hauptstaatsarchiv Stuttgart liegen 2 Skizzen von Petershausen mitsamt der Rheinbrücke, die wohl die Grundlage für diesen Anschlag waren. Während die eine Skizze wenig Details zeigt und auch die Befestigungen nicht korrekt eingezeichnet sind, ist die andere Skizze umso aussagefähiger. Neben den Bastionen sind hier auch die aufgestellten Kanonen eingezeichnet.
[102] Allmannsdorf, Egg, Litzelstetten, Wallhausen und Dingelsdorf sowie Schloss Burg.
[103] Die württembergische Amtsstadt Tuttlingen, zu dieser Zeit im Besitz des kaiserlichen Hofkriegspräsidenten Schlick, lag am Schnittpunkt zweier überregionaler Straßen. Dies waren die Schweizer Straße, die von Stuttgart nach Schaffhausen ging, und die Verbindung zwischen Ulm und Freiburg. Wegen dieser Lage und ihrer schwachen Befestigung dürfte Tuttlingen die Stadt in Südwestdeutschland sein, die in diesem Krieg die meisten Besatzerwechsel erdulden musste. Die Stadt war zu dieser Zeit von bayerischen Dragonern unter Oberst Georg Kreutz besetzt, der aber nur kurz Widerstand leistete.
[104] Konstanz beherbergte seit 1632 zahlreiche Adlige und Geistliche, die sich in die vermeintlich sichere Festung mit Zugang zur neutralen Eidgenossenschaft geflüchtet hatten. Dies und der Umstand, dass die Stadt bis dahin keine Plünderung über sich ergehen lassen musste, verhieß den Widerholt und den Weimarern reiche Beute im Gegensatz zu Tuttlingen, das seit 1632 mehrmals geplündert worden war.
[105] Historisch gesehen war Konstanz der Hauptort des Thurgaus. Aber durch die Loslösung der Eidgenossenschaft vom Reich und durch die Einnahme der Stadt 1550 durch die Kaiserlichen war man sozusagen entzweit worden. Nichts desto trotz bestanden enge Beziehungen und die katholischen Eidgenossen beobachteten sorgsam die Entwicklung von Konstanz, nicht zuletzt durch die Erfahrungen, die man bei der Belagerung der Stadt 1633 gemacht hatte. Dabei hatte die schwedische Armee unter Gustav Horn mit Unterstützung von Zürich die Stadt erfolglos belagert, was fast zu einem Bürgerkrieg in der Eidgenossenschaft geführt hätte.
[106] Zwischen Habsburg und der Eidgenossenschaft war nach dem so genannten Schwabenkrieg 1500 die so genannte Erbeinigung geschlossen worden, indem man das Zusammenleben der beiden Parteien regelte, die sich bis dahin unversöhnlich gegenüber gestanden waren. Damit konnte dann im Großen und Ganzen der Frieden zwischen den Parteien bis zum Ende des Alten Reichs gehalten werden.
[107] Die Vertreter der Eidgenossenschaft hatten mit der Tagsatzung ihr ständiges Organ, in dem Beschlüsse gefasst worden.
[108] Das Schreiben war schon am 16. Februar 1642 verfasst worden, aber die Zustellung hatte sich deswegen so lange verzögert, weil d’Oisonville es persönlich überbringen wollte.
[109] Dieses Thema scheinen die Franzosen sehr diplomatisch gelöst zu haben. Hätten sie der Frau Oberst ein Kleid in der falschen Größe geschenkt, hätte dies zu ernsten Misstönen führen können.
[110] Die scharfen Verweise des Herzogs von 1639 scheinen demnach Theaterdonner gewesen zu sein.
[111] Kommandant war Oberst Friedrich Moser von Filseck (1605-1671). Auch er stammte aus Württemberg und dürfte Widerholt schon länger gekannt haben. Er machte nach dem Krieg weiter als schwedischer Generalleutnant und württembergischer General über alle Völker und Festungen Karriere.
[112] Fürstenberg war der Erbe Maximilians von Pappenheim und wegen seiner Besitzungen in unmittelbarer Nähe der Festung besonders daran interessiert, dass die Region befriedet würde.
[113] Damit wollte er nach den Worten dieser Zeit aussagen, dass die Stadt zum ersten Mal von einem Feind erobert worden war.
[114] Zu dieser Zeit wurde die ehemalige Armee Herzogs Bernhard von Weimars als Weimarer oder auch noch als Schweden bezeichnet. Neben den alten in Deutschland rekrutierten Regimentern gehörten aber auch schon rein französische Regimenter zur Armee. Im Hegau wollte man die Armee mit Getreide aus der Schweiz verpflegen, weil die Lager um Breisach leer waren.
[115] Die Weimarer waren zu Ende des Jahres 1639 an den Mittelrhein gezogen. Im folgenden Jahr hatte man sich mit den Schweden unter Banér vereinigt und im Jahr darauf kämpfte man am Niederrhein. Erst zu Anfang des Jahres 1642 kehrte die Armee sozusagen in ihre Heimat am Oberrhein zurück. Während der Abwesenheit der Armee hatte Erlach das alleinige Kommando in der Region.
[116] Die Weimarer waren zu Anfang des Jahres 1642 aus ihren Winterquartieren am Main aufgebrochen, um die Vereinigung der bayerischen und lothringischen Armee bei Heilbronn zu verhindern. Dies gelang nicht und die Bayern verhinderten in Folge nicht nur, dass die Weimarer nach Osten zogen, sondern brachten mit einer Reihe von nächtlichen Überfällen im Raum Stuttgart den Weimarern schwere Verluste bei. Hierbei tat sich vor allem Jan von Werth hervor, der erst kurz zuvor aus französischer Gefangenschaft entlassen worden war. Die Weimarer zogen sich daraufhin in die Gegend von Breisach zurück.
[117] Auch von Rottweil gibt es eine dieser Spionage-Skizzen im Hauptstaatsarchiv Stuttgart.
[118] Guébriant war während der Belagerung am Arm verwundet worden, der daraufhin amputiert werden musste. Er starb am Tag der Schlacht von Tuttlingen an Wundbrand. Seine Eingeweide wurden in der Predigerkirche in Rottweil beigesetzt, während der Leichnam in einem Sack verpackt auf einen Maultier nach Paris geschafft wurde. Die Rottweiler kommentierten diesen Umstand mit folgenden zwei Zeilen: „Da Marschall Guebriant – Hot’s Herz und d’Kuttla z’Rottweil gla!“
[119] Gegossen wurden die Kanonen in Zürich bei der bekannten Glocken- und Kanonengießerei Füßli. Aus deren Bestand kamen 4 originale Gussmodelle von Dekoren ins Schweizerische Nationalmuseum. Siehe dazu den Artikel in der Neuen Züricher Zeitung.
[120] Kommandant von Rottweil war Widerholts angenommener Herzog Friedrich von Württemberg, der wegen der Umstände gerade einmal mit seinen Offizieren abziehen durfte, während die Mannschaften bei den Bayern untergesteckt wurden.
[121] Die Bayern eroberten in Folge noch Freiburg und lieferten sich mit den Weimarern die äußerst blutige Schlacht bei Freiburg.
[122] Turenne war zu dieser Zeit noch beschäftigt, im Elsass eine Armee aufzustellen, während es in Breisach zu einer Meuterei der französischen Garnison kommt. Auslöser hierfür war, dass die Franzosen seit Monaten keinen Sold mehr bekommen hatten. Die Meuterei konnte von Erlach niedergeschlagen werden und sein Widersacher d’Oisonville wurde darauf von seinem Posten abgerufen.
123] Zu dieser Zeit wurde von der Kampf zwischen Erlach und Frankreich um den Einfluss auf die Armee und um die Festungen ausgefochten. Die alten Weimarer verloren aber immer mehr an Einfluss bzw. sie verabschiedeten sich ins Jenseits. Auch die immensen Verluste, die die Armee in den Schlachten dieser Jahre erlitt, waren mit deutschen Offizieren und Mannschaften nicht mehr zu ersetzen, und so traten an ihre Stelle immer mehr Franzosen.
[124] Nach der Schlacht bei Freiburg waren die Weimarer, zu denen noch Teile der französischen Armee unter Condé gestoßen waren, den Rhein hinunter gezogen und hatten unter anderem die bedeutende Festung Philippsburg erobert. Von nun an gingen die französischen Vorstöße nach Osten über den Kraichgau und durchs Hohenloher Land.
[125] Ironie hierbei war, dass er damit eine Festung schleifen ließ, die nach seiner Auffassung eine württembergische war.
[126] Handel war schon mindestens seit 1634 der Kommissar von Lindau und war dafür verantwortlich die Kontributionen einzutreiben. Er blieb bis zur Abdankung der Garnison 1650 in Lindau.
[127] Auch von Lindau gibt es zwei Spionage-Skizzen. Sie zeigen die Schwachstellen der Befestigung wie fehlende Palisaden und die Aufstellung der Posten.
[128] Stockmaier versah das Amt des Kellers von 1640 bis zur Rückgabe der Festung an Württemberg 1650. Dabei muss er das Vertrauen des als schwierig verschrienen Widerholt besessen haben. Mit hinzu kam dabei wohl auch, dass Stockmaier Württemberger war.
[129] Ulrich war wohl für Widerholt so etwas wie das schwarze Schaf der Familie Württemberg, zu einen, weil er Dienst beim bayerischen Kurfürsten genommen hatte und später dann noch zum katholischen Glauben übertrat.
[130] Diese wurde natürlich gedruckt und dürfte vom Umfang her rund 2 ½ Stunden gedauert haben.
[131] Verlegt wurde das Werk bei Andrea, Straßburg 1645.
[132] Nach einer anderen Quelle stammt sie vom Kloster Weingarten.
[133] Bis zum Krieg waren auf der Festung gerade einmal 12 Guardia-Knechte samt dem Kommandanten gelegen. Zu dieser Zeit durften sich auch keine Zivilisten auf der Festung aufhalten. Auch wohl deswegen hatte man bis dahin darauf verzichtet, eine Kirche auf der Festung zu bauen.
[134] Dass er den Gottesdiensten und der dauerhaften Anwesenheit eines Predigers hohen Stellenwert beimaß, zeigte sich schon im Jahr 1636, als der damalige Prediger an der Pest starb und Widerholt selbst predigte, bis Ersatz auf der Festung ankam. Unter anderem hatte er in den folgenden Jahren noch die Herausgabe eines Gesangbuches finanziell unterstützt und dieses auch an die Garnison verteilt.
[135] Friedrich trat kurz darauf in hessen-kasselische Dienste.
[136] Pissinger hatte natürlich auch an Herzog Eberhard geschrieben, dass dieser Widerholt die Streifereien verbieten solle. Worauf der Herzog freundlich antwortete, der Herr Oberst stehe nicht mehr in seinen Diensten.
[137] Wohl seit dem Eid auf Ludwig XIV. tritt er nur noch als Oberst einer Krone auf.
[138] Hornstein hatte 1633 aktiv am Krieg gegen die Württemberger und Schweden teilgenommen. Bei der Belagerung seines Bergschlosses Hohenstoffeln in unmittelbarer Nähe des Hohentwiels war unter anderem der Sohn des Landgrafen Maximilian von Pappenheim, Ludwig, gefallen. Dadurch war er besonders bei den Württembergern verhasst.
[139] Unter anderem Engen, Markdorf, Pfullingen. Tuttlingen war schon im Vorjahr von Widerholt selber entfestigt worden.
[140] Der Hegau gilt als eine der burgenreichsten Regionen in Deutschland.
[141] Gerade 1639 hatten die von den Hohentwielern besetzten Bergschlösser beim Erscheinen der bayerischen Armee keinen großen Widerstand geleistet. Besetzt mit wenigen Mann hatten diese meist nur einen Tag mit den Bayern scharmützelt, um dann einen Akkord zu günstigen Bedingungen abzuschließen. Der Schluss, den Widerholt daraus zog, war wohl der, dass man in diesem Falle nur seine Kräfte verzettelte und darüber hinaus diese kleinen Garnisonen selten im Griff hatte.
[142] Unter anderem hatte das Kloster Weingarten bei Ravensburg eine solche lebende Salvia Guardia.
[143] Es war auf dem Bodensee üblich, dass man ein Frachtschiff im Kriegsfall mit kleinen Geschützen bewaffnete und als Kriegsschiff verwendete. Daneben gab es die so genannten Jagdschiffe, die von vorn herein als Kriegsschiffe gebaut worden waren. Als Besatzung verwendete Wrangel wie schon 1633 Gustav Horn am Untersee Finnen. Damit waren sie die nationalschwedischen Mannschaften, die am weitesten im Süden eingesetzt wurden.
[144] Offiziell waren zu dieser Zeit Frankreich und Schweden zwar Verbündete, aber beide Kronen hatten auch ihre eigenen Interessen, was naturgemäß zu Spannungen führte.
[145] Bei der Eroberung der Reichenau gibt es verschiedene Angaben. Bei manchen Quellen spielt sich dieses Ereignis im Jahr zuvor ab.
[146] Im Falle Überlingens wird die Übergabe aufgrund des Waffenstillstands korrekt ausgeführt. Bei den Festungen Rottweil und Hohenasperg erklärten sich die Kommandanten für kaiserlich und erhielten so die Festungen der kaiserlichen Partei. Damit vollzogen die Kommandanten einen ähnlichen Schritt wie Widerholt 1638.
[147] Der Kommandant von Konstanz, Oberstleutnant Rost, erwartete einen Angriff auf Radolfzell und glaubte nicht, dass man die Festung nachhaltig verteidigen könnte. Deswegen ließ er die schwere Artillerie nach Konstanz bringen.
[148] Die Armeen Frankreichs und Schwedens waren im Frühjahr aus der Region abgezogen und nun führten wieder die Festungen allein den Krieg in der Region.
[149] Widerholt erschien in Überlingen mit einem Gefolge von 100 Mann, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass die Garnison zu dieser Zeit weit mehr als die 3 Kompanien zu 60 Mann hatte.
[150] Bei Widerholt dienten im Lauf des Krieges verschiedene Württemberger, von denen an erster Stelle Hans Konrad Müller genannt werden muss. Das lag unter anderem daran, dass Widerholt auf der Festung nur zuverlässige Leute haben wollte. Und für diese wollte und sollte Widerholt dann auch nach Friedensschluss sorgen.
[151] Bernhard von Sachsen-Weimar wird dabei im Gegensatz zu Erlach nicht namentlich genannt.
[152] Sowohl in dem Vertrag mit Bernhard von Sachsen-Weimar als auch dem Rezess von 1644 wird immer angeführt, dass die Festung an Württemberg zurückkommen soll. Dies war sein Ziel und daher war es logisch, dass auch er zurück in württembergische Dienste wollte.
[153] Einige der Weimarer blieben weiter im Dienst Frankreichs, das aufgrund der Fronde und dem Krieg mit Spanien weiter Bedarf an erfahrenen Offizieren hatte. Erlach brachte es in französischen Diensten noch bis zum Generalleutnant und Befehlshaber der deutschen Armee. Auch die Brüder Rosen, Reinhold und Johann, machten nach Friedensschluss noch weiter Karriere im Dienst der französischen Krone. Feldmarschall Schmidtberg hingegen trat wie Widerholt in württembergische Dienste und wurde wie er Obervogt und Oberst eines Landregiments.
[154] In Frankreich war mit der Fronde ein Aufstand gegen den König ausgebrochen. Er hatte zur Folge dass Erlach 1649 mit der deutschen Armee auf Seiten des Königs in die Kämpfe eingriff. Erlach erkrankte im Sommer schwer und erholte sich auch nach der Rückkehr nach Breisach nicht mehr. Er starb am 26. Januar 1650 und damit verlor Widerholt seinen langjährigen Vorgesetzen und letztendlich auch Gönner.
[155] Am gleichen Tag übergaben die Franzosen mit Schorndorf noch eine zweite württembergische Festung. Nun erst feierte man offiziell Frieden im Herzogtum.
[156] Johannes Schmoller ist der Schwiegersohn von Hans Conrad Müller. Er übernimmt im Mai 1649 dessen Amt des Proviantkommissars in Breisach. Müller hingegen geht nach Württemberg zurück und wird Visitations- und Rechenbankrat. Auch in diesem Amt folgt Schmoller seinem Schwiegervater nach.
[157] Matthaeus Esenwein (1620-1672) war zu dieser Zeit 3. Stadtpfarrer in Tübingen und war zuletzt Abt des reformierten Klosters Hirsau.
[158] Abgesehen von der Einladung der bayerischen Offiziere nach Singen im Jahr 1645. Aber bei dieser Gelegenheit hat der Herr Oberst wohl andere Hintergedanken.
[159] Von Erlach und Schaffalitzky ist zum Beispiel bekannt, dass sie, nachdem sie bei Rheinfelden gefangengenommen worden waren, an einem Saufgelage der Kaiserlichen Offiziere teilgenommen hatten.
[160] Diesen Begriff benutzte Roland Kessinger vor Jahren in einer Mail.
[161] Das Portal mit der Inschrift samt Widerholts Wappen wurde ursprünglich wohl am äußeren Tor der neuen Vorhof-Befestigung verbaut. Als dieses Tor beim letzten Ausbau der Festung ab 1734 geschlossen wurde, erhielt das Portal seinen Platz am neuen Zugang der Festung. Nach der Schleifung der Festung wurde es dann, um es vor Steinräubern in Sicherheit zu bringen, in der Ruine des Torturms der oberen Festung verbaut, wo es heute noch zu sehen ist.
[162] Neidlingen liegt am Albtrauf zwischen Reutlingen und Göppingen.
[163] Um diese Zeit hatte das Herzogtum, gemessen am Stand vor 1634, gerade noch ein Drittel der Bevölkerung. Mehrere Städte waren während der Kampfhandlungen abgebrannt und das Land war vor allem nach der Nördlinger Schlacht ausgeplündert worden. In den folgenden Jahren kam es dann wegen der Pest und den Kriegsläufen zu horrenden Bevölkerungsverlusten und zu massiven Schädigungen der Wirtschaft. Auch die dauernden Einquartierungen verhinderten eine Erholung des Landes. Württemberg gehörte deswegen zu den Ländern des Deutschen Reichs, das am meisten vom Dreißigjährigen Krieg mitgenommen wurde.
[164] Herzog Ludwig hatte die Herrschaft 1597 an sich bringen können und führte in Folge die Reformation durch. Bis 1634 war die Herrschaft an den hochgeschätzten Kanzler Jakob Löffler verliehen. Nach der Nördlinger Schlacht kam sie an Kurfürst Maximilian von Bayern, der sie seinerseits an seinen Kanzler Bartholomäus Richel verlieh.
[165] In Finanzdingen musste der Herzog das Einverständnis der so genannten Landschaft einholen. Dies war eine Vertretung der Städte, Ämter und Klöster des Herzogtums. Beschickt wurde diese Vertretung von der so genannten Ehrbarkeit, sozusagen die bürgerliche Elite Württembergs.
[166] Die Widerholts hatten einen Sohn namens Peter, der aber 1619 schon kurz nach der Geburt starb.
[167] Neben rückständigen Kontributionen drückten Altschulden die Gemeinde. Dagegen hatte die Herrschaft in anderen Dingen den Krieg gut überstanden. Einzig Randeck war abgebrannt, dagegen gab es in Neidlingen zwei Häuser mehr als vor dem Krieg. Auch waren die Bevölkerungsverluste moderat und die Schafzucht war ein Aktivposten.
[168] Pferde waren wohl die beliebteste Beute der Soldaten. Daher mangelte es in Kriegsgebieten vor allem an Pferden zur Bestellung der Felder. Die Bauern waren deswegen dazu übergegangen, Ochsen als Zugtiere zu nutzen, da diese nicht so gerne von den Soldaten gestohlen wurden.
[169] Damit meint man das viele Posten nicht nach Eignung, sondern nach Familienzugehörigkeit vergeben wurden und die Familien der Ehrbarkeit untereinander kungelten.
[170] Bei der Musterung 1663 z. B. wurden von den 33868 Landwehrpflichtigen 9000 zur Miliz eingezogen.
[171] Hintergrund hierbei war, dass man für die fortwährenden Bauarbeiten auf der Festung Material brauchte und man einen Besucher auf diese Art und Weise für solche Vorhaben einspannte.
[172] Das Buch wurde bis zum Ende der Festung 1800 geführt.
[173] Dies war der erste Besuch des Herzogs, nachdem er wieder in den offiziellen Besitz der Festung gelangt war.
[174] Ironie des Schicksals ist hierbei, dass dieser Fall 1690 in Kirchheim eintrat und die Stadt vollständig abbrannte. Dabei wurde auch das Pumpwerk zerstört.
[175] Anna Albrecht war eine Nichte von Widerholts Vater und somit im Gegensatz zu vielen anderen Widerholts aus Hessen wirklich eine nahe Verwandte des Herrn Obersten.
[176] Esenwein verfasst dann auch 1662 anlässlich Widerholts Namenstag ein Werk unter dem Titel „Herzlicher Glückwunsch, Auff den Names-Tag Conradi 26. Novembris, 1662. Zu unterdienslichen Ehren Dem Frey-Reichs-Hoch-Edlen, Gestrengen und Vesten Herrn Conrad Widerholen, Von und zu Neidlingen, Hochfürstl. Durchl. in Württemberg, &c. Rath, Obristen und Ober-Vogt der beeden Städt und Aemptern Kirchheim unter Teck und Nürtingen.“
[177] Von verschiedenen Widerholten wurde dies Erbe immer wieder erfolglos angefochten. Aber so wie es scheint, war Conradt der Letzte seiner Familie.
[178] Ich spare es mir, dieses Gedicht vollständig zu zitieren, weil ich es nicht mag und es sonst überall auftaucht. J. Wöllper / 08.03.2012.