Willich [Willig], Christian; Obristleutnant [1572 – 29.1.1646 in Gießen enthauptet] Willich stammte aus Pommern und war hessen-darmstädtischer Obristleutnant und Kommandant in Gießen[1] und Marburg.[2]
Im Hausbuch des Friedbergers[3] Johannes Grunelius [1604-1669] ist für 1639 festgehalten: „Nachdem als nun die Deverockischen [Walter Deveroux; BW] Völker vor die Stadt kommen, wollten wir und unser hauptmann, welcher unser Kompagni im Namen Ihrer Kaiserlichen Majestät kommandirt, [sie] anfangs nicht herein lassen. Da zogen sie nach Ursel.[4] Lagen eine Weil daselbst, bis der Obrist von Ihr. Kais. Mayst. Oder auf die Stadt bekam. Da mußten wir sie ohne einige Widerred hereinlassen. Da gings bunt über Eck her. Mußten ihnen fressen und saufen geben und mußten unser Compagni darneben besolden, von welcher ich ein Musketierer im Haus hatte. Und bekam von den Deverockischen Völkern einen Secretarius, ein Dragoner mit einer Frau und Pferdt und noch ein Witfrau, der ihr Mann war umbkommen. Und ich lag eben schwach [krank] die ganze Zeit, weil sie hie lagen. Mußte eim jeden Leinwand zu eim Hempt kaufen, beneben Futter und Mehl. Lagen 4 Wochen und etliche tage allhie. Zogen uff den Oster Dienstag [16. April] von hier weg. Nahmen alles Vieh mit, was in der Stadt war übrig geblieben und nicht war gefressen worden. Und mußten die Herrn und Bürger 10 Ziel Schatzung auf einmal erlegen und dem Obristen geben, und entlehnten bei Capitain oder obristleutenampt Willichen zu Gießen 1000 Rthlr. und ihme mitgeben. Da waren wir gebutzet, daß uns das Lachen teuer wardt“.[5]
Der vierundsiebzigjährige[6] Willich hatte am 15.1.1646 als Kommandant von Marburg zu schnell kapituliert und war am 29.1.1646 zur Strafe in Gießen enthauptet worden: „In dem der Oberste Rabenhaupt im Stifft Cölln also procedirte, hat den 6. Nov. ein andere Parthie die Pforten zu Butzbach[7] in der Wetteraw petardiret / vnd mit Gewalt erobert / vnd solches mit 300. Mann besetzt / hernach ist der Gen. Maj. Geyse [Geyso; BW] auff Marpurg gangen / solches auffordern lassen / nach dem er aber ein abschlägige Antwort von dem Oberst. Leut. Willich empfangen / hat er den 10. November sich darvor zu vergraben angefangen / den 12. Bresse geschossen / vnd in der vndergassen ein Stück von der Mauren gefället / darauff die Statt accordirt vnd jhme die Statt eingeraumbt worden; der Oberst Leut. aber hat sich mit 2. Compag. Soldaten auff das Schloß / so in der Statt ligt / salvirt / aber also bald von den Hessischen Bloquirt / biß den 7. 17. Januarij 14. in 16. Stück / theils halben / theilß dreyvierthels Carthauen vnd 3. Fewermörser darvor gebracht / mit welchem Sie dem Schloß dergestalt zugesetzt / vnd von 2. Batereyen dermassen beschossen / also daß sich der Commandant Christian Willig endlich zum Accord bequemet / der dann den 15. 25. diß in 8. Puncten geschlossen / daß sie am 16. 26. mit Sack und Pack / fliegenden Fahnen / Ober- vnd Vndergewehr abgezogen / vnd bey 120. Mann nacher Giessen convoyiret worden / der Commandant ist alsobald in Arrest genommen / vnd wenig Tag hernach / zu sampt einem Feldwebel in besagtem Giessen das Haupt abgeschlagen worden“.[8] Bei dem Pfarrer Johann Daniel Minck [1611-1664] aus Groß-Bieberau[9] heißt es dazu: „Darumb sie [= Amalia] auch dieses Jahr ohn einige vorher geschickte Fehedensbrief Marburg mit etlich Regimentern ließ besetzen unter dem Schein eines Winterquartirs. Bald darauf aber rückt ihr General Guisse [= Guiche[10]] in den Lustgarten für [= vor] das Schloß, verschanzte sich darinnen, vorgebend, er des Schlosses nicht begehrete, wolle sich allein wider den Einfall seiner Feinde, der Kaiserlichen, versichern. Als er sich aber gnugsam verschanzt zu haben vermeint, beschießt er das Schloß und greifts mit Stürmlaufen, unaufhörlich canonisiren und anderer Kriegsgewalt und mit allen Kräften an.
Inzwischen unseres gnädigen Fürsten und Herrn Succurs [= Entsatzmannschaft] aufm Weg und ehistens erwartet wurde, accordirt [= unterhandelt] der im Schloß liegende Obrist-Lieutenant Willich, unangesehen er weder an Proviant noch Munition oder Mannen einigen Mangel hatte, und übergibt das Schloß schandlich, deswegen er, Commandant Willich, zu Gießen fürs [= vors] Kriegsrecht gestellt und ufm Mark[t] enthaupt wird; hat ein stattlich Begräbnis gehabt“.[11]
Der Schmalkaldener[12] Chronisten Pforr schreibt dazu: „Den 30. Octobr: haben die Hessischen Caßelischen die statt Marpurgk eingenommen und darauff, den 16. Januar: deß folgenden 1646. jahrs, das schloß doßelbst nach starcker beschießung /: welches man hießigen orts [wegen deß damaligen hartten und hellen wetterß] bescheidentlich gehört :/ mit accord einbekommen und besetzet. Deßwegen hat H[err Landgraff Georg zu Darmbstatt den doßelbst gelegenen commendanten, Obristleutenant Christian Willig, weil er das schloß Marburg ubergeben, neben noch 3 officirer, zu Gießen entheupten lassen“.[13] „Den 1. Nov. ziehen sie vor Marpurg, werfen Feuer hinein, schießen mit großen Kartaunen die Mauer und etliche Bäu übern Haufen, bis so lange sie sich in Accord begeben und die Stadt inen bekommen. Anno 1646 den 14 Jan. haben sie das Schloß mit vielen Schießen und Feuer bezwungen und mit Accord bekommen. Aber es ist dem guten Oberst Willich der Accord übel gedeutet und gedanket worden, sintemal ihm beneben einen Feldwebel den 29sten Jan. zu Gießen der Kopf abgeschlagen worden, welches jedermänniglich zum Höchsten betrübet, ungeachtet ob er schon viele intercessores gehabt, welche, bei I. F. G. zum Höchsten sollicirt haben, beides geistl. und weltliche hohe Leute, aber alles vergeblich. Was aber darauf erfolgen wird, gibt die Zeit, da mäniglich ihn unschuldig erkannt und gesagt, es sey mehr Eifer als Recht über ihn ergangen, hat gehabt drei kleine unmündige Kind und die Frau noch mit einem schwanger gangen. Gott verzeihe es denen, die ihn verdammt haben, einen solchen 70jähr. Mann, der so viele Jahre, wie gesagt wird, ein ehrlicher Soldat und Oberst gewesen“.[14] Im Giessener Kirchenbuch ist festgehalten: „Februar 2. [1646] H. Christian Willich Obrister Lieutenant seines Alters im 74. jar Kriegsdienst 44 jar. Berlinensis Marchicus, vixit in 2. matrimonio, relictis vidua et 5 liberis. sepultus in aede coemiterii commissa concione funebri, frequenti et honorifica deductione ad templum oppidanum et post ad coemiterium. Ante honestam sepulturam, quae ex singulari gratia Principis clementissi Georgii, Landgr. Hass. concessa fuerat, in foro Giessen si capite truncatus fuit, quia arcem Marburgensem sine necessitate hostibus tradidit“.[15]
[1] Gießen; HHSD IV, 172ff.
[2] Marburg; HHSD IV, 35ff.
[3] Friedberg; HHSD IV, S. 145ff.
[4] Oberursel; HHSD IV, S. 357f.
[5] WAAS, Chroniken, S. 274.
[6] Brake; Brinkmann, 800 Jahre Gießener Geschichte, S. 428.
[7] Butzbach [Kr. Friedberg]; HHSD IV, S. 73f.
[8] WASSENBERG, Florus, S. 656f.
[9] Groß-Bieberau [LK Darmstadt-Dieburg/Hessen].
[10] Gemeint ist natürlich Johann Geyso !
[11] KUNZ; LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 267.
[12] Schmalkalden [Kr. Schmalkalden]; HHSD IX, S. 387ff.
[13] WAGNER, Pforr, S. 166.
[14] JUSTI, Memorabilien, S. 271.
[15] KLEWITZ, Die ältesten Gießener Kirchenbücher, S. 87. Für diese Hinweise danke ich Herrn Uwe Volz.