Wolbrig [Wolbrink], N Graf
Wolbrig [Wolbrink], N Graf; Obrist [ – ] Wolbrig – dessen Name bisher nicht zu verifizieren war – soll im Dezember 1648 ein abgedanktes kaiserliches Kavallerie-Regiment geführt haben.
„Anderen abgedankten Soldaten erging es wesentlich ungünstiger. Der Friede hatte sie um ihren Broterwerb gebracht, sie mußten nun sehen, wie sie durchkamen und suchten daher, sich auf eigene Faust nötigenfalls auch gewaltsam ihren Lebensunterhalt zu verschaffen. Visch berichtet – ohne einen genauen Nachweis dafür zu liefern – über ein abgedanktes Kavallerie-Regiment unter dem Befehl eines Obristen, der sich angeblich Graf Wolbrig genannt haben soll. Dieser habe am 31. Dezember 1648 versucht, sich mit Gewalt in der Grafschaft Bentheim Winterquartiere zu verschaffen. Auf Anordnung des Grafen Ernst Wilhelm von Bentheim sei den Soldaten ein Bauernaufgebot unter Anführung der Richter und Vögte im Birnolter Brook zwischen Nordhorn[1] und Veldhausen[2] entgegengestellt worden, um die Soldaten an ihrem Vorhaben zu hindern. Jenes Aufgebot hätten die Reiter jedoch in die Flucht geschlagen, nachdem einige Bauern von ihnen niedergehauen worden seien. Weiter heißt es dann bei Visch, ein Trommler habe aus eigenem Antrieb die Trommel gerührt, um die Versprengten aus seiner Bauerschaft wieder zu sammeln. In der irrigen Annahme, die Bauern wollten noch einmal angreifen, habe der Graf zum Abzug blasen lassen und sei nach Wietmarschen[3] abgerückt, um endlich im Fürstbistum Münster Winterquartier zu nehmen. Die Grafschaft sei folglich, so beschließt Visch die Geschichte, durch einen einzelnen Trommler von den ungebetenen Gästen befreit worden. Specht will – unter Hinweis auf Akten im Stadtarchiv bzw. im Archiv der reformierten Kirchengemeinde in Nordhorn – wissen, daß ‚das Regiment des Grafen Wolbrink‘ vor den Toren der Stadt Nordhorn, und zwar in Birnolten,[4] Winterquartier nehmen wollte. Sager hat die Geschichte gar noch mit viel Phantasie weiter ausgeschmückt. Indes war weder im Stadtarchiv Nordhorn noch im Kirchenarchiv ein Nachweis für den angeblichen Vorfall zu finden. Die Kirchenprotokolle brechen übrigens schon im Jahre 1639 ab und setzen erst etliche Jahre nach dem Krieg wieder ein.
Nach Lage der Dinge scheint es daher kaum möglich zu sein, mit Sicherheit zu entscheiden, was an der von Visch überlieferten Begebenheit Wahrheit, was Dichtung und spätere Ausschmückung sein mag. Gleichwohl ist es möglich, daß ein wahrer Kern vorhanden ist. Belegt ist nähmlich durch einen Bericht des Obristen [Wilhelm; BW] von Westphalen an Feldmarschall von Hatzfeldt vom Januar 1649, daß es in der Grafschaft Bentheim Schießereien zwischen kaiserlichen Truppen und Bauern gegeben habe. Damit könnte durchaus der Vorfall vom 31. Dezember 1648 gemeint sein. Ob sich hinter dem Grafen ‚Wolbrig‘ etwa der in kaiserlichen Diensten stehende Graf Wurby[5] verbergen könnte, muß wohl vorerst offen bleiben“.[6]
[1] Nordhorn [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, 351f.
[2] Veldhausen, heute Stadtteil von Neuenhaus [Kr. Grafschaft Bentheim].
[3] Wietmarschen [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, 490f.
[4] Birnolten, heute Ortsteil von Nordhorn [Kr. Grafschaft Bentheim]; HHSD II, S. 351f.
[5] Gemeint ist hier wohl Bruntálský Stĕpán Graf Vrbno und Freudenthal.
[6] STEINWASCHER, Krieg, S. 129f.
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