Zandt von Merle, N; Kommandant [ – ] Zandt von Merle aus altadligem Trierer Geschlecht stand in kurtrierischen Diensten und war 1632 Festungskommandant von Ehrenbreitstein.[1]
„Am 9. April [1632; BW] wurde von dem Kurfürsten [Christoph Philipp v. Sötern; BW] mit Frankreich ein Vertrag abgeschlossen, wodurch sich das Kurfürstenthum in französischen Schutz[2] begab und die Festungen Ehrenbreitstein und Philippsburg[3] mit französischer Besatzung belegt werden sollten. Der Französische Marschall Ludwig von Briançon, Baron von la Saludie war auch am 26. Mai mit 1000 Fußsoldaten und einigen Hundert zu Pferd Morgens in Bingen[4] angekommen, dann nach Lorch[5] übergesetzt, um unvermerkt nach Ehrenbreitstein zu gelangen. Sie kamen Abends in Dachsenhausen[6] und Gemmerich[7] an, wo sie übernachteten, von wo aus sie ihren Marsch auf Ober[8]- und Niederlahnstein[9] zur Festung nehmen wollten. Aber dem Marschall Saludie wurde einige Stunden vor dem Aufbruch ein Bote mit Briefen an den Kurfürsten aufgefangen. Da er nun fürchten mußte, daß die Spanier den Paß zur Höhe besetzt hielten, so änderte er seinen Plan, von da aus nach Ehrenbreitstein zu gelangen, dahin ab, daß er unter Führung eines Boten über Scheuern,[10] Nassau,[11] Dausenau,[12] ‚ohne Trommelschlag und Trompetenschall’ der Festung entgegenrückte. Sobald das Regiment von dem Walde her der Festung nahe kam, wurde es von dem Kurfürsten in eigener Person empfangen und in die Festung geleitet. Nun ließ der Kurfürst den Commandanten Zhanten von Merlen zu sich kommen, und eröffnete ihm, daß Ehrenbreitstein Französische Besatzung erhalten solle. Als ihm aber der Commandant darauf erwiederte, ‚daß er sich nicht darauf einlassen könne, denn er habe zuvor einem ehrwürdigen Domcapitel und dann erst ihm geschworen’, zeigte sich die Leidenschaftlichkeit des Kurfürsten in seiner ganzen Heftigkeit. Mit lauter Stimme rief er: ‚man bringe Pistolen her, um den Lecker[13] niederzuschießen, gab darauf dem Commandanten einen Tritt gegen den Bauch und s. v.[14] das Gemächt, daß er alsbald ohnmächtig zu Boden fiel’. Nun befahl der Kurfürst in der heftigsten Aufregung, alsbald den Commandanten mit Weib und Kind aus der Festung zu schaffen, aber unter Wegs bis zur Stadt ‚ist er zweimal ohnmächtig geworden, und hat die schwere Schwachheit bekommen, also daß er sehr schwach zu Coblenz[15] eingebracht worden’. Hierauf hat der Kurfürst den neuen Commandanten und die Soldaten schwören lassen und ihm dann die Festung befohlen. ‚Die alte Garnison wurde aber ohne Passport und Abschied weggeschickt’ “.[16]
[1] Ehrenbreitstein [Stadt Koblenz]; HHSD V, S. 86f.
[2] Vgl. allgemein STEIN, Protéction.
[3] Philippsburg [LK Karlsruhe]; HHSD VI, S. 632f.
[4] Bingen; HHSD V, S. 43ff.
[5] Lorch [Rheingau-Taunus-Kreis].
[6] Dachsenhausen [Rhein-Lahn-Kreis].
[7] Gemmerich [Rhein-Lahn-Kreis].
[8] Oberlahnstein [Loreley-Kr.]; HHSD V, S. 271f.
[9] Niederlahnstein [Loreley-Kr.]; HHSD V, S. 264.
[10] Scheuern [Eifelkreis Bitburg-Prüm].
[11] Nassau; HHSD V, S. 248f.
[12] Dausenau [Rhein-Lahn-Kreis].
[13] Hier ist Schelm gemeint: „Schelm“ war früher der Berufsname des Abdeckers. Jemanden einen Schelm (Bösewicht, Betrüger, Verführer, Schinder, Teufel) zu schelten, jemanden zum Schelmen zu machen, galt als eine der ehrenrührigsten Beschimpfungen, eine der größten Ehrverletzungen. Vgl. BERG, Regulating war, S. 55f. „Jemanden zum Schelmen machen“ hieß, in Kriegsgerichtsverfahren einen Straftäter für ehrlos zu erklären, aus der Armee zu verstoßen und der Stadt/des Landes zu verweisen; WAAS, Chroniken I, S. 127.
[14] mit Verlaub gesagt.
[15] Koblenz; HHSD V, S. 178ff.
[16] KELLER, Drangsale, S. 180f.