Dänemark und Norwegen, Christian Prinz von [10.4.1603 in Kopenhagen – 2.6.1647 in Gorbitz bei Dresden] Der Sohn Christians IV. von Dänemark und dessen Frau Anna Katharina von Brandenburg war Kronprinz von Dänemark und Norwegen, starb aber noch vor seinem Vater. Christian wurde 1608 vom Reichsrat zum Thronerben in Dänemark bestimmt. Er erhielt eine erstklassige Ausbildung und führte die interimistisch die Regentschaft, als sein Vater 1626 den Niedersächsisch-Dänischen Krieg begann. Er geriet wegen seiner Beziehung zur nicht standesgemäßen Adligen Anne Lykke und seines ausschweifenden Lebensstils in Differenzen mit seinem Vater und war von der Regierung ausgeschlossen.
Er stand als Obrist in kursächsischen Diensten.Der Erzgebirgschronist Lehmann erinnert sich in seiner „Kriegschronik“ an das Jahr 1632: Die Kaiserlichen hatten Saaz[1] und Rakonitz[2] überfallen. „Alß biß [diß] die Saxischen zue Pf(erd), die in Commoda,[3] Caden[4] und umbher lagen, höreten, rißen Sie in großer Confusion und schrecken auß Böhmen in das Ober-Ertzgebirg und wiesen den Keyßerlichen den Weg und fing das Unglück in gebirg an. Den 14. Februar kamen darvon 450 Pferd untter denen Rit-Meister Poser, Hanau und Cuno Rabiel auf Annenberg[5] von der Presnitz,[6] lagen 14 tage in der Stat und kosteten ezliche 1000 thl., und weil Arnheim [Arnim; BW] sich nicht getrauete, lenger in Böhmen zue bleiben, schickte er die Regiementer allmeilig von sich in Meißen[7] durch den Presnitzer Paß.[8] Dohero wichen die Keyserlichen, die Commoda, Caden, Schlackenwalde[9] etc. wieder eingenommen hatten, wieder nach Sotz, drauß Sie der junge Printz von Dennemarck, der nue Säx. Dienste angenommen hatte, mit sturmb gejagt, 50 Niedergehauen und den rest gefangen hatte“.[10]
Unter 1634 heißt es bei Lehmann: „So streifte auch die Besatzung in Chemnitz[11] weit und breit und fingen 40 wägen auf mit proviant, die vor die Churfürstliche Soldatesca solte. Damit Sie nun nicht weiter umb sich griffen, wurde auf Churfürstlich Durchlauchten befehl 4 Regiementer von seiner Armee als das Dhenische [Christian von Dänemark; BW], Schleinizische [Joachim von Schleinitz; BW], hanauische [Augustin von Hanau; BW] und Traubitzsche [Trauditsch; BW] zuesambt 4 Compagnien Trajonern untter den Obristen Unger, die in Freyberg[12] gelegen und den 5. November ihre Pagage nachhohleten, in Die Stadt Tschzopa[13] geleget, die solten den feindt entgegen gehen und verwehren helffen, daß er mit feuer und raub nicht so großen schaden thete, welche, ob Sie wohl gegen Marien-[14] und Annenberg[15] starck herauf parthieeten und auf die feinde stießen, wie den 3. November geschehen, do eine Chur-Sächsische parthey von 30 Pferden ezliche Crabaten umb Annenberg geplündert und abgefangen“.[16] Die Kaiserlichen holten unvermittelt zum Gegenschlag aus: „Worauf die keyßerlichen lange gelauert hatten, das wagten Sie endlich und gelunge ihnen. Den 21. November brachen die Regiementer auf und vor den Walt bey Marienberg auf, 4 derselben gingen in der stille und eill Marienberg vorbey und 4 Regiementer uber den großen teich zue Rückerswalde[17] auf die Stadt Zschopa zue, uberfielen mit ofnen Spiel und keßel-Drummeln des abendts zwischen 4 und 5 in der Stadt die 4 regiementer, daß Sie außreißen, viel pferde und alle pagagi musten in stiche laßen. Das Hanauische Regiement alleine kam zue fechten und des Obristen Ungers Tragoner hielten Sich eine Weile, musten doch zueletzt der gewalt weichen und durchgehen, das er den 23. November mit 100 Pferden zue Ronneburg[18] gelegen, die andern Regiementer Des nachts uff Freyberg sporenstreichs außgerißen und ihre Sicherheit mit schaden beklagen müßen. Der feindt plünderte erstlich alles, ließ aufladen und anspannen, zündeten drauf an Schloß erst an und dann die Stad, daß ettliche 100 heußer mit kirche, geistlichen und Rathsheußern in und vor der Stadt sindt abgebrandt; viel bürger und leute vom landtvolck, so sich hinein retterirt hatten, sindt gefangen mit weggeführet, weib und kinder in kellern zue 5, 10, 15, 20 ersticket, viel verbrandt, niedergehauen, zue tod geschendet und ezliche 100 Menschen vermißet worden. Denn die Nacht gings bundt uber, und was der feindt an raub und Pagagi nicht darvon bringen können, das alles ist in brandt verdorben. Sehr viel Soltaten und ihr gesindel mitsambt den Inwohnern hat die darvon geholfen und der Walt und berge erhalten, daß Sie den feindt sind entgangen. Gewiß ist, daß die Chur-Sächsischen über 500 Pagagi-Pferde verloren ohne die Reuter und was von ihren gesindte in brandt umbkommen und mit fortgeschleppet worden“.[19]
Am 2.4.1644 schrieb der kursächsische Generalproviantkommissar Sieber aus Hamburg[20] an Rudolf von Colloredo und dementierte die Nachricht von einem Treffen zwischen dem dänischen Prinzen Christian und Gustav Horn, derzufolge der Prinz tödlich verwundet und Horn von den Dänen gefangen genommen sein sollen.[21]
Der kaiserliche Gesandte Auersperg schrieb am 10.5.1644 aus Osnabrück[22] an Gallas: Nach den den Schweden erwiesenen Ehrenbezeugungen traten die echte Unterstützung der Kaiserlichen durch Christian IV. von Dänemark sowie die Bemühungen Frankreichs um Anknüpfung einer Allianz mit dem Kaiser offen zu Tage. Es wurden verschiedene Vorschläge zu beiderseitigen Verhandlungen mit der schwedischen Krone vorgebracht, insbesondere mit Rücksicht darauf, dass die kaiserliche Armee sich bisher nicht dem Gegner genähert habe. Der König von Dänemark und der Kronprinz Christian erhöben den Vorwurf, dass der kaiserliche Rat und Resident in Kopenhagen, Georg von Plettenberg, in den Verhandlungen keinen Erfolg erreicht habe. Auersperg hoffte, der König werde nach den bisherigen Erfahrungen weiterhin mutig mitarbeiten.[23]
Vom 25.7.1644 datiert eine Erklärung Christians IV. für Plettenberg: Ihm sei gemeldet worden, dass während seiner Abwesenheit der kaiserliche Resident seinem Sohn Christian eine Erklärung des Kaisers vorgetragen habe, die besage, dass die Gegenseite gegen die Fortsetzung der Friedensverhandlungen in Münster[24] und Osnabrück aus Gründen de retardanda, der Hinhaltung des Friedens, protestiere. Er, Christian, habe verstanden, dass der Kaiser es ungern sähe, wenn ihm die Schuld am Auseinandergehen der Versammlung zugeschrieben würde, und bitte daher um einen Vorschlag, wie die Gefahr zu bannen und wie man sich angesichts der Gefahr zu verhalten habe. Er schätze es ferner, dass der Kaiser ohne vorhergehendes Einvernehmen mit ihm in der Angelegenheit keinen Entschluss fassen wollte.[25] Plettenberg teilte Gallas am 3.9.1644 aus Kopenhagen mit: Gegenwärtig werde Militär nach Schonen[26] übergeführt, wo eine Armee von 9.000 Mann aufgestellt und sofort ins Feld geführt werden solle, vorläufig befestige sie sich bei Malmö.[27] Das Kommando führe Prinz Christian zusammen mit dem königlichen Marschall.[28] Erzbischof Friedrich von Bremen informierte Gallas am 12.9.1644 aus Glücksburg,[29] Christian von Dänemark wolle mit 8. 000 Mann nach Schonen gehen und von dort den Gegner angreifen.[30]
1634 hatte er Magdalena Sibylle, Tochter des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen, geheiratet. Die Hochzeit wurde unter Teilnahme von Abgesandten aller europäischen Fürstenhäuser pompös gefeiert, um zu demonstrieren, dass sich Dänemark-Norwegen trotz seiner erfolglosen Teilnahme im Dreißigjährigen Krieg immer noch eine europäische Großmacht darstellen wollte.[31] Seine Ehe blieb kinderlos. Er starb während einer Kur noch zu Lebzeiten seines Vaters und trat daher nie die Thronfolge an.
Im Mai 1647 informierte Rudolf von Colloredo Hatzfeldt über den Tod des Prinzen Christian von Dänemark bei Dresden[32] auf der Reise nach Karlsbad.[33]
Am 22.6.1647 schrieb B. I. von Martinitz aus Prag an Piccolomini und teilte ihm mit, dass Christian in Dresden verstorben sei; von Friedrich, dem Administrator des Erzstifts Bremen, spreche man als dänischem Thronfolger.[34]
[1] Saaz [Žatec, Bez. Laun]; HHSBöhm, S. 535ff.
[2] Rakonitz [Rakovník]; HHSBöhm, S. 508f.
[3] Komotau [Chomoutov]; HHSBöhm, S. 282ff.
[4] Kaaden [Kadaň, Bez. Komotau]; HHSBöhm, S. 241ff.
[5] Annaberg; HHSD VIII, S. 5ff.
[6] Pressnitz [Přisečnice; Kr. Chomutov (Komotau)]: Bergstadt im Erzgebirge, bis 1974 an der Stelle, wo sich heute die große Fläche der Pressnitztalsperre (vodní nádrž Přisečnice) erstreckt. Häuser, Kirchen und Schloss von Přisečnice sowie die benachbarten Dörfer Rusová (Reischdorf) und Dolina (Dörnsdorf) wurden abgerissen und an deren Stelle der Fluss Přísečnice (Pressnitz) gestaut.
[7] Meißen; HHSD VIII, S. 223ff.
[8] Pressnitzer Pass: Der Pressnitzer Pass stellt eine der ältesten Pfadanlagen dar, die aus dem Zentrum Mitteldeutschlands über den dichten Grenzwald nach Böhmen führte. Sein ursprünglicher Verlauf ging von Halle (Saale) kommend über Altenburg, Zwickau, Hartenstein, Grünhain und Zwönitz nach Schlettau. Hier wurde die obere Zschopau gequert. Anschließend führte der Weg über Kühberg am Blechhammer vorbei nach Weipert (Vejprty) und erreichte dann östlich schwenkend über Pleil (Černý Potok) mit Pressnitz (Přísečnice) die älteste Bergstadt des Erzgebirges. Von hier aus verlief der sogenannte Böhmische Steig vermutlich über Kaaden (Kadaň) und bis nach Saaz (Žatec). Die Passhöhe selbst befand sich auf böhmischer Seite nahe Pleil (Černý Potok) auf ca. 800 m ü. NN. Damit war der Pressnitzer Pass deutlich niedriger als die sich nach Westen hin anschließenden Pässe über Wiesenthal, Rittersgrün, Platten, Hirschenstand und Frühbuß. Dies war einer der Gründe für seine häufige Benutzung während des Dreißigjährigen Krieges. [wikipedia]
[9] Schlaggenwald [Horní Slavkov, Bez. Falkenau]; HHSBöhm, S. 549f.
[10] LEHMANN, Kriegschronik, S. 30. Lehmann datiert nach dem alten Stil.
[11] Chemnitz; HHSD VIII, S. 43ff.
[12] Freiberg; HHSD VIII, S. 99ff.
[13] Zschopau; HHSD VIII, S. 378f.
[14] Marienberg; HHSD VIII, S. 215f.
[15] Annaberg; HHSD VIII, S. 5ff.
[16] LEHMANN, Kriegschronik, S. 80.
[17] Großrückerswalde [Erzgebirgskreis].
[18] Ronneburg [Kr. Schmölln]; HHSD IX, S. 356f.
[19] LEHMANN, Kriegschronik, S. 82f.
[20] Hamburg; HHSD I, S. 83ff.
[21] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 203.
[22] Osnabrück; HHSD II, S. 364ff.
[23] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 239.
[24] Münster; HHSD III, S. 537ff.
[25] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 336.
[26] Schonen (schwedisch und dänisch Skåne, lateinisch Scania), historische Provinz im Süden Schwedens. Schonen gehörte bis ins 17. Jahrhundert zu Dänemark.
[27] Malmö [Dänemark, Prov. Schonen].
[28] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 393.
[29] Glücksburg [Kr. Flensburg]; HHSD I, S. 65ff.
[30] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 402.
[31] Vgl. dazu Wade, „Große Hochzeit“.
[32] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[33] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 249; Karlsbad [Karlovy Vary]; HHSBöhm, S. 249ff.
[34] TOEGEL; KOČÍ, Der Kampf, Nr. 1055.