Lippstadt, Dries von der; Leutnant [ – ]
Sestich, ein studierter Jurist, stand als Auditor in kaiserlichen Diensten. Im Dezember 1632 weilte Sestich in Prag und meldete Melchior von Hatzfeldt die Verhaftung des Leutnants Dries von der Lippstadt, der möglicherweise in der Schlacht bei Lützen[1] fahnenflüchtig geworden war.[2]
Sestich wurde dann auch 1633 beim sogenannten „Prager Blutgericht“ tätig.[3] Nachdem Wallenstein in Lützen knapp einer Niederlage entgangen war, ließ er mit unnachgiebiger Härte Soldaten und Offiziere wegen Feigheit und Verrat aburteilen. Trotz beschwörender Beschwichtigungsversuche führender Offiziere ließ er am 14.2.1633 in Prag dreizehn Offiziere, darunter auch solche von angesehenem Adel, und fünf Reiter öffentlich mit dem Schwert hinrichten.[4] Die Namen von 50 fahnenflüchtigen Offizieren wurden mit allen Zeremonien militärischer Entehrung an einen Galgen genagelt; ein Todesurteil in Abwesenheit ! Diese Hinrichtung fällt nicht nur deshalb aus dem Rahmen, weil es eine Massenhinrichtung und Hofkirchen unter den Verurteilten war, sondern wegen eines Vorganges, der die damals gierig gaffende Menge stark bewegte: Unter den Verurteilten befand sich der 18-jährige Rittmeister Staitz von Wobersnau, „dessen noble Haltung und bestrickender Liebreiz dem Generalprofos während der Verlesung des Urteils Tränen entlockte“.[5] Die Richter hatten sich umsonst in Wien und München bemüht, für den Jüngling Gnade zu erwirken. Selbst ein so hart gesottener Typ wie der mit der Hinrichtung beauftragte Feldmarschall Holk war beeindruckt. Der junge Rittmeister sollte dem Rang entsprechend der vierte sein, der vor den Scharfrichter trat. Holk gab ihm den letzten Platz, immer in der Hoffnung, es könnte ein Bote mit der rettenden Nachricht der Begnadigung eintreffen. Als nun keiner kam, und der junge Offizier niederkniete, ging ein Aufschrei der Sympathie und des Protestes durch die gaffende Menge. Piccolomini hob den Arm und unterbrach die Exekution. Holk ritt über die Karlsbrücke zum Palast, um eine Begnadigung durch Wallenstein zu erwirken. Niedergeschlagen kam er mit den Worten „Es kann nicht sein“[6] zurück. Staitz von Wobersnau starb äußerlich gefasst und begleitet von Sympathierufen der Bevölkerung durch das Schwert. In einem Bericht dazu heißt es, dass er alle Umstehenden zu einem Mitleiden bewegte: „Man kann nicht genug beschreiben, wie dieser Cavalier so willig und bereit zum Tode gegangen“.[7]
[1] Lützen [Kr. Merseburg/Weißenfels]; HHSD XI, S. 286f.
[2] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 17.
[3] SEIDLER, Prager Blutgericht, S. 12. KAMPMANN, Reichsrebellion, S. 184f.
[4] In einem Bericht aus Prag vom 4.2.1633 hieß es: „Demnach in der bei Lützen den 6. Nov. gehaltenen Feldschlacht die kaiserische Armada unter Herrn Generalissimo Herzog von Friedland von den Schwedischen aus dem Feld geschlagen und darauf ermeldeter Herzog von Friedland aus Meißen nach Prag in Böhmen sich retiriert, hat er daselbst diejenigen hohen und niederen Officiere und Soldaten, so in ermeldeter Schlacht feldflüchtig geworden und zu der schnöden Flucht und Confusion Ursach und Anlaß gegeben, gefänglich annehmen, wohl verfahren, endlich im Fürstlichen Liechtensteinischen Haus General-Stand-, Malefiz- und Kriegsrecht über sie gehalten und letztlich exequieren lassen. […] Die alle (11 Officiere) sind als abtrünnige, leichtfertige Feldflüchtige sämtlich mit dem Schwert gerichtet auf einem bei dem Rathaus hierzu sonderlich aufgerichteten hohen und mit schwarzem Tuch bedeckten Theatro. Hierauf sind noch andere sieben zum Galgen geführt, vier enthauptet und zween aufgehängt und einer, Jacob Winckler, nachdem ihm sein Degen auf dem Haupt gebrochen, vom Scharfrichter unehrlich gemacht, von der Kaiserlichen Armaden abgeschafft worden, wie dann auch bei 50 hoher und niedriger Officiere Namen, so gleichfalls bei der Lützener Schlacht ausgerissen, an den Galgen geschlagen und also die Execution vollzogen“. JESSEN, Gegen Land und Leute, S. 325f.
[5] MANN, Wallenstein, S. 756.
[6] MANN, Wallenstein, S. 757.
[7] SEIDLER, Prager Blutgericht, S. 26.