Gristow [Christau, Christaw, Christow, Christov, Güstron], Henning von
Gristow [Christau, Christaw, Christow, Christov, Güstron], Henning von; Obrist [20.12.1597 auf Schlechtemühl-7.7.1645 Schwerin] Gristow war fürstlich-mecklenburgischer Geheimer Rat, Obrist, Pfandinhaber des Amtes Barth[1] und Erbherr auf Schlechtemühl.[2]
In seiner Leichenpredigt[3] heißt es:
„Am 20.Dezember 1597 abends 6 Uhr erblickte er als Sohn des Gabriel v.Gristow auf Schlechtemühl und der Ursula geb. v. Bär die Welt. Die Eltern hielten ihn zur täglichen Buße und Gottesfurcht an, ließen ihn taufen und lehrten ihm Gottes Wort ‚sampt allen christlichen vnd Adelichen Tugenden’. Da der Vater verstorben war, als er vier Jahre alt war, unterrichtete ihn seither nur die Mutter privatim im Hause, als auch später durch Präzeptoren und in der Schule in Stralsund.[4] 1614 verschickte sie ihn 17jährig, da er gut im Lehrstoff vorangekommen war und ein gutes Fundament mit seinem Wissen gelegt hatte, auf die Universität Rostock,[5] wo er zwei Jahre seinen Studien oblag und hier öffentliches Recht sowie Geschichte studierte.
Dann peregrenierte er von Rostock nach Holland, wo er 1616 „allerhand Ritterliche Kriegsübungen“ vollzog und diente zwei Jahre als „Pieckentierer“ bei des Prinzen Moritz Garde. Da er jedoch die französische Sprache erlernen und sich in „allerhand Adelichen vnd Rittermessigen exercitijs“ üben wollte, nahm er seinen Abschied und ging 1618 nach Frankreich für weitere zwei Jahre. 1620 kehrte er nach Deutschland zurück. Da gerade der Feldzug gegen Böhmen stattfand, ließ er sich beim Kaiserlichen Regiment zu Fuß des Obersten v. Linstow einstellen und erhielt hier eine Untercharge, damit er die Rangleiter von unten auf ersteigen konnte. Dann aber wollte er lieber zur Kavallerie und bewarb sich daher beim Obristen des Regiments zu Pferde v. Mörder; auch hier trat er als einfacher Reiter ein. Wegen seines ritterlichen Wohlverhaltens wurde er bald zum Korporal befördert und zum Standartenträger. Dann ging er ins Altsächsische Regiment des Prinzen Julius Heinrich [von Sachsen-Lauenburg; BW], in dem er Leutnant wurde. Nach acht Monaten erhielt er hier die Ernennung zum Rittmeister, was er nun die folgenden neun Jahre blieb.
An vielen Schlachten nahm er teil, an der gegen den dänischen König bei Königslutter,[6] dem Treffen an der Löhner Heide[7] und dem Feldzug in Polen. Dann nahm er seinen Abschied und hielt sich einige Zeit in Stettin[8] auf, reiste nach Italien und ging dann für ein halbes Jahr an den Fürstenhof von Weimar.[9] Als der Generalwachtmeister [Lorenz; BW] v. Hoffkirchen im Auftrag des sächsischen Kurfürsten ein Regiment Kürassiere aufstellte, wurde er als Obristwachtmeister (Major) eingestellt, sechs Monate später wurde er in Dresden[10] zum Obristleutnant bestellt. In Vertretung des v. Hoffkirchen hatte er das Regiment im Lager von Nürnberg[11] und im Treffen von Lützen[12] kommandiert, als es vom sächsischen Kurfürsten an den schwedischen König vermietet war. Dank seiner Tapferkeit ward er nach Lützen[13] zum Obrist befördert.
– In der „42. Ordentliche[n] Wochentliche[n] Zeitungen 1634“ wird aus Görlitz[14] vom 30.6./10.7.1634 berichtet: „Mit den ChurSächsischen auß Meyssen[15] anmarchirenden Regimentern / darbey Ihr. Churfürstl. Durchl. in Person gewesen / haben sich Ihr. Excellenz Herr General Leutenant Arnheim [Arnim; BW] gestern conjungirt / vnd ist das General Rendevous allhie gehalten worden / ist eine schöne Armee, Gott gebe / daß sie was nützliches außrichte.
Herr Feldmarschalck Bannier [Banér; BW] ist zugleich mit seiner Armee (so 15. Regiment zu Roß / vnd 12. Reg. zu Fuß starck) avanvcirt / vnd ligt nur 4. Meiln von hier gegen Greiffenberg[16] / also / wann es von nöthen / man sich bey der Conjunction baldt bedienen kan. In Sittaw[17] ligen 500 Mann / es seynd zwar noch newlich 4. Fähnlein sampt etlichen fürnehmen Cavalliern dahin commandirt gewesen / als sie aber von vnserm Intent vnnd anmarschiren vernommen / eylends wider abgefordert worden: diß ist ein gute Anzeig / vnd dörffte sich dieser Ort / wann wir dafür kommen solten / nicht lang halten. Der Feind in Schlesien ligt bey Glatz[18] vnd Brau[19] / verrichtet wenig. Unter dem 14.7. wird etwas später aus Dresden[20] gemeldet: Der Statt Zittaw wirdt nunmehr von vnserer Armee zimlich zugesetzet / es sind zwar am Sontag die Belägerten außgefallen / aber dermassen empfangen worden / daß derer vber 30. sitzen blieben / vnd Obrister Gristow vber 80. Gefangen bekommen / die Bürgerschafft vnd Einwohner seynd zu beklagen / Gott helffe daß es zu einem guten Accord kommt“. –
Als nach 35 Jahren der Krieg geendet hatte, „hat er ein sonderlich bedencken getragen, für dißmal länger also zu dienen“, und begab sich nach seinem erbetenen Abschied nach Pommern, wo er zwei Jahre wohnte. Vom Hochdeutschmeister Grafen v. Schwartzenberg wurde er an einem 13. Juli zum Ritter geschlagen und mit der Kommende Nehmerow[21] belehnt.
Da Pommern 1637 durch erneute Kriegswirren verwüstet wurde, ging er nach Lübeck.[22] Hier heiratete er Elsa Catharina v. Alvensleben, des Joachim Werner v. Alvensleben, Erbherrn auf Calbe[23] und Fichtow, Tochter. Die am 10.Januar 1638 geschlossene Ehe hielt aber nicht sehr lange; seine Frau starb bereits am 26. Mai 1639. Nun ließ sich der Obrist in niedersächsischen Diensten beim Herzog Franz Albrecht einstellen und erhielt 1641 ein Regiment zu Pferde. – Das „Theatrum Europaeum“ berichtet: „Der Käiserliche Kriegs-Rath Kielman war um den 19. 29. Martii noch zu Dreßden / Hertzog Frantz Albrecht und Arnheim waren auch wider dahin kommen / und wurde fleissig Kriegs-Rath gehalten. Damals kam heraus / daß der von Arnheim über das Käiserl. Volck in Schlesien / und das Chur-Sächsische / mit Plenipotentz als ein Generalissimus, doch nur unter vorigem Prædicat eines Gen. Lieutenants / Hertzog Frantz Albrecht Feld-Marschall seyn / und Chur-Brandenburgisch Volck auch darzu stossen solle / vermit-telst dessen allen und neuer Werbung von 6. Regimenter / man auch künfftig Johannis eine Armee von 20000. Mann beysammen haben möge : darum Käiserlich-Sächsisch- und Brandenburgisch Volck um den 24. Martii styl. vet. zu Wittenberg[24] zusammengeführet / und zu Dreßden eine Artolleria gerüstet wurde / der Sache einen Anfang auff weitern Progreß zu machen / und wenigstens das Volck interim zu recuperation deß Verlohrnen zu gebrauchen.
Der von Arnheim leistete hierauff Chur-Sachsen sonderbare neue Pflicht : Die Obristen Güstron [Gristow; BW] / Krackou / Rochou / Mitzlaff / Hungar [Unger; BW] / Kracht und andere andere Officirer / waren Werbens und Recruten halben zu Dreßden[25] gegenwärtig / und hatten der ihrigen auffs Werben schon außgeschicket / und ehe es an Volck mangeln sollte / wollte man es in England suchen“.[26] –
Mitten in den Feldzugsvorbereitungen im Frühjahr 1641 verstarb Arnim in Dresden. Das „Theatrum Europaeum“ berichtet dazu: „Dergestalt hatte man nun alles nach menschlicher Fürsichtigkeit / Willen und Gutbedüncken / in seine Verfassung gebracht / und hätte der vorgesetzte Zweck seinen Effect vielleicht wol erreichen mögen : Es wurde aber Arnheim den 18. 28. Aprilis so schnell kranck / daß er communiciret / mit dessen Kranckheit es um den 23. ejusdem styl. vet. so besorglich stunde / daß man auß Dreßden schriebe : GOTT helffe ihm : Er hatte zwar den neuen Mond / und die damahlige Finsternüß überlebt / daß man zu seiner Reconvalesvenz Hoffnung hatte / doch muste er in seiner ansehnlichsten Dignität bey so wichtigem Rathschlag die Schuld der Natur bezahlen / und den 18. 28. Aprilis Mittag um 12. Uhren zu Dreßden diese Welt verlassen : und war bey seinem Ableiben das Werck dahin gerichtet / daß solches Hertzog Frantz Albrecht contiinuiren sollte / worzu Käiserl. Majest. nachmals consentiret / und haben Seine Fürstl. Gnaden wie vor oben bey Schlesien und Laußnitz erzehlet / eine gute Prob diß Jahrs schon sehen lassen : Diweiln wir aber noch nicht am rechten Ende darmit seyn / und noch immer dubius belli eventus bleibet / auch die Formation deß beschlossenen Corporis, consequenter die angefangene neue Werbung zurück biß dato geblieben / darzu noch der Chur-Brandenburgische Staathalter Herr Adam Graf von Schwarzenburg den 14. Martii vor dem von Arnheim / am halben Schlag und Fieber / oder wie andere vorgeben / gehlingen Todes gestorben / und bald nach Arnheim Hertzog Georg zu Lüneburg / alsdann auch Herr Banner mit Tode abgangen / hat sich hierauff eine grosse Enderung hinc inde erzeiget.
Den 25. Julii styl. vet. wurde Herr General-Lieutenant von arnheim in die Creutz-Kirch zu Dreßden solenniter begraben / und folgte der Leich zuforderst Ihre Churfürstl. Durchl. benebenst derselben Hertzog Frantz Albrecht von Sachsen-Lauenburg : auff diese die 4. Churfl. Printzen : nach denselben die gantze hoffstatt. Auff solche der Obriste von Arnheim / Obriste Rochau / Güstron / Gen. Commissarius von Schleunitz [Joachim von Schleinitz; BW] / nach solchen andere mehr hohe Officirer : Alsdann die churfürstl. Cammer- und Hof-Räthe sampt vielem Adel vom Land : Auch haben dabey unterschiedliche compagnien von den Churfürstl. Leib-Regiment zu Roß und Fuß in ihrem Gewehr auffgewartet, Anderer Solennitäten mehr zu geschweigen“.[27]
– Am 10.5.1643 schrieb Hans Jakob Fenden, der Kommandant von Neisse,[28] dem kaiserlichen Kommandierenden Gallas: Generalfeldmarschall Lorenz von Hofkirchen sei schwer erkrankt und habe das Interimskommando über die Kavallerie an Obrist Christau übergeben und diesem befohlen, mit der Truppe nach Münsterberg[29] vorzurücken, wo sich der Gegner aufhalte, und alle Orte, wo der Gegner logiere, niederbrennen zu lassen. Das Artilleriekommando habe Mörder übernommen. Zudem gebe es große Schwierigkeiten mit den Polen.[30] Am 29.5.1643 wandte Fenden sich erneut an Gallas: Er danke für die Kommandostelle in Neisse und berichtete ihm, dass er augenblicklich 400 Mann zur Verfügung habe, die innerhalb von zwei Wochen um weitere 200 Mann verstärkt werden sollten. Ferner teilte er ihm vertraulich mit, dass Christau mit seinem Regiment nach Jägerndorf[31] zurückgekehrt sei, in Neisse aber 100 Reiter zurückgelassen habe. Obrist de Souches liege mit seinem Regiment in Klein-Glogau.[32] –
18 Wochen war er wegen eines angeblichen Dienstvergehens in Arrest, doch wurde er kriegsgerichtlich freigesprochen und im Februar 1644 freigelassen. Er nahm aus Verbitterung seinen Abschied und zog sich ganz ins Privatleben zurück. Herzog Adolph Friedrich von Mecklenburg indes bestellte ihn noch zum Geheimen Rat und Mitglied des Engeren Consiliums.
In seiner Freizeit las er viele theologische Bücher, befaßte sich aber auch mit der Militärliteratur, namentlich der über den Festungsbau. Da er vielfach beliebt war, schenkte ihm der brandenburgische Kurfürst unter anderem ein Haus in dessen Residenz. Da er auf seinen Kriegszügen viele Sünden begangen hatte, war er oft ein reuiger Sünder und gottesfürchtiger Mann. Nach Dienstgeschäften im Auftrag des Kurfürsten von Brandenburg reiste er eines Tages nach Lübeck zurück und wurde auf dem Nachtlager von einem Fieber angefallen. Am 26. Mai brach ein Lebergeschwür hervor. Er wurde nach Schwerin[33] gebracht, ließ den Hofprediger und Superintendenten zu sich bitten und erhielt die Absolution. Er starb am 7.Juli 1645 nachmittags 3 Uhr im Alter von 48 Jahren weniger 23 Wochen. Zuletzt war er noch Pfandinhaber des Frstl. Pommmerschen Amtes Barth und Herr auf Schlechtemühl gewesen. Sein Leichnam wurde nach Lübeck[34] überführt und am 2. September in „volckreicher Versammlung“ in der dortigen Domkirche beigesetzt“.
[1] Barth [LK Nordvorpommern].
[2] Schlechtemühl, heute Hessenburg bei Saal [LK Nordvorpommern].
[3] Nach LdsBibl. Schwerin, Personalschriften, Sign.: v.gris 1; <home.foni.net/~adelsforschung1/meck00.html>
[4] Stralsund [Kr. Stralsund]; HHSD XII, S. 292ff.
[5] Rostock; HHSD XII, S. 95ff.
[6] Königslutter [Kr. Helmstedt]; HHSD II, S. 274f.
[7] Schlacht bei Stadtlohn am 6.8.1623; Stadtlohn [LK Ahaus]; HHSD III, S. 699f.
[8] Stettin [Szczecin]; HHSD XII, S. 280ff.
[9] Weimar; HHSD IX, S. 473ff.
[10] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[11] Kämpfe an der Alten Veste [Gem. Zirndorf, LK Fürth]; HHSD VII, S. 14.] im September 1632.
[12] Lützen [Kr. Merseburg/Weißenfels]; HHSD XI, S. 286f.
[13] Lützen [Kr. Merseburg/Weißenfels]; HHSD XI, S. 286f.
[14] Görlitz; HHSD VIII, S. 119ff.
[15] Meißen; HHSD VIII, S. 223ff.
[16] Greiffenberg i. Schl. [Gryfów Śląski, Kr. Löwenberg]; HHSSchl, S. 148f.
[17] Zittau; HHSD VIII, S. 371ff.
[18] Glatz [Kłodsko; Grafschaft u. Stadt]; HHSSchl, S. 116ff.
[19] Braunau [Wronów, Kr. Guhrau]; unter Seitsch [Siciny, Kr. Guhrau]; HHSSchl, S. 502.
[20] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[21] Groß Nemerow [LK Mecklenburg-Strelitz].
[22] Lübeck; HHSD I, S. 153ff.
[23] Calbe/Saale [Kr. Calbe/Schönebeck]; HHSD XI, S. 65ff.
[24] Wittenberg [Kr. Wittenberg]; HHSD XI, S. 504ff.
[25] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[26] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 581.
[27] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, 580f.
[28] Neisse [Nyssa]; HHSSchl, S. 331ff.
[29] Münsterberg i. Schl. [Ziębice, Kr. Frankenstein], HHSSchl, S. 320ff.
[30] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 1490.
[31] Jägerndorf [Krnov; Bez. Freudenthal]; HHSBöhm, S. 222ff.
[32] BADURA; KOČÍ, Der große Kampf, Nr. 1514; Glogau [Głogów]; HHSSchl, S. 127ff.
[33] Schwerin; HHSD XII, S. 114ff.
[34] Lübeck; HHSD I, S. 153ff.
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