Bohle, Georg; Kornett [- 4.2.1630 Hohenleuben] Bohle wurde angeblich von einem Bauern aus der Gefolgschaft des berüchtigten Bauerngenerals Georg Kresse ermordet.
„Am 4. Februar 1630 schildert Georg Elbel in einem Brief an den Herrn von Müffling auf Reichenfels die Ermordung des Kornetts Georg Bohle durch Georg Kresse und Konsorten: ‚Eure Wohledel soll ich hiermit unterthänigst zu bericht nicht unterlassen, das gestern Abends ungefähr umb 3 Uhr, des in Quartier allhier liegenden Herrn Lieutenants Bruder Nahmens Georg Bohle, ein schöner junger Mensch, ungewehr von 18 oder 20 Jahren, und unter Compagnie mit 2 Pferden gerüstet naher Zeulenroda[1] zur Cornets-Wacht commendirt gewest und dahin, seinen Weg haben nehmen wollen, welchen aber von leichtfertigen Porsch und Gesellschaft zwischen Brückla[2] und Triebes[3] durch einen dicken Schuß mit zweien Kugeln,[4] die eine durch den Leib die andere aber im Leib stecken blieben, geschossen worden, darauf er mitsambt dem Pferd wieder zurück nach Brückla kommen vom Pferde gehoben bei der Königin verbunden und hernach in Herrn Lieutnants Quartier anhero zu Hohenleuben[5] getragen worden und also heut früe ungewehr umb 5 Uhr seeligk in Herrn entschlaffen und worüber dann nit allein Herr Lieutnant und noch ein Bruder, sambt andern Befreundten so unter der Compagnie, bevorab aber Herr Rittmeister … sehr betrübet und anfangs nach ergangener Tat dermaßen entrüstet gewest, das wo hier ein Leichter-Vogel eines Bauern Sohn von Böllwitz[6] durch die Rünther [Reuter ?; BW], welche aus allen Quartieren ußgewest, mit ergriffen worden, hatte man sich alles Ungemachs und nichtens Gewissens alle Gewaltthätigkeiten, so sie an den Bauern verüben allbereits vernehmen lassen, zu versehen gehabt. Denn dieser lose Bueb in Auchholtz[7] gegen die Sandmuehl zu mit einem Bürschrohr[8] und einer kleinen Handbüchslein[9] von den Reutern erwischet gefencklich angenommen und vergangene Nacht in Ketten und Banden bewachet, auch heut früe umb 9 Uhr uf einen Karn geschmiedet ins Hauptquartier nach Schleiz daselbsten er turquirt[10] und seine Gesellschaft erforscht werden soll, geführet, und mit bei demselben zwo Paternen[11] und etzlichen Kugeln in welche Glaß und vester Stein eingegossen befunden worden und will der Feldscher davor halten das die Kugeln womit er geschossen noch darzu vergiftet gewesen. Dieser lose Bueb hat zwar allbereit auf einen jungen Kressen zu Dörtendorf,[12] so diesen von Adel geschossen, auch dergleichen zuvorhin an denen zu Langenwetzendorf[13] gelegenen Reuthern mehr verübet haben soll bekannt und ausgesagt, dann sie auch gestern beisammen gesehen ist aber den Reuthern ins Holz entlauffen. Es hat aber der Herr Riethmeister heut früe einen Corporal mit einem Schreiben an den Amtsschösser[14] nach Weidau abgefertigt, darin er gebethen, diesen jungen Kressen so wohle auch seinen Vater zur Verhaft zu nehmen, wo sie nur ergriffen werden, wirdt man übel mit ihnen spielen. Ich befürchte leider wenn Gott nit sonderlich diesen Thäter offenbar gemacht und zur Erkennung kommen lassen das viel unschuldige Bauersleuth solches entgelten auch wol mit äußersten Brandschadten und Verderbniß erfahren haben müssen’.
Über die Hinrichtung des gefangenen Bauernsohns heiß es in den Schleizer Ratsakten lakonisch: ‚Am Karfreitage [29. März] 1630 wurde auf dem hiesigen Richtplatze ein Bauer aus Pöllwitz[15] hingerichtet’. Der Schleizer Chronist Grünler berichtet im Einzelnen. ‚Ein Bauer aus Pöllwitz hat einen Soldaten von Adel im Holze erschossen. Der Bauer ist aber zu Schleiz unterm Galgen gerädert[16] und ihm Arme und Beine zerstoßen worden, welcher hernach noch zwei Tage gelebet und immer Essen und Trinken begehrt; am dritten Tage … als am Charfreytage hat ihn der Scharfrichter auf vieler Leute Fürbitte im Beysein des Obersten von Haugwitz [Haugwitz v. Biskupice, Andreas v.; BW] erschossen. Er hat fünf Schuß gegeben, der arme Sünder aber allezeit gesaget, er habe ihn nicht recht getroffen. Den 6ten Schuß aber hat er ihm mit vier Kugeln gegeben, davon er verschieden’.“[17]
[1] Zeulenroda-Triebes [LK Greiz].
[2] Brückla, heute Ortsteil von Hohenleuben [LK Greiz].
[3] Zeulenroda-Triebes [LK Greiz].
[4] Diese Technik war bekannt und wurde auch praktiziert. Grimmelshausen beschreibt sie auch in seinem Simplicissimus, 3. Buch, 9. Kapitel: „ … hatte ich meine Musket bereits mit zweien Kugeln geladen, frisch Zündkraut aufgerührt, und den Deckel auf der Zündpfannen mit Unschlitt verschmiert …“ Zit. bei ENGERISSER, Von Kronach, S. 528. In den offiziellen Exerzierhandbüchern wird sie natürlich nicht erwähnt, weil sie viel zu gefährlich war. Sie konnte auch nur mit stark unterkalibrigen Rollkugeln angewandt werden, da zwei gut sitzende Pflasterkugeln hintereinander den Lauf unweigerlich gesprengt hätten. Bei unterkalibrigen Rollkugeln ergab sich durch die Streuung eine Art Schroteffekt. Freundlicher Hinweis von Herrn Peter Engerisser, 13.7.2012.
[5] Hohenleuben [LK Greiz].
[6] Beulwitz, heute Stadtteil von Saalfeld [LK Saalfeld-Rudolstadt].
[7] Nicht identifiziert.
[8] Bürschrohr: Jagdflinte.
[9] Handbüchse: „Die Handbüchse, plur. die -n, eine Feuerbüchse kleinerer Art, zum Unterschiede von den größern, dergleichen die ehemahligen Hakenbüchsen waren; eine Lothbüchse, weil sie nur ein oder zwey Loth Bley schießet“. [ADELUNG Bd. 2, S. 946].
[10] foltern, quälen.
[11] Patene: Gefäß zur Aufnahme des Brots bei Abendmahl- oder Eucharistiefeier.
[12] Dörtendorf, heute Ortsteil von Zeulenroda-Triebes [LK Greiz].
[13] Langenwetzendorf [LK Greiz].
[14] Amtsschösser, Schösser: (auch Amtsschösser), nimmt die Wirtschaftsverwaltung eines Amtes wahr, vor allem die Einnahmen durch Schoss, Zinsen, Gefällen. Der Schoss war eine allgemeine Vermögensabgabe, die zwar vom Schösser in regelmäßigen Abständen eingezogen wurde, bei Bedarf jedoch extra und auch in vielfacher Höhe erhoben werden konnte. Der Schösser führt das Rechnungswesen des Amtes. Schösser und Amtmann bezeichnen im 17. Jahrhundert häufig den Träger derselben Verwaltungsfunktion, deshalb ist auch der Terminus Amtsschösser gebräuchlich.
[15] Pöllwitz, heute Teil der Gemeinde Vogtländisches Oberland [LK Greiz].
[16] Das Rädern galt nach dem Feuertod als die schimpflichste, ehrloseste Strafe überhaupt; sie war entehrender als der bei Mordfällen angewandte Strang. Diese Strafe wurde bis ins 18. Jahrhundert hinein praktiziert. Der Delinquent/die Delinquentin wurde dabei mit ausgestreckten Armen und Beinen auf den Boden gelegt, Hände und Füße wurden an Pflöcken festgebunden. Unter den Körper und die Glieder wurden Hölzer gelegt, damit der Körper vollkommen hohl lag. Daraufhin zerstieß der Scharfrichter mit einem Rad sämtliche Glieder und das Rückgrat; die Zahl der Stöße war im Urteil festgelegt. Der sterbende oder bereits tote Körper wurde dann durch die neun oder zehn vorgeschriebenen Speichen des Rades geflochten; dabei kamen die Glieder einmal über und einmal unter die Radspeichen. Nach dieser Prozedur wurde das Rad auf einen Pfosten oder auf den Galgen aufgesteckt, und je nach Strafmaß verblieb es dort mitunter bis zur Verwesung des Leichnams. Brach ein geschickter Scharfrichter zuerst die Knochen der Beine, dann die der Arme etc., konnte der Tod unter Umständen nur sehr langsam eintreten und der Delinquent/die Delinquentin noch leben, wenn er/sie aufs Rad geflochten wurde. Gnadenerweise des Landesherrn konnten darin bestehen, dass der Scharfrichter bereits den ersten Stoß gegen den Hals führte, dass der Delinquent vor dem Rädern enthauptet oder gehenkt wurde oder dass er den sogenannten Herzstoß erhielt. SCHILD, Gerichtsbarkeit, S. 202ff.
[17] BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 55f.