Pernstein [Bernstein, Fratissla], Wratislaw Eusebius [Wratel Euseb] Freiherr von; Obrist [[1594-27.7.1631 bei Burgstall] Pernstein war Obristleutnant unter Wolf von Mansfeld gewesen und stand zuletzt als Oberst in kaiserlichen Diensten.
Aus Greifswald[1] wird 1627 berichtet, dass Pernstein als Kommandant der Stadt verhindert habe, dass Einquartierungen bei den Professoren und Universitätsbediensteten, Pfarrern und Lehrern vorgenommen wurden.[2]
Vier Kompanien des Regiments Pernstein zogen am 1.12.1629 durch Dessau.[3]
Der schottische Kriegsteilnehmer Monro schildert Pernsteins Einsatz bei der Einnahme von Frankfurt a. d. Oder[4] am 13.4.1631: „Am Sonntagmorgen, es war Palmsonntag, der 3. April 1631, nahmen der König und die ganze Armee in ihrem besten Staat an einem Gottesdienst teil, und nach der Predigt ermunterte S. M. unsere Soldaten. Er sagte, er wünsche, daß er die schlechten Tage, die sie augenblicklich mit Geduld ertrügen, von ihnen nehmen könne, und er hoffe, ihnen in Kürze bessere Tage bescheren zu können, an denen er sie Wein trinken lassen könne, anstatt des Wassers, das sie nun tränken. Dann gab der König dem General Baner Befehle, allen Brigaden mitzuteilen, sich mit ihren Waffen für weitere Anweisungen in Bereitschaft zu halten. Als dieser Befehl gegeben war, versahen sich einige der abkommandierten Musketiere, die unter Sinclairs Befehl standen, mit Leitern, da sie einen bevorstehenden Sturmangriff vermuteten.
Gegen 5 Uhr am Nachmittag kam S. M. zu unserer Brigade und ließ einen deutschen Hauptmann namens Guntier von Hepburns Regiment rufen. Er befahl ihm, einen leichten Harnisch anzulegen, seinen Degen zu ziehen, einen Sergeanten mit zwölf tüchtigen Burschen mitzunehmen, durch den Graben zu waten und zu erkunden, ob sich Leute zwischen dem Erdwall der äußeren Befestigung und dem steinernen Festungswall der Stadt aufhalten könnten. Dann sollten sie sich, so schnell sie es nur vermöchten, zurückziehen. Als die das getan hatten, kam S. M. zur Erkenntnis, daß zwischen den beiden Wällen Platz sei, Soldaten hineinzubringen, und da die Brigaden schon in Schlachtordnung standen, sollten sie, nachdem der Hauptmann ohne Verwundung zurückgekommen war, auf ein Zeichen hin angreifen. Der König befahl Baner und Hepburn, mit unserer Brigade den Graben zu überwinden und zu stürmen, und wenn sie den Feind vom Wall der äußeren Verteidigungslinie zurückgetrieben hätten, so sollten sie sich zwischen ihm und dem steinernen Hauptwall festsetzen. Wenn es glücken sollte, den Feind zum Weichen zu bringen, sollten sie mit ihm zusammen in die Stadt eindringen. Die gleichen Befehle ergingen auch an die übrigen Brigaden, die schon bereitstanden.
Der König hatte eine Anzahl großer und kleiner Kanonen in den Batteriestellungen laden lassen und befahl nun, an allen Abschnitten achtzugeben. Wenn die Geschütze abgefeuert würden, sollten die Sturmtruppen noch mitten im Pulverdampf der ersten Salve zum Angriff vorbrechen, was sie dann auch taten. Wir durchquerten den Graben und wateten dabei bis an die Hüften in Wasser und Schlamm, und als wir dann hinaufstiegen, den Wall zu erstürmen, da standen uns einige starke Palisaden im Weg, die im Wall so gut eingegraben waren, so daß wir, wenn der Feind sich nicht voller Angst vom Wall zurückgezogen hätte, nur mit großem Glück hätten eindringen können. Der Feind zeigte sich aber so schwach und zog sich zurück, so daß die Kommandeure die Befehle ausführen konnten, die sie vom König erhalten hatten (II, 13). Wir drängten nach, in der Absicht, dem zurückweichenden Feind durch eine große Ausfallpforte, die zwischen den beiden Wällen lag, in die Stadt hinein zu folgen. Sie hatten zwei große Türflügel geöffnet und drängten hier hinein. Nach ihrem Rückzug (vor einigen Tagen) hatten sie hier ein paar Orgelgeschütze in Stellung gebracht, mit denen man ein Dutzend Schüsse auf einmal abfeuern kann. Daneben hatten sie noch zwei kleine Ordonanzgeschütze aufgepflanzt, die ebenfalls den Eingang absicherten, und dann standen da noch Musketiere, die nun zusammen mit den Schüssen aus den Geschützen unbarmherzig unter unseren Musketieren und Pikenieren aufräumten.
Der tapfere Hepburn, der die Schlachtreihe der Pikeniere aus seiner eigenen Brigade anführte, wurde, als er bis auf eine halbe Pikenlänge Abstand zur Ausfallpforte vorgedrungen war, in dem Augenblick, als er eindringen wollte, oberhalb des Knies in den Schenkel geschossen, so daß er lahm wurde. Die großen Schmerzen betäubten seine Sinne, was ihn auch zwang, sich zurückzuziehen. Er sagte zu mir, ‚Schulfreund Monro, ich bin angeschossen worden‘, was mir wirklich sehr leid tat. Dann wurde sein Major, ein entschlossener Kavalier, der vorstürmte, um in die Ausfallpforte einzudringen, unmittelbar vor dem Eingang erschossen. Darauf wichen die Pikeniere zurück und blieben zunächst stehen. General Baner, der dabei war, feuerte nun die Kavaliere an, doch einzudringen. Oberst Lumsdale [Lumbsdain; BW] und ich, die wir beide an der Spitze unserer Fahnenabteilungen standen, er mit einer Partisane, ich mit einer Halbpike in der Hand und einem Sturmhelm auf dem Kopf, der mich schützte, gaben nun unseren Pikenieren das Zeichen zum Angriff. Wir führten sie Schulter an Schulter an, und beide konnten wir glücklicherweise die Pforte ohne Verletzung erreichen, doch einige von uns, wie ich weiß, fanden dort den Tod. Der Feind wurde nun gezwungen, sich in Verwirrung zurückzuziehen. Er war von unserem Eindringen so überrascht, daß er weder den Mut noch die Geistesgegenwart hatte, das Fallgatter des großen Tores herunterzulassen. So konnten wir, indem wir dem Feind auf den Fersen blieben, in die Straßen der Stadt eindringen. Dort hielten wir dann an, bis unsere Pikeniere nachgekommen waren und sich in Formation aufgestellt hatten. Flankiert von Musketieren griffen wir mit gefällten Piken an, wobei die Musketiere auf den Flanken Feuerschutz gaben, bis die Ordnung des Feindes ins Wanken gebracht wurde.
Nach uns kam General Baner mit einer Abteilung frischer Musketiere heran. Er verfolgte die Kaiserlichen in der einen Straße, Lumbsdale und ich in der anderen. Wir stießen mit dem Feind wieder zusammen, schlugen ihn aber ganz und gar, und unsere Offiziere nahmen ihm neun Fahnen ab, die dann S. M. überbracht werden sollten. Der größte Teil ihrer Soldaten wurde niedergehauen als Vergeltung für die Greueltaten, die sie in Neu-Brandenburg[5] verübt hatten, aber einige ihrer Offiziere erhielten ‚Quartier‘, so wie sie es auch gegenüber unseren gegeben hatten. Nachdem dieses Regiment besiegt war, wiesen wir einen Offizier mit einer starken Abteilung an, sich der Brücke zu bemächtigen, damit der Feind nicht mehr entkommen könne. Als den Feinden der Fluchtweg auf diese Weise abgeschnitten war, wurden sie nun alle niedergehauen, und die Straßen lagen voll mit Toten. Der größte Teil unserer Soldaten und Offiziere lief nun auseinander, um Beute zu machen, und sie ließen mich mit einer kleinen Zahl anständiger Soldaten zurück, die Fahnen zu schützen. Ich muß gestehen, daß ich einfach nicht in der Lage war, etwas gegen diese Disziplinlosigkeit zu unternehmen. Soweit zu Lumsdales Rolle und meiner. Ich kann mich dafür verbürgen, daß alles wahr ist. Und so wie ich von unseren eigenen Taten die Wahrheit ohne Aufhebens berichtet habe, auch wenn es kein Mensch als Freund der Tugend nachprüfen kann, so will ich von den Taten anderer Leute erzählen, soweit ich aus den Berichten meiner ehrenhaften Kameraden weiß, daß auch sie wahr sind.
Oberstleutnant Musten, der ernannt worden war, die Musketiere von Lumsdales Regiment und dem meines Obersts zu kommandieren, das unter meinem Befehl stand, sah uns eindringen und folgte uns nach. Er gab denen, die unter ihm standen, von sich aus den Befehl, wie sie sich verhalten sollten, so daß sie dem Feind keine besseren Bedingungen für ‚Quartier‘ gewährten, als wir es auch taten. Auch die Deutschen, die sich der Grausamkeiten erinnerten, die der Feind in Neu-Brandenburg verübt hatte, gaben nur wenig ‚Quartier‘ (II, 34). Major John Sinclair, wie mir glaubhaft versichert wurde, und Leutnant George Heatly, der ihn begleitete, beide entschlossen und tüchtig, waren die ersten, die mit Leitern über den Wall in die Stadt hineinkamen. Da sie bei ihrem Eindringen nur wenige Musketiere dabei hatten, wurden sie in den Straßen von den Kürassieren des Feindes, den besten Reitern, attackiert, die sie zwangen, dicht beieinander zu stehen, mit dem Rücken zum Wall, über den sie eingedrungen waren. Sie gaben mehrere Musketensalven auf die Reiter ab, die dadurch zum Rückzug gezwungen wurden.
Nachdem wir hineingekommen waren, drangen die Gelbe [Teuffel; BW] und Blaue Brigade [Winkel; BW], die von der ganzen Armee als entschlossen und tapfer in ihren Aktionen angesehen wurden, ebenfalls ein. Sie sollten die Stellungen der Iren angreifen, wurden aber zweimal unter großen Verlusten wütend zurückgeschlagen. Dabei erlitten sie schlimme Verluste durch die Handgranaten, die die Iren unter sie warfen. Als sie dann zuletzt doch vordrangen, stellten sich ihnen die Iren entgegen, die zahlenmäßig schwach waren. Ungeachtet des Unterschieds im Zahlenverhältnis kämpften sie lange mit Pike und Schwert in den Festungswerken, bis die meisten an der Stelle gefallen waren, an der sie gestanden waren und gekämpft hatten, so daß am Ende Oberstleutnant Walter Butler, der die Iren anführte, gefangengenommen wurde, nachdem er einen Schuß in den Arm und einen Pikenstich in den Schenkel davon getragen hatte. Am nächsten Tag konnte man an den einzelnen Stellen erkennen, wo am heftigsten gekämpft worden war, und in der Tat, hätten die anderen sich so tapfer gehalten wie die Iren, hätten wir uns mit großen Verlusten zurückziehen müssen, ohne den Sieg davongetragen zu haben.
Als die Wut verraucht war, waren alle Soldaten, die nun ihre Pflicht vernachlässigten, um so mehr darauf aus, Beute zu machen, denn die ganze Straße stand voll mit Reiteseln, Reitpferden, Kutschen und verlassenen Wagen, angefüllt mit Reichtümern aller art, Tafelsilber, Juwelen, Gold, Geld, Kleidern, so daß ich später nie mehr sah, daß man den Offizieren so schlecht gehorchte und keinen Respekt mehr vor ihnen hatte, wie es hier eine Zeitlang geschah, bis der Höhepunkt überschritten war. Und ich kenne sogar einige Regimenter, die keinen einzigen Mann mehr bei ihren Fahnen stehen hatten, bis das Wüten vorüber war. Einige Fahnen waren die ganze Nacht hindurch verschwunden, bis man sie dann am nächsten Morgen wieder beibrachte. So eine Unordnung herrschte bei uns, und das alles wurde hervorgerufen durch die Raffgier, die Wurzel allen Übels und der Ehrlosigkeit.
Als die Einnahme der Stadt abgeschlossen war, kam S. M. selbst herein. Er wurde vom Rheingrafen [Otto Ludwig v. Salm; BW] und seinen Reitern bewacht, die nun unverzüglich abkommandiert wurden, die Brücke zu überqueren und dem Feind auf den Fersen zu folgen, der in Richtung Glogau[6] auf der Flucht war. Dorthin hatten sich der Feldmarschall Tiefenbach, der Graf von Schauenburg und Montecuccoli mit jenen zurückgezogen, die entkommen waren. S. M. hatte kaum in der Stadt Quartier genommen, als ein zufällig ausgebrochenes Feuer die Stadt einzuäschern drohte. Unter Trommelschlag wurden daher Befehle in allen Straßen laut ausgerufen, daß sich alle Offiziere und Mannschaften bei Todesstrafe sofort bei ihren Fahnen auf der anderen Seite der Oder in den Außenbefestigungen einfinden sollten, wo Sir John Hepburn angewiesen war, das Kommando innerhalb der Festungswerke zu übernehmen. Ausgenommen waren die Truppen, die bestimmt worden waren, die Tore der Stadt zu bewachen, dazu das Quartier S. M. und die Unterkünfte der Generale am Marktplatz, wo eine starke Wache gehalten wurde, um Plünderungen und Übergriffe der Soldaten zu unterbinden. Obwohl diese Befehle öffentlich ausgerufen wurden, hielten sich viele nicht daran und blieben in der Stadt, um zu plündern.
Bei diesem Zusammenstoß verlor der Feind fast 3 000 Mann, nicht gerechnet die Offiziere, die dabei getötet wurden, vier Obristen, Pernstein [der allerdings erst am 26.7.1631 fiel; BW], Hydou-Mayence, [Berthold v.; BW] Wallenstein [der erst bei Lützen fiel; BW] und Joure. Weitere 36 Offiziere kamen ums Leben. Oberst [Ernst Georg v.; BW] Sparr mit fünf deutschen Oberstleutnanten und ein irischer Kavalier wurden gefangengenommen, der sich tapfer und ehrenvoll geschlagen hatte. Der Feind verlor 41 Fahnen, wie ich am nächsten Tag sehen konnte, als vor General Baner eine Zählung stattfand, dazu kamen neun Standarten der Reiterei. Auf unserer Seite kamen mindestens 800 Mann ums Leben, davon verloren das Blaue und das Gelbe Regiment allein 500. Dem König fiel hier eine sehr große Menge von Vorräten für die Armee in die hand, Getreide, Munition und 18 Ordonanzgeschütze. Am nächsten Tag ernannte S. M. Generalmajor Lesly [Alexander Leslie; BW] zum Gouverneur über die Stadt und gab ihm den Befehl, die schadhaften Festungswerke und Wälle auszubessern. Dann wurde der Befehl gegeben, die Toten zu begraben, was man in sechs Tagen nicht völlig schaffen konnte. Zuletzt warf man sie in Haufen in große Gruben, mehr als hundert in jedes Grab. Am nächsten Tag erhielten wir die Anweisung, unsere Regimenter zu versammeln, damit man sie mit den Waffen ausrüsten könne, die den Soldaten fehlten, da viele von ihnen in der dem Sturm folgenden Unordnung ihre Waffen verloren hatten“.[7]
Nach dem Fall Frankfurts a. d. Oder und der Vernichtung Magdeburgs[8] durch Tilly[9] stand Pfalzgraf Otto Ludwig von Salm unter dem Kommando Baudissins und eroberte mit ihm Landsberg.[10] Im März 1631 kommandierte er seinen ersten Kampf gegen kaiserliche Truppen: Er griff die Verstärkung für Tilly unter dem Obristen Wengiersky bei Plauen[11] an und vernichtete den Truppenteil fast vollständig. Auf seinem weiteren Weg nach Schlesien wurde er im Juni 1631 auf dem rechten Elbufer von Pappenheim[12] überfallen, konnte aber diesen Angriff erfolgreich abwehren. Dessen Oberbefehlshaber Tilly hatte seine erste Feindberührung mit Gustav II. Adolf am 26.7.1631. Er war mit seinem Heer von Magdeburg aus in Richtung Werben[13] marschiert. Dort hatten die Schweden ein festes Lager errichtet. Tilly postierte eine Vorhut aus drei Regimentern in den Dörfern Burgstall,[14] Sandbeiendorf [15] und Angern.[16] Zur Überraschung der Kaiserlichen griff Gustav II. Adolf jedes Regiment einzeln an. Baudissin vernichtete das gesamte Reiterregiment Ernesto Montecucculis in Burgstall; Gustav II. Adolf griff Pernstein in Sandbeiendorf an, wobei Pernstein im Kampf fiel,[17] weil er sich angeblich der veralteten Form eines Reiterangriffs, des Caracolierens,[18] bediente.[19] Rheingraf Otto Ludwig fiel die Dragoner Holks[20] bei Angern an. Obwohl dessen Dragoner bereits in Schlachtordnung standen, erlitten sie hohe Verluste und ergriffen die Flucht. Der Ort Angern wurde anschließend von Otto Ludwig sinnlos niedergebrannt.[21] Der Schweriner[22] Dompropst und Ratzeburger[23] Domherr, Otto von Estorf [1566 – 29.7.1637], berichtet in seinem „Diarium belli Bohemici et aliarum memorabilium“: „Julius [1631; BW]. Den 17. Julii. Dom. 6. p. Trinit ist der Swedische Obriste Collenbach[24] mitt 2,000 reutern vnd 500 Dragoner ins Dorf Angern gefallen vnd allda folgende Tillische Obristen: Bernstein mitt 12 Cornet reutern, Holcken[25] mit 5 Cornet Curassierer vnd 5 Cornet Achibusirer, Coronino[26] mitt 10 Cornet Curassierer, [Ernst v.; BW] Montecuculi mitt 10 Cornet reuter angetroffen vnd dieselben getrennet, 29 Fahnen vnd alle Bagage bekommen, das volk mehrentheilß niedergemacht, Obrist Bernstein ist durchs Hertz geschossen; Montecuculi[27] ist auch geblieben“.[28]
Der schottische Augenzeuge Monro meinte sarkastisch: „Nachdem wir so vorbereitet waren, den Feind willkommen zu heißen, und nachdem S. M. vom Herannahen des Feindes mit einer starken Armee gehört hatte, entschloß sich der König, wie es ein umsichtiger General tut, den Mut des Feindes im offenen Feld auf die Probe zu stellen, ehe er herankäme, seine kleine Armee zu entmutigen. Deshalb kommandierte S. M. eine starke Abteilung von 2 000 Musketieren und 1 000 Reitern hinaus, die er selbst anführte, und da er von seinen Kundschaftern erfahren hatte, daß Tillys Armee schon bis Wolmirstedt[29] herangerückt sei, rief S. M. alle Garnisonen, die auf dieser Seite der Elbe standen, auf der der Feind heranmarschieren würde, ins Lager zurück. Der König hatte inzwischen gute Aufklärungsergebnisse über die Vorausabteilungen des Feindes erhalten, die sich aus vier Reiterregimentern zusammensetzte, den besten der Armee Tillys, nämlich aus Oberst Pernsteins Kürassierregiment, Montecuccolis Regiment, Holcks Kürassierregiment und Coramines, die (II, 52) alle zusammen aus etwa 42 Kornetts bestanden. Sie lagen in der Nähe von Tangermünde[30] im Quartier und wußten nicht, wie nahe sie dem tapferen Gustav gekommen waren. Und obwohl es nicht dem Zeremoniell entsprach, daß ein König tapferen Kavalieren ihres Standes zuerst seine Aufwartung macht und ihnen durch seinen Besuch große Gnade erweist, wenn auch, weiß Gott, weniger Vergnügen, so schickte der König den Rheingrafen und Oberst [Pensen v.; BW] Caldenbach mit 500 Dragonern und ihren eigenen beiden Reiterregimentern hinaus, die Feinde in ihren Quartieren im Namen S. M. zu begrüßen und sie zuerst mit einer Musketensalve zu ehren, damit sie es nicht für unhöflich hielten, daß S. M. ihnen seine Aufwartung machte, ohne es ihnen vorher angekündigt zu haben. Der Feind faßte dies aber falsch auf, so daß der Kampf losging. Oberst Pernstein wurde getötet, Holck und Coramine flohen, so daß die Vorausabteilung des Feindes in Verwirrung geriet und nach dem Verlust von 29 Kornetts besiegt und ruiniert war. Unsere Reiterei machte große Beute an Pferden und sehr viel mehr an Gut. Der Feind verlor bei diesem Zusammenstoß über tausend Mann, aber auch der Verlust S. M. war groß, denn er verlor den Sohn seiner eigenen Schwester, den jungen Pfalzgrafen, der bei seinem ersten Einsatz am 17. Juli getötet worden war. Dieser Edelmann wurde von S. M. und der ganzen Armee betrauert. Der Einsatz endete damit, daß sich S. M. in das Lager zurückzog, nachdem er einige Offiziere und Reiter zurückgelassen hatte, die dem flüchtenden Tilly und Holck nachsetzten und sie wie Hunde bis in ihr Quartier hetzten, wo beide mit knapper Not der Gefangenschaft entgingen. Die durch diesen Ausgang des wütenden Angriffs enttäuschten Schweden kehrten nach S. M. in das Lager zurück, nachdem sie durch diese Niederlage Schrecken in die Armee des Feindes getragen hatten“.[31]
„Gustav Adolph hatte bei der Nachricht von Tillys Nahen seine auf der linken Elbseite befindliche Kavallerie am 26. Juli in Arneburg[32] gesammelt und war in die Gegend von Wolmirstedt geritten, wo sein Gegner am folgenden Tage eintraf. Am weitesten vorgeschoben waren die kaiserlichen Reiterregimenter Ernesto Montecuccoli in Burgstall, Pernstein in Sandbeiendorf und Holck in Angern. Diese etwa 1000 bis 1200 Mann wurden in der eingefallenen Dunkelheit angegriffen und zersprengt. Die zweitgenannte Einheit hatte im Kampfe die Caracole mit dem üblichen unseligen Ergebnis angewandt, und Oberst Pernstein war gefallen. Die Anzahl der Toten war aber nicht unbedingt gross, der fast vollständige Verlust an Pferden und Bagage empfindlich, am schlimmsten wohl die Blamage, welche von den Schweden publizistisch weidlich ausgeschlachtet wurde. Die Gefechte von Burgstall könnten trotz allem als belanglos übergangen werden, wenn sie nicht so symptomatisch für den damaligen Feldzug gewesen wären: Die Feinde Gustav Adolphs pflegten mehr und gravierendere Fehler als der König zu machen und hatten ihm im vorliegenden Falle durch die Kombination zweier grober Schnitzer den Sieg in die Hand gespielt.
Zum einen war der Wachtdienst ungenügend organisiert gewesen und hatte sich auf die Quartiere der einzelnen Regimenter beschränkt. Die drei überfallenen Einheiten waren – wie der später berühmte jüngere [Raimondo; BW] Montecuccoli betonte – keinesfalls nachlässig gewesen. Doch die weitere Umgebung war weder durch Patrouillen noch durch Vorposten gesichert gewesen, so dass sich in jener Nacht zwei schwedische Regimenter sogar bis ans Hauptquartier Wolmirstedt heranmachen konnten und «von keiner sonderlichen wacht und ordinantz ausserhalb vom lermenschlagen» etwas feststellen konnten. Zweitens war gegen den Gemeinplatz verstossen worden, dass man bei akuter Gefahr nicht zerstreut in Dörfern, sondern geschlossen in einem Lager zu kampieren hatte. Oberst Holck, der so angewidert war, dass er sich mit Rücktrittsabsichten trug, schob die Schuld vollumfänglich dem Generalquartiermeister – es war der Bayer Lorenz von Münch – zu. Aber wenn dieser keine Leuchte war, weshalb remedierte Tilly nicht ?“.[33] Der noch nicht vollständig informierte Hildesheimer[34] Arzt und Chronist Dr. Jordan hält in seinem Tagebuch unter dem 18./28.7.1631 fest: „Der Reingraff den Tillischen früh eingefallen, den Obristen Bernstein gefangen bekomen, Obr. [Ernst; BW] Montecuculi, ni fallor, geblieben, Obr. Hulock [Holck; BW] davon komen, jenseits Wolmersted geschehen im Stift Magdeburg“.[35]
Da die Schweden den kaiserlichen Truppen den Nachschub abgeschnitten hatten, versuchte Tilly sein Heil im Angriff auf Werben. Der Angriff scheiterte und Tilly musste sich zurückziehen.
[1] Greifswald [Kr. Greifswald]; HHSD XII, S. 194ff.
[2] LANGER, Die Universität Greifswald, S. 79.
[3] WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 252. – Dessau [Stadtkr. Dessau]; HHSD XI, S. 77ff.
[4] Frankfurt a. d. Oder [Stadtkr.]; HHSD X, S. 177ff.
[5] Neubrandenburg [Kr. Neubrandenburg]; HHSD XII, S. 69ff.
[6] Glogau [Glogów]; HHSSchl, S. 127ff.
[7] MAHR, Monro, S. 110ff.
[8] Magdeburg; HHSD XI, S. 288ff.
[9] Vgl. KAISER, Politik; JUNKELMANN, Der Du gelehrt hast; JUNKELMANN, Tilly.
[10] Landsberg [Gorzów Wielkopolski, Brandenburg, h. Polen]; HHSD X, S. 446ff.
[11] Plauen [Vogtland]; HHSD VIII, S. 279ff.
[12] Vgl. STADLER, Pappenheim.
[13] Werben [Kr. Osterburg]; HHSD XI, S. 492f.
[14] Burgstall [Kr. Wolmirstedt/Tangerhütte]; HHSD XI, S. 63f.
[15] Sandbeiendorf [LK Börde].
[16] Angern [Kr. Wolmirstedt/Tangerhütte]; HHSD XI, S. 16.
[17] Warhafftige Relation, Wie es dreyen Ligistischen / Als Deß Montecuculi / Bernsteins / Vnd Holckens / Regimentern / Zu Angern / Borgstal vnd Reindorff unferrn von Wolmerstädt / im Ertzstifft Magdeburgk / den 17. Julii in der Nacht dieses 1631. Jahres ergangen. Item Extract eines Schreibens auss Leipzig von 29. Julii 1631. [VD17 75:678978H, oder VD17 12:200196W]; ARETIN, Kriegs-Schriften, 5. Heft, 1820, S.111f. (Pappenheims Bericht aus Staßfurt vom 29.8.1631). Freundliche Hinweise von Herrn Uwe Volz.
[18] (franz.; span. caracol: Schnecke), ein in der frühen Neuzeit entwickeltes, relativ verlustreiches Kavallerie-Manöver. Dabei ritt die Kavallerie in mehreren Reihen hintereinander auf die gegnerischen Linien zu. Die einzelnen Reihen feuerten jeweils ihre Salven mit ihren Radschlosswaffen auf die Gegner ab und kehrten danach sofort um (Kürassiere konnten mit ihren beiden Pistolen zweimal feuern, Bandelierreiter mit ihren Arkebusen nur einmal, hatten aber die größere Reichweite). War der Gegner ausreichend geschwächt, ging die Kavallerie jetzt in geschlossener Formation mit gezogenem Degen gegen die sich auflösenden gegnerischen Reihen vor. Damit wollte man der Benachteilung der Reiterei im Kampf gegen die Pikeniere wirkungsvoll begegnen. Durch Gustav II. Adolf wurde die Caracole im Dreißigjährigen Krieg wieder abgeschafft, ab jetzt wurde vor dem Nahkampf höchstens noch eine Salve geschossen. Grund dafür war der sinkende Teil der Pikeniere; gegenüber den Musketieren war man beim Feuergefecht als Reiter weit unterlegen, im Nahkampf dagegen deutlich überlegen. Das entsprechende Verfahren der Infanterie wurde als Enfilade bezeichnet.
[19] So noch STADLER, Pappenheim, S. 538, nach HESS, Pappenheim, S. 141; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 2, S. 408.
[20] Vgl. ARENDT, Wallensteins Faktotum.
[21] Angeblich 1630 durch Reiter Holks zerstört. HHSD XI, S. 16.
[22] Schwerin; HHSD XII, S. 114ff.
[23] Ratzeburg [Kr. Herzogtum Lauenburg]; HHSD I, S. 216f.
[24] Calenbach [Calembach, Collenbach], N; Obrist [ – 17.9.1631 Breitenfeld] Calenbach fiel nach Aussage Gustav II. Adolfs in der Schlacht bei Breitenfeld.
[25] Vgl. ARENDT, Wallensteins Faktotum.
[26] Coronini [Coronino, Coronina, Cornini, Corronin] di Cronberg, Giovanni Pietro [Joan Pietro, Johann Peter], Baron di Prebacina et di Gradiscata.
[27] Das war eine Falschmeldung.
[28] DUVE, DIARIUM BELLI BOHEMICI ET ALIARUM MEMORABILIUM 3, S. 7.
[29] Wolmirstedt [Kr. Wolmirstedt]; HHSD XI, S. 515f.
[30] Tangermünde [Kr. Stendal]; HHSD XI, S. 458ff.
[31] MAHR, Monro, S. 125f.
[32] Arneburg [Kr. Stendal]; HHSD XI, S. 20ff.
[33] STADLER, Pappenheim, S. 537f.
[34] Hildesheim; HHSD II, S. 228ff.
[35] SCHLOTTER, Acta, S. 32.
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