Fulda [Fuld(t)], N; Stadtleutnant [ – 2./12.7.1645] Fulda stand 1644/1645 als Stadtleutnant[1] in den Diensten der Stadt Salzungen.[2]
„Das wiedererwachende und allmählich erstarkende Selbstgefühl der Bürger [Bad Salzungens; BW] konnte im Jahre 1645 sogar daran denken, dem Rittmeister Funck vom Königseckischen Regiment,[3] das zur kaiserlichen Besatzung der ehemaligen Grafschaft Henneberg[4] gehörte, die Zahlung der auferlegten Kontribution zu verweigern. Funck lag ab dem 28. Oktober 1644 [a. St.; BW] mit seiner Kompanie[5] in Meiningen.[6] Um die Bürgerschaft zur Raison zu bringen, ritt er mit seinen Leuten am 1. Juli 1645 nach Salzungen und trieb das vor den Toren weidende Vieh hinweg. Da man sich solche Gewaltmaßnahme nicht gefallen lassen und den Funckschen Reitern das geraubte Vieh wenn nicht anders, so durch Waffengewalt, wieder abnehmen wollte, setzten bewaffnete Bürger vom Ausschuß[7] unter Führung des Stadtleutnants Fulda [Fuld(t)] den Kaiserlichen nach. Am folgenden Tage zwischen 4 und 5 Uhr morgens erreichte man sie zwischen Fambach[8] und Herrenbreitungen.[9] Der Rittmeister Funck soll nun durch Absendung eines Trompeters[10] an den Führer der Salzunger sich bereit erklärt haben, das Unrecht durch Zahlung einer Entschädigungssumme wieder gut zu machen. Als jedoch bei währender Verhandlung ein Salzunger auf Funck Feuer gab und ihm das Pferd unter dem Leibe wegschoß, umringten seine Reiter die Salzunger, die sich in unglücklicher Stellung befanden und überdies an Zahl unterlegen waren, und hieben sie erbarmungslos nieder. Der Stadtleutnant Fulda wurde nach tapferer Gegenwehr tödlich verwundet, außer ihm fielen nach der Meininger Chronik 21, nach dem Salzunger Chronisten jedoch 28 Bürger, während 31 bzw. 36 verwundet wurden, die insgesamt 146 Wunden gehabt haben sollen. Der verhängnisvolle Ausgang des Scharmützels, das auf Salzunger Seite jedenfalls die rechte Besonnenheit und Überlegung vermißen ließ, machte allerorten einen tiefen Eindruck.
Groß war die Trauer in Salzungen selbst, an der Herzog Ernst[11] solch innigen Anteil nahm, dass er, als ihn die Kunde von dem Vorgefallenen ereilte, den ganzen Abend auf den Knien gelegen und zu Gott gesseufzt haben soll“.[12]
Der Schmalkaldener[13] Chronist Johann Georg Pforr [1612 – 1687] hält dazu fest: „Den 2. Jul: hat der Keyßerliche Rittmeister Funck mit 60 reutter<n> den Saltzungern das vieh vor der statt wechgetrieben, deßwegen der Stattleutnant N. Fuld mit 40 bürgern solchen reutter<n> nachgangen in meinung, ihnen daß viehe wiederumb abzujagen. Alß sie nun beyderßeits vorm dorff [Herrn]breitungen zusammenkommen, haben sie fewr uffeinander geben. Weil aber die bürger zu schwach geweßen, auch kein rettirat[14] gehabt, alß sind sie von den reuttern umbgeben und ohne barmhertzichkeidt niedergehauben worden /:darvon 20 bürger todt geblieben:/ auch der Leutenand Fuldt, welcher seine Bürger alßo ubel angeführt, wiewol er sich vor seine person tapfer gewehrt, ist er doch mit vielen wund[en fast uff den todt gehauben worden“.[15]
[1] Stadtleutnant: in kleineren Städten Kommandant des => Ausschusses.
[2] [Bad] Salzungen [Wartburgkreis]; HHSD IX, S. 36ff.
[3] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 ((offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Lieutenant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[4] Grafschaft Henneberg: Die Grafschaft Henneberg-Schleusingen wurde nach dem Tod des letzten Grafen auf Grund der Erbverbrüderung von 1554 (de facto seit 1583) von den beiden wettinischen Linien, den sächsischen Albertinern und den thüringischen Ernestinern, bis 1660 gemeinsam verwaltet. Die Grafschaft Henneberg gehörte 1631 zu den von den Truppendurchzügen und Einquartierungen am schlimmsten betroffenen Territorien. An das Aufbringen der Kontribution nach Erfurt war kaum zu denken, das Rentamt in Schleusingen verfügte über keine Mittel. Die Landstände wurden bewogen, innerhalb der nächsten zwei Monate 2.500 Rt. aufbringen zu wollen. Ein weiterer schwerer Schlag wurde nach dem Bericht des kursächsischen Oberaufsehers Marschalk der Grafschaft im Oktober 1634 durch den Einbruch der Truppen Piccolominis versetzt. Vgl. HEIM, Leiden; HUSCHKE, Herzog Wilhelm, S. 255; KÖBLER, Lexikon, S. 247f. [mdsz]
[5] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst.
[6] Meiningen [Kr. Meiningen]; HHSD IX, S. 269ff.
[7] Ausschuss: Bürgerwehr: (zumeist relativ wirkungslose, unzuverlässige und aufsässige) Miliz zur selbstständigen Landesverteidigung (vgl. Landwehr), die teilweise schon beim ersten Musketenschuss auseinanderlief oder als Kanonenfutter diente, wenn sie nicht unter dem Schutz von Soldaten eingesetzt wurde. Zum Dienst im Ausschuss konnten sowohl Bürger – meist kleine Handwerker und ärmere Bürger, reichere Bürger drückten sich vor diesem Dienst – als auch Bauern der städtischen Dörfer herangezogen werden. Üblich war die Stellung des 5. oder 10. Mannes. Die Erfurter Bürgerwehr soll aus 1.200 Mann bestanden haben; BEYER; BIEREYE, Geschichte der Stadt Erfurt, S. 537. Zur Nutzlosigkeit des Bürgerausschusses vgl. die Äußerungen des brandenburgischen Kanzlers Friedrich Pruckmann [1562-1630]; FADEN, Berlin, S. 144: Sie wurden „von ihrer zween angeführt, die ihr Lebetage wohl keinen toten Menschen im Felde gesehen. Da war ein Trommelschlagen, Platzen und Schießen, auch Schreien in beiden Städten [Berlin und Cölln] die ganze Nacht hindurch, dass ihrer wohl wenige dieselbe Nacht werden geschlafen haben. Denn es war alles besoffen, was da war. Da hätte man wohlbeschossene Musketiere sehen sollen; der eine schoß die Lunte mit hinweg; dem andern entfiel der Ladestecken, dem dritten die Forschett [Gabelstock]; dem vierten versagte die Muskete zwei- bis dreimal; der fünfte steckte die Nase gar in den Ärmel, wenn er schießen wollte, gleich den Mönchen, Pfaffen und Jesuiten, die vor etlichen Jahren zu Paris gassatim gingen, Die dann losgeschossen hatten, konnten zu keiner Ladung wieder kommen, also voll waren sie. Die Pikeniere trugen die Pike auch gar musterlich, zu geschweigen, dass sie solche sonsten zu gebrauchen sollten gewusst haben. Summa, man hat nur lauter Schimpf gehabt“. FADEN, Berlin, S. 153f. Teilweise wurde schon aus Kostengründen der Ausschuss von Städten abgelehnt; BRUNS, Hallenberg, S. 258f.; WALLHAUSEN, Defensio Patriae.
[8] Fambach [LK Schmalkalden-Meiningen].
[9] Herrenbreitungen [früher Burgbreitungen, Ortsteil von Breitungen].
[10] Trompeter: Eigener gut bezahlter, aber auch risikoreicher Berufsstand innerhalb des Militärs und bei Hof mit wichtigen Aufgaben, z. B. Verhandlungen mit belagerten Städten, Überbringung wichtiger Schriftstücke etc., beim Militär mit Aufstiegsmöglichkeit in die unteren Offiziersränge.
[11] Ernst I. von Sachsen-Gotha-Altenburg, der Fromme [25.12.1601 Altenburg – 26.3.1675 Gotha].
[12] TENNER, Salzungen, S. 145f.
[13] Schmalkalden [Kr. Schmalkalden]; HHSD IX, S. 387ff.
[14] rettirat: Rückzugsmöglichkeit.
[15] WAGNER, Pforr, S. 165f.