Schultheß, Christian; Reiter [ – ] Schultheß, der angeblich aus Friedland[1] stammte, hatte 1633 bereits sieben Jahre in bayerischen Diensten gestanden, als er kurz hinter einander zweimal in Gefangenschaft geriet.
Im Tagebuch des Advokaten Dr. Johann Heinrich von Pflummern [1585-1671][2] heißt es: „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen;[3] BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff[4] geweßt, von vnsern tragonern[5] betretten,[6] zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht[7] gefangen vnd vndergestoßen[8] worden: der ander aber von Saltzburg,[9] vnderm obrist König[10] geritten vnd zu Aichen[11] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens,[12] dass die schwedische vmb Pfullendorff[13] ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus[14] von dem Horn vnd hertzogen Bernhard[15] commandirt; führen 4 halb carthaunen[16] mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin.[17] Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd[18] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, dass die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“.[19]
[1] Friedland [LK Mecklenburgische Seenplatte].
[2] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 179f.
[3] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.
[4] straiff: I. Streifkorps; Reiterabteilung, die entweder zur Aufklärung oder zu überraschenden Handstreichen vom zuständigen Kommandeur ausgesandt wurde oder eine auf eigene Rechnung oder mit Wissen des an der Beute beteiligten Kommandeurs herumstreifende Abteilung, um Beute zu machen, Nahrung zu beschaffen oder die Bevölkerung zu terrorisieren. Am 9.5.1643 schrieb Ferdinand III. an Gallas: „auch die Streifparteien gehören bestrafft […], da sy die unterthanen unerhörter barbarischer weiß tractirn, denenselben wan sy nit gleich alles nach ihrem willen thuen, löcher durch die nasen bohren, strick dardurch ziehen und sie die [wie ?] unvernünfftigen thiere mit herumben ziehen, theils gar pulver in die nasenlöcher, auch mundt und ohren stecken und dasselbe anzünden, oder aber haisses bley hinein gießen, auch wohl ihre händt und fueß abhacken, ganze dörffer außplendern, und viel pferdt und viech mit weckh treiben“. REBITSCH, Gallas, S. 218f. II. Kriegspartei: reguläre Truppenabteilung.
Vgl. KROENER, Kriegsgurgeln. III. Banden aus Deserteuren, Straftätern, vertriebenen Bauern, die z. T. in Stärke von 400 Mann bevorzugt Dörfer überfielen.
[5] Dragoner (frz. dragon): leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. Der Dragoner war ein berittener Infanterist (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen und zu sichern. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten im Kampf auch als Musketiere eingesetzt. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 Gulden 55 Kreuzer in Rechnung. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd.
[6] betretten: angetroffen.
[7] Neumarkt i. d. OPf.; HHSD VII, S. 505f. Neumarkt wurde am 30.6.1633 von Horn auf dem Marsch nach Neuburg eingenommen.
[8] Untersteckung, Unterstoßung: Eingliederung von (insbesondere gefangen genommenen) Soldaten in bestehende unvollständige Verbände. „Die ‚Untersteckung’ von gefangenen Soldaten des Kriegsgegners war in der frühen Neuzeit allgemein üblich, wurde für gewöhnlich von den Betroffenen ohne Widerstände akzeptiert und scheint gar nicht selten die Zusammensetzung eines Heeres erheblich verändert zu haben“ (BURSCHEL, Söldner, S. 158). In der kurbayerischen Armee – Maximilian I. von Bayern war grundsätzlich gegen die Untersteckung wegen der Unzuverlässigkeit in Schlachten – wurden sie als Kugelfang beim Angriff vorausgeschickt. Franz von Mercy hatte nach seinem Sieg bei Tuttlingen (24.11.1643) an die 2000 Franzosen untergesteckt. HEILMANN, Kriegsgeschichte, S. 69f. Doch wurden schon seit dem Böhmischen Krieg Gefangene, die die Untersteckung verweigerten, oft hingerichtet (vgl. HELLER, Rothenburg, S. 158).
[9] Salzburg; HHSÖ II, S. 406ff.
[10] König, Franz Peter, gen. von Mohr; Obrist [6.8.1594-11.12.1647].
[11] Aichach [LK Aichach-Friedberg]; HHSD VII, S. 3.
[12] Möglicherweise ist hier ein körperlicher Eid gemeint: Eid, bei dem der Schwörende einen Gegenstand (Bibel, Kreuz) anfassen muss.
[13] Pfullendorf [LK Sigmaringen]; HHSD VI, S. 631.
[14] alternis diebus: abwechselnd von Tag zu Tag.
[15] Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst.
[16] Kartaune, halbe: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579.
[17] Regimentsstück: leichtes Feldgeschütz, durch Gustav II. Adolf eingeführt, indem er jedem Infanterie-Regiment ständig zwei leichte Geschütze zuordnete. Die Bedienung übernahmen erstmals besonders eingeteilte Soldaten. Die Regimentsstücke waren meist 3-Pfünder-Kanonen. Sie wurden durch eine Protze im meist zweispännigen Zug, gefahren vom Bock. D. h. der Fahrer saß auf der Protze, beweglich gemacht. [wikipedia]
[18] Donauwörth [LK Donau-Ries]; HHSD VII, S. 147ff.
[19] SEMLER, Tagebücher, S. 70f.