Lauerdura [Laventura, Lauentura], Johann; Leutnant [ – ] Lauerdura stand 1632/33 als Leutnant[1] der Kompanie[2] Ferdinand Neumanns im Regiment Caretto di Grana und lag vom 29.10.1632 bis zum 17.1.1633 in Überlingen im Quartier.
Der Überlinger[3] Advokat Dr. Johann Heinrich von Pflummern [1595 – 1655][4] berichtet in seinem Tagebuch: „Gestern 2 Martij [1633; BW] vor mittag ist vnser newer rittmaister[5] Michel Güntfeld [Gündtfeld; BW] (so hievor eine compagnia alhie alß [leut]tenant commandirt) mit seinen 40 newgeworbenen r[eü]tern nach Waßerburg[6] in sein new assignirt quartier geruc[kt], der sich bei vns wol vnd dapffer gehallten vnd zweiffels oh[ne] nit vil gellt mit sich weggeführt, dan er gar liberal im spendirn geweßt. (Ebenmeßigst vor 3 tagen der leuttenant Laventura so die 50 vnder des hauptmanns Newmann compagnia gehörige vnd alhie bisher gelegne mußquetierer[7] commandirt, auch zu der vebrigen compagnia in die Mainow[8] gezogen“.[9]
Pflummern hält auch den fehlgeschlagenen Angriff auf Radolfzell[10] fest: „Mittwoch, den 27 Aprilis, gegen abendt seyn die vnder alhiesigem rittmaister [S. 21] wider zu hauß angelangt, hatte herr Ferdinand Neumann, commandant der Mainaw, den rittmeister Gintfeld vnd stüblinsherrn[11] Hanß Wilhelm Ehepeckhen[12] zu sich erfordert, denselben den newen anschlag auf Zell entdeckht vnd begert, widerumb ein anzahl ausgewöhltes landtvolckhs in beraitschaft zu stellen vnd an der hand also zu halten, damit auf iedes erfordern dasselb gebraucht werden möge. Deme ein E. Rath willige volg gethon, vnd alß hierauff herr obrist König[13] mitt ettlichem volckh auß der lindawischen[14] besatzung am h. pfingsttag in die Mainow kommen vnd begert neben den gintfeldischen reüttern auch den veberlingischen ausschuß[15] noch selbigen abendt veber see zu setzen, dan er die Statt Zell noch vor mitternacht anzufallen bedacht, haben gleichwoln herrn burgermaister vnd rath ihne avisirt, waß maßen sie glaubhafte nachrichtung eingelangt, daß dem feind sollcher vorhabende anschlag auf Zell alberaitt verkundtschaft, vnd nicht allain die guarnison[16] biß auff 800 mann gesterckht, sonder auch ettlich hundert princkhische [Johann v. der Brink; Obrist [ – 13.10.1637] … reütter von Rothenburg am Neckhar,[17] da sie in quartier gelegen, herauff commandirt vnd zu Hiltzingen[18] einlosirt worden, auf der kayßerischen ankunft sich fertig zu halten vnd ihnen auf den dienst zu warten: es hatt aber obrist König sollche avisation[19] gering geachtet, sonder geantwortet, er habe andere vnd jüngere avisi. Also auf sollch sein wort der veberlingische ausschuß sambt dergintfeldischen compagnia am h. pfingsttag abendt vmb 5 vhren veber see geführt worden, deren neben ettlichen verburgerten mauerern vnd zimmerleutten ohngefahr hundert mann geweßt vnderm commando der statt bestelltem leuttenants. Darzu neben obgedachten lindawischen knechten auch der mehrer thail der mainawischen besatzung vnd ettlich baursvolckh gestoßen, vnd also in allem bei 800 musquettierer[20] vor die stadt Zell gebracht worden. so bald aber die schilltwacht deren ankunft vernommen vnd loß gebrannt, ist an der vestung Hohen Twiel[21] mit großem stuckh[22] denen zu Hiltzingen ligenden reüttern sich fertig zu machen losung [S. 22] geben worden. die in der statt aber haben sich an der mauren gar still vnd nichts vermerckhen lassen, biß hauptmann Newmann mit den seinigen erstlich angesetzt, weiln die vebrige truppen bösen wegs halb so bald nit fortkommen mögen vnd sonderlich der veberlingische ausschuß in ein tüeffes moraß also eingeführt vnd versteckt worden, daß ettliche biß an den halß im letten[23] vnd gewäßer watten müeßen. Alß aber bemelter hauptmann sturm anlaufen vnd die laittern anwerffen wollen, ist von allen orten auß groben stuckhen, doppelhaggen[24] vnd musquetten[25] auf ihne vnd andere zum sturm fertige compagnien[26] ein so ernstliches starckhes schießen geschehen, daß obrist König die veberlingische wahrnung nhun mehr dan wahr befunden, vnd weiln der feind in der statt vnd im vorthel noch sterckher, alß die seinige im bloßen veld, hatt er eußeriste gefahr und verlust des volckhs zu verhüetten alles widerrůffen vnd zu ruckh erfordern müeßen. Jedoch darbei zu verwundern vnd dem allmächtigen, thailß auch einem püchsenmaiser (so lange zeitt mit den kayßerischen correspondirt, auch nachdem dieser anschlag gefählt, sich auß der statt hinwegg vnd nach Veberlingen begeben, vnd seine vnderhabende stückh den vnsern vnschedlich abgelassen) zuzumessen, daß von so vilen schüßen, die gleich einem hagel häuffig abgangen, nit mehr dan ein maynawischer soldat todt geschossen vnd ohngefehr bei 9 verwundt worden. – Alß nun mit mehrerm schimpff dan schaden der abzug genommen vnd den veberlingischen wider nach hauß zu ziechen erlaubt worden, dieselben auch morgen vmb 6 vhrn, vnd nach ihnen die gintfeldischen reutter am fahrt zu S. Niclaußen ankommen, hatt man durch sondern schickhung gottes anstallt gemacht, daß alle schiff auß der statt hinveber geschickht, vnd erstens daß fůßvolckh vnd hernach alle reütter eingeladen worden. darbei dan so wenig zeitt vebergebliben, daß alß rittmaister Gintfeld mit ettlichen pferdten noch an dem gestad geweßt vnd ohne sorg einen gebrattnen indianischen haanen[27] daselbst zum frühstuckh verzehren wollen [S. 23] hatt im ohngefährlichen vmbschauen der schiffsmann vil reütter neben dem holtz ab der Zeller straß hereilendt ersehen, die auch schnell am waßer ankommen, daß rittmaister Gintfeld mit seinen pferdten schwärlich zu schiff kommen vnd von land schallten mögen, auch ettlich schüß vom feind ausstehn müeßen. Darveber zu Veberlingen, alß man noch in der kirchen beim h. gottesdienst geweßt, allarmen gemacht ab dem Galler[28] aus groben geschütz, daß der feind zugegen, zaichen geben, vnd alsbald drey schiff mit musquettierer dem obrist König zum succurs[29] in die Mainaw geschickht worden, dan man leichtlich erachten können, die obgedachte princkhische reütter (welliche zu Hiltzingen den vnserigen aufgewartet vnd auf den ab Hohen Twiel gethonen losschuß zu pferdt sich begeben vnd hernach gevolgt) werden ermelten obristen vnd seinem mitführenden volckh in die Mainaw nachsetzen. Inmaßen beschehen vnd zwar in sollcher eil, daß alß die musquettierer aller sorg ledig nach Litzelstetten[30] kommen und daselbst einen rast gehallten vnd einen trunckh gethon, aber auf den veberlingischen vernommen losschuß fortmarschirn wollen, der feind gleich vor dem dorff sie angetroffen, vnd weiln sie wenigern thailß mit brennenden lunten[31] gerißt, auch sonsten in vnordnung geweßt, bald in die völlige flucht gebracht, vnd alleß waß sich nit mit schwimmen vnd watten in die Mainaw salvirt, nidergemacht, den dapfferen leüttenant Lauentura (wellicher hiebevor mit 50 knechten zu Veberllingen gelegen vnd sich gar vnclagbar gehallten) gefanngen genommen, auch in dem fleckhlin Litzelstetten auß vrsachen, daß man sturm geschlagen vnd die kayßerische darvon gewahrnet vnd zum außreißen platz bekommen, gar die vnschuldige weib vnd khinder grimmiglich nidergehawt vnd 13 häußer oder fürst in die aschen gelegt, auch beinahendt die mit der munition vnd laittern beladne wägen, so noch an dem land vor der Mainaw gestanden, mit sambt den pferdten erobert, wan nicht die in der insul hinderlaßne wenige vnd kranckhe soldaten, ab [S. 24] weesendt des zeugwarten,[32] die stuckh loß gebrant vnd den feind darmit zu ruckh getriben hetten. Zumaln auch der veberlingische succurs der insul sich angefangen zu nähern, also daß der feind (so von reüttern vnd tragonern[33] veber 200 starckh geweßt) ihme lenger nit trawen dörffen, sonder bald wider zu ruckh nach Zell sich begeben. Volgenden tag die auf der wahlstatt geblibne soldaten nach Dingelsdorf[34] geführt, daselbst zur erden bestattet, vnd deren 53 gezehlt, darneben aber auch vil hart verwundte in die Mainaw eingebracht worden. die ihenige, so mit ihren wehren vnd brennenden lunten verfaßt geweßt, haben ritterlich gestritten, obwoln die kugeln wenig schaden, weil der feind vest[35] oder gefrohren geweßt, gebracht, iedoch hatt man hernach von einem zellischen weib vernommen, daß 15 reütter todt nach Zell gebracht vnd vil pferdt auch hart beschedigt worden.
Auf diese vnglückhselige impresa[36] hatt sich obrist König mit seinem volckh wieder nach Lindaw begeben, vnd ist wol der gnade gottes zuzuschreiben, daß der feind nicht ferner darauf getruckht, vnd gleich mit ersten anlauff in die insul getrungen, wie er dan waßers halb wol hette fortkommen, vnd weiln außerhalb der kranckhen die besatzung vast gantz ab vnd nach Zell geführt, vnd in obbemeltem Veberfall hin vnd wider zerströwt worden, gleichsamb ohne schwertstraich derselben sich bemächtigen können“.[37]
„Gegen abendt [29.7.1633; BW] seyn alle vnsere schiff, so vil man deren ermanglen können, nach Vldingen[38] geschickht worden die daselbst sich befindende tragoner veber see nach Costantz[39] zu führen.
In volgender nacht hatt hauptmann Weiß mit seiner schiff armada vmb Stad[40] vnd hernach (der mainawische officier Laventura mit ettlichen mainawischen vnd veberlingischen schiffen) vmb Dingelsdorff lermen gemacht vnd den Schwedischen den schlaf verderbt. – Es ist auß den schiffen mit den obgehabten stückhlin dapffer fewer an daß land vnd auf den feind gegeben worden, vnbewußt aber mit waß effect, außerhalb dass er auß Dingelsdorff gewichen, vnd (voraußen im freyen veld stand gehallten)“.[41]
[1] Leutnant: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-60 fl.
[2] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[3] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.
[4] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 179f.
[5] Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte, bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.
[6] Wasserburg [LK Lindau (Bodensee)].
[7] Musketier: Fußsoldat, der die Muskete führte. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet den einzigen bisher bekannten Fall (1634), dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe. SCHLOTTER; SCHNEIDER; UBBELOHDE, Acta, S. 194. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics; EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[8] Mainau [Konstanz, LK Konstanz], HHSD VI, S. 498f. Vgl. ROTH von SCHRECKENSTEIN, Die Insel Mainau.
[9] SEMLER, Tagebücher, S. 13f.
[10] Radolfzell [LK Konstanz], HHSD VI, S. 636ff.
[11] Stüblinsherr: städtisches Amt in Überlingen.
[12] Hans Wilhelm Echbeck, Stüblinsherr 1631-1634.
[13] Vgl. VILLIGER; STEINAUER; BITTERLI, Im Galopp.
[14] Lindau (Bodensee); HHSD VII, S. 414ff.
[15] Ausschuss: Bürgerwehr: (zumeist relativ wirkungslose, unzuverlässige und aufsässige) Miliz zur selbstständigen Landesverteidigung (vgl. Landwehr), die teilweise schon beim ersten Musketenschuss auseinanderlief oder als Kanonenfutter diente, wenn sie nicht unter dem Schutz von Soldaten eingesetzt wurde. Zum Dienst im Ausschuss konnten sowohl Bürger – meist kleine Handwerker und ärmere Bürger, reichere Bürger drückten sich vor diesem Dienst – als auch Bauern der städtischen Dörfer herangezogen werden. Üblich war die Stellung des 5. oder 10. Mannes. Die Erfurter Bürgerwehr soll aus 1.200 Mann bestanden haben; BEYER; BIEREYE, S. 537. Zur Nutzlosigkeit des Bürgerausschusses vgl. die Äußerungen des brandenburgischen Kanzlers Friedrich Pruckmann [1562-1630]; FADEN, Berlin, S. 144: Sie wurden „von ihrer zween angeführt, die ihr Lebetage wohl keinen toten Menschen im Felde gesehen. Da war ein Trommelschlagen, Platzen und Schießen, auch Schreien in beiden Städten [Berlin und Cölln] die ganze Nacht hindurch, dass ihrer wohl wenige dieselbe Nacht werden geschlafen haben. Denn es war alles besoffen, was da war. Da hätte man wohlbeschossene Musketiere sehen sollen; der eine schoß die Lunte mit hinweg; dem andern entfiel der Ladestecken, dem dritten die Forschett [Gabelstock]; dem vierten versagte die Muskete zwei- bis dreimal; der fünfte steckte die Nase gar in den Ärmel, wenn er schießen wollte, gleich den Mönchen, Pfaffen und Jesuiten, die vor etlichen Jahren zu Paris gassatim gingen, Die dann losgeschossen hatten, konnten zu keiner Ladung wieder kommen, also voll waren sie. Die Pikeniere trugen die Pike auch gar musterlich, zu geschweigen, dass sie solche sonsten zu gebrauchen sollten gewusst haben. Summa, man hat nur lauter Schimpf gehabt“. FADEN, Berlin, S. 153f. Vgl. auch die Einschätzung Herzog Friedrichs III. von Schleswig-Holstein-Gottorp; RATHJEN, Soldaten im Dorf, S. 39: „das landtvolckh ohngeubet zu fechten, kleinmüthig und verzagt sein, ihr hertz und muth zurück bei ihren hinterlassenen Eltern, Weib undt Kindern gelassen“. Der niederrheinische katholische Chronist von Kempen und Dekan des Stifts Kaiserswerth, Johannes Wilmius [1585-1655]; WILMIUS, Chronicon, S. 115, über die Ernsthaftigkeit von Verteidigungsmaßnahmen: „Im gleichen Jahr [1641; BW], als vorher im September in Deutschland alles vom Krieg verwüstet wurde und das kaiserliche Heer in Hessen gegen den Schwedengeneral Johannes Banèr lagerte, nahmen die Hessen unter Rabenhaupt [Karl Rabenhaupt von Sucha (1602-1675); BW] Kalkar im Klevischen zu nachtschlafender Zeit. Sie bedrohten uns schwer und kündigten feindselige Handlungen an. In panischem Schrecken befestigten die Kempener den Ort und widersetzten sich dem Amtmann [Johann Konstantin v. Neukirch, gen. Nievenheim; BW], der Soldaten aus ihrer Mitte ausheben wollte. Mit welchem Erfolg, wird die Zeit lehren. Jedoch auf einen Befehl des Fürsten hin, den der Amtmann unter Hinweis auf die Gefahr von ihm erwirkt hatte, wurden einige Abteilungen und Gruppen von Soldaten mit großem Aufwand der gesamten Gemeinde ausgehoben. Als Hauptmann wurde der Sohn des Amtmanns an ihre Spitze gestellt, ein Junge von neun oder zehn Jahren. Er sollte 60 Taler Sold monatlich bekommen. Hieraus kann man schließen, was die einfachen Soldaten erhalten werden. Gegen diese Aushebung erhoben die Vierter und die Gemeinde Einspruch, jedoch der Rat und die Schöffen wagten den Mund nicht aufzutun. Lieber wollten sie den Interessen ihres Vorgesetzten nachkommen, wenn auch die Stadt darüber zu Grunde ginge“.Teilweise wurde schon aus Kostengründen der Ausschuss von Städten abgelehnt; BRUNS, Hallenberg, S. 258f.; WALLHAUSEN, Defensio Patriae. „Daß die angestellte Landesdefension Erfolg haben konnte, wenn es sich bei den Übergriffen um kleinere Gruppen von Plünderern handelte, zeigte sich in unmittelbarer Nähe der Landeshauptstadt, als man in (Düsseldorf-)Gerresheim eine Gruppe brabantischer Soldaten gefangennahm, die ‚die Gerresheimer Kirch spoliert’ (geplündert) hatten. Dreizehn von ihnen wurden am 27. Januar 1625 gehenkt und sechs enthauptet“. STOMMEL, Johann Adolf Freiherr Wolff, S. 78.
[16] Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie und Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis und die Fourage mussten von der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden und waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger und Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier [um 1597-1670] schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
[17] Rottenburg [LK Tübingen]; HHSD VI, S. 674ff.
[18] Hilzingen [LK Konstanz].
[19] avisation: Ankündigung, Benachrichtigung; die richterliche Eidesbelehrung und Meineidsverwarnung, die der Ableistung eines Eides vorausgeht und in einem Hinweis auf die Wichtigkeit und Heiligkeit des Eides und auf die Folgen eines falschen Eides besteht.
[20] Musketier: Fußsoldat, der die Muskete führte. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet den einzigen bisher bekannten Fall (1634), dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe. SCHLOTTER; SCHNEIDER; UBBELOHDE, Acta, S. 194. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics; EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[21] Hohentwiel [Singen, LK Konstanz]; HHSD VI, S. 352ff. Vgl. MAURER, Höhenfestungen.
[22] Kartaune: Belagerungsgeschütz mit einer Rohrlänge des 18-19-fachen Rohrkalibers [17, 5 – 19 cm], verschoss 40 oder 48 Pfund Eisen, Rohrgewicht: 60-70 Zentner, Gesamtgewicht: 95-105 Zentner, zum Vorspann nötig waren bis zu 32 Pferde nötig: 20-24 Pferde zogen auf einem Rüstwagen das Rohr, 4-8 Pferde die Lafette. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. „Vom Nürnberger Stückegießer Leonhard Loewe ist die Rechnung für die Herstellung zweier jeweils 75 Zentner schwerer Belagerungsgeschütze erhalten, die auf den heutigen Wert hochgerechnet werden kann. An Material- und Lohnkosten verlangte Loewe 2.643 Gulden, das sind ca. 105.000 bis 132.000 Euro. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81.
[23] Letten: sumpfiger, toniger Boden.
[24] Doppelhaken: auch Hakenbüchse: Der Haken war ein bis ins 17. Jahrhundert gebräuchliches schweres Feuergewehr, mit einem Haken am Schaft, mit dem es auf einem dreibeinigen Gestell befestigt war oder auf die Brüstung aufgelegt wurde, um den enormen Rückstoß abzufangen. Diese Waffen wogen 7,5 bis 10 Kilo, nach anderen Angaben sogar mit bis zu 25 Kilogramm. Damit wurden Ladungen mit je 4 Lot Blei, Doppelhaken bis 400 g, verschossen. Als man diese Hakenbüchsen später auch im offenen Feld verwendete, musste man sie in einer Gabel abstützen. Daher nannte man diese Waffe auch Gabelarkebuse. Die Treffgenauigkeit der Hakenbüchsen war so gering, so dass ihr Einsatz nur auf kurze Distanz oder massiert als Batterie sinnvoll war. Die Haken wurden ihrer Größe nach eingeteilt in Doppelhaken, ganze Haken und halbe Haken. Vgl. die ausführliche Beschreibung unter http://www.engerisser.de/Bewaffnung/Doppelhaken.html. Die Stadt Überlingen kaufte 1633 erbeutete Doppelhaken um kaum 3 fl. auf; SEMLER, Tagebücher, S. 27f.
[25] Muskete: Die 1, 5 – 2 mm dicken Brustharnische der Pikeniere boten keinen ausreichenden Schutz gegen Musketenkugeln, die mit 300 m/sec noch auf 40 Meter den Harnisch und seinen Träger durchschlugen und ihm meist tödliche Verletzungen zufügten. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 79, 156. Bei einer Schussentfernung von 100 m wird der Brustpanzer noch durchschlagen, in der Regel blieb aber die Kugel im Körper zurück und fügt dem Getroffenen schwere Verletzungen zu. Bei einer Entfernung von 200 m wird der Panzer zwar nicht mehr durchschlagen, der Getroffene erleidet aber schwere Prellungen. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 79f. Vgl. auch EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[26] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[27] indianischer haan: Truthahn.
[28] Galler: Festungsturm an der Westfront der Stadt Überlingen.
[29] Sukkurs: Hilfe, Ersatz; Beistand, Nachschub.
[30] Litzelstetten, heute Stadtteil von Konstanz [LK Konstanz].
[31] Lunte: mit Bleizucker gebeizter Hanfstrick, der nicht brennt, sondern nur glimmt.
[32] Zeugmeister: Artillerie-Offizier oder Zeughaus-Vorsteher.
[33] Dragoner (frz. dragon): leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. Der Dragoner war ein berittener Infanterist (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen und zu sichern. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten im Kampf auch als Musketiere eingesetzt. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 Gulden 55 Kreuzer in Rechnung. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd.
[34] Dingelsdorf, heute Stadtteil von Konstanz [LK Konstanz].
[35] eisenfest: GRIMM; GRIMM, DWB Bd. 3, S. 369: „fest durch zauberei, unverwundbar, und verstärkt stahleisenfest“. Der Erzgebirgschronist und Pfarrer Christian Lehmann liefert die entsprechenden „Exempel“; SCHMIDT-BRÜCKEN; RICHTER, Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann, S. 186f.: „Ich habe gekannt einen benachbarten Dorfrichter, der Ao. 1632, 15 Aug. im Holckschen Marsch mit seinen Bauern erkühnte, dem Feind im Marschieren Abbruch zu tun. Er traute seiner Fertigkeit und hatte sich daneben mit etlichen Hellebarden und Bauerngewehr [einschneidige, bis zu 50 cm lange messerartige Waffe mit Griffschalen aus Holz, Horn oder Bein; BW] bewaffnet. Da er eine Feldlänge herauf kommen, stoßen auf ihn 4 Reiter, 2 Croaten und 2 Deutsche, die geben Feuer auf ihn, dass ihm zwei Kugeln durch die Kleider in die Seite gegangen, aber nicht durch die Haut. Er bat um sein Leben, gab dem einen ein Stück Geld, die anderen wollten auch befriedigt sein, und weil er nicht mehr zu geben hatte, brannten sie ihm wieder zwei Kugeln auf den Leib, die eine ging auf die Brust, die andere durch den Hut am Kopf, dass ihm vom Stoß und Knall das Blut zum Maul und Nase heraus ging und er niederfiel als wäre er nun gar tot. Da aber die Soldaten wegritten, machte er sich zwar davon, lebte noch 7 Jahr, aber hat sein Leben bekranken und beseufzen müssen.
Ao. 1630 lebte in einem Dorf [Königswalde; BW] nahe Annaberg ein gelehrter und beherzter Erbrichter [Christian Reppel; BW], der sich in feindlichen Zeiten an der Böhmischen Grenze für einen Obersten unter den Bauern bestellen ließ und damals auch die Stadt Annaberg mit belagern half. Der selbe hatte sich so stahleisenfest gemacht, dass ihm so gar kein Schuss noch Stoß verwunden konnte. Er ließ zur Probe mit Messern und Degen auf sich stoßen, mit Pfeilen auf sich losschießen, die aber nicht trafen oder doch nicht beschädigten. Doch war er nicht fest vom Feuer und Tod. Der Feind brannte ihm sein Erbgut weg, nahm ihm all sein Vieh, Vorrat und Lebensmittel. Da er in der Hitze den Räubern nachlief, und darauf Wasser getrunken, bekam er die Schwind- und Wassersucht und musste im besten Alter dahin sterben.
In dieses gewesenen Richters-Gemeinde diente zur selben Zeit ein verwegener stahlfester Bauernkerl unter den Kaiserlichen zu Pferde, welcher sich Hostiam conscratam lassen im Fuß einheilen, und von keinen Waffen noch Geschoss konnte geöffnet werden. Er ritte einesmals mit 100 Mann auf Partie aus, fiel ein Dorf an, welches aber als ein Flecken mit einer Mauer umgeben war und zwei Tor hatte. Die Bauern ließen ihn ein, schlossen dann die Tore plötzlich, umringten ihn und die seinen allenthalben mit Äxten und Spaltkeulen [im Bergbau Axt zum Spalten; BW], schlugen im Grimm alles nieder, zogen sie nackend aus, und stützten damit eine Grube voll. […][ …] Die Bauern haben im vorigen Krieg an den verhauenen Pässen nach Böhmen wohl 100 solche Gebackene mit Spaltkeulen aufgemacht. Ein starker Eisenfester wurde mit einem silbern Knopf [weil die erste Kugel nicht helfen wollte] erschossen; ein anderer im Duell mit einem durch die Erd gezogenen Degen niedergestochen; ein anderer vermeintlich Gebackener hielt im Saufgelage die bloße Brust dar, und gab seinen Degen hin, man sollte eine Probe tun und auf ihn zustoßen. Gott strafte die Pravade, und ging der Degen durch und durch“. In der Hannover’schen Chronik heißt es; JÜRGENS, Chronik, S. 546f.: „Rittmeister Immernüchtern aus Wolfenbüttel (der sonst Levin Sander hieß) wurde in einem holen Wege bey Lutter von einer Lüneburgischen Partey gefangen, anfangs wird ihm Quartier zugesagt, aber für Hildesheim auf dem Galgenberge jussu Principis ihme müssen den Rest geben. Man hat 20 Schüsse auf ihn gethan und ist keiner durchgangen. Dannenhero ward ihm der Kopf mit einem Beile entzwey geschlagen, daß er wie ein Bähre gebrüllet, unter den Galgen geschleppet und unbegraben liegen lassen“. Vgl. auch FUNKE, „Naturali legitimâque Magica“. Zum Teil trug man Glaskugeln bei sich, ein abergläubisches Mittel, um das ‚Festmachen‘ also die Unverwundbarkeit des Gegners aufzuheben.
[36] impressa: Angriffe, Einwirkungen, Kriegszug
[37] SEMLER, Tagebücher, S. 36ff.
[38] Uhldingen-Mühlhofen [Bodenseekr.].
[39] Konstanz [LK Konstanz]; HHSD VI, S. 419ff.
[40] Staad, heute Stadtteil von Konstanz [LK Konstanz].
[41] SEMLER, Tagebücher, S. 101.