Lieskirchen, Hans Gerhard von; Hauptmann [ – 1632] Lieskirchen stammte aus Köln und wurde 1623 Hauptmann der Stadtsoldaten in Münster.[1]
„Am 13. März 1623 klagt vor dem Rat der Hauptmann Hans Gerhard von Lieskirchen (ein gebürtiger Kölner) über eine Verleumdung, er sei ein treuloser Kriegsmann, der mehr Neigung zum Kaiser und zum Grafen Anholt als Sorge für die Stadt bekunde. Nach Verhör am 17. März stellt sich heraus, daß der Hauptmann mit dem Bürger Werner Wilckinghoff einen Wortwechsel hatte, bei dem er äußerte: ‚Ich bin wider den Mansfelder und Fürst Christian und sonsten zu guter Hut und Wacht für die Stadt bestellt !‘ Die Festung Münster sei nicht neutral, sondern zur Unterstützung des Kaisers verpflichtet. Das rief Wilckinghoffs Widerspruch hervor“.[2]
„In dieser spannungsreichen Zeit kommt es zum Übergriff auf sechs berittene ‚Crabaten‘ der Leibgarde Anholts, die am ‚Osterabend‘, dem 15. April 1623, von Bürgern und Stadtsoldaten überfallen und verprügelt werden, weil man ihnen zur Last legt, Bauernpferde ausgespannt und entführt zu haben. Nach den Ermittlungen des Rates hatten drei Eigenhörige des Grafen von Bentheim-Steinfurt, Bauern aus dem Kirchspiel Schapdetten,[3] ihre entführten Pferde wiedererkannt, die ihnen am Sentruper[4] Baum durch Reiter vom Wagen abgespannt worden waren. Am Fischmarkt kam es zum Tumult. Die aufgebrachte Menge rief: ‚Schlagt die Schelme tot !‘ und nahm den Kroaten die Pferde ab, wobei ihnen auch ihre Pistolen entrissen wurden. Der Reiter Laurenz Scheibeler wurde dabei am Kopf verwundet. Aus seinem Quartier Ahlen[5] erläßt am 28. April Graf Anholt, ‚Generalfeldmarschall der Katholischen Liga‘, ein scharfes Protestschreiben an Münster. Eine Stadt, die sich ‚guter Policey rühme‘, hätte solches nicht dulden dürfen. Er begehre Satisfaktion und Bestrafung der Täter. Der Rat lenkt ein. Er verhört bereits am 20. April mehrere Bürger und nimmt den Schornsteinfeger Bernd Angsel in Haft, entläßt ihn aber aber auf Bürgschaft. Offenbar sei damals ein Mißverständnis vorgefallen. Die beteiligten Stadtsoldaten seien von Hauptmann arretiert, die den Kroaten abgenommenen Gegenstände würden ihnen restituiert. Jene hätten jedoch ihren guten Willen, die Pferde abzuliefern, nicht geäußert. Bürgermeister und Rat seien ‚gerad uff den Abend‘ in den Kirchen zur Andacht gewesen, das Osterfest habe dann eine sofortige Untersuchung verhindert. Gleichzeitig führt der Rat Klage über die Exzesse des berittenen Kriegsvolks, das die münsterschen Söldner ‚Hahnefedern, Schelme und Diebe‘ gescholten habe. Am 12. Mai erscheinen die Kroaten mit ihrem Regimentsschultheiß Johann Itten, nämlich der Korporal mit drei anderen, von denen zwei verwundet waren, vor dem Rat und werden mit 92 Reichstalern entschädigt. Unmutsäußerungen einzelner Bürger, so des Hieronymus Steveninck, die ihren Befehlshabern der Bürgerfahnen eine zu nachgiebige Haltung gegenüber Anholts Truppen zum Vorwurf machen, werden am 3. Juni im Rate gerügt. Graf Anholt erläßt am 25. Juni 1623 – nach der Beilegung der Auseinandersetzungen – eine ‚Salvaguardia‘ für das Stift Münster und nimmt demonstrativ am 10. Juli 1623 in Münster an der ‚Großen Prozession‘ teil“.[6]
„Am 13. Juni [1625] klagt der Hauptmann Lieskirchen über eine Rotte ‚Roßkemme‘ oder Pferdehändler. Diese hätten im vergangenen Sommer einen Konvoi von 28 Stadtsoldaten mit Gewehren erhalten; trotzdem waren sie von einer staatischen Partei von 47 Reitern angegriffen worden. Die Kaufleute, die 40 Pferde mitführten, gaben zunächst Feuer auf die Reiter, suchten dann aber ihr Heil in der Flucht. Vom Konvoi der Soldaten blieben zwei Tote zurück; alle anderen wurden gefangen, büßten ihre Bewaffnung ein und waren sechs Wochen in Emmerich[7] in Haft. Sie hatten dort 140 Taler verausgaben müssen als Kosten für ihren Lebensunterhalt. Nachmittags erfolgt ein Vergleich. Die Händler Christian Borggreff von Glehn, Henrich Sibe von Dülcken, Henrich Klandt von Gräfrath, Dietrich Körleß von Waldniel, Peter Kaeß von Geldern, Arnold Bockweitzkorn von Dülcken, Martin Dingels von Bischofskrempen, Heino Dükers von Anrath, Thieß Bökels von St. Tönies, dazu ihre nicht anwesenden ‚Mitconsorten‘ Jelies Vehre von Lüttich, Vincenz von Tongern und andere, zahlen den betroffenen Stadtsoldaten insgesamt 325 Taler als Entschädigung. Der Überfall hatte sich im Juni 1624 auf einen Konvoi nach Dorsten[8] und Dinslaken[9] ereignet. Für ihren damals erlittenen ‚Schimpf und Schaden‘ hatten die Soldaten ursprünglich 600 Taler beansprucht.
Am 21. Juni [1625] verursacht der Kornett Joachim von Bülow (aus der Mark Brandenburg) vom kaiserlichen Regiment Erfft aus der Kompanie des Rittmeisters Frenssen auf dem Prinzipalmarkt einen Auflauf. Mit dem Korporal Ludwig Montz und dem Reiter Jürgen Gail versucht er, die Pferde eines durchreisenden Roßkamms – es ist Dietrich Körleß aus dem Lande Jülich – wegzunehmen. Die drei bedrohen zulaufende Bürger mit ihren Pistolen, werden aber durch Soldaten der Kapitäne Lieskirchen und Klepping überwältigt und ‚ad honestam custodiam uffn Grutsaal‘ gesetzt. Den Tathergang berichten die Zeugen Henrich Böttendorff, Ortwin Cranepoel und Henrich Köster aus Vechta, der Diener des Roßhändlers. Aus der Pistole des Kornetts ist ein Schuß in die Luft abgegeben worden. Die Reiter werden einem Leutnant ihres Regiments zur Bestrafung ausgeliefert“.[10]
Lieskirchens Salär wird auf monatlich 50 Reichstaler erhöht.[11]
„Die Zahl der Stadtsoldaten wird nach dem Siege [bei Lutter am Barenberge, 27.8.1626; BW] verringert. Am 9. Oktober wird Hauptmann Lieskirchens Kompanie auf 80 Köpfe gebracht, die aber keine Münsteraner sein sollen und zur Tagwache gebraucht werden“.[12]
„Am 16. November [1629] wird Kapitän Lieskirchen gerügt und ihm vorgehalten, er sei dem Rat untergeordnet; es geht um die Arretierung eines Soldaten durch die städtischen Botmeister, nicht durch den Profoß. Auch soll er eiliger als bisher mit der Werbung verfahren“.[13]
In der ersten Jahreshälfte 1632 ist Lieskirchen verstorben. Verheiratet war er mit Sibylla Agnes von Westerholt.
[1] Münster; HHSD III, S. 537ff.
[2] LAHRKAMP, Münsters Rolle, S. 33.
[3] Schapdetten [LK Coesfeld].
[4] Sentrup, heute Stadtteil von Münster.
[5] Ahlen [LK Beckum]; HHSD III, S. 11.
[6] LAHRKAMP, Münsters Rolle, S. 36.
[7] Emmerich [LK Rees]; HHSD III, S. 202f.
[8] Dorsten [LK Recklinghausen]; HHSD III, S. 165f.
[9] Dinslaken [LK Wesel].
[10] LAHRKAMP, Münsters Rolle, S. 44f.
[11] LAHRKAMP, Münsters Rolle, S. 45.
[12] LAHRKAMP, Münsters Rolle, S. 47.
[13] LAHRKAMP, Münsters Rolle, S. 51.