Baden-Durlach, Friedrich VI. Markgraf von
Baden-Durlach, Friedrich VI. Markgraf von; Obrist [16.11.1617 auf der Karlsburg, Durlach – 10.1.1677 oder 31. Januar 1677]
Friedrich VI. Markgraf von Baden[1] regierte als Markgraf von Baden-Durlach vom Tode seines Vaters im Jahr 1659 bis an sein Lebensende. Er war ein Sohn des Markgrafen Friedrich V. von Baden-Durlach und der Barbara von Württemberg und geriet 1636 in Verdacht, mit kaiserlichen Offizieren zu paktieren.
Er diente ab 1637 als Offizier unter Bernhard von Weimar und wurde 1655 schwedischer General der Kavallerie, dann kaiserlicher Generalfeldmarschall. Verheiratet war er seit seit 1642 mit Christina Magdalena von Pfalz-Kleeburg.
Der Jenaer[2] Chronist Beier hält fest: „14. Decbr. Der Marggraf von Durlach v. oberste Schlange liegen den 14. 15. 16. Decbr. in Jena stille vnd gehet die ganze schwedische Armee vorvber.“[3]
Der Chronist und Bürgermeister Georg Leopold[4] aus dem von Eger[5] abhängigen Marktredwitz[6] erinnert sich an Ende Dezember 1640: „Den 29. dito früh um 9 Uhr ist ein Trupp Reiter vor das Untertor hierhero [ge]kommen. Sie berichteten, daß der schwedische H[err] Württemberg(er) [Arvid Wittenberg, BW] mit etlich[en] Regimentern auf hie[r]hero im Marsch begriffen sei, der hier das Frühstück einzunehmen begehrte. Wir sollten es dahero zurichten. Wir waren in Schrecken und höchsten Forchten, [da wir] nit wußten, ob dem also [sei] oder ob es auf eine Plünderung abgesehen wäre. Jedoch mußten wir uns auf ein Frühstück gefaßt machen und es Gott befehlen. Andere (her)nachkommende Reiter berichteten, der General würde bald kommen. Wir gingen ihm entgegen und (be)fanden ihn auch allernächst mit den Regimentern herbeimarschieren. Wir baten ihn, er wolle uns arme Leute in seinen Schutz nehmen, uns mit Quartierung verschonen und wider alle Gewalt beschirmen. Der fragt[e] uns [nur] allerlei und begab sich mit herein.
Es befanden sich damals bei ihm H[err] Markgraf von Durlach,[7] ein Graf [Kaspar; BW] von Eberstein, H[err] Generalmajor Schlang (Slange; BW], H[err] Oberst[leutnant] Witzleben und viele andere hohe Offiziere, auch Rittmeister, hohe Offiziere, auch Rittmeister, Leut[nante] und Kornetts, ungefähr an die 200 Mann. Sie kamen [alle] mit herein. Die Regimenter mußten hinten[her]um über den Marktweiherdamm reiten und alle auf dem Reiserberg im Feld stehen [bleiben] und halten. Sie waren auf das wenigste an die 5000 Mann stark, alle wohl bewehrt, bekleidet und beritten. Sie hatten weder Troß noch Bagage, auch keine Huren bei sich. Als der General mit dem Oberst[leutnant] unterdessen in dem Wirtshaus Tafel gehalten – die anderen Offiziere haben sich in anderen Häusern befunden – ließ er [von] uns durch H[errn] Oberst[leutnant] Witzleben für Quartier und Brandschatzung 1000 Dukaten begehren. Weil wir aber die höchste Armut und Unmöglichkeit – wie sie auch wirklich vonnöten war – erwiesen und vorgewandt, daß wir als wahre und beständige evangelische Christen um der heiligen Religion [willen] viel haben leiden und ausstehen müssen, ist endlich mit ihnen auf 200 Dukaten, also gleich 600 K[ronen], die innerhalb 10 Tagen zu bezahlen [waren], geschlossen worden.
Unter dieser [Ver]handlung sind beide Vorstädt[e] und Dörflas[8] ganzlich spoliiert, das Bier ausgetrunken [und] auch alles Getreide (hin)weggenommen worden. Desgleichen sind auch die Stadel, die allererst wieder ein wenig zugerichtet worden [waren], sehr zerrissen und das vom jüngsten Marsch übriggebliebene Holz und [Ge]stroh gar verbrannt [worden]. Was aber unverbrannt von den Stadeln übrig und stehen(d) blieb, ist hernach meistentheils vom Wind (gar) über einen Haufen geworfen worden.
Und obwohl wir, wie oben gedacht, wegen der Ranzion akkordiert und in schwedischen Schutz aufgenommen worden sind, so sind doch etlich[e] 100 [Mann] über die Mauern herabgestiegen und [haben] genommen, was sie in der Eile ertappen konnten, worauf der General etliche kommandierte, solchen Einfall zu verwehren. Doch haben sie nit an allen Orten sein und solches hindern mögen, [so] daß endlich das Volk sehr viel herein[ge]kommen ist. Als die übrigen auch zum Tor [her]einbrechen wollten, hat sich H[err] General neben H[errn] Generalmajor Schlang(en) sehr erzürnt. Sie haben solchen Einbruch mit bloßem Degen zurückgebracht und auf diesen Lärmen [hin] auch alsbald zu Pferd blasen [lassen]. [Sie haben] den Aufbruch mit guter Order genommen und [haben] abmarschieren lassen. Sie sind von hier durch Waldershof[9] und noch am selben Abend zu Kulmain[10] angelangt. Doselbst(en) [haben] sie ihr Nachtquartier genommen. Vor ihrem Aufbruch haben wir ihnen eine Obligation wegen der 600 K[ronen] stellen und uns solchergestalt verschreiben müssen, daß wir nämlich solche Summe innerhalb 10 Tagen bezahlen und uns weder von Feind noch von Freund wollen abhalten und hindern lassen. So wir in[nerhalb] solcher zeit nit zuhalten würden, geben wir ihnen freie Macht und Gewalt, daß sie nach Belieben mit uns, unser[en] Weib[ern] und Kindern, unserer Hab[e] und unseren Gütern mit Grimm, Rache, Feuer und Schwert verfahren können“.[11]
Slange nahm auf dem Rückmarsch von Regensburg[12] 1641 mit dem kleinerem Teil seines Regiments in Burglengenfeld,[13] mit dem größeren in Schwandorf[14] Quartier. Er zog die Besatzung von Burglengenfeld an sich und marschierte am 17.3. abends nach Neunburg vorm Wald[15] ab, wo er am 18.3. um 3 Uhr morgens eintraf. Die ihm unterstellten Nabburger[16] Regimenter wies er an, unverzüglich nach Neunburg zu marschieren. Diese warteten jedoch, bis die Korps von Auerbach[17] und Vilseck[18] eintrafen und brachen erst am 19.3. nach Neunburg auf. Der Vortrab der Kaiserlichen und Bayerischen, 7.400 Kavalleristen unter Caspar von Mercy am 17.3. Burglengenfeld, das von den Schweden bereits aufgegeben worden war, und brach am 18.3. gegen Cham[19] auf. Slange wartete in Neunburg das Eintreffen der beiden Nabburger Regimenter nicht ab und marschierte am 19.3. nach Cham ab. Bei Neukirchen-Balbini[20] stieß er auf die Vorhut unter Mercy und wurde nach Neunburg hineingeworfen. Über 600 Wagen, alle Handpferde und die Frauen der Offiziere fielen in Mercys Hände.
Zur Erhöhung der Verteidigungsfähigkeit ließ Slange in Neunburg 41 Häuser niederreißen, alles Vieh aus den Ställen auf die Straße treiben, seine Pferde hineinstellen und verschiedene Bollwerke errichten. Die beiden Nabburger Regimenter hatten sich am 18.3. mit den Garnisonen aus Auerbach und Vilseck vereinigt und marschierten am 19.3. von Nabburg ab. Sie fanden jedoch Neunburg bereits von kaiserlichen und bayerischen Truppen eingeschlossen. Ein Ausfall Slanges ermöglichte es ihnen in die Stadt zu gelangen. Am 19.3. zog Báner von Cham über Furth[21] und Taus[22] ab. Geleen traf in der Nacht vom 19./20.3. vor Cham ein und nahm sofort die Verfolgung auf. Erzherzog Leopold Wilhelm leitete den Angriff auf Neunburg, der am 19.3. in Neukirchen-Balbini sein Hauptquartier aufschlug. Der Ort wurde von den Kaiserlichen bis auf 7 Häuser völlig niedergebrannt. Die Artillerie fuhr in der Nacht vom 19. zum 20.3. auf und eröffnete am 20.3. das Feuer, das eine Bresche in die Stadtmauer schoss und mehrere Häuser in Schutt und Asche legte. Die Schweden besserten den Schaden in der Nacht zum 21.3. wieder aus. Sie verteidigten, nachdem ihnen die Munition ausgegangen war, die Mauern mit Steinen, mussten jedoch nachmittags, als die Stadtmauern, viele Türme und Häuser zusammengeschossen waren, die Stadt übergeben. Slange, Christian Pfalzgraf von Birkenfeld, Obrist Heuking, der Kommandant von Nabburg, Friedrich VI. von Baden-Durlach und [Jaroslav Petr; BW] Kinský gerieten in Gefangenschaft und wurden nach Regensburg gebracht.
Selbst bei dem niederrheinischen katholischen Chronisten Wilmius aus Kempen[23] fand dieser Vorgang eine ausführliche Darstellung: „Ende März 1641 konnten die Kaiserlichen dank der Hilfe Gottes alle ihre Kräfte zusammenfassen und den in Böhmen wieder schrecklich wütenden Banér in der oberpfälzischen Stadt Cham angreifen. Er bemerkte jedoch die Absicht der Unsrigen und zog schleunigst den General Schlange mit einem Heer von einigen tausend Mann zu Hilfe heran. Dessen Taktik, die Verbindung zu Banèr eiligst herzustellen, durchkreuzten unsere Generale, die wackeren Recken in Geleen und Mercy, durch einen kühnen und erfolgreichen Angriff. Als er den Unsrigen nicht mehr standhalten konnte, flüchtete Schlange mit seiner ganzen Streitmacht in die Stadt Neuburg am Walde [!]. diese nicht stark befestigte Stadt wurde sofort von den Unsrigen belagert, damit der gleichsam in der Höhle eingeschlossene Feind nicht entweichen konnte. Doch die Feinde befestigten die Stadt rund um die Mauern mit Karren, Fahrzeugen sowie allerlei Holzwerk und bereiteten sich sorgfältig auf die Verteidigung vor. Den von den Unsrigen mit der Aufforderung zur Übergabe in die Stadt geschickten Unterhändler streckten sie mit einer Gewehrkugel nieder. Darauf bereiteten die Kaiserlichen die gewaltsame Eroberung vor und schickten nochmals einen Trompeter oder Unterhändler in die Stadt. Dem drohte man das gleiche Schicksal an, wenn er sich nicht eilends aus dem Staube mache. Nach dieser Enttäuschung schossen die Kaiserlichen an einer anderen Seite der Stadt eine breite Bresche durch Kanonenkugeln in die Mauer. Diese Sprache verstanden die Schweden besser und wollten über die Übergabe verhandeln. Aber die Unsrigen forderten bedingungslose Kapitulation. Von den Offizieren nahmen sie gefangen den General Schlange, den Markgraf von Durlach, Kintzki und einen gewissen Rheingrave sowie 4.000 Fußsoldaten. Darüber hinaus fanden sie in der Stadt einen ungeheuren Nachschub und Vorräte an Bier, Brot, Mehl und vielem anderen. 18 Offiziere wurden unter dem Geleit der Unsrigen nach Regensburg zum Kaiser geführt und ihm vorgestellt zur großen Freude der vielen dort anwesenden Katholiken und zur Bestürzung der Protestanten. Die gefangenen Soldaten leisteten den Eid auf den Kaiser und wurden in sein Heer eingereiht“.[24]
Am 17.1.1642 war Friedrich VI. von Baden-Durlach bei Kempen in der verlorenen Schlacht Lamboys gegen Kaspar von Eberstein und Guébriant in Gefangenschaft geraten. Er sollte gegen den kaiserlichen Obristen Heinrich von Verken, Herrn zu Hemmersbach, ausgewechselt werden.[25] Im März 1642 muss er in Zülpich[26] gewesen sein, um dort Verhandlungen mit dem Freiherrn Heinrich von Walpott-Bassenheim aufzunehmen.[27] Im April schrieb Ferdinand III. wegen des Austausches an Melchior von Hatzfeldt.[28] Walter Leslie, der Vertraute Piccolominis, informierte Hatzfeldt im selben Monat, man wolle Friedrich VI. gegen den in schwedischer Gefangenschaft sitzenden John Henderson austauschen.[29]
Der Chronist Leopold erinnert sich an den Dezember 1648, als Wrangel mit großem Gefolge in Eger, darunter war auch Friedrich VI., eintraf.[30]
[1] Vgl. HARRACH, Tagebücher.
[2] Jena; HHSD IX, S. 215ff.
[3] TRÄGER, Magister Adrian Beiers Jehnische Chronika, S. 57.
[4] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 151f.
[5] Eger [Cheb]; HHSBöhm, S. 119ff.
[6] Marktredwitz [LK Wunsiedel i. Fichtelgebirge]; HHSD VII, S. 429f.
[7] Nach den Mitteilungen Franzins soll es sich dagegen um Karl Magnus von Baden-Durlach gehandelt haben. BADURA; KOČĺ, Der große Kampf, Nr. 1176.
[8] Dörflas, heute Stadtteil von Marktredwitz [LK Marktredwitz i. Fichtelgebirge].
[9] Waldershof [LK Tirschenreuth].
[10] Kulmain [LK Tirschenreuth].
[11] BRAUN, Marktredwitz, S. 132f.
[12] Regensburg; HHSD VII, S. 605ff.
[13] Burglengenfeld; HHSD VII, S. 117f.
[14] Schwandorf; HHSD VII, S. 684.
[15] Neunburg vorm Wald; HHSD VII, S. 507f.
[16] Nabburg, HHSD VII, S. 491f.
[17] Auerbach; HHSD VII, S. 41f.
[18] Vilseck; HHSD VII, S. 771f.
[19] Cham; HHSD VII, S. 124ff.
[20] Neukirchen-Balbini [LK Schwandorf].
[21] Furth i. Wald; HHSD VII, S. 221f.
[22] Taus [Domažlice]; HHSBöhm, S. 598ff.
[23] Kempen; HHSD III, S. 384ff.
[24] WILMIUS, Chronicon, S. 118.
[25] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 279 (S. 332).
[26] Zülpich, HHSD III, S. 812ff.
[27] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 164.
[28] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 289.
[29] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 352.
[30] BRAUN, Marktredwitz, S. 349.
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