Callenberg [Calenberg], Otto Heinrich von

Callenberg [Calenberg], Otto Heinrich von; Obrist [20.10.1601 Wettesingen bei Volkmarsen-23.11.1644 Lucklum bei Wolfenbüttel] Calenberg war Obristleutnant bzw. Obrist in hessen-kasselischen Diensten.[1]

Callenbergs Vater Hermann von Callenberg stand als Obristeutenant in französischen Diensten. Dessen Ehefrau war Margaretha von Bodenhausen, eine Tochter von Otto Heinrich von Bodenhausen. Sein Bruder war Kurt Reinicke von Callenberg. Als 1610 Callenbergs Vater starb, konnte er mit einem kleinen Erbe die Lateinschule in Kassel[2] besuchen. Anlässlich öffentlicher Schießübungen fiel Callenberg 1613 dem Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel auf. Dieser bot ihm den Besuch seines „Collegium Mauritianum“. Ab 1615 war Callenberg für zwei Jahre am landgräflichen Hof in Kassel tätig. 1617 warb ihn der Herzog Johann Albrecht II. von Mecklenburg-Güstrow ebenfalls als Page ab. 1619 schloss sich Callenberg dem Militär an. Bis 1621 diente er unter seinem Verwandten Ludwig Heidenreich von Callenberg im Unionsheer. Unter Zeitzeugen wurde Callenberg oft nur „der Aventurier“ genannt. Anschließend schloss sich Callenberg wie viele Adlige nach dem Böhmischen Krieg  bis 1625 Christian von Braunschweig an. Nach Hause kam Callenberg erst wieder 1625. Dort wurde er schon nach kurzem zum hessischen Landkommissar berufen. Im darauf folgenden Jahr nahm Ludwig I. von Anhalt-Köthen Callenberg in die „Fruchtbringende Gesellschaft“ auf. 1627 muss er aber wieder militärisch aktiv geworden sein. In der Hannover’schen[3] Chronik heißt es: „Unter diesem Verlauf, um den 20. Sept. 1627 ist zwischen dem Grafen von Schlick, Wallensteinischer[4] Armée, und dem alten Grafen von Turlach [Georg Friedrich v. Baden-Durlach; BW], damals verordnetem General über die Königsche Haupt-Armée, ein starkes Treffen vorgangen in Holstein, darin der Marg-Graf und die Königliche Armée aufs Haupt erlegt, alle seine Geschütze in 32 Stücken und 43 Fahnen ihm abgenommen, theils seines Volks erschlagen worden, die übrigen haben sich unter die Kayserliche Armée untergestellet. Dadurch ist gantz Holstein in Kayserl. Devotion gebracht, der Obr. Nell, sonst Rittmeister Conrad Nell ist gefangen worden, und Obr.[5] Calenberg im andern Treffen, der Marg-Graf von Turlach ist im Schiffe davon kommen. Der Marg-Graf von Turlach soll es liederlich versehen haben, daß von dessen Armée bey 2000 zu Pferde und 6000 zu Fuß erstlich getrennet und etliche Officirer des Ernstes nicht erwartet. Auf der Wahlstitt sein wenig geblieben, weil sich die Königsche nicht gewehret, sondern strackendes ergeben und untergestellet“.[6] „Als den 13. Oct. [1627; BW] der Graf von Schlick, Wallensteinischer Obrister in Holstein, gewisse Kundschaft bekommen, etwa 6 Meilen hinter Wieburg,[7] daß die Dänische Officirer, als des Calenbergs 12 Compagnien, des Conrad Nellen 4 Compag., des Hertzogen Frantz Carls von Sachsen-Lauenburg und des Obrist Hülken [Holk;[8] BW] noch aus der Schlesie übergebliebene 6 Compag., des Baudissen [Baudissin; BW] auch noch aus der Schlesie übergebliebene 200 Reuter mit des Schleßwieckischen Landes Comp. auf den Dörfern gelogiret, ist er stracks auf sie zugezogen, aber als die Dänische dessen gewahr worden, haben sie dieselbe Nacht mit großer Unordnung ihren Weg nach Ahlburg[9] zu genommen. Da hat Graf Schlick seine Bagage zu Wieburg gelassen und den Dänischen nachgesetzet, die er den 17. Oct. gegen Abend im Felde 2 Meilen von Ahlburg angetroffen. Die Dänischen haben sich darauf zurück reteriret und ihren Weg durch die Stadt genommen, der Meinung, sich längst der See nach Harbro[10] zu salviren. Weil aber der Herr von Scherffenberg [Johann Ernst v. Scharffenberg; BW] zween Abend zuvor abgeschicket, den Paß zu besetzen und er allda den Vortrab von 300 Pferden angetroffen, auch die meistentheils niederhauen lassen, so haben sich die beiden Obristen Conrad Nell und Calenberg mit 28 Cornetten in einem Orte eine Meile jenseit Ahlburg an der See reteriret, dar nicht mehr als nur 2 böse Wege hinein gangen sein, dar sie Graf Schlick mit 100 Musquetren beschlossen, daß kein einziger heraus kommen können. Der Baudis aber hatte sich vorhin mit einem Jungen auf ein klein Schifflein salviret. Da sie nun gesehen, daß sie nirgend mehr hinkommen konnten, haben sie einen Trompeter heraus geschicket und um Gnade gebeten. Darauf hat Graf Schlick die Befehlshabere alle gefangen nehmen und die Reutere, deren in die 3000 Pferde gewesen, absitzen lassen, ihre Pferde, sambt Sattel, Pistolen, Bandelier, Rohr etc. unter die Kayserl. Reuterey ausgetheilet, die Reutere aber hat er Troppenweise zu Fuß an unterschiedliche Oerter zum Lande hinaus geschicket. Hat also abermahls 28 Cornett und 2 Fähnlein zu Fuß bekommen, als des Obr. Calenberg 12, des Obr. Nellen 4, des Hertzogen zu Sachsen 6 und von den noch übrigen Weimarischen oder Bauditzschen und Holkischen 6. Dieses ist geschehen den 19. Oct. 1627. Conrad Nellen und Calenberg hat der Graf von Schlick gefänglich gegen Prage gesandt. Hierdurch ist gantz Holstein in Kayserl. Devotion gebracht, ausgenommen Glückstadt[11] und Krempe“.[12] „Den 4. Febr. st. n. oder 25. Jan. st. v. [1628; BW], als Wallensteiner zu Prag gewesen, sein 95 Fahnen und Cornette, so den Dänischen in Holstein und der Oerter abgenommen, durch den Obristen Morando Kayserl. Majestät praesentiret, und vor des General Wallensteiners (welcher der vielen erhaltenen Victorien und dieser eroberten Fahnen und Cornetten zum Reichs-Fürsten gemacht) Logament, je 4 in einem Glied, fliegend, mit Trommeln und Pfeifen, von vornehmen Bürgern zu Prage ins Schloß getragen worden. Um die Zeit sein auch die Dänische, von Feld-Marschall Gr. Schlicken in Holstein gefangene Officirer, darunter Conrad Nelle und Calenberg, zu Prage eingebracht und auf der kleinen Seiten, bey den 4 Glocken, stark verwahret worden“.[13] Mit 30 Jahren trat Callenberg als Rittmeister in die Armee des Landgrafen Wilhelm V. von Hessen-Kassel.

Der Schmalkaldener[14] Chronist Johann Georg Pforr [1612 -1687] berichtet: „Den 26. Maii [1632; BW] ist der oberst Steinaw mit 14 comp. Chursächsischer[15] reutter im Stillergrund ankom[m]en und uber nächt alda gelegen. Und weil die bauren außgewichen, haben sie in den heußern thür, fenster und öffen zerschlag[en, auch etliche techer von heußern abgehoben. Beim ufbruch haben sie dass Weidebrunner[16] vieh mit fortgetrieben, aber es ist ihnen von den hier gelegenen Calenbergisch[en reuter<n> mit hülff der bawren wiederumb abgejagt word[en“.[17]

Nach dem Sieg bei Hessisch Oldendorf[18] am 28.6./8.7.1633, zu dem Callenberg Einiges beigetragen haben soll, ernannte man ihn zum Obristlieutenant. Der „Gründliche vñ eigentliche Bericht“ führt ihn allerdings als kaiserlichen Obristleutnant auf, der in Gefangenschaft geraten sei.[19] Diepholtt war 1633/34 nassau-dillenburgischer Rittmeister. Von ihm stammt der Bericht über ein verlorenes Treffen gegen Bönninghausen vor Brilon[20] an Otto Heinrich von Calenberg, hessen-kasselischer Obrist zu Paderborn,[21] Rüthen,[22] 1633 XII 27 (a. St.): „Klagend bericht ich hiermit, daß als unser regiment vor Brilen kommen, der feindt alda gewesen. Demnach aber unser herr obristleutenant berichtet worden, daß Paul Daube mit 6 compagnien alda gewesen und eine compagnie dragoner, haben wir allesampt die resolution gefasset, sie anzugreifen. Weil dan wohlgemelter unser obristleutenandt mehrer vorsichtigkeit halber erstlich einen ridtmeister mit namen Koelen hingeschickt mit 60 pferden, alda quartir zu machen, gleichfals auch den leutnant vom hern major mit einem vortrab commendirt, welche underschiedtliche chargen mit den feindt getan, endtlichen einen quartirmeister vom feinde neben einen reutern gefangen gebracht, der berichtet mit seiner warheit, weil er niederzumachen bedreuet worden, daß des feindts ganze macht als 60 compagnien pferde da weren, worauf wir uns gewandt. Und ehe solches kaum geschehen können, ist der feindt mit dreien gar starcken trouppen, welchen andere alsobaldt folgten, auf uns gangen, als das wir uns reteriren müssen, und obwohl wie [wir  ? BW] uns einmal in den waldt gewendet, so hat jedoch solches nicht helfen können und ist in solchen wenden unser her o(brist)leut(enandt) [Seelbach; BW] entweder plieben oder gefangen, mein cornet ist plieben, gleichfals mein quartirmeister und viele reuter von mir, und enden allen comp(agnie) hiermit befehl etc. Zu e(uer) wohled(dlen) g(naden) dienstgef(elliger) Hieron(ymus) Diepholtt ridtmeister. Die pagage ist all weg“.[23]

„Das Nassauische Infanterie-Regiment stand immer noch im Elsaß unter dem Rheingrafen Otto Ludwig und hatte im vorigen Jahr Gelegenheit gehabt, einen guten Fang zu thun. Der Rheingraf Otto Ludwig [v. Salm in Kirburg, Mörchingen und Tronecken; BW] war nämlich auf eine listige Weise von einem Commando zu Meyerheim[24] überfallen worden. Um diesen Schimpf wieder auszulöschen, hatte er am 15. Juni [1634, BW] seinen Oberstlieutenant Kallenberg mit 14 Trupp Reitern und einigen Musquetiren bei nächtlicher Weile nach Breisach[25] geschickt, jedoch mit dem Befehl, daß sich die Hälfte in einem nahgelegenen Dorfe verbergen, der andere Theil aber die Besatzung vor die Stadt locken sollte. Dieses glückte auch vollkommen. Graf Ernst von Montecuculi rückte mit sieben Compagnien und einer starken Anzahl Musquetiren heraus, um die Schweden zu verfolgen. Nachdem diese einer scheinbaren Flucht sich überlassen, kehrten sie plötzlich um, worauf die in dem Dorfe verborgenen Reiter hervorbrachen und viele Gefangene machten. Graf von Montecuculi erhielt einen Schuß in den Schenkel und drei Wunden am Kopfe; derselbe wurde von dem Regiment Nassau gefangen und nach Colmar[26] gebracht, wo er sich wollte heilen lassen, aber bald zu Ensisheim[27] an seinen Wunden starb“.[28]

Am 22.10.1636 kapitulierte Callenberg als Kommandeur der Festung Hamm.[29] Nach nur zehntägiger Belagerung übergab er die Festung den kaiserlichen Truppen unter Johann von Götz. Dafür brachte ihn Landgraf Wilhelm V. vors Kriegsgericht.[30] In einem langwierigen Prozess wurde Callenberg zwar freigesprochen, doch er verließ als gebrochener Mann das Militär. Im September 1638 trat er in den Deutschen Orden ein. Als Administrator verwaltete er die Ballei Ober- und Niedersachsen von seinem Amtssitz Lucklum.[31] Außerdem war er für den Orden als Komtur von Weddingen[32] (bei Goslar[33]) und Demitz[34] (bei Bischofswerda[35]) tätig. Diese Ämter hatte er bis an sein Lebensende inne. Im Juli 1641 hatte Weseler von Pape einen Überfall auf Wettesingen[36] unternommen, wie Calenberg Melchior von Hatzfeldt klagte.[37] Im Alter von 43 Jahren starb Otto Heinrich von Callenberg am 23.11.1644 in Lucklum bei Wolfenbüttel.[38]

[1] Vgl. wikipedia.org/wiki/Liste_der_Mitglieder_der_Fruchtbringenden_Gesellschaft.

[2] Kassel; HHSD IV, S. 252ff.

[3] Hannover; HHSD II, S. 197ff.

[4] Vgl. REBITSCH, Wallenstein; MORTIMER, Wallenstein; SCHUBERTH; REICHEL, Die blut’ge Affair’.

[5] Manchmal meint die Bezeichnung „General“, Obrist“ etc. in den Selbstzeugnissen, Chroniken etc. nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt.

[6] JÜRGENS, Chronik, S. 455.

[7] Wienberg [Weinberg; Kr. Oldenburg/Holst.); HHSD I, S. 271.

[8] Vgl. ARENDT, Wallensteins Faktotum.

[9] Ålborg [Nordjyllands A, Jütland]; HHSDän, S. 1ff.

[10] Harboør [Ringkøbing A, Nordwestjütland]; HHSDän, S. 68f.

[11] Glückstadt [Kr. Steinburg]; HHSD I, S. 66ff.

[12] JÜRGENS, Chronik, S. 457f.; Krempe [Kr. Steinburg]; HHSD I, S. 140f.

[13] JÜRGENS, Chronik, S. 463.

[14] Schmalkalden [Kr. Schmalkalden]; HHSD IX, S. 387ff.

[15] Vgl. SENNEWALD, Das Kursächsische Heer (ab Dezember 2012).

[16] Weidebrunn, heute Ortsteil von Schmalkalden.

[17] WAGNER, Pforr, S. 115.

[18] Hessisch-Oldendorf [Kr. Grafschaft Schaumburg]; HHSD II, S. 226f.

[19] Kungliga biblioteket Stockholm Sv. Krig. 223a. (siehe Quelle 7).

[20] Brilon [LK Brilon]; HHSD III, S. 119f.

[21] Paderborn; HHSD III, S. 601ff.

[22] Rüthen [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 659f.

[23] BRUNS, Brilon, S. 95f. (STA Marburg 4 h Nr. 1137).

[24] Meienheim [Meyenheim; Frankreich, Dép. Haut-Rhin] ?

[25] Breisach am Rhein [LK Breisgau-Hochschwarzwald]; HHSD VI, S. 110ff.

[26] Colmar, Reichstadt [Ober-Elsass, Frankreich, Dép. Haut-Rhin]; vgl. STEIN, Protéction.

[27] Ensisheim [Anze, Frankreich, Dép. Haut-Rhin].

[28] KELLER, Drangsale, S. 206.

[29] Hamm in Westfalen; HHSD III, S. 286ff.

[30] ROMMEL, Geschichte Bd. 4, S. 430.

[31] Lucklum [Kr. Braunschweig]; HHSD II, S. 307f.

[32] Weddingen, heute Ortsteil von Vienenburg [LK Goslar]; HHSD II, S. 479.

[33] Goslar; HHSD II, S. 174ff.

[34] Demitz-Thumitz (obersorbisch Zemicy-Tumicy), LK Bautzen.

[35] Bischofswerda; HHSD VIII, S. 31f.

[36] Wettesingen [Kr. Wolfhagen].

[37] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 222.

[38] VD17 1:025232F: Leichenpredigt des Gregor Hasewinckel, Castigatio Paterna, Väterliche Züchtigung der Kinder Gottes.

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