Ebbecke, Claus [Nicolaus, Clawes]; Rittmeister, Vogt [ -3.11.1664] Ebbecke stammte aus Stadthagen.[1] Er war braunschweig-lüneburgischer Rittmeister,[2] Oberförster und Vogt zu Lachem.[3]
Am 31.9.1616 immatrikulierte sich Ebbeke am Gymnasium illustre in Stadthagen.[4]
Ebbecke, der als Fähnrich[5] in den Diensten des Landgrafen von Hessen gestanden hatte, erstach 1632 „aus Versehen“ den braunschweigisch-lüneburgischen Kapitän[6] David Ilsch.[7]
In der Hannover’schen[8] Chronik heißt es dazu: „Den 4. April ist Capitain Ilsche von Clawes Ebbeken erstochen worden. Ilsche hat eine Compagnie zu Fuß, so I. F. G. Hertzog Georg zu Zelle[9] zugehörig, geführet, und den 28. Martii 1632 allhier verquartieret worden in Hans Türcken Hause auf der Leinstraße, woselbst er Gasterey gehalten, und von Clawes Ebbeken, Bürgern allhier, welcher ein Fendrich unter dem Landgrafen zu Hessen gewesen, Abends durchs Fenster von der Gassen zu Ilschen in die Stuben gestochen und tödtlich verwundet. Er Ebbeke hatte dieses nicht dem Capitain, sondern einem andern zugedacht und in der Person geirret. Ward darauf von seinen des Ilschen Soldaten und Dienern übel tractiret und verwundet. Er ward auch in E. E. Rahts Haft genommen und saß lange gefangen“.[10]
Das Urteil war letztlich in Anbetracht der Umstände sehr milde: „Im September in der 16. Woche nach Trinitatis ist Claus Ebbecke, welcher Capitain David Ilschen in der Osterwochen erstochen, durch eingeholete Rechtsbelehrung der Haft erlassen und auf 6 Jahre dieser Stadt relegiret[11] worden. Ward nachgehends Vogt zu Lachem[12] an der Weser, und war A. 1652 daselbst noch im officio. Der Hauptmann David Ilsch liegt in S. Aegidien Kirche begraben“.[13]
1638 verkaufte Elisabeth von Nehlen, die Witwe des schaumburgischen Kammermeisters[14] Henning Ebbeke, unter Beistand ihres Schwiegersohnes Advokat Georg Meyer, Ratsverwandter, und ihres Sohnes Rittmeisters Nicolaus Ebbeke, ihr Haus und Hof auf der Niedernstraße [Niedernstr. 48 in Stadthagen] zwischen Jobst Bücken und seligen Hinrich Vinnen Häusern gelegen, an Hinrich Lehmensigk.[15]
Aus Rinteln[16] wird 1644 berichtet: „Ein Rittmeister Ebbeke verlangt 300 Taler rückständiger Schuld, weil ihn selber der Graf von Leiningen[17] dränge. Dem Rat bleibt nichts anderes übrig, als wieder seine Not herzubeten. Jede Zahlung wäre unmöglich. Die armen Bürger wären erst neulich rein ausgeplündert,[18] und die Kriegsbeschwerden seien hier in der Stadt besonders groß. Zudem befänden sich noch einige Bürger gefänglich in Wiedenbrücke,[19] für deren Unterhalt der Rat aufzukommen hätte, daher könne die Stadt keinerlei Mittel aufbringen.[20]
Ebbeke, Alleinerbe der Güter des Henning Ebbeke und seiner Frau Elisabeth von Nehlen, klagte gegen Elisabeth Ebbeke, Ehefrau des Dr. Alard Vaeck, Superintendent zu Jever,[21] vorher Pastor in Stadthagen [und Superintendent der Grafschaft Schaumburg], wegen der Erbansprüche an das Erbe der Mutter. Verhandelt wurde vor Landdrosten und Räten in Bückeburg[22] von 1645–1652 und vor dem Reichskammergericht von 1652-1658.[23]
Von 1648 bis 1664 war Nicolaus Ebbeke Amtsvogt zu Lachem. Er besaß einen Halbmeierhof in Hemeringen.[24]
Er verstarb am 3.11.1664 und wurde in Hemeringen am 17.11.1664 begraben.[25]
Ich danke Herrn Ulrich Biesterfeld für seine freundlichen Hinweise.
[1] Stadthagen [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 435f.
[2] Rittmeister (Capitaine de Cavallerie): Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte, bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.
[3] Lachem, heute Ortsteil von Hessisch Oldendorf [LK Hameln-Pyrmont].
[4] RÖHLING, Stadthagens Lateinschule, S. 115.
[5] Fähnrich: Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie und Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen von Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) und die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann und Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Zum Teil begannen junge Adelige ihre militärische Karriere als Fähnrich. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f.
[6] Kapitän (schwed. Kapten): Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden so genannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl. (Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet.) Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein.
[7] David Ilsch [Ilsche], braunschweig-lüneburgischer Kapitän.
[8] Hannover; HHSD II, S. 197ff.
[9] Celle [LK Celle]; HHSD II, S. 94ff.
[10] JÜRGENS, Chronik, S. 499f.
[11] relegiert: verwiesen. Verweisung: „Verweisungsstrafen waren in der Frühen Neuzeit regional übergreifend lange Zeit „die zentrale Sanktionierung peinlicher Vergehen“; LUDWIG, Strafverfolgung, S. 205. Die Verweisung aus der Stadt und den Stadtdörfern war zumeist verbunden mit körperlicher Züchtigung. Sie konnte auf zeitlich begrenzte Dauer oder aber auf Lebensdauer ausgesprochen werden. Für die Ausgewiesenen bedeutete sie den Verlust der Heimat und zumeist auch ihrer Existenz, im Winter möglicherweise den Tod oder Betroffene begingen Suizid. Einen hohen Anteil an dieser quantitativ wohl bedeutendsten strafrechtlichen Sanktion hatten Angehörige der Unterschicht und der Randgruppen.
[12] Lachem, heute Ortsteil von Hessisch Oldendorf [LK Hameln-Pyrmont].
[13] JÜRGENS, Chronik, S. 509.
[14] Der Kammermeister war der Verwalter der gräflichen Kammerkasse, also quasi der Finanzminister des Grafen von Schaumburg.
[15] BURCHARD, Das Stadtarchiv, S. 456.
[16] Rinteln [LK Schaumburg]; HHSD II, S. 395f.
[17] Johann Casimir Graf v. Leiningen-Dagsburg-Falkenburg [11.5.1619-15.4.1688], kaiserlicher Obrist.
[18] Plünderung: I. Trotz der Gebote in den Kriegsartikeln auch neben der Erstürmung von Festungen und Städten, die nach dem Sturm für eine gewisse Zeit zur Plünderung freigegeben wurden, als das „legitime“ Recht eines Soldaten betrachtet. Vgl. die Rechtfertigung der Plünderungen bei dem ehemaligen hessischen Feldprediger, Professor für Ethik in Gießen und Ulmer Superintendenten Conrad Dieterich, dass „man in einem rechtmässigen Krieg seinem Feind mit rauben vnd plündern Schaden vnd Abbruch / an allen seinen Haab vnd Güttern / liegenden vnd fahrenden / thun könne vnd solle / wie vnd welchere Mittel man jmmermehr nur vermöge. […] Was in Natürlichen / Göttlichen / vnd Weltlichen Rechten zugelassen ist / das kann nicht vnrecht / noch Sünde seyn. Nun ist aber das Rechtmessige Rauben / Beutten vnd Plündern in rechtmessigen Kriegen / in Natürlichen / Göttlichen vnnd Weltlichen Rechten zugelassen“. DIETERICH, D. Konrad Dieterich, S. 6, 19. Vgl. BRAUN, Marktredwitz, S. 37 (1634): „Welcher Teil ehe[r] kam, der plünderte. [Wir] wurden von beiden Teilen für Feind[e] und Rebellen gehalten. Ein Teil plünderte und schalt uns für Rebellen darumb, dass wir lutherisch, der andere Teil, plünderte darumb, dass wir kaiserisch waren. Da wollte nichts helfen – wir sind gut kaiserisch, noch viel weniger beim andern Teil; wir sind gut lutherisch – es war alles vergebens, sondern es ging also: ‚Gebt nur her, was ihr habt, ihr mögt zugehören und glauben wem und was ihr wollt’ “. Dazu kamen noch die vielen Beutezüge durch Marodeure, darunter auch von ihren eigenen Soldaten als solche bezeichnete Offiziere, die durch ihr grausames und ausbeuterisches Verhalten auffielen, die von ihrem Kriegsherrn geschützt wurden. Vgl. BOCKHORST, Westfälische Adlige, S. 16f.; KROENER, Kriegsgurgeln; STEGER, Jetzt ist die Flucht angangen, S. 32f. bzw. die Abbildungen bei LIEBE, Soldat, Abb. 77, 79, 85, 98; das Patent Ludwigs I. von Anhalt-Köthen: „Von Gottes gnaden“ (1635). Vgl. den Befehl Banérs vom 30.5.1639; THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 101f. Vielfach wurden die Plünderungen auch aus Not verübt, da die Versorgung der Soldaten bereits vor 1630 unter das Existenzminimum gesunken war. KROENER, Soldat oder Soldateska, S. 113; DINGES, Soldatenkörper. II. zum Teil aber auch bei Ausschreitungen der Bevölkerung, die sich an den Gütern der Flüchtlinge bereicherte, so z. B. 1629 in Havelberg: „Im Tempel war viel Gut in Kasten und Kisten, wovon die rechtmäßigen Besitzer das Wenigste wiederbekamen. Das meiste wurde den königlichen [Dänen], die während des Brandes darüber hergefallen waren, die Kirche zu plündern, und später den kaiserlichen Soldaten zuteil. Auch einigen Einwohnern und Benachtbarten, die keine Rechte daran hatten. Summa: Ihrer viele wurden arm; etliche mit unrechtem Gut reich“. VELTEN, Kirchliche Aufzeichnungen, S. 76-79, bzw. BRAUN, Marktredwitz, S. 84f., über die auch anderweitig übliche Plünderungsökonomie: „Hingegen ihre Herbergsleute, die sich vor diesem als Tagelöhner bei ihnen erhalten, die haben sich jetzt sehr wohl befunden; denn diese hatten keine Güter, daher gaben sie auch keine Kontribution. Und ein solcher Gesell hat allezeit so viel gestohlen, daß er sich [hat] erhalten können. Wie er ein paar Taler zusammengebracht, hat er gesehen, daß er von den Soldaten eine Kuh [hat] erkaufen können. Oder aber, er hat den Soldaten etwas verraten, do er dann von ihnen eine geschenkt und umsonst bekommen. Do [hat] er dann solche an einen anderen Ort getrieben und soviel daraus erlöst, daß er hernach 3 oder 4 von den Soldaten hat (er)kaufen können. Denn es ward so ein Handel daraus, daß man auch aller christlichen Liebe vergaß; vielweniger fragte man auch mehr nach Ehrbarkeit und Redlichkeit. Wie es dann auch soweit gekommen [ist], daß die Soldaten in einem Dorf das Vieh genommen und hinweg getrieben, und die Bauern als ihre Nach(t)barn in dem nächsten Dorf haben solches Vieh von den Soldaten erkauft und alsbald bei Nacht weiter getrieben und wieder verkauft. Und war schon fast ein allgemeines Gewerbe daraus. Ihrer viel[e] hatten sich auf diesen ehrbaren Handel gelegt, denn wenn ein Soldat eine Kuh gestohlen, wußte er schon seinen gewissen Kaufmann. Und wenn an manchem Ort eine Partei Soldaten mit einer geraubten Herd[e] Vieh ankam, da war bei etlichen gottlosen Menschen ein freudenreiches Zulaufen und Abkaufen, nit anders(t) als wenn zu Amsterdam in Holland eine indianische Flotte anlangte. Ein jeder wollte der nächste sein und die schönste Kuh er(kaufen); ungeachtet der armen Leute, denen das Vieh abgenommen worden, [die] allernächst auf der Seite mit jämmerlichen Gebärden standen und sich wegen der Soldaten nichts (ver)merken lassen durften“.
[19] Wiedenbrück [LK Wiedenbrück]; HHSD III, S. 782f.
[20] STÜNKEL, Rinteln, S. 86f.
[21] Jever [LK Friesland].
[22] Bückeburg [LK Schaumburg].
[23] EBELING, Findbuch S. 42-43, Prozeß Nr. 36 = StAB L 24 E 2.
[24] HEIMATGRUPPE LACHEM (Hg.), Chronik, S. 33-34. Hemeringen, Ortschaft in der Stadt Hessisch Oldendorf [LK Hameln-Pyrmont].
[25] RITTER, Ortsfamilienbuch Hemeringen 1604-1874, 1. Bd., S. 154.