Kannegieser [Kangießer], Melchior; Diener [ – ] Melchior Kannegieser [Kangießer] stand als Diener des Sekretärs von Caspar Ermes,[1] dem finnischen Kommandanten von Erfurt,[2] in schwedischen Diensten. Ermes waren Güter im Fuldaischen und die Kommende[3] Griefstedt[4] bei Erfurt doniert[5] worden. Zu den Vorgängen um die Kommende Griefstedt der Ballei[6] Hessen des Deutschen Ordens[1] heißt es, wobei Ermes sogar ein vorsätzlicher Mord unterstellt wird: „Dieses war aber erst der Anfang vom Unglück, dann die ganze Balley wurde kurtz darauf gantz Preiß gegeben. Hessen-Cassel occupirte die Castnerey[7] Fritzlar[8] und Felsberg,[9] und zog alle dazu gehörige Revenüen[10] an sich, Chur-Sachsen nahm die Commende Griffstadt unter dem nichtigen Vorwand hinweg, weilen es der Teutsche Orden mit dem Kayser hielte, daher der Commenthur[2] fortgehen, und alles im Stich lassen muste. Und obgleich nach dem Pragischen Frieden,[11] Chur-Sachsen solche Anno 1636. restituirte, so nahmen doch die Schweden selbige 1638. wieder ein, zerstörten alles, verjagten den Commenthuren und hausseten dermassen, daß Häuser und Güter wüste stehen blieben. Anno 1645. wurde zwar Adam Wilhelm von Kettler[12] als Hauß-Commenthur dahin geschickt, weil aber nach seinen Berichten das Hauß Griffstadt so wüste gelegen, daß sich die wilde Thiere darin aufgehalten, so wohnte er zu Erfurth, und wurde endlich von des Schwedischen Gouverneurs, Caspar Ermes, Secretario,[13] bößlicher Weise erstochen. Dessen Successor Philipp Leopold von Neuhoff[14] konnte anfänglich auch nicht zur Possession kommen, indem der Schwedische Obrist Ermes vorgab die Commende wäre Ihm von der Krone Schweden geschencket worden“.[15] Der Erfurter Chronist Krafft hält dazu fest: „Auf Andreas Junkricht seiner Tochter Hochzeit ersticht Kangießer den Contra[16] am Reigen auf dem Tanzboden.[17] Er, Melchor Kangießer, hält sich bei dem schwedischen Oberst[18] auf und geht mit in Schweden, so ist gleichwohl der Contra tot“.[19]
„Am Donnerstag den 13./23. März 1645 nahm Kettler Besitz vom Comthurhause[20] in Erfurt und Sonnabend den 15./25. ging er nach Griefstedt, um sich huldigen zu lassen; er fand auf der Commende, sowie auf den drei Ordensdörfern[21] im Ganzen nur 14 Personen vor, welche der Commende Unterthanen waren. Mit großen Ceremonien war daher unter diesen Umständen nicht zu beginnen, wie es andere Comthure vor und nach diesem zu thun pflegten. Die Armseligkeit und Trübsal war zu groß, auch war Kettler der Mann nicht, der unter solchen Umständen gewußt hätte, wo die Hand zuerst anzulegen war. Die Vorhandenen huldigten. Der Pfarrer, Jeremias Georg Tilemann zu Waltersdorf, verweigerte indessen den Huldigungseid und gab blos den Handschlag. Bei so traurigen Umständen war Kettler noch froh, den alten Lieutenant Fiedler[22] bereit, gegen 40 Malter[23] Getreide die Commende auf 6 Jahre in Pacht zu nehmen. Das Uebereinkommen war geschlossen und Kettler ging zurück nach Erfurt, wo er von dem geringen Einkommen des dasigen Ordenshauses und den Zinsen lebte, die der Rath zu Erfurt von einem Capitale von 4000 Thlr. zahlte, das derselbe vom Comthur Fuchs[24] erborgt hatte.
Bald sollte er nicht mehr unter den Lebenden sein. Neuhoff[25] berichtet: ‚Kettler wollte gern das Haus wieder anbauen, weil es aber viele Jahre unbewohnt gewesen, daß Füchse und andere wilde Thiere sich darin aufhielten, die Ländereien auch unbebaut lede war, so hat er sich großentheils in Erfurt aufgehalten, bis er endlich von des Schwedischen Gouverneurs, Caspar Ermes, Secretario Diener auf Andreas Gombrechtens[26] Tochter Hochzeit im September 1645 schelmischer Weise erstochen worden‘. Durch Meuchelmord[27] wurde der Comthur aus dem Wege geschafft, denn längst hatte der beutegierige Schweden-Oberst Ermes ein Auge auf das Ordensgut gerichtet. Ob er glaubte, die Schwedenherrschaft werde noch bis an sein Lebens-Ende dauern, wissen wir nicht, aber so viel erfahren wir, daß er sich die Commende von der Krone Schweden erbeten hatte und dieser es sehr leicht wurde, ihm solche ohne Weiteres zu gewähren. Von Ermes wissen nichts, als daß er mit großen Gewalttätigkeiten[28] dem alten Lieutenant und Pächter Fiedler den Pacht von 40 Malter Getreide und mehr noch abpreßte, dagegen weder Steuer noch Abgabe noch Dienstgeschirrgelder,[29] noch Ordensabgaben an die Ordens-Casse oder den Kurfürsten[30] während des angemaßten Besitz diese Commende zahlte, er hielt sich als Eroberer für frei von Allem“.[31]
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[1] Deutscher Orden: Der Deutsche Orden (auch Ordo Teutonicus, Ordo domus Sanctae Mariae Theutonicorum Ierosolimitanorum, Orden der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem, Deutschherrenorden, Kreuzritterorden, Deutschritterorden oder Deutscher Ritterorden) (abgekürzt OT = Ordo Teutonicus) ist ein geistlicher Ritterorden und war maßgeblich an der Deutschen Ostkolonisation beteiligt. Seit 1929 ist er ein klerikaler Orden. Er ist neben dem Johanniter- bzw. Malteserorden und den Templern der dritte große Ritterorden, der in der Zeit der Kreuzzüge gegründet wurde.
An der Spitze des Deutschen Ordens stand der Hochmeister, der jeweils auf Lebenszeit gewählt wurde. An seiner Seite standen fünf Großgebietiger: der Großkomtur als Statthalter des Hochmeisters, der Marschall mit Zuständigkeit für das Heerwesen, der Tressler in der Funktion des Schatzmeisters, der Trapier in Verantwortung für die Ausrüstung und der Spittler als Leiter des Hospitalwesens.
Daneben gab es einige Provinzialobere: den Deutschmeister für die zwölf deutschen Ordensballeien, der seit 1494 Reichsfürst war, und seit 1525 nach der Säkularisierung des Ordensstaates, das Hochmeisteramt verwaltete und daher später auch als Hoch- und Deutschmeister bezeichnet wurde. Der Landmeister für Livland sowie Landkomture für die Ordensgebiete außerhalb Deutschlands. Der Orden setzte sich aus dem Mönchsgelübde verpflichteten Priester- und Ritterbrüdern zusammen sowie aus dienenden Halbbrüdern. Das Ordenszeichen ist ein schwarzes Tatzenkreuz auf weißem Grund. Zur typischen Ordenskleidung gehört für die Geistlichen, welche Soutane, Halskreuz und Brustkreuz tragen, ein weißer Mantel, auf dem rechtsseitig ein graues Kreuz angebracht ist. Der Wahlspruch des Ordens lautet „Helfen, Wehren, Heilen“. [wikipedia]
[2] Komtur: Vorsteher der Niederlassung eines Ritterordens, führt eine Komturei (Kommende). Beim Deutschen Orden bildeten in späterer Zeit mehrere Komtureien eine Ballei unter einem Landkomtur.
[1] Caspar Ermes [Ermisch, Eermis, Emmes, Armes, Armis, Armiss, Evermes] auf Kochenberg [1592-12.5.1648 Erfurt], schwedischer Obrist.
[2] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff. Vgl. STIEVERMANN, Erfurt, S. 35ff.
[3] Kommende: Ordenshaus der Johanniter oder des Deutschen Ordens, von einem Komtur geleitet, auch Komturei genannt.
[4] Griefstedt [LK Sömmerda].
[5] Donation: Schenkung, Übertragung. Ursprünglich im Römischen Recht eine unentgeltliche Zuwendung. Diese schwedische Art der „Schenkung“ von nach dem „Kriegsrecht“ angeeigneten weltlichen und geistlichen Besitzungen unterschiedlicher Größe wegen rückständigen Solds etc. war jedoch nicht immer kostenlos. Neben der gewöhnlichen Kontribution mussten noch ganz erhebliche Summen aufgebracht werden. So musste sich etwa Bernhard von Sachsen-Weimar für das „Herzogtum Franken“ verpflichten, innerhalb von 4 Jahren 600 000 Reichstaler an die Krone Schweden zu bezahlen und mit den im Heilbronner Vertrag (April 1633) vereinbarten Zahlungen zu beginnen. Zudem wurde Reichskanzler Oxenstierna und schwedischen Gesandten kostenlose Bewirtung versprochen, Bernhard von Sachsen-Weimar übernahm auch die hohen Schulden der beiden Stiftern (Würzburg und Bamberg) und musste zudem den Schweden den Besitz alles vorhandenen Getreides und des Weines einräumen. Das „Herzogtum Franken“ bestand vorwiegend aus den Hochstiften Bamberg und Würzburg. Die wichtigen Festungen Königshofen und Marienberg in Würzburg blieben jedoch in schwedischem Besitz. Vgl. DEINERT, Die Schwedische Epoche; SCHAROLD, Geschichte.
[6] Ballei: Beim Deutschen Orden bildeten in späterer Zeit mehrere Komtureien eine Ballei unter einem Landkomtur.
[7] Kastnerei: Einnahmeamt.
[8] Fritzlar [Schwalm-Eder-Kreis]; HHSD IV, S. 149ff.
[9] Felsberg [Schwalm-Eder-Kreis].
[10] Revenuen: Einkommen, Einkünfte.
[11] Prager Frieden: Der in Folge der schwedischen Niederlage in der Schlacht bei Nördlingen (5./6.9.1634) vereinbarte Prager Frieden zwischen Johann Georg I. von Sachsen und Kaiser Ferdinand II. wurde am 30.5.1635 unterzeichnet. Bei diesem Friedensschluss, dem fast alle protestantischen Reichsstände beitraten, verzichtete der Kaiser auf seinen Anspruch, den Augsburger Religionsfrieden von 1555 allein zu interpretieren und damit das Restitutionsedikt von 1629 durchzuführen (vgl. s. v. „Religionsedikt“); Ergebnis war eine begrenzte Festschreibung des konfessionellen Status quo. Weitere Ergebnisse waren: die Festschreibung der Translation der pfälzischen Kurwürde auf Bayern, der Ansprüche Sachsens auf die Lausitz und die Bildung eines Reichsheers (wobei Johann Georg von Sachsen und Maximilian I. von Bayern eigene Korps führen ließen, die als Teil der Reichsarmee galten), die bestehenden Bündnisse waren aufzulösen, fremde Mächte sollten den Reichsboden verlassen, etwaige Ansprüche auf den Ersatz der Kriegskosten seit 1630 wurden aufgehoben, eine allgemeine Amnestie sollte in Kraft treten. Zudem kann der Prager Frieden als einer der letzten kaiserlichen Versuche betrachtet werden, ein monarchisches System im Reich durchzusetzen. Maßgebliches Mittel dazu war die so genannte Prager Heeresreform, mit der der Kaiser den Versuch unternahm, nahezu alle reichsständischen Truppen unter seinen Oberbefehl zu stellen und zugleich den Ständen die Finanzierung dieses Reichsheeres aufzuerlegen. Diese Vorstellungen ließen sich ebenso wenig verwirklichen wie das Ziel, durch die Vertreibung der ausländischen Mächte Frankreich und Schweden zu einem Frieden im Heiligen Römischen Reich zu gelangen. HAPPE schätzte den Prager Frieden zu Recht als trügerisch ein; Happe I 396 v – 397 r, mdsz.thulb.uni-jena.de; vgl. auch LEHMANN, Kriegschronik, S. 87. Zur Forschungslage vgl. KAISER, Prager Frieden.
[12] Adam Wilhelm von Kettler [-September 1645 Erfurt]
[13] Melchior Kannegieser [Kangießer] [ – ], Diener von Ermes‘ Sekretär.
[14] Philipp Leopold v. Neuhoff [ – ], Landkomtur v. Hessen 1668-1669. Vgl. ANDERSON, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, S. 173f.
[15] FEDER, Historisch-Diplomatischer Unterricht, S. 61f.
[16] Wahrscheinlicher ist die Transkription „Cont[u]rn“ für Comtur“.
[17] Tanzboden: Zur besseren Kontrolle der z. T. recht ausschweifenden Tanzveranstaltungen war der Tanzboden auf dem Rathaus untergebracht.
[18] Andreas v. Sommerfeld [Sommerfeldt] [1608-16.9.1681], schwedischer Obristleutnant.
[19] KRAFFT, fol. 200 v; http://www.mdsz.thulb.uni-jena.de. Undatiert, wird hier unter 1652 (!) zugerechnet.
[20] Komturhof: Gemeint ist der Comthurhof in der Comthurgasse 4, im Renaissance-Stil 1573 erbaut. Der Deutsche Ritterorden, einer der drei großen mittelalterlichen Ritterorden, hatte 1198 das Gebäude vom Kloster Reinhardsbrunn erworben und von 1223 bis 1230 den Hof aufgebaut. An der Spitze des Deutschen Ordens stand der auf Lebenszeit gewählte Hochmeister, wurde. An seiner Seite standen fünf Großgebietiger: der Großkomtur als Statthalter des Hochmeisters, der Marschall mit Zuständigkeit für das Heerwesen, der Tressler in der Funktion des Schatzmeisters, der Trapier in Verantwortung für die Ausrüstung und der Spittler als Leiter des Hospitalwesens. Daneben gab es einige Provinzialobere: den Deutschmeister für die zwölf deutschen Ordensballeien, der seit 1494 Reichsfürst war, und seit 1525 nach der Säkularisierung des Ordensstaates das Hochmeisteramt verwaltete und daher später auch als Hoch- und Deutschmeister bezeichnet wurde, der Landmeister für Livland sowie Landkomture für die Ordensgebiete außerhalb Deutschlands. Der Orden bestand aus dem Mönchsgelübde verpflichteten Priester- und Ritterbrüdern sowie aus dienenden Halbbrüdern. Die Hauskirche des Ordens war die Nikolaikirche in Erfurt. Vgl. WEIß, Deutscher Orden, S. 125ff. [mdsz]
[21] Scherndorf [heute Ortsteil von Weißensee [Kreis Sömmerda], Waltersdorf [Kreis Sömmerda] und Riethgen [LK Sömmerda].
[22] N Fiedler [ – ], Leutnant.
[23] Malter: 1 Malter (Erfurt) = 772,3252 Liter.
[24] Johann Fuchs [ – ], Komtur. Vgl. ANDERSON, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, S. 145ff.
[25] „Handschriftliches Verzeichniß mehrerer Urkunden und Sammlung einiger Notizen zur Geschichte der Commende von dem Comthur Philipp Leopold von Neuhoff. 1651“.
[26] Andreas Gombracht [Gombrecht] [ – ] Ratsherr, Kaufmann und Biereige in Erfurt, wohnhaft „Zum Großen Siebenbürgen“ (Markstr. 21 und Große Arche 18), 1615 an Vaterstelle von Georg Gombracht in Gotha aufgenommen worden, 1638 Saflorhändler und Biereige in Erfurt, Kämmerer 1649 − 1654, Ratsmeister 1659, 1663, Anderer Ratsmeister 1665, 1668. BAUER, Erfurter Ratsherren, Nr. 196. Gombracht betrieb in Erfurt ein Waisenhaus.
[27] Anm.: „In einem Bericht des Amtsschössers Henning zu Weißensee vom 1. März 1700 heißt es, ‚daß Kettler auf meuchelmörderische Weise von einem Kerl, Namens Kannegieser erstochen, nach dessen Tode Ermes sich die Commende ex jure belli angemaßet etc.‘ “
[28] Exekution: (notfalls gewaltsame) Umsetzung von Bestimmungen und Auflagen; Zwangsvollstreckung, Zwangseintreibung von Kontributionen. Das Militär setzte dafür gern die allseits gefürchteten Kroaten ein; LEHMANN, Kriegschronik, S. 68f., 70. Die Bürger hatten den zwangsweise bei ihnen einquartierten Soldaten Wohnung, Holz, Licht, Salz und Lager zu gewähren und für jeden Tag und Mann z. B. ein Kopfstück zu zahlen, bei halben Tagen dementprechend ein halbes Kopfstück und bei einzelnen Stunden im Verhältnis weniger, bis die fragliche Summe aufgebracht war. Der Memminger Arzt Christoph Schorer [2.12.1618 Memmingen-12.2.1671 Memmingen] schreibt in seiner „Chronick“ eine derartige Exekution, SCHORER, Memminger Chronick, S. 146f.: „Was die Soldaten / im Hornung / Merzen vnd April [1637; BW] / vor grewliche Tyranney geübet / die Thor gesperret / den vornembsten Burgern eingefallen / eine grosse Summa gelt zuerpressen / ist vnbeschreiblich. Zu diesem Elend kam noch ein Verbott / vnd Ringerung etlicher Müntzsorten im Römischen Reich / also daß der arme Mann vmb sein gering übrigs Geltlen kein bissen Brodt bekom̃en konnte. O deß grossen Elendts ! über diesen grossen Jam̃er / kam im Mayen Ordinantz / daß die Stadt 1 ½ Regiment vom Piccolominischen Volck verpflegen solle: Darzu man Monatlich 3200. Gulden geben muste. Als man den 10. May durch einen Commissarium mit den Officirern rechnete / war die Stadt gezwungẽ der Officirer Rechnung / welche sie nach ihrem Beliebẽ gemachet / zu vnderschreiben. Den 31. May waren Herrn Burgermeister vnd Geheimbde [Ratsherren; BW] in Arrest / in deme die Officirer viel tausent Gulden begehrten. Den 2. Junii haben die Officirer die vornehmbste Häusser bezogen / vnd sich mit Gewalt eingelegt / Geld zu erpressen / wehrete biß auff den 7. Junii. Man forderte das Gericht und Rath zusamen / vmb Mittel zu sehen Gelt auffzubringen / aber es scheinete vnmöglich / also weil nunmehr die Burgerschafft vmb ihr baares Gelt / Gold /Silbergeschirr vnd Kleinodien gäntzlich gekommen / hat man sich resolvirt / den Soldaten Zin / Kupffer vnd Kleider anzubieten. Darauff gieng den 10. Junii das Exequiren widerum an. War ein kläglicher Tag / konnte kein Burger dem andern helffen / bald hörte man wie die Soldaten da / bald dort eingefallen / vnd Gelt presseten. Den 13. Junii war der Rath widerumb arrestirt / vnd Soldaten in der Burger Häuser geschicket / von manchem 200/300/400 biß in 500 fl. zuerpressen: Da man sich dann mit ihnen vergleichen / oder so lang zu Essen vnd zu Trincken geben müssen. Wie sich dann befunden / dass sie auff die 2049. fl. von den Burgern in ihren Häusern erpresst: auch 160. Kühe vñ 60. Pferdt ihnẽ weg genom̃en / solches auch vnder grossem heulen vnd wehklagen der armen Burger / vnd ihren kleinen Kindern fort biß nach Ochsenhausen getriben / doch hernacher widerumb allher gebracht / vnd auff 30. Stuck an ihrer Forderung in behalten. Als man ihnen nun satisfaction gegeben / an Vieh / Gelt / Geltswerth vnd Obligationen / etlich tausent Gulden betreffent / seyn sie (die vom Beckischen Regiment) den 17. Junii weggezogen / worauff die Stadt widerumb etwas Lufft / vnd die Schlüssel zu den Thoren bekommen. Es befande sich nach ihrem Abzug / als die Rechnungen von Biberach / Ravenspurg / Kauffbeuren / Leutkirch vnd vnserer Stadt zusamen getragen wurden / daß die Beckische [Johann Freiherr v. [der] Beck [Bec]; BW] Soldaten / diese bemelte Stätt innerhalb 5. Monaten auff die 130000. fl. gekostet“.
[29] Dienstgeschirrgeld: Dienstgeschirr waren Wagen, Pferde und Knechte, die für den Landesherrn in Bereitschaft gehalten werden mussten, später durch ein Dienstgeschirrgeld abgelöst.
[30] Anselm Casimir Wambold v. Umstadt [30.11.1579 Speyer (?)-9.10.1647 Frankfurt/M.], Kurfürst u. Erzbischof v. Mainz. Vgl. BRENDLE, Reichserzkanzler.
[31] ANDERSON, Geschichte der Deutschen Ordens-Commende Griefstedt, S. 173f.