Lüchau [Lichau] auf Tanndorf, Wolf Siegmund von; Obristleutnant [1604-1647] Wolf Siegmund von Lüchau[1] auf Tanndorf diente als Stallmeister Franz Albrechts von Sachsen-Lauenburg. Er soll Moritz von Falkenberg, der Gustav II. Adolf in den Rücken geschossen hatte, am 16.11.1632 erschossen haben. Er stand dann in den Diensten Sachsen-Weimars, um schwedischer Obristleutnant und 1640-1641 brandenburgischer Kriegsrat zu werden.
Der Hofer[2] Organist Jobst Christoph Rüthner [1598 – 1648] hält fest für 1640 fest: „Endlich kamen kayßerlicher mayestät herrn bruder[s], Erzhertzog Leopoldt von Oestreich,[3] [und] obristleuthnant von Lichau als fürstlich brandenburgischer kriegscommissarius von Adorf[4] hieher, brachten eigentlich sehr scharfe ordre, daß sie [die Regimenter Wittmann, Montecuccoli[5] u. Zahrádecký; BW] noch dieses tages sollten aufbrechen. Weil sie aber nur dilation bis morgenden tages gebethen und die bagagie, so albereit in anmarch, noch nicht zur stell, verblieb der aufbruch. Hingegen wurde die Altenstadt, Vorstadt, Fischergaßen und Graben dermaßen mit wägen, pferden und bagagie beleget, daß es alles wimmelte und aufeinander gehockt voll lag. Dießen abend hielten die völcker auf dem markt allhier ihre catolische bethstunde auf folgende weiße: Nachdem ein herr paucker 3 mahl aufgeschlagen und 4 trompeter 3 mahl die trompeten bestoßen, sind sie aufs stroh ein wenig niedergekniet, und darauf wieder etliche feldstücklein aufgemacht, und unter wehrender solcher andacht sich bald hier bald da ein reuther getummelt und unter die bürgerschaft gesprenget. Inzwischen kamen die marquetender von den regiementern, so um die stadt loschierten, häufig zum thor heraein, bier und andere victualien einzukaufen, weil das land allenthalben ruiniret und daselbst nichts mehr zu erhalten [ – ]
Den 14. aprilis geschahe endlich frühe um 6 uhr der aufbruch [der kaiserlichen Truppen; BW] mit grosen unmuth und wiederwärtigkeit, indem solche völcker, jedoch ohne ursache, bald den obristlieuthnant von Lichau [Wolf Siegmund v. Lüchau; BW], bald Friedrich Weigand von Lichau [Lüchau; BW], beede vettern und dießmahl verordnete commissarios, tod haben wollten. Und war dieser tag recht unglücklich, dann es entstunde nachmittags schrecken wegen feuer bey den Rödel vor der Untern Steinerne Brücken. So hatten sich die marquetener[6] und musquetierer, so herein nach victualien[7] gangen, sehr betruncken, die machten best denen auf dem Graben[8] liegenden croaten genug ungelegenheit. Wäre auch bald ein gänzlicher auflauf entstanden, in dem sie die krüge den bürgern endlich mit gewalt nehmen wollten. Darüber sich die bürgerschaft zur wehr gesezet, bis der tag sich geneigt und der meiste unrath[9] […] verlaufen. Und endete auch dießer tag sich mit einem ganz traurigen todesfall eines redlichen bürgers, indem zu nachts um 8 uhr 2 kayßerliche musquetierer den guten erlichen mann Wolf Maurern, welcher in seinem hauße, nechst den Hohen Steg gelegen, stehend auf seinen gang durch den kopf geschoßen, daß er stracks todes verblichen“.[10]
„Den 16. kam herr obrist Reuschel und obristlieuthnant von Lichau, diesmahl beede commissarii, wieder zurück von Plauen[11] und brachten auf 40 pferde zur salva guardia mit, welche hernach rings um die stadt ausgeleget worden“.[12]
„Den 21. april wurde auch diesmahliger capitain Johann Caspar Flößer [Flessa; BW], sonst Tettelbach genandt, licentiret und abgeschaft, um daß er bey dem aufbruch der 3 hier gelegenen regiementer, da obristleutnant von Lichau in großer gefahr geweßen, sich nicht bey dem thore finden lassen. Den 22. rieth gedachter von Lichau wieder nach Plauen zu des herrn Erzherzogs Wilhelms hochfürstlicher durchlaucht, und muste jetzt ernanter cassirercapitain[13] gleichwohl mit reuthen. Den 23. april nahm der rumormeister 3 musquetierer, so vieh vor das Untere Thor bracht, gefänglich alhier an. Den 24. huius kam von dem bayrischen ein Marchese di Caretto hieher, dem man neue postpferde, gegen seiner hochfürstlichen durchlaucht Erzherzog Leopoldt zu marchiren, schaffen muste, ging auf Schlaitz[14] zu. Nach deßen abreiße kam herr obristleuthnant von Lichau auch wieder zurück von der generalitaet, brachte so viel nachricht mit, daß den 23. die artollerie zu Plauen aufgebrochen und der meiste march fortgangen“.[15]
„Den 2. Januarii [1641; BW] wurde Hanß Heinrich von Pölnitz auf Mißlareuth[16] dem fürstlichen ausschuß interimsweise zu einem capitain fürgestelt, weil herr stadtvoigt als vicecapitain neben dem major Beulwitz von Töpen[17] und dem von Keibold mit general Bauern [Banér; BW] bis nach Bayreuth[18] reiten müßen, da es dann daselbst sehr übel hergangen, weilen die Bayreuther sich gutwillig zur einquartierung nicht verstehen wollten, deswegen dann die ganze stadt ausspolirt worden, unangesehen seiner fürstlichen gnaden dem feldmarschal Bauer ein schön roß und ein fuder des besten ältesten weins verehret worden, so der obristleuthnant von Lichau praesentiret“.[19]
Am 23.3.1641 hielt Lüchau mit 30 Reitern Mittag in Saalfeld.[20]
„Den 12. septembris [1641; a. St.] hat herr obristleuthnant Wolf Siegmund von Lüchau mit dem schwedischen commendanten zu Erfurth,[21] Caspar Ermes und Peter Brand, kriegscommissario, aufs neue der contribution halber tractieren müssen, weil nicht nur sehr grose bedrohlichkeiten fürgegangen, sondern auch zu Ludwigstadt[22] und andern orthen [schlimmes] erfolgte, da burgermeister und richter gefänglich hinweggeführet worden. Darauf ist vermittelst geschehen, dass man monatlich[23] 150 thaler liefern sollte, und ist auf die stadt 20 gulden, castenamt 6 gulden, closter[amt] 6 gulden, Rehau[24] 1 ½ gulden, Nayla[25] 1 ½ gulden und die ritterschaft 8 gulden angeleget worden. Für die zwey verflossene monath julium und augustum hat gedachter von Lichau ein pferd von 300 thaler praesentiret, darzu von der stadt und haubtmannschaft 140 gulden spendiret werden müssen, und ist solches den 19. publiciret und gemeiner bürgerschaft nebst dem schwedischen protectorialschreiben angefüget worden“.[26]
[1] DOBENECK, Geschichte Lüchau, S. 177f.
[2] Hof; HHSD VII, S. 302f.
[3] Vgl. die ausgezeichnete Dissertation von SCHREIBER, Leopold Wilhelm; BRANDHUBER, Leopold Wilhelm; DEMEL, Leopold Wilhelm.
[4] Adorf [Vogtlandkr.]; HHSD VIII, S. 1f.
[5] Vgl. SCHREIBER, Montecuccoli.
[6] Marketender
[7] Lebensmittel
[8] Stadtviertel östlich und nördlich der Neustadt außerhalb der Stadtmauer
[9] Hier: Taugenichtse
[10] KLUGE, Hofer Chronik, S. 160f.
[11] Plauen [Vogtland]; HHSD VIII, S. 279ff.
[12] KLUGE, Hofer Chronik, S. 162.
[13] Kürassierkapitän.
[14] Schleiz [Saale-Orla-Kr.]; HHSD IX, S. 380ff.
[15] KLUGE, Hofer Chronik, S. 163f.
[16] Reuth-Mißlareuth [Vogtlandkreis].
[17] Töpen [LK Hof].
[18] Bayreuth; HHSD VII, S. 77f.
[19] KLUGE, Hofer Chronik, S. 178.
[20] BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 166.
[21] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff.
[22] Ludwigsstadt [LK Kronach]; HHSD VII, S. 419.
[23] Verschrieben für wöchentlich
[24] Rehau [LK Hof]; HHSD VII, S. 613.
[25] Naila [LK Hof]; HHSD VII, S. 492.
[26] KLUGE, Hofer Chronik, S. 194.