Misten, Cort [Kurt, Conrad ter] von der; Rittmeister [ – ] Misten stand als Rittmeister in kaiserlichen Diensten.
Schlimmer noch waren die besonders gefährlichen Einfälle fremder Kriegsherren aus den Grenzregionen der Grafschaft Mark. Die besonders gefährdete Lage der Schwelmer[1] Gegend liegt aufgrund der nahen bergisch-märkischen Grenze auf der Hand. Am 15.8.1635 rottete sich im Unterstift Köln eine Schar von 200 Reitern unter dem Befehl von Clasken von Beleck [Nicolaus Wildt v. Beleck; BW], in manchen Quellen auch der Kirchbrenner genannt, und Cort von Misten zusammen und fiel plündernd in die Grafschaft Mark ein. Die Beamten berichteten an den Kurfürsten in Berlin, dass diese Truppe, gegen die die Grafschaft völlig wehrlos war, insgesamt sieben Ämter ausgeplündert habe und dabei 300 Pferde mitnahmen. Es kam im Zusammenhang dieses Überfalles zu Ausschreitungen gegen katholische Kirchen, indem dieselben ausgeraubt und niedergebrannt wurden. In Castrop[2] wurde zu Maria Himmelfahrt ein Kommunikant tödlich verletzt, während sich der Priester in den Glockenturm flüchten konnte. Ein Knecht, der sich vor der Kirche ergeben wollte, wurde erschossen und eine Frau wurde im Felde „violiert“, d. h. vergewaltigt. Die Beamten schildern ferner, dass dem Landsyndikus seine Akten geraubt und ohne Rücksicht auf Pestkranke Flecken und Städte ausgeplündert wurden. Die gewalttätige Aktion wurde von kaiserlicher Seite schließlich missbilligt und die Anführer wurden in Altena[3] inhaftiert, doch die Beamten entrüsteten sich, dass der Hauptschuldige nach kurzer Zeit der Haft entlassen und sogar als Rittmeister in kaiserliche Dienste trat.[4]
1638 erfolgte die Untersuchung gegen Misten und seine Entlassung wegen verschiedener Klagen der Stadt Rüthen.[5]
Im Juli 1641 werden Überfälle Mistens bei Kalkar[6] geschildert.[7]
Richelieu wollte die französische Königin-Mutter Marie de Medicis zwingen, ihr Exil in Florenz zu nehmen, aber sie hoffte angesichts der angeschlagenen Gesundheit des Kardinal-Premiers auf eine Lösung in ihrem Sinne und wählte als Aufenthaltsort Köln,[8] was auf ein Angebot des Grafen Jost Maximilian von Gronsfeld zurückzuführen ist, der sein Haus zur Verfügung stellte. In Karossen des Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm war sie mit ihrem Gefolge und in stattlicher Begleitung – kaiserliche Soldaten unter Misten waren aus Kempen[9] zur Begleitung abgezogen worden, was hessen-kasselische Truppen zu Überfällen benutzt hatten – nach Köln gelangt und am 12.10.[10] gegen vier Uhr nachmittags von den Bürgermeistern und vielen Standespersonen feierlich empfangen worden, während die Kölner Stadtmiliz Spalier bildete und Geschützsalut abgefeuert wurde. Der Kempener Gerichtsschreiber Scheutt berichtet: „Im jahr 1641, den […] Octobris, alss der rittmeister Conrad ter Misten mitt seiner compagnie die königin in Franckreich Mariam Mediceam [Marie de Médicis; BW] nach Cöllen convoyrte, ist der Rabenhaupt auss Calckar mitt unterhabenden Hessischen trrouppen ins Ambt Kempen gefallen, haben etliche leuth todtgeschossen, 7 höff abgebrandt, auch etliche leuth mittgeschleifft“.[11] Bei dem niederrheinischen Chronisten Wilmius aus Kempen heißt es dazu: „Am Tage des hl. Eliphius [16.10.1641; BW] haben die Reste der dem Reich feindlich gesinnten Hessen, die sich nach Fall von Dorsten[12] noch in Kalkar hielten, in der Morgendämmerung einen Einfall in das Amt Kempen gemacht. Die kaiserlichen Besatzungssoldaten, die sonst in unserer Stadt lagen, waren leider nicht anwesend, sondern gaben der Königin von Frankreich das Geleit nach Köln. Die Hessen warfen Feuer in zwölf Bauernhöfe und legten sie restlos in Asche. Groß- und Kleinvieh verbrannten mit dem Hausrat. Zu den Höfen gehörten Spaßhof [Spooshof, n: Kempen; BW], Gruters [Hof, 2 km n: Kempen; BW] und mehrere andere. Am nächsten Tag, dem Fest der hl. Martha [17.10.1641; BW], ertönte mitten in der Nacht wieder die Alarmglocke. Boten hatten berichtet, daß die gleichen Hessen wiederum bei Linn eingebrochen seien. Unsere inzwischen heimgekehrten Besatzungssoldaten wurden durch diese Nachricht alarmiert und begaben sich in Eilmärschen dorthin“.[13]
Im September 1642 beschwerte sich die brandenburgische Regierung von Kleve in Emmerich[14] bei Melchior von Hatzfeldt über den Überfall des Rittmeisters Misten auf die Ämter Goch[15] und Weeze,[16] desgleichen Bürgermeister und Rat von Schwerte.[17]
„Nach einem Bericht Saradetzkys [Zahrádetzký; BW] an Hatzfeldt waren zu dieser Zeit [Mai 1643; BW] die hessischen Garnisonen folgendermaßen belegt: Neuß[18] mit 16 Kompanien zu Fuß und vier Kompanien zu Pferd, Kempen mit zehn Kompanien zu Fuß, Linn[19] mit acht Kompanien zu Fuß und Kalkar mit acht Kompanien zu Fuß und zwei Kompanien zu Pferd. Auf kaiserlicher Seite lagen die Hauptleute von der Misten und Knigge in Zons,[20] Eppe in Bedburg[21] und der Junggraf [Moritz Heinrich] von Nassau[-Hadamar; BW] in Kaster“.[22]
[1] Schwelm [Ennepe-Ruhr-Kr.]; HHSD III, S. 679f.
[2] Castrop; HHSD III, S. 143.
[3] Altena [LK Altena]; HHSD III, S. 17f.
[4] Geheimes Staatsarchiv Berlin 1. HA, Rep. 34, Nr. 143, unfol.: Gravamina der Beamten und Ritterbürtigen der Grafschaft Mark, 1638 IV 04.
[5] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 559; Rüthen [LK Lippstadt]; HHSD III, S. 659f.
[6] Kalkar [LK Kleve]; HHSD III, S. 374f.
[7] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 557.
[8] Köln; HHSD III, S. 403ff.
[9] Kempen [LK Kempen-Krefeld]; HHSD III, S. 384ff.
[10] Nach dem allerdings unzuverlässigen ENNEN, Köln Bd. 5, S. 699, der angebl. die Ratsprotokolle verwendete, erst am 26.10.1641. Richtig dagegen APW C III 1/1, S. 111: Chigis Tagebucheintragung am 12.10.: “al / le 4 ho[re] entra la Reg[in]a M[ad]re, il nep[ot]e l’incontra fuor / die porta, e a casa [le] fa la scusa di me”. Anscheinend fand der erste Besuch des kränkelnden Chigi am 4.11. statt.
[11] MANTEN, und allen mouthwillen gedrieben, S. 174.
[12] Dorsten [LK Recklinghausen]; HHSD III, S. 165f.
[13] WILMIUS, Chronicon, S. 121.
[14] Emmerich [LK Rees]; HHSD III, S. 202f.
[15] Goch [LK Kleve]; HHSD III, S. 260f.
[16] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 51; Weeze [LK Geldern]; HHSD III, S. 759f.
[17] ENGELBERT, Hatzfeldt, Nr. 86; Schwerte (LK Iserlohn]; HHSD III, S. 680f.
[18] Neuss; HHSD III, S. 556ff.
[19] Linn [Stadtkr. Krefeld]; HHSD III, S. 468f.
[20] Zons [LK Grevenbroich]; HHSD III, S. 811f.
[21] Bedburg [LK Bergheim]; HHSD III, S. 57f.
[22] ENGELBERT, Hessenkrieg II, S. 77; Kaster [LK Bergheim]; HHSD III, S. 381f.