Printz [Prinz], Johan[n] Björnsson
Printz [Prinz], Johan[n] Björnsson; Obristleutnant [20.7.1592 Bottnaryd-3.5.1663 Gunillaberg]
Printz[1] war bereits ab 1625 Obristleutnant,[2] stand 1639/40 aber immer noch als Obristleutnant in schwedischen Diensten[3] und war als Stadtkommandant von Chemnitz[4] eingesetzt.
Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann [11.11.1611-11.12.1688][5] hält für 1639 fest: „Den 24. Februar berenneten Sie [die Schweden] ohne verzug die Statt Chemnitz, drinnen nur 1 Commendant mit 30 knechten[6] lag, bezwang ihn mit troz 26. Februar und ließ ihn gar spötlich abziehen, weil er sich nicht gewehret hette. Darein legten Sie den Obrist-Leutenandt Prinzen mit 200 knechten“.[7]
Bei Lehmann heißt es weiter: „Weil Baner[8] in Böhmen agirte, ließ er viel Munition von Erfurt[9] abhohlen. Diese hatte convoiret der Obriste[10] Höcking[11] mit 250 Pferden und 200 zue fueß. Der Obriste Leutnant Printz und Commendant in Chemnitz ging ihnen entgegen mit 200 Finländern,[12] item der Leutenant[13] Zastro[14] von Annenberg[15] mit 40 Pferden und brachten die Munition den 16. August in Chemnitz sicher ein, ließen sie stehen, biß Sie General-Major[16] Stalhans[17] abhohlete, darzue viel Pferde gepreßet worden. Bey dieser Munition wahren viel Pagagi-Wägen,[18] Ober- und Untter-Officirer, ihre weiber, die viel mobilien in und viel beuten[19] auß Böhmen abholen wolten. Die hielten zue Marienberg[20] ublen Marck. Den alß Sie den 19. August mit 250 Pferden und 70 Musquetirern[21] von Chemnitz auß abendt umb 5 Uhr die Statt Marienberg erlanget hatten, noch auf den Marck und in gaßen hielten und izt quartir machten, kommet der Freyberische[22] Commendant Stritzky[23] mit 4 Compagnien[24] Trajonern[25] und einer starcken parthey Taubischer[26] Pferde, welche, von Dresden[27] auß commandirt, sich mit ihnen conjungirt hatten, vor die Statt, hauen 3 thor auf, undt obwohl die 70 Schwedische zue fuß sich ihnen in einen thor entgegen gesezt, auch die Schwedischen Reuter in der Statt fochten und sich tapfer wehreten, doch wurden Sie alß Müde übermannet, ein Schwedischer Major[28] und 8 Soltaten todtgeschoßen, der Obrist Höcking, 4 Obriste-Leutenants, 7 Ritmeister,[29] 4 Hauptleute,[30] 2 Cornete,[31] 2 Fehnriche[32] und sonst viel untter-Officirer und die gemeinen Soltaten, die das gewehr niedergeleget, alle gefangen[33] mit den Pagagen, weibern und mobilien weggeführet. Dabey sonderlich zue mercken, daß der Obriste Lesle[34] und seine Exequirer,[35] der das gebirge so außgesauget und viel 1000 thl. durch seine blutegeln, sonderlich den Annenbergischen Zastro erpreßet, darbey schlecht Glück gehabt. Den wie oben gemeldet, ist nicht allein der Obrist Leßle vor Prag gefangen, Sondern auch der Zastro mit seinen eigenen schaz und 20000 thl. contribution vor den Lesle in Marienberg ertapfet, ihme alles abgenommen, und er mitgefangen nach Freyberg geführet worden, daß Sich weder Herr noch diener des gebirgischen geldes erfreuen noch bedienen dürffen, und weil viele Bürger von Annenberg und andern ohrtten, so ezliche Wagen mit tüchern, kollern,[36] stiefeln, strümpfen, schuen, Tabac und wandern wahren beladen hatten, Sich auch mit diesen Obrist Höcking aufgemacht, ins lager zue reißen und ihre wahren zueverhandeln, haben Sie darum auch alle das ihre zuegebust, und ist alß Schwedische beute mitabgenommen worden. Von Zastro 40 Pferden kahmen 9 kerl zue fuß darvon. Dieser einfall wahr der der Marienberger glück und unglück. Ihr glück, daß Sie den Schwedischen dißmahl nicht durfften quartier geben. Den es wahr weder brod noch bier in der Statt Marienberg, sondern lautter noth, elend und armuthey wegen vielen exactionen[37] und preßuren der Partheien, die an den Reizenheiner[38] Pas hin und wieder zogen und die Statt auffraßen. Ihr Unglück, daß Sie alle ihre heuser von Chur-Sächsischen mussten visitiren und ihnen Manches schöne stück untter den Schein, alß wehre es des feindes, wegnehmen laßen, ja auch von Schwedischen den Nahmen haben musten, alß hette Sie bey den Churfürstlichen verrathen. Den 22. August trugen die Zünfte Soltaten in schwartzen Särgen zuegrabe, Den 24. August wiederumb 2, die an schaden gestorben, 1 Churfürstlichen und 1 Schwedischen in einen grabe, Da mochten Sie Sich vertragen“.[39]
Zur Rückeroberung durch die Kaiserlichen heißt es bei ihm: „Der schwedische Obrist-Leutenant Printz lag izt mit 400 Finländern in Chemnitz, und hatten die Schweden solches 1 jahr und 8 Wochen innen gehabt, dardurch (sie) das Ertzgebirg[40] und ein groß theil im lande Meißen zur Contribution[41] bezwungen und auf ezliche tonnen[42] goldes schaden gethan hatten. Dieses wiederzuerobern, sonderten Sich von der keyßerlichen haupt-Armee ab der General-Feltzeugmeister[43] Conte de Suis[44] und General-Wachmeister[45] Don Edward de Bragantza[46] mit 4 regiementern[47] Den 19. April, ließen Munition und stücke[48] bey der Armee und des bösen weges halber langsam nachgehen. Der Churfürst von Saxen[49] aber gab ihnen Munition, 3 halbe Carthaunen,[50] 3 andere stücke, 6 feuer-Mörsel.[51] Darmit fingen Sie den 21. April die belagerung an, beschoßen und ängstigten die Stadt dermaßen 6 tage lang, daß Sich der Commendant auf discretion[52] ergeben, 8 standarten,[53] Pferd und oberwehren[54] von 6 Compagnien hinderlaßen und zue fuß Den 26. April uber Torga[55] nach Pommern abziehen musste. Diese beläger- und eroberung kostete das gebirg viel, den Sie musten nicht allein kost, futter und Mehl geben, sondern auch denen keyßerlichen viel Victualien[56] nach Chemnitz schicken. Den 28. April wurden in Chemnitz zur besatzung eingelegt 2 Churfürstliche Frey-Compagnien[57] Trajoner auß Freyberg untter Hauptmann Lehmann[58] und Hauptmann Klugen.[59] Darzue wurden einquartirt den 14. May 6 Compagnien Trajoner von Hayn[60] und Freyberg untter den Churfürstlichen Obrist-Leutenant Florian Stritzky, die solten auf die Schwedische besatzung in Zwicke paßen, das außfallen und brandtschazung auf dem lande verwehren, die Contribution verhindern, richteten aber darmit nichts aus, den das Sie das gebirg untter die contribution und sich in ruin sezten, wie untten folget. Den ob wohl nach der Statt Chemnitz eroberung durch keyßerliche Völcker 2 Generales, die den Obristen Schlicken[61] [?] schon darfür gelegt hatten, 29. April/9. May sich auch vor Zwicka[62] legten und belägern wolten, bekahmen Sie doch eilendts Post, daß Sie sich zur Haupt-Armee Nach Salfeld[63] solten begeben“.[64]
Der schwedische Historiker Englund schreibt dazu: „Der Hunger[65] und die Krankheiten[66] schufen unter den Soldaten eine Unzufriedenheit, die zeitweilig in reine Meuterei[67] umzuschlagen drohte. Schon während des Frühjahrs hatte man Anzeichen dafür erkennen können, daß die Stimmung unter den Soldaten alles andere als gut war.
Zu einem solchen Vorfall kam es in Chemnitz im südlichen Sachsen, wo die västgötische Reiterei als Besatzung lag. Die Reiter aus Västergötland waren 1638 nach Deutschland gekommen, als teil des gleichen Verstärkungskontingents wie die rasch gestorbenen Soldaten aus Bygdeå. Auch die Västgöter litten schwer in der ersten Zeit. Nach einem Jahr standen weniger als 300 der ursprünglich entsandten 649 Männer im Glied; ein paar waren im Kampf gefallen, ein Teil war aufgrund eines extremen Mangels an Reitpferden nach Hause geschickt worden, aber weitaus die meisten waren verschiedenen Krankheiten erlegen. Viele schwedische Truppenkommandeure hatten wie gesagt eine nonchalante Einstellung in bezug auf das Wohlergehen ihrer Soldaten, und häufig kam es vor, daß sie nach einiger Zeit ganz einfach nach Schweden zurückreisen und ihre Verbände sich selbst überließen. Harald Stake,[68] der Kommandant des Västgötaregiments, war auch nach Hause gereist und hatte das Kommando dem Oberstleutnant Johan Printz übertragen, einem unglaublich fetten 50jährigen Mann mit hellbraunem Haar und vorgeschobenen Kinn, der sie später führte, als sie als Besatzung nach Chemnitz verlegt wurden. Er hatte die Västgöter zur Ausbesserung der baufälligen Stadtmauern abkommandiert. Zu dieser Zeit meinten Krieger in der Regel, derartig grobe Arbeiten seien unter ihrer Würde. (Dies war eine der der Ursachen dafür, daß unbestattete Leichen und Tierkörper ein so großes Problem waren; die Soldaten weigerten sich häufig, sie anzurühren, weshalb die Bestattung als eine Aufgabe der örtlichen Zivilbevölkerung angesehen wurde, vorausgesetzt, eine solche existierte noch.) Die Västgöter machten keine Ausnahme, sie murrten, und einer von ihnen rief laut: »Mag der Teufel sowohl arbeiten als fechten«. Printz stürzte sich mit dem Degen auf den Mann, um ihn zu bestrafen, aber da scharten sich alle Reiter um ihn, und der Oberstleutnant war gezwungen, sich auf sein Pferd zu werfen und die Flucht zu ergreifen. Später gelang es Printz, den aufsässigen Västgöter festzusetzen, doch da stürmten an die hundert Reiter den Kerker, verprügelten den Profoß[69] und befreiten ihren Kameraden.
Ende April wurde Chemnitz von einem kaiserlichen Verband von über 8000 Mann unter Eduard von Braganza angegriffen. Nach fünf Tage und Nächten ununterbrochener Kämpfe und Erstürmungsversuche waren die Västgöter am Ende ihrer Kräfte – man konnte Reiter sehen, die so erschöpft waren, daß sie durch den Rückstoß beim Abfeuern ihrer Musketen[70] von den Mauern herabpurzelten. Ganze Gruppen von Soldaten ließen ihre Posten im Stich, und die Offiziere mußten sie unter Androhung von Waffengewalt zurücktreiben. Doch schließlich machten die Reiter Printz in aller Form ihre Aufwartung und forderten, daß man aufgeben solle, da niemandem damit gedient sei, wenn sie alle stürben »wie Schafe«. (Die Bürger der Stadt wollten auch ein rasches Ende der Kämpfe und um jeden Preis einen Sturm auf die Stadt vermeiden, der unausweichlich eine allgemeine Plünderung nach sich gezogen hätte; auch sie forderten einen Kompromiß und hinderten die Reiter am Fortkommen auf den Straßen der Stadt.) Mit so entmutigten Soldaten gegen einen so übermächtigen Feind zu kämpfen war unmöglich, und es wurde beschlossen zu kapitulieren. Die västgötischen Reiter wurden ihrer Fahnen, Pferde und Waffen beraubt und wie Weidevieh in Richtung der schwedischen Linien nach Norden getrieben. Die zusammengeschmolzene, demoralisierte Truppe wurde dann auf zwei Schiffen nach Kalmar[71] verfrachtet. Printz, seine Ehefrau, Kinder und bewegliche Habe wurden von den schwedischen Armeebehörden unter Arrest genommen, und anschließend wurde er vom Kriegsgericht in Stockholm hochnotpeinlich vernommen. Der Rat beschloß danach, ihn »aus dem Regiment zu entfernen« – doch erlebte er einige Zeit später ein denkwürdiges Comeback als Gouverneur[72] der schwedischen Kolonie in Amerika“.[73]
Am 15.5.1640 schrieb Mislík[74] aus dem kaiserlichen Hauptquartier Saalfeld an J. Černin d. Ält.:[75] Die kaiserliche und die schwedische Armee stünden sich sehr nahe gegenüber; vorläufig sei es nur zu Scharmützeln[76] gekommen. Banér habe seine Stadtgarnison in Chemnitz zurückgelassen, die Kaiserlichen hätten sie entwaffnet und gehen lassen, auf Grund eines zwischen Braganza und Prinz geschlossenen Akkords.[77] Das „Theatrum Europaeum“[78] berichtet: […] „unterm dato den 19. [29.; BW] Aug. von Dreßden[79] eine starcke Parthey zu Pferd nach Freyberg in Meissen abgangen / um sich allda mit den Haubitzischen[80] Tragonern zu conjungiren / und der Erffurtischen[81] Munition / welche den 16. [26.; BW] Augusti in Chemnitz ankommen / nachzugehen / und selbige zuverkundschafften / mit welcher Convoy zugleich viel Bagage / der Obriste Höckinger / und viel andere Schwedische Officirer angelangt / die von Chemnitz auß mit 400. Pferden / auch fast so viel Personen nach Marienburg kommen / um daselbsten ihren Unterschleiff[82] zu suchen. Indeme sie nun auff dem Marckt gehalten / und die Quartier gemacht / seynd die Sächsischen in 700. starck gählings vor die Stadt kommen / mit gemachtem Alarm alsobalden 3. Thor auffgehauen / und am 20. [30.; BW] Augusti die Stadt einbekommen / unterschiedliche Officirer / alle bagage / viel schöne Pferd und stattliche Beuten von den Schwedischen erhalten / welches sie alles zu Freyberg eingebracht. Indessen ist die Munition in Chemnitz stehend verblieben / welche Stadt damals noch mit 300. Finnen und 200. Musquetirern / unterm Obr. Lieutenant Printzen / besetzt war / welcher hin und wieder viel Pferde erpressen lassen / um obgedachte Munition / welche General-Major Stallhans abholen sollen / fortzubringen.
Solchen zu Marienburg erlittenen Schaden haben die Schwedische zu rächen sich aller Occasionen gebraucht / inmassen dann die zu Hall[83] gleich darauf den 22. Augusti [1.9.; BW] nach Dessau[84] kommen / daselbsten 2. Schiffe / so von Dreßden nach Magdeburg[85] gewolt gäntzlich ausgeplündert / viel baar Geld / und andere gute Beuten darauff gemacht / mit welchem sie ungehindert zurück gangen“.[86]
Am 16.8.1642 fuhr Printz mit seiner Gattin[87] und Familie nach „Neu Schweden“, um seinen Gouverneursposten anzutreten.
[1] Ein ausführlicher Lebenslauf findet sich im Biografiskt Lexicon Bd. 11, 1. Hälfte, S. 365ff. Hier werden daher nur die deutschen Berichte angeführt.
[2] Obristleutnant [schwed. Överstelöjtnant, dän. oberstløjtnant]: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] und 150 fl. bezog, in der brandenburgischen Armee sogar 300 fl. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian I. hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann einer Kompanie, so dass er bei Einquartierungen und Garnisonsdienst zwei Quartiere und damit auch entsprechende Verpflegung und Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.
[3] schwedische Armee: Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; nach GEYSO, Beiträge II, S. 150, Anm., soll Banérs Armee 1625 bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Die Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die v. Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, u. den v. den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten „bastanten“ Armeen erscheint angesichts der Operationen der letzteren überflüssig. Nach LUNDKVIST, Kriegsfinanzierung, S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 9/10 der Armee Banérs stellten deutsche Söldner; GONZENBACH, Der General Hans Ludwig von Erlach von Castelen II, S. 130. Schwedischstämmige stellten in dieser Armee einen nur geringen Anteil der Obristen. So waren z. B. unter den 67 Generälen und Obristen der im Juni 1637 bei Torgau liegenden Regimenter nur 12 Schweden; die anderen waren Deutsche, Finnen, Livländern, Böhmen, Schotten, Iren, Niederländern und Wallonen; GENTZSCH, Der Dreißigjährige Krieg, S. 208. Vgl. die Unterredung eines Pastors mit einem einquartierten „schwedischen“ Kapitän, Mügeln (1642); FIEDLER, Müglische Ehren- und Gedachtnis-Seule, S. 208f.: „In dem nun bald dieses bald jenes geredet wird / spricht der Capitain zu mir: Herr Pastor, wie gefället euch der Schwedische Krieg ? Ich antwortet: Der Krieg möge Schwedisch / Türkisch oder Tartarisch seyn / so köndte er mir nicht sonderlich gefallen / ich für meine Person betete und hette zu beten / Gott gieb Fried in deinem Lande. Sind aber die Schweden nicht rechte Soldaten / sagte der Capitain / treten sie den Keyser und das ganze Römische Reich nicht recht auff die Füsse ? Habt ihr sie nicht anietzo im Lande ? Für Leipzig liegen sie / das werden sie bald einbekommen / wer wird hernach Herr im Lande seyn als die Schweden ? Ich fragte darauff den Capitain / ob er ein Schwede / oder aus welchem Lande er were ? Ich bin ein Märcker / sagte der Capitain. Ich fragte den andern Reuter / der war bey Dreßden her / der dritte bey Erffurt zu Hause / etc. und war keiner unter ihnen / der Schweden die Zeit ihres Lebens mit einem Auge gesehen hette. So haben die Schweden gut kriegen / sagte ich / wenn ihr Deutschen hierzu die Köpffe und die Fäuste her leihet / und lasset sie den Namen und die Herrschafft haben. Sie sahen einander an und schwiegen stille“. Vgl. auch das Streitgespräch zwischen einem kaiserlich und einem schwedisch Gesinnten „Colloquium Politicum“ (1632). Zur Fehleinschätzung der schwedischen Armee (1642): FEIL, Die Schweden in Oesterreich, S. 355, zitiert [siehe VD17 12:191579K] den Jesuiten Anton Zeiler (1642): „Copey Antwort-Schreibens / So von Herrn Pater Antoni Zeylern Jesuiten zur Newstadt in under Oesterreich / an einen Land-Herrn auß Mähren / welcher deß Schwedischen Einfalls wegen / nach Wien entwichen / den 28 Junii An. 1642. ergangen : Darauß zu sehen: I. Wessen man sich bey diesem harten und langwürigen Krieg in Teutschland / vornemlich zutrösten habe / Insonderheit aber / und für das II. Was die rechte und gründliche Ursach seye / warumb man bißher zu keinem Frieden mehr gelangen können“. a. a. O.: „Es heisst: die Schweden bestünden bloss aus 5 bis 6000 zerrissenen Bettelbuben; denen sich 12 bis 15000 deutsche Rebellen beigesellt. Da sie aus Schweden selbst jährlich höchstens 2 bis 3000 Mann ‚mit Marter und Zwang’ erhalten, so gleiche diese Hilfe einem geharnischten Manne, der auf einem Krebs reitet. Im Ganzen sei es ein zusammengerafftes, loses Gesindel, ein ‚disreputirliches kahles Volk’, welches bei gutem Erfolge Gott lobe, beim schlimmen aber um sein Erbarmen flehe“. Im Mai 1645 beklagte Torstensson, dass er kaum noch 500 eigentliche Schweden bei sich habe, die er trotz Aufforderung nicht zurückschicken könne; DUDÍK, Schweden in Böhmen und Mähren, S. 160.
[4] Chemnitz; HHSD VIII, S. 43ff. Vgl. auch FIEDLER, Mit Sengen und Brennen, S. 8ff.
[5] SCHMIDT-BRÜCKEN; RICHTER, Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann.
[6] Knecht, gemeiner: dienstgradloser einfacher Soldat. Er hatte 1630 monatlich Anspruch auf 6 fl. 40 kr., in der brandenburgischen Armee auf 8 fl. 10 gr. = 7 Rtl. 2 Gr; nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 6 fl. 40 kr. Ein Bauernknecht im bayerischen Raum wurde mit etwa 12 fl. pro Jahr (bei Arbeitskräftemangel, etwa 1645, wurden auch 18 bis 24 fl. verlangt) entlohnt. Schon 1625 wurde festgehalten; NEUWÖHNER, Im Zeichen des Mars, S. 92: „Ihme folgete der obrist Blanckhardt, welcher mit seinem gantzen regiment von 3000 fueßknechte sechß wochen lang still gelegen, da dann die stath demselben reichlich besolden muste, wovon aber der gemeine knecht nicht einen pfennig bekommen hatt“. In einem Bericht des Obristleutnants des Regiments Kaspar von Hohenems (25.8.1632) heißt es; SCHENNACH, Tiroler Landesverteidigung, S. 336: „daß sie knecht gleichsam gannz nackhent und ploß auf die wachten ziehen und mit dem schlechten commißbroth vorlieb nemmen müessen, und sonderlichen bey dieser kelte, so dieser orten erscheint, da mich, als ich an ainem morgen die wachten und posti visitiert, in meinem mantl und guetem klaidt gefrorn hat, geschweigen die armen knecht, so übel beklaidt, die ganze nacht auf den wachten verpleiben müessen. So haben sie auch gar kain gelt, das sie nur ain warme suppen kauffen khönnen, müessen also, wegen mangl der klaider und gelt, mit gwalt verschmachten und erkhranken, es sollte ainen harten stain erbarmen, daß die Graf hohenembsische Regiment gleich von anfang und biß dato so übel, und gleichsam die armen knecht erger alß die hundt gehalten werden. Es were gleich so guet, man käme und thete die armen knecht […] mit messern die gurgel abschneiden, alß das man sie also lenger abmatten und gleichsam minder als einen hundt achten thuett“. Gallas selbst schrieb am 25.1.1638 dem Kaiser; ELLERBACH; SCHERLEN, Der Dreißigjährige Krieg Bd. 3, S. 222: „Mochte wohl den Stein der erd erbarmen zuzuschauen, wie die arme knecht kein kleid am leib, keine schuh am fuße, die reiter keine stiefel oder sattel haben, auch den mehrerteil sich freuen, wenn sie nur die notdurft an eichelbrot bekommen können“. => Verpflegung. In den Feldlagern (über)lebte er unter den schwierigsten Bedingungen bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 3, 4 Jahren. Bei Gefangennahme oder Stürmen auf eine Stadt lief er immer Gefahr, getötet zu werden, da für ihn keine Ranzion (Lösegeld) zu erwarten war, oder wenn eine Untersteckung unter die eigenen Truppen nicht notwendig erschien. Generell wurden jedoch „teutsche Knechte“ gegenüber etwa den „Welschen“ bevorzugt übernommen.
[7] LEHMANN, Kriegschronik, S. 95. Lehmann datiert nach dem alten Stil.
[8] Johan Banér [Bannier, Panier, Panner] [23.6./3.7.1596 Djursholm-20.5.1641 Halberstadt], schwedischer Feldmarschall. Vgl. BJÖRLIN, Johan Baner.
[9] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff.
[10] Obrist [schwed. Överste, dän. Oberst]: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Zum Teil wurden Kriegskommissare wie Johann Christoph Freiherr v. Ruepp zu Bachhausen zu Obristen befördert, ohne vorher im Heer gedient zu haben; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2398, fol. 577 (Ausfertigung): Ruepp an Maximilian I., Gunzenhausen, 1631 XI 25. Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung, 500 fl. zu Fuß, 600 fl. zu Roß [nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] in der kurbrandenburgischen Armee 1.000 fl. „Leibesbesoldung“ nebst 400 fl. Tafelgeld und 400 fl. für Aufwärter. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabrugischen handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S. 388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Dazu beanspruchte er auch die Verpflegung. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. Zum Teil führte er auch seine Familie mit sich, so dass bei Einquartierungen wie etwa in Schweinfurt schon einmal drei Häuser „durch- und zusammen gebrochen“ wurden, um Raum zu schaffen; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 504. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.
[11] Wilhelm Heuking [Heucking, Heckin, Höcking, Höckinger, Hoikhing, Hinking] [ -4.8.1644], schwedischer Obrist.
[12] Finnen [auch hagapells, hakkapeller genannt, nach hakkaa päälle: hau drauf]: Sammelbegriff für Finnen, Lappen und Finnlanddeutsche im schwedischen Heer. Bei den finnischen Verbänden wäre zu differenzieren zwischen Finnländern und Finnlandschweden (Soumen Ruotsalaiset), Deutschen in Finnland. Vgl. die zahlreichen Arbeiten von PLEISS. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. In der schwedischen Propaganda wurden die Finnländer – als „Truppe des Schreckens“ – als Pendant zu den in kaiserlichen Diensten stehenden Kroaten aufgebaut, die Gustav Adolf als des „Teufels neuen Adel“ bezeichnete. Die Wirklichkeit jedoch sah anders aus, auch wenn sie von Zeitgenossen als wild und brutal beschrieben wurden. Zudem standen sie im Verdacht, Wetter machen zu können und den Teufel anzubeten. Vgl. WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 241 (1647): „So ist aber ein solches ungewüdter, luft, saußen und braußen eben zur selben zeit, wol 2 oder 3 tag und nacht lang, angestanden, daß vermaint, eß werde alle heyßer und palest zue haufen werfen, also und daß sich kain schüff von dannen sich möchte bewögen; hat man auch gänzlich dafürgehalten, haben solches (weilen diese Lapp- und Seeländer in dißer und dergleichen hexen- und unholden künsten wol erfahren und bey ihnen für ain freye kunst gehalten und paßirt) ungewidter selbsten gemacht und verzoberet. Dan man für gewiß gesagt, dass ain ganzes regiment under ihnen dem schwarzen Caspar ergeben und verschriben seye, welcher ihnen den weg naher dem Haagen als vorher geloffen und paßiert. Wie dan auch von Eyßne oder Kämpten wird bericht, daß sie ihnen den M. Hämmerlein in ainem glaß gezaiget: diß seye ihr obrister, deme seyen sie verlobt und geschworen, deßen seyen sie mit leib und seel versprochen, dere ihnen trewlich halt und sie ihme redlich dienen“. Auch in Zeitzeugnissen wurden sie als „gottlose, schändliche Menschen, Saumagen“ bezeichnet (so WINTER, Möser’s Aufzeichnungen, S. 46). Aus Staßfurt wird unter 1639 berichtet; GEIß, Chronik, S. 136: „Es war muthwilliges Gesindel, das sich nicht commandiren lassen wollte. Den 9. [19.; BW] zogen diese Finnen wieder nach Quedlinburg, weil der Fähndrich sich beklagt hatte, daß er sie weder mit Worten noch mit Prügeln zwingen könnte“.
Die Finnländer – „von Natur aus gesetzlose Viehdiebe“ (BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 56), die anfangs noch unzureichend montiert zum Teil mit Pfeil und Bogen in den Kampf zogen – standen sozial auf der untersten Stufe des schwedischen Heeres, wurden bei Angriffen als erste aufgeopfert und zu Arbeiten herangezogen, die der gewöhnliche Soldat ablehnte oder nur unter Zwang verrichtete. Sofern eine Entlöhnung überhaupt erfolgte, wurden sie regelmäßig vergessen, oder es wurden ihnen nie eingelöste Verschreibungen ausgestellt. Obwohl die Finnländer nur geringe Chancen hatten, sich in Deutschland in Sicherheit zu bringen, war ihre Desertionsquote mindestens doppelt so hoch wie diejenige der schwedischen Soldaten. Jeder 5. Finne desertierte. Zwischen 1638-1649 waren 15.933 regulär Eingezogene nach Deutschland gebracht worden, daneben Geworbene und Gezwungene. Finnische Reiterregimenter wurden z. B. schlechter besoldet als nationalschwedische. Vgl. die Äußerungen Axel Oxenstiernas über die in Königshofen im Grabfeld liegenden Finnen gegenüber dem schwedischen Statthalter in Franken, Krafft von Hohenlohe, Schleusingen, 1632 XI 27; PLEISS; HAMM, Dreißigjähriger Krieg, S. 49: „Wie ich vorgestrigen dages nahe Königshofen offen, befinde ich die wenige Finnen, so daselbst in Guarnison ligen, zimblich nackhendt und unbeklaidt, auch etwas verdrossen daß sie so gar übel accomodiret, dannenhero sie auch umb dimission, inn ihr vatterlandt widerumb zu ziehen, mir instendig nachgeruffen. Weil dann ich sie zur verdrossenheit ohnedem geneigt weiß, zumahlen sie eine so geraume zeit hero stets an selbigem ort inn guarnison gelegen, unnd nicht wie andere knechte, so zu felde gebrauchet werden, ihnen etwas profit machen oder unnterhalt verschaffen können … bitte, die anordnung zu machen, daß von der regierung daselbst zu einem kleidigen ausgetheilet werde, damit sie gleichwol inn etwas contentement und ergetzlichkeit wider haben mögen“. Vgl. auch BECK, Chronik, S. 26 [Schweinfurt 1631]: „Mit dem König war auch ein Regiment Finnen zu Pferde eingezogen, und hatte auf dem Markte Halt gemacht. Ihr schwaches und mattes Aussehen, ihre geringe, wetterfarbene Bekleidung, ihre kleinen und unansehnlichen Pferde ließen eben nicht viel erwarten, und hätte nicht die Welt von ihren Thaten zu Leipzig gehört gehabt, hätte man wohl fast zweifeln mögen, ob sie auch einen Marsch bis Würzburg auszuhalten im Stande seien. Aber die Bewunderung abnöthigende Schnelligkeit ihrer Bewegungen und die prompte Ausführung jedes Commando’s, ja jedes Winkes der Offiziere erweckte bald bessere Begriffe, die sich, da man noch nicht so ganz wußte, wie die Sache ablaufen werde, allmählig beinahe in Furcht verwandelten“. Vgl. auch die zeitgenössische Einschätzung; GOTTFRIED, ARMA SVEVICA, S. 72: „An den Finnen und Schweden hette der König diese Vortheil: 1. Könnten sie Frost vnd Kälte besser als Hitze vertragen. 2. Lieffen eher nicht / biß sie gleichsam mit der Natur fechten müsten. 3. Behülffen sie sich kläglich. 4. Ohne alle Meutenacion. 5. Weren vnverdrossen / vnd mit devallisiren fest nit zu erschöpffen / so weit es nicht leicht ein ander Herr mit seinen Vnterhanen gebracht“. Bei dem Rothenburger Chronisten Dehner heißt es unter 1632; HELLER, Rothenburg, S. 94f.: „lauter Schweden und Finnen, darunter auch Lappländer und Irrländer gewest, die hat man den Burgern einquartiert bey 8. 9. 10. u. mehr, haben mit den Burgern für gut genommen, mit ihnen gebetet und gesungen fast in allen Quartieren“. In den Generalstaaten hieß es im August 1633; PLEISS, Der Zug, S. 27: „Ist wacker Volk, die allezeit unter des Königs Batalien gewest seyn … Solche Macht und wacker Volk hat man niemalen in diesen Landen gesehen“. Das „Theatrum Europaeum“, 3. Bd., S. 108f., unter 1633: „Die Schwedische vnd Finnen allesampt ansehenliche starcke starcke Männer / machten die andern Niderländer in dreyen Dingē schamrot / nemlich 1. in Gehorsam / 2. in Ordnung / vnd 3. in Gottesforcht / dann alle Morgen / wann sie auffbrachen / schlossen sie einen Ring / vnnd auff den Knien rufften sie Gott an / beteten vnd sungen / etc“. Ein zeitgenössischer Beobachter schreibt in einem Flugblatt „Schreiben Auß Dem Königklichen Schwedischen Läger. o. O. 1631, S. 43“: „Muß man derhalben rund bekennen daß dem König seine Schweden und Finnen trewlich dienen: Die Finnen sind der mehrtheils kortze Leut ihrer statur halben / aber darbey hertzhafft vnd der Arbeit gewonnet / leben mit wenigem / behelffen sich karglich: wüssen von Wollüsten vberal nichts: den Teütschen Lufft auch mitten im Winter finden sie gar zam / gegen dem ihrigen gehalten. Es sind rechte Eisenbeisser / die niemahlē von hinden sind verwundet worden. Welcher vnder ihnen dem Feind wurde den rucken kehren / der wirdt nie für ihren Landtsman gehalten. Vnnd ist freilich lächerlich / wer die sicht aufziehen. Sie haben Schleiffstein an der seiten hangend / vnnd so bald man anhebt zum Lermen vnnd träffen die Trommel rühren / so wetzen sie ihre dägen / von weitem meint einer nichts ander alsdann es were eine schaar Metzger / oder in hauffen der beysammen / da ein stuck matten solten abmeyen: Aber es laßt sich nicht mit ihnen schimpfen weil es ernst gilt. Der inneren Finlenderen spraach ist gantz von der Schwedischen Nortwegischen / Gottischen vnd Dennenmärckischen / die da vberein stimmen / gescheiden / vnnd ist allein den Finlenderen gemein vñ den Mitternächtigen Völckeren / welche man Lappen nennet“.[12] Zum Teil waren sie noch aus Mangel an Ausrüstung noch mit Bogen bewaffnet. Kommandierender der 1. Finnen-Schwadron war Torsten Stålhandske. Vgl. LANGER, Formen der Begegnung, S. 84f. Zum zeitgenössischen Bild der Lappländer (auch sarkastisch „Lippenländer“, etwa „gefräßige Personen“ genannt) vgl. OPEL; COHN, Dreißigjähriger Krieg, S. 242ff. Zu den zahlreichen Bezeichnungen im deutschen Sprachraum vgl. auch SCHWEITZER, Zweihundert Jahre, S. 125f. Nach dem Krieg wurden zerstörte Orte wie z. B. Torgelow [LK Uecker-Randow/Mecklenburg-Vorpommern] auf Befehl Christinas von Schweden mit Finnen und Livländern neu besiedelt. Trotz des Anteils an ausländischen Söldnern (ca. 85 %; 1625 soll Banérs Armee bereits aus über 90 % Nichtschweden bestanden haben) meist als „schwedisch-finnische Armee“ bezeichnet. Eine Unterscheidung zwischen der „Royal-Armee“, die von Gustav II. Adolf selbst geführt wurde, und den von den Feldmarschällen seiner Konföderierten geführten bastanten Armeen erscheint jedoch überflüssig. Nach ENGLUND, Die Verwüstung Deutschlands S. 76, waren 1630 bereits jeder 10. Schwede und jeder 5. Finne desertiert. Nach LUNDKVIST, Schwedische Kriegsfinanzierung S. 384, betrug der Mannschaftsbestand (nach altem Stil) im Juni 1630 38.100, Sept. 1631 22.900, Dez. 1631 83.200, Febr./März 1632 108.500, Nov. 1632 149.200 Mann; das war die größte paneuropäische Armee vor Napoleon. 1651 wurde festgestellt, dass 50 % der Kavallerie und 41 % der Infanterie aus Finnen bestand; PLEISS; HAMM, Der Dreißigjährige Krieg, S. 41. Nach GUTHRIE, The Later Thirty Years War, S. 59, soll Banérs Armee im Juli 1638 um 9.000 Schweden und 5.000 Finnen verstärkt worden sein, was wohl zu hochgegriffen erscheint. Zu den Verlusten LINDEGREN, Frauenland, S. 145: „Grob gerechnet kann man behaupten, daß in der ganzen Periode von 1620 bis 1720 ca. 75 % aller Todesfälle auf Krankheiten und andere Entbehrungen zurückzuführen sind. Ca. zehn Prozent starben in Kriegsgefangenschaft. Die restlichen 15 Prozent fielen bei Kampfhandlungen. Ungefähr ein Drittel dieser direkt kampfbezogenen Todesfälle geschah im übrigen im Zusammenhang mit Belagerungen. Große Feldschlachten und kleinere Gefechte forderten im allgemeinen nicht besonders viele Todesopfer, vergleicht man sie mit dem Alltag des Krieges. […] Die Zahl der toten Soldaten kann total auf 1,7 Millionen geschätzt werden. Von diesen starben gut eine Viertel Million im Feld oder infolge von Kampfhandlungen; gut eineinviertel Millionen fielen dem ‚Alltag des Krieges‘ zum Opfer“. => Mortalität.
[13] Leutnant [schwed. Löjtnant, dän. Løjtnant]: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-80 fl., was etwa dem Sold eines bayerischen Kriegsrats entsprach. LAVATER, KRIEGSBüchlein, S. 52f.: „Ein Leutenant wird von dem wörtlein Lieutenant, quasi locum tenens, Ort / Platz / Stell- oder Statthalter eines Capitains genant / diweil er in abwesen seines Capitains desselben Stell verwaltet / er könnte auch der Unterhaubtmann geheissen werden. Ein solcher sol ein dapferer / aufrichtiger / Kriegsgeübter / und praver Cavalier seyn / und ist dem Capitain der nächste: in dessen abwesen commandiert er follkommen / und hat auch in gegenwart des Capitains den gantzen Befehl über die Compagnie: dann wann dem Capitain von dem Regiment etwas anbefohlen wird / so gibt er dem Leutenant Ordre / wie er sich in einem und anderem verhalten solle / der dann durch seine nachgesetzte Officier den Befehl follstrecken laßt: Dieser sol auch des Capitains guten Namen / Ehr / und Reputation lieb haben und schirmen / alß sein eigen Leben und Ehr / und sich sonderlich dem Capitain um dapfere und versuchte Soldaten umschauen / auch wie er die Soldaten logiren und wol einquartieren möge: Darneben soll er fleissig achtung geben / daß alles gleich zugehe / nach guter ordnung und ohne klag. Alle Abend sol er sich auf der Parade finden lassen / und sehen / wo mangel erscheine: ob auch die Parade / Wacht / und Ordre wol angestellet und gehalten werden: dagegen sol er sich in seinem Commandement gravitetisch und ernsthaft erzeigen / daß ihn seine untergebene Officier und Soldaten ehren / und so wol alß den Capitain fürchten. Die Soldaten werden auch durch ihn gestraft / und ligt ihme aller Last auf dem hals: dann so er die Compagnie nicht versehen müßte / mangelte man keinen Leutenant. Sein Oberwehr ist eine Partisane / er thut keine Wacht / alß die Haubtwacht / da die Compagnie wachet. Er sol auch die Corporalschaften an Mannschaft gleich außtheilen / und keiner mehr versuchte Soldaten geben alß der anderen / daß einer die besten / ein anderer aber die schlechtesten Soldaten habe / woran in einer Occassion vil gelegen ist: Er sol den strafwürdigen streng / den gehorsamen aber gutthätig seyn: Er sol auch aller Soldaten humores erkennen. In summa / er sol wüssen in abwesen des Capitains die Compagnie mit satsamer genugthuung zuregieren / alß wann der Capitain selbst zugegen were / und beyde Officia unklagbar zuverwalten“.
[14] Christian v. Zastrow [Zastro, Zastrau] [ – ], schwedischer (Obrist ?)-Leutnant.
[15] Annaberg-Buchholz [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 5ff.
[16] Generalmajor (schwed. Generalmajor): Der Generalmajor nahm die Aufgaben eines Generalwachtmeisters in der kaiserlichen oder bayerischen Armee war. Er stand rangmäßig bei den Schweden zwischen dem Obristen und dem General der Kavallerie, bei den Kaiserlichen zwischen dem Obristen und dem Feldmarschallleutnant.
[17] Torsten Stålhandske [Stolhanscha, Stahlhandschuh, Stahlhanndtschuch, Stalhans, Stallhans, Stalhansch, Stallhuschl, Stalhanß, Stall-Hanß, Stallhaus, Stallhausen, Stolhanski, Starrhase, Lo Stallo, Lo Stallans, Statehornes] [1594 Porvoo/Borgå (Finnland)-21.4./1.5.1644 Haderslev/Nordschleswig], schwedischer Generalmajor. Vgl. http://www.kansallisbiografia.fi/english/?id=2342.
[18] Bagage: Gepäck; Tross. „Bagage“ war die Bezeichnung für den Gepäcktrain des Heeres, mit dem die Soldaten wie Offiziere neben dem Hausrat auch ihre gesamte Beute abtransportierten, so dass die Bagage während oder nach der Schlacht gern vom Feind oder von der eigenen Mannschaft geplündert wurde. Auch war man deshalb darauf aus, dass in den Bedingungen bei der freiwilligen Übergabe einer Stadt oder Festung die gesamte Bagage ungehindert abziehen durfte. Manchmal wurde „Bagage“ jedoch auch abwertend für den Tross überhaupt verwendet, die Begleitmannschaft des Heeres oder Heeresteils, die allerdings keinen Anspruch auf Verpflegungsrationen hatte; etwa 1, 5 mal (im Anfang des Krieges) bis 3-4mal (am Ende des Krieges) so stark wie die kämpfende Truppe: Soldatenfrauen, Kinder, Prostituierte 1.-4. Klasse („Mätresse“, „Concubine“, „Metze“, „Hure“), Trossjungen, Gefangene, zum Dienst bei der Artillerie verurteilte Straftäter, Feldprediger, Zigeuner als Kundschafter und Heilkundige, Feldchirurg, Feldscher, Handwerker, Sudelköche, Krämer, Marketender, -innen, Juden als Marketender, Soldatenwitwen, invalide Soldaten, mitlaufende Zivilisten aus den Hungergebieten, ehemalige Studenten, Bauern und Bauernknechte („Wintersoldaten“), die während der schlechten Jahreszeit zum Heer gingen, im Frühjahr aber wieder entliefen, Glücksspieler, vor der Strafverfolgung durch Behörden Davongelaufene, Kriegswaisen etc. KROENER, „ … und ist der jammer nit zu beschreiben“; LANGER, Hortus, S. 96ff.
[19] Beute: Beute war im allgemeinen Verständnis das Recht des Soldaten auf Entschädigung für die ständige Lebensgefahr, in der er sich befand und das Hauptmotiv für den Eintritt in die Armee. BURSCHEL, Söldner, S. 206ff. Für den lutherischen Theologen Scherertz galten allerdings nur der Bestand der Christenheit, die Reinheit des Glaubens und der Erhalt der Gerechtigkeit aus hinreichender Grund; BITZEL, Sigmund Scherertz, S. 153. Dabei war Beute ein sehr weit gefasster Begriff, von Beutekunst wie sakralen Gegenständen, Altarbildern, Bildern, Büchern (wie etwa in der Mainzer Universitätsbibliothek; FABIAN u. a., Handbuch Bd. 6, S. 172), bis hin zu den Wertgegenständen der Bürger. STEGMANN, Grafschaft Lippe, S. 63: Interessant ist auch die Auflistung der von staatischen Truppen bei einem Überfall erbeuteten Wertsachen des ligistischen Generalproviantmeisters Münch von Steinach, darunter augenscheinlich auch Beutegut: „Ein gantz gülden Khetten mit zweyen Strengen. Daran ist gewesen ein gantz güldens Agnus Dei. Aber ein kleins auch güldens Agnus Dei Gefeß. Wieder eins von Silber und vergolt. Ein schönes Malekhidt-Hertz mit Goldt eingefast. Ein Goldtstückh mit einem Crucifix. Aber ein Goldstückh mit einem Kreutz. Aber ein Hertz von Jaspis vom Goldt eingefast, so für den bösen Jammer gebraucht wirdt. Ein großer Petschafftring von Goldt. Ein von Silber und vergolts Palsambüchsel. Ein Paternoster an silbern Tradt gefast. Ein Pethbuch. Dan an Geldt, so Herr General-Proviantmeister bey sich gehabt, 7 Thlr. 18 Gr. Von der Handt ein gülden verfachen Denckhring. Aber ein Petschafftring von Goldt, daß Wappen in Jaspisstein geschnidten. Ein gestickt Paar Handtschuch. Ein Paar von silberfarb Daffent Hosenbänder mit lang seiden Spitzen“. In Askola, einer Gemeinde in Südfinnland, nördlich der Hafenstadt Porvoo, befindet sich noch heute in der Holzkirche eine reich verzierte barocke Kanzel, die von finnischen Söldnern als Kriegsbeute mitgebracht wurde. Die Beutezüge wurden zum Teil mit Wissen der Offiziere unternommen, denen dafür ein Teil der Beute überlassen werden musste. Besonders wertvolle Stücke nahmen die Kommandierenden (oder auch die Marketender) den oft verschuldeten Soldaten gegen einen Bruchteil des Wertes ab. Auch Offiziersfrauen handelten mit Beute oder trieben damit Tauschhandel. Vgl. die Schadensliste vom März 1634 bei BARNEKAMP, Sie hausen uebell, S. 58ff.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 32ff.; REDLICH, De Praeda; ZIEGLER, Beute; KAISER, „ … aber ich muß erst Beute machen“. Der Superintendent Braun (1589-1651), zit. bei ROTH, Oberfranken, S. 303f.: „Die Ursache dieses Übels wird jeder leicht verstehen, wenn er die völlig aufgelöste Disziplin der Armee näher bedenkt. Die Fürsten selber und die Heerführer bringen ihr Militär ohne Geld zusammen; das muß von schnödem Raub sich selbst erhalten. Sie öffnen ihnen damit die Tür zu aller Nichtswürdigkeit und Grausamkeit, und müssen zu allen abscheulichen Freveln die Augen zudrücken. Pünktlich bezahlte Löhnung erhält den Soldaten, auch den sehr unguten, durch die Furcht vor dem Kriegsrecht bei seiner Pflicht und hindert ihn an Übergriffen. Enthält man ihm hingegen die Löhnung vor, so verwildert er und ist zu jeder Schandtat bereit. Dazu kommt die schon erwähnte Lässigkeit der Führer beim Anwerben der Soldaten. Denen liegt ja an der reinen Lehre und an der Gottesfurcht gar nichts; sondern die blinde Beutegier treibt sie zum Kriegsdienst; dadurch geht alles zu grunde. Wird eine Stadt oder eine Festung eingenommen, so schenkt der Sieger den Mannschaften der Besatzung, wenn sie auch noch so sehr dem päpstlichen Aberglauben ergeben sind, ihr Leben und reiht die Feinde in seine Truppen ein, nicht ohne gewaltigen Schaden der evangelischen Verbündeten. Denn um ihre Niederlage gründlich zu rächen, speien diese Scheusäler unter dem Deckmantel der militärischen Freiheit alles Gift ihrer Seele aus gegen die Bekenner des evangelischen Glaubens und wüten auf alle Weise in unsäglicher Grausamkeit, Raub und Wegelagerei, zünden die Dörfer an, plündern die Häuser, zwingen die Bewohner mit Schlägen, zu tun, was sie verlangen und stehen in keiner Weise auch hinter den grimmigsten Feinden zurück. Wie viel unserer Sache durch den Zuwachs dieser ehrlosen Räuber gedient ist, sieht jedermann leicht ein“.
Bei der Plünderung Magdeburgs hatten die Söldner 10 % des Nominalwertes auf Schmuck und Silbergeschirr erhalten; KOHL, Die Belagerung, Eroberung und Zerstörung, S. 82. Profitiert hatten nur die Regimentskommandeure bzw. die Stabsmarketender. WÜRDIG; HEESE, Dessauer Chronik, S. 222: „Wie demoralisierend der Krieg auch auf die Landeskinder wirkte, ergibt sich aus einem fürstlichen Erlaß mit Datum Dessau, 6. März 1637, in dem es heißt: ‚Nachdem die Erfahrung ergeben hat, daß viele eigennützige Leute den Soldaten Pferde, Vieh, Kupfer und anderes Hausgerät für ein Spottgeld abkaufen, dadurch die Soldaten ohne Not ins Land ziehen und zur Verübung weiterer Plünderungen und Brandstiftungen auf den Dörfern, zum mindesten aber zur Schädigung der Felder Anlaß geben; sie auch oft zu ihrem eigenen Schaden die erkauften Sachen wieder hergeben müssen und dadurch das ganze Land dem Verderben ausgesetzt wird, befehlen wir (die Fürsten) hierdurch allen unseren Beamten und obrigkeitlichen Stellen, daß sie allen Einwohnern und Untertanen alles Ernstes auferlegen, Pferde, Vieh und sonstige Dinge von den Soldaten nicht zu kaufen“ ’. Gehandelt wurde mit allem, was nur einigermaßen verkäuflich war. Erbeutete Waffen wurden zu Spottpreisen an Städte und Privatleute verkauft; SEMLER, Tagebücher, S. 27f. Der Überlinger Pflummern berichtet in seinem Tagebuch unter dem 4.5.1635; SEMLER, Tagebücher, S. 199: „Vmb dise zeitt daß rauben, stehlen vnd plündern auff dem landt, sonderlich vmb die statt Veberlingen daß tägliche handwerckh geweßt, dan nirgendts ein remedium, kein zucht noch kriegsdisciplin, vnd hatt obrist von Ossa zu Lindaw selbst denen, so vmb abstellung diser straßenraubereyen bei ihme angehalten (der jedoch auf dieses landts defension vom kayßer patenten empfangen) sollche abzustellen nicht möglich, dan wie er discurrirt, müeße der kayßer knecht haben, die knecht müeßen geessen haben, müeßen auch wol gemundirt seyn, vnd müeßen noch darzu fir andere ihr notturfft ein stuckh gellt im peüttel haben, ergo sollen vnd mögen sie stehlen, rauben vnd plündern, waß vnd wa sie finden“. Teilweise waren sogar Pfarrer mit auf Beute ausgezogen“. STÜNKEL, Rinteln, S. 20: „Im Oktober [1623; BW] erhält der Rat Kenntnis von einer für die Stadt sehr unangenehmen Angelegenheit, die unter Umständen die schwerstwiegenden Verwicklungen nach sich ziehen konnte. Uns aber zeigt dieses Vorkommnis, wie sehr schon in den ersten Jahren des Krieges die Moral der Bürgerschaft gelitten hatte. Es handelt sich um folgendes: Bürger der Stadt haben von den kaiserlichen Kriegsvölkern Seiner Exzellenz des Grafen von Tilly, die links der Weser von Exten bis Hemeringen lagerten, unter anderem gestohlenes Vieh gekauft und es durch Tillysche Soldaten nach Rinteln bringen lassen. Bei der Rückkehr von der Stadt in ihre Quartiere haben diese Kriegsknechte die Kirche in Hohenrode aufgebrochen und ausgeplündert. Als der Rat am 2. Oktober davon erfährt, ordnet er sofort eine Untersuchung über diese Vorkommnisse unter den Bürgern und Bürgerschützen an. Dabei stellt sich heraus, daß nicht nur einzelne Bürger im Tillyschen Lager gewesen sind, sondern daß auch Schützen aus allen Korporalschaften die scheinbar billige Kaufgelegenheit wahrgenommen haben und daß in diese schmutzige Angelegenheit, denn es handelt sich ja meist um gestohlene Sachen, nicht nur die Männer, sondern auch deren Ehefrauen und Dienstmädchen und auch die Schutzjuden verwickelt sind. Bürgermeister Curt Hanes Magd hat von den Soldaten Kleider gekauft, ein Knecht dem Juden Leaser eine geringe Kuh für einen Taler abgenommen, ein Fremder hat zwei große Kessel mitgebracht, die Frau von Carl Schnar hat elf Kuhhäute für 4 Tonnen Broihan eingehandelt, Carsten Bohne hat einen Krug für 2 ½ Groschen, Jürgen Bennemanns Magd einige Kleider, Lewin Storck eine Kuh für 2 ½ Taler, Hans Rosemeyer zwei Kühe und ein Rind für 7 Taler gekauft. Andere haben eingehandelt ein Pferd für fünf Koppstück, eine Büchse für einen Taler, Kessel, Messingkannen, Schaffelle, ein Leibstück für drei Brote, fünf Schlösser, die aus dem Hause von Wartensleben in Exten stammten – der Käufer behauptet aber, sie dem früheren Besitzer schon wieder angeboten zu haben – , Feuerschlösser, 15 Stück Leder, Mäntel und Leinwand, ein altes Feuerrohr, Degen, einen Messingkessel für einen Hut, einen kupfernen Kessel für zwölf Groschen, ein Bandelier, eine Kuhhaut, ‚so durchschossen‘, für 2 Koppstück, einen kleinen ‚Pott‘, ein Leinenlaken, ein Stück Samt, Wollgarn usw. Einer kaufte eine Axt von einem Soldaten, ‚der ihn Hungers halber um Gottes Willen gebeten, ihm ein Brot dafür zu geben‘ “.
[20] Marienberg [Erzgebirgskreis]; HHSD VIII, S. 215f.
[21] Musketier [schwed. musketerare, musketör]: Fußsoldat, der die Muskete führte. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete kostete etwa 2 – 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. MAHR, Monro, S. 15: „Der Musketier schoß mit der Luntenschloßmuskete, die wegen ihres Gewichtes [etwa 5 kg] auf eine Gewehrgabel gelegt werden mußte. Die Waffe wurde im Stehen geladen, indem man den Inhalt der am Bandelier hängenden hölzernen Pulverkapseln, der sog. Apostel, in den Lauf schüttete und dann das Geschoß mit dem Ladestock hineinstieß. Verschossen wurden Bleikugeln, sog. Rollkugeln, die einen geringeren Durchmesser als das Kaliber des Laufes hatten, damit man sie auch bei Verschmutzung des Laufes durch die Rückstände der Pulvergase noch einführen und mit Stoff oder Papier verdämmen konnte. Da die Treffgenauigkeit dieser Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Die Verbände waren dabei in sog. Treffen aufgestellt. Dies waren Linien zu drei Gliedern, wobei das zweite Treffen etwa 50 Schritt, das dritte 100 Schritt hinter der Bataille, d. h. der Schlachtlinie des ersten Treffens, zu stehen kamen, so daß sie diese bei Bedarf rasch verstärken konnten. Gefeuert wurde gliedweise mit zeitlichem Abstand, damit für die einzelnen Glieder Zeit zum Laden bestand. Ein gut geübter Musketier konnte in drei Minuten zwei Schuß abgeben. Die Bleigeschosse bis zu 2 cm Kaliber verformten sich beim Aufprall auf den Körper leicht, und es entstanden schwere Fleischwunden. In den Kämpfen leisteten Feldscherer erste Hilfe; doch insgesamt blieb die medizinische Versorgung der Verwundeten mangelhaft. Selbst Streifschüsse führten oft aufgrund der Infektion mit Tetanus zum Tode, erst recht dann schwere Verletzungen“. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet 1634, dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe; SCHLOTTER, Acta, S. 194. Der Bad Windheimer Chronist Pastorius hält unter 1631 fest; PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 100: „1631. Den 10. May eroberte der General Tylli die Stadt Magdeburg / plünderte sie aus / eine Jungfrau hatte ihres Bruders Kleider angezogen / und sich in ein groß leeres Weinfaß verstecket / ward endlich von einem Reuter gefunden / der dingte sie für einen Knecht / deme sie auch drey Monat treulich die Pferde wartete / und als in einem Treffen der Reuter umkam / und sie von denen Schweden gefangen gen Erffurt kam / ließ sie sich für einen Musquetirer unterhalten / dienete fünff Jahr redlich / hatte in etlichen Duellen mit dem Degen obsieget / wurde endlich durch eine Müllerin / wo sie im Quartier lag / verrathen / daß sie ein Weib wäre / da erzehlete sie der Commendantin allen Verlauff / die name sie zu einer Dienerin / kleidete sie / und schenckte ihr 100. Ducaten zum Heyrath-Guthe“. Weiter gibt es den Fall der Clara Oefelein, die schriftliche Aufzeichnungen über ihren Kriegsdienst hinterlassen haben soll. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß, S. 43ff., über die Bedienung; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics; EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[22] Freiberg [LK Mittelsachsen]; HHSD VIII, S. 99ff.
[23] Florian Stritzky [Strizky, Steitzki, Stritzke] [ – ], kursächsischer Obristleutnant.
[24] Kompanie [schwed. Kompani]: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200, den Kaiserlichen 60, den Schwedischen 80, manchmal bei 100-150, zum Teil allerdings auch nur ca. 30. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[25] Dragoner [schwed. Dragon; frz. Dragon]: leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Der Dragoner war im Prinzip ein berittener Musketier (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. So sprechen auch Zeitgenossen in der Regel von Reitern und Dragonern. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen und zu sichern. Teilweise machte man auch Unberittene zu Dragonern, indem man ihnen ein Pferd und eine Muskete gab; SCHWARZ, Die Neumark, S. 52. Des Öfteren führten Dragoner am Sattelknopf kleine Äxte mit, um Hindernisse entfernen oder sich auch zeitweise selbst verteidigen zu können. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten im Kampf auch als Musketiere eingesetzt. Zu ihren Aufgaben gehörte auch Sicherung und Deckung von Konvois, Patrouillen, Angriffe aus dem Hinterhalt, Bildung der Vor- und Nachhut. Ausführlich dargestellt bei ENGERISSER, Von Kronach, S. 468ff., FLIEGER, Die Schlacht, S. 123ff. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 Gulden 55 Kreuzer in Rechnung. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd. Zu den Waffen vgl. http://www.engerisser.de/Bewaffnung/Bewaffnung.html.
[26] Dietrich Freiherr v. Taube [Daube] [1594 Maardu [Estland]-29.1.1639 Dresden], kursächsischer Obrist.
[27] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[28] Major [schwed. Major]: Der Major war im Dreißigjährigen Krieg der Oberwachtmeister des Regiments (zunächst nur in der Infanterie). Er sorgte für die Ausführung der Anordnungen und Befehle des Obristen und Obristleutnants. Im Frieden leitete er die Ausbildung der Soldaten, sorgte für die Instandhaltung ihrer Waffen, hatte die Aufsicht über die Munition und war verantwortlich für die Regimentsverwaltung. Im Krieg sorgte der Major für Ordnung auf dem Marsch und im Lager, beaufsichtigte die Wach- und Patrouillendienste und stellte die Regimenter in Schlachtordnung. Zudem hatte er den Vorsitz im Kriegs- und Standgericht. Er erhielt 1633 monatlich 200 Rt. bei der Infanterie und 300 fl. bei der Kavallerie.
[29] Rittmeister [schwed. Ryttmåstere, dän. kaptajn]: Oberbefehlshaber eines Kornetts (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Korporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscher, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Der Rittmeister beanspruchte in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold, d. h. 1.800 fl. jährlich, während ein bayerischer Kriegsrat 1637 jährlich 792 fl. erhielt, 1620 war er in der brandenburgischen Armee als Rittmeister über 50 Pferde nur mit 25 fl. monatlich datiert gewesen. Bei seiner Bestallung wurde er in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.
[30] Hauptmann [schwed. Kapten]: Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben und ausgerüstet hatte. Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet. Ein halbes Jahr Militärdienst galt als ausreichend für die Übernahme einer Hauptmannsstelle. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner bzw. Anwärter auf eine Stelle, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure und verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl., was dem Gehalt des Zahlmeisters in der spanischen Botschaft in Wien entsprach, nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630), in der brandenburgischen Armee soll er dagegen 300 fl. erhalten haben. Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben und auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher und die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- und Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant und dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch.
[31] Kornett [schwed. Kornett]: Der Kornett führte die kleinste Einheit der Reiterei mit eigenen Feldzeichen, entsprach der Kompanie; 1 berittene Kompanie hatte in der kursächsischen Armee ca. 125 Pferde, 1 schwedische Reiterkompanie umfasste in der Regel 80 Mann. Der Kornett erhielt ca. 50 fl. Monatssold. => Fähnrich; Fahne.
[32] Fähnrich [schwed. Fänrik]: Rangunterster der Oberoffiziere der Infanterie und Dragoner, der selbst bereits einige Knechte zum Musterplatz mitbrachte. Dem Fähnrich war die Fahne der Kompanie anvertraut, die er erst im Tod aus den Händen geben durfte. Der Fähnrich hatte die Pflicht, beim Eintreffen von Generalspersonen die Fahne fliegen zu lassen. Ihm oblagen zudem die Inspektion der Kompanie (des Fähnleins) und die Betreuung der Kranken. Der Fähnrich konnte stellvertretend für Hauptmann und Leutnant als Kommandeur der Kompanie fungieren. Bei der Kavallerie wurde er Kornett genannt. Zum Teil begannen junge Adelige ihre militärische Karriere als Fähnrich. Vgl. BLAU, Die deutschen Landsknechte, S. 45f. In der brandenburgischen Armee erhielt er monatlich 40 fl., nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) 50 fl.
[33] Kriegsgefangene: Zur Gefangennahme vgl. die Reflexionen bei MAHR, Monro, S. 46: „Es ist für einen Mann besser, tüchtig zu kämpfen und sich rechtzeitig zurückzuziehen, als sich gefangennehmen zu lassen, wie es am Morgen nach unserem Rückzug vielen geschah. Und im Kampf möchte ich lieber ehrenvoll sterben als leben und Gefangener eines hartherzigen Burschen sein, der mich vielleicht in dauernder Haft hält, so wie viele tapfere Männer gehalten werden. Noch viel schlimmer ist es, bei Gefangennahme, wie es in gemeiner Weise immer wieder geübt wird, von einem Schurken nackt ausgezogen zu werden, um dann, wenn ich kein Geld bei mir habe, niedergeschlagen und zerhauen, ja am Ende jämmerlich getötet zu werden: und dann bin ich nackt und ohne Waffen und kann mich nicht verteidigen. Mein Rat für den, der sich nicht entschließen kann, gut zu kämpfen, geht dahin, daß er sich dann wenigstens je nach seinem Rang gut mit Geld versehen soll, nicht nur um stets selbst etwas bei sich zu haben, sondern um es an einem sicheren Ort in sicheren Händen zu hinterlegen, damit man ihm, wenn er gefangen ist, beistehen und sein Lösegeld zahlen kann. Sonst bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich zu entschließen, in dauernder Gefangenschaft zu bleiben, es sei denn, einige edle Freunde oder andere haben mit ihm Mitleid“. Nach Lavater, Kriegs-Büchlein, S. 65, hatten folgende Soldaten bei Gefangennahme keinerlei Anspruch auf Quartier (Pardon): „wann ein Soldat ein eysen, zinne, in speck gegossen, gekäuete, gehauene oder gevierte Kugel schiesset, alle die gezogene Rohr und französische Füse [Steinschloßflinten] führen, haben das Quartier verwirkt. Item alle die jenigen, die von eysen geschrotete, viereckige und andere Geschröt vnd Stahel schiessen, oder geflammte Dägen, sollt du todt schlagen“. Leider reduziert die Forschung die Problematik der de facto rechtlosen Kriegsgefangenen noch immer zu einseitig auf die Alternative „unterstecken“ oder „ranzionieren“. Der Ratsherr Dr. Plummern berichtet (1633); SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Eodem alß die von Pfullendorff avisirt, daß ein schwedischer reütter bei ihnen sich befinnde, hatt vnser rittmaister Gintfeld fünf seiner reütter dahin geschickht sollen reütter abzuholen, welliche ihne biß nach Menßlißhausen gebracht, allda in dem wald spolirt vnd hernach zu todt geschoßen, auch den bauren daselbst befohlen in den wald zu vergraben, wie beschehen. Zu gleicher zeit haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd naher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächts sein sollen, dahero weiln rittmaister Gintfeld ein gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen wird“. Der Benediktiner-Abt Gaisser berichtet zu 1633; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 415: „Der Bürger August Diem sei sein Mitgefangener gewesen, für den er, falls er nicht auch in dieser Nacht entkommen sei, fürchte, daß er heute durch Aufhängen umkomme. Dieser sei, schon vorher verwundet, von den Franzosen an den Füßen in einem Kamin aufgehängt und so lange durch Hängen und Rauch gequält worden, bis das Seil wieder abgeschnitten worden sei und er gerade auf den Kopf habe herabfallen dürfen“. Soldaten mussten sich mit einem Monatssold freikaufen, für Offiziere gab es je nach Rang besondere Vereinbarungen zwischen den Kriegsparteien. Das Einsperren in besondere Käfige, die Massenhinrichtungen, das Vorantreiben als Kugelfang in der ersten Schlachtreihe, die Folterungen, um Auskünfte über Stärke und Bewegung des Gegners zu erfahren, die Hungerkuren, um die „Untersteckung“ zu erzwingen etc., werden nicht berücksichtigt. Frauen, deren Männer in Gefangenschaft gerieten, erhielten, wenn sie Glück hatten, einen halben Monatssold bis zwei Monatssolde ausgezahlt und wurden samt ihren Kindern fortgeschickt. KAISER, Kriegsgefangene; KROENER, Soldat als Ware. Die Auslösung konnte das eigene Leben retten; SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Zu gleicher zeitt [August 1630] haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd nacher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächte sein sollen, dahero weiln rittmeister Gintfeld eine gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen worden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70 (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten [angetroffen; BW], zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, dass die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. Auf Gefangenenbefreiung standen harte Strafen. Pflummern hält in seinem Tagebuch fest: „Martij 24 [1638; BW] ist duca Federico di Savelli, so in dem letzsten vnglückhseeligen treffen von Rheinfelden den 3 Martij neben dem General von Wert, Enckefort vnd andern obristen vnd officiern gefangen vnd bis dahin zu Lauffenburg enthallten worden, durch hilff eines weibs auß: vnd den bemellten 24 Martij zu Baden [Kanton Aargau] ankommen, volgenden morgen nach Lucern geritten vnd von dannen nach Costantz vnd seinem vermellden nach fürter zu dem general Götzen ihne zu fürderlichem fortzug gegen den feind zu animirn passirt. Nach seinem außkommen seyn ein officier sambt noch einem soldaten wegen vnfleißiger wacht vnd der pfarherr zu Laufenburg neben seinem capellan auß verdacht, daß sie von deß duca vorhabender flucht waß gewüßt, gefänglich eingezogen, die gaistliche, wie verlautt, hart torquirt [gefoltert; BW], vnd obwoln sie vnschuldig geweßt, offentlich enthauptet; die ihenige fraw aber, durch deren hauß der duca sambt seinem camerdiener außkommen, vnd noch zwo personen mit růthen hart gestrichen worden“. Der Benediktoner-Abt Gaisser berichtet über die Verschiffung schwedischer Gefangener des Obristen John Forbes de Corse von Villingen nach Lindau (1633); STEMMLER, Tagebücher Bd. 1, S. 319: „Abschreckend war das Aussehen der meisten gemeinen Soldaten, da sie von Wunden entkräftet, mit eigenem oder fremdem Blute besudelt, von Schlägen geschwächt, der Kleider und Hüte beraubt, viele auch ohne Schuhe, mit zerrissenen Decken behängt, zu den Schiffen mehr getragen als geführt wurden, mit harter, aber ihren Taten angemessener Strafe belegt“. Gefangene waren je nach Vermögen darauf angewiesen, in den Städten ihren Unterhalt durch Betteln zu bestreiten. Sie wurden auch unter Offizieren als Geschenk gebraucht; KAISER, Wohin mit den Gefangenen ?, in: http://dkblog.hypotheses.org/108: „Im Frühsommer 1623 hatte Christian von Braunschweig, bekannt vor allem als ‚toller Halberstädter’, mit seinen Truppen in der Nähe Göttingens, also im Territorium seines älteren Bruders Herzog Friedrich Ulrich, Quartier genommen. In Scharmützeln mit Einheiten der Armee der Liga, die damals im Hessischen operierte, hatte er einige Gefangene gemacht. Was sollte nun mit diesen geschehen? Am 1. Juli a. St. wies er die Stadt Göttingen an, die gefangenen Kriegsknechte nicht freizulassen; vielmehr sollte die Stadt sie weiterhin ‚mit nottürfftigem vnterhalt’ versorgen, bis andere Anweisungen kämen. Genau das geschah wenige Tage später: Am 7. Juli a. St. erteilte Christian seinem Generalgewaltiger (d. h. der frühmodernen Militärpolizei) den Befehl, daß er ‚noch heutt vor der Sonnen vntergangk, viertzig dero zu Göttingen entthaltenen gefangenen Soldaten vom feinde, den Lieutenantt vnd Officiers außsgenommen, Laße auffhencken’. Um den Ernst der Anweisung zu unterstreichen, fügte er hinzu, daß dies ‚bei vermeidung vnser hochsten vngnad’ geschehen solle. Der Generalgewaltiger präsentierte daraufhin der Stadt Göttingen diesen Befehl; bei der dort überlieferten Abschrift findet sich auf der Rückseite die Notiz vom Folgetag: ‚Vff diesen Schein seindt dem Gewalthiger 20 Gefangene vff sein darneben mundtlich andeuten ausgevolgtt worden’. Der Vollzug fand also offenbar doch nicht mehr am 7. Juli, am Tag der Ausfertigung des Befehls, statt. Aber es besteht kaum ein Zweifel, daß zwanzig Kriegsgefangene mit dem Strang hingerichtet wurden. (StA Göttingen, Altes Aktenarchiv, Nr. 5774 fol. 2 Kopie; der Befehl an die Stadt Göttingen vom 1.7.1623 a.St. ebd. fol. 32 Ausf.)“. Bericht aus Stettin vom 8.4.1631; Relation Oder Bericht Auß Pommern. o. O. 1631: „Den 27. Martii sind alhier 108 gefangene eingebracht deren nach mehr folgen sollen / die werden alle in Schweden ins bergwerck gesand / das sie etwas redliches arbeiten lernen“. Teilweise wurden Gefangene auch unter den Offizieren verkauft; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 607 (Schweinfurt 1645). Zur Problematik vgl. KAISER, Kriegsgefangene in der Frühen Neuzeit, S. 11-14. 1633 kostete die Auslösung bei der Kavallerie: Obrist 600 Rt. aufwärts, Obristleutnant 400 Rt., Obristwachtmeister 300 Rt., Rittmeister 200 Rt., Kapitänleutnant 70 Rt., Leutnant 60 Rt. bis 10 Rt. für einen Marketender, nach der Schlacht bei Jankau (1645) Obrist 1000 Rt., Obristleutnant 500 Rt., Obristwachtmeister 300 Rt., Hauptmann 75 Rt., Kapitänleutnant und Leutnant 50 Rt.; GANTZER, Archivalien, S. 40f.
[34] Walter Graf Leslie [Lesle, Lessle, Leßle, Lesly, Lesel, Lesky] [1606 Fettermaer House, Aberdeenshire-4.3.1667 Wien], kaiserlicher Feldmarschall.
[35] Exequierer: Soldaten mit besonderem Auftrag zur Drangsalierung der Bevölkerung, die in Häuser gelegt wurden, um Leistungen aller Art zu erpressen. Der Memminger Arzt Christoph Schorer [2.12.1618 Memmingen-12.2.1671 Memmingen] schreibt in seiner „Chronick“ eine derartige Exekution, SCHORER, Memminger Chronick, S. 146f.: „Was die Soldaten / im Hornung / Merzen vnd April [1637; BW] / vor grewliche Tyranney geübet / die Thor gesperret / den vornembsten Burgern eingefallen / eine grosse Summa gelt zuerpressen / ist vnbeschreiblich. Zu diesem Elend kam noch ein Verbott / vnd Ringerung etlicher Müntzsorten im Römischen Reich / also daß der arme Mann vmb sein gering übrigs Geltlen kein bissen Brodt bekom̃en konnte. O deß grossen Elendts ! über diesen grossen Jam̃er / kam im Mayen Ordinantz / daß die Stadt 1 ½ Regiment vom Piccolominischen Volck verpflegen solle: Darzu man Monatlich 3200. Gulden geben muste. Als man den 10. May durch einen Commissarium mit den Officirern rechnete / war die Stadt gezwungẽ der Officirer Rechnung / welche sie nach ihrem Beliebẽ gemachet / zu vnderschreiben. Den 31. May waren Herrn Burgermeister vnd Geheimbde [Ratsherren; BW] in Arrest / in deme die Officirer viel tausent Gulden begehrten. Den 2. Junii haben die Officirer die vornehmbste Häusser bezogen / vnd sich mit Gewalt eingelegt / Geld zu erpressen / wehrete biß auff den 7. Junii. Man forderte das Gericht und Rath zusamen / vmb Mittel zu sehen Gelt auffzubringen / aber es scheinete vnmöglich / also weil nunmehr die Burgerschafft vmb ihr baares Gelt / Gold /Silbergeschirr vnd Kleinodien gäntzlich gekommen / hat man sich resolvirt / den Soldaten Zin / Kupffer vnd Kleider anzubieten. Darauff gieng den 10. Junii das Exequiren widerum an. War ein kläglicher Tag / konnte kein Burger dem andern helffen / bald hörte man wie die Soldaten da / bald dort eingefallen / vnd Gelt presseten. Den 13. Junii war der Rath widerumb arrestirt / vnd Soldaten in der Burger Häuser geschicket / von manchem 200/300/400 biß in 500 fl. zuerpressen: Da man sich dann mit ihnen vergleichen / oder so lang zu Essen vnd zu Trincken geben müssen. Wie sich dann befunden / dass sie auff die 2049. fl. von den Burgern in ihren Häusern erpresst: auch 160. Kühe vñ 60. Pferdt ihnẽ weg genom̃en / solches auch vnder grossem heulen vnd wehklagen der armen Burger / vnd ihren kleinen Kindern fort biß nach Ochsenhausen getriben / doch hernacher widerumb allher gebracht / vnd auff 30. Stuck an ihrer Forderung in behalten. Als man ihnen nun satisfaction gegeben / an Vieh / Gelt / Geltswerth vnd Obligationen / etlich tausent Gulden betreffent / seyn sie (die vom Beckischen Regiment) den 17. Junii weggezogen / worauff die Stadt widerumb etwas Lufft / vnd die Schlüssel zu den Thoren bekommen. Es befande sich nach ihrem Abzug / als die Rechnungen von Biberach / Ravenspurg / Kauffbeuren / Leutkirch vnd vnserer Stadt zusamen getragen wurden / daß die Beckische [Johann Freiherr v. [der] Beck [Bec]; BW] Soldaten / diese bemelte Stätt innerhalb 5. Monaten auff die 130000. fl. gekostet“.
[36] Koller: Brustwams aus Leder oder starkem Leinen; Jacke, Unterjacke, Strickjacke. Die qualitativ hochwertigen Elchslederkoller der Offiziere kosteten 1632 zwischen 12 und 20 Reichstaler, bei guter Verarbeitung teilweise bis zu 45 Reichstaler (zum Vergleich: ein kompletter Kürassierharnisch war bereits für 12 Reichstaler zu haben). Der einfache Soldat trug dagegen, wenn überhaupt, ein Wams aus Rindsleder.
[37] Exaktion: a) Eintreibung, b) Geschoss (allgemeine Vermögensabgabe).
[38] Reitzenhain; heute Ortsteil von Marienberg [Erzgebirgskreis].
[39] LEHMANN, Kriegschronik, S. 110. Lehmann datiert nach dem alten Stil.
[40] „Hunger- und Haberland“: Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann und Pfarrer [11.11.1611-11.12.1688] berichtet; SCHMIDT-BRÜCKEN; RICHTER, Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann, S. 133: „Spottweise nennen dieses Gebirge die böhmischen Papisten und Mammelucken das Hunger- und Haberland, den beständigen Exulanten zum Schimpf, die sich meist bei der böhmischen Verfolgung von 1624 bis 50 in dieses Gebirge retterirt (= gerettet) und niedergelassen haben, teils sind (sie) wider hineingelaufen nach den Ägyptischen Fleischtöpfen, das davon ein Sprichwort entstanden: So lange ein Teil Exulanten in Beckers Psalter singen und was zuzubüßen haben, sind sie gute Lutheraner, wenn sie aber müssen in dem Habermann beten und schmal leben, da liefen sie wieder nach dem böhmischen Mehl und Knödlein“.
[41] Kontribution: Kriegssteuern, die ein breites Spektrum an Sach- oder Geldleistungen umfasste, wurden im Westfälischen als „Raffgelder“ bezeichnet; SCHÜTTE, Dreißigjähriger Krieg, Nr. 45, S. 127; LEHMANN, Kriegschronik, S. 34, Anm. (1632): „Contribution eine große straffe, Sie erzwingt alles, was sonst nicht möglich ist“. Sie wurde auf Grundlage einer Abmachung zwischen Lokalbehörden (zumeist Städten) und Militärverwaltung erhoben. Teilweise wurde den Juden eine Sondersteuer auferlegt (HOCK, Kitzingen, S. 92), um sich selbst einer zusätzlichen Belastung zu entziehen. Die Kontribution wurde durch speziell geschultes, z. T. korruptes Personal (vgl. WAGNER; WÜNSCH, Staffel, S. 122ff.) zumeist unter Androhung militärischer Gewalt oder unter Androhung des Verlusts des Bürgerrechts (das in Erfurt seit 1510 ab dem 16. Lebensjahr erworben werden konnte), des Braurechts, der Benutzung der Allmende, den säumigen Bürgern „das Handwerk zu legen“ etc. (vgl. NÜCHTERLEIN, Wernigerode), und der Zunagelung der Haustüren (JORDAN, Mühlhausen, S. 76 (1633)) eingetrieben. Den Zahlenden wurde als Gegenleistung Schutz gegen die Übergriffe des Gegners in Aussicht gestellt. Nicht selten mussten an die beiden kriegführenden Parteien Kontributionen abgeführt werden, was die Finanzkraft der Städte, Dörfer und Herrschaften sehr schnell erschöpfen konnte. Auch weigerte sich z. T. die Ritterschaft wie im Amt Grimma erfolgreich, einen Beitrag zu leisten; LORENZ, Grimma, S. 667. Vgl. REDLICH, Contributions; ORTEL, Blut Angst Threnen Geld, der diese Euphemismen für Erpressungen, erwartete oder erzwungene „Verehrungen“ etc. auflistet. Der Anteil der Kontributionsgelder an den Einkünften der Generalkriegskommissare und Kriegskommissare betrug bis zu 30 %. So erhielt z. B. der kurbayerische Kriegskommissar Christoph von Ruepp vom 18.1.1621 bis 30.4.1633 95.341 fl., davon 30.347 fl. Kontributionsgelder. DAMBOER, Krise, S. 51. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 268, über die schwedische Einquartierung Dezember 1633 in Osnabrück: Die Soldaten „sagen und klagen, sie bekommen kein geld, da doch stets alle wochen die burger ihr contribution ausgeben mußen, dan das kriegsvolck sagt, das ihr obristen und befehlhaber das geldt zu sich nehmmen und sie mußenn hunger und kummer haben, werden zum stehlen verursacht“. Der Flussmeister und Advokat Johann Georg Maul [? – nach 1656)] (1638), WAGNER; WÜNSCH, Staffel, S. 121: „Weil ich nun zu dieser Contribut[ion] wöchentlich 7 f geben müssen und nicht allemahl sogleich bezahlet habe, bin ich und die Meinigen zu verschiedenen mahlen ohngewarneter Weisse überfallen worden, und man hat mich dermaasen gequälet und gemartert, dass es einen Steine in der Erdte erbarmen möchte, sonderlich in der Heilgen Zeit, am 5. Jan[uar] 1638, da ich eines kleinen Resto wegen von 6 vollgesoffenen Soldaten, der einer, der Berth genannt unter dem Obristen [Heinrich; BW] von Schleiniz, den Degen über mich gezogen, mein Weib, so dazwischen gelaufen, am Arme verwundet, den Gürtel von Leibe in drey Stücken gerissen und solche Grausamkeit verübet, dass es nicht zu beschreiben, vielweniger von Christlichen Menschen geglaubet werden kann, mitler weile, als dieser Berth also mit mir chargierte, haben die andern 5 Bösewichter gemauset, was sie angetroffen, unter andern mir einen Fisch Otter, so man an die Arme stecket, mein Kamm Futter mit aller Zugehör vor 5 f, allerhand Geräthe ohngefähr 8 f, so ich nicht wieder bekommen können“. Aus der Stausenbacher Chronik des Caspar Preis für 1648, ECKHARDT; KLINGELHÖFER, Bauernleben, S. 69: „Im Jahr 1649 in dem Monadt October seind wir einmal der Hessischen Conterbutzion erleitigt worden. Dem allmächtigen, ewigen, barmhertzigen, liben, trewen Gott, dem Vatter aller Gnaden, sey ewigen Lob, Ehr und Preiß gesagt in alle ewigkeit. Amen. In dem schweren Joch der hesischen Conterbutzion seind wir gemartert, gepeinigt und gequället worden zwantzig gantzer Jahr. Ach du mein Gott und mein Herr, wie mancher armer redtlicher ehrlicher Man hatt doch das Seinige musen verlasen und mit dem Rück ansehen und sich in die Fremde begeben musen wegen der Conterbutzion und des gemarterten Bludtgelts. Es ist doch in Wharheit nichts anders dan der armen Leuth Schweiß und Blutt“. Vgl. VOGEL, Leipzigisches Geschicht-Buch, S. 443: „Den 11 Junii [1631; BW] zur Nacht hat sich eines vornehmen Doctoris Frau im Brühl / welches mit schwermüthigen Gedancken beladen aufm Gange im Hembde an eine Quele erhencket / weil sie / wie man sagte / denen Soldaten Quartier und Geld geben müssen / welche 2 alte Weiber loßgeschnitten / von Todtengräbern abgehohlet / und den 13. dieses mit einer kleinen Schule begraben worden“. Der Anteil der Kontributionsgelder an den Einkünften der Generalkriegskommissare und Kriegskommissare betrug bis zu 30 %. So erhielt z. B. der kurbayerische Kriegskommissar Christoph von Ruepp vom 18.1.1621 bis 30.4.1633 95.341 fl., davon 30.347 fl. Kontributionsgelder. DAMBOER, Krise, S. 51. Die Kontribution wurde oft auch zweckentfremdet; vgl. SEMLER, Tagebücher, S. 23 (1633): „Man sagt, daß die von Bodman ohngefahr 30 thaler für ihre contribution dem obrist leüttenant [Edlinstetten; BW] alhie, alß ihrem vettern, zu hannden gestellt, darmit sie ihme genůgsambe satisfaction geben, er aber diß gellt dem apotegger zutragen laßen mit begeren, solle ihme darumb confect schickhen. Da man vnß aber bereden wollen, auß disem contribution gellt werde man die soldaten beklaiden vnd in daß veld ausstaffieren“. Die ausführlichste Darstellung der Erpressung von Kontributionen durch Besatzungstruppen findet sich bei NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 73ff. => Hrastowacky in den „Miniaturen“. VOGEL, Leipzigisches Geschicht-Buch, S. 443: „Den 11 Junii [1631; BW] zur Nacht hat sich eines vornehmen Doctoris Frau im Brühl / welches mit schwermüthigen Gedancken beladen aufm Gange im Hembde an eine Quele erhencket / weil sie / wie man sagte / denen Soldaten Quartier und Geld geben müssen / welche 2 alte Weiber loßgeschnitten / von Todtengräbern abgehohlet / und den 13. dieses mit einer kleinen Schule begraben worden“. In den bei Angriffen und Belagerungen ohnehin gefährdeten Vorstädten waren die Kontributionsleistungen geringer. Allerdings bestand hier auch immer die Gefahr, dass die Vorstädte entweder vom Feind abgebrannt oder seitens der Stadtkommandanten abgerissen oder abgetragen wurden, um dem Feind keine Verstecke zu bieten und um ein freies Schussfeld zu haben.
[42] 1 Tonne Gold = 100.000 Reichstaler.
[43] Generalfeldzeugmeister [schwed. General för Artilleriet]: Der Generalfeldzeugmeister war Befehlshaber der dritten, wenn auch teilweise gering geschätzten Truppengattung, der Artillerie; bei Beförderungen wurden die vergleichbaren Ränge bei der Kavallerie, dann der Infanterie bevorzugt. Der Rang umfasste das Kommando über Artillerie. Er erhielt nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630) monatlich 1.200 fl.Ihrem Befehlshaber fielen die sogenannten „Glockengelder“ [Geld, womit eine eroberte Stadt, die sich vom groben Geschütze hat beschießen lassen, ihre Glocken und ihr Kupfergeschirr, welches alles herkömmlich der Artillerie des Eroberers heimfällt, wieder erkaufen oder einlösen muß. KRÜNITZ, Enzyklopädie Bd. 19, S. 192], zu, wenn man während der Belagerung etwa bei Sturmläufen hatte die Glocken läuten lassen, was nach dem „Recht“ des Siegers 12.000 fl. [zum Vergleich: 1634 wurde ein Bauernhof mit 8.-1.000 fl., ein kleines Schloss mit 4000 fl. veranschlagt; MATHÄSER, Friesenegger, S. 51] und mehr sein konnte. Vgl. auch HOCHEDLINGER, Des Kaisers Generäle. Ihm unterstanden die Schanzmeister und die Brückenmeister, zuständig für Wege-, Brücken-, Lager- und Schanzenbau sowie die Anlage von Laufgraben vor Festungen.
[44] Ernst Roland, Baron de Grysort [Grisart, Chrisom], Graf v. Suys [Soise, Soisse, Sois, Suis, Suise, Suisi, Soy, Suse, Suy, Suyss, Duys] u. Tourabel [ -1645], kaiserlicher Generalfeldzeugmeister.
[45] General(feld)wachtmeister [schwed. Generalmajor]: Bei den hohen Offizierschargen gab es in der Rangfolge „Generalissimus“, „Generalleutnant“, „Feldmarschall“, „Generalfeldzeugmeister“, auch den „General(feld)wachtmeister“, den untersten Generalsrang im ligistischen Heer. In der Regel wurden Obristen wegen ihrer Verdienste, ihrer finanziellen Möglichkeiten und verwandtschaftlichen und sonstigen Beziehungen zu Generalwachtmeistern befördert, was natürlich auch zusätzliche Einnahmen verschaffte. Der Generalwachtmeister übte nicht nur militärische Funktionen aus, sondern war je nach Gewandtheit auch in diplomatischen Aufträgen tätig. Der Generalfeldwachtmeister entsprach rangmäßig dem Generalmajor. Der Generalmajor nahm die Aufgaben eines Generalwachtmeisters in der kaiserlichen oder bayerischen Armee war. Er stand rangmäßig bei den Schweden zwischen dem Obristen und dem General der Kavallerie, bei den Kaiserlichen zwischen dem Obristen und dem Feldmarschallleutnant. Die Bezeichnung ergab sich aus seiner ursprünglichen Aufgabe, der Inspektion der Feldwachen und dem Überwachen der Aufstellung der Brigaden und Regimenter im Felde und beim Marsch.
[46] Duarte [Edward] de Braganza [Briganza, Breganz, Bragança v. Portugal] [30.3.1605-3.9.1649 Mailand], kaiserlicher Generalwachtmeister. Immer noch unverzichtbar ALBRECHT, Dom Duarte de Bragança.
[47] Regiment: Größte Einheit im Heer, aber mit höchst unterschiedlicher Stärke: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl. eines Reiterregiments von 1.200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[48] Stück: Man unterschied Kartaunen [Belagerungsgeschütz mit einer Rohrlänge des 18-19-fachen Rohrkalibers [17,5 – 19 cm], verschoss 40 oder 48 Pfund Eisen, Rohrgewicht: 60-70 Zentner, Gesamtgewicht: 95-105 Zentner, zum Vorspann nötig waren bis zu 32 Pferde: 20-24 Pferde zogen auf einem Rüstwagen das Rohr, 4-8 Pferde die Lafette]; Dreiviertelkartaune: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 16-17faches Kaliber, schoss 36 Pfund Eisen. Vgl. MIETH, Artilleria Recentior Praxis. Halbe Kartaune: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81. Sie hatte eine max. Schussweite von 720 Meter; DAMBOER, Krise, S. 211. Viertelkartaune: „ein stück, welches 12 pfund eisen treibt, 36 zentner wiegt, und 24 kaliber lang ist. man hält diese stücke in den vestungen für die allerbequemste“ [DWB]. Meist als Feldschlange bezeichnet wurde auch die „Halbe Schlange“: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 32-34-faches Kaliber (10,5-11,5 cm), schoss 8-10 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 22-30 Zentner, das Gesamtgewicht 34-48 Zentner. Als Vorspann wurden 10-16 Pferde benötigt; die „Quartierschlange“: 40-36-faches Kaliber (6,5-9 cm), Rohrgewicht: 12-24 Zentner, Gesamtgewicht: 18-36 Zentner, Vorspann: 6-12 Pferde; Falkone: 39-faches Kaliber Rohrgewicht: 14-20 Zentner, Gesamtgewicht: 22-30 Zentner, Vorspann: 6-8 Pferde; Haubitze als Steilfeuergeschütz, 10-faches Kaliber (12-15 cm), zumeist zum Verschießen von gehacktem Blei, Eisenstücken („Hagel“) bzw. Nägeln verwendet; Mörser als Steilfeuergeschütz zum Werfen von Brand- und Sprengkugeln (Bomben). Angaben nach ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 575ff. Pro Tag konnten etwa 50 Schuss abgegeben werden. „Vom Nürnberger Stückegießer Leonhard Loewe ist die Rechnung für die Herstellung zweier jeweils 75 Zentner schwerer Belagerungsgeschütze erhalten, die auf den heutigen Wert hochgerechnet werden kann. An Material- und Lohnkosten verlangte Loewe 2.643 Gulden, das sind ca. 105.000 bis 132.000 Euro. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus diesen ‚Halben [?; BW] Kartaunen’ kosteten fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81; SCHREIBER, Beschreibung, bzw. Anleitung, 3. Kapitel.
[49] Johann Georg I. Kurfürst v. Sachsen [5.3.1585 Dresden-18.10.1656 Dresden].
[50] Kartaune, halbe: langläufiges Geschütz mit großer Reichweite, Rohrlänge 22-faches Kaliber (15 cm), schoß 24 Pfund Eisen. Das Rohrgewicht betrug 40-45 Zentner, das Gesamtgewicht 70-74 Zentner. Als Vorspann wurden 20-25 Pferde benötigt. ENGERISSER, Von Nördlingen, S. 579. Das Material und der Feuerwerker-Lohn für den Abschuss einer einzigen 24-pfündigen Eisenkugel aus den „Halben Kartaunen“ kostete fünf Reichstaler – mehr als die monatliche Besoldung eines Fußsoldaten“. EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 81. Sie hatte eine max. Schussweite von 720 Meter; DAMBOER, Krise, S. 211.
[51] Feuermörser, Mortier: Steilfeuergeschütz, dessen Rohre aus geschmiedeten Schienen bestanden, die, wie bei einem hölzernen Fass, durch eiserne Reifen zusammen galten wurden. Bei einem Kaliber von bis zu einem Meter Durchmesser waren die Feuermörser bis zu 2, 50 m lang und wurden vor dem Abschuss in die Erde eingegraben. Ihre Stahlkugeln hatten eine sehr steile Flugbahn, man konnte mit ihnen also hinter Mauern schießen. Sie dienten auch zum Werfen von Brand- oder Sprengkugeln (Bomben) mit einem Kugelgewicht zwischen 25 Pfund (1/16 Mörser) und mehreren Zentnern (ganzer Mörser, Kaliber 5-15 Zoll). Nach Pflummerns Aufzeichnungen konnte man mit ihnen Kugeln von 100 Pfund und mehr werfen; SEMLER, Tagebücher, S. 68. Vgl. auch die Abbildung bei FREYTAG, Der Dreißigjährige Krieg Bd. 1, S. 89.
[52] Diskretion: Gnade oder Ungnade.
[53] Standarte: Bezeichnung für die auch bei der Reiterei üblichen Fähnlein: die kleinste Gliederungseinheit beim Fußvolk, im 17. Jahrhundert allmählich durch die Bezeichnung „Kompanie“ verdrängt. In der kursächsischen Armee bestand ein Regiment zu Fuß aus 10 „Fendl“: ein Fähnlein umfasste ca. 300 Mann (100 Pikeniere, 160 Musketiere, 20 Hellebardiere und 20 Rundschildner). Es gliederte sich wiederum in Rotten von 10–15 Mann, die von einem Rottmeister angeführt wurden.
[54] Obergewehr, Oberwehr: zum Obergewehr gehörten Karabiner, Flinten, Musketen, Hellebarten, Partisanen, Piken, Spontons, Kurzgewehre.
[55] Torgau [LK Nordsachsen]; HHSD XI, S. 467ff.
[56] Viktualien: Lebensmittel; das zum Lebensunterhalt Erforderliche, was auch für Einquartierungen galt. Aus der Verpflegungsordnung Tillys vom 16.10.1623 geht hervor, welche Mengen an Nahrungsmitteln in den besetzten Gebieten zur Verfügung gestellt bzw. durch Zahlungen (als Teil des Soldes, der nicht oder nur in großen Abständen eintraf) abgelöst werden mussten. So hatte bereits ein Rittmeister samt Anhang pro Tag Anspruch auf vier Maß Wein, zwanzig Maß Bier, zwanzig Pfd. Brot, zwölf Pfd. Fleisch, zwei Hennen und ein halbes Schaf – dazu kamen die üblichen Extravaganzen, die aus weit entfernten Orten geholt wurden – , was natürlich auch für seine Dienerschaft berechnet war. So forderte der Obristleutnant Christian Vitzthum von Eckstädt [um 1586-1652] im Februar 1627 wöchentlich von Stolberg; ZEITFUCHS, Stolberg, S. 273: „1. Korb Rosinen grosse und kleine. 2. Hüte des besten Zuckers. 6. Pfund Mandeln. 2. Pfund Ingber 1. Pfund Pfeffer (ganz) Ein halb Pfund Nägelein [Gewürznelken]. Ein viertel Pfund Saffran. 1. Pfund ganzer Zimmet. 1. Pfund Muscaten-Blumen. Ein viertel Pfund Muscaten-Nüsse. Von allerley Confect und eingemachten Sachen / so viel dessen wöchentlich von nöthen sey. 1. Schock Pommeranzen und Citronen. 3. Pfund Parmesan Kese. 4 Fäßgen rothe Rüben. 1. Fäßgen Gurcken / Capren / und 1. Fäßgen Oliven. 1. Fäßgen Limonien und eins Pommeranzen-Schalen. 1. Fäßgen eingemachten Ingber. Ein halber geräucherter Lachs. Ein halber grüner Lachs. 20. Pfund Stockfisch. 8. Pfund geräucherter Ahl. 6. Pfund dürre Forellen. 1. Viertel Centner Ungarische Pflaumen. 5. Pfund Reiß. 4. Pfund Hiersen beneben der Milch dazu vonnöthen 60. Pfund Butter samt 4. Schock Käse. Ein halb gut wohl gemästetes Rind. 3. Kälber. 4. Läm̃er. 8. Hüner. So viel grüne Fische / als man wöchentlich bedarff. 2. Faß Bier. 1. Faß Breyhan. Ein Eymer des besten Rheinischen Weins. 1. Stein Lichte. 1. Scheffel Saltz. 12. Scheffel Hafer alle Tage auf 14. Pferde / auch Heu und Streu / so viel man von nöthen. 1. Maaß Kirchmuß und 1. Zwiselber Muß. 2. Schock Aepfel / wie auch grosse und kleine Nüsse. Weiß und schwarz Brodt / so viel die Woche aufgeht“. Zu den ungewöhnlicheren Süßwaren zählte „manus christi“ („Hand Christi“), der man Heilwirkung nachsagte und von der Stadt Naumburg 1632 für Gustav II. Adolf beschafft werden musste; BORKOWSKY, Schweden, S. 47. Dabei handelte es sich dabei meist um eine Stange gekochten Zuckers, die mit Veilchen, Zimt oder Rosenwasser gewürzt war. Häufig enthielten diese bonbonähnlichen Stangen auch Blattgold. Nach anderen Rezepturen war es ein besonderer Sirup. Ein Berittener oder Knecht in der Musterung hatte immerhin noch zwei Pfd. Fleisch, drei Pfd. Brot, eine Maß Wein und drei Maß Bier zu fordern – drei bis fünf Maß Bier je nach Geschlecht pro Tag galten auch sonst als üblich – , was zur raschen Auszehrung einer Landschaft führte, zumal die eingeforderten Naturalabgaben im Laufe der Zeit noch weiter anstiegen und von Jahr zu Jahr neue Verpflegungssätze erforderten.
[57] Kompanie (auch Freifahne), die keinem Regiment und keinem Regimentsstab unterstellt war. Bei den Kaiserlichen waren dies Hannemann, Unger und Augustin. => Freireiter.
[58] Konstantin Lehmann [Lehman, Leheman] [ – ], kursächsischer Hauptmann.
[59] Abraham Klug [Kluge] [ – ], kursächsischer Hauptmann.
[60] Großenhain; HHSD VIII, S. 135f.
[61] Georg Friedrich Graf v. Schlick [Schlik, Schlich] [ -6.3.1642 bei Mansfeld], kaiserlicher Obrist.
[62] Zwickau [LK Zwickau]; HHSD VIII, S. 380ff.
[63] Saalfeld [LK Saalfeld-Rudolstadt]; HHSD IX, S. 369ff.
[64] LEHMANN, Kriegschronik, S. 123f. Lehmann datiert nach dem alten Stil.
[65] Hunger: Hungerkrisen traten durch Missernten, Wettereinflüsse, Truppendurchzüge, Einquartierungen, Erntezerstörungen, Pferde- und Viehdiebstahl immer wieder auf. Oftmals blieb nur die Flucht ins Heer oder der Anschluss an den Tross. So hatten sich 2.000 hungernde Eichsfelder Pappenheims Soldaten angeschlossen. Ein Berittener oder Knecht in der Musterung hatte immerhin noch zwei Pfd. Fleisch, drei Pfd. Brot, eine Maß Wein und drei Maß Bier pro Tag zu fordern – drei bis fünf Maß Bier je nach Geschlecht pro Tag galten auch sonst als üblich – , was zur raschen Auszehrung einer Landschaft führte, zumal die eingeforderten Naturalabgaben im Laufe der Zeit noch weiter anstiegen und von Jahr zu Jahr neue Verpflegungssätze erfordern. Vom Verpflegungsansatz her war dies eine gewaltige Kalorienmenge, entsprachen doch drei Pfd. (gutes) Brot allein bereits etwa 3.750 kcal. Rechnet man noch über 2.000 kcal für das Fleisch hinzu, ohne Bier und Wein, so wird eine Kalorienzahl zwischen 6.000-7.000 kcal erreicht, was dem Zweieinhalb- bis Dreifachen eines durchschnittlichen Tagesbedarfs entsprochen hätte. Das war wohl Anfang des 17. Jahrhunderts nur Privilegierten vorbehalten, während die Gemeinen nur unzureichend verpflegt wurden. HIPPEL, Bevölkerung, S. 422, schätzt den täglichen Nahrungsbedarf in Württemberg auf knapp 2.400 kcal pro Tag. Vgl. BEHRENDS, Chronik, S. 145f. (1636): „Man gab den Armen von jedem Backvorgang ein Brot, […] welches damals als Krieg, Pest und Hunger hieselbst gar übel hauseten, von armen Leuten nicht für eine geringe Gabe gehalten ward, sintemal man damals oft weder Brot noch Bier und Geld haben konnte, und viele, meistenteils aber die Soldaten Hunde und Katzen, Pferde- und Menschenfleisch fraßen und nicht einmal bekommen konnten“. 1641 heißt es über die Prignitz: „So sind auch alle Dörfer so gar verwüstet, verödet, universaliter et particulariter in Brand gesteckt, die Untertanen Hungers und des milites immanitet [Unmenschlichkeit, Rohheit] halber gestorben und ins Elend [Ausland] verlaufen, dass man in dem ganzen Kreise nach angestellter fleißiger Inquisition bloß 373 Bauersleute, die doch etliche gar wenig ausgenommen, weder Hunde noch Katzen, weniger etliche Lebensmittel haben, besonderen sich vom Obste und wohl ganz unnatürlichen Speisen aufhalten müssen, gefunden worden“. HERRMANN, Ländliche Bevölkerung, S. 86. Der Bieberauer Pfarrer Minck (1635); KUNZ; LIZALEK, Südhessische Chroniken, S. 261: „Durch diesen Hunger verschmachteten viele Leut dermaßen, daß nichts als Haut und Bein an ihnen war, die Haut hing ihnen am Leib wie ein Sack, waren ganz schwarz-gelb, mit weiten Augen, gepläcketen Zähnen, grindicht, krätzig, gelbsichtig, dick geschwollen, febricht [= fiebrig], daß einem grauete, sie anzusehen“. ZILLHARDT, Dreißigjähriger Krieg, S. 161f. (1635): „Dan auß diser teürung und hungersnot ist entstanden noch ein jamer uber alle jamer, nemlich ein sterbet und pestelentz, das vüll taußendt menschen sind zu grundt gangen durch hunger, krieg und pestelenz. Dan durch den hunger ist von denen armen menschen vüll greüwlich und abscheüliches dings auffgefressen worden. Alls nemlich allerley ungereimbten dings: hundt und katzen, meüß und abgangen vüch, roßfleisch, das der schinder und meister uff dem vassen sein fleisch von dem abgangne vüch, als roß, hundt und andere thier, ist hingenomen worden, und haben dannoch einander drumb gerißen und für köstlich gut gehalten. Es ist auch für gut gehalten worden allerley kraut uff dem feld: die distel, die nesle, schersich, hanefüeß, schmerbel, schertele. In suma allerley kraut ist gut gewessen, dan der hunger ist ein guter koch, wie man im sprichwort sagt“. Vgl. auch die Lebensbeschreibung des Gottfried Andreae (1637); DOLLINGER, Schwarzbuch, S. 321: „Doch im Jahr 1637 stieg das Elend auf’s höchste, nachdem kaum 200 Bauern in der untern Pfalz mehr übrig waren, da die übrigen teils an Hunger und Pest bereits gestorben, teils von den Kaiserlichen erwürgt oder als Soldaten weggeschleppt worden waren … Der Hunger aber zwang die Leute zu den unnatürlichsten Nahrungsmitteln: Gras, Kräuter, dürre und grüne Baumblätter, Felle von Tieren; Hunde, Katzen, Ratzen, Mäuse, Frösche und faulendes Aas waren gesuchte Bissen. Die Hungernden erschlugen einander selbst, verzehrten sie, durchwühlten Gottesäcker, erstiegen Galgen und Rad und nahmen die Toten zur Speise weg“. Notiz aus dem Pfarrbuch von Mauern (LK Neuburg/Donau) für 1648: „Viele haben aus Hunger Roßmist gegessen, der Feind hat alles fort; es ist nichts angebaut worden. Viele sind Hungers gestorben, die Überlebenden nähren sich von Wurzeln und Baumblättern und sind froh um die Häute der gefallenen Pferde“. [frdl. Mitteilung von Herrn Fahmüller, Pfeffenhausen]. Der Kitzinger Pfarrer Bartholomäus Dietwar [1592-1670] über 1649; DIETWAR, Chronik, S. 91: „Etliche tausend bayerische Bauern bettelten mit Weib und Kind durchs Land. Darunter waren auch Mörder. Sie stahlen und raubten was sie konnten. Das war Gottes sichtbare Strafe dafür, dass der Kurfürst von Bayern im 30jährigen Kriege viele Tausend armer Leute gemacht hatte. Darum war sein Land im vorigen Jahre durch die Schweden und Franzosen wieder verdorben worden, also dass seine Leute von München und Landshut her das Frankenland durchliefen, das gebettelte Brot dörrten und heim nach Bayern trugen“. Aus Nördlingen wird anlässlich der Belagerung 1634 berichtet; KESSLER, Belagerung, S. 38: „Um diese Zeit sind die Rosse wegen Mangels an Futter so erkrankt und so matt geworden, daß sie häufig einfach hingefallen und verendet sind. Von dem S. H. Schinder Jörg Schmid sind hinter dem Feilturm 2 große Gruben gegraben und die Pferde darin verscharrt worden. Die Armen und Bettelleute aber haben sich auch dabei befunden und haben, wenn man die Pferde hat vergraben wollen, aus großem Hunger ziemlich große Stücke davon herausgeschnitten, das Selbige gekocht und von solchem ihren Hunger gestillt, und gebüßt. Die armen Leute sind zur Nacht, um 12 Uhr, über solches Aas gekommen und haben es davon getragen“. KESSLER, Belagerung, S. 63: „Die kaiserlichen, spanischen, welschen, französischen und deutschen Soldaten sind gleichsam aus dem ausgebrannten Turm herundergefallen und jämmerlich aufeinander gelegen. Die armen Tagelöhner haben die gebratenen Schulterblätter von den Achseln abgenommen und für gutes Schweinefleisch gefressen“. Auch Regimenter wie das des kurkölnischen Obristen Hugo v. Tyrell[i] lösten sich wegen Hunger auf. Der Salemer Mönch Bürster (1644); WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 196: „Dan ehe muoß der burger sterben zehen mal, ehe der soldat verderben ainmahl“. HÄVECKER, Chronica und Beschreibung, S. 96 (Calbe 1642): „Uber dieses ist dieser Ort auch mit Theurung und Hungersnoth nicht verschonet geblieben. Denn Ao. 1642. hat ein Scheffel Rocken 3. Thl. und mehr gegolten / und man das Getreyde allhier nicht einmal darum erlangen können / sondern es hat dasselbe von andern Orten müssen geholet werden; Die nun kein Geld gehabt / es so theur zu bezahlen / haben sich mit geschroteten Bohnen / Erbsen- und Gersten-Brod behelffen müssen / so aber auch beynöthig gewesen. Dahero viel arme Leute statt des Korns / mit Knoten-Kafft / Wurtzeln aus der Erden sich sättigen / und das Kraut auf dem Felde kochen und essen müssen. Und weil eben in derselben Zeit die Engel- und Schottländer in der Stadt gelegen / sind derer viel wegen Mangel des Brods gestorben / und haben einige den Hunger mit Pferdefleisch zu stillen gesuchet / und das Fleisch des verreckten Viehes gegessen“. Der Zeitzeuge Hanns Kahn aus Klings/Rhön; LEHMANN, Leben und Sterben, S. 172 (1638): „Das Getreide wurde [von den Soldaten] weggeführt. Kein Bauer hatte mehhr Lust zu säen. Keiner hatte mehr Lust zu arbeiten, weil er es doch nicht genießen konnte. Es kam nur das Nötigste in die Erde, und dieses hatten die Soldaten gestohlen. Es kam eine böse Hungersnot. Viele sind gestorben. Die schwedischen Reiter und die Kroaten mussten sich mit kleinem Brot begnügen. Unser Brot gestand damals aus gemahlenen Eicheln, Wicken und wenigem Korn. Die solches hatten, konnten froh sein. Manch reicher Mann ist aus Hunger gestorben […] Man sieht oft, dass es Menschen in der Not an jeder Erklärung mangelt. Mit gesottenem Gras und Aasfleisch glaubten viele, dem Hunger zu entgehen und starben erst recht an den abscheulichen Sachen, die sie verschlangen“. Vgl. auch die zeitgenössische Darstellung von VINCE, Lamentations, S. 35ff. Z. T. sollen sich die verhungernden Soldaten regelrecht zu Tod gefressen haben; PASTORIUS, Kurtze Beschreibung, S. 117 (1634): „Den 26. Decembris zogen die Soissischen Soldaten hinaus / und kamen dargegen 3. Compagnien Schwaben herein von dem Freybergischen Regiment / die hatten meistenteils alle Weiber und 5. biß 6 Kinder / alle sehr verhungert / die frassen alles aus / was sie bekommen kunten / mit solcher Begierde und in solcher Mäng / daß etlichen der Wanst zersprang. Zween Soldaten hatten 35. Glös und 3. Spital Laiblein Brods uff einen Sitz gessen / hatte der eine noch ½ Glos im Munde / da er starbe“. Der Chronist Georg Friedrich Dhein berichtet über die Zustände in der Festung Hanau (1636); KURZ, Das Leben, S. 132: „Und da unter denen Scharmützel von Freund und Feind ein wohl gehaltenes Pferd erlegt wurde, gingen viele des armen Volks hinaus, rissen sich um das Aas, brachten von dem stinkenden Fleisch so viel als möglich war zu ihrem Unterhalt herein, wie denn auch sonsten Pferde-, Esel- und Hundefleisch gekochet wurde auf dem Markt verkaufet. Katzen estimirte man vor Wildbret und etliche allzu Fleisch begierige Leut handelten dem Scharfrichter gedörrtes Schindfleisch ab zu ihrer Speis“. Als Ersatz nahm man auch Gras oder Kräuter, „da viele hundert Menschen schwere Krankheit, Lähmung, Scharbock und die Mundfaulung bekamen, auch etliche Menschen sind auf der Gassen verschmachtet und niedergefallen, auf welches vielfältige Elend so mancher sehr zu Herzen genommen, sehr viele public und privat Almosen gereichet worden, wiwohl dem Elend nicht zu steuern gewesen“. Hungersnot: BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 118f.: „Anno 1638 ist wieder eine Theuerung nach dem vorigen Krieg und der Pest erfolget, so daß ein Leipziger Scheffel [103, 83 Liter; BW] um 10 G[ulden; BW]. Verkauft worden. Dahero weil die Armen es nicht bezahlen, auch vor den Thüren nichts mehr kriegen kunten, so wurden vor großem Hunger Hunde und Katzen geschlachtet, ja das Aas von dem Schindanger [=> Schindanger; BW] geholet und gefressen, und wollte wenig zureichen, deßwegen viel Leute verhungert und in den Misthaufen gestorben, so vorhin auf dem Lande schöne Güter gehabt; daselbst viel arm Volck sich von hier nach dem Altenburgischen gewendet, woselbst sie auch erhalten worden; Es haben sich auch einige gutthätige Hertzen gefunden, die den Armen wöchendlich ein oder zweymahl zu gewissen Tagen Brod haben mitgetheilet, worunter der Herr Superintendent D. Leyser, Herr Archediakonus M. Rinckard, Herr Bürgermeister Müller wie auch andere wohlhabende Bürger sich mit befunden haben, dass iedweder einen oder zwei Scheffel [1 Scheffel = 112, 15 Liter, BW] kauffte und das hiervon gebackene Brod unter die Armen austheilete, so wollte es doch nicht zulangen, denn die Menge war zu groß, weil offt vor einem solchen Hausse 4, 5, 6 bis 800 Menschen an Männern, Weibern und Kindern gestanden, welche einander sehr gedrenget, darunter viel Leute vom Lande, so vor dem Kriege nicht vor 800 oder 1000 Gulden, ja wohl nicht vor 2000 Gulden gegeben hätten. Wenn nun die Leute ein bißgen Brod erhalten, haben sie es nicht flugs gegessen, sondern nur daran gerochen und haben Gelegenheit gesuchet, ob sie einen Hund oder eine Katze damit fangen können. Wenn sie denn einen Hund bekommen, haben sie denselben an einem Strick bey sich geführet, denen wohl 20 oder 30 arme Leute beyher gefolget, gleichsam als wenn sie mit dem Hunde zu Grabe gehen wollten. Wenn sie nun vor die Stadt auf den Graben kommen sind, da haben sie geschlachtet und gebraten, was sie bekommen, da ist auf dem Graben um die Stadt herumb ein klein Feuer nach dem anderen gewesen, darbey die armen Leute gekocht und an hölzernen Spießen gebraten, was sie nur bekommen. Denn wenn der Cavaller [Abdecker, BW] mit dem Karn ein Aas hinausgeführet, ist das arme Volck häuffig nachgelauffen, und haben ein Stück nach dem anderen davon abgeschnitten. Oder wenn eine Kuh verworfen und das Kalb gleich unzeitig gewesen, haben sie es doch geholet, gekocht, gebraten und alles gegessen. Ja es war das arme Volck so abgemattet und verhungert, daß sie gingen, als wie die Schämen (!) [Schemen; BW] war Gottes Strafe so groß, daß sie gleichsam nicht kunten wegkommen oder an andere Oerter lauffen, sondern lieber hier verhungerten, da es doch, wie obgedacht, im Altenburgischen und an anderen Orten nicht so teuer, auch noch eher Brod vors Geld oder vor den Türen zu bekommen war, als hier. Sonderlich aber wenn der Abend herbey kahm, da hätte es oftmals einen Stein erbarmen mögen, wie das arme Volck winselte und die Nacht über in den Misthauffen schrie und bath. Eins rufte hier, das andere dort, tausendmahl um Gottes-Willen umb ein bißgen Brod, oder nur um ein Krümelgen; ein anders etwa umb ein Trünklein Wasser oder Kosent [Kofent = Dünnbier; BW] und dergeleichen, daß man froh war, wenn es wieder Tag wurde; denn das Elend und große Geschrey kunte man ohne hefftige Gemüths-Bewegung nicht ansehen oder anhören“. Hunger führte u. a. zu Kannibalismus; vgl. „Gründtlicher vnnd warhaffter Bericht / vnnd Erzehlung Der Vorhin vnerhörten Thaten vnd abscheulichen Exempel“ (1638), ohne Seitenangabe: „Herman Seidel / ein frommer Mann / von Offenburg / welcher zu Lichtenau eine Schwester / die Ihm sehr lieb gewesen / vnd derhalben seinen Sohn zu hir geschicket / mit ein wenig nahrung / dieser Knabe kömmet vngehindert fort / alß er nach Lichtenaw kömbt / vnd niemand findet / auch schon im widerkehren ist nach hause zugehen / kömmet er ohn gefehr bey ein Fischerhäußlin / da ers rauchen sihet / vnd wie denn die Jugend vorwitzig / lauffet er hinzu / vnd wird eines Weibes gewar / die beim heerde sitzt / vnd kochet / vnd beynebens schrecklich heulet und weinet / neben dem heerde hencket ein Kind an einem stecken / welcher durch beyde Waden gangen / vnd dz Kind den kopff vnter sich gehangen / ist auffgeschnitten vnd geschlachtet / dieser Knabe lauffet mit angst vnd furcht vmbgeben / biß er nach Offenburg kombt / sagts seinem Vater / dieser zeigts der Obrigkeit an / vnd muß dieser Knabe mit einer ziemlich starcken Guarnison dahin / welchs also befunden / vnd das Weib gleich auch essend vnd weinend finden / haben aber vom Kinde noch funden die 2. Vntertheil / den lincken Arm / vnd Kopff / das andere hat sie schon verzehret gehabt: vñ ist diß Weib / nebenst dem Kinde auff Offenburg genommen worden: alß man sie aber gefraget: wie sie solchen Mord vnd Todschlag gleichwol vbers Hertze bringen können ? hat sie darauff geantwortet / sie hette es nicht gethan / sondern der grausame Hunger / dessen quall vnmenschlich were /das vbrige wolte sie der Obrigkeit befehlen zu verantworten. Hat aber nur 16. Tage nach diesem gelebet“.
[66] Soldatenkrankheiten: Als Soldatenkrankheiten galten Rote Ruhr, Pocken, Grippen, Typhus, „die apokalyptischen Reiter des 17. Jahrhunderts“, sowie Skorbut, Blattern und Syphilis – diese, schon im 16. Jahrhundert gleichbedeutend mit „Landsknecht“ verwandt und meist von den Soldatenhuren übertragen wurde, wurde (IRSIGLER; LASSOTTA, S. 210ff.), nur durch einen Absud aus verschiedenen Baumarten behandelt wurde – traten zusammen mit der Pest auf. Vgl. MÜHE, Gandersheim, S. 66: „Auch scheint die Zahl der Opfer nicht so groß gewesen zu sein, wie man gewöhnlich annimmt. Zwar schreibt der Rat am 12.7.1626 an Obristleutnant Allen nach Bockenem, daß ‚bey uns die eingerissen gewesene Peste, welche in schleuniger eill den einen vnd andern ehe den mans recht gewahr worden hinwegk nimpt, die heuser vnd gassen ledich vnd an der bürger Zahll einen großen riß macht, also gar daß wir auch vor wenig tagen noch einen newen Gottsacker ersehen müssen‘. Das klingt sehr erbärmlich, ist aber aus dem Grunde unzweifelhaft übertrieben, weil man damit eine Kompagnie Einquartierung abhalten wollte“. Das des Öfteren erwähnte Auftreten der Beulenpest hatte jedoch mit den Truppenbewegungen wenig zu tun. Bevölkerungsverluste durch Peste, wie endemische Krankheiten seit dem Mittelalter mit diesem Sammelbegriff bezeichnet wurden, traten vor allem dort auf, wo die einheimische Bevölkerung bereits durch Unterernährung und Überanstrengung ohnehin geschwächt war. Hinter der Kopfkrankheit oder dem Hauptweh verbarg sich angeblich die Enzephalitis, die während des Sommers häufig erkennbar ist. Vgl. dagegen den Eintrag des Pfarrers Lucas, Trusen (1637), der richtig von der „Ungarischen Krankheit“ ausgeht; LEHMANN, Leben und Sterben, S. 151: „[…] großes Hauptweh, hitziges Fieber dazu, danach die Rote Ruhr geschlagen, gehabt und daran gestorben. Man hält das jetzige grassierende hitzige Fieber für die Ungarische Krankheit, so ohne allen Zweifel in dem langwierigen Kriegswesen von den Kroasten und anderen fremden Völkern in Deutschland ist eingeführt und gebracht worden“. 1631/1632 wird aus Bautzen berichtet: „Worauff die Churfl. Armee fortgangen / und mehr dann in die 500. zur Besatzung hier gelassen / unterwelchen / nachdem sie vorhin zu sehr erfroren und verhungert gewesen / hier aber sich zu gehling mit Speiß und Tranck übernommen / sind sie an hitzigen Fieber / Hauptwehe und Soldaten-Kranckheit so häuffig dahin gestorben / daß man sie Fuderweise zu 3/4/5/6/ und mehr hat auf einem bretern Wagen / wie sie gangen und gestanden / in ihrer Kleidung zu begraben / heraus geführet: Solche Einquartirung der krancken Soldaten hat gewähret biß auffs 1632. Jahr hinaus / das es um Johannis zur Pest ausgeschlagen / und die Bürgerschafft / Jung und Alt / angefallen / also daß ihr biß an Weyhnachten heran / viel 100. biß an 1000. die Soldaten zugleich mitgerechnet / gestorben seyn“.MARTINI; ZEIDLER, Kurtzer Anhang und Bericht, in: ZEIDLER; ZEIDLER, Tabeera Budissinae, S. 100. Im Tross mitlaufende, verseuchte Pferde und Rinder verbreiteten die Ansteckung in den umliegenden Bauernhöfen. Auch in Tillys Lager wütete die Pest, die jedoch unter den besser verpflegten und besser untergebrachten Offizieren weniger Opfer forderte. Wohl aus diesen Gründen wurden größere Auseinandersetzungen vermieden, da in den ausgezehrten Quartieren an Leine und Weser Massensterben durch endemische Krankheiten, hervorgerufen durch Unterernährung und Überanstrengung, und Desertion, z. T. liefen die Soldaten vor den Lagerseuchen davon, auftrat. Vgl. auch LAMMERT, Geschichte der Seuchen, S. 258 (1646). Der Ausbruch von Lagerseuchen (1626, nach dem Bericht des braunschweig-lüneburgischen Kapitäns Daniel Meyer) führte teilweise zur Massendesertion; Hauptstaatsarchiv Hannover Cal. Br. 16, Nr. 1141. 20-25 % Ausfälle pro Jahr sind wohl realistisch.
[67] Meuterei, meutination, meutation: Meutereien waren schon kurz vor dem eigentlichen Dreißigjährigen Krieg eine ständige Begleiterscheinung innerhalb der Heere. Der hessen-kasselische Obrist Widmarckter schildert die z. T. drakonische Niederschlagung mehrerer Meutereien (1617) in Frankreich; GRÄF, Söldnerleben, S. 116f.: „20. Hatt Brearts Compagnia im Furüberzihen für Grand [ bei Sauvigny; BW] meinem Quartir meutiniren wollen, aber durch meine Gegenwart abgeschreckt worden. 21. Montaults Compagnia so auß Anregung Brearts Soldaten meutiniren wollen. Darzu ich kommen und zum Theill mitt harten, zum Theill mitt gutten Worten zu Frieden gesprochen. Darauf ihn Brearts und Effern Quartir geritten, die Soldaten fur mich gefordert, ihnen Fehler verwiesen und nach vorhergangener Demütigung, verzihen und also an dem Ort diese beyden Mutinationen gestillet. Alß ich aber von dannen in mein Quartir nach Andelot reitten wollen, treffe ich hart fur Brearts Quartir im freien Földe deß Obristen Fendlein in Schlachtordnung ahn, so gleichfallß meutiniren wollen. [fol. 204v] Auf welche ich so balde mitt bloßem Degen geeilet, in die Schlachtordnung geritten und manchen gutten Streich fließen laaßen und die Anfänger dieser Meutination begehret, deren sie mir auch endlich 2 volgen lassen. Hab solche dem Provos gelieffert und befohlen, mitt ihnen nach dem Quartir Andelot zu eylen, dahin ich mich gleichfalß verfüget. Beyde arme Sünder von dem Flecken führen lassen und, weill damals mein Scharfrichter entlauffen, dem einen dass Leben geschenkt, wofern er den andern erwürgete. So er acceptiret, sich an seinen Gesellen gemacht und nach großem Wiederstand sein Meister worden, auf der Erde erwürget und volgents stranguliret. Den toden Cörper hab ich ahn einen Hügell setzen und einen Brieff Meutinirer an die Brust hefften lassen, damit er von den Soldaten und Regiment gesehen wurde“. Der Stadtarzt Gabriel Furttenbach [1640-1716] von Leutkirch (unter 1619); GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel Bd. 3, S. 106f.: „Den 25. Dito [1619]. Donnerstag Morgens sein abermahlen alle Fahnen auff bemeltes Feld Commandiert und Gemustert worden. Alß nun ein Soldat von Erazheimb Gebürtig / ein armer Tropff und Baursmann / umb fl. 7. deß Monats nicht Dienen / sondern fl. 8. haben wollte / hat sich der Herr Obriste [Johann Fuchs; BW] über ihn so hefftig Erzürnt / daß Er andern zu einem Exempel solchen den Scharpffrichter (nicht daß er ihne ohne weitern Befelch Hinrichten solle) in seinen Handen zugeben Befohlen: Demnach aber der Profos Caspar Tenger von Rothweil mit dem armen Tropffen zugeschwind fortgefahren / ihne zwar nochmalen erinnert die benannte Besoldung ohne widerred anzunemmen / oder ihme für einen Steckenknecht Zudienen / Er aber solches nicht thun / sondern ehender Sterben wolte / hat der Profos denselbigen / ohne weitere Ordre deß Obristen / welcher schon Perdon zugesagt hat / an einen Baum am Heggelbacher Weg Auffhencken lassen. Warüber aber der Obriste und Soldaten übel zufriden gewesen / und deßwegen diser Profos sich mit Leib und Leben dem Regiment Verschreiben miessen“. LAHRKAMP, Werth, S. 71f.: „Aber auch Werths Reiterregimenter litten Not und wurden schwierig; ein Symptom war, daß am 8. März [1637; BW] im Regiment Gayling [von Altheim] eine ernsthafte Meuterei ausbrach. Die Reiter lagen in Quartieren im Amte Ahrweiler, in Bodendorf und um Breisig. Der Tumult entstand in der Kompanie des Rittmeisters Ley, der einen Plünderer hatte verhaften lassen. Seine Kameraden rotteten sich zusammen und suchten ihn mit Gewalt zu befreien. Als der Regimentsführer, der Obristleutnant von Cronenburg, der für den verwundeten Gayling das Kommando führte, energisch einschritt und einen Reiter insultierte, wurde er mit etlichen Schüssen niedergestreckt. Seine Leibkompanie geriet mit den Meuterern ins Feuergefecht, wobei es auf beiden Seiten Tote und Verwundete gab. Am 12. März umstellten Reiter der Regimenter Werth und Lothringen, die eiligst aufgeboten waren, mit 600 Musketieren das meuternde Regiment. Mit Strenge wurde durchgegriffen: sechs Reiter wurden im Angesicht ihrer entwaffneten Kameraden gehenkt; einer sprang aus Verzweiflung in den Rhein und ertrank, sechs wurden arretiert. Vorher waren bereits fünf Mann gefallen, drei weitere desertiert“. Vgl. auch die Schilderung einer Meuterei und ihrer Niederschlagung (Mai 1642) unter dem Regiment Wolf von der Lippe; NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 222f. Vgl. WASSENBERG, Florus, S. 563ff., über die Meuterei französischer Truppen in Breisach (März 1644) wegen des seit 8 Monaten ausgebliebenen Solds. Johann Heinrich (Freiherr) von Bartels ist bekannt geworden durch den hart bestraften Aufruhr in seinem Regiment im Winter 1648/49 in Hilpoltstein. Nach Grimmelshausens Darstellung, der 19 Hinrichtungen erwähnt, waren La Pierre und Elter, unter dem Grimmelshausen Regimentsschreiber war, mit der Niederschlagung der Meuterei beauftragt; KELLETAT, Grimmelshausen. Simplicianische Schriften, S. 212. Einer der Meuterer ging als „Oliver“ durch Grimmelshausen in die Literatur ein. Das Dragonerregiment Bartels hatte 1647 übrigens nur einen Ausländeranteil von 9, 6 %; KAPSER, Militärorganisation, S. 67; bzw. S. 64ff. Das THEATRUM EUROPAEUM Bd. 6, S. 778, berichtet: „Bey vorhabender Exauctoration / hat sich unterdeß Herrn Obristen Barthels Tragoner-Regiment (so vor diesem Herr Obrister Creutz gehabt / und in der Abdanckung nicht begriffen) als welches mit der 3. Monatlichen Bezahlung nicht zu frieden seyn wollen / ein unvermutheter Auffstand ereygnet / daß der Obrist und Obrister Lieutenant von ihnen entreitten müssen; darauff die Rebellen sich in das Schloß Hilpoldstein retiriret: Weilen nun des Herrn Generals und Feldmarschallen von Enckefort [Adrian v. Enckevort (1603-1663); BW] Excell. in continenti etliche hundert Mann zu Roß und Fuß auff sie außcommandirt / diese auch das Schloß umbsetzt / und Stücke auffgeführt, haben sich die Empörte Mittwochs den .. April gutwillig ergeben. Darauff hat man das Regiment im freyen Feld zusammen geführt / disarmirt / von newem schweren / etliche Rädelsführer gefangen nehmen und aufhencken lassen. Als solches geschehen / ist mehrgedachtes Tragoner-Regiment / biß auff weitere Ordre / hinwiederumb auß einander gelegt / und folgenden Freytags das commandirte Volck nach Amberg / auch in andere dero Quartiere zurück gezogen. Sonsten ist unterm Dato 22. Aprilis st: vet. Nachricht eingelangt / daß / nach dem die Rebellen von mehrbenanntem Barthlischen Tragoner-Regiment durch Gewalt wiederumb zum Gehorsamb gebracht / geviertheilt / 14. Reuter / theils gehenckt und enthauptet / viel unredlich gemacht / und ohne Abschied fortweg gejagt worden“. Im „Springinsfeld“ (KELLETAT, Grimmelshausen. Simplicianische Schriften, S. 212f.), heißt es: „Unter währendem Stillstand wurde unser Regiment nach Hilpoldstein, Heideck und selbiger Orten herum gelegt, da sich ein artliches Spiel unter uns zugetragen. Denn es fand sich ein Korporal, der wollte Obrister sein, nicht weiß ich, was ihn für eine Narrheit dazu angetrieben; ein Musterschreiber, so allererst aus der Schul entlaufen, war sein Secretarius, und also hatten auch andere von seinen Kreaturen andere Officia und Ämter; viel neigten sich zu ihm, sonderlich junge ohnerfahrne Leut, und jagten die höchsten Offizier zum Teil von sich, oder nahmen ihnen sonst ihr Kommando und billige Gewalt; meinesgleichen aber von Unteroffizieren ließen sie gleichwohl gleichsam wie neutrale Leut in ihren Quartieren noch passieren; und sie hätten auch ein Großes ausgerichtet, wenn ihr Vorhaben zu einer anderen Zeit, nämlich in Kriegsnöten, wenn der Feind in der Nähe, und man unserer beiseits nötig gewesen, ins Werk gesetzt worden wäre; denn unser Regiment war damals eins von den stärksten und vermochte eitel geübte, wohlmontierte Soldaten, die entweder alt und erfahren, oder junge Wagehälse waren, welche alle gleichsam im Krieg auferzogen worden; als dieser von seiner Torheit auf gütlichs Ermahnen nicht abstehen wollte, kam Lapier und der Obriste Elter mit kommandierten Völkern, welche zu Hilpoldstein ohne alle Mühe und Blutvergießen Meister wurden, den neuen Obristen vierteilen, oder besser zu sagen, fünfteilen (denn der Kopf kam auch sonder) und an vier Straßen auf Räder legen, 18 ansehnliche Kerl aber von seinen Prinzipal-Anhängern zum Teil köpfen, und zum Teil an ihre allerbesten Hälse aufhängen, dem Regiment aber die Musketen abnehmen, und uns alle auf ein neues dem Feldherrn wieder schwören ließen“. Vgl. auch die Meuterei im Regiment Steinecker in Schweinfurt (1649); BECK, Geschichte der Verschwörung; => Christoph v. Steinaecker [Steinecker] [1612-1671]. „Das blutigste Schauspiel dieser Art aber, welches 14 Tage lang die Umgebung mit neuen Kriegsunruhen ängstigte, spielte sich im Juli 1650 in Anhalt ab. Durch unklare Nachrichten über die Absichten der Schweden aufgebracht, nahmen die unter dem Befehle des Oberst-Lieutenants Israel Isaaksohn, welcher als ein habsüchtiger und roher Mensch bekannt war, hier einquartierten Reiter ihre Offiziere plötzlich gefangen und forderten stürmisch Sold und Abschied. Nur mit genauer Not entging Isaaksohn dem Tode; da er nachwies, dass der das nötige Geld zur Ablöhnung noch nicht zur Hand habe, wurde er entlassen unter der Bedingung, dass er ihnen dasselbe in Erfurt verschaffe. Er begab sich aber sofort zu den Truppen, welche mittlerweile von Süden zur Unterdrückung der Rebellion in Bewegung gesetzt waren, liess die Aufrührer, deren Anzahl noch etwa 450 Mann betrug, umzingeln und an 33 Rädelsführern trotz seines gegebenen Wortes und trotz des Wehegeschreis der Soldatenweiber erbarmungslos das Todesurteil vollstrecken“. LORENTZEN, Schwedische Armee, S. 188f. William Crowne [1617 – 1682], Lordsekretär, Offizier, Mitglied des Parlaments und 1636 Reisebegleiter des Thomas Lord Howard, Earl of Arundel and Surrey, berichtet über die Kämpfe Gustav II. Adolfs an der Alten Veste bei Zirndorf: „Der König von Schweden hatte hier drei seiner Soldaten für den Mord an zweien seiner Kommandanten und das Überlaufen zum Feind pfählen [im Original „set upon poles alive“] lassen. Nachdem die Schlacht ausgefochten war, hatte man die Soldaten gefangen genommen und hingerichtet“. RITTER; KEIL (Hgg.), William Crowne, S. 36.
[68] Harald [Haraldus, Harl] Stake [Starck, Stacks] [20.6.1598 Hönsäter-28.9.1677 Hönsäter], schwedischer Obrist. Vgl. SCHLÖZER, Schwedische Biographie 1. Bd., S. 459ff.; vgl. die Erwähnungen bei BACKHAUS, Brev 1-2.
[69] Profoss: Militärischer, vielfach gefürchteter Offiziant, der die Einhaltung der Kriegsbestimmungen und Befehle, der Lager- und Marschordnung überwachte. Der Profoss zeigte die Zuwiderhandelnden beim Befehlshaber an, nahm sie fest, stellte sie vor Gericht und vollstreckte das vom Kriegsrichter (dem Auditeur) gesprochene Urteil. Er ersetzte dadurch den Scharfrichter, der nicht immer beim Regiment vorhanden war. Dabei unterstützten ihn Knechte und Gehilfen wie der Profosslieutenant. Es gab einen Profoss für jedes einzelne Regiment und einen Generalprofoss (auch „Generalgewaltiger“ genannt) für die gesamte Armee. Der Profoss hatte ferner die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel vor den Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Er überwachte gegen eine Abgabe der Händler oder Marketender den Lagermarkt. Zudem oblagen ihm die Einrichtung der Latrinen und die Reinigung des Feldlagers von den Fäkalien, die Entfernung toter Tiere. Einmal pro Woche wenigstens sollten die Quartiere durch die Huren und Trossbuben gereinigt werden, zur Aufsicht wurde auch der Hurenwebel (aufsichtsführender Organisator des umfangreichen Trosses) herangezogen. Mitglieder des Trosses, der immer wieder Gesindel aller Art anlockte, konnten zudem zu den kräftezehrenden und verachteten Schanzarbeiten und anderen Hilfsarbeiten herangezogen werden. Hier hatte der ihm unterstellte Hurenwebel die Aufsicht. Diese wichtige Funktion war für einfache Soldaten die wohl einzige militärische Aufstiegsmöglichkeit. Der Hurenwebel besaß einen eigenen Leutnant als Stellvertreter und wurde zudem vom Rumormeister unterstützt. Der Profoss und dessen Leutnant sollten zudem beim Verlassen der Quartiere die Huren und die Trossbuben aus den Quartieren vertreiben und dafür sorgen, dass alle Feuer gelöscht waren. Seine Aufgabe war es auch, die Gefangenen hinter dem Regiment herzuführen. Er erhielt monatlich 30 fl. (Kavallerie) bzw. 60 fl. (Fußtruppen). LAHRKAMP, Kölnisches Kriegsvolk; Schwedisches Kriegs-Recht; BERG, Administering justice, S. 6. Der Stadtarzt Gabriel Furttenbach [1640-1716] von Leutkirch (unter 1619); GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel Bd. 3, S. 106f.: „Den 25. Dito [1619]. Donnerstag Morgens sein abermahlen alle Fahnen auff bemeltes Feld Commandiert und Gemustert worden. Alß nun ein Soldat von Erazheimb Gebürtig / ein armer Tropff und Baursmann / umb fl. 7. deß Monats nicht Dienen / sondern fl. 8. haben wollte / hat sich der Herr Obriste [Johann Fuchs; BW] über ihn so hefftig Erzürnt / daß Er andern zu einem Exempel solchen den Scharpffrichter (nicht daß er ihne ohne weitern Befelch Hinrichten solle) in seinen Handen zugeben Befohlen: Demnach aber der Profos Caspar Tenger von Rothweil mit dem armen Tropffen zugeschwind fortgefahren / ihne zwar nochmalen erinnert die benannte Besoldung ohne widerred anzunemmen / oder ihme für einen Steckenknecht Zudienen / Er aber solches nicht thun / sondern ehender Sterben wolte / hat der Profos denselbigen / ohne weitere Ordre deß Obristen / welcher schon Perdon zugesagt hat / an einen Baum am Heggelbacher Weg Auffhencken lassen. Warüber aber der Obriste und Soldaten übel zufriden gewesen / und deßwegen diser Profos sich mit Leib und Leben dem Regiment Verschreiben miessen“.
[70] Muskete [schwed. musköt]: I. Die Muskete war die klassische Feuerwaffe der Infanterie. Sie war ein Gewehr mit Luntenschloss, bei dem das Zündkraut auf der Pulverpfanne durch den Abzugsbügel und den Abzugshahn mit der eingesetzten Lunte entzündet wurde. Die Muskete hatte eine Schussweite bis zu 250 m. Wegen ihres Gewichts (7-10 kg) stützte man die Muskete auf Gabeln und legte sie mit dem Kolben an die Schulter. Nach einem Schuss wichen die Musketiere in den Haufen der Pikeniere zurück, um nachladen zu können. Nach 1630 wurden die Waffen leichter (ca. 5 kg) und die Musketiere zu einer höheren Feuergeschwindigkeit gedrillt; die Schussfolge betrug dann 1 bis 2 Schuss pro Minute (vgl. BUßMANN; SCHILLING, 1648, Bd .1, S. 89). Die zielfähige Schussweite betrug ca. 300 Meter, auf 100 Meter soll die Kugel die damals übliche Panzerung durchschlagen haben. Die Treffsicherheit soll bei 75 Metern Entfernung noch 50 % betragen haben. Die Aufhaltewirkung war im Nahbereich sehr hoch, die Getroffenen sollen sich förmlich überschlagen haben. Je nach Entfernung sollen jedoch im Normalfall nur 5-7% aller abgegebenen Schüsse eine Wirkung im Ziel gehabt haben. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß. Zudem rissen sie auf etwa 10 Meter Entfernung etwa dreimal so große Wundhöhlen wie moderne Infanteriegeschosse. Ausführlich beschrieben wird deren Handhabung bei ENGERISSER, Von Kronach nach Nördlingen, S. 544ff. Eine einfache Muskete mit Forquette (Stützgabel), Bandelier und Kugelform kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Die Muskete löste das Handrohr ab. Die ab 1630 im thüringischen Suhl gefertigte schwedische Muskete war etwa 140 cm lang bei einer Lauflänge von 102 cm und wog etwa 4,5 – 4,7 kg bei einem Kaliber von zumeist 19,7 mm. Sie konnte bereits ohne Stützgabel geschossen werden, wenngleich man diese noch länger zum Lade- und Zielvorgang benutzte. Die Zerstörung Suhls durch Isolanos Kroaten am 16./26.10.1634 geschah wohl auch in der Absicht, die Produktionsstätten und Lieferbetriebe dem Bedarf der schwedischen Armee endgültig zu entziehen. BRNARDÍC, Imperial Armies I. Bis 220 Meter konnte man noch unter günstigen Voraussetzungen eine Trefferquote von 25 % erzielen. ENGERISSER, Von Kronach, S. 552: „Ab ca. 200 m Entfernung waren Musketenschüsse unter normalen Feldbedingungen gegen gepanzerte Soldaten praktisch ohne Effekt und ab 300 m verursachten sie gegen Ungepanzerte auch nur noch Prellschüsse. Die maximalen Schussweiten mit einer gut passenden und verdämmten Kugel lagen bei 350-400 m, d. h. nach spätestens 400 m senkte sich eine waagrecht abgeschossene Kugel in den Boden“. Vgl. „Luntenschloßmuskete, Suhl um 1630“. Online verfügbar unter: engerisser.de/Bewaffnung/Luntenschlossmuskete.html. Da die Treffgenauigkeit der Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. II. Es gab auch Jagdmusketen mit kleinem Kaliber und langem Lauf, die von Scharfschützen verwendet wurden. Zum Teil machte man aus Unberittenen Dragoner, in denen man ihnen Musketen gab. SCHWARTZ, Die Neumark, S. 52. Da die Treffgenauigkeit der Musketen mit glattem Lauf auf die übliche Kampfentfernung von maximal 150 Metern unter 20 Prozent lag, wurde Salvenschießen bevorzugt. Der Preis für eine Muskete lag je nach Qualität zwischen 4 und 6 Rt., also zwischen 6 und 9 fl.
[71] Kalmar [Prov. Kalmar län].
[72] Von 1642 – 1653.
[73] ENGLUND, Verwüstung, S. 240.
[74] Johann Sigismund [Jan Zigmund] Freiherr Mislík [Myslík, Misslig, Mißling, Mistling, Mislich, Mißlich] v. Hyršov [Mislík z Hyršova] [1606-3.11.1666], kaiserlicher Feldmarschallleutnant.
[75] Jan Černin z Chudenic der Ältere [ – ].
[76] Scharmützel: Unter Scharmützel (ital. „scaramuccia“: Geplänkel, Plänkelei, Treffen) verstand man eines der vielen kleineren Gefechte oder Handgemenge, aus denen dieser Krieg bestand. Kleinere Armeeeinheiten oder Streifkorps, z. T. auch größere Verbände von bewaffneten Bauern (vgl. Harzschützen), traten hier in einen zeitlich wie örtlich begrenzten Kampf ein. Auch Schlachten wurden zumeist mit Scharmützeln oder Plänkeleien eröffnet. Scharmützel waren in der Regel gekennzeichnet durch äußerste Brutalität. Allerdings konnten sie auch Auslöser eines größeren Treffens, einer Schlacht oder eines Krieges werden. Oft wurden Vor- oder Nachhut von Heeren durch Kroaten angegriffen, die in diesem kleinen Krieg bevorzugt eingesetzt wurden. Zum Teil kam es auch wegen der fehlenden Uniformierung zu verlustreichen Kämpfen mit eigenen Einheiten. oder „neutralen“ Einheiten. Am 15.1.1648 traf die kursächsische Besatzung Annabergs auf eine kaiserliche Streifschar, die man für Schweden hielt: „Beym Stillstand im Lande und instehenden Frieden ist doch im Gebürge beym Städtlein Thum ein seltzamer Scharmützel vorgegangen / indem dem 15. Jan. der in Annaberg liegende Obrist-Wachtmeister / Rudolph von Neitschütz / mit seinen zwo Compagnien auff den so genannten blinden Valentin / einen Kayserl. Rittmeister / welcher eine Raub-Parthie geführet / getroffen / daß bey diesem verwegenen Unternehmen unterderschiedliche geblieben und viel blessiret worden / auch in dieser scharffen Rencontre noch mehr auffgerieben werden sollen / wo nicht angeregter blinder Valten und Rittmeister Hanß Ernst einander erkennet und darauff beyderseits Partheyen von einander abgeführet hätten […]. Und dieser Thumische Scharmützel heisset catachrestice [seit der antiken Rhetorik unlogischer Gebrauch eines verwandten statt des nicht vorhandenen Ausdrucks] die Thumer Schlacht / wie Ihn weyland der gemeine Mann genennet hat“. MELTZER, Historia, S. 1363; ARNOLD, Annaberg, S. 283f.; GROHMANN, Obererzgebirge, S. 208. Der Erzgebirgschronist LEHMANN, Kriegschronik, S. 169f., datiert diesen Vorgang allerdings auf 1647: „Bey dem armistitio zwischen Chur-Saxen und denen Schwedischen wahr auch außbedinget worden, daß der Churfürst die streiffende rotten einfangen und sie verfolgen solte; das befahle der Churfürst allen Seinen regiementern in lande, und musten auch die 2 Compagnien, so auf den Annenberg, die Straßen bereiten und denen Mausparthien wehren. Nun wahr der keyßerliche leutenandt, insgemein der blinde Valtin [Valten Hanke; BW] genandt, mit 80 Pferden, meist Freyreutern auß Lignitz nach Erfurt und Eisenach gegangen den 12. Januarii, hatte bey Eckersberg die leipziger Fuhrleute, welche eine wagenburg gemacht und sich gewehret, theils uberwaltiget, 10 Personen todt geschoßen und 20 beschedigt, dargegen 2 tode gelaßen und ezliche beschedigte mitgenommen, darmit kam er biß nach Burckersdorf ins gebirg, griff do wieder die Leipziger fuhr an auß den gebirg. Alß solches die 2 Compagnien uff den Annenberg untter den Obrist-Wachmeister Rudolph von Neidschiz gehöret, sindt sie Churfürstlichen Befehl zue folge ihm entgegengezogen, derselben auf freyen felde bey den Städtlein Thum auf einer höhe angetroffen. Rittmeister Landtmann [Langmann] nimmt einen Cornet mit 20 Pferden zu sich, jagt voran und fragt, warumb er als freundt in Meißen so raube und streiffe, und weil der Valten kein gut word giebet, greyffen Sie beyde zum gewehr, Landtmann trift den Valten in arm, Valten aber schießt Landtmann auch wundt und den Cornet todt, seine reuter schneiden die beuten und Säcke voll sammet und seiden von Pferden und schoßen Sich mit den Churfürstlichen eine Virtelstunde herumb, daß von Churfürstlichen der Ritmeister (bekam 3 schöße), 1 leutenandt, 1 Cornet und 5 reuter tödtlich, 7 beschedigt. Der blinde Valten hatte 16 beschedigte, ließ 5 reuter und seine beute hinder sich und ging eilendt in Böhmen. Das ist geschehen den 15. Januar Freytag nach den 1. Sontag Epiphanias. Die keyßerlichen waren meist feste [durch magische Praktiken kugelfest, BW] sonst würden sie mehr eingebüst haben. Der Cornet wurde den 3. Februar zum Annenberg in die kirche begraben“.
[77] BADURA; KOČĺ, Der große Kampf, Nr. 1038.
[78] Vgl. BINGEL, Das Theatrum Europaeum; SCHOCK; ROßBACH; BAUM, Das Theatrum Europaeum.
[79] Dresden; HHSD VIII, S. 66ff.
[80] Andreas v. Haugwitz [Haubitz, Haubig, Heubitz, Hangwitz] v. Biskupice [1603-26.4.1639 Dippoldiswalde], schwedischer Rittmeister, Obristleutnant, kursächsischer Obrist.
[81] Erfurt; HHSD IX, S. 100ff. Vgl. STIEVERMANN, Erfurt, S. 35ff.
[82] Unterschleif: hier Unterhalt; an auch Betrug; Unterschlupf.
[83] Halle a. d. Saale; HHSD XI, S. 177ff.
[84] Dessau-Roßlau; HHSD XI, S. 77ff.
[85] Magdeburg; HHSD XI, S. 288ff.
[86] THEATRUM EUROPAEUM 4. Bd., S. 105.
[87] Maria v. Linnestau [20.12.1616-1660], in 1. Ehe mit Lüdert [Lydert, Lutter] v. Stralendorff [Strahlendorf, Strallendorff] [ -1638], schwedischer Obrist, in 2. Ehe mit Johan[n] Björnsson Printz.
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