Quernheim [Quernheimb], Arndt von
Quernheim [Quernheimb], Arndt von; Obrist [29.10.1600 Vechta-8.1. oder 15.1.1639 Benfeld] Arndt von Quernheim [Quernheimb] stand zuletzt als Obrist in schwedischen Diensten.
In seiner Leichenpredigt[1] heißt es: „[…] Anno 1612. vnd also in dem zwölfften Iahr seines Alters / ist er von der Grävlichen Frawen von Wid / wie auch folgends von Herren Graven Ernsten zu Sayn vnd Wittgenstein[2] gen Hoff auffgenommen / ond an beeden Orthen / als ein Page biß in das sechzehende Iahr seines Alters vnterhalten worden. Von dar hat er sich auff seiner Eltern Profession in das Kriegswesen begeben. Vnd erstlich vnter Herren Graven von Styrumb[3] für einen Reuter gedienet / biß er nachgehends seiner Tapfferkeit vnnd guten Verstands halben / vnter Hertzog Christian von Braunschweig zu andern Officien befördert worden. Darauff er sich hernach zu weiland Herren Graven Philipps Reinharden von Solms / als selbiger von Herren Feldmarschalcken Graven von Pappenheim [Ende S. 19] in der Vestung Wolffenbeutel[4] belägert worden / begeben / vnd alda neben andern tapffern Kriegsdiensten zu Roß vnd Fuß / fürnemblich / der Artolerey für gestanden / vnd sich darinn solcher massen erzeigt / daß er hernach die Tag seines Lebens / vmb so viel desto mehr aestimirt worden. Nach dem aber angeregte Vestung Nohthalben auffgegeben werden müssen / hat er sich mit gedachtem Herren Graven / nicht allein an die Königliche Höffe / so wol nach Stockholm in Schweden / als auch Coppenhagen in Dennenmarck / sondern auch endlichen an den Keyserlichen Hoff nach Wien begeben. Bey allen diesen Potentaten hat er sich der gestalt verhalten / daß er Ruhm vnd Ehr davon getragen. Anno 1630 ist er von Herren Graven Philipps Moritzen von Hanaw zu Hanaw[5] erfordert / vnd ihme zu defension selbiger Vestung vnd namhafften Statt eine Compagni zu Fuß vbergeben worden / da er sich abermahls dermassen erzeigt / daß er bey menniglichen in grosse aestimation kommen. Eben selbigen Iahrs / hat er sich auch den 29. Maii mit der WolEdelgebornen Frawen Catharina von Berenkot / seiner ietzmals hinderlassenen hochbetrübten Wittiben Ehelichen verheurahtet.
Als aber ihr Königliche Maiestät in Schweden / glorwürdigsten Andenckens / gemelte Statt Hanaw den 1. Novembr. Anni 1631. occupirt / hat er die ihme damaln auffgetragene Obrist Leutenantstell zu Fuß angenommen / vnd neun Monat der gestalt vertreten / daß seiner Ehr vnd Reputation nicht ein geringes zugewachsen. Hernach ist ihm die gelegenheit praesentirt vnd offerirt worden / daß er Obrister Leutenant [Ende S. 20] zu Pferd sein solte / welchem officio er ebenmessig neun gantzer Monat mit grossen Ruhm vorgestanden : in welcher zeit er auch bey Belägerung vnnd Eroberung hiesiger Vestung gewesen / vnd beneben seinen Reuterdiensten auch das Geschütz vnd Artolerey fürnemblich verwaltet / sich in allem so behertzt / Mannhafft vnd verständig erwiesen / daß ihr Excellentz Herr Feldmarschalck Gustavus Horn / dannenhero vervrsacht ihm in dem nächsten Iahr hernach das Commando dieser importirender Vestung vor vielen andern anzuvertrawen / massen er dann solche charge den ersten Aprilis / Anni 1633. bezogen. Weiln er nun seine dexterität / großeifferigen fleiß vnd trew in allem wol verspüren lassen / ist ihm in folgendem Iahr / nicht allein die OberAmptmannschafft / darzu anvertrawet / sondern auch die dignität der Obriststell vnd Gubernaments alhie / von freyem offerirt vnd angebotten worden / wie er dann auch damals also bald sein Regiment vollkomlich mit solcher Behändigkeit gerichtet / daß sich menniglich darüber verwundert / vnd die Generalität ein sehr grosses wolgefallen darob getragen.
Ist auch dabey nicht müssig geblieben/ sonder hat von hierauß / so offt es die Herrndienst / vnd deß gemeinen Wesens notturfft erheischet / daß seine im Feldt verrichtet : etliche Belägerungen vorgenommen / vnd allezeit als Dux felicissimus die erwüntschte Victori / Ehr vnd Reputation davon getragen. Seine Officirer / auch andere seines Regiments Soldaten / hat er wolgehalten / vnd nottürfftiglich versorget / auch die in das Ampt gehörige Vnderthanen nicht allzuviel / wie etwa an andern Orten beschicht / beschweret. Dan[n] [Ende S. 21] obwoln zu Vnterhaltung hiesiger Guarnison nothwendige Contribution eingezogen werden müssen / hat er die Sachen doch also zu disponirn vnd zu moderirn gewust / daß in der vmbligenden Refier das Landvolck bey Hauß bleiben / der Ackergang vnd Feldbaw ohngehindert bestelt worden / vnd also beedes der Soldat / so dann auch der Burger vnd Bawrsmann sein stücklein Brodts / vnd tägliche Vnderhaltung haben können / vnd nicht / massen an ohnzehlich viel Orthen beschehen / deß Hungers sterben dörffen. Ia wa nicht anderwertliche Feindliche Einfäll gehindert / kondte seiner Person halben diese Refier wol in besserem Zustand vnd flore, als irgend ein Orth im gantzen Römischen Reich / stehen“.
Quernheim war Kommandant der Festung Benfeld[6] [Abb. links] im Elsass, in der Werth, Enckevort, Wolff und Neuneck zu Glatt nach der verlorenen Schlacht bei Rheinfelden[7] [3.3.1638] interniert wurden.[8]
Das „Theatrum Europaeum“ berichtet: „Inzwischem solchem Verlauf [während der Belagerung von Elsass-Zabern[9] durch Bernhard v. Weimar; BW] / dieweil die Frantzosen sich im Elsaß also tapffer hielten / wolt Herr Commendant in Benfeldt Obr. Quernheim auch nicht Davus in fabula seyn / wie man sagt: zumahl die Käyserischen / als die Statt Elsaßzabern also attacquirt / das veste Stättlein Oberehenheim[10] wol mit 300. Mann von Bürgern und Bawren unter dem Commando deß Obr. Leutenant Briaumont von Barnevalischen [Borneval; BW] Regiment besetzt / also ihme in Benfelden einen Brill auff die Nasen gesetzt / welches bey ihme groß Nachdencken verursacht / daß dieselbe mittlerweil die ihme vertrawte Vestung incom̃odiren möchten / derwegen er mit Zuziehung etliches Frantzösischen Volcks gegen dem 8. 18. Junij sich dafür gemacht / und gleich folgenden Tags die Vorstatt überstiegen. Dieweil aber die in dem Stättlein sich mannlich opponirten / und der Ort an und vor sich selbst vest / als haben die Frantzosen angefangen zu approchiren / vorhabens das Volck zu sparen / unnd den Ort durch eine Mine zu bezwingen. Demselbigen nun hat er vom 8. Junio biß auff den 20. mit allem Ernst zugesetzt / die Minen / darauff er die gantze Blocquirung practicirt / verfertiget / uñ dieselbe untergrabẽ / biß er endlich den 23. dieses frühe vor Tag / an zweyen Orten / als nemlich einen Thurn uñ der Mawer / auffs newe damals wiederumb Preß zu schiessen anfangen lassen. Da nun solches eine weile continuiret worden / hat man indessen die Mine angezündet / welche dañ rectà unter der Belägerten Corps de garde gewesen / uñ ihren Effectum dermassen erhalten / daß sie dieselbe sampt 30. Mann darinnen / den größten Theil deß Thurns daran / uñ die Mawer deß Waals in die Lufft gesprengt / nächst welchem dieses memorabel, daß sie einen Soldaten von denselben / so in die Lufft gesprenget / ohne einigen erlittenen Schaden / in einen Weingarten herauß fliegend gemacht / welcher an dem Obr. von Benfelden stracks ist geführet worden / unrichtig / wie ihme geschehen. Darauff haben die dahin commandirte Frantzosen sich zwar an etlichen Orten impatronirt / ehe aber die Benfelder / so die Frantzosen deß Orts versichern sollen / etwas effectuiren können / haben sich die Käys. so starck præsentirt / unnd also resistance gethan / daß / ob wol ihrer viel darob ins Graß gebissen / gleichwol auch der Major von Colmar[11] / so den Tag zuvor erst ankommen / unnd viel andere prave Soldaten neben ihme / wol in 100. wie auch ein Capitäyn Mr. Mavier, ein trefflicher Ingenieur / 1. Leutenant von der Reuterey / 2. Fähndrich / 3. Serganten einbüssen müssen / welches dann die andern sehr vorsichtig gemacht / daß ob zwar ein ander Frantzösischer Capitäyn die Resolution gefaßt / sich mit den Belägerten zu vermischen / und also folgends in die Statt zu dringen / haben doch die gemeine commandirte Soldaten schlechte Lust darzu gehabt / wären auch gar wieder von dem Wall repoussirt worden / da nicht 100. außerlesene Benfelder-Knecht sie sustinirt unnd Lufft gegeben hätten / sich in etwas zu recolligiren / darüber dann die Belägerte weichen / und mit ziemlichen Verlust von Officirern und Soldaten das Thor treffen müssen. Inmittelst hat ein Benfeldischer Officirer einen Thurn / darauß ihnen bißhero ziemlich hart gesetzt worden / durch die gemachte Preß erstiegen / die Defendenten darauß getrieben / und ob wol so balden Feuer darein gestossen worden / nit ohne grosse Gegenwehr / erhalten / darauff / als man nun wenig mehr / das zu der Belägerten Vortheil hätte dienen mögen / vorhanden / endlich der Commendant zu Ehenheim umb 9. Uhr zu accordiren angefangen / daß zu beyden Theilen Geiseln gegeben / und sie darauff / Kriegs-Manier nach / abzuziehen licentirt worden“.[12]
Anfang September 1638 wurde der kaiserliche Obrist Weix [Weitzen] oberhalb von Drusenheim[13] von Quernheim überfallen und gefangen genommen.[14]
Quernheim verstarb nach seiner Leichenpredigt am 29.12./8.1.1639, nach anderen Angaben am 5./15.1.1639 in Benfeld. Die in Frankfurt/M.[15] erscheinende „Relationis[16] Historicae Semestralis Continuatio“ informierte ihre Leser zum Januar 1639: [S. 94] „Sonnabend den 5. 15. diß ist der berühmte Obrister / Herr von Quernheim / gewesener Commendant der Statt vnd Vestung Benfelden / an einem hitzigen Fieber[17] mit Todt abgangen / an dessen getrewen Diensten die Cron Schweden ein gnädigstes Gefallen getragen / weßwegen er auch von Jhrer Fürstlichen Gnaden Hertzog Bernharden[18] / vnd andern Obristen höchlich betrawret worden“.[19]
[1] NIGRINUS, Heinricus, Christliche Leichpredigt : Bey der Begräbnuß / Weiland deß HochEdelgebornen / Gestrengen Herrn/ Arnden von Quernheim / Der Königl: Mayt: zu Schweden/ [et]c. et]c. gewesenen Obristen und Gubernatoris, Auch Ober-Amptmanns der Vestung und Pfleg Bennfeld / welcher den 29. Decembr. deß 1638. Jahrs / ein kleines vor ein Uhr in der Nacht / sanfft und seelig in Jesu Christo seinem Ehren König entschlaffen: Folgends den 11. Januarii deß Jahrs 1639. mit gewohnlichen Ceremonien in der Kirchen daselbsten in sein Ruhkämmerlein beygesetzet worden. Gehalten / durch Heinricum Nigrinum, der Evangelischen Gemeind allda / p. t. Vicarium. Straßburg 1639 [VD17 7:704636N]. Den Hinweis auf diese Leichenpredigt verdanke ich Herrn Uwe Volz.
[2] Ernst zu Sayn-Wittgenstein-Sayn [26.8.1594-22.5.1632] ?
[3] Hier kommen a) Graf Hermann Otto von Limburg-Stirum [1592-1644] bzw. seine jüngeren Brüder b) Graf Friedrich Wilhelm von Limburg-Styrum [1594-1635] und c) Graf Johann Adolf von Limburg-Styrum [1596-1623] in Frage.
[4] Wolfenbüttel; HHSD II, S. 503ff.
[5] Hanau; HHSD IV, S. 199ff.
[6] Benfeld [Elsass; Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[7] Rheinfelden (Baden) [LK Lörrach]; HHSD VI, 659.
[8] LAHRKAMP, Werth, S. 98.
[9] Zabern [Saverne, Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[10] Oberehnheim [Obernai; Frankreich, Dép. Bas-Rhin].
[11] Colmar [Frankreich, Dép. Haut-Rhin].
[12] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 3, S. 664.
[13] Drusenheim [Dép. Bas-Rhin; Frankreich].
[14] HEILMANN, Kriegsgeschichte Bd. 2, S. 601.
[15] Frankfurt/M.; HHSD IV, S. 126ff.
[16] Relation: I. Bericht, Meldung. II. Auch für Zeitung verwandt. Vgl. KNAUER, Magdeburg, S. 251: „Auch wenn so manches Zeitungsunternehmen nur kurze Zeit überdauerte, lassen sich um die Mitte des 17. Jahrhunderts gleichzeitig etwa 40 bis 60 deutschsprachige Zeitungen nachweisen, mit einer durchschnittlichen Auflage von ca. 350 bis 400 Exemplaren. Der Preis für das Jahresabonnement einer wöchentlichen Zeitung betrug, nach Belegen aus der zweiten Jahrhunderthälfte, etwa 2 Gulden; für ein Blatt, das zweimal wöchentlich erschien, waren im Durchschnitt 3 Gulden (bzw. 2 Reichstaler) zu ‚berappen‘. Das entsprach ungefähr dem Wocheneinkommen eines Handwerksgesellen der oberen Lohnskala und ließ zumindest theoretisch den gelegentlichen Erwerb von Zeitungsblättern zu“. => Zeitung.
[17] hitziges Fieber: hohes Fieber ohne weitere Angaben.
[18] Bernhard Herzog v. Sachsen-Weimar [16.8.1604 Weimar-18.7.1639 Neuenburg am Rhein], schwedischer, dann französischer General. 1622 Teilnahme an den Treffen bei Wiesloch u. Wimpfen, 1623 bei Stadtlohn. 1625 Eintritt in dänische, 1631 in schwedische Dienste, April 1632 Beförderung zum General. In der Schlacht bei Lützen übernahm er nach dem Tod Gustav Adolfs v. Schweden den Oberbefehl über das schwedische Heer, als Donation erhielt er das Herzogtum Franken. 1635 Eintritt in französische Dienste, 1638 Sieg über die Kaiserlichen bei Rheinfelden, Dezember 1638 Einnahme v. Breisach. Vgl. JENDRE, Diplomatie und Feldherrnkunst; RÖSE, Herzog Bernhard der Große; DROYSEN, Bernhard von Weimar I, II; ACKERMANN, Herzog Bernhard von Weimar; ACKERMANN, Vom Feldherrn zum regierenden Fürsten ?
[19] LATOMUS, Relationis Historicae Semestralis Continuatio (1939), S. 94; THEATRUM EUROPAEUM 4. Bd., S. 7.
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