Rak, Johann [Krebs von Meinau]; Obristleutnant [ – ] Johann Rak [Krebs von Meinau] [ – ] stammte aus Kolin1 und wurde mit dem dortigen geworbenen Stadtvolk zur böhmischen Armee nach Pisek2 geschickt. Er wurde dem Hauptmann3 Heinrich Beřkowsky Ritter von Šebiřow4 zugeteilt und als Teil der Besatzung5 nach Bechyň6 verlegt. Es gelang Heinrich Beřkowsky noch, in einem Sturm7 am 13.8.1619 mit Verlust zweier Grafen und von 70 Mann zurückzuwerfen. Als die Kaiserlichen8 die Stadt jedoch einnahmen, wurde die Garnison gefangen genommen,9 Rak jedoch freigelassen. Er wurde, weil er auch der deutschen Sprache mächtig war, wegen Verrats10 angeklagt und in Kolin verhört. Danach trat Rak in die kaiserliche Armee ein11 und war Anfang 1640 Kapitänleutnant12 im Dragoner-Regiment13 Gallas.14 1645 war er Major und änderte seinen Namen in Hans Krebs von Meinau. 1646 war er bereits Obristleutnant15 und Kommandant in Brüx.16 Mit seinem Korps erschien der schwedische Obristleutnant Georg Friedrich Bule von Bořitow17 am 12.1.1646 vor Brüx und bot den Bürgern Salvaguardia18 an. Doch Johann Krebs von Meinau [Rak] übergab die Stadt bereits am 16.1.1646.19
1 Kolin [Kolín]; HHSBöhm, S. 280ff.
2 Pisek [Písek, Bez. Písek; Tschechien]; HHSBöhm, S. 452f.
3 Hauptmann [schwed. Kapten, dän. kaptajn, tschech. kapitán]: Der Hauptmann war ein vom Obristen eingesetzter Oberbefehlshaber eines Fähnleins der Infanterie, das er meist unter Androhung einer Geldstrafe auf eigene Kosten geworben u. ausgerüstet hatte. Nach der Umbenennung des Fähnleins in Kompanie wurde er als Kapitän bezeichnet. Ein halbes Jahr Militärdienst galt als ausreichend für die Übernahme einer Hauptmannsstelle. Der Hauptmann warb daher Fähnriche, Kornetts u. Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute v. ihren Besitzungen mit. In der Kompanie-Stärke wurden sogenannte „Passevolants“ mitgerechnet, nichtexistente Söldner bzw. Anwärter auf eine Stelle, deren Sold ihm zustand, wenn er Deserteure u. verstorbene Soldaten ersetzen musste. Der monatliche Sold eines Hauptmanns betrug 160 fl., was dem Gehalt des Zahlmeisters in der spanischen Botschaft in Wien entsprach, nach der „Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630), in der brandenburgischen Armee soll er dagegen 300 fl. erhalten haben. In besetzten Territorien wurde nach der Verpflegungsordnung Wallensteins (1629) 200 Rt. monatlich verlangt; KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Nach der kaiserlichen Verpflegungs-, Futter- u. Soldordnung (1640) standen ihm bei der Infanterie dagegen nur nur 140 fl. zu; SCHMID, Quellen, S. 159. Ein kommandierender Hauptmann einer Streifschar aus einer Garnison erhielt quasi als Gefahrenzuschlag 59 Rt. 18 Alb. 4 Heller, sein Leutnant 28 Rt. 54 Alb. 6 Heller, jeder Soldat oder Reiter 5 Rt. 72 Heller; HOFMANN, Peter Melander, S. 156. Der Hauptmann war verantwortlich für Werbung u. Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung u. Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Er musste die standesgemäße Heirat seiner Untergebenen bewilligen. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, u. die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben u. auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher u. die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- u. Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant u. dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Jedoch muss man wohl davon ausgehen, dass nicht alle Offizierschargen in gleichem Umfang an diesen lukrativen Geschäften beteiligt waren. Die bei DAMBOER, Krise, S. 150, dargestellte „Schatzkammer“ eines Hauptmanns ist nicht unbedingt typisch. Viele Offiziere höherer Dienstränge waren auch zugleich Hauptleute u. nahmen daher zusätzlich einen Hauptmannssold u. entsprechende Servisleistungen in Anspruch. Nach GANTZER, Archivalische Quellen, S. 40, waren für einen Hauptmann nach der Schlacht bei Jankau (1645) 150 Rt. Ranzion (Lösegeld) aufzubringen. Ein verletzter Hauptmann erhielt nach der Schlacht bei Lützen (1632) auf Weisung Wallensteins 150 fl.; HALLWICH, Briefe und Akten 3. Bd., Nr. 1668, S. 599.
4 Heinrich Beřkowsky Ritter v. Šebiřow auf Lojowic (Prag) [ – ], böhmischer Hauptmann. JELINEK, Die Böhmen I, S. 2f.
5 Garnison: Besatzung in einer Festung (Kavallerie u. Infanterie). Die monatliche Löhnung der Soldaten, der Servis u. die Fourage mussten v. der betreffenden Garnisonsstadt aufgebracht werden u. waren genau geregelt; vgl. die „Königlich Schwedische Kammer-Ordre“ Torstenssons vom 4.9.1642 bei ZEHME, Die Einnahme, S. 93ff. Vgl. die Äußerungen des Grafen Philipp Moritz v. Hanau-Münzenberg von 1630 bei seinen Bemühungen, die Aufnahme einer kaiserlichen Garnison zu verhindern; THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd., S. 8: „Welches wie Ihre May. allergnädigst zu erachten / jhm nicht unbillich schwere Gedancken machte / bevorab / da man vor Augen sehe / wie fast geringe Bestraffung der Excessen / sie weren auch so groß wie sie wolten / bey den vndern Officiern zu erlangen / sondern noch der Beleydigten darüber gespottet / hergegen wann ein Bürger oder Bawersmañ / einen Soldaten / auch auff gegebene starcke Veranlassung / nur sawer ansehe / wie jämmerlich man mit jhnen umbgienge / dessen vberflüssige Exempel vorhanden“. Der Garnisonsdienst wurde wegen der geringeren Aussicht auf Beute, Hunger u. Krankheiten bei längerer Einquartierung immer unbeliebter, so dass man dazu überging, neugeworbene Söldner im Felddienst einzusetzen. Der französische Diplomat François Ogier
[um 1597-1670]
schrieb 1635 über die schwedische Garnison in Marienburg [Malbork]: „Ich betrachtete das Lager und die Unterkünfte der Schweden und sah ein Bild von menschlichem Elend und Wahnsinn. Ich sah in die Gesichter der Männer, und da ich nicht erkennen konnte, dass sie sich unterhielten, zweifelte ich daran, ob sie überhaupt Männer waren, so barbarisch, schmutzig und krank waren sie. Alle waren in Lumpen gekleidet und barfuß, und zum größten Teil handelte es sich um unhöfliche, junge Bauern“. BRZEZINSKI; HOOK, Armee, S. 52. KELLER, Drangsale, S. 401ff.: „Ein Zeitgenosse, der in Philippsburg gezwungen als Garnisonssoldat zubringen mußte, gibt uns darüber folgende interessante Notizen, die auf jede Garnison passen dürften. ‚So mußte ich denn’, erzählt er uns, ‚Musquetirer werden wider meinen Willen. Das kam mir aber sauer an, weil der Schmalhanz da herrschte und das Commißbrod schrecklich klein war. Ich sage nicht vergeblich: schrecklich klein – denn ich erschrack auch alle Morgen, wenn ich’s empfing, weil ich wußte, daß ich mich den ganzen Tag damit behelfen mußte, da ich es doch ohne Mühe auf einmal aufreiben konnte. Und die Wahrheit zu bekennen, so ist’s wohl ein elend Creatur um einen armen Musquetiren (Garnisonssoldaten), der sich solcher Gestalt mit seinem Brod und noch dazu halb satt, behelfen muß, denn da ist keiner anders, als ein Gefangener, der mit Wasser und Brod sein armseliges Leben verzögert. Ja ein Gefangener hat’s noch besser, denn er darf seiner Ruhe pflegen und hat mehr Hoffnung, als so ein elender Garnisoner, mit der Zeit einmal aus solchem Gefängniß zu kommen. Zwar waren auch Etliche, die ihr Auskommen umb ein kleines besser hatten von verschiedener Gattung, doch keine einzige Manier, die mir beliebte, um solcher Gestalt mein Maulfutter zu erobern, anständig sein sollte. Denn Etliche nehmen, und sollten es auch verlaufene Personen gewesen sein, in solchem Elend keiner anderen Ursach halber Weiber, als daß sie durch solche entweder mit Arbeiten als Nähen, Waschen, Spinnen oder mit Krämpeln und Schachern oder wohl gar mit Stehlen ernähret werden sollen. Da war ein Fähndrich unter den Weibern, die hatte ihre Gage wie ein Gefreiter, eine andere war Hebamme und brachte sich dadurch selbsten und ihrem Manne manch guten Schmauß zuwege; eine andere konnte stärken und waschen, diese wuschen den ledigen Officieren und Soldaten Hemden, Strümpfe, Schlafhosen und ich nicht weiß nicht, was mehr, davon sie ihren besonderen Namen kriegten; andere verkiefen Taback und versahen den Kerlen ihre Pfeifen, die dessen Mangel hatten; andere handelten mit Brandtwein und waren im Rufe, daß sie ihn mit Wasser verfälschten; eine andere war eine Näherin und konnte allerhand Stich und Nadel machen, damit sie Geld erwarb; eine andere wußte sich blößlich aus dem Feld zu ernähren, im Winter grub sie Schnecken, im Frühling graste sie Salat, im Sommer nahm sie Vogelnester aus und im Herbst wußte sie tausenderlei Schnabelweid zu kriegen; etliche trugen Holz zu verkaufen, wie die Esel. Solchergestalt meine Nahrung zu haben, war für mich nichts. Etliche Kerl ernährten sich mit Spielen, weil sie es besser, als die Spitzbuben konnten und ihren einfältigen Cameraden das ihrige mit falschen Würfeln und Karten abzuzwacken wußten, aber solche Profession war mir ein Eckel. Andere arbeiteten auf der Schanz und sonsten, wie die Bestien, aber hierzu war ich zu faul; etliche konnten und trieben ein Handwerk, ich Tropf hatte aber keins gelernt. Zwar wenn man einen Musicanten nöthig gehabt hätte, so wäre ich wohl bestanden, aber dasselbe Hungerland behalf sich nur mit Trommeln und Pfeiffen; etliche schulderten vor andern und kamen Tag und Nacht nicht einmal von der Wacht. Ich aber wollte lieber hungern, als meinen Leib so abmergeln’ “.
6 Bechin [Bechyně, Bez. Tabor], HHSBöhm, S. 25f.
7 Sturmlauf: heftiger, schnell vorgetragener Angriff mit dem Ziel, den
[völlig unvorbereiteten]
Gegner zu überraschen, seine Verteidigung zu durchbrechen. Zum Teil wurden für die Erstersteigung der Mauern oder des ersten Eindringens in die Stadt, Festung etc. Geldprämien bis zu 1000 Rt., die „erste Beute“ – der erste Eindringende durfte sich das vermeintlich beste Haus zur Plünderung aussuchen – oder Rangerhöhungen (so etwa bei der Erstürmung Frankfurts a. d. Oder 1631), v. den Offizieren ausgesetzt worden. Die Sturmkolonnen sollten Wälle oder Festungen auf Sturmleitern ersteigen, sich dort festsetzen u. das Tor v. innen öffnen, um den nachrückenden Soldaten den Weg frei zu machen. Teilweise wurde allerdings auch Branntwein ausgeschenkt, um die Angst zu betäuben, oder es wurden Bürger u. Bauern der Umgebung wie bei der Belagerung Brünns 1645 durch die Schweden oder Gefangene bei allen Armeen als Schutzschilder vor der ersten Sturmreihe vorangetrieben; vgl. die Aussagen eines Untergesteckten (1634) => Gottmann, Peter in den „Miniaturen“; GAIER; SCHÜRLE; PRAßER, Schwabenspiegel 3. Bd., S. 80. Vgl. ZOBER, Die Belagerung, S. 190f. zur Belagerung Stralsunds (1628) durch Wallenstein: „Die Gefangenen berichteten, der General, der Herzog von Friedland, sey im Heinholze, und wäre so ergrimmt, daß er darauf geflucht, er wolle drei Tage und drei [S. 191] Nächte nacheinander stürmen lassen; doch wären sie des Stürmens vor der Stadt sehr müde, wie dann in diesem gewaltigen Angriffe die Officiers die Leute mit Schwertern und Partisanen zum Sturme, so wie Schafe zur Schlachtbank, treiben müssen, indem ein Jeder und Alle sich besorget haben, ihren Rest vor der Stadt zu erlangen, welches auch fast bei ihnen bei jeder neuen Attaque zum Sprichwort geworden“.Zum Teil wurden die zögernden Soldaten, wenn einer ihrer Anführer fiel, v. anderen Offizieren geschlagen oder gar getötet (Freiberg 1639); BENSELER, Geschichte Freibergs, S. 968: „Als dieß nun die Andern, welche nachdrangen und sich gleichfalls zum Sturme anschickten, sahen, wollten sie nicht weiter, ob sie schon von ihren Offizieren mit bloßen Degen heftig angetrieben und einige sogar erstochen wurden, sondern warfen die Musketen und andere Gewehre weg und flohen, wobei die in der Stadt gar manchen noch erreichten und mit ihren kurzen Wehren, Schlachtschwertern und Morgensternen tödteten“.
8 Vgl. auch BRNADIC, Imperial Armies (1) u. (2).
9 Kriegsgefangene: Zur Gefangennahme vgl. die Reflexionen des schottischen Söldners Monro bei MAHR, Monro, S. 46: „Es ist für einen Mann besser, tüchtig zu kämpfen und sich rechtzeitig zurückzuziehen, als sich gefangennehmen zu lassen, wie es am Morgen nach unserem Rückzug vielen geschah. Und im Kampf möchte ich lieber ehrenvoll sterben als leben und Gefangener eines hartherzigen Burschen sein, der mich vielleicht in dauernder Haft hält, so wie viele tapfere Männer gehalten werden. Noch viel schlimmer ist es, bei Gefangennahme, wie es in gemeiner Weise immer wieder geübt wird, von einem Schurken nackt ausgezogen zu werden, um dann, wenn ich kein Geld bei mir habe, niedergeschlagen und zerhauen, ja am Ende jämmerlich getötet zu werden: und dann bin ich nackt und ohne Waffen und kann mich nicht verteidigen. Mein Rat für den, der sich nicht entschließen kann, gut zu kämpfen, geht dahin, daß er sich dann wenigstens je nach seinem Rang gut mit Geld versehen soll, nicht nur um stets selbst etwas bei sich zu haben, sondern um es an einem sicheren Ort in sicheren Händen zu hinterlegen, damit man ihm, wenn er gefangen ist, beistehen und sein Lösegeld zahlen kann. Sonst bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich zu entschließen, in dauernder Gefangenschaft zu bleiben, es sei denn, einige edle Freunde oder andere haben mit ihm Mitleid“. Zum Mord an schottischen Gefangenen vgl. FALLON, Scottish Mercenaries, S. 336: „In a communication from Nordstrand on 12 May 1629 to Secretary Dorchester General Morgan (Sir Charles Morgan of Pencarn [1575/1576-1642 Bergen-op-Zoom/1643], englischer Kommandant in Stade; BW) charged the duke of Serboni (Tomasso Cerboni [Serboni] [ -20./21.10.1629 bei Aquanegra (Lombardei)], kaiserlicher Obrist; BW) and his regiment in Jutland with barbarous treatment of Scottish troops. ‘Certains Scotts hertofore being driven in amongst them by tempest he caused them to be taken out of their shippes promising all Courtesie, than he took all the best they had from their backs and afterwardes cased them all to be most viely sacked and murdered by Dragons’ (dragoons)”. Nach Lavater, Kriegs-Büchlein,S. 65, hatten folgende Soldaten bei Gefangennahme keinerlei Anspruch auf Quartier (Pardon):„wann ein Soldat ein eysen, zinne, in speck gegossen, gekäuete, gehauene oder gevierte Kugel schiesset, alle die gezogene Rohr und französische Füse [Steinschloßflinten] führen, haben das Quartier verwirkt. Item alle die jenigen, die von eysen geschrotete, viereckige und andere Geschröt vnd Stahel schiessen, oder geflammte Dägen, sollt du todt schlagen“. Leider reduziert die Forschung die Problematik der de facto rechtlosen Kriegsgefangenen noch immer zu einseitig auf die Alternative „unterstecken“ oder „ranzionieren“. Der Ratsherr Dr. Plummern berichtet (1633); SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Eodem alß die von Pfullendorff avisirt, daß ein schwedischer reütter bei ihnen sich befinnde, hatt vnser rittmaister Gintfeld fünf seiner reütter dahin geschickht sollen reütter abzuholen, welliche ihne biß nach Menßlißhausen gebracht, allda in dem wald spolirt vnd hernach zu todt geschoßen, auch den bauren daselbst befohlen in den wald zu vergraben, wie beschehen. Zu gleicher zeit haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd naher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächts sein sollen, dahero weiln rittmaister Gintfeld ein gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen wird“. Der Benediktiner-Abt Gaisser berichtet zu 1633; STEMMLER, Tagebuch 1. Bd., S. 415: „Der Bürger August Diem sei sein Mitgefangener gewesen, für den er, falls er nicht auch in dieser Nacht entkommen sei, fürchte, daß er heute durch Aufhängen umkomme. Dieser sei, schon vorher verwundet, von den Franzosen an den Füßen in einem Kamin aufgehängt und so lange durch Hängen und Rauch gequält worden, bis das Seil wieder abgeschnitten worden sei und er gerade auf den Kopf habe herabfallen dürfen“. Soldaten mussten sich mit einem Monatssold freikaufen, für Offiziere gab es je nach Rang besondere Vereinbarungen zwischen den Kriegsparteien. Das Einsperren in besondere Käfige, die Massenhinrichtungen, das Vorantreiben als Kugelfang in der ersten Schlachtreihe, die Folterungen, um Auskünfte über Stärke u. Bewegung des Gegners zu erfahren, die Hungerkuren, um die „Untersteckung“ zu erzwingen etc., werden nicht berücksichtigt. Frauen, deren Männer in Gefangenschaft gerieten, erhielten, wenn sie Glück hatten, einen halben Monatssold bis zwei Monatssolde ausgezahlt u. wurden samt ihren Kindern fortgeschickt. KAISER, Kriegsgefangene; KROENER, Soldat als Ware. Die Auslösung konnte das eigene Leben retten; SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Zu gleicher zeitt [August 1630] haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd nacher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächte sein sollen, dahero weiln rittmeister Gintfeld eine gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen worden“. Teilweise beschaffte man über sie Informationen; SEMLER, Tagebücher, S. 70 (1633): „Wie beschehen vnd seyn nahendt bei der statt [Überlingen; BW] vier schwedische reütter, so auf dem straiff geweßt, von vnsern tragonern betretten
[angetroffen; BW]
, zwen darvon alsbald nidergemacht, zwen aber, so vmb quartier gebeten, gefangen in die statt herein gebracht worden. Deren der eine seines angebens Christian Schultheß von Friedland [S. 57] auß dem hertzogthumb Mechelburg gebürtig vnder der kayßerlichen armada siben jahr gedient vnd diesen sommer zu Newmarckht gefangen vnd vndergestoßen [am 30.6.1633; BW] worden: der ander aber von Saltzburg, vnderm obrist König geritten vnd zu Aichen [Aichach; BW] in Bayern vom feind gefangen vnd zum dienen genötiget worden. Vnd sagte der erste bei hoher betheurung vnd verpfändung leib vnd lebens, dass die schwedische vmb Pfullendorff ankomne vnd noch erwartende armada 24 regimenter starck, vnd werde alternis diebus von dem Horn vnd hertzogen Bernhard commandirt; führen 4 halb carthaunen mit sich vnd ettlich klainere veld stückhlin. Der ander vermainte, daß die armada 10.000 pferdt vnd 6.000 zu fůß starckh vnd der so geschwinde aufbruch von Tonawerd [Donauwörth; BW] in diese land beschehen seye, weiln man vernommen, dass die kayserische 8000 starckh in Würtemberg eingefallen“. Auf Gefangenenbefreiung standen harte Strafen. Pflummern hält in seinem Tagebuch fest: „Martij 24 [1638; BW] ist duca Federico di Savelli, so in dem letzsten vnglückhseeligen treffen von Rheinfelden den 3 Martij neben dem General von Wert, Enckefort vnd andern obristen vnd officiern gefangen vnd bis dahin zu Lauffenburg enthallten worden, durch hilff eines weibs auß: vnd den bemellten 24 Martij zu Baden [Kanton Aargau] ankommen, volgenden morgen nach Lucern geritten vnd von dannen nach Costantz vnd seinem vermellden nach fürter zu dem general Götzen ihne zu fürderlichem fortzug gegen den feind zu animirn passirt. Nach seinem außkommen seyn ein officier sambt noch einem soldaten wegen vnfleißiger wacht vnd der pfarherr zu Laufenburg neben seinem capellan auß verdacht, daß sie von deß duca vorhabender flucht waß gewüßt, gefänglich eingezogen, die gaistliche, wie verlautt, hart torquirt [gefoltert; BW], vnd obwoln sie vnschuldig geweßt, offentlich enthauptet; die ihenige fraw aber, durch deren hauß der duca sambt seinem camerdiener außkommen, vnd noch zwo personen mit růthen hart gestrichen worden“. Der Benediktiner-Abt Gaisser berichtet über die Verschiffung schwedischer Gefangener des Obristen John Forbes de Corse von Villingen nach Lindau (1633); STEMMLER, Tagebücher 1. Bd., S. 319: „Abschreckend war das Aussehen der meisten gemeinen Soldaten, da sie von Wunden entkräftet, mit eigenem oder fremdem Blute besudelt, von Schlägen geschwächt, der Kleider und Hüte beraubt, viele auch ohne Schuhe, mit zerrissenen Decken behängt, zu den Schiffen mehr getragen als geführt wurden, mit harter, aber ihren Taten angemessener Strafe belegt“. Gefangene waren je nach Vermögen darauf angewiesen, in den Städten ihren Unterhalt durch Betteln zu bestreiten. Sie wurden auch unter Offizieren als Geschenk gebraucht; KAISER, Wohin mit den Gefangenen ?, in: http://dkblog.hypotheses.org/108: „Im Frühsommer 1623 hatte Christian von Braunschweig, bekannt vor allem als ‚toller Halberstädter’, mit seinen Truppen in der Nähe Göttingens, also im Territorium seines älteren Bruders Herzog Friedrich Ulrich, Quartier genommen. In Scharmützeln mit Einheiten der Armee der Liga, die damals im Hessischen operierte, hatte er einige Gefangene gemacht. Was sollte nun mit diesen geschehen? Am 1. Juli a. St. wies er die Stadt Göttingen an, die gefangenen Kriegsknechte nicht freizulassen; vielmehr sollte die Stadt sie weiterhin ‚mit nottürfftigem vnterhalt’ versorgen, bis andere Anweisungen kämen. Genau das geschah wenige Tage später: Am 7. Juli a. St. erteilte Christian seinem Generalgewaltiger (d. h. der frühmodernen Militärpolizei) den Befehl, daß er ‚noch heutt vor der Sonnen vntergangk, viertzig dero zu Göttingen entthaltenen gefangenen Soldaten vom feinde, den Lieutenantt vnd Officiers außsgenommen, Laße auffhencken’. Um den Ernst der Anweisung zu unterstreichen, fügte er hinzu, daß dies ‚bei vermeidung vnser hochsten vngnad’ geschehen solle. Der Generalgewaltiger präsentierte daraufhin der Stadt Göttingen diesen Befehl; bei der dort überlieferten Abschrift findet sich auf der Rückseite die Notiz vom Folgetag: ‚Vff diesen Schein seindt dem Gewalthiger 20 Gefangene vff sein darneben mundtlich andeuten ausgevolgtt worden’. Der Vollzug fand also offenbar doch nicht mehr am 7. Juli, am Tag der Ausfertigung des Befehls, statt. Aber es besteht kaum ein Zweifel, daß zwanzig Kriegsgefangene mit dem Strang hingerichtet wurden. (StA Göttingen, Altes Aktenarchiv, Nr. 5774 fol. 2 Kopie; der Befehl an die Stadt Göttingen vom 1.7.1623 a. St. ebd. fol. 32 Ausf.)“. Bericht aus Stettin vom 8.4.1631; Relation Oder Bericht Auß Pommern. o. O. 1631: „Den 27. Martii sind alhier 108 gefangene eingebracht deren nach mehr folgen sollen / die werden alle in Schweden ins bergwerck gesand / das sie etwas redliches arbeiten lernen“. Teilweise wurden Gefangene auch unter den Offizieren verkauft; MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 607 (Schweinfurt 1645). Zur Problematik vgl. KAISER, Kriegsgefangene in der Frühen Neuzeit, S. 11-14. 1633 kostete die Auslösung bei der Kavallerie: Obrist 600 Rt. aufwärts, Obristleutnant 400 Rt., Obristwachtmeister 300 Rt., Rittmeister 200 Rt., Kapitänleutnant 70 Rt., Leutnant 60 Rt. bis 10 Rt. für einen Marketender, nach der Schlacht bei Jankau (1645) Obrist 1000 Rt., Obristleutnant 500 Rt., Obristwachtmeister 300 Rt., Hauptmann 75 Rt., Kapitänleutnant u. Leutnant 50 Rt.; GANTZER, Archivalien, S. 40f. Einfache Soldaten sollten gegenseitig um einen Monatssold ausgelöst werden. ein seltenes Beispiel für den Umgang mit bei Stadtlohn gefangenen halberstädtischen Soldaten gab Münster 1623; HELVICUS, Caesar victoriosus, S. 392f.: „Der Gefangenen seynd bey fünff tausent / darvon die besten außgesucht / auff das newe in Keyserliche Dienst angenommen / der Rest / welcher fünffthalbtausent / (dieses hat man an dem außgetheilten Brodt abnehmen können) seynd durch eine Compagny Crabaten wehrloß convoiret / vnd [S. 392] vor der Stadt Münster den 9. 10. vnd 11. Augusti / vor vnser lieben Frawen vnd Jöddevelder Pforten gespeiset / vnnd von etlichen tausent Menschen gesehen worden. Welches ein grosser Jammer zu sehen gewesen / wie jämmerlich mancher zerkerbt vnd verwundet / denen die Einwohner Geistlich vnnd weltlich / Jesuiter vnd Capuciner / auch andere Ordenspersonen / nach Vermögen / vnangesehen sie jhre Feinde gewesen / mit Brod / Wein / Bier / Kleidern / vnd andern Verpflegungen zu Hülffe kommen / vnterschiedliche viel heimblich vber seit gebracht / vnd aus der Crabatischen Pædagogi erlöset“.
10 Kollaboration mit dem Feind:BRÜNINK, Der Graf von Mansfeld, S. 144 (1624): „In Ostfriesland wurden nach dem Abzug der Mansfelder Untersuchungen darüber angestellt, wer der Besatzungsmacht behilflich gewesen sei. Acht für schuldig befundene Personen wurden mit den Buchstaben O. F. M. (= ostfriesische Mansfelder) gebrandmarktund verjagt“. Vgl. dazu das berüchtigte Patent Wallensteins vom 29.8.1626 aus Neiße; KOLLMANN, Der Dänisch-Niederdeutsche Krieg, Nr. 308, S. 306: Während des gegenwärtigen feindlichen Einfalls hätten viele Städte u. Orte dem Feind nicht nur keinen Widerstand entgegengesetzt, wie es sich angesichts der Pflichten gegenüber dem Kaiser gebührt hätte, sondern hätten vielmehr dem Feind bereitwillig die Tore geöffnet u. diesem jede mögliche Hilfe u. Unterstützung gewährt. Viele Menschen aus dem Königreich u. den Ländern des Kaisers seien zum Feind übergelaufen u. hielten sich bei ihm auf. Darum befehle er, dass solche meineidigen, abtrünnigen Untertanen aus Böhmen u. Mähren, Schlesien, der Lausitz u. Österreich bei Gefangennahme auf der Stelle getötet, die Städte aber, die sich verräterisch u. ohne Gegenwehr dem Feind ergaben, im Falle ihrer Eroberung durch die kaiserliche Armee geplündert u. durch Feuer vernichtet werden sollten. SCHORER, Memminger Chronick, S. 141 (1633): „Den 10. September ließ der H. Commandant einen hieigen Burger auff dem Weinmarckt / auß Verdacht / daß er mit den Schweden zu Biberach correspondirte / bey hellem Tag auffhenecken / da musten die Burger zu sehen / vnd jeder dergleichen gewärtig seyn“. SCHMIDT, Chronica Cygnea, S. 606 (Zwickau 1640): „Etliche Bürger hatten sich hinaus zum Kaiserlichen begeben / die geriethen in und Leib-und Lebens-Gefahr / durfften nicht wieder in die Stadt; einem ließ auch der Obriste Schliebe sein Hauß auff dem Holtz-Anger niederreissen / und auff den Grund schleiffen“. MÜHLICH; HAHN, Chronik 3. Bd., S. 525f. (Schweinfurt 1640): „An dem nämlichen 19. April wurden, auf Befehl des Feldmarschalls von Geleen, drey angesehene Bürger, nämlich Heinrich Arnold, Mitglied des äußern Rathes und Wirth zum goldenen Einhorn, Johann Caspar Seuppel, Wirth zum schwarzen Bären und Jacob Renninger, Kaufmann allhier, wegen eines Verdachtes, als ob sie mit dem Feinde (den Schweden) einen geheimen Briefwechsel unterhielten, mit Weibern und Kindern arretirt und mit Musketirern scharf bewacht. Alle ihre Briefe wurden in Beschlag genommen und durchgelesen. Um aber den angedrohten härtern Verlust zu verhüten, schlugen sich mehrere Generale ins Mittel, und dadurch erhielt man so viel, daß Weib und Kinder frey; Arnold aber in das Wirthshaus zur Krähe (jezt zum Raben) Seuppel in das Quartier des Grafen Bornival und Renninger in das Wirthshaus zum schwarzen Bären gefänglich eingebracht wurden. Erst am Montage, den 27. d., kamen sie, nachdem sie der General-Auditor scharf examinirt hatte, und nichts fande, was Verdacht erregen konnte, auf freyen Fuß. Nichts desto weniger mußte der Rath für sie Bürge werden“. Aus dem von den Kaiserlichen heimgesuchten Pommern heißt es 1631; METEREN, Newer Niederländischen Historien Vierdter Theil, S. 84: „Das Landvolck thäte den Schwädischen grosse Hülffe / vnd erfrewete sich vber die massen / daß sie dermahleins von der schröcklichen Tyranney sollten erlöset werden“. Vgl. den Verrat des Kapitän Homann, der das Rodenberger Schloss 1637 den Kaiserlichen ausgeliefert hatte; MITHOFF, Chronik der Stadt Rodenberg, S. 260f.
Im April 1626 wird berichtet, dass Bauern (aus dem Amt Seesen; LK Bad Gandersheim) „sambt etlichen reütern von dem feindt“ Gandersheim überfallen wollten, aber entdeckt und „bey die hundert“ Bauern v. Cortenbachs Reitern niedergehauen worden seien. BOBLENZ, Aktionen, S. 261, Anm. 43. „Sensen-Magister“ war der Spitzname des Johann Georg Wolf(f), des Sohns eines böhmischen Exulanten aus Hof, angeblich Eisenwarenhändler in Münchberg, Magister u. Advokat in Hof (1633-1640), der mit den Kaiserlichen 1634 konspiriert haben soll. Das THEATRUM EUROPAEUM 3. Bd, S. 307, berichtet unter dem Juni 1634: „Zu Ablauff dieses Monats Junii ward ein Bürger vom Hoff zu Zwickau ergrieffen / der Sensen Magister genennet / der hatte beneben etlichen andern mit den Käyserischen Soldate? gehandelt / Schleitz / Paussa / Kemnitz / Annaberg / Marienberg / Schneeberg / Freyberg und andere Ort und Stätte mehr in Brand zustecken / das Käiserisch Volck aber war im Anzug / alsdann die angezündete Oerter mit Gewalt anzufallen und zu übergewaltigen“. So informierten die „42. Ordentliche[n] Wochentliche[n] Zeittungen. 1634“ [Archives Municipales Strasbourg AA 1605] ihre Leser in einer Meldung aus Leipzig vom 4./14.7.1634: „Auß Zwickaw wirdt geschrieben / daß daselbst ein Bürger vom Hoff sitze / welchen man SensenMagister nenne / derselbe habe mit den Keyserischen zum Bodenstein losierenden Soldaten Schrifftliche Correspondenz gehalten / da es auch so weit kommen / daß sie drey Kundschaffter außgesendet / die Stättlein / Schleitz / Pausa / Plawen / Kemnitz / Annaberg / Marienberg / Schneeberg / vnd Freyberg in Brandt zu stecken: von diesen dreyen hat man zu Zwickaw einen vberkommen / der es ohne einige Tortur bekennet / auch außgesagt / wie die andern in Kleydung giengen / vnd weren sie von erwehntem SensenMagister nach Zwickaw commandirt worden / vnd so man ihn nicht selbigen Abend noch hette vberkommen / so hette er die Statt angezündet / worauff auch viel Keyserische Volck im Anzug gewesen / Zwickaw zu vberfallen“. Der Hofer Organist Jobst Christoph Rüthner (1598-1648); KLUGE, Hofer Chronik, S. 56, schreibt dagegen: „Den 6. julii kam Magister Wolf, so nebst seiner frau gar bis auf Dreßden geführet worden, wiederum nach haus, und hatte man ihm vor einen mordbrenner und kundschafter gehalten. Er brachte aber eine ehrenverwahrung mit, daß die falsche bezüchtigung des brennens nicht auf ihn zu bringen gewesen“. Es ist bemerkenswert, dass dieser Vorgang bei dem Erzgebirgschronisten Lehmann in seiner Kriegschronik nicht erwähnt wird. Der Marktredwitzer Chronist Leopold; BRAUN, Marktredwitz, S. 14: „Wider diese [kurbayerischen; BW] Völker fielen die Sächsischen oft aus Eger [aus], schrieb[en] den Landleuten zu, sie sollten mit ihnen
[vorgehen]
, auch Rat und Tat geben, Weg und Steg zeigen, wo die Bayerischen Landverderber – aber sie waren nit viel besser – anzutreffen und wie ihnen abzubrechen wäre. Zu diesem Handel waren die Landleut[e] trefflich willig, daß oftmals mit den Sächsischen 5[00], 800 auch wohl (in) 1000 pfälzische Bürger und Bauern mit Büchsen, Spießen, Gabeln, Hacken und Sensen mitzogen. [Sie] wurden gleichsam(b) rebellisch und (hingegen) den Sächsischen in allem willig. Wo sie eine kaiserische oder churbayerische Partei, als
[auch]
ihres eigenen Herrn Volks wußten und vermerkten, die verrieten sie den Sächsischen bei Tag und Nacht“. In einem zeitgenössischen Bericht zum Februar 1640 heißt es; LATOMUS, Relatio Historicæ Semestralis Continuatio (1640), S. 85: „Bey vorgang dessen / ließ Herr Feld-Marschall Baner zweyen Bürgermeistern / nemlich dem in der Statt Satz [Saaz; BW] vnd Lada [Loun; BW] sampt dem Judice desselbigen Orts die Köpff herunter schlagen / auß Vrsach / weil man S. Excell. vorgebracht / wie sie nemlich an Herrn General vnd Graffen von Hatzfeld geschrieben / daß er Baner nunmehr in besagtem Satz / mit etwa 7. tausent Mann (davon kurtz hieroben auch Meldung geschehen: ) in der Nähe herumb läge / vnd also gar leichtlich auffgeklopfft / ja wol gar in Person gefangen werden könte“. WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 167ff., zur Belagerung Überlingens: „Den 19. Septembris [1643; BW] hat man sich die ganze nacht zue Costanz, nachvolgende nacht außzuefahren, gerust, stuck in die schüff geladen, halbe oder ¼ cardonen, seyen selbige nacht gar viel schüff in der Mainow, Überlingen zue waßer und land anzuegreufen, zuesamenkomen; so seyen auch deß churbayerische reichßvölker, so zue Mörspurg, Pfulendorf und der orten gelegen, zue land darzue avisiert worden. Nun eß war alleß wohl angestelt und angeordnet gewesen, seyen auch unvermerkt biß an den ort, da sie sollen hinein schliefen, glücklich und wohl ankomen; diß ort war in dem Gallergraben, allda ain thürgrücht eingemauert; seyen schon 2 oder 3 hineingeschloffen; allain seyen sie waß zue spat und nachts umb 12 uhren sollen vorhanden sein, so seyen aber die Lindawer zue spat komen und erst gegen dem tage umb 4 uhren dahin komen; haben also die von innen mit denen, so vor außen, mit denen sie correspondenz uff 12 uhren zue erschinen, ainanderen nit angetroffen und in dem grob gefehlt. Wäre aber dannoch früe genung geweßen, hetten sie nun angesetzt; hetten in kurzer zeit und unvermerkt daß loch größeren oder die ziegelstein alle herauß brechen kenden, daß allzeit 3 oder 4 zuemahl neben ainanderen hinein hetten laufen mögen in den inneren graben innerhalb deß Gallerß und deß dorfs; hetten gleichwohl noch durch ain porten gehen sollen, ist aber selbe nit beschlossen noch verwahrt worden, und so bald der bock von oben wäre angangen und durch ain bixenschuss die credit oder losung geben, hetten die zue waßer auch unden angrüffen und aller orten lärmen gemacht und angefangen, mit stucken hinein zu spülen und die meyr zue brechen. Haben aber beede thail nichts attentiert und unverrichter sachen also wider, wa sie herkomen, zuerugg gekört, ganz unlustig, dan sie vermaint nit anderst, alß haben gewonnen spül in den händen; hettenß auch gehabt, weren sie fortgfahren; hat zue Costanz schier mänigklich ganze nacht gewacht, gleich als man in der christnacht pflegt zue wachen, und der zeit, so umb mitternacht hat sollen beschehen, zue hören und der freyden wöllen erwarten. Vergebenß aber und umbsonst; dan großer zwitracht, wie gemainklich und allzeit, war under ihnen und insonders under den obristen, köndten die praeminenz und vorzug nit mit ainanderen thailen, kainer wollte dem anderen nichts beforgeben. Wer beßer geweßen, were kain graf oder dergleichen obrister, so kriegßweßen nit erfahren, darbei geweßen: obriste Nußbaum und Matthaeus Bach hetten beßer corascha darzue gehabt, werß an ihnen gelegen und sie daß commando gehabt, hettenß gewiß einbekomen. Haben fürgeben, daß loch seye zue klain (da es doch bald hette geweitert werden kenden; seyen auch schon 2 oder 3, wie oben gemelt, hineingeschloffen), da doch der ratsherr Hewdorf, der nur ain dicker mann, selbsten heraußer geschloffen sampt seinem sohn, so auch auß den correspondierischen waren, uff sie gewartet, seinen sohn entgegen, weil sie so lang außwaren und umb 12 uhr nit erscheinten, biß naher Burgberg oder Nußdorf geschickt, es und andere Uberlingerische correspondierische burger, so vor haußen sie gefüert und mitgeloffen. Alß sie vernohmen, daß die obriste nit an die sach wollten, sonder wider zuerugg commandirten, haben sie solche umb deß jüngsten gericht wüllen gebetten, solen doch fortsezen, sie wöllen alß vor ihnen hergehen, die sach werde guot werden. Hat auch M. Hannß, der scharpfrüchter, der auch ainer auß den correspondierischen ware, von innen herauß bey seiner behaußung zuegeschrayen: nun wacker her ! er wolle uff dem Galler die wacht, deren wohl uff 12 waren, allein mit seinem hänkerschwert nidermachen, welches nachmahlen ihme und andernen, wie volgen wird, übel außgeschlagen, alß der anschlag entdeckt und derenselben ettliche eingezogen, under denen er auch einer gewesen war, welcher lange zeit zum öfternmahlen an die folter geschlagen, gestreckt und ernstlich gepeiniget worden. Andere 2 muoste er selbsten einen tag zuevor, ehe man ihne würde hänken, dan er zum galgen schon war condemniert, fiederthailen und die stuck uff die straßen außerhalb der statt uffhänken. So ist er aber endlichen von den geystlichen und insonderß von den Salmanschweylischen, welche bey dem commendanten vil vermöcht, erbetten und deß lebenß wider gefrüstet worden, uff welches er bald hernach außgerüßen und sich auß dem staub gemacht, auch viel andere intreßirte, welchen man weib und kinder schier nackend und bloß nachgeschickt, dass war nun ain großer jammer, elend und wohl über die maßen zue erbarmen, so also deren ettliche naher Costantz gekomen“. SCHORER, Memminger Chronick, S. 141 (1633): „Den 10. September ließ der H. Commandant einen hieigen Burger auff dem Weinmarckt / auß Verdacht / daß er mit den Schweden zu Biberach correspondirte / bey hellem Tag auffhenecken / da musten die Burger zu sehen / vnd jeder dergleichen gewärtig seyn“. SCHMIDT, Chronica Cygnea, S. 606 (Zwickau 1640): „Etliche Bürger hatten sich hinaus zum Kaiserlichen begeben / die geriethen in und Leib-und Lebens-Gefahr / durfften nicht wieder in die Stadt; einem ließ auch der Obriste Schliebe sein Hauß auff dem Holtz-Anger niederreissen / und auff den Grund schleiffen“. Die Frankfurter „Relationis Historicae Semestralis Continuatio“ zur Einnahme von Freusburg: [S. 50] „Ein Bawer / welcher den Hessischen diß Hauß zu ersteigen / anfangs den Anschlag geben / jetzto aber mit erwüscht / ist allda auffgeknüpfet: auch ein alt Weib fast zerlumppt mit Brieffen den Succurs verheissend / intercipirt, nach erfolgter Vbergab aber mit Ruthen außgestrichen / vnd jhr beyde Ohren abgeschnitten worden“. Teilweise wurden bei Annäherung des Gegners „verdächtige“ Bürger vom Stadtkommandanten deportiert; CHEMNITZ, Königl. Schwedischen in Teutschland geführten Kriegs Ander Theil, 2. Buch, 12. Kap., S. 340 (1634): „Bey welcher deß FeldMarschalcks [Gustav Horn; BW] herannäherung der Keyserliche Commendant zu Lindaw / Obrister [Augustin Eckstedt v.; BW] Vitzthum / weil Er sich einiger gefahr / so wol von innen der Burgerschafft / als von aussen des Feindes halber besorget / hundert vnd dreyssig Bürger aus der Stadt nach Bregentz geschaffet: Von dannen Sie ferner hinein ins Tirol vnd verschicket worden“. Der Markgröninger Dekan Wendel Bilfinger (Sept. 1634); BILFINGER, Wahrhaffte Beschreibung, S. 202f: „zu welchem Unglückh dann leider nit wenig geholffen etlicher meinaydiger Underthonen verrätherey und Dieberey, welche wann Sie ihren Mitbürger umb Leib, Leben, Haab und gutt bringen kennen, so hetten sie sich nit weder vor Gott noch vor Menschen geförchtet oder geschämpt“.
11 Fahnenwechsel: Häufiger Fahnenwechsel aus Karrieregründen, bei Konversion, aus Versorgungsgründen, wegen besserer Bezahlung, bei Gefangennahme oder einem drohenden Kriegsgerichtsverfahren zu entgehen war durchaus üblich. Aus Bernburg wird berichtet; STIELER, Gallassische Ruin, S. 38: „Viele Soldaten pflegen auf beiden Seiten ihre bestimmten Regimenter zu haben, ebenso bei beiden Parteien ihre Weiber, damit sie je nach ihrer Bequemlichkeit in diesem oder jenem Heere dienen können“. „Sich unterhalten lassen“, d. h., in die Dienste des Gegners zu treten, geschah bei Gefangennahme entweder freiwillig oder auch gezwungenermaßen (=> Untersteckung), wenn man nicht genügend Ranzion stellen konnte oder Gefahr lief, getötet zu werden. Bei der Einnahme v. Städten bestand das Risiko, dass man zurückbehalten wurde und wieder in die vorigen Dienste zurücktreten musste. Das Biogramm des Balthasar Böttiger aus Attendorf, heute Gemeindeteil von Osten [LK Cuxhaven], zeigt den häufigen Fahnenwechsel unterer Chargen; MELTZER, Historia Schneebergensis Renovata, S. 629f.: „Dieser vortrefflich versuchte Mann hat gedienet 1) dem König in Spanien unter dem Mannßfeldischen Regiment wieder Savoyen 2. Jahre lang de an. 1625. da er die Haupt-Vestung Vercelli mit Sturm erobern helffen. 2) Chur-Brandenburg / als Einspänniger / unter des Obristen Heyden Regiment 26. Monat lang / da er bey Ruinirung des Regiments gefangen worden und sich ranzioniren müssen. 3. Dem Röm. Kayser / unter Hertzog Rudolphi Maximiliani von Sachsen-Lauenburg Regiment 13. Monat. 4. Dem König in Schweden vnter des Feldmarschalls Dietrichs von Falkenberg. Regiment / als Corporal, da er an. 1630 mit nacher Magdeburg commandiret vnd / als Tilly dieselbe Stadt an. 1631. Durch Sturm erobert / mit 2. Schößen und einem Stich mit einer Pique durch den Schenckel blessiret vnd gefangen / doch aber noch salviret worden. 5) Dem Churfürsten zu Sachsen unter des Feld-Marschalls von Arnimb Regiment und Leib-Compagnie als Fourier und Quartiermeister 90. Monat lang / de 7. Sept. 1631. Und 6) wiederumb dem König in Schweden / als er sich in Zwickau niedergelassen / die Stadt aber der General Banner belagert und erobert gehabt / da er dann nach ausgeschlagenen höhern Charge sich endlich persvadiren lassen unter des Obristen Magnus Hannßens Regiment und des Rittmeisters / Hannß Christoph von Frühlings Compagnie die Quartiermeister Stelle anzunehmen und solche 27. Monat lang zu bedienen. Darbey dann nicht zu vergessen / daß er binnen solcher Zeit 7. Feld-Schlachten in Teutschland wircklich beygewohnet / als an 1631. und 1642. denen beyden Schlachten vor Leipzig; an. 1632. der zu Lützen / darinnen der König in Schweden selbst blieben; an. 1634. der Schlacht zu Liegnitz; [S. 630] an. 1636. zu Wittstock an. 1639. dem Treffen vor Chemnitz und dito der Schlacht vor Brandeiß / da der Käyserl. General Hoffkirch geschlagen worden“. Der häufige Fahnenwechsel konnte natürlich auch insofern Folgen haben, als gerade die Offiziere gute Detailkenntnisse mit ins gegnerische oder in das Lager v. Verbündeten nahmen. OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 538: „Diesesmal gehörte auch Adam Philipp zu den Unsicheren. Um ihn zu halten, stellte ihm der Kurfürst folgendes Ultimatum, vom 4. März 1632: ‚Ir sollt die Ursache schreiben, aus welcher ir merfach geäussert habt, dass ir in unseren und des katholischen Bundes Kriegsdiensten zu continuiren wenig Lust habt oder, eurem Vorgeben nach, gedrungen werdet, ander Resolution zu fassen. Wir haben euch vor anderen zum General-Wachtmeister gemacht. .. Andere hohe und niedere Officirs, auch gemeine Soldatesca würde von euch ein bös und schädlich Exempel nehmen … Ihr habt versprochen zu continuiren und ist das in der jetzigen allgemeinen necessitet eure Schuldigkeit‘. … Der Kurfürst will sich versehen ‚Ir werdet furtherhin einer mehreren discretion und dankbahrkeit bezeigen. Wenn aber ir andere resolution zu fassen gedenket, so begehren Wir, zuvor zu vernehmen: wohin Ir eure Resolution gestelt und ob ir die euch anvertraute charge und das Regiment zu resigniren gemeint wäret‘. Gleichzeitig soll er berichten: ob er endlich den Tross und die pigage [Bagage; BW] reduzirt habe ? Die Antwort Adam Philipps auf diese ernste Mahnung zur Fahnentreue liegt nicht vor. Dass der Verdacht des Kurfürsten gegen ihn wohlbegründet war, wird sich später erweisen; wie auch, dass einige seiner Offiziere ihren jungen Obristen drängten“.
12 Kapitänleutnant [schwed. kaptenslöjtnant, dän. kaptajnløjtnant]: Der Kapitänleutnant war der Stellvertreter des Kapitäns. Der Rang entsprach dem Hauptmann der kaiserlichen Armee. Hauptmann war der vom Obristen eingesetzte Oberbefehlshaber eines Fähnleins verantwortlich für Werbung u. Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig u. die eigentlichen militärischen Aufgaben wurden v. seinem Stellvertreter, dem Kapitänleutnant, übernommen. Der Hauptmann marschierte an der Spitze des Fähnleins, im Zug abwechselnd an der Spitze bzw. am Ende. Bei Eilmärschen hatte er zusammen mit einem Leutnant am Ende zu marschieren, um die Soldaten nachzutreiben u. auch Desertionen zu verhindern. Er kontrollierte auch die Feldscher u. die Feldapotheke. Er besaß Rechenschafts- u. Meldepflicht gegenüber dem Obristen, dem Obristleutnant u. dem Major. Dem Hauptmann der Infanterie entsprach der Rittmeister der Kavallerie. Junge Adlige traten oft als Hauptleute in die Armee ein. Nach GANTZER, Archivalische Quellen, S. 40, waren 1645 50 Rt. Ranzion (Lösegeld) für ihn aufzubringen. Ein verletzter Kapitänleutnant erhielt nach der Schlacht bei Lützen (1632) auf Weisung Wallensteins 150 fl.; HALLWICH, Briefe und Akten 3. Bd., Nr. 1665, S. 596, Nr. 1666, S. 598.
13 Dragoner [schwed. dragon, dän. dragoon, frz. dragon, tschech. dragoun]: leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. „Arbeiter zu Pferd“ oder „Musketier zu Pferd“ hat man sie genannt. Der Dragoner war im Prinzip ein berittener Musketier (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. So sprechen auch Zeitgenossen in der Regel v. Reitern u. Dragonern. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen u. zu sichern. Teilweise machte man auch Unberittene zu Dragonern, indem man ihnen ein Pferd u. eine Muskete gab; SCHWARZ, Die Neumark, S. 52. Des Öfteren führten Dragoner am Sattelknopf kleine Äxte mit, um Hindernisse entfernen oder sich auch zeitweise selbst verteidigen zu können. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten als Musketiere in den Kampf geschickt. Zu ihren Aufgaben gehörte auch Sicherung u. Deckung v. Konvois, Patrouillen, Angriffe aus dem Hinterhalt, Bildung der Vor- u. Nachhut. Ausführlich dargestellt bei ENGERISSER, Von Kronach, S. 468ff., FLIEGER, Die Schlacht, S. 123ff. Ein verletzter gemeiner Reiter erhielt nach der Schlacht bei Lützen (1632) auf Weisung Wallensteins 30 fl.; HALLWICH, Briefe und Akten 3. Bd., Nr. 1665, S. 596, 597; Nr. 1666, S. 599. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 fl. 55 kr. in Rechnung.Ein schwedisches Dragonerregiment soll sogar zu einem Drittel aus Zigeunern bestanden haben. BEAUFORT-SPONTIN; Harnisch, S. 83ff.; BRNADIC, Imperial Armies, S. 24ff. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd. Zu den Waffen vgl. auch http://www.engerisser.de/Bewaffnung/Bewaffnung.html. – Regiment [schwed. regimente, dän. regiment, tschech. pluk]: Größte Einheit im Heer, aber mit höchst unterschiedlicher Stärke: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold u. die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl v. Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts u. Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute v. ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments v. 3.000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments v. 1.200 Mann mit 260-300.000 fl. angesetzt. Teilweise wurden Regimenter auch v. ihren Inhabern weiterverkauft, so Christian II. v. Anhalt-Bernburg, 2.8.1628; http://diglib.hab.de/edoc/ed000228/start.htm: [17r] „Farensbeck [Farensbach; BW] hat sein Regiment, vmb 10 m[ille], Tahler, weggegeben, dem Jungen herr Max von Wallstein [Waldstein; BW]“. Richelieu hielt fest; Vertrewlich freundlich Gespräch: „Wir erhalten ein Regiment zu Fuß in 3000. Mann complet, mit 22000 fl monatlich ordentlicher Bezahlung“. Das entsprach 264.000 fl. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, S. 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 u. 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 u. 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 u. 1.000 (offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 u. 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 u. 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 u. 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, vom Vorgänger übernommen u. oft v. seinem Obristleutnant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim v. Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet u. kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm v. Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige. Selbst in Zeitungsmeldungen gab es etwa am 3.4.1633 aus Franken Zweifel an den Angaben; BÖNING, Dreißigjähriger und Öffentlichkeit, S. 395: „Die Friedländische Armee ligit hin vnnd wieder vmb Schlackenwald / Schlackenwert / Dachaw / etc. ist aber bey weitem nicht so starck / alß man es außgeschryen / seyn wol viel Regimenter / aber sehr Schwach / vnd theils vber 400. Mannn nicht starck / mehrentheils Genötigte vnd Gezwungene“. Georg Wilhelm v. Brandenburg an Ferdinand II., 3.5.1630; HALLWICH, Briefe u. Akten 1. Bd., Nr. 13, S. 15f.: „Meine Arme Lande aber mußenn nicht alleinn daß Volck, so im Lande sich befindet, unnderhalten, sondern auch dennen, so inn andere Lande einquartiret, den Soldt unndt swart ann Reichsthalernn in specie oder mit großem auffgeldt nachschickenn. Ja sie mußen zu behueff der Servicen sderer, so ausserhalb Landes ihre Quartier habenn, viel tausent Thaler auffbringen, auch muß der Soldt gantz ubermäßig unndt nicht nach Monaten, wie soonst bey allenn Kriegenn gebräuchlich, sondernn nach wochenn gereichet werdenn, nicht allein denen, so nurt etliche wenig wochen in den Quartieren verbleiben, sondern auch denen, welche zu 12, 18, 20 unndt mehr Monaten ihre Quartier behalten, daß also der Soldat im Jahr auff 13 Monat dienet, da doch bey wenigen Kriegen erfahrenn wordenn, daß volle 12 Monat im Jahr außgezahlet worden weren. Der soldt wirdt auch dergestaldt, alß wann alle Regimenter complet werenn, gemahnet, da doch die recreuten offters kaum inn 6 Monatenn erfolgenn. Ich will geschweigenn, daß vielleicht wol derer Regiment köndten gefunden werden, welche niemahl, auch auff gegenwertige stunde, nicht complet wordenn, muß also der Soldt vom 1. Novembris ann den Soldaten vor voll gegeben werdenn, da doch derer viel allererst im Martio oder Aprili oder wol nimmer zum Regiment kommen. Es werdenn auch nicht allein starcke summen zu behueff der Artillerie erhobenn, sondern noch darzu vor iedere Companie Rüstwagen, Pferde, Lunten, Karrenn, Schuppen unndt waß des dinges viel mehr begehret. Dieß alles wirdt auch mit solcher indiscretion unndt scharffer militarischer Exe-[S. 16]cution unndt dabey vorgehendenn Excessen, derer gegen Euer Kay. Mayt. erwehnung zu thuen Ich fast bedenckenn trage, von den armen Leuten erzwungen unndt darüber viel seuffzenn unndt bittere threnen außgepreßet. Eß geschiehet auch solches mit seiner solchen manier, daß wol Niemandt, der eß sonst nicht wuste, sollte glauben können, daß noch ein Churfürst im Lande. Theilß der Soldaten sagen ungescheuet, sie fragten nichtes nach mir, unndt wiße mann noch nicht, wie lange Ich Chuerfürst unndt Herr im Lande bleiben werde. Geschiehet eß aber einmahl, daß mann etwaß, so im Lande zu suchen, ann mich gelangen leßet, so stehet so baldt die commination [Strafandrohung; BW] dabey, wolle Ich eß nicht anordnen, so wolle mann eß selbst suchenn, wo mann eß findet, unndt dieses alles wierderfähret mir von frembden nationen, theilßs vonn geringen officirern unndt wol gemeinen Soldaten“. Richelieu gegenüber Beichtvater Père Joseph über die mangelhafte Organisation der kaiserlich-bayerischen Armeen u. zum Zustand der französischen Armee (1638); Vertrewlich freundlich Gespräch: „Zum andern ist das Teutschland vor Zeiten wohl ein mächtig Land gewest / aber die langwürige Krieg vnd so wohl Freund als Feind haben es also verderbt / daß es jhme nicht mehr gleich vnd nicht der dritte Theil am Volck vbrig vnd selbiges also erarmet ist / daß der Arm dem Reichen gleich / das grosse / breite vnd weite Land öd ligt / vnd niemand bey seinem wohnen kann. So haben wir gut wider ein so verderbt Reich / vnd wider einen solchen Fund zu kriegen / der gleich wohl eine erfahrne tapffere Soldatesca in Anzug bringen kann / aber ohne Ordnung / ohne Bezahlung / ohne Disciplin, das gantze Teutschland ist fast ein Quartier vnd stehet dem Soldaten preiß / allda noch er / noch der Inwohner zu leben hat / vnd wann er in das Feld ziehet / keinen Proviant / oder andere Nothwendigkeit sind / daß er also in Mangel dessen von seinen eygnen Vnordnungen sich verzehrt. Die Regiment vnd Compagnien seynd viel in Anzahl / aber mit wenig gemeinen Knechten ersetzt / vnd die Officier erpressen doch die Contributiones für völlig. Bey den Regimenten befinden sich wenig Obristen in Person / also wann Fehler vorüber gehen / so wohl im Feld als in Quartieren / ist niemand der helffen / der den man zu red stellen köndte. Wo ein Corpus beysam̃en / commandiren vnterschiedene Generales, der ein will für sich / der ander hindersich / der ein es auff Welsch / der ander auff Teutsch haben. Vnd das gemeine Wesen gehet vnter dessen zu Scheitern. Die höchste Häupter sehen von weitem zu / vermeynen es mit Ordinantzen, Commissarien, Currieren, Botten vnd Brieffen zu erbesseren / ziehen doch niemand schuldigen zu gebührender Straff / lassen allein das gute Glück walten. Aber bey solcher manier zu kriegen ohne ein rechtes General Haupt / ohne Geld vnd Disciplin, ohne Vorsehung vnd Rarh / mit verderbung eygener Land vnd Leuth / allda denen Soldaten alles preiß stehet / vnd sie sich selber vntereinander spoliren, plündern / vnd auffreiben auch alle Vnbild / Vnfugsamkeit / vnd Laster gleichsam gestattet wirdt / kann weder Göttlicher Segen / noch menschlich Glück bestehen. Wann Gott vnsern Feinden nit bessern Sinn gibt / so haben wir ein gewunnes Spiel. Wann sie aber wolten kriegen wie wir / mit ordentlicher Bezahlung / daß der Vnderthan beym Feldbaw erhalten / vnd dardurch der Soldat sein Nahrung haben würde / so möchte sich leichtlich das Glück vmbschlagen / vnd ein Armee von 12000 also disciplinirten Soldaten Vns mehr Abbruch thun als jetzund 24000. Mann / welche wo sie in jhrem aignen Land hinkommen / entweder gar nichts zu leben finden / oder wan sie einen Vorrath antreffen / verderben und verwüsten sie in einem tag was auff etliche Wochen erklecken köndte / ruiniren vnd machen zu Schanden vnd Vnnutz / alles so sie hernach zu jhrem selbst aignem vnentbärlichen Gebrauch mit vil Gelt nit repariren mögen / daß also in wenig tagen jhr Anzal ohe Schwerdtstreich für sich selbst mercklich geschwächt wird / vnd viel einen Absprung zu vns nem̃en / vnd sich bey vns vnterhalten lassen. So seind sie mit Waffen / Schantzzeug / vnd andern Beraitschafften zu einem Feldzug nothwendig auß Vnvorsehung / vnd Mangel Geltes schlecht gerüst / jhr Cavalleria vbel montirt, vnd welche annoch bey allen Treffen die erste geweßt / so durchgangen. Betten wir also nun Gott / daß er sie nit besser kriegen lerne / darzu sie noch viel Mittel haben / wann sie an jhnen selber nit verzweiffleten. Wir erhalten ein Regiment zu Fuß in 3000. Mann complet, mit 22000 fl monatlich ordentlicher Bezahlung. Solten dann die gegen vns gelegene Craiß mit concurrirung der Spanier / welche sonst das Geld außmessen / vñ nit zehlen/ nit vermögen mit solch richtiger Bezahlung bey 12. in 15000. Mann zu erhalten / darbey widerumb gute Disciplin gestifft / vnd der Vnterthan vnuerhindert bey seinem Feldbaw beschirmet / vnd jhme die Mittel gemacht würden / sein ordentliche aufferlegte Contribution zu lieffern. Ich muß bekennen / weil einem versuchten teutschen Soldaten 3. vnserer Frantzosen kaum gewachsen sind / daß wir wider ein solche Armee gnugsam zu schaffen haben würden / dann Hertzog von Weimar am teutschen Volck zimblich abkommen / muß sich fast der Frantzosen bedienen. Wann es aber gehet wie bißhero / wirdt er bald widerumb teutsche Knecht bekommen / vnd bey vns die Noth nit seyn / daß weder ich noch E. Ehrw. auff die Post sitzen / nach Cöln zu reysen / vnd Frieden zu machen / wie wir sonst im widrigen Fall thun müsten“.
14 Matthias [Matteo] [di] Gallas [Galas, Galasso], Graf v. Campo, Herzog v. Lucera] [17.10.1588 Trient-25.4.1647 Wien], kaiserlicher Feldmarschall u. Generalleutnant. 1606 Eintritt in spanische Dienste, 1615-1617 Teilnahme am Friaulischen Krieg, 1618 Beförderung zum Hauptmann, Kommandant v. Riva u. Bekanntschaft mit Johann v. Aldringen. Durch dessen Vermittlung 1629 Wechsel aus kurbayerischen in kaiserliche Dienste, nachdem Gallas die Festnahme wegen Unbotmäßigkeiten u. Erpressungen angedroht worden war. Am 18.7.1630 zusammen mit Aldringen Beteiligung an der Plünderung Mantuas, wo er (nach heutigen Begriffen) ein Millionenvermögen erbeutete. Am 10.3.1632 Erhebung in den Reichsgrafenstand, am 13.10.1632 Ernennung zum kaiserlichen Feldmarschall, im September 1633 zum Generalleutnant unter Wallenstein. Zusammen mit Aldringen u. Piccolomini betrieb Gallas die Entlassung Wallensteins. Am 24.1.1634 Übernahme des Oberbefehls über das kaiserliche Heer, nach Wallensteins Ermordung, deren Planung und Durchführung er Piccolomini überlassen hatte, erhielt er dessen Herrschaft Friedland. Am 5./6.9.1634 hatte Gallas entscheidenden Anteil am Sieg über die Schweden bei Nördlingen. Sein schlechter Ruf als Trinker u. Spieler sowie glücklos verlaufene Feldzüge wie im Winter 1633 in Schlesien, 1635/1636 in Lothringen, 1637 gegen Johan Banér u. im Winter 1644 im Rückzug vor Lennart Torstensson brachten ihm bis heute den Ruf eines “Heeresverderbers” ein. Im November 1639 wurde Gallas entlassen, anschließend erneut berufen, im Januar 1645 wiederum entlassen, um dann von Dezember 1646 bis zu seinem Tod letztmalig das Kommando zu übernehmen. Vgl. REBITSCH, Gallas I; REBITSCH, Gallas II; BECKER, Gallas; KILIÁN, Johann Matthias Gallas.
15 Obristleutnant [schwed. överstelöjtnant, dän. oberstløjtnant, tschech. podplukovník]: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, v. den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Heirat, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch v. Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten u. die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren u. Soldaten bewies u. für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments u. die Anwerbung v. Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- u. Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse u. Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 [nach der Ordnung Wie es mit der verpflegung der Soldaten“ (1630)] u. 150 fl. bezog – in besetzten Städten (1626) wurden z. T. monatlich 400 Rt. erpresst (HEIMATMUSEUM SCHWEDT, Die Uckermark, S. 15 – , in der brandenburgischen u. dänischen Armee sogar 300 fl. KRAUSE, Urkunden 1. Bd., S. 460. Nach Wallensteins Verpflegungsordnung (1629) standen ihm bei der Infanterie 320 Rt. monatlich zu. Dazu kam sein Anteil an der Beute, der pro 1.000 Rt. 16 Rt. 39 Albus betrug; HOFMANN, Melander, S. 156. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian I. hatte Tilly den Ersatz der „unkatholischen“ Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Der Obristleutnant war zumeist auch Hauptmann oder Rittmeister einer Kompanie, wofür er ein zusätzliches Einkommen bezog, so dass er bei Einquartierungen u. Garnisonsdienst zwei Quartiere u. damit auch entsprechende Verpflegung u. Bezahlung beanspruchte oder es zumindest versuchte. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285. Nach der Schlacht bei Lützen (1632) gab es für einen verletzten Obristleutnant 500 fl. Belohnung; HALLWICH, Briefe und Akten 3. Bd., S. 598. Nach GANTZER, Archivalische Quellen, S. 40, waren für einen Obristleutnant nach der Schlacht bei Jankau (1645) 500 Rt. Ranzion (Lösegeld) aufzubringen.
16 Brüx [Most, Bez. Most, Tschechien]; HHSBöhm, S. 79ff.
17 Georg Friedrich Bule v. Bořitow [Bořita] [ – ], schwedischer Obristleutnant.
18 Salvaguardia: Ursprünglich kaiserlicher Schutzbrief, durch den der Empfänger mit seiner Familie u. seiner ganzen Habe in des Kaisers u. des Reichs besonderen Schutz u. Schirm genommen wurde; zur öffentlichen Bekräftigung dieses Schutzes wurde dem Empfänger das Recht verliehen, den kaiserlichen Adler u. die Wappen der kaiserlichen Königreiche u. Fürstentümer an seinen Besitzungen anzuschlagen. Der Schutzbrief bedrohte jeden Angreifer mit Ungnade u. Strafe. Im DK militärische Schutzwache; Schutzbrief (Urkunde, die, indem sie geleistete Kontributionen u. Sonderzahlungen bestätigte, gegen weitere Forderungen schützen sollte, ggf. durch militärische Gewalt des Ausstellers); auch: sicheres Geleit; eine oft recht wirkungslose Schutzwache durch abgestellte Soldaten, in schriftlicher oder gedruckter Form auch Salvaguardia-Brief genannt, die meist teuer erkauft werden musste – je nach Größe einer Stadt konnte sich das auf 200 Rt. belaufen – , u. ein einträgliches Geschäft für die zuständigen Kommandeure darstellten. Teilweise wurden entsprechende Tafeln an Ortseingängen aufgestellt, „Salvaguardia“ an die Türen der Kirchen (HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 55) geschrieben oder für die ausländischen Söldner ein Galgen angemalt. Die 1626 v. Tilly erlassene Schultheißen-Ordnung hatte festgelegt: „Wer salua Guardia mit wortten oder that violirt, den solle niemandt zu verthädigen understehen, sonder welcher hoch oder nider Officir ein dergleichen erfahren mag, der solle den muthwilligen verbrecher sobalden zu dem Provosen schaffen, dem Schultheysen neben einandtwortung bey sich unrecht befundenen sachen und guetter hiervon berichten ohn einred, die Restitution und was bey der sachen underlauffen möcht dass Gericht entscheiden lassen, und welcher einem andern sein gewonnen beuth abnimbt oder an seinem freyen verkauff nachtheilig verhindert, den solle Schultheyss zur Restitution anhalten und noch darzu mit straffen hart belegen“. ZIEGLER, Dokumente II, S. 986. Abt Veit Höser [1577-1634] von Oberaltaich bei Straubing; SIGL, Wallensteins Rache, S. 140f.: „Da die Schweden so grausam wüteten und sich wie eine Seuche immer weiter ausbreiteten, alle Dörfer mit Raub, Mord und Jammer heimsuchten, erbaten die Bürger ab und zu von den Kapitänen der Weimaraner eine Schutzwache, die bei ihnen meist Salva Guardia heißt. Erhielten sie diesen Schutz zugesagt, so wurde jeweils ein Musketierer zu Fuß oder zu Pferd in das betreffende Dorf, die Ortschaft, den Markt abgestellt. Dieser sollte die herumstreifenden Soldatenhorden, kraft eines vom Kapitän ausgehändigten schriftlichen Mandats, im Zaume halten, ihre Willkür beim Rauben und Plündern einschränken. […] Es ist aber nicht zu bestreiten, dass eine solche Schutzwache unseren Leuten oder den Bewohnern anderer Orte, denen auf ihre Anforderung eine Salva Guardia zugestanden wurde, keinen Vorteil brachte. Im Gegenteil, sie schlugen ihnen vielmehr zum Schaden aus und waren eine Belastung. Offensichtlichen Nutzen dagegen hatten nur die Kapitäne, denn ihnen mussten die Leute gleich anfangs die ausgehandelte Geldsumme vorlegen oder wenigstens wöchentlich die entsprechende Rate (pensio) entrichten. Kurz, wie Leibeigene oder Sklaven mussten sie blechen, was die Kapitäne verlangten. Ich habe nur einen Unterschied zwischen den Orten mit und denen ohne Salva Guardia festgestellt: Die Dörfer ohne Schutzgeleit wurden früher, jene mit einer Salva Guardia erst später ausgeplündert. Da nämlich die Schweden vom Plündern nicht ablassen konnten, solange sie nicht alles geraubt hatten, so raubten und plünderten sie entweder alles auf einmal (sodaß sie nicht mehr zurückkommen mußten) oder sie ließen allmählich und langsam bei ihren Raubzügen alles mitgehen, bis nichts mehr zu holen war. Obendrein haben diese eigentlich zum Schutze abkommandierten Musketiere und Dragoner gewöhnlich die Ortschaften, ihre Bewohner und deren Habseligkeiten – als Beschützer – ausspioniert und dann verraten. Wurde nämlich der bisherige Beschützer – und Spion – unvermutet abberufen, dann brachen seine Kameraden, Raubgesellen und Gaunerbrüder ein und raubten alles, was bislang durch den Schutz der Salva guardia verschont geblieben war, was sie in Wirklichkeit aber für sich selbst hinterlistig und heimtückisch aufbewahrt hatten, und wüteten um so verwegener (pro auso suo) gegen die jämmerlich betrogenen und enttäuschten Menschen, beraubten sie nicht menschlicher und marterten sie“. Vgl. auch LOPER, Laniena, S. 8, über die Kaiserlichen 1630 in Pasewalk: „Die Fändriche vnd Capitäin / in welches Hauß sie kamen / sagten Salva Guardy zu / wo Geldt da war. Hatte ein Haußwirt oder Haußwirtin / einen Knecht oder Magdt / Sohn oder Tochter / vnter 9. Schlössern etwas gehabt / sie hetten auff ein solch tröstlich wort / alles herfür gegeben / Aber wann sie alles dar gelanget / war die Salva Guardij im letzten vnnd kahmen nicht 7. sondern wol 10. andere noch ergere vnsaubere Geister / die zerschlugen alles im Hause / da muste keine Schüssel / kein Topff / kein Hembde / Summa kein Feßerlein bleiben / vnd worden einem jeden die Schuh vnd Strümpffe außgezogen / die Hüte / Hauben vnd Mützen vom Häupte / die Kleider vom Leibe gerissen. Ging man für die Thürschnelle / lag baldt hie / baldt da / ein guter bekandter / mit zehen vnd mehr Wunden beschediget / Ja wol gantz erschlagen: Warff man jhnen ein Mäntelchen zu / ard es jhnen bald genommen: Sprach man jhnen zu / muste man neben jhnen gleich so viel haben. War es schon ein Priester / der jhnen für kam / vnd hielte jhnen Gottes Gerichte für / vnnd bath sie sie möchten Christlich handeln / Ward es alles mit hohn vnd Lachen auffgenommen / vnd er muste die schärffe schmecken / vnd diese wort hören: Waß sollten wir Christen seyn ? Wir sind lebendige Teuffel / vnd auch deine Teuffel. Ja sie haben einen krancken Prediger / auß dem Siechbette gehoben / jhme Hände vñ Füsse gebunden / jhn Torquirt vnd gemartert / er solte anzeigen / wo er Geldt hette / Gab er etlichen / waß vorhanden / thaten andere mit jhm eben also / Wann die ersten weg wahren / vnd wolten jhn endtlich gar verbrennen“. Auch war das Leben als Salvaguardist nicht ungefährlich. Der Überlinger Ratsherr Dr. Plummern berichtet (1633); SEMLER, Tagebücher, S. 65: „Eodem alß die von Pfullendorff avisirt, daß ein schwedischer reütter bei ihnen sich befinnde, hatt vnser rittmaister Gintfeld fünf seiner reütter dahin geschickht sollen reütter abzuholen, welliche ihne biß nach Menßlißhausen gebracht, allda in dem wald spolirt vnd hernach zu todt geschoßen, auch den bauren daselbst befohlen in den wald zu vergraben, wie beschehen. Zu gleicher zeit haben ettlich andere gintfeldische reütter zu Langen-Enßlingen zwo schwedische salvaguardien aufgehebt vnd naher Veberlingen gebracht, deren einer auß Pommern gebürtig vnd adenlichen geschlächts sein sollen, dahero weiln rittmaister Gintfeld ein gůtte ranzion zu erheben verhofft, er bei leben gelassen wird“. BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 49f. (1629): „Eine Eingabe des Bauern Jacob Löffler aus Langenwetzendorf [LK Greiz] wegen der bei ihm einquartierten »Schutzgarde« schildert die Heldentaten der derselben ungemein plastisch: »Was ich armer Mann wegen anhero zweijähriger hiesigen Einquartierung für groß Ungemach ausstehen müssen, gebe ich in Unterthänigkeit zu vernehmen: Denn erstlichen habe berührte Zeit über 42 ganze 42 Wochen Tag und Nacht bei den Soldaten ich aufwarten, nicht allein viel Mühe und Wege haben, sondern auch welches zum Erbarmen gewesen, Schläge gewärtig zu sein und geprügelt werden zu müssen, 2. habe ich meine geringe Haushaltung wegen jetziger Unsicherheit beiseits setzen, meine Felderlein wüst, öd und unbesamt liegen lassen, daß seither ich im geringsten nichts erbauen, davon samt den Meinigen ich mich hätte alimentieren mögen, 3. haben die Soldaten mir die Gerste, so zu einem Gebräulein Bier ich eingeschüttet, aus den Bottichen genommen, zum Teil mutwilligerweise zerstreut, zum Teil mit sich hinweggenommen, verfüttert und verkauft, 4. haben sie mir das wenige Getreidig, so noch unausgedroschen vorhanden gewesen, mit dem Geströhde aus der Scheune in andere Quartiere getragen, ausgeklopft und ihres Gefallens gebraucht, 5. weil sie an meiner geringen Person sich nicht allzeit rächen können, haben sie mir die Bienen und derselben Stöcke beraubet, umgestoßen und zu Grund und Tode gerichtet, 6. sind von ihnen mir alle Hühner, Gänse und ander Federvieh erschossen, genommen und gefressen worden, meine Wiesen, Raine und Jagen mir dermaßen verödet, daß ich nicht eine einzige Bürde Heu und Grummet von denselben genießen kann, 7. endlich ist von ihnen mir eine Kuh aus dem Stalle, so meinen Geschwistern zuständig gewesen, gezogen, in ein anderes Losament getrieben, geschlachtet und gefressen worden.« Teilweise „kauften“ sich begüterte Bürger Offiziere als Salvaguardia, um sich gegen Übergriffe zu schützen; SUTORIUS, Die Geschichte von Löwenburg. 1. Teil, S. 266. Teilweise wurde nur ein einzelner Salvagardist einquartiert, teilweise aber ging die Zahl je nach Kriegs- u. Ortslage erheblich in die Höhe. 1635 hielt Heinrich Graf Schlick 100 Mann zum Schutz seiner Herrschaft Plan für notwendig; SENFT, Geschichte, S. 124.
19 JELINEK, Die Böhmen II, S. 47.