Rupp [„Haßlaß, Hasle“], Lienhard; Leutnant [ – 1671/72 Haslach] Lienhard Rupp [alias „Haßlaß“, „Hasle“] war ein Kriegsveteran, der 1643 Überfälle auf weimarische Soldaten unternahm[1] und in den Diensten des Obristleutnants[2] Hausmann stand.
Der Benediktiner-Abt von St. Georgen im Schwarzwald,[3] Georg Gaisser [1595-1655],[4] erwähnt ihn in seinem Tagebuch: „16.[8.1643; BW] Unsere Soldaten spielten auf ihren Ausfällen den Weimaranern übel mit, infolgedessen wurde unsern Nachbarn die Ernte nicht abgemäht. Besonderen Schaden fügte ihnen ein (gewisser) altgedienter Soldat zu, der seiner Zeit nach Aufgabe des Kriegsdienstes in Haslach[5] eine Wirtschaft gepachtet hatte und den Handel mit Lebensmitteln zu seinem Gewerbe machte. Als er aber nach dem zweiten Einbruche der Weimaraner seine Habe verloren hatte, wandte er sich wieder militärischen Geschäften zu. Das Volk nannte ihn ‚den Leutnant[6] von Haßlaß’ “.[7]
„11.[11.1643; BW] „Der Haslacher Leutnant beraubte, nachdem er von Oberstleutnant Hausmann den Beschluß (Auftrag) erhalten hatte, Vieh aus den Orten der Umgebung in die Stadt beizuführen, das Haus des Brigacher[8] Vogtes[9] mit Gewalt, ebenso nahm er das Vieh des Christian Reuther, des Michael Zucker, der Brüder Barthol. und Georg Weisser, an die 60 Stück, weg. Auf Anrufung des Oberstleutnants wegen Leistung von Erstattung antwortete dieser dem Sekretär in grober Weise, warum sie dem Feinde anstelle von Beute[10] sowohl Heu als Vieh anbieten ? Ich rief ihn und selbst an (sprach vor) und brachte gute, aber betrügerische und lügnerische Worte nach Hause. Er versprach jede Art von Erstattung, hielt es nicht, log schändlich. Nochmals ging ich nun hin, bat, erinnerte an das Versprechen. Die Schuld schrieb er seinen Offizieren zu, denen er ihre Beute nicht entreißen könne. Aber er selbst war an der Beute beteiligt, und unter den andern Räubern raubte er als Ober-Räuber (primarius praedo). Den ganz unbarmherzigen Räubern widme ich diesen Fluch, ‚daß ihnen der Teufel den ersten bitzen gesegne, den sie davon essen werden und zuo lautter güft mache’.
6.[11.1643; BW] Der Brigacher Vogt beklagt sich über die ihm angetane Gewalt. Auf diese hin ist das Vorerwähnte erfolgt. Er selbst kehrt, beladen mit den Verleumdungen der Soldaten, heim, ohne etwas erreichen zu können, während er, im Gegenteil, einen Erfolg hinderte. ‚Wür haben ein außerleßenes Diebßgesündle hie’ “.[11]
Gaisser erwähnt ihn noch einmal unter dem 7.2.1647: „Die Stadttore blieben verschlossen, die Besatzungstruppen treten unter Führung von Simon Tanner den Marsch nach Konstanz an. Dagegen kehrte der Leutnant (vicarius) von Haslach mit 20 Mann zu Fuß von einem Ausfall zurück, bei dem er sich ziemlich reicher Beute bemächtigt hat“.[12]
[1] Als Roman bei HANSJAKOB, Der Leutnant von Hasle, verwertet.
[2] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.
[3] St. Georgen im Schwarzwald [LK Schwarzwald-Baar-Kreis].
[4] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 93f. Vgl. auch SCHULZ, Strafgericht.
[5] Haslach im Kinzigkreis [Ortenaukreis].
[6] Leutnant: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-60 fl.
[7] STEMMLER, Tagebuch Bd. 2, S. 971 (2. Auflage 1984, heute noch erhältlich bei Stabsstelle Archiv von 79002 Villingen-Schwenningen).
[8] Brigach, heute Ortsteil von St. Georgen im Schwarzwald [LK Schwarzwald-Baar-Kreis].
[9] Vogt: Der Vogt war zunächst ein kirchlicher, seit dem Hochmittelalter auch ein weltlich-politischer Amtsträger. Er verwaltet die unterste Verwaltungseinheit und unterstützt den Rentmeister bei seinen Aufgaben. Er sorgt für die Bekanntmachung landesherrlicher Verordnungen und Gesetze, die in der Kirche öffentlich gemacht wurden. Der Vogt repräsentiert die staatliche Gewalt auf dem flachen Lande und hat umfassende militärische und polizeiliche Aufgaben.
[10] Beute war im allgemeinen Verständnis das Recht des Soldaten auf Entschädigung für die ständige Lebensgefahr, in der er sich befand und das Hauptmotiv für den Eintritt in die Armee. BURSCHEL, Söldner, S. 206ff. Für den lutherischen Theologen Scherertz galten allerdings nur der Bestand der Christenheit, die Reinheit des Glaubens und der Erhalt der Gerechtigkeit aus hinreichender Grund; BITZEL, Sigmund Scherertz, S. 153. Dabei war Beute ein sehr weit gefasster Begriff, von Beutekunst wie sakralen Gegenständen, Altarbildern, Bildern, Büchern (wie etwa in der Mainzer UB; FABIAN u. a., Handbuch Bd. 6, S. 172), bis hin zu den Wertgegenständen der Bürger. STEGMANN, Grafschaft Lippe, S. 63: Interessant ist auch die Auflistung der von staatischen Truppen bei einem Überfall erbeuteten Wertsachen des ligistischen Generalproviantmeisters Münch von Steinach, darunter augenscheinlich auch Beutegut: „Ein gantz gülden Khetten mit zweyen Strengen. Daran ist gewesen ein gantz güldens Agnus Dei. Aber ein kleins auch güldens Agnus Dei Gefeß. Wieder eins von Silber und vergolt. Ein schönes Malekhidt-Hertz mit Goldt eingefast. Ein Goldtstückh mit einem Crucifix. Aber ein Goldstückh mit einem Kreutz. Aber ein Hertz von Jaspis vom Goldt eingefast, so für den bösen Jammer gebraucht wirdt. Ein großer Petschafftring von Goldt. Ein von Silber und vergolts Palsambüchsel. Ein Paternoster an silbern Tradt gefast. Ein Pethbuch. Dan an Geldt, so Herr General-Proviantmeister bey sich gehabt, 7 Thlr. 18 Gr. Von der Handt ein gülden verfachen Denckhring. Aber ein Petschafftring von Goldt, daß Wappen in Jaspisstein geschnidten. Ein gestickt Paar Handtschuch. Ein Paar von silberfarb Daffent Hosenbänder mit lang seiden Spitzen“. In Askola, einer Gemeinde in Südfinnland, nördlich der Hafenstadt Porvoo, befindet sich noch heute in der Holzkirche eine reich verzierte barocke Kanzel, die von finnischen Söldnern als Kriegsbeute mitgebracht wurde. Die Beutezüge wurden zum Teil mit Wissen der Offiziere unternommen, denen dafür ein Teil der Beute überlassen werden musste. Besonders wertvolle Stücke nahmen die Kommandierenden (oder auch die Marketender) den oft verschuldeten Soldaten gegen einen Bruchteil des Wertes ab. Auch Offiziersfrauen handelten mit Beute oder trieben damit Tauschhandel. Vgl. die Schadensliste vom März 1634 bei BARNEKAMP, Sie hausen uebell, S. 58ff.; HERRMANN, Aus tiefer Not, S. 32ff.; REDLICH, De Praeda; ZIEGLER, Beute; KAISER, „… aber ich muß erst Beute machen“. Der Superintendent Braun (1589-1651), zit. bei ROTH, Oberfranken, S. 303f.: „Die Ursache dieses Übels wird jeder leicht verstehen, wenn er die völlig aufgelöste Disziplin der Armee näher bedenkt. Die Fürsten selber und die Heerführer bringen ihr Militär ohne Geld zusammen; das muß von schnödem Raub sich selbst erhalten. Sie öffnen ihnen damit die Tür zu aller Nichtswürdigkeit und Grausamkeit, und müssen zu allen abscheulichen Freveln die Augen zudrücken. Pünktlich bezahlte Löhnung erhält den Soldaten, auch den sehr unguten, durch die Furcht vor dem Kriegsrecht bei seiner Pflicht und hindert ihn an Übergriffen. Enthält man ihm hingegen die Löhnung vor, so verwildert er und ist zu jeder Schandtat bereit. Dazu kommt die schon erwähnte Lässigkeit der Führer beim Anwerben der Soldaten. Denen liegt ja an der reinen Lehre und an der Gottesfurcht gar nichts; sondern die blinde Beutegier treibt sie zum Kriegsdienst; dadurch geht alles zu grunde. Wird eine Stadt oder eine Festung eingenommen, so schenkt der Sieger den Mannschaften der Besatzung, wenn sie auch noch so sehr dem päpstlichen Aberglauben ergeben sind, ihr Leben und reiht die Feinde in seine Truppen ein, nicht ohne gewaltigen Schaden der evangelischen Verbündeten. Denn um ihre Niederlage gründlich zu rächen, speien diese Scheusäler unter dem Deckmantel der militärischen Freiheit alles Gift ihrer Seele aus gegen die Bekenner des evangelischen Glaubens und wüten auf alle Weise in unsäglicher Grausamkeit, Raub und Wegelagerei, zünden die Dörfer an, plündern die Häuser, zwingen die Bewohner mit Schlägen, zu tun, was sie verlangen und stehen in keiner Weise auch hinter den grimmigsten Feinden zurück. Wie viel unserer Sache durch den Zuwachs dieser ehrlosen Räuber gedient ist, sieht jedermann leicht ein“.
[11] STEMMLER, Tagebuch Bd. 2, S. 980f.
[12] STEMMLER, Tagebuch Bd. 2, S. 1100.