Starhemberg, Johann Reichard Graf von

Starhemberg, Johann Reichard Graf von; Obrist [1608 – 4.9.1661] Starhemberg auf Schaunburg,[1] Herr zu Wildberg[1] und Riedegg,[2] stand als Hofkriegsrat, Obrist und Kriegskommissar in kaiserlichen Diensten. Am 14.7.1657 wurde er zum Generalfeldwachtmeister, am 8.8.1660 zum Feldmarschallleutnant ernannt.[2]

Am 2.1.1644 schrieben die Landstände von Österreich ob der Enns aus Linz[3] an den kaiserlichen Generalleutnant Gallas: Die versammelten vier Stände hätten die Frage der Truppeneinquartierung im Lande behandelt und bäten, dem aufs Äußerste erschöpften Land mit der Einquartierung keine unverhältnismäßig großen Lasten aufzubürden; ferner verwiesen sie auf die Intervention Starhembergs.[4]

Starhemberg informierte H. Černin am 15.1.1645 aus dem wohl noch nicht gut unterrichteten Linz: Gallas sei in Magdeburg[5] blockiert, aber Götz, Hatzfeldt und die Bayern würden ihn bald aus der Belagerung befreien. Der Feind habe aufs Neue die Elbe überschritten, man wisse jedoch nicht, ob er sich nach Schlesien oder woandershin wenden würde. Im Postskriptum hieß es: Eisgänge hätten die Brücken bei Magdeburg niedergerissen, worauf Gallas Kanonen und 2.000 Soldaten nach Wittenberg[6] sandte. Die kaiserliche Infanterie konzentriere sich in Böhmen und warte auf einen Einfall des Feindes in Schlesien oder Böhmen.[7]

Am 27.12.1645 schrieb Montecuccoli aus Budweis[8] an Piccolomini: Torstensson habe Wrangel mit dem Kommando betraut; dieser verband die Armee in Böhmen mit derjenigen, die aus Holstein kam, marschierte durch Leipzig[9] und traf soeben in Leitmeritz[10] ein, wo die Armee eine Brücke errichte. Die Kaiserlichen seien um vieles schwächer und könnten nur schädliche Ausfälle machen, die Versorgung unterbrechen und die Schweden in ihren Winterquartieren beunruhigen. Der Kaiser habe Starhemberg mit dem Ansuchen nach Bayern entsandt, die bayerische Armee möchte in die Obere Pfalz einrücken und sich mit den Kaiserlichen vereinigen.[11]

Anscheinend war Starhemberg 1647 in die von Habsburg inszenierte Meuterei Johann von Werths nach Maximilians I. Waffenstillstand mit Frankreich und Schweden involviert und mit „gewissen eigenen Handbriefln des Kaisers und offenen Patenten an die baierischen Reichsvölker“, die in kaiserliche Dienste gebracht werden sollten, festgenommen worden.[12]

Im Schreiben des Propstes von Schlägl[13] an den Statthalter von Passau[14] vom 11.7.1647 heißt es: „Nun wissen E. Hochw. und ist bekannt, dass wenig verruckter Zeit Ihre Kaiserl. Majestät per mandatum avocatorium die Reichsarmee von kurfürstl. Durchlaucht in Baiern mit beigehender Erinnerung ihrer Pflichten lassen abfordern, beinebens auch durch andere Mittel selbe beizubringen sich bearbeitet. Inmassen dann alles bereits in ein solches modell gegossen gewesen, dass die Herrn Generales und Obristen sich dahin vereinigt, mit der Cavalleria und theils Fussvolk herüber zu gehen. Indem aber dies jetzt gehörtermassen incaminierte Werk die Fortstellung erreichen sollen, ist das ganze Wesen wieder in eine Dissolation gerathen. Etliche Obristen haben dasjenige, wozu sie sich verwilligt gehabt, zurückgestossen und den Völkern zu meutinieren Anlass geben, dadurch dann der ganze Handl zu Wasser worden. Als nun beide Generales, Joan de Werth und Sporkh, gesehen, dass ihr volmeinendes Vorhaben rückgängig worden, haben sie nichts desto minder ihre Seiner Majestät und dem hochlöbl. Haus Oesterreich geleistete Pflichten in Obacht nehmen wollen und mit Hinterlassung aller ihrer bagage und vieler Pferde, weil die meutinirer allbereit angefangen, diejenigen Officiere und Reiter, welche herumb zu gehen gewillt gewesen, vor die Köpf zu schiessen, zu Rettung ihres Leibs und Lebens salviren müssen und ist H. General de Werth nächst verwichenen Abend (Montag am 8. Juli) umb 4 Uhr zu Röhrnbach[15] aus dem Hauptquartier, nachdem er sich gestellt, als gienge er hinaus aufs Feld spazieren, unter dessen aber etliche seiner Leut abseits mit ungefähr 50 Pferden reiten lassen, hinter einem Bergl zu Pferd gesessen und eilends sich gegen den Klafterwald gewendet und selbigen Abend umb 9 Uhr noch in meines mir anvertrauten Klosters Markt Aigen[16] angelangt. Ich zwar, um diesen Handl nicht wissend, als ichs von Herrn Grafen von Harrach mit ihm zurückkommenden Trompeter verstanden, habe ihn alsobald durch meine Leut einladen lassen; dessen er sich bedankt und ohne Verlierung einer Zeit dem Pass (von Aigen nach Untermoldau,[17] gewöhnlich Schläglerpass genannt) zugeeilet und in der Nacht umb 12 Uhr nach Wuldau (U. Moldau) kommen und daselbst geblieben, allwo er bis morgens um 6 Uhr gewest und dann nach Krumau[18] fortgeruckt. – Darauf Erchtags (Dienstags) den 9. hujus Herr General Wachtmeister Sporkh sammt 2 Corneten und 3 Dienern früh zwischen 6 und 7 hernach gefolgt deme ich zur Consolation der Benachbarten und des gemeinen Manns, weilen alles in grossem Schrocken gewest, umb die Gewissheit des Hereinmarsch willen ein Feldwegs entgegengeritten, welcher mir dann mit ziemblichen Umbständen den Verlauf dieser Dissolution erzählet und also ingleichen fort über den Pass und nach Krumau geritten, allwo er Herrn von Werth noch angetroffen. – Gestern (am 10.) abends aber zwischen 5 und 6 Uhr ist mehr besagten Herrn Joh. de Werths Stallmeister mit bei sich habenden 6 Personen und 10 Pferden gefolgt, welcher bericht, dass er Erchtags abends ungefähr um 7 Uhr, nachdeme er zuvor bei vielernannten v. Werths bagage und zurückgebliebenen noch 65 Pferden und Wägen von 2 Lieutenanten und 50 Reitern als Geling- [Gayling v. Altheim; BW] und Lapierischen [La Pierre; BW] Regimentern verwacht gewesen, durch diese feinte aber, dass er denen Officieren von seines Herrn Wägen einen guten Trunkh Weins geben, davon sie ziemblich berauscht worden, und er also, seinen Vorthl ersehend, mit gehörten Personen und Pferden eschapiert, und, obwohlen verlauten wollen, dass beeder Generalen bagage wäre geplündert worden, so bericht doch dieser, dass Herrn v. Werths noch unangegriffener, jene aber (Sporks) totaliter ausgeraubt seindt, und seine Frau beim Obrist Geling verwahrter angehalten werde, mit angeheftem Vermelden, dass eine Viertelstund hernach, als Joan de Werth fort gewest, beede Herren Grafen von Salmb [Ernst Salentin zu Salm-Reifferscheidt; BW], Obristwachtmeister vom Werthischen Regiment, und Hans Reichardt von Starhnberg, – welchen zwar der Stallmeister nit gekannt, doch leider allen erzählten Umbständten nach gemelter H. v. Starhnberg vermutlich muss gewesen sein – , bei der Armee ankommen, in Vorbeireitung aber des Gelings Regiments ihne, Obrist Geling, gefragt, wo das Hauptquartier wäre, welches er ihnen zwar notificiert, ehe sie aber kaum recht dahin gelangt, hat er einen Rittmeister vom Lapierischen Regiment mit 200 Reitern dahin geschickt, welche alsobalden bedeuten Grafen von Salmb, – eigentlich weiss ich nit, ob Herr von Starhnberg auch mit gewest – , gefangen genomben und nach München geführt. Was nun ferners aus diesem Handl werden wird, lasse Euer Hochw. hierinfalls als hochverständig judiciern. Sonst, wie mir H. Sporkh selbst erzählt, haben Höchsternannt Ihre Churfürstl. Durchlaucht auf seinen Kopf 10, auf Joan de Werths Kopf 20tausend Thaler geschlagen“.[19]

Am 15.7.1647 durfte Starhemberg nach Wien zurückkehren.

Bei den Hammelburger[20] Verhandlungen 1648 hatte der bayerische Feldmarschall Jost Maximilian von Gronsfeld durch geschicktes Taktieren Separation und Rückzug der kaiserlichen Truppen nach Böhmen verhindern können. Beides stand in den nächsten Monaten im kaiserlichen Kriegsrat allerdings weiter zur Diskussion. Doch war er noch immer von Wien für die Übernahme des Oberkommandos der Reichsarmee an Stelle des an seiner bei der Belagerung des Marburger[21] Schlosses erlittenen Verwundung laborierenden kaiserlichen Feldmarschalls Holzappel vorgesehen, wenngleich die einflussreiche „faccíon espagnol“ um den spanischen Orator in Wien, Terranova,[22] nach wie vor Piccolomini favorisierte. Am 26.1.1648 teilte Gronsfeld Maximilian I. mit, wie er aus dessen Schreiben vom 21.1. entnommen habe, sei es Ferdinands III. Absicht, ihm wegen Holzappels bedenklichen Zustands bzw. bei dessen Ableben das Oberkommando zu übertragen. Graf von Starhemberg, der auf der Reise ins kaiserliche Hauptquartier sei, habe ihm im Gegenwart des Generalkriegskommissars Schäffer eröffnet, dass der Kaiser das allergnädigste Vertrauen in ihn habe, doch habe sich dem Vernehmen nach habe sich Holzappels Zustand soweit gebessert, dass eine völlige Rekonvaleszenz zu erwarten sei und dieser das Kommando wieder übernehmen könne. Maximilian versicherte er, dass, „wan gleich über kurz oder lang, auf ein oder ander weiß, mir dergleichen zuegemuethet werden solte, ich mich doch ohne derselben gnädigstem vorwissen und willen im geringsten nichts resolviren werde“.[23]

Im März 1648 sollte Starhemberg in München erscheinen und die Wiederzulassung von Werths Mitverschworenem Sporck fordern. Am 21.3. teilte Max. der bayerischen Generalität die Wiederzulassung Sporcks mit, nachdem keine Einwände durch die Generäle erhoben worden waren. Starhemberg erhielt später für seine Verdienste in der Schlacht von Zusmarshausen[24] (17.5.1648) das Fußregiment des gefallenen Holzappel. Der „Häretiker“ Blumenthal hatte sich ebenfalls beworben, war aber abgewiesen worden.[25]

Am 4.10.1648 schrieb Starhemberg an Piccolomini, der wieder das Kommando übernommen hatte: Wittenberg war bis ins oberösterreichische Grenzland vorgerückt und das dortige verräterische Landvolk hätte dies zu einer Rebellion genutzt, die aber inzwischen unterdrückt wurde. Der Kaiser sei darüber niedergeschlagen, auch über die Gefangennahme Puchheims und vieler Offiziere.[26]

[1] Burg bzw. Wildberg, bei Kirchschlag bei Linz [Bez. Urfahr-Umgebung].

[2] Schloss Riedegg [Bez. Urfahr-Umgebung]. Nach einem Porträtkupfer von Elias Wideman 1649 mit Titel als „Herr zu Wildtberg und Riedegg, kaiserlicher Kämmerer, Kriegsrat, Obrist der Infanterie“, Devise „In ictu Oculi“ (im Augenblick). Blattmaß 27,3 x 17,1 cm, Plattenmaß 14,2 x 11,4 cm, im LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, Inv.Nr. K 67-290,77 LM. Freundlicher Hinweis von Herrn Dr. Gerd Dethlefs.



[1] Schaunburg, bei Hartenkirchen [Bez. Eferding]. Vgl. die Erwähnungen bei HARRACH, Tagebücher.

[2] SCHMIDT-BRENTANO, Kaiserliche und k. k. Generale, S. 96.

[3] Linz; HHSÖ I, S. 66f.

[4] TOEGEL; KOČĺ, Der Kampf, Nr. 125.

[5] Magdeburg; HSSD XI, S. 288ff.

[6] Wittenberg; HHSD XI, S. 504ff.

[7] TOEGEL; KOČĺ, Der Kampf, Nr. 494.

[8] Böhmisch Budweis [České Budějovice]; HHSBöhm, S. 46ff.

[9] Leipzig; HHSD VIII, S. 178ff.

[10] Leitmeritz [Litoměřice]; HHSBöhm, S. 324ff.

[11] TOEGEL; KOČĺ, Der Kampf, Nr. 729.

[12] RIEZLER, Meuterei II, S. 221; PRÖLL, Flucht, S. 318; LAHRKAMP, Werth, S. 182.

[13] Schlägl [BH Rohrbach]; HHSÖ I, S. 109f.

[14] Passau; HHSD VII, S. 571ff.

[15] Rohrbach in Oberösterreich; HHSÖ I, S. 98.

[16] Aigen, unter Schlägl [BH Rohrbach]; HHSÖ I, S. 109.

[17] Dolní Vltavice (Unterwuldau, ab 1918: Untermoldau), Ortsteil von Černá v Pošumaví [Český Krumlov].

[18] Böhmisch Krumau [Český Krumlov]; HHSBöhm, S. 53ff.

[19] PRÖLL, Flucht, S. 314ff.

[20] Hammelburg [LK Bad Kissingen]; HHSD VII, S. 268ff.

[21] Marburg; HHSD IV, S. 35ff.

[22] Vgl. die Erwähnungen bei HARRACH, Tagebücher.

[23] Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Kurbayern Äußeres Archiv 2497, fol. 276′ (Ausfertigung): Gronsfeld an Maximilian I., Hauptquartier Kitzingen, 1648 I 26.

[24] Zusmarshausen [LK Augsburg]; HHSD VII, S. 849f.

[25] Österreichisches Staatsarchiv Wien Reichskanzlei Kriegsakten 178, fol. 293-294 (Ausfertigung): Blumenthal an Reichsvizekanzler Kurz, Prag, 1648 V 28.

[26] TOEGEL; KOČĺ, Der Kampf, Nr. 1194.

Dieser Beitrag wurde unter Miniaturen abgelegt und mit verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.