Stettmund [Stettmundt, Stetmond], Johann; Leutnant [ – vor 1653] Stettmund stammte aus Hechingen[1] und stand 1634 als Leutnant[2] im Dienst der Stadt Überlingen.[3] Bei der Belagerung der Burg Hohenzollern[4] machte er mehrere Ausfälle. Per Akkord zog er mit 40 Soldaten ab. Der Überlinger Advokat Dr. Johann Heinrich von Pflummern [1595 – 1655][5] schreibt in seinem Tagebuch, man habe Stettmund [„Stetmond“], der Engländer gewesen sei, mit 30 Soldaten vor der Belagerung in städtische Dienste übernommen.[6] Der Salemer[7] Mönch Sebastian Bürster [? -1649][8] hält Stettmunds Widerstand am 24.4.1634 gegen schwedische Angriffe fest: „Nachmittag ist ein englischer leutenambt, nahmenß Joann Stettmundt, welcher uff der vöstung Hochenzollern ohnlangst commandirt, und den mier mit 27 seiner soldaten in unsere bestallung angenohmen, mit diser seiner compagnia[9] außgefallen, hat den feind in der schanz am waßer bey vorgedachten zweyen falconeten[10] in der still hinderschlichen und darauf also mannlich angegriffen, daß derselb, weilen beyneben die unsrige ab den stattwehren mit geschüz tapfer secondirt, in 60 mann verlohren und die schanz verlaßen müeßen, unser seits ist aber auch einer todt gebliben“.[11]
Bürster hält weiter fest: „Disen obsig haben mür der starken hand gotteß und ganz nit menschlichen kräften zuezueschreiben, dan wir diß tag nur 150 mann von Lindow[12] und 100 von Costanz[13] neben den obgedachten 27 soldaten, die underm commando des englischen leitenants umb unsern sold gedient, in der statt gehabt, welche auch nit alle bei der bresica wüder den stürmenden feind gefochten, sonder uff anderen posten verthailt gewest und wacht gehalten“.[14]
„Den 8 Augusti, alß bishero vnderschidlich geclagt worden, daß nhur ettlich wenig reütter vom feind vnd mit gar schlechten truppen von 7 vnd 8 herumb straiffen vnd daß land infestirn,[15] haben die salmanßweilische[16] welltliche sich alhie haltende beambten vnd diener letztlich erhallten, daß ettlich officier vnd soldaten von dem arrchischen [Graf Maximilian Prospero d’ Arco (Arch); BW] regiment eingewilliget sich auch in daß veld zu lassen. Darbei sich der engelländische leüttenant Johann Stettmund, wie gemainlich bei andern occasionen, eingestellt, vnd die vorgemellte salmanßweilische die erste geweßt, ihnen ich auch von meinen pferdten zway hergeben hab. Die haben in volgender nacht herwerts Bermatingen[17] 8 reütter von Bůchhorn[18] kommendt angetroffen, auf welliche die vnserige in vortrab gar zu frühe fewr geben, daß die schwedischen sich gewendt vnd die flucht genommen, sonsten hette man alle 8 ring[19] bei den köpffen nemmen mögen. Im nachiagen haben beide meine pferdt vor andern die füeß gebraucht, vnd seyn noch zwen vom feind erritten vnd gefangen genommen, vnd alhero gebracht worden, deren der eine, so quattier[20] angenommen, beim leben gelaßen: der ander aber, so trutzig, kein quattier haben wollen, nechst vorm Wißthor archibusirt[21] vnd hernach wegen fätten leibs vom nachrichter[22] ad usum medicinae vmb mitte deß leibs geschunden vnd begraben worden“.[23]
Später wurde Stettmund fürstlicher Forstmeister in Hechingen.
[1] Hechingen [Zollernalbkr.]; HHSD VI, S. 297ff.
[2] Leutnant: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompanie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-60 fl.
[3] Überlingen [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 807f.
[4] Hohenzollern; HHSD VI, S. 354ff.
[5] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 179f.
[6] SEMLER, Tagebücher, S. 165.
[7] Salem [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 684f.
[8] KRUSENSTJERN, Selbstzeugnisse, S. 59f.
[9] Kompanie: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch und schwedisch) umfasste von der Soll-Stärke her 100 Mann, ihre Ist-Stärke lag jedoch bei etwa 70 Mann, eine Kompanie zu Pferd bei den Bayerischen 200 Mann, den Kaiserlichen 60 Mann, den Schwedischen 80 Mann. Geführt wurde die Fußkompanie von einem Hauptmann, die berittene Kompanie von einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“.
[10] Falkonett: leichtes Feldgeschütz, das von einem Pferd gezogen werden konnte. Das Falkonett verschoss 3-pfündige Eisengeschosse bei einem Kaliber von 7, 2 cm. Es wurde bevorzugt gegen lebende Ziele eingesetzt.
[11] WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 67.
[12] Lindau (Bodensee); HHSD VII, S. 414ff.
[13] Konstanz [LK Konstanz]; HHSD VI, S. 419ff.
[14] WEECH, Sebastian Bürsters Beschreibung, S. 62.
[15] infestieren: angreifen; belasten.
[16] Salem [Bodenseekr.]; HHSD VI, S. 684f.
[17] Bermatingen [Bodenseekr.].
[18] Buchhorn, unter Friedrichshafen [Bodenseekreis]; HHSD VI, S. 228f.
[19] ring: leicht.
[20] Quartier: Pardon, Gnade; Einlagerung.
[21] archibusieren: archibusiren: mit einer => Arkebuse erschießen (=> Archibusier); im Militärrecht als Strafe für untere Dienstränge (z. B. Art. 43 des schwedischen Militärrechts) vorgesehen, noch nach dem Dreißigjährigen Krieg üblich; GÖRLICH, Geschichte, S. 501. HERBST berichtet in seiner Chronik von Greiffenberg: „1649 den 3. Novemb. seiner Diebereÿ auf dem Markte Archibusiret, und nieder geschoßen, und weill er die ersten 2 Schüße nicht recht troffen worden, stund er wieder auf, und hätte sich lieber loß gemacht ward aber also balde wieder vor den Kopff geschoßen, und alßo hingerichtet“. HERBST, Chronik, S. 50.
[22] Scharfrichter: I. Scharfrichter (auch Henker, Freimann, Nachrichter, Kasperer oder Schinder). Aufgabe des Regimentsscharfrichters war die Enthauptung, während ein Henker Hinrichtungen mit dem Strang vollzog. Die Hinrichtung erfolgte zur Abschreckung stets öffentlich. Der Scharfrichter im Militärdienst bezog einen festen Sold, während der zivile Scharfrichter die ihm entstandenen Kosten auflisten musste. Die übliche „Unehrlichkeit“ des zivilen Scharfrichters scheint im Militär aufgehoben gewesen zu sein. Zum Teil griff man auf städtische Scharfrichter zurück. Zur Abschreckung wurden zumeist in den Städten sogenannte Quartiergalgen errichtet. Vgl. Carnifex, Diebshencker. II. Städtischer Scharfrichter, der auch als Abdecker fungierte. Sein Beruf verlangte eine sehr lange Lehr- und Gesellenzeit. Sein Meisterstück bestand entweder in einer formgerechten Enthauptung oder einer Hinrichtung am Galgen. Sollte ihm eine Hinrichtung misslingen, musste er mit Aufruhr und Verfolgung durch die Zuschauer und empfindlichen Strafen durch die Behörde rechnen. Ihm stand auch die Verwertung der Körper der Hingerichteten zu. Er stellte Wundsalben her und heilte auch Knochenbrüche. Der Scharfrichter Otto Heinrich von Wahl wird 1639 in Meiningen von einem schwedischen Musketier erschossen, dem er angeblich das Jahr zuvor auf Befehl seines Obristen einen Galgen auf die Stirn gebrannt hatte; GÜTHEN; SCHAUBACH, Poligraphia Meiningensis, S. 260. Vgl. KELLER, Henker; SCHILD, Geschichte, S. 177ff.; DANCKERT, Unehrliche Leute, S. 23ff.
[23] SEMLER, Tagebücher, S. 173f.