Vintees [Vinthus, Fiethuß, Vintz], Johann Wilhelm; Obrist [1608-1656] Vintees stand als schwedischer Obrist[1] unter dem Befehl Königsmarcks.
Der Chronist Jacob Klingsporn [1601 – 1665] aus Wernigerode[2] berichtet: „Den 1 November [1642; BW] ist Oberst Johann Wilhelm Vinthus mit 10 Compagni[3] Schwedischer Reiter und 2 Compagni Dragonern[4] auf Gen. Maior[5] Königsmarcks Order herein kommen, hieselbst zu losiren; hat zu Hülfsquartir die Grafschaft Blankenburg,[6] Item das Amt Darsem (Dardesheim[7]), Item Stapelburgk.[8] Ist uns eine sehr schwere Last; Gott wolle sie bald wieder wegnehmen. [Ist uns eine sehr schwere Last; Gott wolle sie bald wieder wegnehmen.]
Den 3. November ist eine Partei von hiesigen Reitern abgeschickt, des Herrn Obersten Frau von Minden[9] abzuholen“.[10]
Weiter heißt es bei Klingsporn: „Den 6. December sind noch zwei Compagni Vinthusische Reiter, so zu Minden an der Weser geworben, allhier ankommen und über Nacht in Nöschenrode[11] geblieben, folgenden Tag nach Blankenburg[12] gezogen, dafür man dem Oberst Leutnant[13] eine Discretion[14] von 25 Thlr.[15] geben müssen; die Nöschenröder haben 70 Thlr. müßen geben.
Den 9. December ist der Oberste wieder von Hannover[16] anhero kommen, dahin er am 25. Novbr. verreiset, seinen Schwiegervater zu begraben“.[17] Bei Zeitfuchs heißt es für die Einquartierung in Stolberg:[18] „Den 18. Novemb. [1642, BW] kam Post / dass von Wernigeroda die 2 Compagnien / so vom General-Major Königmarck / unter dem Obristen Vinthuß gehörig / hieher assigniret / auf dem Wege wären / und ihren March nach Stolberg nähmen / welche denn auch um 3. Uhr Nachmittage hier ankommen / und einlogiret worden. Nachdem man aber mit ihnen wegen der geforderten 2500. Thaler nicht einig werden können / als haben sie sich folgenden Morgens frühe um 6. Uhr auf den Marckt versamlet / die Soldaten in die Häuser fallen lassen / und das Vieh / so sie gefunden / heraus auf die Gasse getrieben / darneben die Häuser durchsuchet / und was sie gefunden / hinweg genommen / wiewohl das meiste Vieh von den Bürgern des Nachts beyseit ins Holtz getrieben worden. Und weil sie gern die Raths-Personen gehabt / welche sich aber meistentheils bey Zeiten aus dem Wege gemacht; als haben sie den Forstmeister Hrn. Bethmann von Wülferodt / B. Lucas Käsemachern / Albrecht Waldmann und Johann Mohrn / Ratsherren / aus ihren Häusern gelanget / ingleichen den Canzley-Schreiber Johann Georg Hessen und Korn-Schreiber Christoff Nausacken / gefangen mit sich nach Wernigeroda genommen / (hingegen das Vieh / weil sie es nicht alle bekommen können / wieder gehen lassen) biß 1200. erlegt worden“.[19]
Bei Klingsporn heißt es weiter: „Den 20. Decbr. ist der Oberst Vinthus mit seinen Reitern, Dragonern und Musquetirern[20] aufgebrochen. Morgens früh um 8 Uhr habe ich für Herrn Borchert – – auf dem Ritterhöfen[21] einem Musquetirer ein Kind taufen müssen, ehe sie aufgezogen. Als ich aber neben dem Küster durch den Nobben[22] hinter den Mauern hingangen, da wir denn, weil wir mit einander redeten, neben einander gangen, haben wir einen Schuß gehöret, aus einer Musqueten oder sonst ziemlichen großen Büchse[23] hinter der Mauer beim Wasserloch nach Dorstetten Hofe zu (damals von Veltheim, nachher Lamberg, jetzo Nro. 656.) welche Kugel auf uns gerade zugeflogen und zwischen uns beiden am Kopf durchgangen, daß uns die Ohren gesauset, ist aber Gott Lob ! ohn Schaden abgangen. Wir waren fast an der Ecke gegen Fritzen Hause, da uns dieser Schuß entgegenkam. Gott sei Dank für den Schutz, den er uns geleistet und durch seinen Engel Unglück von uns abgewendet hat“.[24]
Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann [11.11.1611 – 11.12.1688][25] erwähnt ihn für 1643: „Das Stedtlein Wolckenstein[26] wahr auch versalvaguardirt;[27] alß aber am 1. Januar an lieben Neuenjahr 4 königsmärckische [Königsmarck; BW] regiementer[28] von der Augustusburg[29] ankahmen und keine schriftliche ordre aufzueweisen hatten, daß auch die Guarden ihnen das Quartir ausschlugen, trungen Sie sich doch mit gewalt ein. Plünderten erstlich alles auß, quartirten sich darnach selbst ein. Im Ampthauß lag der Obrist Vintees, der die Völcker commandirte, mit 60 Pferden; der verarrestirte den Ampt-Schößer[30] in einer stube, ließe ihn auf den strohe schlaffen und preste auß ihn vor das Quartir viel gelt und Spitzen, daß der Ampt-Schößer auß furcht in einer Nacht auß dem Hauß machte, bei verschloßenen thoren durch eine fahrt uber die Mauer stiege und sich nach Marienberg[31] salvirte.* Unter den bürgern ginge alles bundt uber, in manchen hauße lagen 40, 50 Pferde und reuter, die aufreumeten, was an Viehe, futter gedreit, bier und mobilien vorhanden war, damit verlohren die armen leute auf den lande, was Sie vor den feindt hinein geflehet hatten. Diese 4 regiementer lagen 14 Tage in Städtel; nahmentlich wahren es: 1. Obrist von Ende, 2. Obrist Vintz, 3. Clemens Klaubert, Obrist-Leutenant von Funckischen regiement, 4. Jobst von Hundelshausen, Obrist-Leutenant, und verheereten alles. Balt drauf hatte der Torsten-Sohn ezliche Esquadronen in Böhmen commandirt, die auf der Gräntze in der Vorwache liegen bleiben solten, wie sie denn schon biß an Porschenstein[32] und Neustedtel[33] kommen wahren; weil sie aber wegen eingefallenen tiefen schnees und verhauenen Paßes nicht durchkommen kundten, legten Sich von ihnen abermahl die Funckische Squadron[34] und die Squadron Trajoner von Clauberten in Wolckenstein 3 Wochen lang, do den vollendts alles, was uber und untter der Erden war, zue grundt und boden gangen. Zum uberfluß wurde ein Major[35] mit 80 Trajoner ins Schloß gelegt, die Stadt und Ampt 5 wochen musten verpflegen bis zun aufbruch des Generals vor Freyberg,[36] darüber die bürger in angst und noth gerathen, hatten oft in ezlichen tagen keinen bißen brod noch reinen trunck brunnen waßer. In der Vorstadt brande ab den 2. Januar Hans Meyers Wohnhauß; den 2. Februar brande an das Rathauß in der Stadt, welches iedoch wieder erleschet, aber von diesen trangsalen allen die die bürger so erschrocken wurden, daß drauf 205 Personen, manchen tag 10 biß 14 gestorben und hingefallen“.[37] Der Hildesheimer[38] Chronist, Arzt und Ratsherr Dr. Jordan erwähnt ihn in seinem Tagebuch unter dem 4./14.1.1644: „Vergangen Nacht fielen die Kayserl. die Schweden in Oehlum,[39] Amt Peine,[40] an, schlugen eine ganze Compagnia unter Obristen Fiethuß aus, bekomen den Ritm:[41] gefangen“.[42]
[1] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. RUDOLF VON BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S.388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Kronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.
[2] Wernigerode [LK Harz]; HHSD XI, S. 493ff.
[3] Kompanie [schwed. kompani, dän. kompany, tschech. rota]: Eine Kompanie zu Fuß (kaiserlich, bayerisch u. schwedisch) umfasste v. der Soll-Stärke her 100 Mann, doch wurden Kranke u. Tote noch 6 Monate in den Listen weiter geführt, so dass ihre Ist-Stärke bei etwa 70-80 Mann lag. Eine Kompanie zu Pferd hatte bei den Bayerischen 200, den Kaiserlichen 60, den Schwedischen 80, manchmal bei 100-150, zum Teil allerdings auch nur ca. 30. Geführt wurde die Fußkompanie v. einem Hauptmann, die berittene Kompanie v. einem Rittmeister. Vgl. TROUPITZ, Kriegs-Kunst. Vgl. auch „Kornett“, „Fähnlein“, „Leibkompanie“. Die Kompanie führten ein Hauptmann, ein Leutnant, ein Fähnrich, ein Feldwebel, ein Sergeant, ein Rüstmeister, ein Musterschreiber, die Korporale u. Rottmeister. Bei den kursächsischen Berittenen gehörten ausser dem Rittmeister noch ein Leutnant, ein Fähnrich, zwei Korporale, zwei Trompeter, ein Musterschreiber, ein Fourier, ein Feldschreiber, ein Sattler, ein Plattner, ein Justitiengehilfe u. ein Fahnenschmied dazu; MÜLLER, Söldnerwesen, S. 13.
[4] Dragoner (frz. dragon): leichter Reiter, der auch zu Fuß focht, benannt nach den mit Drachenkopf (dragon) verzierten Reiterpistolen, nach KEITH, Pike and Shot Tactics, S. 24, aus dem Holländischen „dragen“ bzw. „tragen“. Der Dragoner war ein berittener Infanterist (der zum Gefecht absaß), da das Pferd zu schlecht war, um mit der Kavallerie ins Gefecht reiten zu können. Berneck, Geschichte der Kriegskunst, S. 136. Auch äußerlich war der Dragoner nicht vom Infanteristen zu unterscheiden. Zudem verfügte in der schwedischen Armee 1631/32 etwa nur die Hälfte der Dragoner überhaupt über ein Pferd. Oft saßen daher zwei Dragoner auf einem Pferd. Falls überhaupt beritten, wurden die Dragoner als Vorhut eingesetzt, um die Vormarschwege zu räumen und zu sichern. Zum Teil wurden unberittene Dragoner-Einheiten im Kampf auch als Musketiere eingesetzt. „Arbeiter zu Pferd“ hat man sie genannt. Eine Designation vom 13.7.1643 über die Verwendung des Werbegeldes bzw. die Abrechnung für einen Dragoner stellt 44 Gulden 55 Kreuzer in Rechnung. Vgl. WALLHAUSEN, Kriegs-Kunst zu Pferd.
[5] Generalmajor: Der Generalmajor nahm die Aufgaben eines Generalwachtmeisters in der kaiserlichen oder bayerischen Armee war. Er stand rangmäßig bei den Schweden zwischen dem Obristen und dem General der Kavallerie, bei den Kaiserlichen zwischen dem Obristen und dem Feldmarschallleutnant.
[6] Blankenburg, Grafschaft: 1599 beim Aussterben der Heimburg Linie (Johann Ernst Graf von Regenstein) an Herzog Heinrich Julius von Braunschweig als postulierten Bischof von Halberstadt gefallen. LEIBROCK, Chronik Bd. 2, S. 22-129.
[7] Dardesheim, jetzt Ortsteil von Aue-Fallstein [LK Harz]; HHSD XI, S. 73. Dardesheim war dem Halberstädter Domkapitel zuständig, hatte eine dörfliche Verfassung mit einem Bauermeister und erhielt erst Ende des 17. Jahrhunderts Stadtrecht.
[8] Stapelburg [LK Harz], seit 1625 im Besitz des Halberstädtischen Domkapitels. Vgl. BRÜCKNER, Grafen zu Stolberg, S. 77f.
[9] Minden [LK Minden]; HHSD III, S. 517ff.
[10] NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 227. Der Hg. dankt Herrn Peter Nüchterlein für die Erlaubnis zum Abdruck dieses Textteils.
[11] Nöschenrode, heute Ortsteil von Wernigerode (Eingemeindung: 1929).
[12] Blankenburg [LK Harz].
[13] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.
[14] Diskretion, Diskretionsgeld: Verehrung = „Ehrengeschenk“, das von ein- oder durchziehenden Offizieren erwartet oder erzwungen wurde, in Geld- oder Sachleistungen der verschiedensten Art.
[15] 1 Reichstaler = 36 Mariengroschen = 24 gute Groschen je 12 Pfennige = 288 Pfennige.
[16] Hannover [Region Hannover]. MLYNEK; RÖHRBEIN, Geschichte der Stadt Hannover. Band 1-2. Hannover 1992-1994.
[17] NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 227. Der Hg. dankt Herrn Peter Nüchterlein für die Erlaubnis zum Abdruck dieses Textteils.
[18] Stolberg [LK Harz]; HHSD XI, S. 453ff.
[19] ZEITFUCHS, Stolbergische Kirchen- und Stadt-Historie, S. 304.
[20] Musketier: Fußsoldat, der die Muskete führte. Für den Nahkampf trug er ein Seitengewehr – Kurzsäbel oder Degen – und schlug mit dem Kolben seiner Muskete zu. In aller Regel kämpfte er jedoch als Schütze aus der Ferne. Deshalb trug er keine Panzerung, schon ein leichter Helm war selten. Eine einfache Muskete kostete etwa 3 ¼ Gulden, die qualitativ besseren Suhler Waffen das Doppelte, so dass seine Ausrüstung nicht so kostenintensiv war. Im Notfall wurden die Musketiere auch als Dragoner verwendet, die aber zum Kampf absaßen. Der Hildesheimer Arzt und Chronist Dr. Jordan berichtet den einzigen bisher bekannten Fall (1634), dass sich unter den Gefallenen eines Scharmützels auch ein weiblicher Musketier in Männerkleidern gefunden habe. SCHLOTTER; SCHNEIDER; UBBELOHDE, Acta, S. 194. Allerdings heißt es schon bei Stanislaus Hohenspach (1577), zit. bei BAUMANN, Landsknechte, S. 77: „Gemeiniglich hat man 300 Mann unter dem Fenlein, ist 60 Glied alleda stellt man welsche Marketender, Huren und Buben in Landsknechtskleyder ein, muß alles gut seyn, gilt jedes ein Mann, wann schon das Ding, so in den Latz gehörig, zerspalten ist, gibet es doch einen Landsknecht“. Bei Bedarf wurden selbst Kinder schon als Musketiere eingesetzt (1632); so der Benediktiner-Abt Gaisser; STEMMLER, Tagebuch Bd. 1, S. 181f.; WALLHAUSEN, Kriegskunst zu Fuß; BRNARDÍC, Imperial Armies I, S. 33ff.; Vgl. KEITH, Pike and Shot Tactics; EICKHOFF; SCHOPPER, 1636, S. 59ff.
[21] Freihof: „im Mittelalter ein Hof innerhalb einer Stadt, der einem Adligen oder Geistlichen gehörte und von den Steu-ern und anderen bürgerlichen „Beschwerungen“ (Wachdienst usw.) befreit war. Seit dem 15. Jahrhundert achteten die Räte der Städte verstärkt darauf, dass bei Verkauf solcher Höfe die Käufer sich verpflichteten, alle Lasten, die auf anderen Häusern lagen, ebenfalls zu tragen und das Grundstück nur an einen Bürger weiterzuverkaufen. Eine Straße oder einen Platz, an dem mehrere Freihöfe liegen, bezeichnet man als „Freiheit“ oder Burgfreiheit“. [nach wikipedia: „Freihof“]
[22] Nobben: Nobben: erhöhter oberer hölzerner Wehrsteg stadtseitig an der Mauer, von dem man durch die Schießscharten nach draußen schießen konnte. Freundlicher Hinweis von Herrn Gabriel Holm.
[23] Büchse: Gewehr aus eisernem Lauf, hölzernem Schaft und Feuerschloss. Die Büchse wurde geladen mit Schießpulver, Papier bzw. Haar, Kugel und Schrot. Gezündet wurde sie mit Hilfe von auf der Zündpfanne platziertem Zündpulver (Kraut), das durch das Schnappen des Hahns Feuer fängt. Die Zündpfanne stellte eine technische Verbesserung gegenüber der Zündung mit freier Lunte dar.
[24] NÜCHTERLEIN, Wernigerode, S. 229. Der Hg. dankt Peter Nüchterlein für die Erlaubnis zum Abdruck dieses Textteils.
[25] SCHMIDT-BRÜCKEN; RICHTER, Der Erzgebirgschronist Christian Lehmann.
[26] Wolkenstein; HHSD VIII, S. 364f.
[27] Salvaguardia: Ursprünglich kaiserlicher Schutzbrief, durch den der Empfänger mit seiner Familie und seiner ganzen Habe in des Kaisers und des Reichs besonderen Schutz und Schirm genommen wurde; zur öffentlichen Bekräftigung dieses Schutzes wurde dem Empfänger das Recht verliehen, den kaiserlichen Adler und die Wappen der kaiserlichen Königreiche und Fürstentümer an seinen Besitzungen anzuschlagen. Der Schutzbrief bedrohte jeden Angreifer mit Ungnade und Strafe. Im 30jährigen Krieg militärische Schutzwache; Schutzbrief (Urkunde, die, indem sie geleistete Kontributionen und Sonderzahlungen bestätigte, gegen weitere Forderungen schützen sollte, ggf. durch militärische Gewalt des Ausstellers); auch: sicheres Geleit; eine oft recht wirkungslose Schutzwache durch abgestellte Soldaten, in schriftlicher oder gedruckter Form auch Salvaguardia-Brief genannt, die meist teuer erkauft werden musste, und ein einträgliches Geschäft für die zuständigen Kommandeure darstellten. Teilweise wurden entsprechende Tafeln an Ortseingängen aufgestellt, „Salvaguardia“ an die Türen der Kirchen (HERRMANN, Aus tiefster Not, S. 55) geschrieben oder für die ausländischen Söldner ein Galgen angemalt. Die 1626 von Tilly erlassene Schultheißen-Ordnung hatte festgelegt: „Wer salua Guardia mit wortten oder that violirt, den solle niemandt zu verthädigen understehen, sonder welcher hoch oder nider Officir ein dergleichen erfahren mag, der solle den muthwilligen verbrecher sobalden zu dem Provosen schaffen, dem Schultheysen neben einandtwortung bey sich unrecht befundenen sachen und guetter hiervon berichten ohn einred, die Restitution und was bey der sachen underlauffen möcht dass Gericht entscheiden lassen, und welcher einem andern sein gewonnen beuth abnimbt oder an seinem freyen verkauff nachtheilig verhindert, den solle Schultheyss zur Restitution anhalten und noch darzu mit straffen hart belegen“. ZIEGLER, Dokumente II, S. 986. Der Abt Veit Höser (1577 – 1634) von Oberaltaich bei Straubing; SIGL, Wallensteins Rache, S. 140f.: „Da die Schweden so grausam wüteten und sich wie eine Seuche immer weiter ausbreiteten, alle Dörfer mit Taub, Mord und Jammer heimsuchten, erbaten die Bürger ab und zu von den Kapitänen der Weimaraner eine Schutzwache, die bei ihnen meist Salva Guardia heißt. Erhielten sie diesen Schutz zugesagt, so wurde jeweils ein Musketierer zu Fuß oder zu Pferd in das betreffende Dorf, die Ortschaft, den Markt abgestellt. Dieser sollte die herumstreifenden Soldatenhorden, kraft eines vom Kapitän ausgehändigten schriftlichen Mandats, im Zaume halten, ihre Willkür beim Rauben und Plündern einschränken. […] Es ist aber nicht zu bestreiten, dass eine solche Schutzwache unseren Leuten oder den Bewohnern anderer Orte, denen auf ihre Anforderung eine Salva Guardia zugestanden wurde, keinen Vorteil brachte. Im Gegenteil, sie schlugen ihnen vielmehr zum Schaden aus und waren eine Belastung. Offensichtlichen Nutzen dagegen hatten nur die Kapitäne, denn ihnen mussten die Leute gleich anfangs die ausgehandelte Geldsumme vorlegen oder wenigstens wöchentlich die entsprechende Rate (pensio) entrichten. Kurz, wie Leibeigene oder Sklaven mussten sie blechen, was die Kapitäne verlangten. Ich habe nur einen Unterschied zwischen den Orten mit und denen ohne Salva Guardia festgestellt: Die Dörfer ohne Schutzgeleit wurden früher, jene mit einer Salva Guardia erst später ausgeplündert. Da nämlich die Schweden vom Plündern nicht ablassen konnten, solange sie nicht alles geraubt hatten, so raubten und plünderten sie entweder alles auf einmal (sodaß sie nicht mehr zurückkommen mußten) oder sie ließen allmählich und langsam bei ihren Raubzügen alles mitgehen, bis nichts mehr zu holen war. Obendrein haben diese eigentlich zum Schutze abkommandierten Musketiere und Dragoner gewöhnlich die Ortschaften, ihre Bewohner und deren Habseligkeiten – als Beschützer – ausspioniert und dann verraten. Wurde nämlich der bisherige Beschützer – und Spion – unvermutet abberufen, dann brachen seine Kameraden, Raubgesellen und Gaunerbrüder ein und raubten alles, was bislang durch den Schutz der Salva guardia verschont geblieben war, was sie in Wirklichkeit aber für sich selbst hinterlistig und heimtückisch aufbewahrt hatten, und wüteten um so verwegener (pro auso suo) gegen die jämmerlich betrogenen und enttäuschten Menschen, beraubten sie nicht menschlicher und marterten sie“. BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 49f. (1629): „Eine Eingabe des Bauern Jacob Löffler aus Langenwetzendorf [LK Greiz] wegen der bei ihm einquartierten »Schutzgarde« schildert die Heldentaten der derselben ungemein plastisch: »Was ich armer Mann wegen anhero zweijähriger hiesigen Einquartierung für groß Ungemach ausstehen müssen, gebe ich in Unterthänigkeit zu vernehmen:
Denn erstlichen habe berührte Zeit über 42 ganze 42 Wochen Tag und Nacht bei den Soldaten ich aufwarten, nicht allein viel Mühe und Wege haben, sondern auch welches zum Erbarmen gewesen, Schläge gewärtig zu sein und geprügelt werden zu müssen, 2. habe ich meine geringe Haushaltung wegen jetziger Unsicherheit beiseits setzen, meine Felderlein wüst, öd und unbesamt liegen lassen, daß seither ich im geringsten nichts erbauen, davon samt den Meinigen ich mich hätte alimentieren mögen, 3. haben die Soldaten mir die Gerste, so zu einem Gebräulein Bier ich eingeschüttet, aus den Bottichen genommen, zum Teil mutwilligerweise zerstreut, zum Teil mit sich hinweggenommen, verfüttert und verkauft, 4. haben sie mir das wenige Getreidig, so noch unausgedroschen vorhanden gewesen, mit dem Geströhde aus der Scheune in andere Quartiere getragen, ausgeklopft und ihres Gefallens gebraucht, 5. weil sie an meiner geringen Person sich nicht allzeit rächen können, haben sie mir die Bienen und derselben Stöcke beraubet, umgestoßen und zu Grund und Tode gerichtet, 6. sind von ihnen mir alle Hühner, Gänse und ander Federvieh erschossen, genommen und gefressen worden, meine Wiesen, Raine und Jagen mir dermaßen verödet, daß ich nicht eine einzige Bürde Heu und Grummet von denselben genießen kann, 7. endlich ist von ihnen mir eine Kuh aus dem Stalle, so meinen Geschwistern zuständig gewesen, gezogen, in ein anderes Losament getrieben, geschlachtet und gefressen worden.«
[28] Regiment: Größte Einheit im Heer: Für die Aufstellung eines Regiments waren allein für Werbegelder, Laufgelder, den ersten Sold und die Ausrüstung 1631 bereits ca. 135.000 fl. notwendig. Zum Teil wurden die Kosten dadurch aufgebracht, dass der Obrist Verträge mit Hauptleuten abschloss, die ihrerseits unter Androhung einer Geldstrafe eine bestimmte Anzahl von Söldnern aufbringen mussten. Die Hauptleute warben daher Fähnriche, Kornetts und Unteroffiziere an, die Söldner mitbrachten. Adlige Hauptleute oder Rittmeister brachten zudem Eigenleute von ihren Besitzungen mit. Wegen der z. T. immensen Aufstellungskosten kam es vor, dass Obristen die Teilnahme an den Kämpfen mitten in der Schlacht verweigerten, um ihr Regiment nicht aufs Spiel zu setzen. Der jährliche Unterhalt eines Fußregiments von 3000 Mann Soll-Stärke wurde mit 400- 450.000 fl., eines Reiterregiments von 1200 Mann mit 260.-300.000 fl. angesetzt. Zu den Soldaufwendungen für die bayerischen Regimenter vgl. GOETZ, Kriegskosten Bayerns, 120ff.; KAPSER, Kriegsorganisation, S. 277ff. Ein Regiment zu Fuß umfasste de facto bei den Kaiserlichen zwischen 650 und 1.100, ein Regiment zu Pferd zwischen 320 und 440, bei den Schweden ein Regiment zu Fuß zwischen 480 und 1.000 ((offiziell 1.200 Mann), zu Pferd zwischen 400 und 580 Mann, bei den Bayerischen 1 Regiment zu Fuß zwischen 1.250 und 2.350, 1 Regiment zu Roß zwischen 460 und 875 Mann. Das Regiment wurde vom Obristen aufgestellt, von dem Vorgänger übernommen und oft vom seinem Obrist-Lieutenant geführt. Über die Ist-Stärke eines Regiments lassen sich selten genaue Angaben finden. Das kurbrandenburgische Regiment Carl Joachim von Karberg [Kerberg] sollte 1638 sollte auf 600 Mann gebracht werden, es kam aber nie auf 200. Karberg wurde der Prozess gemacht, er wurde verhaftet und kassiert; OELSNITZ, Geschichte, S. 64. Als 1644 der kaiserliche Generalwachtmeister Johann Wilhelm von Hunolstein die Stärke der in Böhmen stehenden Regimenter feststellen sollte, zählte er 3.950 Mann, die Obristen hatten 6.685 Mann angegeben. REBITSCH, Gallas, S. 211; BOCKHORST, Westfälische Adlige.
[29] Augustusburg; HHSD VIII, S. 13f.
[30] Amtsschösser: Der Schösser nimmt die Wirtschaftsverwaltung eines Amtes wahr, vor allem die Einnahmen durch Schoss, Zinsen, Gefällen. Der Schoss war eine allgemeine Vermögensabgabe, die zwar vom Schösser in regelmäßigen Abständen eingezogen wurde, bei Bedarf jedoch extra und auch in vielfacher Höhe erhoben werden konnte. Der Schösser führt das Rechnungswesen des Amtes. Schösser und Amtmann bezeichnen im 17. Jahrhundert häufig den Träger derselben Verwaltungsfunktion, deshalb ist auch der Terminus Amtsschösser gebräuchlich. [mdsz]
[31] Marienberg; HHSD VIII, S. 215f.
* Anm. Lehmann: „Der Schoßer hielte sich 7 wochen heimlich in Annenberg auf“.
[32] Purschenstein, Schloss in Neuhausen/Erzgebirge [LK Mittelsachsen]; HHSD VIII, S. 290.
[33] Neustädtel bei Schneeberg; HHSD VIII, S. 248.
[34] Schwadron (Esquadron): kleinste taktische Einheit der Infanterie (288 Musketiere und 216 Pikeniere sowie Offiziere) und der Kavallerie (halbes Regiment, je nach Stärke 2 bis 4 Kompanien: 250 bis 500 Reiter).