Werner, gen. Schulmann, N; Obrist [ – 28.7.1643] Schulmann stand als Obrist[1] in schwedischen Diensten.
Am 25.6.1639 schrieb Johann Georg I. von Sachsen an den kaiserlichen Generalleutnant Gallas:[2] In der Lausitz brandschatzte Torstensson die Sechsstädte[3] und legte die Regimenter [Karl Gustav ?; BW] Wrangel und „Schulmann“ nach Zittau[4] und Görlitz;[5] diese gingen schlimm mit der Bevölkerung um.[6] Am 6.8. teilte Adam von Schwarzenberg Gallas aus Spandau[7] mit: Die beiden Reiterregimenter unter den Obristen „Schulmann“ und Wrangel seien mit zahlreichem Fußvolk aus der Oberlausitz nach Guben[8] gekommen, rüsteten sich zur Besetzung des Übergangs bei Krossen[9] und wollten bei Landsberg,[10] das von schwedischen Truppen angegriffen wurde, zu den Schweden stoßen.[11] Im „Theatrum Europaeum“[12] heißt es: „Die Landsbergische aber gingen im Augusto von dañen nach Frankfurt an der Oder[13] / welche Stadt sich ihnen gar bald ergabe / und mit 7000. Reichsth. Brandschatzung loßkauffte / worauff sie auch dem Hn. Grafen von Schwartzenberg sein Residentzhauß Sonnenberg[14] in selbiger Gegend gelegen / weggenommen“.[15] Wie aus den Ratsunterlagen hervorgeht, trat Liliehöök am 6.8.1639 mit dem Rat Frankfurts a. d. Oder in Verhandlungen. Als Unterhändler kam Lilieström. Am 8.8. erfolgte dann die schwedische Besetzung unter den Obristen Georg von Dewitz, Steinberg und Schulmann.[16]
Am 30.8.1639 erscheinen seine 300 Reiter in einer Liste, die der kaiserliche Feldmarschall Philipp von Mansfeld aus Breslau[17] an Gallas sandte: Die 4.000 Mann und 2.000 Reiter starken Truppen aus Pommern seien in Krossen angekommen, die feindlichen Abteilungen aus der Lausitz seien in einer Stärke von 2.000 zu ihnen gestoßen. Die feindliche Reiterei stehe von Königgrätz bis Trautenau[18] im Land und der Feind habe Hirschberg,[19] Löwenberg,[20] Bunzlau[21] und das Land bis Krossen besetzt. Er forderte Verstärkungen an. Dabei lag eine Liste der kaiserlichen und schwedischen Truppen:
Reiterei: Regiment Schütz …………………….. 300 Pferde
„ Pompejo …………………. 130 Pferde
„ Borck ……………………… 300 Pferde
„ d’Espaigne ……………… 300 Pferde
1030 Pferde
Infanterie: Groß-Glogau[22] 550 alte Truppen
300 neue Truppen
Liegnitz[23] 850 alte Truppen
150 neue Truppen
Brieg[24] 200 alte Truppen
100 neue Truppen
Breslau[25] 60
2210
Neiße[26] 186
Schweidnitz[27] 150
Oppeln[28] 1100
1436
Insgesamt: 3 646 Mann, 1030 Pferde.
Von der im Land anzuwerbenden neuen Reiterei stehe kein geringster Teil zur Verfügung und könne auch nicht bald erworben werden. Es fehlen gleichfalls noch 1000 Mann Infanterie.Nach der Liste des Obristen Leone Cropello de’ Medici seien bei Krossen folgende feindliche Streitkräfte versammelt:
Aus Pommern mehr als 4 000 Mann zu Fuß
2 000 Mann zu Pferd
Aus der Lausitz seien eingetroffen:
Carl Gustav Wrangel’sche 900 Pferde
„Schulmann’sche“ 500 Pferde
Königsmarck’sche 300 Pferde
Aus Sorau[29] und Guben[30] 300 Pferde
2 000 Pferde“.[31]
In der Chronik der Stadt Beelitz[32] heißt es: „Den 16. Januar [1641; BW] sandte der Obrist Schulmann von den Schweden mit einem Schreiben hierher, wir sollten ihm 6 Faß[33] Bier, 20 Scheffel[34] Hafer, etwas Butter und 1000 Pfund Brod schicken, wozu er Wagen sendete, die hier zurückblieben, während die Reiter – nur wenige waren es – die mitkamen, Wagen von den Dörfern holten, die den Proviant fahren sollten. Da aber kaum noch eine Hand voll Bürger hier waren, vermochte man soviel Proviant nicht aufzubringen; doch willigte man 1 Faß Bier, 10 Scheffel Hafer und Brod von 3 Scheffeln Roggen. Als nun die Wagen damit beladen waren, wollten die Abgesandten sofort damit weg. Allein ein unzüchtiges Frauenzimmer fand sich zu einem der Reiter, der ein Papist[35] war, daher wurden die anderen von dem Buben bis auf den folgenden Tag zu bleiben angehalten. Unterdeß kommt das Gerücht nach Brandenburg,[36] Beelitz habe schwedische Guarden,[37] worüber der Obrist Volkmann, (kaiserlicher) der in Brandenburg damals lag, etliche wenige Reiter hierher schicken und lässet in der Nacht unsere Guarden sammt dem Musterschreiber[38] und noch einen, der gekommen war, Proviant zu holen, aufheben und gen Brandenburg bringen. Der unzüchtige Soldat aber lag in einem andern Quartier – und ward nicht ertappt. Am Morgen, da kund ward was geschehen war, machet sich der Schandbube auf und bringt vor, wir hätten Sie verrathen und deshalb nach Brandenburg geschickt, auch wären etliche Reiter erschossen: was Alles nicht wahr war. Obgleich die Bürger allhier einen Boten ins Lager schickten und ihre Entschuldigung vorbrachten, so ward bald aus dem schwedischen Lager die Order ertheilt, man solle die Stadt rein ausplündern und hernach der Feuersbrunst übergeben, worauf denn auch den 21. Januar sofort 1500 Reiter mit etlichen 30 großen Wagen hierher kamen, welche aufluden so viel sie nebst den Reitern fortzubringen vermochten, und es sollte auch an verschiedenen Orten die Stadt angezündet werden, welches auch geschehen wäre, wenn nicht durch mein besseres Informiren, emsiges Flehen und auch fleißiges Anhalten zweier oder dreier Bürger, die man ertappt hatte, dies noch endlich abgewendet worden wäre; doch dabei mußte schriftlich versprochen werden, den aufgehobenen Soldaten und den Musterschreiber nebst Allem, was ihm wäre abgenommen worden wieder zu beschaffen. Wie grausam man aber in dieser Plünderung verfahren, ist nicht zu beschreiben. In der Kirche ward alles zu nichte gemacht, auch durfte der arme zinnerne Kelch, welchen wir wieder angeschafft hatten, nicht unbemakelt gelassen werden, denn man nahm ihn und soff daraus, hernach mußte er gottloser Buben Nachtgeschirr sein, zuletzt nahm ihn ein Trompeter, trug ihn in die Kirche und setzte ihn auf eine der Ecken des Altars, wo man ihn gefunden. Aus der Pfarre hatte dieser Trompeter auch ein oder das andere Buch mit weggenommen, die andern aber lagen über einen Haufen, mit Tinte begossen, mit Federn bestreut und mit Menschenkoth beschmutzt. Etliche der Unsern wurden da sehr geschlagen und sehr übel zugerichtet, weil sie kein Geld hergeben oder nachweisen konnten. In Summa: es ging so gut, daß es kein Türke[39] hätte ärger machen können, obgleich die Partei doch endlich gegen die Nacht schon sich fortmachte. Wir waren aber lange danach noch nicht sicher, denn weil die armen Bürger so viel Geld zusammenbringen konnten, damit ein Paar Personen gelöset wurden, auch der Obrist in Brandenburg nicht 10 Thaler der ganzen Stadt zutrauen wollte, bekamen wir ein über das andre mal ein starkes Drohschreiben, daß man die Stadt wolle einäschern; wie denn auch am 3. März – am Bußtage unterm Frühgebet – etliche Reiter hereinfielen mit Order, ein Paar vornehme Rathsherren zu bringen, oder wenn diese nicht zu erwischen wären, Feuer hinter sich zu lassen. Da traf das Unglück unsern Herrn Richter, Rathskämmerer und kurfürstlichen Zoll- und Ziese-Einnehmer[40] Namens Peter Thiel, der wurde sammt noch einem vornehmen Bürger nebst 7 Pferden, deren allein noch soviel in der Stadt waren, nach Sonnenwalde[41] mit hinweggenommen und von da weiter bis nach Luckow[42] hinauf; sie wollten auch diese so lange und so weit behalten, bis wir 1000 Thaler schickten, von welchen der Oberlieutenant Sack nimmer weichen wollte. Obgleich man sich aber wohl stark bemühte, etwa 200 oder 300 Thaler aufzubringen und dieselbe zu leihen, auch der ganzen Stadt Einkünfte, Rechtsame und Freiheiten zum Unterpfand zu setzen sich erbot, so war doch bei allen denen, die man ersuchte, die Liebe erloschen und die Barmherzigkeit eiskalt geworden. Da mussten sich also unsere Gefangene der Gnade Gottes allein ergeben und die harten Drohworte, wie man sie wolle in die Eisen schmieden oder gar erhängen, in sich fressen. Da sich aber unser Herr Richter bei den schwedischen Herren Offizieren ziemlich beliebt zu machen wußte, wurden sie ihm hold; sonderlich ein Major, der nicht lesen und schreiben konnte, gebrauchte ihm zum Schreiber, vertraute ihm das Siegel und erzeigte ihm alles Gute. Dessen ungeachtet ward dem neuen Schreiber die Zeit lang, weil man ihn in die 4 Wochen dort behielt und er gedachte, wie er mit List möchte wieder von der schwedischen Armee loskommen, welches ihm auch gelang; denn gegen den damals heranrückenden Monat Mai bat er, daß man seinen Mitgesellen, den Bürger und Bier-Gewerken,[43] Valentin Gratz genannt, auf Parole möchte herabsenden, um nach Geld zu fragen. Er befahl ihm aber zurückzubleiben und nicht wieder zu kommen. Obengenannter Herr Thiel hat sich aber in Cottbus eine Haarkappe machen lassen wie sie die wendischen Priester trugen. Als nun P. Thiel mit einem Reiter gegen den 1. Mai gesandt wird um der Frau Majorin etwas zu kaufen, – der Reiter aber nach der Bier-Pullen[44] sich umsieht, ergreift Herr Thiel die Haarkappe, läßt sie einen Boten zum Thore hinaustragen; er aberwandert zum andern Thore hinaus und, da sie draußen zusammenkommen, setzt er die Haarkappe auf, nimmt auch ein Büchlein mit sich und, wenn ihm Truppen begegnen, stellt er sich, als lese und meditire er auf den Sonntag Quasimodogeniti,[45] ging also, wie man im Sprüchwort weise redet, als ein Holländer durch, dann endlich in die Veste Peitz[46] und zuletzt von Berlin nach etlichen Wochen wieder zu Hause an, woselbst er auch noch bis ins 11. Jahr lebte“.[47] „Ansonsten setzte sich das Muster des Frühjahres [1643; BW] fort: ein schneller Angriff hier, ein Scharmützel[48] dort, und zwischendurch wurde eine kleine Festung eingenommen. Meistens behielten die schwedischen Verbände bei diesen kurzen Zusammenstößen auf gelben Getreidefeldern oder gewundenen Waldwegen die Oberhand. Bei einer Gelegenheit wurde jedoch eine starke schwedische Abteilung von einer kleineren kaiserlichen Einheit überrumpelt und nahezu aufgerieben. Torstensson, der stets Schwierigkeiten hatte, Untergebene, die ein Fiasko erlitten hatten, zu ertragen, tobte vor Wut, und als die Leiche des Chefs der Abteilung, eines Obersten Werner, ihm, wie es der Brauch war, übergeben wurde, ließ er den Körper an den Galgen hängen. Ein anderer Offizier [Georg v. Dewitz; BW], der an dem Debakel beteiligt gewesen war, wurde unter erniedrigenden Umständen aus dem Heer katapultiert und mußte ein Papier unterschreiben, in dem er sich verpflichtete, nie zu sagen, daß er in schwedischen Diensten gewesen sei“.[49]
Auch der Historiograph und Habsburg-Anhänger Wassenberg[50] schreibt in seinem 1647 erneut aufgelegten „Florus“, dass Werner, genannt Schulmann wegen der besonderen Umstände von Torstensson noch als Leichnam gehenkt wurde: „Gleichwol seynd die feindlich-Schwedischen Völcker bey solchem fortgang auch viel vnterschiedliche mal gezauset worden. Der andern Scharmützel zu geschwiegen / haben sich vmb den neun vnd zwanzigsten dieses dieses zween Cornet[51] eines von dem Buchheim [Puchheim; BW] / das ander aber vom Palavicinischen [Pallavicini-Sforza; BW] Regiment / mit zwey hundert Pferden zusammen gethan, vnd weil sie gewisse Nachricht erlanget, daß der Obriste Döbitz [Erhrd v. Deibitz; BW] / Dubolt [Tobias Duwall; BW] / vnd Werner / sonsten Schulman genant / sich bey Mährischen Triba[52] / die Contribution daselbsten herumb einzufordern / befunden; haben sie vermittelst der günstigen Nacht besagte drey Regimenter plötzlich überfallen / glücklich geschlagen / den Obristen Döbitz vnd Werner tödtlich verwundet / vnd auff das nechste Schloß gebracht. Vber diß ist auch der Obrister Leutenant[53] Dubolt sampt ein hundert vnd dreysig Reuttern / in die fünffzig Officrer / worvnter zween Rittmeister[54] / zween Leutenante[55] / vnd drey Cornet[56] / nebens vier hundert Pferden gefänglich eingebracht / die übrigen aber mehrentheils verwundet / oder gar zu Boden geleget worden. Nach dem nun diese Niderlage deß Feld-Marschallen Torstensohns Excellenz zu Ohren kommen / hat er sich dermassen hierüber entrüstet / daß er diese 2. Obristen / den Obristen Leutenant vnd etliche Rittmeister / vmb ein gewisses Geld von den Keyserischen gelöset / weil er selbige gegen andere rädliche Cavallier außzutauschen nicht würdigen wollen. Wie er sie aber in sein Läger bekommen / hat er den Obristen Werner zur stund auffhencken lassen / den Obristen Döbitz [Erhard v. Deibitz; BW] aber mit einem Schelmen von der Armee gewiesen / darbey er sich noch verreversiren [schriftlich niederlegen] müssen / sein Lebtag nicht zu sagen / daß er jemals vnter der Cron Schweden gedienet. Diese scharpffe verfahrung soll daher kommen seyn / weil die Keyserische partie gar schwach / dieses aber 3 gantze und starcke Regimenter gewesen / vnd sich dennoch so liderlich nidermachen lassen“.[57]
Das „Theatrum Europaeum“ berichtet dazu: „Am 28. Dito / wurde frühe auß dem Käyserlichen Feldlager bey Cothin[58] / durch eygenen Currir / advisirt / nemblich / es wären 2. Cornet / einer von Buchheim [Puchheim; BW] / der ander vom Paravicinischen Regiment / für sechs Tagen außcommandirt gewesen. Diese / als sie sich in zweyhundert Pferdt starck zusammen gethan / hätten durch einen Bawren gewisse Nachricht erlangt / was massen der Obriste Döbitz [Erhard v. Deibitz; BW] / Dubald / vnnd Werner / sonsten Schulmann genannt / sich bey Mährischen Driba / die Contribution daselbst einzufordern / befunden. Weil dann den Käyserlichen die schwartze Nacht favorisirte / haben sie besagte drey Regimenter glücklich geschlagen / die Obristen Döbitz vnnd Werner / tödlich verwundet / vnnd auff das nechst angräntzende Schloß überbracht. Vnter denen andern Gefangenen / waren Obrister-Leutenant von Dubold / funffzig Officirer / darunter zween Rittmeister / zween Leutenant / drey Cornet / nebenst 130. gemeinen Reuttern / vnnd 400. Pferden. Der Rest bliebe auf dem Platz / vnd wurde fürter niedergemacht.
Neben diesen / hatten 100. Pferdt vom Jungen Piccolominischen Regiment einen Hinterhalt gemacht / vnd eine Anzahl Marquenter von den Schwedischen / so sich vnter die Wallachen gemischt / angetroffen: Dieselbe angegriffen / 80. Wägen / vnnd 200 Pferdt bekommen / von den Wallachen über 150. niedergemacht. Entzwischen blieben beyderseits feindliche Armeen gegen einander / in ihren alten Posten wol verschantzt. Dieser obbesagter Verlust / vnd Schimpff / in dem drey Schwedische Regimenter / vnd Obristen / von 2. Käyserlichen Cornetten geschlagen / ruinirt / vnd gefangen genommen worden / hat Herrn Generaln Torstensohn dermassen geschmertzet / daß er so bald darauffer 2. Obristen / ein Obristleutenant / vnnd etliche Rittmeister / von den Käyserischen / vmb ein gewisses Geld / rantzionirt. Sintemaln er selbige gegen andere redliche Cavallieri außzuwechseln nicht würden wollen. Wie er sie nun in sein Läger wieder überkommen / hat er den Obristen Werner zur stund auffhencken lassen / den Obristen Döbitz [Georg v. Dewitz; BW] aber cum infamia[59] von der Armee relegirt.[60] Dabey er sich noch verreversiren[61] müssen / vmb sein Lebtag nicht zu sagen / daß er jemals vnter der Cron Schweden gedienet. Obgedachte scharpffe Execution kam daher / weil die Käyserliche Parthey sehr schwach / diese 3. aber complet / vnd starcke Regimenter gewesen / vnd sich demnach dermassen liederlich ruiniren lassen“.[62]
[1] Obrist: I. Regimentskommandeur oder Regimentschef mit legislativer und exekutiver Gewalt, „Bandenführer unter besonderem Rechtstitel“ (ROECK, Als wollt die Welt, S. 265), der für Bewaffnung und Bezahlung seiner Soldaten und deren Disziplin sorgte, mit oberster Rechtsprechung und Befehlsgewalt über Leben und Tod. Dieses Vertragsverhältnis mit dem obersten Kriegsherrn wurde nach dem Krieg durch die Verstaatlichung der Armee in ein Dienstverhältnis umgewandelt. Voraussetzungen für die Beförderung waren (zumindest in der kurbayerischen Armee) richtige Religionszugehörigkeit (oder die Konversion), Kompetenz (Anciennität und Leistung), finanzielle Mittel (die Aufstellung eines Fußregiments verschlang 1631 in der Anlaufphase ca. 135.000 fl.) und Herkunft bzw. verwandtschaftliche Beziehungen (Protektion). Der Obrist ernannte die Offiziere. Als Chef eines Regiments übte er nicht nur das Straf- und Begnadigungsrecht über seine Regimentsangehörigen aus, sondern er war auch Inhaber einer besonderen Leibkompanie, die ein Kapitänleutnant als sein Stellvertreter führte. Ein Obrist erhielt in der Regel einen Monatssold von 500-800 fl. je nach Truppengattung. Daneben bezog er Einkünfte aus der Vergabe von Offiziersstellen. Weitere Einnahmen kamen aus der Ausstellung von Heiratsbewilligungen, aus Ranzionsgeldern – 1/10 davon dürfte er als Kommandeur erhalten haben – , Verpflegungsgeldern, Kontributionen, Ausstellung von Salvagardia-Briefen – die er auch in gedruckter Form gegen entsprechende Gebühr ausstellen ließ – und auch aus den Summen, die dem jeweiligen Regiment für Instandhaltung und Beschaffung von Waffen, Bekleidung und Werbegeldern ausgezahlt wurden. Da der Sold teilweise über die Kommandeure ausbezahlt werden sollten, behielten diese einen Teil für sich selbst oder führten „Blinde“ oder Stellen auf, die aber nicht besetzt waren. Auch ersetzten sie zum Teil den gelieferten Sold durch eine schlechtere Münze. Zudem wurde der Sold unter dem Vorwand, Ausrüstung beschaffen zu müssen, gekürzt oder die Kontribution unterschlagen. Vgl. BELLINCKHAUSEN; TEGEDER; KREIENBRINK, der osnabruggischenn handlung, S. 277: „Wir burger mußen alle wochen unse contribution zahlen, die obristen nehmmens geldt zu sich, und die gemeinen soldaten mußen hunger leyden“. Der Austausch altgedienter Soldaten durch neugeworbene diente dazu, ausstehende Soldansprüche in die eigene Tasche zu stecken. Zu diesen „Einkünften“ kamen noch die üblichen „Verehrungen“, die mit dem Rang stiegen und nicht anderes als eine Form von Erpressung darstellten, und die Zuwendungen für abgeführte oder nicht eingelegte Regimenter („Handsalben“) und nicht in Anspruch genommene Musterplätze; abzüglich allerdings der monatlichen „schwarzen“ Abgabe, die jeder Regimentskommandeur unter der Hand an den Generalleutnant oder Feldmarschall abzuführen hatte; Praktiken, die die obersten Kriegsherrn durchschauten. Zudem erbte er den Nachlass eines ohne Erben und Testament verstorbenen Offiziers. Häufig stellte der Obrist das Regiment in Klientelbeziehung zu seinem Oberkommandierenden auf, der seinerseits für diese Aufstellung vom Kriegsherrn das Patent erhalten hatte. Der Obrist war der militärische ‚Unternehmer‘, die eigentlich militärischen Dienste wurden vom Major geführt. Das einträgliche Amt – auch wenn er manchmal „Gläubiger“-Obrist seines Kriegsherrn wurde – führte dazu, dass begüterte Obristen mehrere Regimenter zu errichten versuchten (so verfügte Werth zeitweise sogar über 3 Regimenter), was Maximilian I. von Bayern nur selten zuließ oder die Investition eigener Geldmittel von seiner Genehmigung abhängig machte. Im April 1634 erging die kaiserliche Verfügung, dass kein Obrist mehr als ein Regiment innehaben dürfe; ALLMAYER-BECK; LESSING, Kaiserliche Kriegsvölker, S. 72. Die Möglichkeiten des Obristenamts führten des Öfteren zu Misshelligkeiten und offenkundigen Spannungen zwischen den Obristen, ihren karrierewilligen Obristleutnanten (die z. T. für minderjährige Regimentsinhaber das Kommando führten; KELLER, Drangsale, S.388) und den intertenierten Obristen, die auf Zeit in Wartegeld gehalten wurden und auf ein neues Kommando warteten. Zumindest im schwedischen Armeekorps war die Nobilitierung mit dem Aufstieg zum Obristen sicher. Zur finanziell bedrängten Situation mancher Obristen vgl. dagegen OMPTEDA, Die von Cronberg, S. 555. Da der Obrist auch militärischer Unternehmer war, war ein Wechsel in die besser bezahlten Dienste des Kaisers oder des Gegners relativ häufig. Der Regimentsinhaber besaß meist noch eine eigene Kompanie, so dass er Obrist und Hauptmann war. Auf der Hauptmannsstelle ließ er sich durch einen anderen Offizier vertreten. Ein Teil des Hauptmannssoldes floss in seine eigenen Taschen. Ertragreich waren auch Spekulationen mit Grundbesitz oder der Handel mit (gestohlenem) Wein (vgl. BENTELE, Protokolle, S. 195), Holz, Fleisch oder Getreide. II. Manchmal meint die Bezeichnung „Obrist“ in den Zeugnissen nicht den faktischen militärischen Rang, sondern wird als Synonym für „Befehlshaber“ verwandt. Vgl. KAPSER, Heeresorganisation, S. 101ff.; REDLICH, German military enterpriser; DAMBOER, Krise; WINKELBAUER, Österreichische Geschichte Bd. 1, S. 413ff.
[2] Vgl. REBITSCH, Matthias Gallas; KILIÁN, Johann Matthias Gallas.
[3] Sechsstädte: die Sechsstädte (Oberlausitz). Der Oberlausitzer Sechsstädtebund umfasste die Städte Bautzen, Görlitz, Kamenz, Lauban, Löbau und Zittau und bestand in dieser Form von 1346 bis 1815.
[4] Zittau; HHSD VIII, S. 371ff.
[5] Görlitz; HHSD VIII, S. 119ff.
[6] BADURA; KOČĺ, Der große Kampf, Nr. 848.
[7] Berlin-Spandau; HHSD X, S. 97ff.
[8] Guben [Gubin, Niederlausitz]; HHSD X, S. 210ff.
[9] Krossen oder Crossen a. d. Oder [Krosno Odrzańskie; Brandenburg, h. Polen]; HHSD X, S. 246f.
[10] Landsberg [Gorzów Wielkopolski, Brandenburg, h. Polen]; HHSD X, S. 446ff.
[11] BADURA; KOČĺ, Der große Kampf, Nr. 885.
[12] Vgl. BINGEL, Das Theatrum Europaeum.
[13] Frankfurt a. d. Oder [Stadtkr.]; HHSD X, S. 177ff.
[14] Sonnenburg [Kr. Oststernberg]; HHSD X, S. 464.
[15] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 4, S. 71.
[16] GRIESA, Frankfurt/Oder, S. 34, Anm. 14.
[17] Breslau [Wrocław]; HHSSchl, S. 38ff.
[18] Trautenau [Trutnov]; HHSBöhm, S. 618ff.
[19] Hirschberg [Jelenia Góra]; HHSSchl, S. 189ff.
[20] Löwenberg [Lwówek Śląski]; HHSSchl, S. 296ff.
[21] Bunzlau [Bolesławiec]; HHSSchl, S. 63ff.
[22] Glogau [Głogów]; HHSSchl, S. 127ff.
[23] Liegnitz [Legnica]; HHSSchl, S. 283ff.
[24] Brieg [Brzeg]; HHSSchl, S. 54ff.
[25] Breslau [Wrocław]; HHSSchl, S. 38ff.
[26] Neisse [Nysa]; HHSSchl, S. 331ff.
[27] Schweidnitz [Świdnica]; HHSSchl, S. 491ff.
[28] Oppeln [Opole]; HHSSchl, S. 378ff.
[29] Sorau [Žary, Kr. Sorau; Niederlausitz, h. Polen]; HHSD X, S. 464ff.
[30] Guben [Gubin, Niederlausitz]; HHSD X, S. 210ff.
[31] BADURA; KOČĺ, Der große Kampf, Nr. 895.
[32] Beelitz [LK Potsdam-Mittelmark].
[33] Fass: 1 Fass = ca. 229 Liter (Berlin u. Preußen).
[34] Scheffel: 1 Scheffel = 56, 176 Liter (Mark Brandenburg).
[35] Papist: mlat. papista = Anhänger des Papstes, seit der Reformation von protestantischer Seite auch als Schimpfwort verwendet.
[36] Brandenburg [Stadtkr.]; HHSD X, S. 135ff.
[37] Salvaguardia: Ursprünglich kaiserlicher Schutzbrief, durch den der Empfänger mit seiner Familie und seiner ganzen Habe in des Kaisers und des Reichs besonderen Schutz und Schirm genommen wurde; zur öffentlichen Bekräftigung dieses Schutzes wurde dem Empfänger das Recht verliehen, den kaiserlichen Adler und die Wappen der kaiserlichen Königreiche und Fürstentümer an seinen Besitzungen anzuschlagen. Der Schutzbrief bedrohte jeden Angreifer mit Ungnade und Strafe. Im 30jährigen Krieg militärische Schutzwache; Schutzbrief (Urkunde, die, indem sie geleistete Kontributionen und Sonderzahlungen bestätigte, gegen weitere Forderungen schützen sollte, ggf. durch militärische Gewalt des Ausstellers); auch: sicheres Geleit; eine oft recht wirkungslose Schutzwache durch abgestellte Soldaten, in schriftlicher oder gedruckter Form auch Salvaguardia-Brief genannt, die meist teuer erkauft werden musste, und ein einträgliches Geschäft für die zuständigen Kommandeure darstellten. Teilweise wurden entsprechende Tafeln an Ortseingängen aufgestellt, „Salvaguardia“ an die Türen der Kirchen (HERRMANN, Aus tiefster Not, S. 55) geschrieben oder für die ausländischen Söldner ein Galgen angemalt. Die 1626 von Tilly erlassene Schultheißen-Ordnung hatte festgelegt: „Wer salua Guardia mit wortten oder that violirt, den solle niemandt zu verthädigen understehen, sonder welcher hoch oder nider Officir ein dergleichen erfahren mag, der solle den muthwilligen verbrecher sobalden zu dem Provosen schaffen, dem Schultheysen neben einandtwortung bey sich unrecht befundenen sachen und guetter hiervon berichten ohn einred, die Restitution und was bey der sachen underlauffen möcht dass Gericht entscheiden lassen, und welcher einem andern sein gewonnen beuth abnimbt oder an seinem freyen verkauff nachtheilig verhindert, den solle Schultheyss zur Restitution anhalten und noch darzu mit straffen hart belegen“. ZIEGLER, Dokumente II, S. 986. Der Abt Veit Höser (1577 – 1634) von Oberaltaich bei Straubing; SIGL, Wallensteins Rache, S. 140f.: „Da die Schweden so grausam wüteten und sich wie eine Seuche immer weiter ausbreiteten, alle Dörfer mit Taub, Mord und Jammer heimsuchten, erbaten die Bürger ab und zu von den Kapitänen der Weimaraner eine Schutzwache, die bei ihnen meist Salva Guardia heißt. Erhielten sie diesen Schutz zugesagt, so wurde jeweils ein Musketierer zu Fuß oder zu Pferd in das betreffende Dorf, die Ortschaft, den Markt abgestellt. Dieser sollte die herumstreifenden Soldatenhorden, kraft eines vom Kapitän ausgehändigten schriftlichen Mandats, im Zaume halten, ihre Willkür beim Rauben und Plündern einschränken. […] Es ist aber nicht zu bestreiten, dass eine solche Schutzwache unseren Leuten oder den Bewohnern anderer Orte, denen auf ihre Anforderung eine Salva Guardia zugestanden wurde, keinen Vorteil brachte. Im Gegenteil, sie schlugen ihnen vielmehr zum Schaden aus und waren eine Belastung. Offensichtlichen Nutzen dagegen hatten nur die Kapitäne, denn ihnen mussten die Leute gleich anfangs die ausgehandelte Geldsumme vorlegen oder wenigstens wöchentlich die entsprechende Rate (pensio) entrichten. Kurz, wie Leibeigene oder Sklaven mussten sie blechen, was die Kapitäne verlangten. Ich habe nur einen Unterschied zwischen den Orten mit und denen ohne Salva Guardia festgestellt: Die Dörfer ohne Schutzgeleit wurden früher, jene mit einer Salva Guardia erst später ausgeplündert. Da nämlich die Schweden vom Plündern nicht ablassen konnten, solange sie nicht alles geraubt hatten, so raubten und plünderten sie entweder alles auf einmal (sodaß sie nicht mehr zurückkommen mußten) oder sie ließen allmählich und langsam bei ihren Raubzügen alles mitgehen, bis nichts mehr zu holen war. Obendrein haben diese eigentlich zum Schutze abkommandierten Musketiere und Dragoner gewöhnlich die Ortschaften, ihre Bewohner und deren Habseligkeiten – als Beschützer – ausspioniert und dann verraten. Wurde nämlich der bisherige Beschützer – und Spion – unvermutet abberufen, dann brachen seine Kameraden, Raubgesellen und Gaunerbrüder ein und raubten alles, was bislang durch den Schutz der Salva guardia verschont geblieben war, was sie in Wirklichkeit aber für sich selbst hinterlistig und heimtückisch aufbewahrt hatten, und wüteten um so verwegener (pro auso suo) gegen die jämmerlich betrogenen und enttäuschten Menschen, beraubten sie nicht menschlicher und marterten sie“. BLÖTHNER, Apocalyptica, S. 49f. (1629): „Eine Eingabe des Bauern Jacob Löffler aus Langenwetzendorf [LK Greiz] wegen der bei ihm einquartierten »Schutzgarde« schildert die Heldentaten der derselben ungemein plastisch: »Was ich armer Mann wegen anhero zweijähriger hiesigen Einquartierung für groß Ungemach ausstehen müssen, gebe ich in Unterthänigkeit zu vernehmen:
Denn erstlichen habe berührte Zeit über 42 ganze 42 Wochen Tag und Nacht bei den Soldaten ich aufwarten, nicht allein viel Mühe und Wege haben, sondern auch welches zum Erbarmen gewesen, Schläge gewärtig zu sein und geprügelt werden zu müssen, 2. habe ich meine geringe Haushaltung wegen jetziger Unsicherheit beiseits setzen, meine Felderlein wüst, öd und unbesamt liegen lassen, daß seither ich im geringsten nichts erbauen, davon samt den Meinigen ich mich hätte alimentieren mögen, 3. haben die Soldaten mir die Gerste, so zu einem Gebräulein Bier ich eingeschüttet, aus den Bottichen genommen, zum Teil mutwilligerweise zerstreut, zum Teil mit sich hinweggenommen, verfüttert und verkauft, 4. haben sie mir das wenige Getreidig, so noch unausgedroschen vorhanden gewesen, mit dem Geströhde aus der Scheune in andere Quartiere getragen, ausgeklopft und ihres Gefallens gebraucht, 5. weil sie an meiner geringen Person sich nicht allzeit rächen können, haben sie mir die Bienen und derselben Stöcke beraubet, umgestoßen und zu Grund und Tode gerichtet, 6. sind von ihnen mir alle Hühner, Gänse und ander Federvieh erschossen, genommen und gefressen worden, meine Wiesen, Raine und Jagen mir dermaßen verödet, daß ich nicht eine einzige Bürde Heu und Grummet von denselben genießen kann, 7. endlich ist von ihnen mir eine Kuh aus dem Stalle, so meinen Geschwistern zuständig gewesen, gezogen, in ein anderes Losament getrieben, geschlachtet und gefressen worden.«
[38] Musterschreiber: Schreiber, der bei der Musterung der künftigen Söldner deren Name, Alter, Herkunft, Gewerbe und bereits unter anderen Kriegsherren abgeleistete Dienstjahre in der Musterrolle verzeichnete.
[39] Türken: Für die Christenheit des 16. und 17. Jahrhunderts waren die Türken der Erzfeind schlechthin, nicht nur als militärischer Gegner während der Türkenkriege, sondern auch und vor allem im religiösen Sinne: als Antichrist. Wie die Tataren (vgl. s. v.) galten sie als grausam und gewalttätig. Vor diesem Hintergrund ließ sich dieser Feind – und seine europäischen Verbündeten – auch als rhetorische Kontrastfolie einsetzen, um eigene Verhältnisse besonders scharf zu kritisieren. Vgl. auch KAISER, „Ärger als der Türck“, zur Türken-Metapher zusammenfassend S. 161: „Durch ‚türkenhafte‘ Gewalt stellte sich der Soldat abseits der christlichen Werteordnung. Dazu musste gar nicht erläutert werden, was denn das ‚Türkische‘ sein sollte: Das Schlagwort allein evozierte eine Welt, die als Gegenentwurf zu der eigenen verstanden wurde und die für maßlose Grausamkeit stand.
[40] Ziese: GRIMM; GRIMM, DWB Bd. 31, Sp. 1228ff.: „anfangs städtische, später allgemeine verbrauchssteuer auf die wichtigsten erzeugnisse, um 1600 durch das wort accise, akzise unter erweiterung dieser verbrauchsabgabe verdrängt; verkürzt aus assise“.
[41] Sonnewalde [LK Elbe-Elster]; HHSD X, S. 358.
[42] Luckau [LK Dahme-Spreewald]; HHSD X, S. 268ff.
[43] Gewerk: Zunft.
[44] Pulle: „ein nur im Niederdeutschen übliches Wort, eine Flasche mit einem dicken Bauche, eine Bouteille zu bezeichnen“. [KRÜNITZ]
[45] Quasimodogeniti: (nach der Eingangssequenz), im Christentum der Sonntag nach Ostern auch Weißer Sonntag genannt.
[46] Peitz [Kr. Cottbus]; HHSD X, S. 307f.
[47] SCHNEIDER, Chronik der Stadt Beelitz, S. 33f.
[48] Scharmützel : Unter Scharmützel (ital. „scaramuccia“, Geplänkel, Plänkelei, Treffen) verstand man eines der vielen kleineren Gefechte oder Handgemenge, aus denen dieser Krieg bestand. Kleinere Armeeeinheiten oder Streifkorps, z. T. auch größere Verbände von bewaffneten Bauern (vgl. Harzschützen), traten hier in einen zeitlich wie örtlich begrenzten Kampf ein. Auch Schlachten wurden zumeist mit Scharmützeln oder Plänkeleien eröffnet. Scharmützel waren in der Regel gekennzeichnet durch äußerste Brutalität. Allerdings konnten sie auch Auslöser eines größeren Treffens, einer Schlacht oder eines Krieges werden. Oft wurden Vor- oder Nachhut von Heeren durch Kroaten angegriffen, die in diesem kleinen Krieg bevorzugt eingesetzt wurden. Zum Teil kam es auch wegen der fehlenden Uniformierung zu verlustreichen Kämpfen mit eigenen Einheiten. oder „neutralen“ Einheiten. Am 15.1.1648 traf die kursächsische Besatzung Annabergs auf eine kaiserliche Streifschar, die man für Schweden hielt: „Beym Stillstand im Lande und instehenden Frieden ist doch im Gebürge beym Städtlein Thum ein seltzamer Scharmützel vorgegangen / indem dem 15. Jan. der in Annaberg liegende Obrist-Wachtmeister / Rudolph von Neitschütz / mit seinen zwo Compagnien auff den so genannten blinden Valentin / einen Kayserl. Rittmeister / welcher eine Raub-Parthie geführet / getroffen / daß bey diesem verwegenen Unternehmen unterderschiedliche geblieben und viel blessiret worden / auch in dieser scharffen Rencontre noch mehr auffgerieben werden sollen / wo nicht angeregter blinder Valten und Rittmeister Hanß Ernst einander erkennet und darauff beyderseits Partheyen von einander abgeführet hätten […]. Und dieser Thumische Scharmützel heisset catachrestice [seit der antiken Rhetorik unlogischer Gebrauch eines verwandten statt des nicht vorhandenen Ausdrucks] die Thumer Schlacht / wie Ihn weyland der gemeine Mann genennet hat“. MELTZER, Historia, S. 1363; ARNOLD, Annaberg, S. 283f.; GROHMANN, Obererzgebirge, S. 208. Der Erzgebirgschronist LEHMANN, Kriegschronik, S. 169f., datiert diesen Vorgang allerdings auf 1647: „Bey dem armistitio zwischen Chur-Saxen und denen Schwedischen wahr auch außbedinget worden, daß der Churfürst die streiffende rotten einfangen und sie verfolgen solte; das befahle der Churfürst allen Seinen regiementern in lande, und musten auch die 2 Compagnien, so auf den Annenberg, die Straßen bereiten und denen Mausparthien wehren. Nun wahr der keyßerliche leutenandt, insgemein der blinde Valtin genandt, mit 80 Pferden, meist Freyreutern auß Lignitz nach Erfurt und Eisenach gegangen den 12. Januarii, hatte bey Eckersberg die leipziger Fuhrleute, welche eine wagenburg gemacht und sich gewehret, theils uberwaltiget, 10 Personen todt geschoßen und 20 beschedigt, dargegen 2 tode gelaßen und ezliche beschedigte mitgenommen, darmit kam er biß nach Burckersdorf ins gebirg, griff do wieder die Leipziger fuhr an auß den gebirg. Alß solches die 2 Compagnien uff den Annenberg untter den Obrist-Wachmeister Rudolph von Neidschiz gehöret, sindt sie Churfürstlichen Befehl zue folge ihm entgegengezogen, derselben auf freyen felde bey den Städtlein Thum auf einer höhe angetroffen. Rittmeister Landtmann [Langmann] nimmt einen Cornet mit 20 Pferden zu sich, jagt voran und fragt, warumb er als freundt in Meißen so raube und streiffe, und weil der Valten kein gut word giebet, greyffen Sie beyde zum gewehr, Landtmann trift den Valten in arm, Valten aber schießt Landtmann auch wundt und den Cornet todt, seine reuter schneiden die beuten und Säcke voll sammet und seiden von Pferden und schoßen Sich mit den Churfürstlichen eine Virtelstunde herumb, daß von Churfürstlichen der Ritmeister (bekam 3 schöße), 1 leutenandt, 1 Cornet und 5 reuter tödtlich, 7 beschedigt. Der blinde Valten hatte 16 beschedigte, ließ 5 reuter und seine beute hinder sich und ging eilendt in Böhmen. Das ist geschehen den 15. Januar Freytag nach den 1. Sontag Epiphanias. Die keyßerlichen waren meist feste [durch magische Praktiken kugelfest, BW] sonst würden sie mehr eingebüst haben. Der Cornet wurde den 3. Februar zum Annenberg in die kirche begraben“.
[49] ENGLUND, Verwüstung, S. 291.
[50] Vgl. LAHRKAMP, Everhard Wassenberg.
[51] Kornett: Ein Kornett war die kleinste Einheit der Reiterei mit eigenen Feldzeichen, entspricht der Kompanie; 1 berittene Kompanie hatte in der kursächsischen Armee ca. 125 Pferde, 1 schwedische Reiterkompanie umfasste in der Regel 80 Mann. Der Kornett erhielt ca. 50 fl. Monatssold. => Fähnrich; Fahne.
[52] Mährisch Trübau [Moravská Třebová, Bez. Zwittau]; HHSBöhm, S. 361f.
[53] Obristleutnant: Der Obristleutnant war der Stellvertreter des Obristen, der dessen Kompetenzen auch bei dessen häufiger, von den Kriegsherrn immer wieder kritisierten Abwesenheit – bedingt durch Minderjährigkeit, Krankheit, Badekuren, persönliche Geschäfte, Wallfahrten oder Aufenthalt in der nächsten Stadt, vor allem bei Ausbruch von Lagerseuchen – besaß. Meist trat der Obristleutnant als militärischer Subunternehmer auf, der dem Obristen Soldaten und die dazu gehörigen Offiziere zur Verfügung stellte. Verlangt waren in der Regel, dass er die nötige Autorität, aber auch Härte gegenüber den Regimentsoffizieren und Soldaten bewies und für die Verteilung des Soldes sorgte, falls dieser eintraf. Auch die Ergänzung des Regiments und die Anwerbung von Fachleuten oblagen ihm. Zu den weiteren Aufgaben gehörten Exerzieren, Bekleidungsbeschaffung, Garnisons- und Logieraufsicht, Überwachung der Marschordnung, Verproviantierung etc. Der Profos hatte die Aufgabe, hereingebrachte Lebensmittel dem Obristleutnant zu bringen, der die Preise für die Marketender festlegte. Um all diese Aufgaben bewältigen zu können, waren umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen notwendig. Nicht selten lag die eigentliche Führung des Regiments in der Verantwortung eines fähigen Obristleutnants, der im Monat je nach Truppengattung zwischen 120 und 150 fl. bezog. Voraussetzung war allerdings in der bayerischen Armee die richtige Religionszugehörigkeit. Maximilian hatte Tilly den Ersatz der unkatholischen Offiziere befohlen; Bayerisches Hauptstaatsarchiv München Dreißigjähriger Krieg Akten 236, fol. 39′ (Ausfertigung): Maximilian I. an Tilly, München, 1629 XI 04: … „wann man dergleich officiren nit in allen fällen, wie es die unuorsehen notdurfft erfordert, gebrauchen khan und darff: alß werdet ihr euch angelegen sein lassen, wie die uncatholischen officiri, sowol undere diesem alß anderen regimentern nach unnd nach sovil muglich abgeschoben unnd ihre stellen mit catholischen qualificirten subiectis ersezt werden konnde“. Von Piccolomini stammt angeblich der Ausspruch (1642): „Ein teutscher tauge für mehrers nicht alß die Oberstleutnantstell“. HÖBELT, „Wallsteinisch spielen“, S. 285.
[54] Rittmeister: (Capitaine de Cavallerie). Oberbefehlshaber eines Cornets (später Esquadron) der Kavallerie. Sein Rang entspricht dem eines Hauptmannes der Infanterie (vgl. Hauptmann). Wie dieser war er verantwortlich für Werbung und Soldzahlung, für Disziplin, Ausrüstung und Verpflegung sowie für die Ernennung der untergebenen Führer. Oft war er in erster Linie für die materielle Versorgung der Truppe zuständig, und die eigentlich militärischen Aufgaben wurden von seinem Stellvertreter, dem Leutnant, übernommen. Bei den kaiserlichen Truppen standen unter ihm Leutnant, Kornett, Wachtmeister, 2 oder 3 Corporale, 1 Fourier oder Quartiermeister, 1 Musterschreiber, 1 Feldscherer, 2 Trompeter, 1 Schmied, 1 Plattner. Bei den schwedischen Truppen fehlten dagegen Sattler und Plattner, bei den Nationalschweden gab es statt Sattler und Plattner 1 Feldkaplan und 1 Profos, was zeigt, dass man sich um das Seelenheil als auch die Marsch- und Lagerdisziplin zu kümmern gedachte. Zudem wurde der Rittmeister, der in einer Kompanie Kürassiere 150 fl. Monatssold beanspruchte, bei seiner Bestallung in der Regel durch den Obristen mit Werbe- und Laufgeld zur Errichtung neuer Kompanien ausgestattet. Junge Adlige traten oft als Rittmeister in die Armee ein.
[55] Leutnant: Der Leutnant war der Stellvertreter eines Befehlshabers, insbesondere des Rittmeisters oder des Hauptmanns. Wenn auch nicht ohne Mitwissen des Hauptmannes oder Rittmeisters, hatte der Leutnant den unmittelbarsten Kontakt zur Kompagnie. Er verdiente je nach Truppengattung monatlich 35-60 fl.
[56] Kornett: Ein Kornett war die kleinste Einheit der Reiterei mit eigenen Feldzeichen, entspricht der Kompanie; 1 berittene Kompanie hatte in der kursächsischen Armee ca. 125 Pferde, 1 schwedische Reiterkompanie umfasste in der Regel 80 Mann. Der Kornett erhielt ca. 50 fl. Monatssold. => Fähnrich; Fahne.
[57] WASSENBERG, Florus, S. 530f.
[58] Kojetin [Kojetín, Bez. Prerau]; HHSBöhm, S. 279.
[59] infamia: (lat.: infamia: „Schande, Schimpf“, wörtl. „Unaussprechliches“), bezeichnet ein ehrloses (gemeines, heimtückisches) Handeln oder die Ehrlosigkeit. „infamis“ machen hieß für Soldaten, etwa wegen der raschen Übergabe einer Stadt oder Festung an den Feind, der unehrenhafte Ausschluss aus der Armee. Zum Teil musste auch ein Revers unterschrieben werden, in dem der Betreffende erklären musste, nie in der betreffenden Armee gedient zu haben.
[60] religiren: ausschließen.
[61] verreversiren: schriftlich niederlegen.
[62] THEATRUM EUROPAEUM Bd. 5, S. 183f.