Wurm, N von; Obristquartiermeister [ – ] Wurm stand 1626/27 als Obristquartiermeister in kaiserlichen Diensten.
In der Chronik von Beelitz[1] heißt es: „Sobald Kurfürst Durchlaucht 1627 nach Preußen gezogen war wegen der Kriegsunruhe, die zwischen Polen und Schweden sich erhob, – um die Sache in Güte zu behandeln, – wollte man aller Orten, wo es Noth sein möchte, die märkischen Pässe besetzen, daher denn auch mit 10 Musketiren der Golzowsche[2] Paß von unsern Bürgern mußte besetzt werden und ward immer Abwechselung gehalten.
Es kam auch Befehl damals, 25 Musketire nach Brandenburg[3] zu schicken. Als nun am 12. April etliche mit dem Stadtschreiber dahin von hier marschieren wollten, befand sich’s, daß eben der Herzog von Lüneburg schon beide Städte Brandenburg eingenommen, wie gemeldet wurde: der Obrist-Quartiermeister Wurm war mit etlichen 100 Soldaten von Tangermünde[4] fortgerückt und hatte sich mit dem Altringer[5] verbunden, und nachdem sie mit Gewalt den Paß zu Plaue[6] eingenommen, waren sie bald darauf nach Brandenburg gerückt; als sie nun hier eingelassen wurden, besetzten sie die Stadt mit wenig Volk und zogen auf Fähre Bellin,[7] um den Paß auch zu erobern. Man hat aber dürfen vorgeben, daß sie nicht als Feinde, sondern als Freunde gekommen wären: und dazu gleichsam auf Erfordern Kurfürstliche Durchlaucht, welche ihr Land in kaiserlichen Schutz gegeben. Gleichwohl ist dieser Einfall dem Herzog von Lüneburg vom Kurfürsten zu Sachsen doch hoch verwiesen worden, worüber er in Brandenburg über der Tafel nicht wenig erschrocken ist. Sonst aber ist Oberlieutenant dieser Völker Ostwald von Bodendick gewesen, welcher auch Rathenow[8] mit besetzte. Dieselben sind auf 17
Compagnien zu Fuß und 1 zu Roß, ohne die Befehlshaber geschätzt worden, wie im Ausschreiben an den Landreuter zu finden war. Weil nun die Städte genöthigt wurden, diese Völker einzunehmen, hat man eine monatliche Taxe zu ihrem Unterhalte gemacht, als:
8079 Thaler am Gelde, 158 ½ Wispel Roggen, 1054 ½ Ochsen, 3295 Tonnen Bier und 58 Wispel Hafer.
Davon ist dieser Stadt verhältnißmäßiger Antheil gewesen: 66 Thaler, 17 Tonnen Bier, 18 Scheffel Roggen,
12 Scheffel Hafer und ¾ Ochsen“.[9]
„Die Kaiserlichen kamen eher, als man erwartet hatte. Schon am 10. April 1627 griff der kaiserliche Obristlieutenant von Bodendiek mit einigen ausgesuchten Korporalschaften des Regiments [Rudolf v.; BW] Colloredo überraschend Plaue an. Die Märker konnten unter der Leitung des schnell herbeigeeilten Kommandeurs der Lehnpferde Kapitän [August Moritz; BW] von Rochow erfolgreich abwehren, da die Kaiserlichen kein Geschütz mit sich führten. Bodendiek aber gab seine Sache nicht verloren. Er schloß sich nun mit dem Obristquartiermeister von Wurm und dem Obristen Altringen zusammen und zog wol mit 4000 Mann und 5 Stücken am 11. April erneut auf Plaue. Auf die Kunde hiervon hielt Rochow jeglichen Widerstand auf dem linken Ufer der Havel für nutzlos. Er ließ Plaue räumen und auch die jenseits der Havel liegende neuerbaute Schanze, die den Zugang zur Havelbrücke hatte sperren sollen. Dann ließ er 4 Joch der Holzbrücke abwerfen und den Rest abbrennen. Trotz dieser Vorsichtmaßnahme und trotz des von den Märkern geleisteten Widerstandes gelang es den Kaiserlichen, noch am 11. April den Übergang über die Havel zu erzwingen. Ein Teil der Verteidigungsmannschaften, darunter 40 Berliner, wurden gefangen genommen und entwaffnet, darunter der Kapitän von Rochow mit seinen Lehnpferden, suchten ihr Heil in der Flucht nach der Neustadt Brandenburg. Plaue wurde geplündert. Noch am gleichen Tage ließ Bodendiek von Plaue aus, wo er Quartier genommen hatte, die Städte Brandenburg und Rathenow auffordern, sich zu ergeben. In unverhofften wiedrigen Fall aber, und daß solches nicht erfolgen, wollte er sich ihrer mit Gewalt bemächtigen. Diese Aufforderung verfehlte bei den Räten der Städte ihre Wirkung nicht. Als Bodendiek darauf in der Frühe des folgenden Tages mit seiner Armee vor Brandenburg erschien, und den Magistrat beider Städte hinnauß begehrt, folgten sie willig seinem Geheiß. Bodendiek verlangte von ihnen kampflose Übergabe der Städte und die sofortige Zahlung von 6000 Talern Kontribution. Die Räte der Altstadt nahmen die Forderungen Bodendieks bedingungslos an. Nicht so die Räte der Neustadt. Sie wollten sich vorher erst mit ihren Bürgern unterreden. Nachdem er zwei Mitglieder des Neustädter Rates als Geiseln zurückbehalten hatte, schickte Bodendiek die Räte wieder heim. Zurückgekehrt, verschlossen die Räte der Altstadt das Rathaus, in dem die Bürger ihre Waffen niedergelegt hatten, und öffneten die Tore. Als die Kaiserlichen in die Altstadt einzogen, erhielt das Domkapitel einen Schutzbrief. Bei der Neustadt aber wiederholte sich das gleiche Spiel wie im Jahr vorher. Die Räte der Neustadt hatten sofort nach ihrer Rückkehr die Lange Brücke zwischen beiden Städten zerstören und die Tore verrammeln lassen, im Einverständnis mit den Bürgern. Als sich nun die Kaiserlichen der Neustadt näherten, erhielten sie, obgleich sie die Geiseln vor sich her führten, aus einem Falkonet Feuer. Das war das Signal zu einem heftigen Kampf, in welchem es auf beiden Seiten Tote und Verwundete gab. Die Kaiserlichen eröffneten darauf ein kurzes Artilleriefeuer auf die Neustadt und gingen zum Sturmangriff über. Sie nahmen die Stadt, nachdem die Bürgermeister Freund und Zieritz, die die Bürgerschaft zum Widerstand angefeuert hatten, schwer verwundet worden waren. Rochow sowie sämtliche Lehnpferde gerieten in Gefangenschaft. Nun folgte eine Plünderung der Stadt, der Bodendiek nur mit Mühe Einhalt gebieten konnte. Danach wurden die märkischen Soldaten in die Reihen der Kaiserlichen eingereiht. Bodendiek schickte darauf 500 Mann nach Rathenow. Zwei Rathenower Ratsmitglieder eilten, als die davon hörten, zu Bodendiek und suchten bei ihm um Dilation nach, bis ihnen Verhaltensmaßregeln von der Regierung zugegangen wären; aber Bodendiek ließ sich nicht darauf ein. Schnell reisten nun die beiden Rathenower in ihre Stadt zurück und veranlaßten die Bürger und Soldaten zur kampflosen Übergabe. Am 13. April nahmen die Kaiserlichen von Rathenow Besitz. Bürger und Soldaten wurden entwaffnet und die Waffen im Rathaus niedergelegt. Nachdem Bodendiek die Verpflegung seiner Truppen geregelt und das höchste Kommando über die bei Brandenburg stehenden Truppen dem Obristquartiermeister v. Wurm übertragen hatte, fuhr er am 14. April im Wagen des Brandenburger Dompropstes v. Bredow nach Rathenow. Von dort begab er sich nach kurzer Rast unter Mitnahme von 90 Mann kaiserlichen Volks nach Havelberg,[10] um dieses befestigungen zu lassen. Sicher hatte Bodendiek davon Nachricht erhalten, dass König Christian IV. seinem Generalwachtmeister Schlammersdorf[11] und den Obristen [Konrad; BW] Nell und Bernhard v. Weimar Befehl gegeben hatte, daß sie … nach der Marck Brandenburch sich begeben, und allda sich der Passen bemechtigen sollen an die Streume, so nach dem Land Holstein sich wenden. Zur Schanzenarbeit in Havelberg zog Bodendiek alle verfügbaren Kräfte der Umgebung mit heran, selbst an die entfernter liegenden Städte Rathenow und Brandenburg erging am 23. April seine Aufforderung, je 200 Mann mit Schippen, Spaten und Karren nach Havelberg zu schicken. Auch der Herzog [Georg; BW] von Lüneburg erschien jetzt an der Havel und überprüfte den Verteidigungszustand der Pässe. Am 23. April war der Herzog in Rathenow, am 25. treffen wir ihn in Brandenburg, wo er übernachtete. Von hier aus fuhr er am 26. April gen Plaue, überschritt dort die Havel und nahm seinen Weg nach Sandau,[12] das er zu seinem Hauptquartier ausersehen hatte. Die Dänen waren inzwischen nicht müßig gewesen. In langsamem Marsch hatten sie sich an die Kaiserlichen herangearbeitet. In der Nacht vom 25. zum 26. April griffen sie Havelberg an und nahmen den Domberg. Weiter aber kamen sie nicht. Während sie sich nun sorgfältig für einen Sturmangriff vorbereiteten – der in den ersten Tagen des Mai den erwünschten Erfolg hatte – entsandte Schlammersdorf, den der König zum Oberbefehlshaber der dänischen Truppen ernannt hatte, etliche Truppen ins nördliche Havelland, um die dortigen Pässe zu besetzen. Am 29. April mußte die brandenburgische Besatzung des Städtchens Fehrbellin zu ihrem nicht geringen Entsetzen feststellen, daß sich ihnen ein starker Trupp Dänen vom Havellande her nahte. Leute aus Fehrbellin hatten den Dänen einen unbewachten Weg beim Dorfe Lentzke[13] gezeigt. Der brandenburgischen Besatzung blieb nichts weiter übrig, als den Schauplatz kampflos zu räumen und den Dänen Stadt und Paß Fehrbellin zu überlassen. Von Fehrbellin aus stießen die Dänen ins Innere des Havellandes vor und besetzten das ganze nördliche Havelland bis zur Höhe von Friesack.[14] Um ein weiteres Vordringen der Dänen nach Süden zu verhindern, machten die Kaiserlichen einen Ausfall und sicherten sich am 6. Mai Nauen,[15] das sie mit einer kleinen Besatzung versahen und stark durch Schanzen befestigten. Dem Herzog von Lüneburg aber genügte das noch nicht. Er ließ Wurm ablösen und übergab das höchste Kommando über die in den Havelpässen stationierten kaiserlichen Truppen dem draufgängerischen Obristen Hans von Götze [Johann v. Götz; BW], der sich sofort auf den Weg nach Brandenburg machte, wo er am 9. Mai in Begleitung zweier je 110 Kopf starker Kompanien Reiter eintraf“.[16]
[1] Beelitz [LK Potsdam-Mittelmark].
[2] Golzow [LK Potsdam-Mittelmark].
[3] Brandenburg [Stadtkr.]; HHSD X, S. 135ff.
[4] Tangermünde [LK Stendal]; HHSD XI, S. 458ff.
[5] Vgl. HALLWICH, Gestalten aus Wallenstein’s Lager II. Johann Aldringen.
[6] Plaue, heute Stadtteil von Brandenburg [Stadtkr.]; HHSD X, S. 135ff.
[7] Fehrbellin [Kr. Osthavelland/Neuruppin]; HHSD X, S. 172.
[8] Rathenow [Stadtkr. Rathenow/Kr. Rathenow]; HHSD X, S. 333f.
[9] SCHNEIDER, Chronik der Stadt Beelitz, S. 26.
[10] Havelberg [Kr. Westprignitz/Havelberg]; HHSD X, S. 217ff.
[11] Jakob Balthasar von Schlammersdorff auf Blankenfels und Hopfenohe.
[12] Sandau [Kr. Jerichow II/Havelberg]; HHSD XI, S. 407f.
[13] Lentzke, heute Ortsteil von Fehrbellin [Kr. Osthavelland/Neuruppin].
[14] Friesack [LK Havelland].
[15] Nauen [LK Havelland].
[16] SCHRÖER, Havelland, S. 31ff.